Flachdachentwässerung
Freispiegelentwässerung flacher Dächer: mit Schwerkraft entwässern Entwässerung im Gefälle
Bild 1. Freispiegelentwässerung – die klassische Entwässerungsart flacher Dächer und immer noch die am häufigsten eingesetzte Technik
Die Freispiegelentwässerung gilt als Klassiker. Im Gefälle verlegt ist sie das herkömmliche und seit Jahrzehnten bewährte System zur innenliegenden Entwässerung von Flachdächern. Aber worauf ist besonders zu achten? Und wie vermeidet man Fehlerquellen, die zu Reklamationen führen? Auf dem überwiegenden Teil der deutschen Flachdächer schafft eine Freispiegelentwässerung den Regen vom Dach. Geregelt wird sie durch die DIN EN 12056, Teil 3 und die DIN 1986 Teil 100. Eine Freispiegelanlage entwässert über viele Gullys und ein im Gefälle verlegtes Rohrleitungssystem. Die erforderliche Notentwässerung führt auch hier auf schadlos überflutbare Flächen.
Was besagt der Begriff Freispiegel? Unter einer Freispiegelleitung versteht man eine Rohrleitung, die nur teilweise mit Wasser gefüllt ist. Im Vergleich zu einer Druckströmungsentwässerung, die mit einer Vollfüllung der Rohre und Unterdruck arbeitet, gibt es einen freien Wasserspiegel. Das Wasser in einer Freispiegelleitung wird durch die Schwerkraft befördert, benötigt also ein Rohrsohlengefälle.
Ein Kennzeichen der innenliegenden Hauptentwässerung ist, dass die angeschlossenen Rohrleitungen im Gefälle verlegt sind. Die Anlage arbeitet nach dem Schwerkraftprinzip mit einer Teilfüllung der Rohre, d. h. das Rohrleitungssystem weist stets einen Wasserspiegel, also eine Teilfüllung mit Wasser auf. Ein maximaler Füllungsgrad der Sammel- und Grundleitungen von h/d = 0,7 und bei den Fallleitungen f = 0,33 darf nicht überschritten werden. Zum Wassertransport dient ein Gefälle in der Rohrleitung. Neben der Ablaufleistung der einzelnen i. d. R. trichterförmigen Dachgullys wird die Ablaufleistung dieser Anlage maßgeblich durch das sogenannte „Rohrsohlengefälle“ bestimmt. Somit ist ein Gefälle bei diesem schwerkraftbetriebenen System unverzichtbar. Da eine Freispiegelentwässerung mit einer Teilfüllung der Rohre arbeitet, benötigt sie im Vergleich zu einer Druckströmungsentwässerung größere Rohrnennweiten und Raumhöhen für das Gefälle der Rohrleitungen. Wie viele Gullys erforderlich sind, wird durch die Dachgröße und die Niederschlagsdaten (Berechnungs- und Jahrhundertregen) je nach Gebäudestandort bestimmt. Alle Fallleitungen des Systems werden an die Grundleitung angeschlossen, die die Regenspende der Hauptentwässerung in die Kanalisation leitet. Inspektionsschächte an den Grundleitungen ebenen den Weg für Inspektions- und Wartungsarbeiten. Die Freispiegelentwässerung stellt auch bei größeren und höheren Gebäuden ein sicheres und zuverlässiges System dar. Die Sicherheit kann durch entsprechende Sicherungsschellen an den Rohrmuffen noch deutlich erhöht werden. Denn sollte es z. B. aufgrund eines Versagens der Grundleitung zu einem Rückstau bis auf das Dach kommen, kann durch die Sicherungsschelle ein Auseinandergleiten der Rohre aus den Muffen verhindert werden. Es entsteht mit einem minimalen finanziellen und zeitlichen Aufwand eine große Reserve im Gesamtsystem.
Notentwässerung im Notfall Auch bei der Freispiegelentwässerung ist eine Notentwässerung unverzichtbar bzw. Vorschrift. Sie greift u. a. dann,
Bild 2. Das Prinzip der Freispiegelentwässerung: Die Gullys der Hauptentwässerung führen in die Grundleitung, während die Notentwässerung frei auf schadlos überflutbare Flächen entwässert
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Ernst & Sohn Special 2020 · Flachdächer