Stahlbau 01/2016 free sample copy

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85. Jahrgang Januar 2016 ISSN 0038-9145 A 6449

Stahlbau

– Zerstörungsfreie Bestimmung von Spannungszuständen in Stahlbauten – Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten druckbelasteter Fachwerkstäbe – Ein hochlagenorientiertes und duktilitätsgesteuertes Stahlgütewahlkonzept – Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris – Pegasus and Dragon – Die größte Pferdestatue der Welt aus Bronze – Das Teleskop-Verfahren des russischen Ingenieurs V. G. Šuchov


Mit Geometrieprinzipien zu Transparenz und Leichtigkeit „Dieses Buch beschreibt eine spezielle, aber wunderschöne Baukonstruktion: die gläserne Netzkuppel für weitgespannte, doppeltgekrümmte verglaste Dächer mit minimalem Konstruktionsgewicht und geistreichen Details. Die Beschreibung erfasst – mit Fleiß und Können – die ganze Breite, von den Netzkuppeln mit ebenen Viereckmaschen bis zu den frei geformten Kuppeln und deren geometrische, statische und konstruktive Optimierung, belegt durch viele Beispiele aus der Praxis des Verfassers. […]“ aus dem Geleitwort von Jörg Schlaich

Hans Schober Transparente Schalen Form, Topologie, Tragwerk 2015. ca. 272 S. ca. € 79,–* ISBN 978-3-433-03120-9 Auch als erhältlich

Das vorliegende Buch ist die erste umfassende und lehrreiche Darstellung von Entwurf, Konstruktion und Berechnung filigraner, doppeltgekrümmter, weitgespannter verglaster Schalen. Anschaulich und leicht nachvollziehbar werden die Geometrieprinzipien zum Entwurf der Schalentragwerke erläutert, die mit Modulen von handelsüblichen CAD-Programmen leicht anzuwenden sind. Es wird gezeigt, wie fließende und homogene Strukturen für nahezu beliebige Formen erzeugt werden können, insbesondere Stabstrukturen aus ebenen Vierecken, die sich für die Verglasung mit ebenen Scheiben eignen. Anhand von ausgeführten Beispielen werden die neuesten Methoden der Formfindungsberechnung und Optimierung durch die komplexe Interaktion von Statik, Form und Topologie praxisnah erklärt. Im Ergebnis stehen geistreiche Netzkonstruktionen mit minimalem Gewicht.

Buchempfehlungen: Transparent Shells Zeitschrift Stahlbau

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Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG

Kundenservice: Wiley-VCH Boschstraße 12 D-69469 Weinheim

Tel. +49 (0)6201 606-400 Fax +49 (0)6201 606-184 service@wiley-vch.de

* Der €-Preis gilt ausschließlich für Deutschland. Inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten. Irrtum und Änderungen vorbehalten. 1111106_dp


Inhalt

Eine Revolution im Stahlträgerbau präsentiert der österreichische Stahl- und Maschinenbaubetrieb „Zeman Bauelemente Produktionsg.m.b.H.“: die jüngste Generation der vollautomatischen Stahlträger Assemblier- und Schweißanlage. Der SBA (Steel Beam Assembler) ist zukunftsweisend und wird den modernen Stahlbau in Qualität und Effizienz revolutionieren. Manuelle Schweißarbeit wird durch automatisierte Robotertechnik und ausgeklügeltes Softwaredesign weitgehend ersetzt. Der SBA ist das Ergebnis höchster Ingenieurskunst und konnte seine Funktionalität bereits bei zahlreichen Stahlbaubetrieben weltweit unter Beweis stellen. Seit der Gründung im Jahre 1965 entwickelte „Zeman“ Maschinen und Anlagen, welche den Produktionsabläufen sowie auch der Architektur im Stahlbau zu maßgeblichen Fortschritten verhalfen. (Foto: Zeman, Bericht siehe Seite A4–A6)

Stahlbau 1 85. Jahrgang Januar 2016, Heft 1 ISSN 0038-9145 (print) ISSN 1437-1049 (online)

Fachthemen 1

16

Jörg Lange, Tobias Abel Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

25

Björn Eichler, Markus Feldmann Ein hochlagenorientiertes und duktilitätsgesteuertes Stahlgütewahlkonzept

37

Helmut Saal, Reinhold Gitter, Andreas Fellhauer Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1

52

Stella Avgerinou, Kostas Adamakos, Ioannis Vayas Stahl in der Bildhauerei – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris

Bitte beachten: Die gedruckten Jahresinhaltsverzeichnisse 2015 erhalten unsere Abonnenten mit dieser Ausgabe. Oder online unter: www.ernst-und-sohn.de/artikeldatenbank

Berichte 59

Alessio Andrich mit einer Einführung von Rainer Graefe Das Teleskop-Verfahren des russischen Ingenieurs V. G. Šuchov

65

Nicola Borgmann Pegasus & Dragon – Die größte Pferdestatue der Welt aus Bronze

71

Günter Seidl Internationaler Workshop in Berlin „Verbunddübel in Forschung und Praxis“

Peer-reviewed journal Stahlbau ist ab Jahrgang 2007 bei Thomson Reuters Web of Knowledge (ISI Web of Science) akkreditiert Impact-Faktor 2014: 0,252

Christian Fox, Markus Doktor, Eckhardt Schneider, Wolfgang Kurz Bewertung von Stahlbauwerken durch zerstörungsfreie Bestimmung von Spannungszuständen Wirtschaftliche Tragfähigkeitsnachweise ohne aufwendige Probebelastungen

Rubriken 15 24 75 75 76 80

Firmen und Verbände (s. a. S. 70, 73) Aktuell (s. a. S. 77) Persönliches Rezensionen Dissertationen Termine Stellenmarkt

http://wileyonlinelibrary.com/journal/stab Produkte & Objekte

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Zum Titel Gebäudehüllen Stahlhochbau und -verbundbau Aktuell


Zum Titel

Revolution im Stahlträgerbau Zeman, ein österreichisches Stahl- und Maschinenbauunternehmen, hat eine vollautomatische Fertigungsstraße für praktisch jede beliebige Art von Stahlträgern mit Anbauteilen entwickelt. Auf dem einen Ende landen die einzelnen Komponenten auf einem Fließband, auf dem anderen Ende kommt innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit ein perfekt zusammengebauter Stahlträger heraus Die Zeman Bauelemente Produktionsgesellschaft räumt mit der Vergangenheit auf, und zwar gründlich. Egal ob Walzprofile, geschweißte oder Wellstegträger – für gewöhnlich verarbeiten Stahlbauer ihre Stahlträger ausnahmslos manuell. Das bezieht sich auf den Zusammenbau eines Konstruktionselements durch Anschweißen von Kopf-, Fußplatten, Anschlusslaschen oder Versteifungen, die aus statischen und konstruktiven Gründen notwendig notwendig sind. Daraus ergeben sich mehrere Nachteile: In den westlichen Ländern ist diese traditionelle Arbeitsweise kaum mehr wirtschaftlich zu bewerkstelligen. Immer mehr Betriebe haben ihre Produktion daher in Niedriglohnländer verlagert. Probleme mit der technischen Abwicklung, beim Einhalten von Lieferterminen oder der Qualitätskontrolle haben die Kostenvorteile zum Teil wieder zunichte gemacht. Mit dem Ergebnis, dass die Stahlbauer im Westen gegenüber der Konkurrenz im Osten zunehmend Boden verloren haben. Letztere hatte dafür mit dem Problem zu kämpfen, dass ständig qualifiziertes Personal fehlt und die geforderten Qualitätsstandards oft nicht eingehalten werden können. Zahlreiche Stahlbauer haben bereits auf die Technologie von Zeman gesetzt, welche diese Nachteile beseitigt.

Ohne einen einzigen Handgriff Eigentlich klingt es fast zu schön, um wahr zu sein: Der Steel Beam Assembler (SBA) erledigt die komplette Herstellung eines Stahlträgers, ohne dass dazu ein einziger Handgriff notwendig ist. Vielmehr setzen computergesteuerte Roboter die CAD-Pläne 1 : 1 um – ohne Fehler und in einem Bruchteil der Zeit, die sonst dafür benötigt wird. Den Anfang macht ein besonders leistungsfähiger Scanner, der alle Anbauteile, willkürlich auf den Förderbzw. stationären Tisch gelegt, nach Position, Stärke, Lochbild und Kontur vermisst und die Ist-Abmessungen mit den in den CAD-Plänen gespeicherten Solldaten vergleicht. Damit wird sichergestellt, dass die angegebenen Toleranzen eingehalten werden. All diese Daten gibt der Scanner in Echtzeit an den Positionierroboter weiter. Dessen Aufgabe ist es nun, die Teile einzeln aufzunehmen und auf dem Stahlträger richtig zu platzieren. Er besitzt verschiedene Magnetgreifer, mit denen er die unterschiedlich großen und unterschiedlich schweren Anbauteile (bis 200 kg) sicher aufnehmen kann. Verkehrt liegende Teile werden automatisch auf einer Haltevorrichtung am Robotertisch kurz

Bild 2.  Profile und Anbauteile

abgelegt, um sie dann in der korrekten Ausrichtung wieder aufzunehmen. Der Positionierroboter erledigt diese Aufgaben ebenfalls wesentlich schneller und genauer als dies ein Mensch machen könnte. Langwierige Messarbeiten und das vergleichsweise umständliche manuelle Anbringen der Anbauteile entfallen. Das maßgenaue Positionieren und lagerichtige Verbauen funktioniert auch bei jenen Teilen einwandfrei, die schräg angeordnet werden. Das Anbringen von Winkel, Knaggen und Rahmenecken auf alle Walzträgerarten, Blechträger, Formrohre, CProfile, SIN- beams (Wellstegträger) und sogar konische Träger ist möglich. Eine a ­ utomatische Vorwärmeinrichtung verhindert Spannungsrisse beim Anbringen dicker Anbauteile mit großen Schweißnähten.

Perfekt an Bedürfnisse eines Stahlbauers angepasst Sind die Platten am Stahlträger richtig platziert, tritt einer der beiden Schweißroboter auf den Plan: Er heftet sie in der Reihenfolge, wie sie der Positionierroboter vorgibt, am Hauptträger an. Wenn aus Kapazitätsgründen eine höhere Leistung verlangt wird, kann die Fertigungsstraße in zwei Linien betrieben werden. Während auf einer Linie das Werkstück einfach oder auch mehrlagig verschweißt wird, kann der Positionierroboter auf der anderen Linie weiter­arbeiten. Die Schweißroboter sind ebenfalls mit allen notwendigen Werkzeugen ausgerüstet: Schweißbrenner, Plasma-Schneidgerät und Lasermesssystem. Der Wechsel auf das jeweils benötigte Werkzeug erfolgt gleichfalls vollautomatisch. Die Schweißroboter sind auf einer gemeinsamen Längsfahrbahn montiert, können aber einzeln gesteuert werden. Mit dem Plasma-Schneidgerät können die Roboter Kanten für großvolumige Schweißnähte bearbeiten sowie Stegdurchbrüche und Ausklinkungen an den Trägern machen. Ist der Stahlträger fertig, kommt er über die Entladevorrichtung aus der Anlage heraus. Die innovative Technik, gepaart mit unschlagbaren Vorteilen, ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit und Forschung. Seit 2012 kommt die Produktionsanlage bei Zeman im Stahlbau zum täglichen Einsatz. Durch die aktive Nutzung der Anlage, konnte diese im Laufe der Zeit in ihrer Effizienz verbessert und perfekt an die ­Bedürfnisse eines Stahlbauers angepasst werden.

Herzstück der Anlage

Bild 1.  SBA Compact+, Cullen Steel in Australien

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Das Herzstück der Anlage ist ein mittlerweile vollkommen stabiles und ausgereiftes Steuerprogramm namens „Pro-FIT“. Diese ist kompatibel mit jeder gängigen CAD Software (Tekla, BOCAD, Advance Steel, Strucad etc.) und besteht aus mehreren Modulen, die ineinander übergreifen. Die Module teilen die Ar-


Zum Titel

Software für Statik und Dynamik

Das räumliche Stabwerksprogramm

Das ultimative FEM-Programm

BIM / Eurocodes

3D-Finite Elemente

Bild 3.  Pro-FIT Software

© www.ibehlenz.de

Membran- und Glasbau

Verbindungen

Brückenbau

3D-Stabwerke

© www.wtm-engineers.de

Massivbau

© www.mgm-ki.pl

1. Die Vorteile auf einen Blick: –– Entfall des manuellen Messens und Anreißens –– Automatische Erkennung der Anbauteilposition –– Keine Stehzeiten durch gleichzeitiges Arbeiten der Roboter –– Automatisches Ein- und Ausfahren der Träger –– Minimierung des Personaleinsatz –– Fachkräftemangel kein Problem durch Einsatz von SBA –– Projektbezogene Speicherung von Erfahrungswerten für zukünftige Nutzung –– Kürzere Produktionszeiten ermöglichen Einsparungen bei gleichzeitiger Kapazitätssteigerung –– Konstante und hohe Qualität der bearbeiteten Träger

Stabilität und Dynamik

Im Laufe der langjährigen Entwicklungsarbeit hat ZEMAN ein modulares Konzept für unterschiedlichste Varianten von Stahlträgerassemblieranlagen (SBA Compact, Conti und die Schweißzelle Eco) entwickelt. Alle Konzepte, von der SBA compact Variante beginnend, gekennzeichnet durch geringen Platzbedarf und ideal geeignet für den automatisierten Zusammenbau und Ausschweißen von Konstruktionen, bis hin zur doppelseitigen Anlage mit 4 Schweißroboter, können modular bestellt und nachträglich erweitert werden. Das bietet Stahlbauern mit unterschiedlichem Produktionsvolumen den unkom­plizierten Einstieg in die automatisierte Industrie und Zukunft des Stahlbaus. Zwölf im Vollbetrieb befindliche SBA ­Anlagen in verschiedensten Ländern der Welt (auch Deutschland) unterstreichen die Marktreife, die große Nachfrage und Produktivität dieser Techno­ logie.

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Modulares Konzept

Aktuelle Informationen...

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beit sinnvoll zwischen Anlagensteuerung und Robotern auf. Eines der Module ist eine umfangreiche Datenbank. Hier findet man die „gesammelten Werke“ rund ums Zusammenbauen von Stahlträgern und alle Parameter für die Produktion. Alle Erfahrungen, die ZEMAN als Stahlbauer im Laufe seines mittlerweile 50zigjährigen Bestehens machen konnte, wurden in diese Datenbank aufgenommen. Die fast einzigartige Kombination aus Stahl-und Maschinenbauer qualifiziert ZEMAN als traditio­nellen Fami­ lienbetrieb eine vollautomatisierte Maschine unter genauer Beachtung aller Gegebenheiten im konstruktiven Stahlbau zu entwickeln. Das sind die Eckpfeiler, welche für den Erfolg dieser Anlage maßgeblich sind. Bei der Hardware war der Entwicklungsaufwand ebenfalls groß. Höchste Präzision und einwandfreie Funktion werden durch den Einsatz von Komponenten namhafter europäischer Hersteller ge­währleistet. Das beginnt schon bei den Einlauftischen, welche mit einer maximal zulässigen Toleranz von nur ±0,5 mm auf ­einer Länge von 30 m arbeiten. In zahlreichen Testreihen wurde schließlich ein System gefunden, das allen geforderten Ansprüchen gerecht wird. Der wichtigste Hardware-Entwickler war aber die ABB Robotics. Sie zeichnet – wie der Firmenname schon nahelegt – für die eingesetzten Roboter verantwortlich. In 2015 wurde die erfolgreiche Zusammenarbeit mit ZEMAN ­ausdrücklich unter Beweis gestellt. Am 29. Juni 2015 wurde im Museum für Wissenschaft und Technologie “Leonardo da Vinci“ in Mailand der diesjährige Preis für den inno­ vativsten ABB-Partner an die Firma ­ZEMAN übergeben. Keine Kompromisse gibt es auch bei der Schweißtechnik, die von FRONIUS kommt und bei ­allen ­Linearführungen, produziert von der Schweizer Firma GÜDEL.

Stahlbau

RF-FORMFINDUNG: Formfindung von Membran- und Seilkonstruktionen RF-/DYNAM Pro: Neue Module zur Ermittlung von Eigenschwingungen, Analyse erzwungener Schwingungen, Generierung v. Erdbeben-Ersatzlasten

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Zum Titel / Gebäudehüllen

7 m lange Glasschwerter für maximale Transparenz auf 681 m2 Das Brookfield Place von Architekt César Pelli (Pelli Clarke Pelli Architects) steht zentral in New York City, westlich des Freedom Towers. Die Shopping-Mall hat sich schnell als ein Dreh- und Angelpunkt für Mode, Kultur und Kulinarisches etabliert. Architektonisch zeichnet sie sich durch ihre hohe Transparenz aus: Süd- und Nordfassade, die Haupterschließungsfronten, sind als Ganzglasfassade ausgeführt. Der Clou: Selbst die Tragkonstruktion besteht aus Glas, die Scheiben in den bis zu 17 m hohen und 27 m breiten Fassaden sind an hochtragfähigen Glasschwertern (sedak, Gersthofen) montiert. Über diese bis zu sieben Meter langen Laminate aus drei mal zwölf Millimeter Glas wird die gesamte Last der Fassade abgeleitet. Diese Konstruktion eröffnet Planern neue Wege in der Bauwerksgestaltung.

Bild 4.  Zusammenbau und Schweißen

Bei den Anschlägen vom 11. September 2001 wurde der Gebäudekomplex des ehemaligen World Financial Centers schwer beschädigt. Besonders die unteren Stockwerke der Türme zwei und drei sowie der dazwischenliegende, glasüberdachte Wintergarten wurden nahezu komplett zerstört. In dem bestehenden Gebäude zwischen dem Yachthafen (Marina) am Hudson River und der Vesey Street entstand im Zuge des Wiederaufbaus die Shopping-Mall „Brookfield Place“ (bis 2014 World Financial Center). Sie beherbergt High-End-Mode-Shops und exquisite ­Restaurants. Außerdem bietet die Mall Raum für eine Vielzahl

–– Umweltschonende Produktionsabläufe und Energieeinsparung durch perfekt abgestimmte Software –– Einfachere Montage der Träger durch höchste Präzision bei Fertigung

Pionierarbeit auch bei den Wellstegträgern Im Gegensatz zu herkömmlichen gewalzten Profilen ist der Steg bei dieser Form des I-Trägers nicht gerade, sondern in Sinusform gewellt. Das bedeutet mehr Stabilität bei gleichzeitig geringeren Wandstärken. Ein Sinusprofil hat den großen Vorteil, dass es das sonst unvermeidliche lokale Beulen allein von der Kons­ truktion her verhindert – und damit ein mögliches späteres Versagen des Trägers. Wellstegträger sparen aber auch ungefähr 45 % Gewicht und damit im gleichen Ausmaß Kosten. Allerdings wurde dieser Kostenvorteil lange Zeit durch die vergleichsweise aufwendige manuelle Fertigung zum Großteil wieder verspielt. Bis Zeman vor zwölf Jahren mit der laut Unternehmensangaben weltweit ersten vollautomatischen Produktion für diese Träger für Aufsehen gesorgt hat. Heute ist man in der Lage, Wellstegträger mit Breiten von 330 bis 1.500 mm und ­Längen von 4.000 bis 16.000 mm vollautomatisch herzustellen. Der Steg selbst muss dabei nur 1,5 bis 3 mm dick sein, damit die gewünschte Traglast erreicht wird. Mit der größten Steghöhe von 1,50 m z. B. lassen sich Spannweiten bis über 50 m über­ brücken. Ein weiterer ­Vorteil: Man muss nicht mehr eine große Vielfalt an Profilen auf ­Lager haben. Stegblech in Rollen und Gurte in größeren Blechformaten, die man je nach Bedarf zuschneiden kann, reichen aus, um die gewünschten Träger just-intime herstellen zu können. Die Wellstegträger-Technologie von Zeman ist übrigens auch die Basis für den jetzt vorgestellten Steel Beam Assembler. Im Februar wird die aktuell größte und neueste Variante aller SBA Linien vorgestellt, für Teilnahme an der Präsentation und Informationen rund um das Thema „Automatisierung“, ist Ansprechpartner: Herr Kovacec, kovacec@zeco.at

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Bild 1.  Der Nordeingang des Brookfield Place beeindruckt mit einer Ganzglasfassade. Bis zu sieben Meter lange Glasschwerter der Firma sedak tragen die Fassadenscheiben und steigern so die ohnehin hohe Transparenz

Bild 2.  Im Süden erlauben die Glasfins eine nahezu freie Sicht ins Gebäudeinnere und hinaus


Gebäudehüllen

Unsere Stahlbau-Hohlprofile: vielseitig und effizient • Bild 3.  Dank der Glassschwerter im Großformat kommen die Fassadenelemente mit wenigen Verbindungsstücken aus. Dies ermöglicht die hohe Transparenz der Gebäudehülle

Bild 4.  Die 7 m langen Glasfins tragen die Last der Ganzglasfassade. Die Verbindungsstücke aus Metall konnten so dezent gehalten werden, dass sie die Transparenz der Gebäudehülle kaum beeinflussen

kultureller Events, beispielsweise finden auf dem Dach regel­mäßig Filmfestivals und Konzerte statt.

Ein Mal um die halbe Welt Das architektonische Highlight sind die beiden großzügigen E ­ ingangsfassaden auf der Nord- und der Südseite, die fast ausschließlich aus Glas bestehen. Selbst die tragenden Elemente sind aus Glas – deren Herstellung besonderes Know-how und besondere Produktionstechnik erforderte. Realisiert wurden die Bild 5.  Die Fassadenelemente sind an großen Glasschwerter in 7 m langen Glasschwertern befestigt. Deutschland: Die auf GroßforDie Sicht auf den Hudson River ist desmate spezialisierte sed0ak ferhalb nahezu ungestört tigte in enger Abstimmung mit (Fotos: Greg West Photography) dem Planungsbüro die Fins und schickte sie dann ein Mal um die halbe Welt von Gersthofen in Bayern nach New York City. Die Laminate aus drei mal zwölf Millimeter Glas haben eine Länge bis sieben Meter. Die Konstruktion selbst braucht nur wenige Verbindungselemente. So scheint die gesamte Fläche vollständig aus Glas zu bestehen, die sonst üblichen Stahlträger gibt es nicht. Zum Hudson River hin misst die Fassade 12 mal 27 m, zur Vesey Street sind es 17 m Höhe bei 21 m Breite. Bereits im Werk in Deutschland erhielten die Glasschwerter passende Metallschuhe, sodass die Bauteile vor Ort nur noch verschraubt werden mussten. Dies ermöglichte eine unkomplizierte Montage der gesamten Fassadenelemente in nur drei ­Monaten.

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Umfangreiche Abmessungspalette mit kreisförmigen, rechteckigen, quadratischen und elliptischen Hohlprofilen Warmgefertigte Stahlbau-Hohlprofile Celsius® nach DIN EN 10210 in S355NH und S420NH Kaltgefertigte Stahlbau-Hohlprofile Hybox® nach DIN EN 10219 in S355J2H und S420MH Hergestellt in Westeuropa, zertifiziert nach ISO 9001 und ISO 14001, mit CE-Kennzeichnung gemäß Bauproduktenverordnung

Weitere Informationen: T: +49 (0)211 4926148 stahlbau-hohlprofile@tatasteel.com www.tatasteel.de Together we make the difference

Bautafel Brookfield Place Bauherr: Brookfield Properties Auftraggeber: W&W Glass LLC Architekt: Pelli Clarke Pelli Architects, NY Kunde: W&W Glass LLC/Vidaris Montagezeit: August – Oktober 2014 Projektleitung: Maic Pannwitz, sedak GmbH & Co. KG Leistung von sedak: 34 Glasfins bis 7 m (12 mm Weißglas/Dreifach-Laminat mit SG Interlayer) www. sedak.com

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Gebäudehüllen

Edelstahl für die Sagrada Família Bereits seit 2013 liefert Outokumpu für die Basilika Sagrada Família Edelstahl in Form von Bewehrungen, Stäben, Fertigkomponenten und im Plasmaschneideverfahren bearbeitete Bleche. Die 1866 vom renommierten Architekten Antoni Gaudí entworfene Kirche La Sagrada Família zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Grundsteinlegung erfolgte 1882, die Vollendung des Bauwerks ist für 2026 geplant. Der Bau hat eine außergewöhnlich hohe Lebenserwartung und beeindruckt durch seine einzigartige Gestaltung. Im vollendeten Zustand sollen die 18 Türme der Sagrada Família eine Höhe von 94 bis 182 m erreichen. Der rostfreie Bewehrungsstahl für die Turmkonstruktionen wurde in erster Linie aufgrund seiner hohen Festigkeit, seiner besonderen Korrosionsbeständigkeit und der geringen Folgekosten ausgewählt. Outokumpu ist der einzige Edelstahlhersteller für das Projekt und liefert die Outokumpu Güten Forta DX 2304 und Forta DX 2205 in verschiedenen Größen und Formen.

Bild 2.  Bereits seit 2013 liefert Outokumpu für die Sagrada Família Edelstahl in Form von Bewehrungen, Stäben, Fertigkomponenten und im Plasmaschneideverfahren bearbeitete Bleche. Im vollendeten Zustand sollen die 18 Türme der Kirche eine Höhe von 94 bis 182 Metern erreichen (Fotos: Outokumpu)

Idealer Werkstoff Edelstahl

Bild 1.  Die Sagrada Familia ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Barcelona und wird jedes Jahr von über 3,2 Millionen Besuchern besichtigt. Die 1866 von Antoni Gaudí entworfene Kirche zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe

Die Basilika ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Barcelona und wird jedes Jahr von über 3,2 Mio. Besuchern besichtigt. Die laufenden Bauarbeiten müssen sich nahtlos in die Abwicklung der Besucherströme einfügen. Dafür sind strenge Sicherheitskontrollen und logistische Vorgaben notwendig. Dem kommt Outokumpu mit pünktlichen Lieferungen und entsprechend vorbereiteten Gebinden entgegen.

„Wir haben uns für Outokumpu aufgrund der umfangreichen technischen Unterstützung und der hohen Produktqualität entschieden“, sagt Carles Farràs, Bauleiter der Sagrada Família. „Wir gehen davon aus, dass die Bauarbeiten an der Basilika bis 2026 andauern werden und sind davon überzeugt, dass Edelstahl der ideale Werkstoff ist, um unsere Anforderungen zu erfüllen. Outokumpu ist uns jederzeit ein wertvoller Berater in Sachen Kosteneffizienz und Auswahl langlebiger Lösungen, die den Anforderungen unserer anspruchsvollen Geometrien in der Sagrada Família gerecht werden.“ „Wir haben hinsichtlich der Auswahl der Materialien und mechanischen Eigenschaften, die für diese Architektur nötig waren, eng mit unserem Kunden zusammengearbeitet“, betont William Münzer, Key Account Manager, Outokumpu Langprodukte. „Zudem haben wir umfangreiche projektspezifische Unterstützung geleistet. Der Kunde schätzt vor allem, dass wir mit ihm viele bautechnische Herausforderungen gelöst haben. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Instandhaltung im Hinblick auf die Korrosionsgefahr durch CO2-Emissionen.“ Outokumpu kann auf umfangreiche Erfahrungen in der Entwicklung effizienter, langlebiger und recycelbarer Edelstähle zurückblicken. Das weltweite Angebot umfasst qualitätskritische Langprodukte und Bleche für Infrastrukturen. Outokumpu betreibt Standorte für Langprodukte und Quarto­ bleche in Großbritannien, Schweden und den USA, die alle für ihre hochwertigen Produkte, ihre Flexibilität und ihre

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Gebäudehüllen erstklassige Liefertreue bekannt sind. In Deutschland wurde für den Bewehrungsstahl eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) beantragt. www.outokumpu.com

Tageslicht und Kunstlicht perfekt vereint Tageslicht wirkt sich nachweislich positiv auf Gesundheit, Wohlbefinden und Produktivität aus – es ist eine unserer Lebensquellen und wir fühlen uns ausgeglichener und leistungsfähiger. Mit einem neuen Oberlichtkonzept bringt der Tageslichtsystem-Spezialist LAMILUX jetzt noch mehr Licht ins Leben. Tageslicht und Kunstlicht sind in einem System kombiniert und reflektierende Materialien sorgen für eine weit erhöhte Ausbeute an natürlichem Licht. Innovative Technik erhöht in dem ästhetisch reizvollen Tageslichtelement die Lichtgewinnung und die Lichtausbeute. In den Aufsatzkranz des Oberlichts mit der Bezeichnung LAMILUX CI-System Prismen-LED sind umlaufend im oberen Segment stufenlos zu dimmende LED-Lichtleisten integriert. Bei zunehmender Dunkelheit ersetzen sie Zug um Zug den fehlenden Anteil des Tageslichts. Sie verfügen über ein Lichtsteuersystem, um den im Tagesverlauf abnehmenden Lichteinfall – bis hin zur Nacht – harmonisch auszugleichen. Dieses Oberlicht ermöglicht die perfekte Kombination aus Tageslicht und Kunstlicht für eine gleichbleibende Helligkeit im Raum. Das System hat LAMILUX in Kooperation mit dem international renommierten Lichtlabor Bartenbach GmbH entwickelt.

Aki Luntamo BIM Meister, Sweco, Gewinner der Tekla BIM Awards 2015

Das Oberlicht LAMILUX CI-System Reflective / Prismen LED: Tageslicht und Kunstlicht perfekt in einem System vereint (Foto: Lamilux)

Für eine höhere Ausbeute an natürlichem Licht sorgt das LAMILUX CI-System Reflective, bei dem die Innenseite des Aufsatzkranzes mit einem hochreflektierenden Material beschichtet ist. Damit steigt die Lichtausbeute während der Tageshelligkeit um bis zu 50 %. Das heißt: Deutlich mehr Tageslicht bei gleicher Öffnungsgröße des Tageslichtelements – und dies bei blendfreier Wirkung und gleichbleibendem Energieeintrag. Lichtplanern eröffnen sich flexible Möglichkeiten, Tageslicht effektiv zu nutzen und in das Rauminnere zu lenken. Denn: Durch das Reflektormaterial können Räume um täglich bis zu 25 % länger ausgeleuchtet werden. Darüber hinaus erhält man auch bei einer kleinen Dachöffnung einen hohen Tageslichtquotienten. www.lamilux.de

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Stahlhochbau und -verbundbau

Stahlstütze – Programmerweiterungen für Nachweispaket BEST Speziell für die Anforderungen komplexer Bemessungsauf­ gaben, etwa bei mehrgeschossigen Stahlstützen mit wechselnden Querschnitten, aber auch für Standardsysteme z. B. bei Hallen, hat RIB Software das Nachweispaket im Hochbau ­ergänzt. Die Programmerweiterung BEST Stahlstütze eignet sich sowohl für Standardfälle als auch für besonders anspruchsvolle Bemessungsaufgaben bei stabilitätsempfind­ lichen Stahlstützen. Die Programmoption wurde für die Bemessung ebener sowie räumlicher Beanspruchungszustände gleichermaßen konzipiert. Beliebige Lagerungsabschnitte mit verschiedenen Querschnitten lassen sich mit Hilfe der Softwareerweiterung bearbeiten. BEST Stahlstütze vereint Tragfähigkeits-, Stabilitäts- und Verformungsnachweise bei einer Nachweisführung nach DIN und EN inklusive nationaler Anhänge für Deutschland, Österreich, Tschechische Republik und Slowakei sowie Großbritannien. Benutzeroberfläche und Ergebnisausgabe sind bei BEST Stahlstütze frei konfigurierbar. Wie alle erneuerten Softwareprogramme und Optionen des RIBTEC-Produktportfolios wartet auch diese Erweiterung mit einer modernen, intuitiv zu bedienenden Oberfläche mit Menüband, Schnellzugriffsleiste sowie Eigenschaftstabellen mit einer Übersicht auf einen Blick auf. Werden Lasten am Fußpunkt einer Stütze mit der BEST Stahlstütze bemessen, so können diese als direkte Lasteingabe zur Bemessung des Fundaments übertragen werden. Eine weitere Besonderheit: Tragwerksplaner und Prüfingenieure können innerhalb der Programmoptionen zwischen BEST Stahlstütze und Stahlbetonstütze ohne Mehraufwand wechseln und alternativ bemessen. Diese Möglichkeit ist dann interessant, wenn aus Gründen des Brandschutzes höhere Anforderungen bestehen und deshalb eine Ausführung als Stahlbetonstütze erwogen wird.

BALKEN, der neue Durchlaufträger mit Materialwechsel von Stahl-/Spannbeton zu Stahl und Holz Gleichzeitig ist die neue Auflage 16.0 des Durchlaufträgerprogramms BALKEN mit moderner Menüband-Oberfläche, Schnellzugriffsleiste sowie Eigenschaftstabellen ausgestattet und ermöglicht eine durchgängige Bemessung und Nachweise für Stahlund Spannbeton sowie Stahl und Holz. Neu sind außerdem Lastweiterleitung und die Übernahme aus anderen Positionen. Eine neue Ergebnisausgabe mit Konfigurations- und Filtermöglichkeiten für Kurz-, Lang- sowie Detaillisten runden die neuen Entwicklungen der Durchlaufträger-Software ab.

Bild 1.  BEST Stahlstütze mit wechselnden Querschnitten

A10 Stahlbau 85 (2016), Heft 1

Bild 2.  BALKEN für Stahl-/Spannbeton, Stahl und Holz

(Fotos: RIB Software)

Das System wurde für die Arbeit mit unterschiedlichsten Belastungen, beispielsweise Temperaturlasten oder Stützensenkung, konzipiert, und erlaubt eine zentrische oder exzentrische Eingabe von Lasten. Für die Bemessung von Stahl wartet das Programm mit diversen Neuerungen auf: So ist beispielsweise eine zweiachsige Beanspruchung für Profile aus der Datenbank oder auch geschweißte Profile (T, I, U oder Rechteckhohlprofile) mit der Software möglich. Ein feldweise konstanter Querschnittsverlauf, Querschnittsklassifizierung sowie elastische bzw. plastische Spannungsnachweise und nicht zuletzt ein Biegedrillknicknachweis sowie Begrenzung der Verformungen runden die vielfältigen Neuerungen der RIB-Software ab. Beide Lösungen bieten als Bausteine der neuen Softwaregene­ ration 2016 weitreichende Optimierungen bezüglich Eingabe, Programmkonfiguration und Ergebnisdarstellung. Die letztere ermöglicht beispielweise die Wahl zwischen dem knappen Ausdruck für Standardaufgaben auf einer Doppelseite sowie prüf­ fähige und detaillierte Dokumentationen für anspruchsvolle Ingenieuraufgaben. Durch die integrative Lastübergabe verfügt der Ingenieur über ein sehr leistungsfähiges und zeitsparendes Werkzeug für die täglichen Bemessungsaufgaben. www.rib-software.com

Zukunftsweisender Hybrid-Neubau eines Bürogebäudes mit Werkhalle Im Auftrag des Messebauers Public Address realisierte Brüninghoff in den vergangenen Monaten ein Bürogebäude in Hochheim am Main. Der Neubau und die angeschlossene Produktions- und Lagerhalle konnten nach kurzer Bauzeit vom Auftraggeber in Betrieb genommen werden. Charakteristisch für dieses Projekt ist die Ausführung in Hybridbauweise und serieller Vorfertigung. Dabei wurden die Baustoffe Holz, Beton, Stahl und Aluminium intelligent miteinander kombiniert und in einen effizienten konstruktiven Verbund gebracht. Insbesondere der hohe Holzanteil sowie der integrale Planungs- und Produktionsansatz führten zu einem nachhaltigen und zugleich wirtschaftlichen Firmenkomplex. Für das Messebauunternehmen Public Address ist in den vergangenen Wochen ein Büroneubau inklusive Produktions- und Lagerhalle in Hochheim am Main (Main-Taunus-Kreis) entstanden. Auf einer Bruttogeschossfläche von 767 m2 bietet das Gebäude genügend Raum für die administrativen und planerischen Abläufe des international tätigen Unternehmens. Neben insgesamt 16 großzügigen Büroräumen stehen den Mitarbeitern nun


Stahlhochbau und -verbundbau

Bild 1.  In Hochheim ist jetzt ein zweigeschossiges Bürogebäude des Messebauers Public Address entstanden

Bild 2.  Holz-Beton-Verbunddecken: Die Decken des Bürobaus bestehen aus Betonfertigteilen, die auf der Unterseite schubsteif mit Holzbalken aus Brettschichtholz verbunden sind

ein Besprechungs- und Aufenthaltsraum mit Küche ­sowie weitere Nebenräume zur Verfügung. Die angeschlossene Halle dient der Herstellung und Lagerung des Messebaumate­rials. Der Projektbauspezialist Brüninghoff, der hier als General­ unternehmer fungierte, gewährleistete mit einem effizienten ­Planungs- und Ausführungskonzept eine schnelle Abwicklung des Bauvorhabens. Zugleich wurden die Anforderungen an eine anspruchsvolle Architektur und nachhaltige Bauweise ­erfüllt. Dabei setzt das Unternehmen auf eine intelligente Hy­ bridbauweise und ­einen hohen Vorfertigungsgrad der Bauelemente, die in den fi ­ rmeneigenen Produktionsstätten hergestellt werden.

Holz als Konstruktionsbaustoff

Effiziente Materialkombinationen Durch den intelligenten Mix aus zwei oder mehr Baustoffen mit ihren materialspezifischen Vorzügen lässt sich eine positive ­Wirkung auf das Gesamtsystem erzielen. Dieses effiziente Konstruktionsprinzip war auch die Lösung für die anspruchsvolle Bauaufgabe in Hochheim. Hier konnte durch die Kombination aus den Baustoffen Holz, Beton, Stahl und Aluminium ein nachhaltiger und wirtschaftlicher Firmenkomplex realisiert werden. So bestehen etwa die Decken des Bürobaus aus Betonfertigteilen, die auf der Unterseite schubsteif mit Holzbalken aus Brettschichtholz verbunden sind. Die Gesamttragwirkung wird dabei erst durch den wirksamen Verbund von Holz und Beton erreicht.

Die tragende Außenfassade besteht aus 16 cm dicken Brettsperr­ elementen. Davor gelagert sind die Fassadenriegel mit einem Querschnitt von 12/20 cm sowie einer integrierten Dämmschicht aus Mineralfaserwolle. Eine vertikal verlegte naturbe­ lassene Lärchenholzverschalung bildet die äußerste Gebäudeschicht. Hier wurden Akzente in den Firmenfarben des Messebauunternehmens – Orange und Anthrazit – eingefügt. Viel Licht fällt durch die hohen, dreigeteilten Fensterelemente in das Gebäude. Bei Bedarf können diese mithilfe einer Raffstoreanlage verdunkelt werden. Die Alu-Fenster wurden ebenfalls in ­Eigenleistung von Brüninghoff hergestellt und bereits werksseitig in das Fassadenelement eingesetzt. In den Innenräumen legt das gestalterische Konzept viel Wert auf eine natürliche Raumoptik. Daher bleiben die Holz-BetonHybriddecken in den Büros in Sicht. Die Brettsperrholzwände werden im Innenbereich weiß lasiert, sodass die Holzstruktur erhalten bleibt. Der hohe Anteil von Holzelementen verleiht dem Raum eine warme Atmosphäre. Durch leichte Trennwände aus doppelseitig beplankten Gipskartonplatten kann ein hohes Maß an Flexibilität für verschiedenste Nutzungen und zukünftige Anforderungen erzielt werden. Im Flurbereich verdeckt eine abgehängte, revisionierbare Versorgungsdecke mit Mineralfaserplatten die Leitungsführung von Elektro und Sanitär.

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

A11


Stahlhochbau und -verbundbau funktionaler und ästhetisch ansprechender Neubau entstehen, der optimale und individuelle Voraussetzungen für die Arbeit der Messebauspezialisten bietet.

Projektsteuerung mittels BIM

Bild 3.  Insgesamt 16 Büroräume stehen den Mitarbeitern im Verwaltungsbau von ­Public Address zur Verfügung

Kurze Bauzeit durch Vorproduktion Der hohe Vorfertigungsgrad der Bauelemente gewährleistet eine hohe Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens. So wurde die gesamte Gebäudehülle inklusive der Holz-Betonhybriddecken, den Stützen und dem Treppenhaus in den firmeneigenen Werken von Brüninghoff vorproduziert und termingenau auf die Baustelle in Mainz geliefert und montiert. Vor Ort wurden zunächst die Stützenreihen entlang des Flurs und das Treppenhaus montiert. Zur Aussteifung wurden die Flur-Deckenelemente aufgelagert und anschließend die Fassadenelemente gestellt, um dort die Deckenelemente aufzulegen. Die äußeren Ringbalken wurden örtlich vergossen, um den Verbund der einzelnen Elemente zu erreichen. Das Gebäude kommt ohne lastabtragende Innenwände aus. Diese Aufgabe übernehmen vor allem die Außenwände und das Treppenhaus. Während die Holzbauelemente in der Werkhalle in VillingenSchwenningen im Schwarzwald hergestellt wurden, erfolgte die Produktion der Betonteile am Brüninghoff-Firmensitz in Heiden. Einen weiteren Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens konnte außerdem durch eine integrale Produktion erreicht werden. Das gesamte Projekt wurde von der Planung über die Ausführung bis zur schlüsselfertigen Übergabe des Neubaus von Brüninghoff betreut und abgewickelt. Mit einem wirtschaftlichen und nachhaltigen Planungskonzept sowie einer hohen Vorfertigung konnte so innerhalb einer kurzen Bauzeit ein

Bild 4.  Die Produktion der Holz-Beton-Verbunddecke erfolgte am Brüninghoff-Firmensitz in Heiden (Fotos: Brüninghoff)

A12 Stahlbau 85 (2016), Heft 1

Zur optimierten Planung und Ausführung des Bürogebäudes in Hochheim wurden alle relevanten Projektdaten mittels BIM ­digital erfasst. Dies bezieht sich nicht nur auf die physikalischen und funktionalen Eigenschaften des Gebäudes. Einbezogen werden auch die Dimensionen, Kosten und Logistik – einzelne Teilprozesse und Aufgabengebiete können so effizient und trans­ parent bearbeitet werden. Informationen hierzu können auch zukünftig wiederverwendet und somit Synergieeffekte zur Standardisierung genutzt werden. Das Projekt in Hochheim am Main steht beispielhaft für ein ­intelligentes Hybridbau-Konzept, das Brüninghoff im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes entworfen hat. Die entstandenen Bauteile – wie die Holz-Beton-Verbunddecke – lassen sich auch für zukünftige Bauprojekte adaptieren. So ist aus einem reinen Projektdenken eine nachhaltige Lösung für ­zukünftige Herausforderungen entstanden. Weitere Informationen: Brüninghoff GmbH & Co. KG Industriestraße 14, 46359 Heiden/Westfalen Tel. +49 (0)28 67 – 97 39-0 Fax +49 (0)28 67 – 97 39-900 planung@brueninghoff.de www.brueninghoff.de

Statische Berechnung von Konzertbühnen in RFEM und RSTAB Die Statik-Programme RFEM und RSTAB ermöglichen eine durchgängige Tragwerksplanung von Konzertbühnen bzw. Tragkonstruktionen für Veranstaltungstechnik. Bei der Modelleingabe kann z. B. optional auf fertige Blöcke zurückgegriffen werden. In RFEM ist zudem die Berücksichtigung von Membranen möglich. Tools zu automatischen Wind- und Schneelastgenerierung ermöglichen eine schnelle und bequeme Eingabe der Belastung.

Bild 1.  Modell einer Konzertbühne und grafische Darstellung der Bemessungsergebnisse von RF-ALUMINIUM in RFEM


Stahlhochbau und -verbundbau

Neu: BEST Stahlstütze Bei Standardfällen und anspruchsvollen Bemessungsaufgaben gleichermaßen effektiv: Bild 2.  Einfügen eines Blocks (Global Truss – Traverse) in RSTAB

Ein- und mehrgeschossige Stahlstützen

Ebene und räumliche Beanspruchungszustände

Beliebige Lagerungsabschnitte mit verschiedenen Querschnitten

Tragfähigkeits-, Stabilitäts- und Verformungsnachweise

Frei konfigurierbare Benutzeroberfläche und Ergebnisausgabe

Bild 3. Membrankons­ truktion vor (oben) und nach (unten) der Formfindung (Abb.: Dlubal)

Egal, ob Aluminium, Stahl oder Holz (oder mehrere Materialien in einem ­System) für die Tragkonstruktion zum Einsatz kommt, in den entsprechenden Zusatzmodulen lassen sich alle erforder­ lichen statischen Nachweise (Tragfähigkeit, Stabilität, Gebrauchs­tauglichkeit) führen. Dabei lassen sich automatisch die maßgebenden Schnittgrößen aus RFEM/RSTAB in die Bemessungsmodule übernehmen. Werden Änderungen am Tragwerk durchgeführt, werden die ­geänderten Schnittgrößen automatisch von den Bemes­sungs­ modulen übernommen.

Berücksichtigung von Blöcken Jede Konstruktion kann individuell und flexibel in RFEM/RSTAB modelliert werden. Zusätzlich kann jedoch auf fertige oder selbst erstellte Blöcke zurückgegriffen werden. So lassen sich beispielsweise parametrisierte Fachwerkträger, unterspannte Träger o. ä. einfügen. Die Maße, Querschnitte usw. können während oder nach dem Einfügen entsprechend angepasst werden. Die RSTAB-Blockdatenbank enthält zusätzlich Global Truss – Produkte (räum­

liche Fachwerkträger aus Aluminium), die häufig für die Konstruktion von Konzertbühnen verwendet werden.

Membrankonstruktionen in RFEM Der Schutz vor Witterung wird bei Konzertbühnen oft durch Membrane realisiert. Diese lassen sich in RFEM berücksichtigen. Mit dem Zusatzmodul RF FORMFINDUNG lässt sich die Ausgangsform von Membran- und Seilkonstruktionen ermitteln. Die Form wird dabei über das Gleichgewicht zwischen der Oberflächenspannung (Vorspannung) und den natürlichen bzw. geo­metrischen Randreaktionen ermittelt. Der Formfindungsprozess kann am Gesamtsystem durchgeführt werden, also unter Berücksichtigung der Nachgiebigkeit der ­Unterkonstruktion. Zudem lässt sich über Linienfreigaben in RFEM berücksichtigen, dass Membranflächen auf Zwischen­unterstützungen aufliegen, sich aber bei abhebenden Lasten wie Windsog von der Unterkonstruktion lösen können. Weitere Informationen und Testversionen: www.dlubal.de

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Aktuell

Neue Handelshof-Filiale in Dresden „lebt“ Energieeinsparung Breite Gänge, flache Regale und über 60.000 Artikel im Sor­ timent: Die Handelshof Bautzen GmbH, Lieferant des regionalen Handwerks und der Industrie, hat in den Neubau ihrer vierten Filiale investiert. Seit August 2015 ist der Fachmarkt in Dresden-Klotzsche für Kunden geöffnet. Besonderen Wert legte der Bauherr auf die Einsparung von Energie und eine angenehme Verkaufs-Atmosphäre. EMPUR rüstete die rund 1.200 Quadrat-meter große Halle mit einem hocheffizienten Fußbodenheizsys-tem aus dem bewährten KLIMAPEX ­P E-RT-Heizrohr, dem zertifizierten PUR-THERM Tackersystem und mehreren, individuell für das Bauvorhaben vorkonfektionierten EMPUR Geniax-Komplettverteilern.

Beteiligung am Klimaschutz ist ein wichtiger Bestandteil zur Ausrichtung unseres Unternehmens“, so Torsten Hahn, Verkaufsleiter bei der Handelshof Bautzen GmbH. „Als Fachhandel für Gebäudetechnik sehen wir uns in der Pflicht, unseren Beitrag zur Energiewende zu leisten.“ Die gesamte Haustechnik des neuen Fachmarkts in Dresden ist genauso effektiv wie einfach gelöst: Zu den Hauptkomponenten zählen eine moderne Gasbrennwert-Heizanlage und eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, die gemäß EnEV 2014 bzw. EEWärmeG den gesetzlich vorgeschriebenen Anteil erneuerbarer Energien produziert. Der PV-Strom dient dem Eigenverbrauch und deckt im Wesentlichen den Energiebedarf zur Beleuchtung des Gebäudes und für den Betrieb der Krananlage. Die Warmwasserbereitung in Küche und WC-Bereichen erfolgt dezentral über Durchlauferhitzer.

Harte Bedingungen für die Fußbodenheizung Die Handelshof Bautzen GmbH vereint vier Fachgroßhandlungen unter einem Dach: Heizung und Sanitär, Elektrotechnik, Stahl und Werkstoffe sowie Bau- und Werkzeugtechnik. Das Unternehmen gehört zur Partner für Technik Gruppe und betreibt neben seinem Hauptsitz in Bautzen seit 1995 Zweigstellen in Görlitz und Kamenz. Um Wachstum und Qualität für die Zukunft zu sichern errichtete das Unternehmen 2015 eine weitere Filiale in Dresden. Auf einem 6.500 m2 großen Grundstück entstanden zwei neue Gebäude: eine massive Halle für den Fachmarkt mit einer Grundfläche von 1.200 m2 und eine Stahlhalle mit 600 m2 Fläche, um Flachbleche und Langprodukte wie Stabstahl und Rohre zu lagern. Dank dieser Strategie kann das Unternehmen die hohe und schnelle Verfügbarkeit sowie eine sofortige Abholbereitschaft durch Kunden gewährleisten. Die Grundregeln für die massiv gebaute Halle für Fachmarkt, Büros und Sozialräume der Mitarbeiter lauteten: Präzision, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Demzufolge sind Fassade und Dach hervor-ragend gedämmt. Lichtkuppeln und große ­Isolierglasfenster sorgen für einen hohen Eintrag von natür­ lichem Licht, gleichzeitig optimieren sie den passiv solaren ­Wärmegewinn.

Klimaschutz im Leitbild verankert Beim Haustechnikkonzept ging es um geringeren Energieverbrauch, Ressourcenschonung und reduzierte Emissionen. „Die

Bei der Wärmeverteilung setzte der Bauherr von Anfang an auf eine Fußbodenheizung und entschied sich für das PUR-THERM Tackersystem seines Industriepartners EMPUR. „Das System ermöglicht eine große Heizfläche mit niedrigen Vorlauftemperaturen in der Hal-le“, erläutert Torsten Hahn. Letztlich fiel die Wahl auf EMPUR, weil das Unternehmen geprüfte Qualität durch seine Eigenfertigung bieten kann. Auch sind die Komponenten des Herstellers hervorragend aufeinander abgestimmt – von der robusten Dämmplatte über das KLIMAPEX PE-RT 5-SchichtHeizrohr bis hin zum Verteiler. Spezielle Werkzeuge des Herstellers wie der Systemtacker tragen zu einer einfachen, zügigen und optimalen Verlegung der Kunststoffheizungsrohre bei. Immerhin mussten mehr als 950 m2 Grundfläche mit einer Fuß­ bodenheizung versehen werden. Darüber hinaus bietet die Flächenheizung einen unschätzbaren Vorteil: Es gibt keine sicht­ baren Heizungsinstallationen, Gestaltung und Ein-richtung konnten somit frei erfolgen. „Wesentlich ist jedoch die thermische Behaglichkeit, die sich in einem Hallengebäude nur durch Strahlungswärme erreichen lässt“, berichtet EMPUR-Fachberater Thomas Bierstedt. „Dabei ist es energetisch von Vorteil, wenn die Wärme dort bereitgestellt wird, wo sie benötigt wird – also in Bodennähe, wo sich Personen aufhalten.“ Der Boden im Bereich des Fachmarkts ist großen Belastungen ausgesetzt. Das erfahrene Planungsbüro EM-plan, eine 100%ige Tochter von EMPUR, berücksichtigte deshalb bei der Heizlast-

Bild 1.  Ein leuchtendes Rot ist das Erkennungsmerkmal der SHK- und Elektro-Fachgroßhandels-gruppe Partner für Technik. Der gleiche Farbton prägt die Er-scheinung der neuen Handels-hof-Filiale in Dresden, die im August 2015 eröffnet wurde

A14 Stahlbau 85 (2016), Heft 1


Aktuell

Bild 2.  Für die optimale Wärmedämmung ist gesorgt: Die 1 x 2 m großen EMPUR Verbundplatten mit einseitigem Folienüberstand zur überlappten Verlegung er-möglichten eine schnellen und bequemen Einbau ohne viel Verschnitt

Bild 3.  Nach der Verlegung erfolgte die Heizrohrmontage im Tackerver-fahren. Zum Einsatz kam dabei das hochwertige Kunststoff-heizrohr KLIMAPEX PE-RT 20 x 2,0 mm (Fotos: EMPUR/Handelshof Dresden)

und Rohrnetzberechnung wichtige bauliche und nutzungsrelevante Anforderungen und übernahm die Konzeption des Wärmeverteilsystems. Damit keine Verluste bei der Wärmeübertragung entstehen, erfolgte zunächst der vollflächige Einbau einer 50 mm starken Zusatz-Unterdämmung in Wärmeleitstufe 032. Darauf wurde die hochwertige, 20 mm starke Verbundplatte „Kompakt 20“ verlegt. Diese EMPUR Verbundplatte zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus: Sie ist außergewöhnlich druckfest und hält hohen Verkehrslasten ≥ 100 kPa dauerhaft stand. Weiterhin verfügt sie über eine aufkaschierte, hochreißfeste Mehrschicht-Verbundfolie, auf der die Tackernadeln auch bei enger Rohrführung einen sicheren Halt finden.

len, hocheffizienten Nassläufer-Pumpen an allen Heizkreisen. Jede einzelne Pumpe versorgt ihre entsprechende Wärmeübertragungsfläche exakt mit der Wärme, die gerade benötigt wird. Alle elektronischen Komponenten sind durch den Geniax-BUS miteinander vernetzt. Die Belegung der Heizkreise ist im zentralen Steuerelement, dem Geniax-Server, hinterlegt. Die Heiz-/Betriebs-zeiten legt der Bauherr temperatur- und zeitgesteuert fest – entweder softwaregestützt oder über das zentrale Bediengerät. Zusätzlich können Mitarbeiter in den Büros die Einzelraum­ regler mit integrier-tem Fühler bedienen. All diese detaillierten Vorgaben werden an den Geniax-Server übermittelt. Er misst und vergleicht die sich ändernden Ist- und Soll-Temperaturwerte fortlaufend und steuert die Pumpen entsprechend an. Auf diese Weise wird der Fachmarkt nur während der Öffnungszeiten beheizt. Büros und temporär genutzte Nebenräume sind punktgenau warm, wenn sie von Mitarbeitern genutzt werden. Der Geniax-Server kann aber noch mehr: Er überprüft sämt­ liche hydraulische Funktionen und nimmt dabei Einfluss auf die Vorlauf-temperatur der Gasbrennwert-Anlage. Das Ergebnis überzeugt den Bauherrn schon während der ersten Heizperiode 2015/2016: Die ausgeglichenen Raumtemperaturen empfinden Mitarbeiter und Kunden als angenehm. Zudem wird sich der Verbrauch an Heiz-energie gegenüber einer Fußbodenheizung mit konventionellen Verteilern um garantiert 15 Prozent und möglicherweise bis zu 20 Prozent reduzieren. Weitere Informationen: EMPUR Produktions GmbH Industriepark Nord 60, 53567 Buchholz-Mendt Tel. +49 (0)26 83 – 960 62-0 Fax +49 (0)26 83 – 960 62-99 info@empur.com, www.empur.com

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Bei der Wärmeverteilung fiel die Wahl des fachlich versierten Bau-herrn bewusst auf den EMPUR Geniax-Komplettverteiler. Diese intelligente Verteilertechnik ermöglicht die exakte Ausrichtung am Wärmebedarf. Möglich ist dies durch die Kombination aus softwaregesteuerter Temperaturregelung und dezentra-

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Das anschließend im PUR-THERM Tackerverfahren verlegte Heizungsrohr KLIMAPEX PE-RT 20 × 2,0 mm befand sich nach Abschluss der Verlegearbeiten in exakter Position. Die Verlegung der Kunststoffheizungsrohre erfolgte bifilar (schneckenförmig). Durch die jeweils abwechselnde Lage von Vor- und Rücklauf nebeneinander ergeben sich sehr gleichmäßige Fußbodenoberflächentemperaturen in der gesamten Halle. Die Montage samt Estricheinbau verlief reibungslos und ging sehr zügig vonstatten. Durch die gewählte Schichtbauweise und die hochwertigen Materialien entsteht ein schneller Wärmetransport.

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Tackersystem beweist Wirtschaftlichkeit

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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Aktuell

Ein neuer Maßstab für warmgefertigte Hohlprofile: Celsius® 420 Dank Innovationen bei der Stahlfertigung kann Tata Steel nun voll normalisierte warmgefertigte Hohlprofile in einer neuen höherwertigen Stahlsorte mit einer Streckgrenze von 420 MPa herstellen. Das bedeutet Kostenreduzierungen für Bauprojekte durch kleinere Abmessungen und Materialeinsparungen sowie einen verringerten Aufwand für Schweißarbeiten, Hilfskonstruktionen und Fundamente. Ein wichtiges Merkmal der Celsius® 420-Produktreihe ist die Vielfalt der Abmessungen. Die große Palette an kreisförmigen, quadratischen, rechteckigen und elliptischen Hohlprofilen bietet umfangreiche Auswahlmöglichkeiten. Die engen Eck­radien übertreffen die Branchenstandards bei geringem Sprödbruch­ risiko und ermöglichen eine außergewöhnliche Archi­tektur. Die Hohlprofile von Tata Steel lassen sich vom Rohmaterial bis zur Fertigung lückenlos nachverfolgen. Eine integrierte Pro­ duktion in Westeuropa, von der Herstellung des Rohstahls im Hochofen bis zum fertigen Profil aus einer Hand, gibt einem die Gewissheit, es mit erstklassiger Materialqualität zu tun zu haben. Vorteile von Celsius® 420: –– Durch die Umformung bei Normalisierungstemperatur entsteht ein Produkt ohne innere Spannungen, mit einheitlicher Körnung und Härte sowie gleichmäßigen mechanischen Eigenschaften im gesamten Querschnitt – dadurch hervorragendes Verhalten bei der Weiterverarbeitung –– Feinkornstahl – für ein einheitlich hochwertiges Stahlprofil –– Hohe Steckgrenze – ermöglicht Materialeinsparungen –– Bessere Kerbschlagwerte bei niedrigen Temperaturen (40 J bei –20 °C) – ideal für anspruchsvolle Anwendungen, zum Beispiel Offshore –– Engere Eckradien (maximal zweifache Wanddicke 2T) – für eine ansprechende Ästhetik und eine bessere Schweißnahtvorbereitung –– Umfassende Analyse mit 14 chemischen Elementen – volle Transparenz und Rückverfolgbarkeit

Bild 2.  Gewichtseinsparung bei gleicher Biegeknickbeanspruchbarkeit für einen 3 m langen Druckstab (siehe Beispiel)

Bild 3.  Steigerung der Biegeknickbeanspruchbarkeit bei gleicher Abmessung (Abb.: Tata)

–– Garantiert niedrigeres Kohlenstoffäquivalent (CEV) von ≤ 0,45 (besser als in der Produktnorm DIN EN 10210 ge­ fordert) – somit hervorragend schweißbar Technische Informationen mit statischen Werten für alle erhältlichen Abmessungen kann man unter stahlbau-hohlprofile@tatasteel.com anfordern. Für eine Beratung zum Einsatz von Stahlbau-Hohlprofilen, beispielsweise zum Thema Anschlussbemessung, steht der Customer Technical Service von Tata Steel dort ebenfalls kostenlos zur Verfügung.

Bild 1.  Querschnitte der Stahlbau-Hohlprofile mit gleicher Biegeknickbeanspruchbarkeit (siehe Beispiel)

Weitere Informationen: Tata Steel International Germany GmbH Am Trippelsberg 48 40589 Düsseldorf stahlbau-hohlprofile@tatasteel.com www.tatasteel.de

Beispiel zur Materialeinsparung bei Verwendung von Celsius® 420 für einen 3 m langen Druckstab mit NEd = 2200 kN im Vergleich zu warmgefertigten und kaltgefertigten Hohlprofilen in S355 (siehe auch Bilder 1 und 2) Profil

Güte

Abmessung (mm)

Masse (kg/m)

Biegeknickbeanspruchbarkeit (kN)

420 (warmgefertigt)

DIN EN 10210 S420NH

180 × 180 × 10

52,5

2260

Celsius® 355 (warmgefertigt)

DIN EN 10210 S355NH

200 × 200 × 10

58,8

2230

Hybox® 355 (kaltgefertigt)

DIN EN 10219 S355J2H

200 × 200 × 12,5

68,3

2330

Celsius®

A16 Stahlbau 85 (2016), Heft 1


Aktuell

Bremer Metallbau-Unternehmen setzt auf Demag V-Profilkran Ein Laufkran für die Produktionsstätte: Mit diesem Ziel machte sich die HB Fertigungs-GmbH auf die Suche und ­entschied sich für den Demag V-Profilkran. Dieser überzeugte besonders durch seine Präzision – und eine Eigenschaft, die ihn mit dem jungen Metallbau-Unternehmen v ­ erbindet. Die HB Fertigungs-GmbH fertigt u. a. voluminöse Bauteile, wie z. B. Filtergehäuse, Trichter oder Förderanlagen für die Schüttgutindustrie. Im Fertigungsprozess werden die schweren Bauteile von mehreren Seiten geschweißt und geschliffen – und somit mehrmals bewegt oder gedreht. Für diese Aufgabe suchte das Metallbau-Unternehmen einen Einträger-Laufkran, der vor allem eine Anforderung erfüllen sollte: „Wir müssen die Bauteile immer präzise platzieren, um einen optimalen Produktionsablauf zu gewährleisten“, erklärt Nils Braunschweiger, geschäftsführender Gesellschafter der HB Fertigungs-GmbH. Braunschweiger entschied sich für einen Demag V-Profilkran. Da die Schwingung beim V-Profilkran bis zu 30 % geringer ist als bei Kastenträgerkranen, bewegt und platziert der Kran auch sehr schwere Bauteile präzise. Die innovative V-Bauweise verteilt die Druck- und Zugkräfte dank verjüngter Membrangelenke gleichmäßig über den Kranträger. So ermöglicht der V-Profilkran neben dem Verfahren von schweren Metallbauteilen von bis zu fünf Tonnen auch aufwendige Industriemontagen in der 15 mal 30 Meter großen Halle des Unternehmens.

V-Profilkran passt zum innovativen Image „Wir haben unsere Fertigungshalle 2014 neu errichtet“, erzählt Braunschweiger. „Daher ist sie auf dem neuesten Stand der Technik und hätte auch einen schwereren Kran als den V-Profilkran tragen können.“ Doch das geringere Eigengewicht des VProfilkrans hat einen weiteren Vorteil: Es wirkt sich unmittelbar auf das Lasthandling des Krans aus. Zudem meistert der V-Profilkran dank der optimierten Konstruktionsweise mühelos bis zu 500.000 Lastwechsel – mehr als doppelt so viele wie gewöhn­ liche Kastenträgerkrane. Ebenso wie die Halle sind die Anlagen im Betrieb neuwertig. Somit war die Anschaffung eines modernen und innovativen Krans auch ein Stück weit eine Imagefrage, erklärt der Geschäftsführer: „Unser Unternehmen ist neu und innovativ, ­genau wie der Demag V-Profilkran.“ Auch im Hinblick auf das Design passt der Kran genau zur HB Fertigungs-GmbH – einschließlich der Lackierung in Unternehmensfarbe.

Bild 2.  Mitarbeiter der HB Fertigungs-GmbH positioniert Last mit Demag V-Profilkran (Fotos: Demagcranes)

Lediglich in Bezug auf die Steuerung des Krans hat man sich für eine eher herkömmliche Variante entschieden – eine Fluranstatt einer Funksteuerung. Denn eine Flursteuerung ist, so Braunschweiger, „immer da, wo man sie braucht. Eine Funksteuerung hingegen ist, besonders für wechselnde Nutzer des Krans, häufig schwer aufzufinden.“ Letztlich hat die ressourcenschonende Architektur des Demag V-Profilträgers noch einen weiteren Vorteil mit sich gebracht, der sich positiv auf die tägliche Arbeit im Unternehmen auswirkt. „Ein nicht erwarteter, aber sehr angenehmer Effekt ist die große Lichtdurchlässigkeit“, berichtet Braunschweiger. „Der Schattenwurf ist deutlich geringer als bei einem gewöhnlichen Deckenkran.“

Die HB Fertigungs-GmbH ist ein junges Stahl- und Metallbau-Unternehmen aus der Gemeinde Stuhr in der Nähe von Bremen. Die fünf Mitarbeiter fertigen im Auftrag von Maschinen- und Anlagenbauern Komponenten wie Ventilatoren, ­Zyklone, Filter, Trichterzellen, Förderanlagen, Tore und Rollwagen. Nils Braunschweiger und Mitgesellschafter Robert Hainke haben den Fertigungsbetrieb Ende 2013 gegründet.

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Bild 1.  Mitarbeiter der HB Fertigungs-GmbH positioniert Last mit Demag V-Profilkran 1009106_dp_88x63mm.indd 1

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Anbieterverzeichnis

Produkte & Dienstleistungen Ankersysteme

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Gewindehülsen, Muffen, Spannmuffen, Zugverankerungen Denkmal- und Altbausanierungsbefestigungen Spezialbefestigungen für Tunnel und Brücken Dübelsysteme und Normteile aus Edelstahl Rostfrei

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M-CONSTRUCT Wilhelm Modersohn GmbH & Co. KG Industriestraße 23 32139 Spenge Tel. (0 52 25) 87 99-0 Fax (0 52 25) 87 99-201 E-Mail: info@modersohn.de Internet: www.modersohn.eu MOSO® MBA-CE Ankerschienen mit eigener Berechnungssoftware MOSO® Constructor Anker- und Anschweißplatten Kantenschutzprofile und Verkleidungen Denkmal- und Altbausanierungsbefestigungen Spezialbefestigungen für Tunnel und Brücken Dübelsysteme und Normteile aus Edelstahl Rostfrei Gewindehülsen, Muffen, Spannmuffen, Zugverankerungen, Gewindestangen

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Bleche/Blech bearbeitung

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Bolzenschweißtechnik

AS Schöler + Bolte GmbH Flurstraße 25 58285 Gevelsberg Fon +49(0) 2332/55106-0 Fax +49(0) 2332/55106-11 info@as-schoeler-bolte.com www.as-schoeler-bolte.com

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Mit Ihrer Eintragung im Anbieterverzeichnis erreichen Sie planende und ausführende Bauingenieure. Kontakt: Tel. (030) 47031-252, Fax (030) 47031-230 Stahlbau 85 (2016), Heft 1


Brückenbau Köster & Co. GmbH Postfach 1364 D-58242 Ennepetal Telefon (0 23 33) 83 06-0 Telefax (0 23 33) 83 06 38 E-Mail: info@koeco.net Internet: www.koeco.net

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Fachthemen Christian Fox Markus Doktor Eckhardt Schneider Wolfgang Kurz

DOI: 10.1002/stab.201610352

Bewertung von Stahlbauwerken durch zerstörungsfreie Bestimmung von Spannungszuständen Wirtschaftliche Tragfähigkeitsnachweise ohne aufwendige Probebelastungen Belastungsversuche an Bauwerken zur Bestimmung ihrer Resttragfähigkeit sind etabliert und werden schon seit längerer Zeit erfolgreich eingesetzt. Zerstörungsfreie Prüfverfahren bieten die Möglichkeit, den Bauwerkszustand zu beschreiben und mit diesen Erkenntnissen den Tragfähigkeitsnachweis zu führen sowie Resttragfähigkeiten zu bestimmen. Ziel des hier vorgestellten Forschungsvorhabens ist es, das diesbezügliche Potenzial der zerstörungsfreien Bauteilprüfung zu ermitteln. Contribution of non-destructive techniques to the evaluation of steel. For some time already established load tests are applied to analyze the remaining load bearing capacity of existing buildings. Nondestructive techniques offer the possibility to describe the stress of the structure. By using this information the remaining capacity can be checked. The objective of the R&D project presented here is to identify the potential of the nondestructive material characterization for that purpose.

1  Einführung und Zielsetzung In den letzten Jahren wurden sehr erfolgreich Tragfähig­ keitsnachweise bestehender Gebäude mithilfe von Belas­ tungsversuchen geführt. Probebelastungen wurden haupt­ sächlich dort eingesetzt, wo ein rechnerischer Nachweis keine ausreichende Tragfähigkeit ergab bzw. keinerlei oder keine ausreichende Bauwerksdokumentationen des beste­ henden Bauwerks vorlagen. Der Vorteil von Probebelastun­ gen ist, dass das wirkliche Tragwerk untersucht wird und nicht ein vereinfachtes Berechnungsmodell. Idealisierun­ gen hinsichtlich Struktur und Material entfallen und die Systemreserven von Bestandsbauwerken werden effizient und wirtschaftlich ausgenutzt. Der Nachteil des experimen­ tellen Tragsicherheitsnachweises liegt in den aufwendigen Versuchsaufbauten. Gelingt es, mit zerstörungsfreien Prüfverfahren den Beanspruchungszustand und die Materialkennwerte eines bestehenden Tragwerks zu bestimmen, so kann man ana­ log einer Probebelastung einen sehr wirtschaftlichen Trag­ fähigkeitsnachweis ohne aufwendige Versuchsaufbauten führen. Zerstörungsfreie Prüfverfahren (zfP) werden ins­ besondere in der metallerzeugenden und -verarbeitenden Industrie und im Maschinenbau zur Detektion von Fehl­ stellen ebenso wie zur Charakterisierung von Bauteilzu­ ständen eingesetzt. Der Vorteil der zfP ist neben der zerstö­

rungsfreien Arbeitsweise die einfache Anwendung und hohe Messrate, sodass auch großflächige Bauteile wirt­ schaftlich vermessen werden können. Im Hinblick auf die Verbesserung des Tragfähigkeitsnachweises sind die Streck­ grenzwerte und die im Bauteil herrschenden Spannungen zu ermitteln. Wenngleich die Streckgrenzwerte der Stahl­ produkte von den Herstellern nach- und ausgewiesen wer­ den, sind sie bei Bestandsbauwerken doch häufig nicht für alle relevanten Bauteile bekannt. Eine zerstörungsfreie Be­ stimmung der Streckgrenze an den interessierenden Stel­ len der Bauteile hat erkennbare Vorteile. Die Kenntnis des Spannungszustandes und seiner örtlichen Veränderung ist eine notwendige Voraussetzung zur Ermittlung von Ein­ wirkungen, die bereits etwaige Einflüsse aus Gleichgewicht am verformten System (Theorie II. Ordnung) sowie aus Imperfektionen berücksichtigen. Mit den so ermittelten Einwirkungen, die sich aus den gemessenen Spannungen bestimmen lassen, können die üblichen Tragsicherheits­ nachweise geführt werden. Die Herausforderung liegt zunächst in der Anpassung der zerstörungsfreien Prüftechnik zur Messdatenaufnahme an stahlbautypische Strukturen und in der Verbesserung der Messgenauigkeit. Anpassung der Prüftechnik und Ver­ besserung der Messgenauigkeit sind Inhalt dieses Beitrages; sie waren Ziele von überwiegend experimentellen Untersu­ chungen an Materialproben und Stahlträgern. Notwendige Verbesserungen wurden identifiziert, entsprechende Wei­ terentwicklungen werden kurz beschrieben und hinsicht­ lich ihrer Umsetzbarkeit bewertet. Damit kann nun die nächste größere Herausforderung angegangen werden, nämlich die Übertragung der Messergebnisse auf für Trag­ werksplaner nutzbare Ergebnisse, die sich in die Formate der Standardnachweisverfahren im Stahlbau integrieren lassen.

2  Zerstörungsfreie Ermittlung des Streckgrenzwertes Die Streckgrenze gibt die Spannung an, bei der die plasti­ sche Verformung des Stahles beginnt. Der Streckgrenzwert ist ein Qualitätsmerkmal und wird in der Regel im standar­ disierten Zugversuch an Hand von Proben bestimmt. Lie­ fervorschriften geben für jede Stahlgüte den Streckgrenz­ wert und die erlaubte Streuung dieses Wertes an. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Mikrostruk­ tur des Stahles, also z. B. die Orientierung der Kristallite, die Größe und Verteilung von Verbindungen des Eisens

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mit Legierungselementen und die herstellungsbedingten Eigenspannungen lokale Veränderungen des Streckgrenz­ wertes verursachen. Ebenso können insbesondere mehr­ achsige Lasteinwirkungen während der Nutzungsdauer oder schwingende Beanspruchungen oder Wärmeeinbrin­ gungen den Gefügezustand und damit den Streckgrenzwert lokal verändern. Zur Bestimmung des Streckgrenzwertes von ferromagnetischen Stahlqualitäten werden mikromag­ netische Verfahren eingesetzt.

2.1  Mikromagnetisches Verfahren zur Streckgrenzwert-­ Bestimmung Ferromagnetische Werkstoffe haben neben der Kornstruk­ tur eine weitere Ordnung, die WEIß’schen Bezirke oder magnetischen Domänen, in denen die natürliche spontane Magnetisierung in einer bestimmten Größe und Richtung vorliegt. Unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes wachsen die energetisch günstig liegenden Domänen auf Kosten der anderen. Dabei werden die Domänenwände (BLOCH-Wände) vergleichbar einer Gitterstörung durch das metallische Gitter bewegt. Bei größeren äußeren Mag­ netfeldern wird die natürliche spontane Magnetisierung in die Richtung des äußeren Feldes gedreht. Gitterfehler, die mehr oder weniger zahlreich in jedem realen metallischen Werkstoff vorliegen, stellen mehr oder weniger starke Be­ hinderungen bei dieser BLOCH-Wandbewegung und bei dem Drehprozess dar. Beide Prozesse, Wandverschiebung und Drehprozess, beschreiben die als Hysteresekurve be­ kannte Reaktion eines ferromagnetischen Materials unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes. Mit dem von außen angelegten Magnetfeld H ändert sich der magneti­ sche Zustand B des Materials. Diese Hysteresekurve, wie in der Mitte von Bild 1 dargestellt, ändert ihre Form, wenn sich der Gefüge- und/oder der Spannungszustand einer ferromagnetischen Materialprobe ändert. Bei den mikromagnetischen Verfahren wird ein oberflächennaher Bauteil­ bereich mit einer Dicke von < ca. 2 mm von einem äußeren Magnetfeld hin und her magnetisiert, sodass die BLOCHWände entsprechend hin und her bewegt oder die spon­ tane Magnetisierungsrichtung gedreht werden. Die damit verbundenen Änderungen der elektromagnetischen Eigen­ schaften des Bauteilbereichs bilden sich in der veränderten

Hysteresekurve ab und werden mit Hallsonden und elek­ trischen Spulen aufgenommen und ausgewertet. Das Prüfsystem des Fraunhofer-Instituts für Zerstö­ rungsfreie Prüfverfahren (IZFP) MikroMach (Mikromag­ netische Materialcharakterisierung), das in diesem Vorha­ ben zur Anwendung kam, erfasst die Wirkung des von außen angelegten, sich periodisch verändernden Magnet­ feldes auf die magnetische Struktur des Materials. Die mi­ kromagnetischen, magnetoelastischen und elektromagne­ tischen Materialeigenschaften werden durch das Messen der Barkhausen-Rauschamplitude, der inkrementellen Per­ meabilität, des Zeitsignals der Oberwellenanalyse der tan­ gentialen Magnetfeldstärke und der Wirbelstromimpedanz erfasst. Damit werden charakteristische Änderungen, wie sie sich auch in der Hysteresekurve abbilden, festgestellt. Die in Bild 1 dargestellten typischen Kurvenverläufe wer­ den durch die ebenfalls dargestellten einzelnen Messgrö­ ßen, wie z. B. den Wert des Maximums, den Abzissenwert des Maximums und den Halbwertsbreiten charakterisiert. Bis zu 41 Messgrößen können simultan aufgenommen und zur Charakterisierung des Bauteilzustandes ausgewertet werden. Bild 2 zeigt das Prüfsystem MikroMach. Eine de­ taillierte Beschreibung der physikalischen Grundlagen und des Prüfverfahrens ist u. a. in [1] bis [6] zu finden. Das Potenzial der mikromagnetischen Verfahren zur Charakterisierung von Materialkennwerten und Bauteilzu­ ständen liegt im Wesentlichen darin, dass die beim syste­ matischen Ummagnetisieren stattfindenden BLOCH-Wand­ bewegungen und Drehprozesse in mikroskopischen Mate­ rialbereichen stattfinden, die ähnliche Linearabmessungen haben wie die metalltypischen Struktur- und Mikrostruk­ turparameter, die auch die materialspezifischen Kenngrö­ ßen Streckgrenze, Zugfestigkeit und die Zustände Härte, Textur und Eigenspannungen beeinflussen. Damit lassen sich die Änderungen der elektro- und mikromagnetischen Messgrößen (s. Bild 1) während des Ummagnetisierens u. a. auch mit der materialspezifischen Kenngröße Streck­ grenze in Korrelation bringen. Dazu werden die Messgrö­ ßen an einer Materialprobe aufgenommen und der Ziel­ größe, z. B. der Streckgrenze, gegenübergestellt. Vergleich­ bar werden auch an einer zweiten, dritten, vierten, usw. Materialprobe mit jeweils unterschiedlichem Wert der Zielgröße (z. B. 280 MPa, 300 MPa, 320 MPa, 350 MPa

Bild 1.  Magnetische Hysterese (Mitte) und Messgrößen des IZFPPrüfsystems MikroMach Fig. 1.  Magnetic hysteresis and measuring quantities of the IZFP set-up MikroMach

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Bild 2.  IZFP Prüfsystem MikroMach Fig. 2.  IZFP set-up MikroMach

etc.) die Messgrößen aufgenommen. Die Zielgrößen, hier Streckgrenzwerte, werden parallel in einem standardisier­ ten Zugversuch ermittelt. Mithilfe einer multiparametri­ schen Regressionsanalyse werden die statistisch signifikan­ ten Messgrößen festgestellt. Eine Modellfunktion wird in linear unabhängigen Basisfunktionen entwickelt. Dabei werden als Basisfunktionen Polynome mit den Messgrö­ ßen genutzt. Die Entwicklungskoeffizienten der Polynome werden so bestimmt, dass das Ergebnis die kleinste qua­ dratische Abweichung vom Zielwert hat. Das so ermittelte Polynom ist die Kalibrierfunktion, die bei ihrer Anwendung aus den am Bauteil aufgenommenen Messgrößen die Ziel­ größe, hier den Streckgrenzwert, (rück-) berechnet. Die zuverlässige Nutzung des Verfahrens setzt einen möglichst unverändert bleibenden Kontakt der Polschuhe des anre­ genden Magneten im Sensor mit der Bauteiloberfläche vo­ raus, um so ein möglichst homogenes Magnetfeld im Prüf­ bereich zu erzielen. Die Standardausführung des Sensors mit halbrund ausgeführten Polschuhen und einem Pol­ schuhabstand von 10 mm wurde als geeignet festgestellt.

men von unterschiedlichen Bauvorhaben bzw. Herstellern. Die im Zugversuch ermittelten Streckgrenzen lagen zwi­ schen rund 240 MPa und 400 MPa. Bild 3 zeigt die Gegen­ überstellung der mikromagnetisch und im Zugversuch er­ mittelten Streckgrenzwerte der angelieferten Trägerpro­ ben. In Bild 3 sind auch die Streuungen der Einzelmessun­ gen mit dem mikromagnetischen Verfahren dargestellt. Die mikromagnetisch bestimmten Streckgrenzwerte von 21 der vermessenen 43 Proben liegen innerhalb eines Streu­ bandes von ± 20 MPa um die im Zugversuch festgestellten Werte. Die Gegenüberstellung zeigt die prinzipielle Mög­ lichkeit auf, die Streckgrenze mittels mikromagnetischer Verfahren zerstörungsfrei am Bauteil zu bestimmen. Sie zeigt aber auch, dass noch eine größere Messgenauigkeit erreicht werden muss. Eine genauere zerstörungsfreie Be­ stimmung der Streckgrenze wird durch eine materialspezi­ fischere Kalibrierung erwartet. Dazu werden die Material­ proben hinsichtlich ihrer magnetischen Eigenschaften auf größtmögliche Ähnlichkeit untersucht und in Gruppen von Proben mit ähnlichen magnetischen Eigenschaften zu­ sammengefasst. Für jede Gruppe wird dann eine gruppen­ spezifische Kalibrierung erstellt. Darüber hinaus werden Charakteristika definiert, die die Zuordnung einer Probe zu einer Gruppe ermöglichen (s. auch [6]).

2.2 Streckgrenzwert-Bestimmung Die Qualität des Ergebnisses im Hinblick auf Auflösung und Genauigkeit hängt ganz wesentlich von der Qualität der Kalibrierung des MikroMach-Prüfsystems ab. Es wur­ den an insgesamt 28 Stahlproben unterschiedlicher Quali­ tät und Herkunft die mikromagnetischen Messdaten auf­ genommen und zur Bestimmung der Kalibrierfunktion genutzt. Die im Zugversuch ermittelten Streckgrenzen hatten Werte von 284 MPa bis 777 MPa. Die Kalibrier­ funktion enthält acht Messgrößen, die aus dem Barkhau­ senrauschen, der Überlagerungspermeabilität und dem Zeitsignal der tangentialen Magnetfeldstärke abgeleitet werden. Mit dieser Kalibrierfunktion wurden die Streck­ grenzwerte am Steg und am Flansch von weiteren 43 von Projektpartnern bereitgestellten Trägern mikromagnetisch bestimmt und den zerstörend festgestellten Streckgrenz­ werten gegenübergestellt. Die bereitgestellten Träger ka­

Bild 3.  Vergleich der mikromagnetisch und im Zugversuch ermittelten Streckgrenzwerte an Proben aus angelieferten Trägern Fig. 3.  Comparison of yield strength values evaluated by ­micro-magnetic technique and in a tensile test experiment using samples of delivered beams

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3  Zerstörungsfreie Bestimmung des Spannungszustandes Der mechanische Spannungszustand eines Bauteiles ergibt sich aus der additiven Überlagerung von Eigenspannungen und Lastspannungen. Die insbesondere durch das Walzen und das Richten der Träger eingebrachten Eigenspannun­ gen ändern sich über die Länge und Höhe eines Stahlträ­ gers. Weitere lokal veränderliche Eigenspannungszustände resultieren aus der Verarbeitung der Stahlelemente, z. B. aus Schweißarbeiten. Auch die Lastspannungen in einer Stahlkonstruktion verändern sich örtlich. Eine Unterschei­ dung dieser beiden Beiträge zum wirksamen Spannungs­ zustand ist weder möglich noch zielführend, denn beide Beiträge zum aktuellen Spannungszustand beeinflussen das statische und dynamische Bauteilverhalten. Alle teil­ zerstörenden und zerstörungsfreien Verfahren zur Span­ nungsanalyse, beispielsweise das Röntgen-Diffraktionsund das Bohrlochverfahren, messen den Dehnungszustand bzw. dessen Änderung nach Eingriff in den Spannungszu­ stand und bestimmen die Spannungen unter Nutzung ver­ fahrensspezifischer elastischer Materialkennwerte. Die Dicke der analysierten Oberflächenschicht liegt bei den Röntgenverfahren im Bereich weniger 10 µm, bei dem Bohrlochverfahren typischer­weise bei wenigen mm. Ultra­ schallverfahren nutzen ebenso den Dehnungseinfluss auf die Messgröße, haben aber gegenüber den genannten Ver­ fahren den Vorteil einer einfacheren und schnelleren Messdatenaufnahme, sodass auch großflächige Bauteile effizient vermessen werden können. Ultraschallwellen durchdringen Stahlkomponenten mit Dicken von einigen 100 mm und ermöglichen so eine Bestimmung der im ge­ samten Querschnitt wirkenden Spannungen. Messgrößen bei der Ultraschall-Spannungsanalyse sind die Laufzeiten bzw. Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Ultraschallwel­ len. Bei der Herstellung, insbesondere durch die plastische Verformung beim Walzen, werden die Körner in ihrer Aus­ richtung verändert. Die Walztextur, die durch das Walzen verursachte bevorzugte Orientierungsverteilung der einzel­ nen Körner im Träger, hat u. a. richtungsabhängige elasti­ sche Eigenschaften zur Folge. Damit ändern sich auch die Ausbreitungsgeschwindigkeiten elastischer Wellen mit ih­ rer Ausbreitungs- und Schwingungsrichtung im Hinblick auf die Längen- und Höhenrichtung eines Trägers. Dieser Textureinfluss auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Ul­ traschallwellen muss zur Spannungsanalyse separiert wer­ den.

3.1  Ultraschallverfahren zur Bestimmung des Spannungszustandes Die Ultraschall-Spannungsanalyse nutzt den Einfluss von Dehnungszuständen auf die Ausbreitungsgeschwindigkei­ ten von Ultraschallwellen. Dieser sogenannte akusto-elas­ tische Effekt ist unterschiedlich groß, abhängig von der Ausbreitungs- und Schwingungsrichtung der Welle im Hin­ blick auf die Hauptdehnungsrichtungen. Das wird in Bild 4 deutlich, in dem die möglichen Ausbreitungs- und Schwin­ gungsrichtungen von Ultraschallwellen in einer Zugprobe und die relativen Änderungen der Schallgeschwindig­ keiten als Funktion der elastischen Dehnung schematisch dargestellt sind. Für den hier interessierenden Fall der Spannungsanalyse an einem Stahlträger nutzt man die drei Wellenarten, die in Bild 4 mit Ausbreitung senkrecht zur Spannungsrichtung dargestellt sind. Im Fall einer Span­ nungsanalyse am Steg breiten sich alle drei Wellen über die Stegdicke aus. Die Longitudinalwelle (blau) schwingt in ihrer Ausbreitungsrichtung. Eine Transversalwelle schwingt zunächst in Richtung der Trägerlängen- (violett) und dann in Höhenrichtung (gelb). Der im Träger vorliegende drei­ axiale Dehnungszustand verändert die Geschwindigkeiten der eingesetzten Wellen. Unter Nutzung des allgemeinen Hooke’schen Geset­ zes werden die Komponenten des Dehnungstensors durch die Komponenten des Spannungstensors ersetzt, sodass sich der akusto-elastische Effekt wie folgt beschreiben lässt: (VDD – VL)/VL = KL1 ⋅ σD + KL2 ⋅ (σL + σH) (1a) (VDL – VT)/VT = KT1 ⋅ σD + KT2 ⋅ σL + KT3 ⋅ σH (1b) (VDH – VT)/VT = KT1 ⋅ σD + KT2 ⋅ σH + KT3 ⋅ σL (1c) V ist die Schallgeschwindigkeit, der erste Index bei V gibt die Ausbreitungsrichtung, der zweite die Schwingungsrich­ tung der Welle an. VDD ist also die Geschwindigkeit einer Longitudinalwelle, die sich in Dickenrichtung des Bauteils ausbreitet. VDL ist die Geschwindigkeit einer Transversal­ welle, die sich in Dickenrichtung ausbreitet und in Längen­ richtung schwingt. VL und VT sind die Ausbreitungsge­ schwindigkeiten der Longitudinal- und Transversalwelle im spannungsfreien Fall. Die Kij-Werte sind materialabhän­ gige akusto-elastische Kennwerte; sie wichten den Einfluss der jeweiligen Spannungskomponente auf die relative Ge­ schwindigkeitsänderung. Diese Kennwerte werden experi­

Bild 4.  Ausbreitungs- und Schwingungsrichtungen von Ultraschallwellen in einer Zugprobe und die relativen Änderungen der Schall­ geschwindigkeiten als Funktion der elastischen Dehnung Fig. 4.  Propagation and vibration directions of ultrasonic waves and the relative change of the wave velocities as a function of the elastic strain of a tensile test sample

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mentell ermittelt; ihre Kenntnis ist notwendige Vorausset­ zung für die quantitative Spannungsanalyse. σD, σL und σH sind die Komponenten des normalisierten Spannungsten­ sors, sie sind die in Dicken-, Längen- und Höhenrichtung im Steg wirkenden Spannungen. Vorangegangene Unter­ suchungen hatten zum Ergebnis, dass in ferritischen Stäh­ len KL1 >> KL2, sodass die relative Änderung der Longitu­ dinalwellengeschwindigkeit proportional zu der Span­ nungskomponente ist, die in Ausbreitungsrichtung wirkt. Ebenso wurde festgestellt, dass KT1 < KT2 >> KT3; sodass in erster Näherung die relative Änderung der Transversalwel­ lengeschwindigkeit proportional zu der Spannungskompo­ nente ist, die in der Schwingungsrichtung wirkt [7]. Die in Dickenrichtung wirkende Spannungskomponente σD ist an den Oberflächen Null und im Vergleich zu den beiden anderen Hauptspannungen im Steg klein. Dieser Span­ nungseinfluss wird vernachlässigt. Damit kann unter Nut­ zung der an jeder Messstelle am Steg gemessenen Laufzeit tDD und dem für die Longitudinalwellengeschwindigkeit VL0 in ferritischen Stählen typischen Wert VL0 = 6,0 mm/µs die Stegdicke D festgestellt werden. Stegdicke D = VL0 ⋅ tDD. (2a) Im Rahmen der hier vorgestellten Untersuchungen wurden die Beziehungen (1b) bzw. (1c) zunächst vereinfacht. Die unterschiedlich großen Werte für die akusto-elastischen Materialkennwerte erlauben diese erste Näherung: (VDL – VT)/VT = KT2 ⋅ σL

(2b)

(VDH – VT)/VT = KT2 ⋅ σH (2c) Der materialspezifische Kennwert KT2 wird entweder an Materialproben im Zugversuch (vgl. Bild 4) oder am Träger unter bekannten Lastsituationen bestimmt. Aus der an je­ der Messstelle gemessenen Laufzeit der Longitudinalwelle wird unter Nutzung der Beziehung (2a) der lokale Wert der Stegdicke D ermittelt. Die Laufzeit der sich durch den Steg ausbreitenden und in Längenrichtung schwingenden Trans­ versalwelle wird gemessen und mit der an der gleichen Stelle ermittelten Dicke die Geschwindigkeit VDL berech­ net. Zur Ermittlung der Schallgeschwindigkeit im span­ nungsfreien Fall VT gibt es mehrere Möglichkeiten [7], hier wurde der Wert an spannungsarmen Stellen am Rand der Träger bestimmt. Die Division der berechneten relativen Geschwindigkeitsdifferenz durch den materialspezifischen akusto-elastischen Kennwert ergibt den Wert der Spannung in Längenrichtung σL an dieser Messstelle (Beziehung (2b)). Vergleichbares Vorgehen hat den Wert der Spannung in Hö­ henrichtung σH zum Ergebnis (Beziehung (2c)). Eine Ver­ besserung der erzielbaren Spannungsergebnisse wird sich unter Nutzung der Beziehungen (1b) und (1c) ergeben, bei der der Einfluss der zweiten Spannungskomponente in der Stegebene auf die Transversalwellengeschwindigkeit be­ rücksichtigt wird. Es muss noch erwähnt werden, dass die angegebenen Beziehungen (1) in dieser Form streng genommen nur für isotrope Werkstoffe mit kubischer Kristallsymmetrie gelten. Und das auch nur, wenn die Ausbreitungs- und Schwin­ gungsrichtungen der Ultraschallwellen jeweils parallel zu einer Hauptspannungsrichtung sind. In den bisher unter­

suchten Trägern liegt eine Walztextur vor, die aber eine nur geringe elastische Anisotropie verursacht. Diese geringe Abweichung von der Isotropie-Forderung erlaubt auch eine Methodik zur Separierung des Textureinflusses durch Mes­ sungen mit einer Transversalwelle, deren Schwingungsrich­ tung systematisch aus der Längenrichtung in die Höhen­ richtung der Träger gedreht wird. Diese Vorgehensweise wird in Abschnitt 4 beschrieben.

3.2 Ultraschallmesstechnik Die Messgröße bei der Ultraschall-Spannungsanalyse ist die Laufzeit, die eine Welle zum Durchlaufen eines Bauteil­ bereiches braucht. Daraus werden dann die Bauteildicke ermittelt und die Werte der Schallgeschwindigkeiten be­ rechnet. Die Welle breitet sich vom Prüfkopf auf der Steg­ vorderseite ausgehend über die Stegdicke aus, wird auf der gegenüberliegenden Stegoberfläche reflektiert und vom inzwischen als Empfänger geschalteten Prüfkopf wieder empfangen. Im Prüfgerät wird ein erstes Rückwandecho angezeigt. Ein Teil der Schallwelle wird auch von der Vor­ derseite reflektiert, durchläuft die Stegdicke ein zweites Mal, wird an der Rückseite reflektiert und wieder empfan­ gen. So entsteht eine Rückwandechofolge, wie sie schema­ tisch in Bild 5 dargestellt ist. Das vom Projektpartner Fraunhofer IZFP bereitge­ stellte Ultraschall-Prüfsystem nutzt zwei Verfahren zur Messung der Laufzeit. Bei der Kreuzkorrelationsmethode werden z. B. das zweite und vierte Rückwandecho ausge­ wählt und, vereinfacht gesagt, auf der Zeitachse solange verschoben, bis sie sich möglichst deckungsgleich über­ lagern. Die notwendige Zeitverschiebung entspricht der Laufzeit, die die Welle zum viermaligen Durchlaufen der Dicke benötigt. Bei dem anderen Verfahren wird die Zeit gemessen, die zwischen jeweils gleichen Signalmerkmalen des zweiten und vierten Echos liegt. In Bild 5 ist es die Zeit Δt zwischen den jeweiligen größten Amplituden der beiden Signale. Bei weiteren Messungen wird der zeitliche Ab­ stand zwischen anderen Amplituden oder auch zwischen den Nullstellen vor den Amplituden gemessen. Das ge­ nutzte System kann an jeder Messstelle bis zu 16 solcher Laufzeit-Einzelmessungen durchführen und speichern.

Amplitude, A

Dt

Time, t

Bild 5.  Schematische Darstellung einer Rückwandechofolge zur Messung der Ultraschalllaufzeit Δt Fig. 5.  Schematic of a backwall echo sequence to measure the ultrasonic time-of-flight Δt

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Zur Bestimmung der Stegdicken wurde ein handelsübli­ cher, normal einschallender Longitudinalwellen-Prüfkopf (V109) mit 5 MHz Mittenfrequenz und einem Durchmes­ ser von ca. 13 mm eingesetzt. Als Schallkoppelmittel wurde Fett genutzt. Zum Senden und Empfangen der normal ein­ schallenden, linear polarisierten Transversalwelle wurde ein EMUS- Sensor vom IZFP bereitgestellt (Elektromagne­ tisch induzierter Ultraschall). EMUS- Sensoren bringen die Vorteile, dass kein Koppelmittel notwendig ist, die Senso­ ren leicht am Messort in andere Schwingungsrichtungen gedreht werden können und sie sich selbst magnetisch an der Messstelle halten. Die technischen Kenndaten des EMUS-Sensors sind ca. 2 MHz Mittenfrequenz und 10 × 10 mm2 aktive Sensorfläche. EMUS-Sensoren werden seit Jahren in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung einge­ setzt [8]. Mit dem Ziel, möglichst zuverlässige Laufzeitwerte zu messen, wurden Lackierungen, Korrosionsrückstände und andere Verschmutzungen durch Beschleifen der Messstel­ len entfernt und eine Vorrichtung entwickelt, um u. a. die Drehung des Transversalwellensensors an der Messstelle zu stabilisieren. Neben den üblichen systembedingten und vom Messenden verursachten Messfehlern haben auch ört­ liche Veränderungen des Bauteilzustandes wie z. B. Aus­ scheidungen, kleine Fehlstellen, plastische Verformungen die Laufzeitänderungen zur Folge. Um fehlerhafte Lauf­ zeitmessergebnisse zu erkennen und aus den Datensätzen zu eliminieren, wurden statistische Verfahren angepasst und Softwareroutinen geschrieben und eingesetzt. Andere mathematisch-statistische Verfahren wurden angepasst, um den Textureinfluss sowie die Spannungswerte und de­ ren örtliche Änderung genauer zu erfassen. In Abschnitt 5 werden diese Verfahren vorgestellt.

3.3  Bestimmung des materialspezifischen akusto-elastischen Kennwertes und der materialspezifischen Longitudinalwellengeschwindigkeit Der in den Beziehungen (2b), (2c) dargestellte proportio­ nale Zusammenhang zwischen der Spannung bzw. der Spannungsänderung und der Transversalwellengeschwin­ digkeit bzw. der Geschwindigkeitsänderung wird durch den materialspezifischen akusto-elastischen Kennwert KT2 beschrieben. Zur experimentellen Ermittlung dieses Wer­ tes wurden drei Träger im 3-Punkt-Biegeversuch belastet. Bild 6 zeigt den Versuchsstand.

Bild 6.  Träger T1 in 3-Punkt-Biegersuch Fig. 6.  Beam T1 in the 3-point-bending test

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Träger 1 ist ein Profil IPE 300, der bei einer Stützweite von 2 300 mm in Trägermitte mit einer Last von bis zu 200 kN belastet wurde. Träger 2 und 3 bestehen aus Profi­ len IPE 200 mit einer Stützweite von 2300 mm und einer Belastung bis zu 70 kN. In unterschiedlichen Abständen von der Lasteinleitung wurde die Längsspannung an der Flanschinnenseite mittels DMS experimentell ermittelt und ergänzend dazu nach Stabstatik und mittels FE-Programm ABAQUS [9] berechnet. An den Stellen wurden die Lauf­ zeiten der in Längenrichtung schwingenden Transversal­ welle vor und nach der Lastaufbringung gemessen. Da die Messungen vor und nach der Spannungsaufbringung an der gleichen Stelle durchgeführt wurden, ist die Laufzeit die einzige Messgröße; der Laufweg (Dicke) kürzt sich aus der Beziehung (2b) heraus. Unter Nutzung der diesbezüglich umgeformten Beziehung (2b) wurde der akusto-elastische Kennwert für die drei Träger bestimmt. Unter Nutzung der mittels FE-Rechnung bestimmten Spannungswerte ergeben sich KT2-Werte für Träger 1; 2 und 3 von 332,9; 315,2 und 319,1. Werden die mittels DMS bestimmten Spannungs­ werte herangezogen, ergeben sich mit 307,0; 299,0 und 265,1 kleinere Kennwerte. Es gibt keinen erkennbaren Zu­ sammenhang zu den unterschiedlichen Materialeigenschaf­ ten der Träger. Für die weiteren Messungen wird der Mittel­ wert von 306,4 genutzt. Die Dimension des Kennwertes KT2 ist MPa pro Promille relative Geschwindigkeitsände­ rung. 306 MPa Zugspannungen σL verursachen damit eine Verringerung der Transversalwellengeschwindigkeit VDL um 1 ‰ (Beziehung 2b). Unter Nutzung dieses materialspezifischen Kennwer­ tes und der entlang je einer Messspur über den oberen druckbelasteten Flansch und über den unteren zugbelaste­ ten Flansch ermittelten Transversalwellengeschwindigkei­ ten wurden die Längsspannungen bestimmt. Bild 7a und Bild 7b zeigen den Vergleich der mit Ultraschallverfahren ermittelten Längsspannungen mit den Ergebnissen der Fi­ nite-Elemente- und Stabstatik-Berechnungen. Die Messspu­ ren verliefen vom Trägerende zum Lasteinleitungspunkt bei 115 cm; es wurden zwei Messreihen (Δ, o) je Messspur mit dem Ultraschallverfahren durchgeführt. Diese und ver­ gleichbar gute Ergebnisse, die an den Trägern T2 und T3 erzielt wurden, zeigen, dass der gewählte Wert für den ma­ terialspezifischen Kennwert KT2 die Abhängigkeit der Transversalwellengeschwindigkeit vom Spannungszustand hinreichend gut beschreibt und nicht so sehr materialspezi­ fisch ist, wie zunächst angenommen. Wie die Beziehungen (2) verdeutlichen, müssen die Transversalwellengeschwindigkeiten an den Messstellen bestimmt werden. Dazu wird, wie schon erwähnt, die Lon­ gitudinalwellenlaufzeit gemessen und unter Annahme ei­ nes Wertes für die Longitudinalwellengeschwindigkeit VL der Laufweg und damit die Dicke berechnet. Damit wird klar, dass Auflösung und Genauigkeit der Dickenmessung durch die Genauigkeit der Laufzeitmessung einerseits und das Zutreffen der angenommenen Schallgeschwindigkeit andererseits bestimmt wird. Zur Ermittlung der Longitudi­ nalwellengeschwindigkeit wurden Messpunkte am Flansch und am Steg von vier Trägerstücken so gewählt, dass eine Dickenmessung mit Mikrometerschraube möglich war. An insgesamt 53 Messstellen wurde die Dicke festgestellt und die Longitudinalwellenlaufzeit gemessen. Die daraus er­ rechneten Werte der Longitudinalwellengeschwindigkeit


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Bild 7a.  Änderung der mittels Ultraschall(Δ, o), FE-Rechnung und Stabstatik ermittelten Längsspannungen im druckbelasteten oberen Flansch vom Flanschende zur Last­ einleitungsstelle bei 115 cm Fig. 7a.  Change of the longitudinal stress evaluated using ultrasound (Δ, o), FE- and structure calculation on the upper flange from the end of the flange towards the loading position at 115 cm

Bild 7b.  Änderung der mittels Ultraschall(Δ, o), FE-Rechnung und Stabstatik ermittelten Längsspannungen im zugbelasteten unteren Flansch vom Flanschende zur Lasteinleitungsstelle bei 115 cm Fig. 7b.  Change of the longitudinal stress evaluated using ultrasound (Δ, o), FE- and structure calculation on the lower flange from the end of the flange towards the loading position at 115 cm

lagen in einem engen Wertebereich von 5,973 mm/µs bis 6,013 mm/µs. Zur weiteren Nutzung wurde der Wert auf 6,000 mm/µs festgelegt. Bild 8 zeigt die Änderung der mit­ tels Ultraschallverfahren ermittelten Stegdicke entlang der Steghöhe. Es wird festgestellt, dass der ermittelte Schallge­ schwindigkeitswert für verschiedene Materialproben hin­ reichend gut zutrifft.

4  Trennung der Textureinflüsse bei der Spannungsanalyse 4.1  Grundlagen der Vorgehensweise

Bild 8.  Änderung der mittels Ultraschallverfahren bestimmten Stegdicke über die Steghöhe Fig. 8.  Change of the thickness of the web along the height of the web, evaluated by ultrasonic technique

Alle Stahlträger sind im Laufe des Herstellungsprozesses gewalzt und/oder gereckt worden. Die damit einherge­ hende plastische Verformung des Materials führt zu einer Änderung der Orientierung der Körner im Metall. Die Kör­ ner haben eine Vorzugsrichtung in Walzrichtung, d. h. in Längenrichtung eines Trägers. Diese Walztextur in Trägern hat u. a. zur Folge, dass die Geschwindigkeit der sich über die Stegdicke ausbreitenden Transversalwelle bei Schwin­ gung in Längenrichtung größer ist als bei Schwingung in Höhenrichtung. Die Geschwindigkeitsunterschiede in den Richtungen werden von der Stärke dieser Walztextur im Träger beeinflusst. Zur Spannungsanalyse mittels Ultra­

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schallverfahren muss der Einfluss der Textur auf die Schall­ geschwindigkeiten bzw. Laufzeiten separiert werden. Bild 9 zeigt die experimentell ermittelte Änderung der Transver­ salwellengeschwindigkeit an Messstellen in der neutralen Achse eines unbelasteten Trägers. Wie erwartet, werden bei Schwingung entlang der Längsachse (0°, 180°) die größten Schallgeschwindigkeitswerte festgestellt, bei Schwingung in Höhenrichtung (90°) die geringsten. Die Schallgeschwindigkeit ändert sich kosinusförmig mit dem Winkel der Schwingungsrichtung zur Längsachse des Trägers. Die größte relative Änderung der Geschwindig­ keit mit der Schwingungsrichtung beträgt hier ca. 2,5 ‰. An einer anderen Stelle wurde der Maximalwert von 3,5 ‰ gemessen. Diese Texturfaktoren, hier 2,5 und 3,5 ‰, cha­ rakterisieren die Stärke der Walztextur. Die durch den Walzprozess verursachte Textur beeinflusst nicht nur die beiden Extremwerte der Transversalwellengeschwindigkeit in Längs- und Höhenrichtung eines gewalzten Trägers, son­ dern auch deren Änderung mit der Schwingungsrichtung, d. h. die Aufweitung D der dargestellten kosinusförmigen Veränderung. Zur modellhaften Beschreibung des Textur­ einflusses wurden die Texturfaktoren über eine Zufallszahl­ bestimmung über den Träger zwischen 2,5 ‰ (min.-Wert) und 3,5 ‰ (max.-Wert) verteilt. Der Kosinusverlauf f („Tex­ tur“) über den Winkel W der Schwingungsrichtung bzgl. der Längsrichtung wird mit der folgenden Funktion be­ stimmt:

Bild 10 zeigt zwei gerechnete Schallgeschwindigkeitsände­ rungen über die Schwingungsrichtung unter der Annahme, dass der Texturfaktor 2 ‰ (obere Kurve) bzw. 5 ‰ (untere Kurve) ist. In Bild 11 wird der Einfluss der Aufweitung D gemäß Beziehung (4) deutlich.

(4)

Bild 10.  Einfluss des Texturfaktors auf die Geschwindigkeitsänderung der Transversalwelle bei Schwingung parallel zur Längsrichtung (0°) und parallel zur Höhenrichtung (90°); bei Ansatz 1.002 ist der Texturfaktor 2 ‰, bei Ansatz 1.005 entsprechend 5 ‰ Fig. 10.  Influence of the texture coefficient on the change of the shear wave velocity with the vibration direction parallel to the length (0°) and parallel to the height (90°); texture ­coefficient is 2 ‰ (result 1,002) and 5 ‰ (result 1,005)

Bild 9.  Änderung der Transversalwellengeschwindigkeit mit der Schwingungsrichtung an einer Messstelle auf der neutralen Achse eines unbelasteten Trägers Fig. 9.  Shear wave velocity versus the direction of vibration on the neutral axis of an unloaded beam

Bild 11.  Einfluss des Aufweitungsparameters D auf die ­Änderung der Transversalwellengeschwindigkeit mit der Schwingungsrichtung der Welle Fig. 11.  Influence of the expansion factor D on the change of the shear wave velocity with the vibration direction of the wave

f(„Textur“) = (max + min)/2 ∙ ((max – min)/2 ∙ cos(W) (3) Zur Charakterisierung der Aufweitung D wird folgende Funktion genutzt: F(„Textur“) = (x + y)/2 + ((x-y)/2 ∙ cos (2 W) × × (1/D) + ((D – 1 )/D) ∙ ((x-y)/2)

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Die Walztextur verursacht also eine Veränderung der Transversalwellengeschwindigkeit bei Drehung der Schwin­ gungsrichtung bezüglich der Längenrichtung des Trägers, die einer cos-Funktion folgt. Durch die Aufweitung D und den Texturfaktor lässt sich die Form der Kurve beschreiben. Auch die Spannungen in einem belasteten Träger än­ dern sich mit der Betrachtungsrichtung. Für den Fall eines Trägers mit Biege- und Schubbeanspruchung gelten für die Spannung im Steg nach [10] folgende Richtungsabhängig­ keiten:

1 2

1 2

1 2

1 2

σ ξ = (σ x + σ z ) + (σ x − σ z ) cos 2ϕ + τ xz sin 2ϕ (5) σ η = (σ x + σ z ) − (σ x − σ z ) cos 2ϕ − τ xz sin 2ϕ (6) 1 2

τ ξη = − (σ x − σ z ) sin 2ϕ − τ xz cos 2ϕ (7) Diese Spannungen sind also abhängig vom Schnittwinkel j zum Achsensystem. Unter bestimmten Schnittrichtungen, den Hauptrichtungen, nehmen sie ihre Extremwerte, die Hauptspannungen, an. Diese Richtungen ergeben sich mit dσξ/dj = 0 und dση/dj = 0 zu:

2τ σx − σz

xz (8) tan 2ϕ =

Da die Tangensfunktion die Periode π hat, ergeben sich mit tan 2j = tan 2(j + π/2) (9) zwei senkrecht aufeinander stehende Hauptrichtungen, die die Gl. (8) erfüllen. Diese in die Gln. (7) bis (9) eingesetzt ergeben die Hauptspannungen: 2

σ1,2 =

 σ + σz  σx + σz ±  x + τ 2xz 2 2  

(10)

Bild 12 zeigt den Verlauf der Spannungen als Funktion des Winkels von 0° (parallel zu Längsrichtung) bis 90° (parallel zur Höhenrichtung) und weiter bis 180°. Diese Spannungs­ verteilung wurde für eine Messstelle an einem I-Stahlträger unter 4-Punkt-Biegebelastung bei einer Last von 2 × 87,5 kN, die im Abstand von jeweils 2 400 mm von den Auflagern aufgebracht wurde, berechnet. Die Stützweite betrug 6 800 mm. Die betrachtete Messstelle liegt auf der neutralen Achse des Steges etwa mittig zwischen Auflager und Last­ einwirkungsstelle. Die Hauptspannungen treten hier im Beispiel unter einem Winkel von j = 45° und j = 135° auf. Dies ist der Fall, wenn im Messpunkt nur Schubspannungen vorhanden sind. Bei den hier betrachteten symmetrischen I-Profilen tritt auch hier die größte Schubspannung auf. Mithilfe der aus der technischen Mechanik bekannten Formeln lassen sich die Normal- und die Schubspannun­ gen errechnen: σx = σ1 · cos2 j + σ2 · sin2 j (11) σy = σ1 · sin2 j + σ2 · cos2 j (12) τ = (σ1 – σ2) ∙ sin j ∙ cos j (13)

Bild 12.  Verlauf der Spannungen als Funktion des Winkels von 0° (parallel zu Längsrichtung) bis 90° (parallel zur ­Höhenrichtung) und weiter bis 180°; der Bezugspunkt liegt auf der neutralen Achse des Steges etwa mittig zwischen Auflager und Lasteinwirkungsstelle Fig. 12.  Stress as a function of the angle (0° parallel to the length axis, 90° parallel to the height) in the neutral axis in the middle of the supports on beam T1 in the 3-point-bending test

Bei der hier betrachteten Belastungssituation ändert sich die Spannung gemäß einer Sinuskurve mit dem Winkel zur Trägerlängsachse (0°). Bei der Ultraschall-Spannungsana­ lyse an einem belasteten Träger bewirkt der Spannungsein­ fluss eine sinusförmige und der Textureinfluss eine kosinus­ förmige Veränderung der Schallgeschwindigkeit bei Dre­ hung der Schwingungsrichtung der Transversalwelle aus der Längs- in die Höhen- und wieder in die Längsrichtung des Trägers. Diese Bedingungen können für die Trennung der beiden Einflüsse herangezogen werden.

4.2  Überprüfung der Vorgehensweise Zur Überprüfung der Vorgehensweise zur Trennung des Textureinflusses vom Spannungseinfluss bei der Ultra­ schall-Spannungsanalyse wurden die experimentell ermit­ telten Messunsicherheiten bei der Laufzeitmessung, bei der Bestimmung des akusto-elastischen Kennwertes und bei der Bestimmung des Wertes der Schallgeschwindigkeit im spannungsfreien Fall durch die ermittelten Varianzen in einem Rechenmodell berücksichtigt. Für den o. g. I-Stahlträger unter 4-Punkt-Biegebelas­ tung wurden mittels FE-Methode an fünf Stellen entlang der neutralen Achse die Veränderungen des Spannungs­ zustandes über den Winkel berechnet. Diese Spannungs­ werte wurden verrauscht, also gezielt mit unabhängig streuenden Fehlern versehen, die die Streuung der Mess­ werte abbilden. Zum Verrauschen wurden die zuvor ermit­ telten Häufungspunkte und Varianzen herangezogen (s. Abschnitt 5.3). Unter Verwendung der ebenfalls vorab er­ mittelten Schallgeschwindigkeit VT = 3 297 m/s, die den spannungsfreien Zustand charakterisiert, und des mate­ rialspezifischen akusto-elastischen Kennwerts KT2 von

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306 400 [MPa/relative Geschwindigkeitsdifferenz]  wurden die Transversalwellengeschwindigkeiten berechnet. Auf diese Geschwindigkeitswerte wurde ein Textureinfluss ad­ diert. Der Textureinfluss, charakterisiert durch den Tex­ turfaktor, wurde an den fünf Messpunkten systematisch

Bild 13.  Rückgerechneter Verlauf der Spannungen als Funktion des Winkels von 0° (parallel zu Längsrichtung) bis 90° (parallel zur Höhenrichtung) und weiter bis 180°; der Bezugspunkt liegt auf der neutralen Achse des Steges etwa mittig zwischen Auflager und Lasteinwirkungsstelle Fig. 13.  Recalculated Stress as a function of the angle (0° parallel to the length axis, 90° parallel to the height) in the neutral axis in the middle of the supports on beam T1 in the 3-point-bending test

verändert. An den simulierten Messstellen, die 400 mm, 900 mm, 1 200 mm, 1 400 mm und 1 900 mm vom Träger­ auflager entfernt lagen, betrug er 2,5 ‰, 3,2 ‰, 3,4 ‰, 2,8 ‰ und 2,7 ‰. Somit ergaben sich Schallgeschwindig­ keitswerte als Funktion der Schwingungsrichtung, die vom Textur- und Spannungszustand beeinflusst waren. Unter Ausnutzung der Beziehungen (3) und (4) wurde der Textur­ einfluss separiert. Dazu wurde der Texturfaktor T von 1 ‰ bis 5 ‰ in 0,001-‰-Schritten systematisch erhöht. Ebenso wurde der Aufweitungsparameter D in Schritten von 0,01 zwischen 0,1 bis 3 verändert. Die Kombination dieser Ver­ änderungen erzeugt 1 164 291 Möglichkeiten, um die Ko­ sinusfunktion des Textureinflusses über die gemessenen Veränderungen anzupassen. Mittels des Verfahrens der „kleinsten Fehlerquadrate“ wurde die bestmögliche Lösung gefunden. Der so von dem Textureinfluss separierte Datensatz der Schallgeschwindigkeiten wurde nach der Formel (2b) in Spannungswerte umgerechnet und ist in Bild 13 als Funktion des Neigungswinkels in Bezug auf die Träger­ längsrichtung aufgetragen. Der erwartete sinusförmige Ver­ lauf ist deutlich erkennbar. In ähnlicher Weise wurden die Messdaten an den anderen vier Stellen dieses Trägers be­ handelt. Bild 14 zeigt die Differenz der aus simulierten Daten nach dem Ultraschallverfahren und mittels Finite-Ele­ mente-Methode ermittelten Spannungen über dem Winkel zur Längsachse. Bei der Ermittlung nach dem Ultraschall­ verfahren wurde VT mit 3 297 m/s angesetzt. Wie erkenn­ bar ist, gelang das iterative Vorgehen zur Korrektur des Texturfaktors an drei Messstellen, bei 1 200, 1 400, 1 900 mm sehr gut; die Abweichungen der ermittelten Spannungen bewegen sich um den Nullwert. An den beiden anderen Messstellen ist der tatsächlich vorliegende Textureinfluss nicht hinreichend separiert.

Bild 14.  Differenz der aus simulierten Daten nach dem Ultraschallverfahren und mittels FiniteElemente-Methode ermittelten Spannungen über den Winkel zur Längsachse; hierbei wurde VT = 3 297  m/s gesetzt Fig. 14.  Difference of stress values, evaluated by ultrasound using simulated data and calculated by FEM versus the angle to the length direction of the beam; here VT = 3 297  m/s

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Bild 15.  Differenz der aus simulierten Daten nach dem Ultraschallverfahren und mittels FiniteElemente-Methode ermittelten Spannungen über den Winkel zur Längsachse; hierbei wurden die lokal ­ermittelten Werte von VT genutzt Fig. 15.  Difference of stress values, evaluated by ultrasound using simulated data and calculated by FEM versus the angle to the length direction of the beam; here the locally evaluated VT data are used

Der Vergleich mit Bild 15 verdeutlicht den Einfluss des Wertes für die Schallgeschwindigkeit VT, die den span­ nungsfreien Fall charakterisiert. Wenn nun nicht wie zuvor ein über viele Messstellen festgestellter Mittelwert, sondern die an jeder Stelle im lastfreien Fall ermittelte Schallge­ schwindigkeit VT herangezogen wird, ergibt sich der Ver­ gleich mit den FE-Ergebnissen wie in Bild 15 dargestellt. Da dieser Wert für die Schallgeschwindigkeit die am konkreten Messpunkt einwirkenden Einflüsse der Eigenspannungen, der Textur sowie der lokalen Gefügeveränderungen be­ inhaltet, werden die erzielten Ergebnisse der UltraschallSpannungsanalyse verbessert. Wie aus den grundlegenden Gleichungen deutlich wird, verschiebt der VT-Wert den Spannungsnullpunkt. Die Änderung der Spannungen von

einem Punkt zum nächsten wird nicht von VT sondern nur von der Größe des materialabhängigen akusto-elastischen Kennwertes KT2 bestimmt. In Bild 16 sind die an einer Messstelle unter Nutzung der vorher genannten Varianzen verrauschten Spannungs­ werte der Finite-Elemente-Rechnung (weiß) dargestellt. Wie vorher beschrieben, wurden diese Spannungswerte unter Nutzung des materialspezifischen Kennwertes KT2 = 306 400 [MPa/relative Geschwindigkeitsdifferenz]  und des Wertes VT = 3 297 m/s in Geschwindigkeitswerte umge­ rechnet. Diese wurden weiterhin durch den Einfluss einer Textur, charakterisiert durch den Texturfaktor und den Auf­ weitungsparameter, verrauscht. Anschließend wurden ite­ rativ der Texturfaktor T und der Aufweitungsparameter D

Bild 16.  Vergleich der aus simulierten Daten nach dem Ultraschallverfahren und mittels Finite-Elemente-Methode ermittelten Spannungen über den Winkel zur Längsachse Fig. 16.  Comparison of results of the ultrasonic stress analysis using simulated data and the FE results for the change of stress along different angles to the length direction of the beam

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solange variiert, bis der kosinusförmige Textureinfluss best­ möglich die Messergebnisse abbildete. Die auf diese Weise vom Textureinfluss bereinigten Transversalwellengeschwin­ digkeiten wurden in Spannungswerte umgerechnet. Der Vergleich mit den originär verrauschten Spannungswerten vermittelt die Qualität des iterativen Vorgehens zur Sepa­ rierung des Textureinflusses. Die besonders gute Überein­ stimmung bei Winkeln um 90° ist rein zufällig. Die hier beschriebene Vorgehensweise zur Trennung von Textureinflüssen bei der zerstörungsfreien Bestimmung von Spannungen in Stahlträgern kann, wie dargestellt, bei weniger stark ausgeprägter Walztextur erfolgreich genutzt werden. Vorgehensweisen zur Trennung von stärker ausge­ prägten Textureinflüssen sind veröffentlicht (z. B. in [7]); sie setzen eine größere Anzahl von Laufzeitmessungen über die Trägerlänge voraus und nutzen Beziehungen der Spannungs­ gleichgewichtsbedingungen aus. Die Anpassung dieser Vorge­ hensweise wird neben der Verbesserung der Messtechnik zur Laufzeitermittlung Schwerpunkt weiterführender Arbeiten.

5  Statistische Verfahren zur Verbesserung der Messwerte 5.1  Eliminierung von physikalisch unplausiblen Messwerten Bei der Messung kam es vor, dass bei der Auswertung die Amplituden der Rückwandechos fehlerhaft erkannt wur­ den. Es wurde dann beispielsweise zur Ermittlung der Laufzeit ∆t die Amplitude des ersten oder des dritten Rückwandechos zur Ermittlung der Laufzeit herangezo­ gen (s. Bild 5). Dadurch entstehen Laufzeitfehler und in der Folge fehlerhafte Werte für die Schallgeschwindigkei­ ten. Anhand der bekannten Dicke und der für die Ultra­ schallausbreitung in Stahl typischen Ausbreitungsge­ schwindigkeiten (6,0 mm/μs der Longitudinalwelle und 3,3 mm/μs der Transversalwelle) lässt sich ein Fenster fest­ legen, in dem sich die korrekten Geschwindigkeitswerte befinden müssen. Dieses Fenster kann bspw. bei der Lon­ gitudinalwellenmessung mit einer Breite von 6,0 mm/μs ± 0,05  mm/μs festgelegt werden. Sollte sich ein Messwert nicht in diesem erwarteten Zeitfenster befinden, wird er

Bild 17a.  Streuung der ermittelten Dicke vor der Bereinigung von physikalisch nicht plausiblen Werten Fig. 17a.  Spread of the values before the elimination of the non- numeric data

Bild 17b.  Streuung der ermittelten Dicken nach der Bereinigung von physikalisch nicht plausi­blen Werten Fig. 17b.  Spread of the values after the elimination of the non- numeric data

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als fehlerhaft klassifiziert und eliminiert. Es ergibt sich nach dieser Bereinigung die in Bild 17 dargestellte Vertei­ lung der Dickenbestimmung a) vor und b) nach dieser Be­ reinigung.

5.2 Quantil-Ausreißer-Schätzer Für den hier beschriebenen Anwendungsfall wurde das Ver­ fahren des Quantil-Ausreißer-Schätzers konzipiert. Dieser bestimmt aus dem verbleibenden Datensatz den Quantils­ abstand. Dieser lässt sich durch den Parameter „Quan­ tilbreite“ noch zusätzlich stauchen. Messwerte, deren Ab­ stand zum gegen Ausreißer robusten Median größer sind als dieser so bestimmte Wert, werden als Ausreißer klassifi­ ziert. Der Mittelwert der noch vorhandenen Daten ent­ spricht dem Wert, bei dem die Dichte auch vor der Bereini­ gung schon am größten war. Es werden somit zur Bestim­ mung des Messwertes nur die Werte herangezogen, die bei der Messung auch schon den zahlenmäßig größten Anteil hatten.

5.3  Abschätzung des Fehlers bei der UltraschallSpannungsanalyse Wie in Abschnitt 3.3 erläutert, wurden an drei Versuchsträ­ gern die aufgebrachten Spannungen mittels Ultraschallver­ fahren, mittels Finite-Elemente-Verfahren und DMS-Mes­ sung bestimmt. Die Werte der DMS-Messung und der FiniteElemente-Messung ergaben gute Übereinstimmungen. Dies ließ die Möglichkeit zu, die Messwertabweichung ∆σi der mittels Ultraschallverfahren (σUltraschall,i) ermittelten Span­ nungen und der etablierten Verfahren (σFE,i bzw. σDMS,i) in den einzelnen Messpunkten i zu ermitteln. (14) ∆σ i = σ Ultraschall,i − σ FE/DMS,i

Diese Messwertabweichungen werden als mehrdimensio­ nale Zufallsvariable X bezeichnet. Daraus wurde mithilfe der Statistikumgebung R [11] die Dichtefunktion f(X) er­ mittelt. Eine solche ist beispielhaft in Bild 18 dargestellt. Die Abszissenachse zeigt den Wert ∆σi in MPa, auf der Ordinatenachse ist die relative Dichte, d. h. die relative Häufigkeit des Auftretens der Abweichungen dargestellt. In Bild 18 lassen sich bei der Verteilung zwei Häufungs­ punkte bei ca. 8 MPa und 26,5 MPa erkennen. Zur Illus­ tration dieser Verteilung wurden Kerndichteschätzer ver­ wendet. Mithilfe dieser konnten grafisch darstellbare Ver­ teilungen erzeugt werden, die Ähnlichkeiten zu den ermittelten Verteilungen aufwiesen. Es war eine Ähnlich­ keit zu zwei ineinander liegenden Normalverteilungen er­ kennbar. Mithilfe statistischer Tests (Kolmogorov-SmirnovTest) wurde dies über alle Messreihen statistisch signifikant nachgewiesen. Diese Kombination von zwei Normalvertei­ lungen wird als Doppel-Normalverteilung bezeichnet. Sie hat, resultierend aus den beiden Normalverteilungen, zwei Häufungspunkte mit jeweils eigenem Erwartungswert und eigener Varianz. Es ergaben sich hier die Häufungspunkte bei 8 MPa und 26,5 MPa mit den zugehörigen Varianzen von 3 [MPa]2 und 13 [MPa]2 mittels Clusteringverfahren.

5.4  Verrauschen von Messdaten mithilfe simulierter Messfehler Mit der in Abschnitt 5.3 beschriebenen Abschätzung der Fehler bei der Ultraschallmessung lassen sich Messfehler simulieren. Es werden dabei unabhängig identische Zu­ fallszahlen auf dem Intervall [0, 1]  uniform verteilt und in die Inverse der bestimmten Verteilungsfunktion (Doppelte Normalverteilung) eingesetzt. Die Daten werden durch die Addition dieser Zufallszahlen (die simulierten Fehler bei der Ultraschall-Spannungsanalyse) verrauscht.

Bild 18.  Verteilungsdichte der bestimmten ­Messabweichungen Fig. 18.  Density of the measurement errors

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5.5  Glättung von ermittelten Spannungsverläufen Bei den durch ein Regressionsmodell ermittelten Span­ nungsverläufen lassen sich Auffälligkeiten in der Struktur der Residuen, den Abständen der Schätzwerte zum wirkli­ chen Wert feststellen. Statistische Untersuchungen deuten auf Abhängigkeiten der Fehler in einem Messpunkt zu den Fehlern in den beiden vorangegangenen und nachfolgen­ den Messungen hin. Der lokale Fehler lässt sich durch die Fehler der beiden vorigen und folgenden Messpunkte dar­ stellen. Die dabei festgestellte Nicht-Kausalität im Sinne der Zeitreihenanalyse lässt in diesem Fall das Anwenden von bekannten Standardverfahren nicht zu. Die Parameter des für dieses Vorhaben korrigierten Modells eines nichtkausalen „Moving-Average-Prozesses“, s. Gleichung (15), müssen mittels Gitteroptimierung geschätzt werden.

εt =

2

j=−2,j≠ 0

α j εt− j

(15)

Dadurch gelingt es nicht zwangsläufig, alle durch die vor­ handenen Abhängigkeiten bedingten Modellfehler zu kor­ rigieren. Jedoch werden die aus Abhängigkeiten resultieren­ den Fehler dadurch stark reduziert, was zu einer deutlichen Glättung der Spannungsverläufe entlang einer Messstrecke in Trägerlängsrichtung führt (s. Bild 19).

6  Zusammenfassung und Ausblick Zerstörungsfreie Prüfverfahren haben das Potenzial für eine umfassende Analyse von Beanspruchungen und Bean­ spruchbarkeiten bestehender Stahlbauwerke. Damit treten sie in Wettbewerb mit dem etablierten Verfahren der Probe­ belastungen. Die Anwendung von mikromagnetischen Ver­ fahren sowie Ultraschallverfahren zur Analyse von Werk­ stoffeigenschaften und -zuständen sowie zur Spannungs­ analyse ist grundsätzlich bekannt, wird jedoch bisher im Bauwesen nicht genutzt. In dem hier vorgestellten Vorha­

ben wurden die bekannten Verfahren auf die Anwendun­ gen im Bauwesen adaptiert und ihre grundsätzliche An­ wendbarkeit nachgewiesen. Darüber hinaus wurden ma­ thematische Verfahren angewandt, um die Messwerte zu bereinigen, die Effekte der wesentlichen Einflussparameter zu separieren und die daraus resultierenden Ergebnisse des Spannungsverlaufes zu glätten. In einem nächsten Schritt sollen nun aus den geglät­ teten Spannungsverläufen Schnittgrößen und Schnittkraft­ verläufe rückgerechnet werden. Auch hierzu können we­ gen der Abhängigkeiten der gemessenen Spannungswerte untereinander keine einfachen Standardverfahren heran­ gezogen werden. Darüber hinaus sollen geeignete Geräte weiterentwickelt und für die Anwendungen im Stahlbau adaptiert werden, die die sichere, einfache und schnelle Messwertaufnahme erlauben und geringere Messfehler als die bisher verfügbaren Geräte aufweisen. In Kombination mit der weiterentwickelten Auswertesoftware soll so ein Expertensystem für die zerstörungsfreie Zustandsbewer­ tung bestehender Stahlbauwerke entstehen.

Danksagung Das Forschungsvorhaben „Bestandsbewertung von Stahl­ bauwerken mithilfe zerstörungsfreier Prüfverfahren“ der Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der in­ dustriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Techno­ logie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundes­ tages als IGF-Vorhaben 466 ZN gefördert. Das Vorhaben wurde in Zusammenarbeit des Fraunhofer-Instituts für Zer­ störungsfreie Prüfverfahren (IZFP) in Saarbrücken und des Fachgebiets Stahlbau der Technischen Universität Kaisers­ lautern durchgeführt. Es war in die Aktivitäten des For­ schungsschwerpunkts HiPerCon (High Performance Com­ posite Constructions) der Technischen Universität Kaisers­ lautern eingebunden.

Bild 19.  Vergleich der (Spline-) Rekonstruktion des Momentenverlaufes mit Zeitreihe (rot) und ohne (blau) Fig. 19.  Comparison of the (spline-) reconstruction of the moment curve with “Time Series Analysis” (red) and without (blue)

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1


C. Fox/M. Doktor/E. Schneider/W. Kurz · Bewertung von Stahlbauwerken durch zerstörungsfreie Bestimmung von Spannungszuständen

Literatur [1]  Dobmann, G.: Physical Basics and Industrial Applications of 3MA-Micromagnetic Multiparameter Microstructure and Stress Analysis. European Conference on Non-Destructive Testing. Moskau 2010. [2]  Ackermann, J.: Die Barkhausen-Rauschanalyse zur Ermitt­ lung von Eigenspannungen im Stahlbau. Veröffentlichung des Instituts für Stahlbau und Werkstoffmechanik der Techni­ schen Universität Darmstadt 2008, H. 86. [3]  Szielasko, K.: Entwicklung messtechnischer Module zur mehrparametrischen elektromagnetischen Werkstoffcharakte­ risierung und -prüfung. Dissertation. Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität des Saarlandes 2009. [4]  Wolter, B., Kern, R., Schneider, E., Bucholtz, O.-W., Hofmann, U., Meilland, C.: Zerstörungsfreie Bestimmung von Qualitätsmerkmalen bei der Grobblechfertigung. DGZfP-Jah­ restagung 2005. [5]  FOSTA Bericht „Bestandsbewertung von Stahlbauwerken mithilfe zerstörungsfreier Prüfverfahren“, (noch nicht veröf­ fentlicht). [6]  Schneider, E., Bindseil, P., Boller, C., Kurz, W.: Stand der Entwicklungen zur zerstörungsfreien Bestimmung der Längs­ spannungen in Bewehrungsstäben von Betonbauwerken. Be­ ton- und Stahlbetonbau (2012), H. 4, S. 244–254. [7]  Schneider, E.: Untersuchung der materialspezifischen Ein­ flüsse und verfahrenstechnische Entwicklungen der Ultraschall­ verfahren zur Spannungsanalyse an Bauteilen. Stuttgart: Fraun­ hofer IRB Verlag 2000. [8]  Hübschen, G.: Senkrecht zur Einfallsebene polarisierte Ul­ traschalltransversalwellen, Elektromagnetische Wandlung, Ausbreitung und Anwendungspotenziale in der zerstörungs­

freien Werkstoffprüfung. Dissertation. Universität des Saar­ landes 1986. [9]  SIMULIA ABAQUS. [10]  Gross, D., Hauger, W., Schröder, J., Wall, W. A.: Technische Mechanik 2, Elastostatik. Heidelberg: Springer 2012. [11]  R Core Team R: A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing, Vienna, Austria, 2015.

Autoren dieses Beitrages: Christian Fox M.Eng. Fachgebiet Stahlbau, TU Kaiserslautern Paul-Ehrlich-Straße, Geb. 14 67663 Kaiserslautern christian.fox@bauing.uni-kl.de Dipl.-Math. Markus Doktor Arbeitsgruppe Statistik, TU Kaiserslautern Gottlieb-Daimler-Straße, Geb. 48 67663 Kaiserslautern doktor@mathematik.uni-kl.de Dr.-Ing. Eckhardt Schneider Dorfstraße 71 66292 Riegelsberg eckhardt.schneider@uni-saarland.de Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Kurz Fachgebiet Stahlbau, TU Kaiserslautern Paul-Ehrlich-Straße, Geb. 14 67663 Kaiserslautern wolfgang.kurz@bauing.uni-kl.de

Firmen und Verbände Online-Tool zur energetischen ­Vordimensionierung von VHF Ab Januar 2016 gelten für Neubauten er­ höhte Anforderungen an die Energieeffizi­ enz. Bei der Optimierung des Energiebe­ darfes von Bauwerken spielt der U-Wert von Fassadenaufbauten eine wichtige Rolle. Für Architekten, Planer und Verar­ beiter bietet der Fachverband vorge­ hängte hinterlüftete Fassaden (FVHF) ein Online-Tool als Unterstützung bei der Vorplanung. Das kostenfreie Programm ermöglicht es, zu einem sehr ­frühen Zeit­ punkt der Planung bauwerksbezogene Anforderungen an die Unterkonstruktion und Wärmedämmung zu formulieren. Um die Ausschreibung durch eine produktneutrale energetische Qualitäts­

anforderung zu ergänzen, hat die Pro­ jektgruppe U-Wert des FVHF die Ein­ führung von Effizienzklassen für die Fassadenunterkonstruktionen erarbei­ tet. Das neue FVHF-Effizienz-Tool er­ mittelt die erforderliche Dämmstoff­ dicke und die zu fordernde energetische Effizienzklasse einer vorgehängten hin­ terlüfteten Fassade, in Abhängigkeit ­eines bestimmten Soll-U-Wertes der ­Außenwand. Das Tool ermöglicht somit, die Anforderungen an den Dämmstoff und die Unterkonstruktion, unabhängig von der genauen Detaillierung, zu for­ mulieren. Aus diesen vier Einflussgrößen Mate­ rial und Dicke des Verankerungsgrundes, Wärmeleitfähigkeit der vorgesehenen Dämmung, pauschaler Korrekturfaktor

und Soll-U-Wert der geschlossenen Wand­ flächen ermittelt das Programm im ersten Schritt die sich ergebende Mindestanfor­ derung an die Effizienzklasse der Unter­ konstruktion (Wärmebrückeneffizienz­ klasse ∆U) bei Begrenzung der Dämm­ stoffdicke auf maximal 240 mm. In einem zweiten Berechnungsschritt kann vom Programmnutzer die Dicke des Dämm­ stoffes von 60 mm bis 300 mm und des­ sen Wärmeleitfähigkeitsgruppe variiert und die sich daraus ergebende geänderte Effizienzklasse der Unterkonstruktion abgelesen werden. Das herstellerneutrale FVHF-EffizienzTool ist unter www.fvhf.de/Fassade/ Effizienztool zu finden. www.FVHF.de

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Fachthemen Jörg Lange Tobias Abel

DOI: 10.1002/stab.201610347

Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben Fachwerkstäbe, die mittels Knotenblechanschlüssen an die Gurte von Fachwerken angeschlossen werden, weisen unter Umständen eine reduzierte Druckbeanspruchbarkeit auf. Der Grund hierfür liegt häufig in der reduzierten Steifigkeit des Knotenblechs gegenüber dem Fachwerkstab. Reine festigkeitsbasierte Nachweise an den Knotenblechen reichen dann nicht aus, um auch die Forderung des Stabilitätsnachweises einzuhalten. Im vorliegenden Beitrag werden die Einflüsse einzelner Parameter sowie die Erfordernisse bei der Modellbildung für Fachwerkstäbe mit Knotenblechanschlüssen aufgezeigt. Weiterhin werden Konstruktionsregeln vorgestellt, die den Anwender bei der Ermittlung der erforderlichen Knotenblechsteifigkeit unterstützen können. The influence of gusset plates on the bearing behaviour of truss members in compression. Web members of trusses may be connected to the top or bottom chord by gusset plates, which might lead to a reduction of their buckling resistance. This is due to the smaller stiffness of the gusset plate in comparison to the member. A design of the plate based on the strength of the material only is not sufficient in these cases since the stability must be checked too. In this paper the effects of various parameters are presented. Furthermore it is shown how web members and gusset plates should be modelled to obtain reasonable results. Design aides are given to help determining an appropriate stiffness.

1 Einleitung DIN EN 1993-1-1 [1] gibt im Anhang BB.1.1 für das Biegeknicken von Bauteilen in Fachwerken oder Verbänden folgende Vorgaben: „Bei Fachwerken und Verbänden darf die Knicklänge Lcr für Gurtstäbe in allen Richtungen und bei Fachwerkstäben für Biegeknicken aus der Stegebene gleich der Systemlänge L angesetzt werden, […] wenn keine geringere Knicklänge durch genauere Betrachtung gerechtfertigt wird. […] Fachwerkstäbe in Stegen können mit einer kleineren Knicklänge als der Systemlänge für Biegeknicken in der Ebene nachgewiesen werden, wenn die Verbindungen zu den Gurten und die Gurte dieses aufgrund ihrer Steifigkeit und Festigkeit zulassen (z. B. falls geschraubter Mindestanschluss mit zwei Schrauben). Unter solchen Bedingungen und für übliche Fachwerke darf die Knicklänge Lcr für Gitterstäbe für Biegeknicken in der Stegebene auf 0,9 L abgemindert werden, […].“

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Bild 1. Eulerstab II Fig. 1. Euler column II

Bild 2.  Gelenkig gelagerter Stab mit unterschiedlichen Steifigkeiten Fig. 2.  Pin-ended column with variation of stiffness over length

Die maximale Knicklänge Lcr senkrecht zur Fachwerk­ ebene entspricht demnach der Systemlänge des zu untersuchenden Stabes, wie in Bild 1 dargestellt. Bild 2 zeigt die Situation für einen Stab mit geringerer Steifigkeit im Bereich des Anschlusses. Setzt man weiterhin auf der sicheren Seite liegend die gelenkige Lagerung voraus und wählt den mittleren Stabbereich als Bezugsstab, dann ergibt sich für diesen Stab immer eine größere Knicklänge als die Systemlänge. Verschiedene Untersuchungen zum Einfluss der Anschlüsse auf das Stabilitätsverhalten von druckbelasteten Stäben liegen bereits vor (s. z. B. [8], [9], [12], [15], [21], [23], [24], [25]), wobei es sich jedoch um spezielle Anwendungsoder gar Schadensfälle handelt.

2  Der Einfluss der Anschlusssteifigkeit auf die Knickfigur Die Knickfiguren der meisten Stäbe und auch Stabzüge weisen eine symmetrische Form auf. Untersuchungsergebnisse in jüngerer Zeit haben jedoch gezeigt, dass die ­Anschlussbedingungen der Stäbe zu einer antimetrischen Eigenform des 1. Eigenwertes führen können. Die nachfolgenden Untersuchungen beschränken sich auf einen symmetrisch aufgebauten Stabzug, wie in Bild 3 dargestellt. Die durchgeführten Berechnungen fanden jeweils am halben System unter Ausnutzung der Symmetriebedingungen statt.

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J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

gen sind gemäß den Gln. (1) und (2) gewählt worden. Für andere Längenverhältnisse ergeben sich ähnliche Kurven, die [8] entnommen werden können. * c1 =

Bild 3.  Stabzug mit Drehfedern, symmetrischer Aufbau Fig. 3.  Symmetrical beam with rotational springs as compatibility condition

Die Auswertung der Knicklängenbeiwerte β bezogen auf den Eulerstab II zeigen, dass für die meisten Steifigkeitsverhältnisse der beiden Drehfedern der Eigenwert für symmetrisches Knicken kleiner ist als der für antimetrisches Knicken. Es gibt jedoch Kombinationen, bei denen sich das Verhältnis umkehrt bzw. beide Eigenformen den gleichen Eigenwert besitzen. Die Begünstigung der einen oder der anderen Versagensform hängt lediglich von den Rand- bzw. Übergangsbedingungen ab. Eine Auswertung der Eigenwerte für symmetrisches und antimetrisches Knicken mit Hilfe des Weggrößen­ verfahrens gibt die Steifigkeitsverhältnisse, bei denen die ­Eigenwerte für symmetrisches und für antimetrisches Knicken identisch sind. Bild 4 zeigt diese Kurven für ein kon­stantes Längenverhältnis von L1 = L/10 und unter­ schied­liche Steifigkeitsverhältnisse EI1/EI2. Alle hier dargestellten Kurven beginnen in der oberen rechten Ecke des Bildes (kinematisches System). Aus Übersichtlichkeitsgründen sind die Kurven der kleineren Steifigkeitsverhältnisse nicht bis dorthin dargestellt. Eine Besonderheit stellen die beiden Verläufe für die Steifigkeitsverhältnisse EI1/EI2 = 1,0 und 0,1 dar. Sie führen nicht bis zur linken Seite des Diagramms. Der Grund hierfür ist, dass ab dem Punkt, an dem diese Kurven jeweils enden, die Änderung der Lagerbedingung c1* keine Rolle mehr spielt, da es zum Knicken des mittleren Stabbereiches analog zum Eulerstab II kommt. Somit tritt zwar symmetrisches Knicken ein, allerdings ist nur der mittlere Stabbereich betroffen. Die Lagerungs- und Übergangsbedingun-

* c2 =

1+

1 cϕ1 ⋅ L1

(1)

EI1 1

1+

(2)

cϕ 2 ⋅ L1 EI1

Da reale Bauteile in den seltensten Fällen eine starre Einspannung oder eine ideal gelenkige Lagerung besitzen, dienen die angesetzten Drehfedern der Erfassung dieser elastischen Einspannungen. Die Verhältnisse dieser Drehfedersteifigkeiten bzw. die Verhältnisse der Stabsteifigkeiten und -längen haben Einfluss auf die 1. Eigenform. Den Ergebnissen der Untersuchungen kann entnommen werden, unter welchen Umständen ein System eher zur symmetrischen oder zur antimetrischen Versagensform neigt. Für bestimmte Rand- bzw. Übergangsbedingungen kann eventuell eine der beiden Versagensformen ausgeschlossen werden, so dass sich weitere Untersuchungen vereinfachen. Für eine Vielzahl von Fällen ist dies jedoch nicht von vornherein möglich und hängt im Einzelfall letztendlich von der Modellierung respektive der Ausführung ab.

3  Eigenwertanalysen mit Hilfe der FEM 3.1  Konstruktionsregeln für Knotenblechanschlüsse Aus Platzgründen wird an dieser Stelle auf die ausführliche Beschreibung und Herleitung der zugrunde gelegten Konstruktion in [8] und [22] sowie auf Bild 5b verwiesen.

3.2  Der Einfluss des Stabwinkels auf den Eigenwert Diagonalstäbe in Fachwerken unterliegen bestimmten geometrischen Randbedingungen. Sie verlaufen geneigt unter einem Winkel α zwischen Gurt und Diagonale. Die daraus

Bild 4.  Grenzkurven für symmetrisches und antimetrisches Knicken für L1 = L/10 Fig. 4. Limiting curve for symmetric and anti-symmetric buckling for L1 = L/10

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J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben a)

b)

Bild 5.  Diagonalstab mit Scharniergelenken Fig. 5.  Diagonal member with hinge joints

resultierende Geometrie des Knotenblechs kann [8] entnommen werden (s. auch Bild 5). Entlang des Anschlusses zwischen Knotenblech und Gurtstab wird eine Scharniergelenklagerung unter Vernachlässigung elastischer Einspannungen angesetzt, wobei Verformungen aus dem Gurtstab selbst nicht berücksichtigt werden. Die gewählte Lagerungsart hat aufgrund der Geo­metrie Einfluss auf die Verformung des Stabes beim Knicken. Der ausknickende Stab wird beim Knicken aus der Ebene heraus zusätzlich tordiert. Die Verdrehung des Stabes ist dabei in Stabmitte Null und wird zu den Enden hin größer. Die Auswirkung auf die Knicklast unter derartigen Lagerungsbedingungen wird im Folgenden dargestellt, zunächst nur für den reinen Stab ohne Berücksichtigung der Knotenblechanschlüsse. Das statische System eines sol-

Bild 6.  Knickfigur eines Diagonalstabes mit Scharniergelenken Fig. 6.  Buckled shape of a diagonal member with hinge joints

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

chen Stabes ist in Bild 5a (in Verbindung mit Bild 5b) zu sehen. Es wird der Einfluss des Winkels α auf die Knicklast untersucht und welche Rolle dabei die Torsionssteifigkeit GIT des Querschnitts spielt. Als Ergebnis einer solchen Berechnung ist in Bild 6 die Knickfigur eines HEA 300-Profils mit Scharniergelenklagerung dargestellt. Durch die Farbkonturen sind die Verdrehungen um die Stablängsachse gekennzeichnet (Bild 6 rechts). Der Stab ist zusätzlich 90° um seine Längsachse gedreht dargestellt, um auch den Biegeknickanteil (um die schwache Achse) zu verdeutlichen (Bild 6 links). Es ist ersichtlich, dass die Verdrehung in Stabmitte gleich Null ist und die Verdrehungen zu den Stabenden antimetrisch zunehmen. Wie an der Verformungsfigur erkennbar ist, kommt es durch die vorgegebene Lagerung des Stabes zu einer Überlagerung von Biegeknicken und Drillknicken, die für die Grenzen des Winkels α getrennt voneinander auftreten. Für α → 90° tritt reines Biegeknicken und für α → 0° reines Drillknicken auf. Das statische System eines derart gelagerten Stabes entspricht einem Einfeldträger mit Gabellagerung in Feldmitte. Die Knicklasten ergeben sich getrennt voneinander zu:

N cr,EulerII =

Ncr,ϑ =

GI T i 2p

π 2 ⋅ EI L2cr

(3)

(4)

wobei Ncr,EulerII nach Gl. (3) der Eulerschen Knicklast für den gelenkig gelagerten Einfeldträger entspricht und Ncr,ϑ nach Gl. (4) der Drillknicklast für einen Einfeldträger mit Gabellagerung in Feldmitte. Die Drillknicklast weicht von der Drillknicklast eines Einfeldträgers mit Gabellagerungen an den Auflagern ab, da die dort systemimmanente Wölbbehinderung in Feldmitte aufgrund der symmetrischen Verformung im vorliegenden Fall nicht auftritt.


J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

Bei der Drillknicklast nach Gl. (4) handelt es sich um einen konstanten Wert. Er ist von der Länge des Systems unabhängig und wird lediglich von Querschnittsgrößen und Materialparametern bestimmt. Wenn auch die Verformungen der Knickfiguren für Biegeknicken und Drillknicken des statischen Modells des Einfeldträgers mit Gabellagerung in Feldmitte den beiden Grenzwerten für α → 0 und α → 90° entsprechen, so sind die Systeme dennoch nicht identisch. Im Fall des Einfeldträgers mit Gabellager in Stabmitte sind die Verformungen ϑ und v′ nicht miteinander gekoppelt. Sie können sich unabhängig voneinander einstellen. Die Knicklast dieses Systems ergibt sich aus dem Minimum aus Biegeknicklast und Drillknicklast. Beim Stab mit Scharniergelenken nach Bild 5a sind die Verdrehungen ϑ und v′ jedoch nicht entkoppelt. Aus diesem Grund lässt sich auch der Eigenwert des Systems nicht aus dem Minimum der entkoppelten Eigenwerte für Biegeknicken bzw. Drillknicken ermitteln. Lediglich für die beiden Grenzwerte von α entsteht eine Entkopplung der Verformungen und die Eigenwerte können auf bekannte Weise analytisch bestimmt werden. Für alle Winkel dazwischen ist der Eigenwert des Einfeldträgers mit Scharniergelenken von beiden Steifigkeiten EIz und GIT abhängig. In Bild 7 sind die Ergebnisse der Eigenwertuntersuchungen des Einfeldträgers mit Scharniergelenken in zwei Diagrammen dargestellt. Bei den Berechnungen wurden aus den vier Profilreihen verschiedene Profilhöhen ausgewählt. Für jedes ausgewählte Profil sind mit dem FEMProgramm ANSYS die Eigenwerte unter Variation des Winkels α bestimmt worden. Für α wurden dabei Werte von 10° bis 80° in 10°-Schritten gewählt. Exemplarisch zeigt Bild 7 die Ergebnisse für α = 10° (links) und α = 40° (rechts). Auf der Abszissenachse ist der Verhältniswert zwischen der Knicklast für reines Biegeknicken nach Gl. (3), d. h. für α = 90°, und der Knicklast für reines Drillknicken nach Gl. (4), d. h. für α = 0° aufgetragen. Da es sich bei der Drillknicklast für jedes Profil um einen konstanten Wert

handelt und die Biegeknicklast je Profil nur noch von der Knicklänge abhängt, lässt sich sagen, dass im Allgemeinen größer werdende Verhältniswerte auf der Abszisse für kleinere Knicklängen stehen. Die gedrungenen Systeme befinden sich somit im Diagramm weiter rechts und die schlanken Systeme befinden sich weiter links. Auf der Ordinate der Diagramme ist der Eigenwert aus der FE-Berechnung für den Einfeldträger mit Scharniergelenken ins Verhältnis zum Eigenwert für reines Biegeknicken gesetzt worden, um die Ergebnisse für die verschiedenen Profile und Systemlängen in einem Diagramm abbilden zu können. In beiden Diagrammen ist erkennbar, dass der Eigenwert des Einfeldträgers mit Scharniergelenken unter dem jeweiligen Winkel α abhängig von der Torsionssteifigkeit des Systems ist. Dabei ist feststellbar, dass für Stäbe mit Werten < 1 auf der Abszisse der Eigenwert des Stabes mit Scharniergelenken gegenüber dem Eulerstab II günstiger wird. Ebenfalls ist erkennbar, dass mit größer werdendem Winkel der Einfluss deutlich abnimmt. Dieser Einfluss des Torsionswiderstandes auf den Eigenwert des Einfeldträgers mit Scharniergelenken lässt sich so interpretieren, dass beispielsweise schlanke Systeme mit einer geringen Biegeknicklast und im Verhältnis dazu einer hohen Drillknicklast durch die aufgezwungene Verdrillung des Stabes eine Erhöhung des Widerstands gegen Knicken erfahren. Umgekehrtes gilt für gedrungene Systeme mit hohen Verhältniswerten auf der Abszissenachse. Solche Systeme weisen eine höhere Biegeknicklast auf, die für flache Winkel durch die geringere Drillknicklast des Systems negativ beeinflusst werden. Es ist allerdings festzuhalten, dass für Systeme mit offenen Querschnitten im baupraktischen Bereich die Abweichung in der Regel unter 10 % liegt.

3.3  Ermittlung der Drehfedersteifigkeit Zur Ermittlung der Drehfedersteifigkeit sind in [8] verschiedene Parameter, wie Knotenblechdicke, Schweißnahtdicke,

Bild 7.  Ergebnisse der Eigenwertberechnung des Einfeldträgers mit Scharniergelenken Fig. 7.  Results of an eigenvalue calculation of a member with hinge joints

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J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

Knotenblechabmessungen sowie der planmäßige Spalt zwischen Profilende und Knotenblech untersucht worden. Dazu wurden geometrisch einfache Systeme gewählt, um den Einfluss der einzelnen Parameter erfassen zu können.

3.4  Anwendung der Ergebnisse für Diagonalstäbe in Strebenfachwerken Dieser Ansatz wurde auf Fachwerkstäbe von Strebenfachwerken erweitert. Dabei ist insbesondere der Einfluss das Stabwinkels α von Bedeutung, der letztlich in einer Anpassung der Drehfedersteifigkeit am Querschnittswechsel mündet. Bild 8 zeigt zum einen als Ergebnis einer FE-Berechnung die Eigenform eines Diagonalstabes mit Knotenblechanschluss. Die Farbkonturen veranschaulichen die Verformung aus der Fachwerkebene heraus. Zum anderen sind dort geometrische Größen dargestellt, mit deren Hilfe sowohl die Biegesteifigkeit des Knotenblechs selbst als auch die Parameter zur Bestimmung der Größe der Drehfedersteifigkeit am Profilende bestimmt werden.

I z,1 = Iz,KB =

3 lKB ⋅ t KB

(5)

12

steifigkeit cϕ2 hat. cϕ2 kann allgemein als Funktion dieser Parameter angegeben werden:

(

cϕ 2 = f Iz,KB /Iz,profil ; bKB /hD ; Profilreihe; α

)

(7)

mit Iz,KB Trägheitsmoment des Knotenblechs aus der Fachwerkebene heraus Iz,profil Trägheitsmoment des Walzprofils aus der Fachwerk­ ebene heraus bKB Breite des Knotenblechs im relevanten Schnitt Höhe der Diagonale hD α Winkel zwischen Diagonale und Gurtstab Auch hier wird für die detaillierte Herleitung auf [8] verwiesen. Die so ermittelten Größen für EI1 = EIKB und cϕ2 können genutzt werden, um mit Hilfe eines Stabwerkprogramms den 1. Eigenwert für einen Stab nach Bild 3 zu berechnen. Die in [8] durchgeführten Parameterstudien haben gezeigt, dass mit Hilfe eines derartigen Stabwerksmodells der 1. Eigenwert für solche Diagonalstäbe mit ausreichender Genauigkeit ermittelt werden kann.

3.5  Anwendung bei zweiseitig gelagerten Knotenblechen

cϕ 2 =

cϕ 2 (bKB,1 ) 2

+

cϕ 2 (bKB,2 ) 2

(6)

Die Ermittlung der Drehfedersteifigkeit erfolgte letztlich in Anlehnung an Prinzipien der technischen Mechanik auf numerischem Wege. Dazu wurden Parameterstudien über alle Profilreihen hinweg durchgeführt und so der Einfluss der einzelnen Parameter ermittelt. Dabei zeigte sich, dass eine Vielzahl von Parametern Einfluss auf die Drehfeder-

Eine denkbare Variante der Anschlusskonstruktion mit Knotenblechen zu der in Bild 8 gezeigten, ist eine mit zweiseitig übereck gelagerten Knotenblechen, wie sie in Bild 9 zu sehen sind. Als Anwendungsbeispiele seien Verbandsstäbe genannt, die sowohl an die Stütze als auch an den Riegel angeschlossen sind oder auch Ständerfachwerke, deren Diagonalen druckbeansprucht sind. Wenngleich man beim Ständerfachwerk bestrebt ist, die Konstruktion so auszuführen, dass die Diagonalen Zugkräfte und die Pfosten Druckkräfte aufnehmen, so kommt der umgekehrte Fall durchaus auch in der Praxis (z. B. in Montagezuständen) vor. Die Übereck-Lagerung wird in Form von Navierlagerungen entlang der beiden Blechkanten modelliert. Eine ausreichende Steifigkeit der angrenzenden Bauteile, die diese Annahme rechtfertigen, wird vorausgesetzt. Um die Eigenwerte für diese Konstruktion mit Hilfe des Ersatzstabes nach Bild 3 berechnen zu können, sind wiederum Festlegungen zur Ermittlung der Drehfedersteifigkeiten erforderlich. Die Auswertung der Knotendrehwinkel entlang der Systemlinie zeigt eine gegen Null strebende Verdrehung in der Knotenblechecke am Schnittpunkt der beiden Navierlagerungen. Dieses Ergebnis legt nahe, beim Ersatzstabmodell eine Einspannung an dieser Stelle anzusetzen. Das bedeutet, dass der Wert für die Lagerfeder gegen unendlich strebt cϕ1 → ∞. Allerdings ist auch eine Modifikation der Drehfedersteifigkeit cϕ2 vorzunehmen. Anstelle von Gl. (6) ist Gl. (8) zu verwenden.

cϕ 2 = cϕ 2 (bKB,1 ) + cϕ 2 (bKB,2 ) Bild 8.  Ausgeknickter Diagonalstab mit Knotenblechanschluss und Knotenblechgeometrie Fig. 8.  Buckled shape of a diagonal member with gusset geometry

20

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(8)

Die anzusetzende Drehfedersteifigkeit ist in diesem Fall gerade doppelt so groß wie im Fall der Scharniergelenk­ lagerung. Die Ursache liegt vermutlich in der Drillsteifig-


J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

Bild 9.  Knickfigur für HEB 300 mit übereck gelagertem Knotenblech, tKB = 30 mm (links) bzw. tKB = 70 mm (rechts) Fig. 9.  Buckled shape of a profile HEB 300 with diagonally supported gusset plate with tKB = 30 mm (left) resp. tKB = 70 mm (right)

keit der Platte. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es sich hier um ein Näherungsverfahren handelt, welches den zweidimensionalen Lastabtrag des Knotenblechs mit e­ inem eindimensionalen Stabmodell erfasst. Daher sind Modifikationen für die speziellen Anwendungsbeispiele notwendig, die dann in der Lage sind, das Tragverhalten der Konstruktion ausreichend genau widerzuspiegeln. Um nun Berechnungen mit Hilfe des Ersatzstabmodells durchführen zu können, ist die Ermittlung der Steifigkeit des Knotenblechabschnittes notwendig. Bei den Untersuchungen hierzu hat sich gezeigt, dass zum einen die Blechgeometrie einen Einfluss besitzt, zum anderen aber auch das Steifigkeitsverhältnis zwischen Profil und Knotenblech eine Rolle spielt. Vergleicht man hierzu die beiden Verformungsfiguren in Bild 9, so kann man erkennen, dass bei gleicher Blechgeometrie und gleicher Systemlänge die Verformungen des Knotenblechs in Abhängigkeit von der Knotenblech­ dicke bzw. -steifigkeit stark unterschiedlich sind. Während bei einem weichen Blech die Krümmungen und Verformungen nahe an die Navierlagerung heranreichen, so ist bei einem steifen Blech der gering verformte Bereich deutlich größer. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass bei gleicher Geometrie aber unterschiedlichen Steifigkeitsverhältnissen aufgrund einer veränderten Blechdicke nicht die gleiche wirksame Blechbreite zur Ermittlung der Anschlusssteifigkeit angesetzt werden kann. In gleicher Weise, in der sich die Krümmungen und Verformungen des Knotenblechs bei steifer werdendem Blech vom gelagerten Rand weg verschieben, wird auch die wirksame Blechbreite von diesem Rand weg verschoben und verkürzt sich dadurch. Die Konturlinie des Farbwechsels von dunkelblau nach hellblau gibt hier qualitativ diese Veränderung der wirksamen Blechbreite wieder. Die folgenden Gleichungen verdeutlichen dies.

I = I = Γ · 1 KB

(h

KB

)

3 + lKB /2 · t KB

12

(9)

mit hKB Höhe des Knotenblechs, vertikal gelagerte Blechkante lKB/2 horizontale Blechkante

2

 IKB, hilf  hD Γ =1− 3   − 0,7 ·  I2  LI

IKB,hilf =

(10)

3 2/3 ⋅ hD ⋅ t KB 12

(11)

Die Steifigkeit des Anschlussbereiches lässt sich nach Gl. (9) bestimmen. Dazu wird zur Ermittlung des Trägheitsmomentes die komplette Länge entlang der Navierlagerung des Knotenblechs angesetzt. Zur Ermittlung der wirksamen Breite ist die angesetzte Länge mit dem Faktor Γ nach Gl. (10) abzumindern. Dieser Faktor ist von den Steifigkeits- und Geometrieverhältnissen der Anschlusskonstruktion abhängig. Der Einfluss der Steifigkeitsverhältnisse wird durch den zweiten Summanden von Gl. (10) erfasst. Hierzu ist zuerst ein so genanntes Hilfsträgheitsmoment nach Gl. (11) zu ermitteln. Dies beschreibt das Flächenträgheitsmoment eines Blechstreifens mit einer Breite, die 2/3 der Profilhöhe hD entspricht. Dieses Hilfsträgheitsmoment ist dann ins Verhältnis zum Profilträgheitsmoment I2 zu setzen. Je größer die Blechdicke wird, desto größer wird auch das Steifigkeitsverhältnis und umso geringer wird der Faktor Γ und damit auch die wirksame Blechbreite. Der zuvor beschriebene Effekt der Veränderung der wirksamen Blechbreite aufgrund von veränderten Steifigkeitsverhältnissen kann somit näherungsweise erfasst werden. Der dritte Summand in Gl. (10) beschreibt die geometrischen Verhältnisse des Knotenblechs. Diese werden bei den hier untersuchten Konstruktionen in erster Linie durch die Profilhöhe hD und die Anschlusslänge L1 beeinflusst. L1 wiederum ist abhängig von α. Mit kleiner werdendem Winkel verkürzt sich die Anschlusslänge. Das Profilende rückt näher an die Navierlagerung heran, was eine relative Versteifung des Knotenblechs zur Folge hat, die wiederum einer weiteren Reduzierung der wirksamen Blechbreite bedarf. Die Erfassung der voran beschriebenen Zusammenhänge erlaubt eine Anwendung des Ersatzstabmodells auf die übereck gelagerten Knotenblechkonstruktionen.

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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J. Lange/T. Abel · Zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben

4 Konstruktionsregeln Die folgenden Regeln sollen bei der Bestimmung der Knotenblechdicken und dem Konstruieren des Anschlusses helfen.

4.1  Konstruktionsregeln für Diagonalen in Strebenfachwerken Dieser Abschnitt bezieht sich auf Diagonalen in Strebenfachwerken, die mittels Knotenblechen an die Gurte angeschlossen sind und bei denen keine weitere Aussteifung des Knotenblechs vorliegt. Die stabilisierende Wirkung einer angrenzenden Zugdiagonalen wird dabei auf der sicheren Seite liegend vernachlässigt. Es wurden Parameterstudien mit Hilfe der FEM durchgeführt. Die Ergebnisse der Eigenwertberechnung für den 1. Eigenwert wurden ins Verhältnis zum Eigenwert für den Eulerstab II gesetzt. Betrachtet man die Ergebnisse der Parameterstudien in [8], so wird deutlich, dass die Ergebnisse tendenziell für die untersuchten Profile, Längenverhältnisse und Steifigkeitsverhältnisse ähnlich sind. Sie nähern sich mit kleiner werdendem L1 asymptotisch dem Wert 1 an. Für L1/L → 0 strebt das Eigenwertverhältnis Ncr,FEM/Ncr,Euler II → 1. Je nach Knotenblechdicke bzw. der Anschlusssteifigkeit geschieht dies bei kleineren bzw. größeren Werten für L1/L, wobei sich diese Untergrenze der Knotenblechdicke aus dem Spannungsnachweis ergibt. Diesen Zusammenhang gilt es zu definieren, um eine Beziehung zwischen Steifigkeits- und Längenverhältnis herzustellen. Da sich die analytischen Berechnungen der Eigenwerte am Ersatzstab mit Drehfedern als geeignet gezeigt haben, sind im Weiteren die Berechnungen nur am analytischen Modell durchgeführt worden. Ziel ist es, die Steifigkeit des Knotenblechs so definieren zu können, dass die Annahme eines Eulerstabes II, wie in der Norm vorgeschlagen, gerechtfertigt bleibt. Dazu werden zu vorhandenen Steifigkeitsverhältnissen die Längenverhältnisse so variiert, dass die Forderung gerade eingehalten wird.

Es werden die Eigenwerte des Ersatzstabes nach Bild 3 bestimmt und in Bezug zum Eigenwert des zugehörigen Eulerstabes II gesetzt, welcher die gleiche Gesamtlänge L besitzt.

Ncr,analyt.

Ncr,EulerII

≥ 0,95

(12)

Die Länge des mittleren Stabbereiches L2 wird so lange verändert, bis die Ungleichung (12) gerade erfüllt ist. Die Forderung, dass der Verhältniswert der Eigenwerte größer als 0,95 sein soll, ergibt sich vor allem aus der numerischen Problematik, dass sich die Eigenwerte asymptotisch einander annähern. Der Eigenwert des Ersatzstabes nach Bild 3 wird immer kleiner sein als der des entsprechenden Eulerstabes II. Aus diesem Grund wurde als Grenze 0,95 festgelegt. Da die elastische Einspannung des Knotenblechs in das Gurtprofil durch die Schweißung unberücksichtigt bleibt, erscheint diese Grenze durchaus vertretbar. Die Ergebnisse der durchgeführten Berechnungen können Bild 10 entnommen werden. Auf der Abszisse von Bild 10 ist das Längenverhältnis L1/L und auf der Ordinate sind die zugehörigen Steifigkeitsverhältnisse EI1/EI2 aufgetragen. Gut erkennbar ist ein ähnliches Verhalten über alle Profile und Winkel hinweg. Mit steigendem Längenverhältnis L1/L ist ein überproportionaler Anstieg des erforderlichen Steifigkeitsverhältnisses erkennbar. Aufgrund der Streuung der Kurven mit größer werdendem L1 und aufgrund des zuvor gewählten Grenzwertes von 0,95 wird der etwas konservative Ansatz nach Gl. (13) vorgeschlagen, um das erforderliche Steifigkeitsverhältnis bestimmen zu können.

L  ≥ 220 ⋅  1  EI  L 2 EI1

2,2

(13)

Diese Gleichung entspricht der durchgezogenen schwarzen Grenzkurve in Bild 10. Das Trägheitsmoment I1 ist

Bild 10.  Grenzsteifigkeitsverhältnis für Strebenfachwerke Fig. 10.  Stiffness-limit for truss members

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hierbei nach Gl. (5) zu ermitteln. Über den in Gl. (13) ausgedrückten, annähernd quadratischen Zusammenhang lassen sich Anschlüsse konstruieren, die beim Gesamtsystem zu keiner nennenswerten Reduzierung der Knicklast im Vergleich zum Eulerstab II führen.

4.2  Konstruktionsregeln für Diagonalen mit zweiseitig gelagerten Knotenblechen

Ncr,EulerII

≥ 1,0

L  ≥ 1,7 ⋅  1  EI2  L EI1

Das gleiche Vorgehen wie im vorherigen Abschnitt wird im Folgenden für Konstruktionen mit übereck gelagerten Knotenblechen beschrieben. Betrachtet man auch hierzu die entsprechenden Ergebnisse in [8], so ist erkennbar, dass es auch für solche Konstruktionen Kombinationen aus Längen- und Steifigkeitsverhältnissen gibt, deren Eigenwert geringer als der des entsprechenden Eulerstabes II ist. In der Regel liegen die Eigenwerte über denen des Eulerstabes II, das heißt, es liegt eine elastische Einspannung durch den Anschlussbereich vor. Allerdings ergeben sich für große Längenverhältnisse L1/L und kleine Steifigkeitsverhältnisse EI1/EI2 Eigenwerte auch unterhalb derer des Eulerstabes II. Da in diesem Fall jedoch keine asymptotische Annäherung der beiden Eigenwerte aneinander vorliegt, wird hier als Grenzwert 1,0 festgelegt. Die Abgrenzung kann Gl. (14) entnommen werden.

Ncr,analyt.

Das einzuhaltende Mindeststeifigkeitsverhältnis kann Gl. (15) entnommen werden. In diesem Fall liegen die Kurven sehr dicht beieinander, da im Falle des übereck gelagerten Knotenblechs keine Korrektur der Drehfedersteifigkeit cϕ2 notwendig ist, welche ihrerseits auf die Wirkung der Torsionssteifigkeit zurückzuführen ist.

(14)

Auch in diesem Fall wird die Stablänge L2 variiert, bis die Forderung gerade erfüllt ist. Die Eigenwerte des Ersatzstabes mit Drehfedern werden entsprechend Abschnitt 3.5 ermittelt und den Eigenwerten des zugehörigen Eulerstabes II mit gleicher Gesamtlänge L gegenübergestellt. Die Ergebnisse können Bild 11 entnommen werden. Wiederum ist ein überproportionaler Anstieg des Steifigkeitsverhältnisses bei größer werdendem Längenverhältnis erkennbar, allerdings erwartungsgemäß deutlich schwächer ausgeprägt als in Bild 10.

1,7

(15)

Wählt man eine Kombination aus Längen- und Steifigkeitsverhältnissen, die links bzw. oberhalb der Grenzkurve liegt, so ist der Eigenwert des gesamten Systems stets höher als der des zugehörigen Eulerstabes II. Literatur [1] DIN EN 1993-1-1:2010-12, Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. [2]  DIN EN 1993-1-1 / NA: 2010-12, Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter zu DIN EN 1993-1-1. [3]  DIN EN 1993-1-5:2010-12, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-5: Plattenförmige Bauteile. [4]  DIN EN 1993-1-8:2010-12, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-8: Bemessung von Anschlüssen. [5] DIN 1025-5:1994-03, Warmgewalzte I-Träger, IPE-Reihe, Maße, Masse, statische Werte. [6] DIN EN 10025:2005-02, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen. [7]  DIN EN 10034:1994-03, I- und H- Profile aus Baustahl – Grenzabmaße und Formtoleranzen. [8]  Abel, T.: Untersuchungen zum Einfluss von Knotenblechanschlüssen auf das Tragverhalten von druckbelasteten Fachwerkstäben. Dissertation, Technische Universität Darmstadt, 2012. [9]  Dietz, H., Wörner, M.: Druckbeanspruchte Fachwerkstäbe mit exzentrischen Knotenblechanschlüssen. Teil 1 + Teil 2. Stahlbau 81 (2012), H. 8, S. 643–664 und H. 10, S. 766–779. [10]  Kindmann, R.: Stahlbau – Teil 2: Stabilität und Theorie II. Ordnung. Berlin: Ernst & Sohn 2008.

Bild 11.  Grenzsteifigkeitsverhältnis für übereck gelagerte Knotenbleche Fig. 11.  Stiffness-limit of diagonally supported gusset plates

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[11]  Kindmann, R., Wolf, C.: Geometrische Ersatzimperfektionen für Tragfähigkeitsnachweise zum Biegeknicken von Druckstäben. Stahlbau 78 (2009), H. 1, S. 25–34. [12]  Kraus, M., Niebuhr, H. J.: Hangar für drei Großraumflugzeuge. Stahlbau 79 (2010), H. 1, S. 1–10. [13]  Lindner, J., Scheer, J., Schmidt, H.: Erläuterungen zu DIN 18800 Teil 1 bis Teil 4. Beuth Kommentare. Berlin: Ernst & Sohn 1998. [14]  Matthey, P.-H., Haag, J.: Experimentelle Untersuchungen an Breitflanschprofilen unter Druck und zweiachsiger Biegung. Stahlbau 59 (1990), S. 135–140. [15]  Merle, H., Lange, J.: Collaps of a steel structure as a result of local buckling. Batista, Vellasco, de Lima (Hrsg.): SDSS‘Rio 2010 International Colloquium Stability and Ductility of Steel Structures. 2010, pp. 563–570. [16]  Müller, G., Groth, C.: FEM für Praktiker. 8. Aufl. Renningen-­ Malmsheim: expert Verlag 2007. [17]  Naumes, J. C.: Biegeknicken und Biegedrillknicken von Stäben und Stabsystemen auf einheitlicher Basis. Dissertation, RWTH Aachen, 2010. [18]  Petersen, C.: Stahlbau. 4. Aufl. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg-Verlag 2013. [19]  Petersen, C.: Statik und Stabilität der Baukonstruktionen. 2. Aufl. Braunschweig/Wiesbaden: Vieweg-Verlag 1982. [20]  Resinger, F.: Zur Stabilität von torsionssteifen Fachwerkfüllstäben, insbesondere aus Rundstahl. Stahlbau 32 (1963), S. 18–22. [21]  Schmidt, H., Fastabend, M., Swadlo, P., Lommen, H.-G.: Ein ungewöhnliches Stabilitätsproblem verursacht Schadensfall. Stahlbau 77 (2008), H. 12, S. 862–869. [22]  Suppes, A.: Tragverhalten und Optimierung von ausgeklinkten Knotenblechen in Fachwerkbindern. Dissertation. Technische Universität Darmstadt, 1998.

[23]  Unterweger, H., Ofner, R.: Traglast von Verbandsstäben aus Hohlprofilen mit quasi-zentrischem Knotenblechanschluss. Stahlbau 78 (2009), H. 6, S. 425–436. [24]  Unterweger, H., Taras, A.: Hohlprofile mit beidseits zentrisch eingeschlitzten Knotenblechen – Drucktragverhalten und Bemessungsvorschlag. Stahlbau 80 (2011), H. 11, S. 839–851. [25]  Unterweger, H., Taras, A.: Hohlprofilstäbe mit eingeschlitzten Knotenblechen als Druckstäbe – konventioneller Knicknachweis ausreichend? Bauakademie Biberach (Hrsg.): 33. Stahlbauseminar 2011. Neu-Ulm, Wien, 2001, S. 1–37. [26]  Unterweger, H., Taras, A., Hafner, S.: Druck- und biegebeanspruchte Stäbe mit dünnwandigem Hohlkastenquerschnitt. Stahlbau 83 (2014), H. 12, S. 880–889. [27]  Vette, J.: Tragverhalten von Stabanschlüssen und Fachwerkknoten mit ausgeschnittenen Knotenblechen. Dissertation. Ruhr-Universität Bochum, 2011. [28]  Wolf, C.: Tragfähigkeit von Stäben aus Baustahl – Nicht­ lineares Tragverhalten. Stabilität, Nachweisverfahren. Dissertation. Ruhr-Universität Bochum, 2006.

Autoren dieses Beitrages: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jörg Lange, Institut für Stahlbau und Werkstoffmechanik, TU Darmstadt, Franziska-Braun-Straße 3, 64287 Darmstadt Herrlich@stahlbau.tu-darmstadt.de Dr.-Ing. Tobias Abel, bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, Spessartstraße 13, 36341 Lauterbach, abel@bauart-konstruktion.de

Aktuell Jugend forscht: 50-jähriges Jubiläum des Gründungsaufrufs „Bildungsnotstand“ und ein prognostizierter Fachkräftemangel: Bereits in den 1960er Jahren stand das deutsche Bildungssystem in der Kritik. Der damalige stern-Chefredakteur Henri Nannen ließ es jedoch nicht bei journalistischen Schlagworten bewenden. Er startete eine gesellschaftlich breit angelegte Initiative, um den qualifizierten Nachwuchs an jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gezielt zu fördern. Unter dem Motto „Wir suchen die Forscher von morgen!“ rief Nannen am 19. Dezember 1965 im stern zur ersten Runde von Jugend forscht auf. Das Vorbild für den neuen naturwissenschaftlich-technischen Wettbewerb kam dabei aus den USA. Dort hatten „Science Fairs“ bereits eine lange Tradition: Bei den im Stil von Messen organisierten Wettbewerben stellten junge Menschen ihre Forschungsprojekte und Erfindungen neben einer fachkundigen Jury auch der Öffentlichkeit vor. Mit Jugend forscht schuf Nannen ­einen Leuchtturm in der deutschen Bil-

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dungslandschaft. Dabei war er in hohem Maße vorausschauend und innovativ: Zum einen verwirklichte er die Konzepte der individuellen Förderung und des kreativen, forschenden Lernens, die bei Jugend forscht von Beginn an gelebte Praxis waren, lange bevor diese im Zuge der Pisa-Studien allgemein rezipiert wurden. Zum anderen war es Nannens zündende Idee, auf eine enge Verbindung von Schule und Wirtschaft zu setzen. Er gewann Unternehmen dafür, bundesweit die Wettbewerbe auszurichten und Preise zu stiften, während sich Lehrkräfte als Betreuer der Forschungsprojekte der jungen Forscher engagierten. Heute, 50 Jahre nach Nannens Gründungsaufruf, ist Jugend forscht die größte und älteste Public-private-Partnership ihrer Art in Deutschland. Als Netzwerk vereint Jugend forscht eine Vielzahl von Partnern aus Schule, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien: 250 Unternehmen und Institu­ tionen, darunter alle namhaften Wissenschaftsorganisationen sowie alle Kultusministerien und eine Reihe von

Bundesministerien, fördern den Wettbewerb. Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung Jugend forscht e. V. ist die Bundesbildungsministerin, Schirmherr der Bundespräsident. Mehr als 5 000 Lehrkräfte engagieren sich ehrenamtlich als Projektbetreuer und Wettbewerbsleiter. Über 3 000 Fach- und Hochschullehrer sowie Experten aus der Wirtschaft sind jedes Jahr als Juroren aktiv. „Jugend forscht steht für eine einzigartige Erfolgsgeschichte“, sagt Dr. Sven Baszio, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Jugend forscht e. V. Seit fünf Jahrzehnten ist der Wettbewerb ein äußerst wirksames Instrument zur Förderung junger MINT-Talente. Knapp eine Viertelmillion junge Forscher und Erfinder haben sich seit 1965 beteiligt. Neun von zehn erfolgreichen Teilnehmern studieren später ein MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Viele von ihnen machen anschließend in Forschung und Wissenschaft Karriere. www.jugend-forscht.de


Fachthemen Björn Eichler Markus Feldmann

DOI: 10.1002/stab.201610349

Ein hochlagenorientiertes und duktilitätsgesteuertes Stahlgütewahlkonzept Die europäischen Stahlbaunormen enthalten ein vereinfacht ­aufbereitetes Modell der Stahlsortenwahl zur Vermeidung von Spröd­bruch (DIN EN 1993-1-10), das auf einem bruchmechanischen ­Zähigkeitsnachweis in der Tieflage basiert. Für die eindeutige Charakterisierung des Materialverhaltens von ferritischen Baustählen ist jedoch die Entwicklung der Zähigkeitseigenschaften über den vollständigen Temperaturbereich und damit auch das Hochlagenverhalten entscheidend. Letzteres beeinflusst das Duktilitätsvermögen des Werkstoffs und damit seine Fähigkeit zur plastischen Umverteilung, was insbesondere bei festigkeitskon­ trollierten Versagensarten bei der Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit implizit als gegeben vorausgesetzt wird. Die in DIN EN 1993-1-1 in dieser Hinsicht existierenden Duktilitätskriterien werden als unzureichend angesehen, da sie weder mechanisch eindeutig zu begründen sind, noch aus dem Hochlagen­ verhalten abgeleitet werden können. Ähnliches gilt für den in Deutsch­land für dickere Bleche einiger Stahlsorten noch zu erbringenden Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390. Als Grundlage der Stahlgütewahl für die verformungsgesteuerte Bemessung wurde in diesem Sinne ein zähigkeitsorientiertes Modell zur Werkstoffwahl entwickelt, mit dem sich Hochlagenanforderungen in Form von Hochlagenkerbschlagwerten KVUS zur Einstellung ­eines notwendigen Duktilitätsniveaus quantifizieren und ferner Hochlage und Übergangsbereich mit der Tieflage verknüpfen ­lassen. An upper shelf oriented and ductility-controlled steel selection concept. The European steel work codes contain a simplified steel selection method for the avoidance of brittle fracture (DIN EN 1993-1-10) that is based on a fracture mechanical consideration of toughness properties in the lower shelf of the toughness transition curve. For the unambiguous characterisation of the material behaviour of ferrite structural steels the development of the toughness properties for the full temperature range and therewith the u­ pper shelf behaviour is crucial. The latter affects the material’s ductile capacity and thereby its ability for plastic redistribution that is presumed as an integral element for the strength functions in case of the ultimate limit state design. In this respect only inadequate ductility criteria exist to date in DIN EN 1993-1-1 which cannot clearly be justified by mechanical means nor derived from upper shelf aspects. Something similar applies to the so-called Aufschweißbiegeversuch acc. to SEP 1390 that in Germany still in some cases is obligatory for thicker elements of several steel grades. In this light a toughness-oriented model for the choice of steel material for the plastic design taking inelastic redistributions into account was developed which allows to quantify upper shelf demands for adjusting a required ductility level by combining the upper shelf and the transition region with the lower shelf.

1 Einleitung Die aktuellen Regelwerke für Stahlkonstruktionen fordern im Hinblick auf die Sicherheitsanforderungen an die Bemessung: –– Stahlgütewahl zur Vermeidung von Sprödbruch (im Tieflagenbereich) –– Festigkeitsnachweis für Bauteile (im Hochlagenbereich) Der Stahlgütenachweis in der Zähigkeitstieflage, der in der Regel gemäß DIN EN 1993-1-10 [1] geführt wird und auf einer bruchmechanischen Sicherheitsbetrachtung basiert, schafft dabei zunächst nur eine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der in den Normen verankerten vereinfachten Bemessungsmodelle, indem durch Wahl einer ausreichenden Materialzähigkeit instabiles Rissversagen bei tiefen Temperaturen ausgeschlossen wird. Dahingegen werden die Anforderungen an die Hochlagenzähigkeit von Baustahl in den Regel- und Normenwerken bislang nur unzureichend beantwortet. Im Sinne der angesprochenen Zähigkeitsproblematik sind damit vornehmlich die in DIN EN 1993-1-1 [2] verankerten Duktilitätskriterien sowie der in Deutschland noch in einigen Fällen für dicke Bleche zu erbringende Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 [3] gemeint, da diese in den seltensten Fällen mechanisch eindeutig zu begründen sind bzw. nicht explizit aus Hochlagenbetrachtungen der Werkstoffzähigkeit abgeleitet werden können. Da derzeit jedoch auch kein geeignetes zähigkeitsbasiertes Ingenieurmodell zur Gewährleistung ausreichend hoher Duktilität im Hochlagenbereich in den Regelwerken des Stahlbaus vorhanden ist (Bild 1) wurde in [4] der Fragestellung nachgegangen, inwieweit das in den Bemessungsmodellen unterstellte plastische Verformungsvermögen durch ausreichende Hochlageeigenschaften aktiviert werden kann, so dass die bei der Bestimmung von Festigkeitswerten in Bauteilprüfungen ausgeprägten Dehnungsbeanspruchungen auch in der Realität ohne Bruch- bzw. Rissversagen aufgenommen werden können und wie dies mit dem Zähigkeitskennwert der Tieflage gegebenenfalls korreliert werden kann.

2  Zur Wahl der Stahlgüte als Grundlage der Stahl­bau­ bemessung Für die Berechnung der mechanischen Widerstände wurden die allgemeinen Bemessungsregeln des Stahlbaus un-

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Zugfestigkeit und Gleichmaßdehnung werden aus dem Kraft-Verformungsdiagramm ( technische SpannungsDehnungslinie) des Zugversuches ermittelt und sind außer der Fließkurvenform von der Probengeometrie und dem Streckgrenzenniveau abhängig, was durch das ConsidèreKriterium [6] als Bedingung der plastischen Instabilität seinen Ausdruck findet. Die wahren Verhältnisse, insbesondere die wahre Zugfestigkeit, werden also nicht erfasst. Insofern sind auch die Zugfestigkeit und alle mit ihr verbundenen Regeln meist nur als Referenzwerte zu verstehen. Bild 1.  Zähigkeits-Temperaturkurve und Darstellung der Bemessungskriterien in Tief- und Hochlage und im Übergangsbereich Fig. 1.  Toughness-temperature curve indicating the design criteria in the lower and the upper shelf and in the transition regime

ter Raumtemperaturbedingungen entwickelt, wobei unterstellt wurde, dass ausreichendes plastisches Umlagerungsvermögen (Duktilitätseigenschaften) und ausreichende Materialzähigkeiten vorliegen. Genaugenommen gilt dies allerdings nur für die festigkeitsspezifischen (Netto-) Querschnittsnachweise für Zugbeanspruchung, bei denen zur Einhaltung der geforderten Sicherheitsaspekte die Zähigkeitseigenschaften in der Hochlage in die Tragfähigkeitsfunktion mit eingeflossen sind.

2.1  Implizite Berücksichtigung der Hochlagenzähigkeit in den Festigkeitsfunktionen Sofern Festigkeitseigenschaften in die Tragfähigkeitsfunktionen einfließen, werden sie insbesondere durch die Materialzähigkeit beeinflusst. Dies wird in den aktuell verwendeten Ingenieurmodellen allerdings nur implizit über den Vergleich der Bemessungsfunktion mit Versuchsdaten sichergestellt. Die Widerstandsfunktionen des Nettoquerschnitts auf Zug in DIN EN 1993 [2] wurden dabei unter Berücksichtigung der Hochlagenzähigkeit unabhängig von den Anforderungen der Ausführungsnormen, jedoch der theoretischen Annahme von rissähnlichen Unstetigkeitsstellen im Material mit Hilfe bruchmechanischer Methoden abgeleitet [5]. In den Sicherheitsnachweisen in EC 3 wird deswegen im Hinblick auf ausreichende Material­ zähigkeit beispielsweise auch gefordert, dass Nettoquerschnittsfließen vor Bruchversagen des Nettoquerschnitts auftreten muss (Duktilitätsbedingung), was über 6.2.3(2) der DIN EN 1993-1-1 [2] mit Nu,Rd = 0,9 · Anet · fu/γM2 für Stähle mit fu/fy = 1,1 erfüllt wird.

2.2  Duktilitätsanforderungen in Eurocode 3 Duktilitätsanforderungen für normalfeste Stähle (bis S460) werden in DIN EN 1993-1-1 [2] definiert und beruhen auf Ersatzkriterien, die über das fu/fy-Verhältnis sowie über die Bruch- und Gleichmaßdehnung ausreichende plastische Verformbarkeit sicherstellen sollen: –– fu/fy ≥ 1,10 –– Bruchdehnung mindestens 15 % –– eu ≥ 15 · ey, dabei ist ey = fy/E die Fließdehnung

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2.3  Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 Zur Beurteilung des Rissauffangvermögens des Grundwerkstoffs existiert in Deutschland für die Zähigkeitsklassen J und K bei S235 bis S355 und größeren Dicken noch der Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 [3], der jedoch als qualitativer Ausschlussversuch zu verstehen ist. Der AUBI-Test hat den Nachteil, dass er sich weder mit einer realistischen Bauteilbelastung noch mit einer realistischen Bauteilbeanspruchbarkeit direkt korrelieren lässt, so dass der notwendige Zusammenhang zwischen der Anforderung an ein Bauwerk oder Bauteil und dem Werkstoffverhalten in der Regel nicht hergestellt werden kann ([7], [8]).

2.4  Vermeidung von Sprödbruch Da sprödes Bauteilversagen bei tiefen Temperaturen nicht von vorneherein auszuschließen ist, wurden zusätzliche Regeln ([1], [9]) auf bruchmechanischer Grundlage basierend auf einer Sicherheitsbewertung mit Spannungsintensitätsfaktoren zur Stahlgütewahl entwickelt. Die Einwirkungsseite Ed = K*appl,d steht im Gleichgewicht mit dem Materialwiderstand, der durch die Bruchzähigkeit Rd = Kmat,d ausgedrückt wird. Beim Nachweis wird eine außergewöhnliche Bemessungssituation im Übergangsbereich der ZähigkeitsTemperatur-Kurve unter Annahme elastischen Materialverhaltens zugrunde gelegt ([5], [10]).

3  Prinzipien des Hochlagenmodells Ein in [4] nun vorgeschlagenes Hochlagenmodell (Bild 2) zur Werkstoffwahl ermöglicht es, Bauteilanforderungen mit denjenigen Zähigkeitseigenschaften zu verknüpfen, die zur Aktivierung der plastischen Umlagerungsreserven durch die damit einhergehende Bereitstellung von ausreichendem Duktilitätsvermögen von Bauteil und Werkstoff notwendig sind. Um sprödes Versagen von vorneherein aus­zuschließen, wurde als Versagenskriterium (vorwiegend) die erstmalige duktile Rissinitiierung zugrunde gelegt. Die Anforderungen an die Hochlagenzähigkeit beruhen auf dem Vergleich zwischen Zähigkeits- bzw. Dehnungsanforderungen und Zähigkeits- bzw. Dehnungsdargeboten, die sowohl auf bruch- als auch schädigungsmechanischer Grundlage für verschiedene Anforderungsprofile (den so genannten Stufen 1, 2 bzw. 3) hergeleitet wurden (Abschnitt 4). Die wesentlichen Kenngrößen sind dabei das J-Integral bzw. die örtliche plastische Vergleichsdehnung und der Mehrachsigkeitsparameter η, definiert als Quotient


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aus hydrostatischer Spannung σm und der von Mises-Vergleichsspannung σv. Zur Überführung in ein handhabbares Ingenieurmodell sind Vereinfachungen erforderlich, so dass anstelle der bruch- und schädigungsmechanischen Kenngrößen als charakteristischer Zähigkeitsparameter der wesentlich einfacher und günstiger zu bestimmende Hochlagenwert KVUS der Kerbschlagarbeit verwendet wird. Durch die Auswertung einer mit Hochlagenbezug erstellten Materialdatenbank für ferritische (Bau-) Stähle konnten zudem geeignete Korrelationsbeziehungen aufgestellt werden, die eine empirisch basierte Verknüpfung mit einfachen Werkstoffkennwerten (z. B. fy, fu, T27J) ermöglichen. Die Verknüpfung der in den Produktnormen bestehenden Mindestanforderungen an die Kerbschlagarbeit im Übergangsbereich der Zähigkeits-Temperatur-Kurve erfolgt über die neu eingeführte Temperatur TUS (Abschnitt 7.1). In Bild 3 sind dazu beispielhaft für S355J2 standardisierte Verläufe einer KV-T-Übergangskurve für verschiedene

Hochlagenniveaus dargestellt. Nachzuweisen wäre dann, dass der Stahl für die im Rahmen des Nachweises erforderliche Referenztemperatur Td bereits Hochlagenverhalten aufweist und weiterhin ein den Anforderungen entsprechendes Hochlagenzähigkeitsniveau (KVUS ≥ KVUS,min) erfüllt. Das Hochlagenmodell kann für alle ferritischen Stähle einschließlich höherfester Stahlsorten verwendet werden. Auf der Widerstandsseite sind entsprechende Anpassungen an die jeweiligen Werkstoffeigenschaften voneinander abweichender Walz-, Legierungs- und Wärmebehandlungskonzepte durch die oben genannten Korrelationsbeziehungen oder speziell im schädigungsmechanischen Fall durch generalisierte Schädigungskurven (Abschnitt 6.2) für den Zustand Rissinitiierung möglich. Das globale Verfestigungsverhalten als auch die damit einhergehenden für die Schädigungsinitiierung des Werkstoffs verantwortlichen lokalen inelastischen Dehnungen werden im Hochlagenmodell mit Hilfe einer standardisierten Fließkurve be-

Bild 2.  Prinzip des zähigkeitsorientierten Hochlagenmodells Fig. 2.  The toughness-oriented upper shelf model in principle

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Bild 4.  CHT-Geometrie (ohne Riss) Fig. 4.  CHT-geometry (without cracks)

Bild 3.  Standardisierte KV-T-Kurven für S355J2 (Zähigkeitsdargebote) Fig. 3.  Standardised KV-T-curves for S355J2 (provided tough­ ness)

schrieben (Abschnitt 5.1). Etwaige Effekte, die in der Regel zu einer Verschlechterung der Materialzähigkeit (hohe Dehnraten, plastische Vordehnungen) führen, können prinzipiell im Hochlagenmodell durch Temperaturverschiebungsterme berücksichtigt werden. Das Hochlagenmodell eignet sich sowohl für die Werk­stoffwahl bei rein statisch monotoner als auch bei zyklischer Beanspruchung mit hohen Dehnungsamplituden. Für letzteren Fall sei auf die ausführlichen Erläuterungen in [4] verwiesen. Im folgenden Abschnitt werden zunächst die aus der lokalen Beanspruchung resultierenden Zähigkeits- oder Dehnungsanforderungen in Abhängigkeit einer charakteristischen globalen Größe formuliert, zum Beispiel in Form von plastischen Rotationen bei Biege- und Rotationsträgern.

mittlung der auf den Bruttoquerschnitt bezogenen Spannung σgy bei Fließen des Nettoquerschnitts rissbehafteter Bauteile. Der Wert α gibt dabei das Verhältnis von Bohrungsdurchmesser d und der Blechbreite W an. Die ört­ lichen Dehnungen sind dabei naturgemäß viel höher, sie werden später mit FE berücksichtigt. I

ε ref =

σ gy E

=

(

1 · f · 1− α E y

)

(1)

Stufe 2-Anforderungen gehen mit einer plastischen Spannungsverteilung am maßgeblichen Punkt der Konstruktion der größten auftretenden Momentenbeanspruchung einher. Die plastischen Dehnungen resultieren dann aus der plastischen Umverteilung der wirkenden Kräfte. Beispiele sind Querschnitte der Klasse II, die Mpl-Niveau erreichen, jedoch noch kein ausgeprägtes Rotationsvermögen auf­wei­ sen (Nachweisformat elastisch-plastisch; s. Bild 5). Auf analytischem Wege konnten beispielhaft für über die Höhe symmetrische I-Querschnitte und für symmetrische Kastenträger die Randdehnungen infolge reiner Biegebelastung in Abhängigkeit vom einwirkenden Moment M(x) >  Mel aus Gleichgewichtsbetrachtungen ermittelt werden. Dabei ist eine Spannungsverteilung unter Berücksichtigung des Verlaufs der generalisierten Fließkurven aus

4  Globale Anforderungen aus globalen Verformungsgrößen Die Werkstoffanforderungen werden maßgeblich durch die Bauteil- und Kerbgeometrie als auch durch das der plastischen Bemessung zugrunde liegende Beanspruchungsniveau beeinflusst. Dieses Niveau wird wie bereits gesagt auf drei verschiedenen Anforderungsstufen definiert und korreliert mit charakteristischen Stahlbaudetails und den einhergehenden Duktilitätsanforderungen hinsichtlich Ausmaß bzw. Größenordnung der plastischen Dehnungen. Hierbei sind lokale und globale Dehnungsanforderungen zu unterscheiden, wobei erstere aus örtlichen Spannungs- bzw. Dehnungskonzentratoren (z. B. Schweißverbindungen oder Schraubanschlüsse mit gelochten Querschnitten) resultieren. Globale Dehnungsanforderungen müssen dahingegen aus der Gesamtstruktur abgeleitet werden. Stufe 1-Anforderungen gehen mit lokal auftretenden plastischen Dehnungen einher, wie sie z. B. an den Loch­ rändern einer vereinfachten Zugblechgeometrie auftreten (Bild 4). Sie beziehen sich auf Referenzspannungen im Bruttoquerschnitt. Analog wird eine Referenzdehnung für den Grenzzustand Nettoquerschnittsfließen nach (1) berechnet. Dies entspricht der Vorgehensweise bei der Er-

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Bild 5.  Übersicht der Rotationsanforderungen am Beispiel eines 2-Feldträgers Fig. 5.  Overview of the rotational requirements for a 2-span beam


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Stufe 3-Anforderungen sind damit im Vergleich zu den Anforderungen der Stufe 2 abhängig vom statischen System (Tabelle 1). Etwaig auftretende plastische Zusatzdehnungen aus beginnenden plastischen Beulen bleiben dabei unberücksichtigt.

5  Schädigungsmechanische und bruchmechanische ­Anforderungen 5.1 Plastizitätsgesetz

Bild 6.  Stufe 2-Anforderungen Fig. 6.  Level 2-requirements

Abschnitt 5.1 zugrunde gelegt worden. Das Ergebnis dieser Betrachtung führt zu den in Bild 6 dargestellten Stufe 2-Anforderungen. Sie sinken mit zunehmender Streckgrenze, weil mit zunehmender Streckgrenze die Länge des Lüdersplateaus ∆εl über 0,0375 × (1 – σY/1000) abfällt [11], aber die Form der Verfestigung über das Hollomon- bzw. Ludwik-Gesetz gleich bleibt. Stufe 3-Anforderungen stellen die höchsten Anforderungen dar, wobei eine implizite Inanspruchnahme der Wirkung von Fließgelenken angenommen wird. Die lokalen plastischen Dehnungen sind dabei eng mit den plastischen Rotationsanforderungen verknüpft. Systeme mit Klasse I-Querschnitten, die nach der Plastizitätstheorie bemessen werden, müssen deswegen neben einer ausreichenden plastischen Tragfähigkeit auch ein ausreichendes Rotationsvermögen aufweisen (s. auch Bild 5). Rotationsanforderungen wurden z. B. in [12] mit der Fließgelenktheorie ermittelt. Diese können durch den plastischen Drehwinkel ϕerf in den Fließgelenken bei Erreichen der Traglast ausgedrückt werden, oder alternativ durch die bezogene Rotationsanforderung Rerf.

R erf =

ϕerf − ϕ pl

(2)

ϕ pf

Vorteilhaft bei letzterer Variante ist das enge Streuband der R-Werte für typische Stahlbaukonstruktionen (1,3 ≤ Rerf ≤ 4,0) als auch deren direkte Verknüpfung mit globalen Dehnungsanforderungen.

(

)

III II εerf,ref = εerf,ref · 1 + R erf (3)

Aus den in den verschiedenen Stufen definierten Nennanforderungen lassen sich mit Hilfe numerischer Methoden die lokalen Beanspruchungsgrößen in Form von plastischen Vergleichsdehnungen (Schädigungsmechanik) oder in Form des J-Integrals (Bruchmechanik) bestimmen. Beispielhaft wird dies zunächst für das Detail des Zugbleches mit Bohrung (CHT-Geometrie gemäß Bild 4) bzw. unter Berücksichtigung von Rissen (CNT-Geometrie gemäß Bild 9) für Anforderungen der Stufe 1 bzw. 2 durchgeführt. Dabei wurden Volumenmodelle unter Ausnutzung der Symmetrieeigenschaften in ABAQUS sukzessive auf Zug beansprucht, indem eine über den Endquerschnitt des Bleches wirkende konstante und stetig größer werdende Verschiebung (Wegsteuerung) aufgebracht wurde. Als Materialgesetz wurde eine in [4] entwickelte Referenzfließkurve verwendet, die auf der Auswertung umfangreicher Versuchsdaten basiert. Bei allen FE-Modellen wurden im Hinblick auf die Auswertung der plastischen Dehnungen im relevanten Bereich sehr kleine Elemente und eine Submodell-Technik verwendet.

5.2  Schädigungsmechanische Anforderungen für die CHT-Geometrie (Stufe 1/2) Im Vordergrund der schädigungsmechanischen Untersuchungen steht die Quantifizierung der maßgeblichen lokalen Zustandsgrößen (plastischen Vergleichsdehnung, Spannungsmehrachsigkeit), so dass eine Bauteilbewertung auf Grundlage von Schädigungskurven (e--pl, η) durchgeführt werden kann (Abschnitt 5.4). Die lokalen Zustandsgrößen wurden an der Stelle der kritischen Kombination aus Spannungsmehrachsigkeit und plastischer Vergleichsdehnung mit Hilfe einer UVARM-Subroutine ermittelt. Rissinitiierung tritt ein, sobald der Parameter DCI (Ductile Crack Initiation Index) den Wert 1 annimmt.

DCI =

εpl

()

εpl η

≤ 1,0

(4)

Tabelle 1.  Stufe 3-Dehnungsanforderungen für typische Stahlbaukonstruktionen Table 1.  Level 3-Strain requirements for typical types of steel work design

Stahlsorte

S235/S355

4,0 × eII erf

2,3 × eII erf

3,5 × eII erf

4,0 × eII erf

3,5 × eII erf

S460/S690

4,3 × eII erf

2,4 × eII erf

3,8 × eII erf

4,3 × eII erf

3,8 × eII erf

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

29


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Bild 7.  FE-Modell des gelochten Zugstabes und Darstellung des DCI-Kriteriums Fig. 7.  FE-model of the plate subjected to tension and plot of the DCI-criterion

Bild 8.  Plastische Vergleichsdehnung und Spannungsmehrachsigkeit für CHT-Bleche Fig. 8.  Equivalent plastic strain and stress triaxiality for CHT-geometry

Maßgeblich wird bei der CHT-Geometrie die Bauteilmitte an den Lochrändern (Bild 7), wobei hier gemäß Schädigungsmodell erstmalig die duktile Rissinitiierung auftritt. Bild 8 zeigt für diese Stelle den zugehörigen Verlauf von e--pl und η bei Variation der Blechdicke t. Die schädigungsmechanischen Beanspruchungsgrößen sind direkt in Abhängigkeit von der nominellen bzw. der Nenndehnung εn ablesbar.

5.3  Bruchmechanische Anforderungen für die CNT-Geometrie (Stufe 1/2) Die bruchmechanischen Untersuchungen an CNT-Proben (Bild 9) wurden in Anlehnung an das Sprödbruchkonzept vor dem Hintergrund etwaig übersehener Fertigungsfehler

Bild 9.  CNT-Geometrie (mit Rissen) Fig. 9.  CNT-geometry (with cracks)

oder anderweitiger Ungänzen durchgeführt und hatten unter anderem die Ableitung zulässiger Rissgrößen zum Ziel. Die Berechnung des J-Integrals erfolgte mit der Methode nach Parks [13]. Bild 10 zeigt einen Ausschnitt aus dem Modell mit seiner spinnennetzartige Vernetzung mit singulären isoparametrischen Rissspitzenelementen und beispielhaft das Ergebnis einer solchen bruchmechanischen Berechnung.

5.4  Schädigungs- und bruchmecha­nische Anforderungen der Stufe 3 Geeignete Stufe 3-Stahlbauteile sind zum Beispiel geschweißte Riegel-Stützen-Anschlüsse aus S355J2, wie sie im RFSR-Forschungsprojekt [14] erprobt worden sind (Bild 11). Für die dort untersuchten Geometrien ergeben sich die schädigungsmechanischen Parameter gemäß Tabelle 2 und entsprechende bruchmechanische J-Integralwerte für den EC 3-Anfangsfehler a0 = 0,5 × ln(t) und drei weitere Rissgrößen gemäß Tabelle 3. Die Risse wurden dabei als halb-elliptische Oberflächenrisse mit einem Rissgrößenverhältnis a/c = 0,4 an den Nahtübergänge zu den Riegelflanschen implementiert.

Bild 10.  Rissspitzenspezifische Vernetzung eines CNT-Bleches und exemplarischer Verlauf des J-Integrales in Abhängigkeit der Nenndehnungen Fig. 10.  Crack-specific meshing of the CNT-geometry and exemplary development of the J-integral depending on the nominal strain

30

Stahlbau 85 (2016), Heft 1


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Tabelle 2.  Örtliche plastische Dehnungsanforderungen in % und zugehörige η-Werte für die im Rahmen von [14] durchgeführten Rotationsversuche aus S355 Table 2.  Local plastic strain requirements in % and η-values for the beam-column-connections made of S355J2 tested in [14] R

1,5 e--pl

RT_HEA_355_ns

15,9

2,0 η

e--pl

0,44

19,4

2,5 η

e--pl

0,44

25,1

3,0 η

e--pl

0,43

30,7

3,5 η

e--pl

0,42

35,8

4,0 η

e--pl

0,42

40,9

4,5 η

e--pl

η

0,41

45,6

0,41

RT_HEA_355_s

16,9

0,43

23,0

0,43

28,1

0,42

32,8

0,42

37,3

0,41

41,4

0,41

45,2

0,41

RT_IPE_355_ns

9,9

0,51

11,1

0,51

12,4

0,51

13,8

0,50

15,3

0,50

16,8

0,50

18,4

0,50

RT_IPE_355_s

8,6

0,46

9,6

0,46

10,7

0,45

11,8

0,45

12,9

0,45

14,1

0,45

15,2

0,45

Tabelle 3.  Zähigkeitsanforderungen J in N/mm für verschiedene Risstiefen a in mm für die im Rahmen von [14] durchgeführten Rotationsversuche aus S355 Table 3.  Toughness requirements in J in N/mm for various crack depths a in mm for the beam-column-connections made of S355J2 tested in [14] RT_HEA_355_ns

RT_HEA_355_s

RT_IPE_355_ns

RT_IPE_355_s

R

a0

3,0

5,0

7,0

a0

3,0

5,0

7,0

a0

3,0

5,0

7,0

a0

3,0

5,0

7,0

2,0

66

186

259

366

71

135

216

324

66

112

156

250

48

90

134

197

3,0

82

214

295

408

82

156

246

367

86

146

203

326

67

125

186

274

4,0

99

249

340

459

90

175

274

413

109

185

257

413

85

159

236

349

Bild 11.  Im Rahmen von [14] durchgeführter Rotationsversuch Fig. 11.  Rotational test carried out in the framework of [14]

6  Charakterisierung von Zähigkeits- und Dehnungs­ dargeboten 6.1 Bruchzähigkeitsbetrachtungen Das bruchmechanische Nachweiskonzept erfordert auf der Materialwiderstandsseite einen charakteristischen Kennwert, der im elastischen-plastischen Fall für den Zustand der Rissinitiierung als geometrie- und temperaturunabhängiger Ji-Wert ausgedrückt wird. In den Liefernormen werden als Zähigkeitswerte hingegen die wesentlich einfacheren und kostengünstigeren zu bestimmenden Übergangstemperaturen aus dem Kerbschlagbiegeversuch angegeben, zum Beispiel T27J. Das bruchmechanische Zähigkeitsmodell bedient sich deswegen geeigneter Korrelationsbeziehungen zwischen Bruchzähigkeits- und Kerbschlagzähigkeitswerten. Diese Korrelationen wurden anhand einer umfangreichen Materialdatenbank ferritischer Stähle [4] entwickelt. Bild 12 zeigt beispielhaft die Häufigkeitsverteilung der Hochlagenkerbschlagarbeit KVUS europäischer Baustähle für verschiedene Lieferzustände ab 1995. Für viele dieser 500 Einzelwerte für KVUS lagen entsprechende Ji-Werte vor, so dass trotz der erwartbaren Bandbreite der Streuungen (Vielfalt der Legierungskonzepte und der indi-

absolute Klassenhäufigkeit

viduellen Fertigungsprozesse) geeignete Korrelationen abgeleitet werden konnten. Bild 13 zeigt diesen Zusammenhang beispielhaft in Form eines Polynomansatzes für vergütete Stähle.

Bild 12.  Datenbasis KVUS-Werte Fig. 12.  Database KVUS-values

Bild 13.  KVUS-Ji-Korrelation für Q+T-Stähle Fig. 13.  KVUS-Ji-correlation for Q+T-steels

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6.2  Generalisierte Schädigungskurven Die zugrunde gelegten Schädigungskurven gehen auf den klassischen Ansatz nach Johnson und Cook [15] zurück und stellen eine Grenzkurve dar, die die plastische Vergleichsdehnung und die Spannungsmehrachsigkeit miteinander verknüpft (Bild 14). Alle h-e--pl-Wertepaare auf oder oberhalb der Schädigungskurve erfüllen das zugrunde gelegte Rissinitiierungskriterium. Da Schädigungskurven hochgradig werkstoffabhängig sind, müssen ihre jeweiligen Materialparameter individuell bestimmt werden, zum Beispiel aus Versuchen mit unterschiedlich gekerbten Kleinproben mit variierendem Mehrachsigkeitsparameter. Dies ist jedoch äußerst aufwändig, da diese Versuche nicht nur fraktographisch überwacht werden müssen, sondern zudem numerische Begleituntersuchungen zur Ermittlung der lokalen Beanspruchung zum Zeitpunkt der Rissinitiierung erfordern. Es wird deswegen ein empirisches Verfahren vorgeschlagen, mit dem die Parameter der Schädigungskurve aus üblichen Festigkeitswerten und der Hochlagenzähigkeit abgeschätzt werden können. Die Ausgangsbasis ist der folgende exponentielle Funktionsverlauf.

()

(

)

εpl η = a · exp − b · η + ε0 (5) Beispielhaft ist für den Schädigungsparameter a-- die Korrelation mit dem Streckgrenzenverhältnis in Bild 15 dargestellt. Der Materialparameter ε0 korreliert hingegen mit der Hochlagenkerbschlagarbeit KVUS, so dass für S355 die vom Hochlagenniveau abhängigen Schädigungskurven gemäß Bild 16 erstellt werden konnten. Der Vergleich mit den tatsächlichen experimentell ermittelten Kurven zeigt

Bild 16.  Standardisierte Schädigungskurven für S355 in Abhängigkeit von KVUS Fig. 16.  Standardised damage curve for S355 depending on KVUS

im Rahmen der üblichen Streuungen von Zähigkeitsparametern gute Übereinstimmungen.

7  Konsequenzen für die Stahlgütewahl Die Anforderungen an die Hochlagen­zähigkeit beruhen auf dem Vergleich zwischen Zähigkeits- bzw. Dehnungsanforderungen (Abschnitt 5) und Zähigkeits- bzw. Dehnungsdargeboten (Abschnitt 6), die sowohl auf bruch- und schädigungsmechanischer Grundlage für die verschiedenen Anforderungsprofile der Stufen 1, 2 bzw. 3 (Abschnitt 4) hergeleitet wurden. Zunächst wird jedoch auf die Anforderungen an die Hochlagentemperatur eingegangen, die die Verknüpfung zu den in den Produktnormen ausgewiesenen Mindestanforderungen an die Kerbschlagarbeit (im Übergangsbereich) herstellt.

7.1  Anforderungen aus der Hochlagentemperatur TUS

Bild 14.  Charakteristischer Verlauf ­einer ­Schädigungskurve Fig. 14.  Typical shape of a damage curve

Folgerungen bezüglich geeigneter Stahlgüten beruhen auf der Annahme, dass über die bruchmechanische T0-Übergangstemperatur [16] ein Zusammenhang mit der Hochlage hergestellt werden kann. Diese Annahme ist gerechtfertigt, da die im Rahmen des Master-Kurven-Ansatzes nach EricksonKirk [17] gefundene T0-TUS-Korrelation für Reaktordruckbehälterstähle, für wesentlich weniger reinen Baustahl bestätigt werden konnte (Bild 17). TUS wurde dabei anfänglich als TUS,97%-Hochlagentemperatur definiert, bei der ein Zähigkeitsniveau von 97 % bezogen auf die idealisierte maximale Hochlagenzähigkeit erreicht wird (Bild 18). Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass

Bild 15.  Korrelationsgüte der ­Materialparameter a-- und ε0 der ­Schädigungskurve Fig. 15.  Correlation quality of the material parameters a-- and ε0 of the damage curve

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lockerten Constraint-Bedingungen im realen Bauteil im Vergleich zur Standardbruchmechanikprobe in der Hochlage berücksichtigt. Während beim Sprödbruchkonzept ähnliche Effekte durch eine Temperaturverschiebung durch den Master-Kurven-Ansatz nach Wallin [18] beschrieben werden, ist die Quantifizierung von ∆Tσ für den Hochlagenbereich derzeit nicht möglich. Implizit wurde diesem Umstand jedoch durch eine pauschale Verringerung des Hochlagenniveaus Rechnung getragen, indem die Hochlagentemperatur TUS,80% definiert wurde und der Temperaturnachweis nun nach (7) geführt wird. Dies erscheint trotz der bestehenden Unwägbarkeiten statthaft, da hier der Versagensmechanismus immer noch durch Gleitbruch dominiert wird, so dass etwaig auftretende kleinere Spaltbruchanteile abgefangen werden können und die Probe weiterhin nahezu vollständig bis zum Restbruch duktil versagt.

Bild 17.  T0-TUS-Korrelation für Baustahl Fig. 17.  T0-TUS-correlation for structural steel

(

)

T + ∆Ti ≥ TUS,80% (7) In Verbindung mit der modifizierten Sanz-Korrelation T0 = T27J – 18 °C erfolgt dann die Transformation von ­einem bruchmechanischen Temperaturkonzept in ein Temperaturformat basierend auf Kerbschlagtemperaturen, so dass sich aus der abgeänderten Definition des Hochlagenniveaus durch die TUS,80%-Temperatur die Anforderung an T27J mit TUS,80% = 0,8 · T0 + 37,4 wie folgt ergibt:

T27J ≤ 1, 25 · TUS,80% − 28 (8) Bild 18.  Definition der TUS-Tempe­ratur Fig. 18.  Definition of the TUS-tempe­rature

In Tabelle 4 sind die Anforderungen an die Mindeststahlgüte abgeleitet worden, wobei diese in Abhängigkeit vom Lieferzustand der DIN EN 10025 definiert worden sind. Für die plastische Bemessung von Innenbauteilen in Hochbaukonstruktionen wäre beispielsweise die Forderung einer minimalen Umgebungstemperatur von T = +20 °C sinnvoll. Die Stahlgüte JR würde demnach nicht die nominellen Mindestzähigkeitsanforderungen erfüllen. Es müsste mindestens J0 gewählt werden. Bei Außenbauteilen wäre noch (ähnlich wie beim Sprödbruchnachweis) die Koinzidenzwahrscheinlichkeit des ULS und tiefer Temperaturen mit einzubeziehen. Es würden sich dann für diese Bauteile günstigere Werte ergeben.

Kleinproben ferritischer Baustähle Bruchflächen mit nahezu vollständigem Gleitbruchanteil aufweisen. Der eigentliche Temperaturnachweis wäre dann gemäß (6) zu führen und erfordert, dass die um ∆Tσ korrigierte Einsatz- oder Umgebungstemperatur T größer als die bruchmechanische TUS-Temperatur ist. Wie beim Sprödbruchkonzept [1] ist die Berücksichtigung zusätzlicher Temperaturverschiebungsterme, zum Beispiel durch Kaltverformung oder erhöhte Dehnraten, durch den Term ∆Ti prinzipiell vorgesehen. In dieser Hinsicht wären jedoch noch weiterführende Untersuchungen erforderlich.

(

7.2  Stahlgütewahl durch Definition der Anforderungen an die Hoch­lagenzähigkeit

)

T + ∆Tσ + ∆Ti ≥ TUS,97% (6) Ferner stellt der Verschiebungsterm ∆Tσ dabei einen von der Bauteil- und etwaiger Rissgeometrie abhängigen und individuell zu bestimmenden Korrekturwert dar, der die ge-

Hochlagenanforderungen aus Stufe 1-Betrachtungen sind aufgrund der geringen globalen Verformungen vergleichsweise gering. Mit Hilfe von Parameterstudien wurden für

Tabelle 4.  Erforderliche Mindestgüte zur Erfüllung der Hochlagenanforderung TUS,80 % Table 4.  Minimum steel grade for satisfying the upper shelf specification TUS,80 % T in °C

+20

+15

+10

+5

0

–5

–10

T27J in °C

–3

–10

–16

–22

–28

–35

–41

J0

J2

J2

J2

Mindestgüte DIN EN 10025-2 DIN EN 10025-3

N

N

N

N

N

N

NL

DIN EN 10025-4

M

M

M

M

M

M

ML

DIN EN 10025-6

Q

Q

Q

Q

Q

QL

QL

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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die CHT-Geometrie für S355 plastische Vergleichsdehnungen von maximal 6 % bei einer Spannungsmehrachsigkeit von ηmax = 0,6 ermittelt. Der Vergleich mit den stan­dar­di­ sierten Schädigungskurven (Bild 16) zeigt, dass Rissinitiierung dann nicht relevant wird. Der höchste DCI-Wert bezogen auf die 50 J-Kurve gibt an, dass auf diesem Niveau (DCImax = 0,28) eine signifikante Erhöhung der plastischen Dehnungen erfolgen müsste, um Rissinitiierung auszulösen. Die Übertragung der spezifischen Ergebnisse der CHTBleche auf andere Kerbgeometrien und andere Festigkeitsklassen kann in Abhängigkeit vom Spannungskonzen­ trationsfaktor Kt unter Berücksich­tigung der Mi­kro­stütz­ wirkungsformel nach Neuber ([19], [20]) erfolgen (Bild 19). Für Bauteile ohne Anrisse ergibt der Vergleich mit den stan­dar­disierten Schädigungskurven für plastische Vergleichsdehnungen von maximal 10 % eine pauschale Hochlagenanforderung von 50 J. Damit wird unter der Annahme eines adäquaten Ausführungsstandards der Schweißnaht der Großteil geschweißter Konstruktionen abgedeckt, da die übliche Größenordnung von Spannungskonzentra­ tionsfaktoren für geschweißte Kerbdetails in einem Bereich Kt ≤ 4,0 liegt. Diese pauschale Mindestanforderung von KVUS ≥ 50 J gilt für alle Baustähle bis S960 und für Spannungsmehrachsigkeitswerte η ≤ 2,0. Für Stufe 2-Betrachtungen können keine pauschalen Anforderungen getroffen werden, da mit zunehmenden Plastizierungen die Zusammenhänge nach Neuber nicht mehr gültig sind. Für die CHT-Geometrie konnte jedoch mit Hilfe der durchgeführten FE-Analyse bestätigt werden, dass infolge der globalen Anforderungsprofils (Bild 6) auch hier die 50 J-Schädigungskurve noch zulässig ist. Andere Geometrien erfordern einen spezifischen Zähigkeitsnachweis, der beispielsweise auf Grundlage der Tabelle 5 (z. B. für S355) geführt werden kann und explizit die Bestimmung der tatsächlich auftretenden e--pl- und η-Werte erforderlich macht. Stufe 3-Anforderungen sind systemabhängig, wobei das zu unterstellende Nenndehnungsniveau ca. zwei- bis

Bild 19.  Stufe 1-Anforderungen in ­Abhängigkeit des Spannungs­kon­zen­tra­­tions­faktors Fig. 19.  Level 1-requirements de­pending on the stress concentration factor

viermal so hoch ist wie bei Stufe 2-Anforderungen. Die im Vergleich zu reinen Zugblechgeometrien wesentlich weniger kerbscharfen Biege- und Rotationsträgern (über Quernähte angeschlossenen Querschnitte) führen aber auch zu deutlich geringeren örtlichen Beanspruchungen, so dass entsprechend der R-abhängigen Charakterisierung in ­Tabelle  2 (R  ≤ 4,5) für die untersuchten Querschnitte (HEA300, IPE500-Profile) für die Stähle S355 und S460 auch hier eine allgemeingültige Mindestanforderung in Höhe von KVUS = 50 J definiert werden konnte.

7.3  Berücksichtigung der EC 3-Anfangsfehlergröße Für die Wahl der erforderlichen Hochlagenzähigkeit bei Bauteilen mit fertigungsbedingten und bei der Inspektion übersehenen Anfangsrissen (Analogie zum Sprödbruchkonzept der DIN EN 1993-1-10) spielt neben der Festigkeit die Größe des unterstellten Anfangsrisses eine wesentliche Rolle. Für die CNT-Geometrie ergeben sich in Abhän-

Tabelle 5.  Stahlgütewahl für S355, erforderliche Hochlagenzähigkeit KVUS in J, Auszug Table 5.  Choice of steel material for S355, req. upper shelf Charpy energy KVUS in J, excerpt Spannungsmehrachsigkeit η

S460 e--pl in %

≤ 0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

2,0

2,2

2,4

>  2,4

5

50

50

50

50

50

50

50

50

50

100

100

100

34

10

50

50

50

50

50

50

50

100

100

150

150

150

15

50

50

50

50

50

50

100

150

150

200

200

200

20

50

50

50

50

50

100

150

200

200

250

250

250

25

50

50

50

50

100

150

200

250

250

250

250

250

30

50

50

50

50

150

200

250

250

300

300

300

300

35

50

50

50

100

200

250

250

300

300

300

300

300

40

50

50

50

150

250

250

300

300

300

300

> 300

> 300

45

50

50

100

200

250

300

300

300

> 300

> 300

> 300

50

50

50

150

250

300

300

300

55

50

100

200

300

300

300

> 300

60

50

150

250

300

300

> 300

65

50

200

300

300

> 300

70

100

250

300

> 300

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gigkeit des Rissgrößenverhältnisses α = (2a + d)/W (Bild 9) und des Bohrungsdurchmesser für den Eurocode-Anfangsfehler die erforderlichen KVUS-Werte nach Tabelle 6 auf Stufe 1-Niveau. Die KVUS-Werte resultieren dabei aus dem bruchmechanischen Nachweisformat J ≤ Ji und basieren zum Beispiel auf der Korrelation gemäß Bild 13. Darüber hinaus sind auch größere Risse als der EC3-Anfangsfehler zulässig, wobei an dieser Stelle auf [4] verwiesen wird. Das bruchmechanische Verfahren ist für den Beanspruchungsbereich der Stufen 2/3 für Zugblechgeometrien mit dem verwendeten Riss­initiierungskriterium (Jcrit = Ji) nicht geeignet, da die Anforderungen aufgrund der hohen Kerbschärfe zu un­realistischen Bruchzähigkeits- bzw. Kerbschlagzähigkeitswerten führen würden. Prinzipiell kann in diesen Fällen auch das schädigungsmechanische Verfahren angewendet werden. Sinnvoller wären allerdings Konzepte mit einem gelockerten Versagenskriterium, z. B. unter expliziter Berücksichtigung von stabilem Risswachstum. Für Biegeträger mit plastischen Gelenken (vgl. Bild 11) ist das konservative Verfahren auf Basis des an einer Standardbruchmechanikprobe bestimmten Rissinitiierungsparameters Ji jedoch weiterhin geeignet. Beispielhaft sind Anforderungen unter Annahme des EC 3-Fehlers in Tabelle 7 gegeben.

wären somit Bestandteil weiterer Forschungsaktivitäten. Insbesondere sei hier auf die sich momentan in der Entwicklung befindenden Schädigungsmodelle [22] und deren Erweiterung um den so genannten Lode-Winkelparameter hingewiesen, mit deren Hilfe direkt nominelle Zähigkeitswerte abgeleitet werden könnten.

7.5  Zur Bestimmung der Hochlagenkerbschlagarbeit KVUS Das dargelegte Stahlgütewahlmodell beruht auf der Kenntnis der Hochlagenzähigkeit. Deren explizite Bestimmung ist momentan nicht Bestandteil der Normung und sie werden in den Werkszeugnissen nicht ausgewiesen. KVUSWerte sind jedoch in dieser Hinsicht zwingend erforderlich, solange sie nicht durch die in den Lieferzeugnissen ausgewiesenen Kerbschlagwerte im Übergangsbereich abgedeckt werden. Vor dem Hintergrund der im Rahmen dieses Aufsatzes aufgezeigten Zusammenhänge wird generell die Zähigkeitscharakterisierung durch einen einzigen Kerbschlagwert im Übergangsbereich dem Werkstoff Stahl nicht ausreichend gerecht. Im Zuge der Weiterentwicklung der Stahlbaunormen wird deswegen die experimentelle Bestimmung des KVUS-Wertes empfohlen.

8 Zusammenfassung

7.4  Unwägbarkeiten aus inhärenten Materialstreuungen

Im Hinblick auf die plastische Bemessung von Stahlkonstruktionen ist die Werkstoffgütewahl in den Stahlbaunormen unbefriedigend. Zur Sicherung des in den Bemessungsmodellen implizit unterstellten Duktilitätsvermögens fehlt ein zähigkeitsorientiertes Rechenmodell, das die zur Aktivierung der plastischen Verformungsreserven erforderlichen Hochlageneigenschaften des Materials explizit berücksichtigt. Zur Quantifizierung von Zähigkeitsanforderungen wurden bruch- und schädigungsmechanische Methoden herangezogen. Zum einen besteht ein direkter Zusammenhang unter anderem mit der Beanspruchung in Form von

Der Stahlgütenachweis nach dem neuen Hochlagenmodell erfolgt derzeit auf Basis von Mittelwerten und ist demnach bislang charakteristischer Natur. Materialstreuungen und die damit einhergehenden Unwägbarkeiten der tatsächlich vorliegenden Zähigkeits- bzw. Dehnungsdargebote sollten in Zukunft in Anlehnung an das probabilistische Konzept des Eurocodes über die Berücksichtigung von Materialteilsicherheitsbeiwerten abgedeckt werden, z. B. nach Anhang D der DIN EN 1990 [21]. Entsprechende experimentelle Untersuchungen zur Ableitung von γM-Faktoren und die Verifizierung eines zugrunde gelegten Vertrauensniveaus

Tabelle 6.  Erforderliche KVUS-Werte für CNT-Bleche für d/W ~ 0,1, tmax = 100 mm Table 6.  Required KVUS-values for the CNT-geometry for d/W ~ 0,1, tmax = 100 mm d in mm

Lieferzustand

S235

S275

S355

S460

S690

S890

S960

25 (α = 0,118)

AR, N, TM

27

30

50

85

190

Q

55

190

255

270

30 (α = 0,115)

AR, N, TM

27

35

60

100

225

Q

95

210

275

295

35 (α = 0,113)

AR, N, TM

30

40

70

115

260

Q

120

230

290

310

40 (α = 0,112)

AR, N, TM

35

45

80

130

295

Q

135

245

305

325

Tabelle 7.  Erforderliche KVUS-Werte für die im Rahmen von [14] durchgeführten Rotationsversuche aus S355J2 Table 7.  Required KVUS-values for the beam-column-connections made of S355J2 tested in [14] R

RT_HEA_355_ns

RT_HEA_355_s

RT_IPE_355_ns

RT_IPE_355_s

2,0

75

80

75

55

3,0

90

90

95

75

4,0

110

100

120

95

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

35


B. Eichler/M. Feldmann · Ein hochlagenorientiertes und duktilitätsgesteuertes Stahlgütewahlkonzept

äußeren Lasten und weiterhin ist die direkte Korrelierbarkeit mit den in den Produktnormen ausgewiesenen Kerbschlagzähigkeiten gegeben. Zunächst war eine numerische Betrachtung in Form von FE-Simulationen notwendig, die anhand von Versuchen verifiziert werden konnten. Dabei spielt das zugrunde gelegte Materialgesetz zur Beschreibung des nichtlinearen Werkstoffverhaltens eine bedeutende Rolle. In dieser Hinsicht sind im monotonen Fall Referenzfließkurven aus der Auswertung umfangreicher Daten aus Zugversuchen entwickelt worden, auf deren Grundlage generalisierte Hochlagenanforderungen entweder als J-Integral oder als plastische Vergleichsdehnung abgeleitet wurden. Entscheidend für die Größenordnung der Hochlagenanforderungen ist ein mit der plastischen Bemessung verträgliches Beanspruchungsniveau, das hier dreistufig definiert wurde. Damit hängen die Anforderungen vom Anwendungsfall ab und werden vornehmlich von der Beanspruchungsart und der Bauteil- bzw. der Kerbgeo­ metrie beeinflusst. Die so bestimmten zähigkeits- und dehnungsbasierten Anforderungen lassen Rückschlüsse auf die er­forderliche Hochlagenzähigkeit des Werkstoffs zu. Konservativ wurde dabei als Versagenskriterium die duktile Rissinitiierung gewählt. Zur Überführung in ein anwendertaugliches Werkstoffgütewahlmodell sind geeignete Korrelationsbeziehungen mit den bruch- und den schädigungsmechanischen Anforderungsparameter und der Kerbschlagarbeit KVUS in der Hochlage entwickelt worden. Diese prinzipiell einfach zu bestimmende Größe kann direkt mit empirisch hergeleiteten generalisierten Schädigungskurven und mit der Initiierungszähigkeit Ji verknüpft werden. Weiter geht in das dargelegte Stahlsortenwahlmodell die zur Hochlagenkerbschlagarbeit korrespondierende Hochlagentemperatur TUS ein, die eine Verknüpfung mit den tieflagenorientierten Mindestwerten der in den Produktnormen ausgewiesenen Kerbschlagarbeiten ermöglicht. Dies konnte für Baustahl verifiziert werden. Literatur [1]  DIN EN 1993-1-10: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-10: Stahlsortenauswahl im Hinblick auf Bruchzähigkeit und Eigenschaften in Dickenrichtung. Dezember 2010. [2]  DIN EN 1993-1-1: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. Dezember 2010. [3]  SEP 1390: Aufschweißbiegeversuch. 2. Ausgabe, Juli 1996. [4]  Eichler, B.: Hochlagenorientierte Werkstoffgütewahl für die plastische Bemessung von Stahlbauteilen. Dissertation, Schriftenreihe Stahlbau – RWTH Aachen, Heft 79, 2015. [5]  Sedlacek, G. et al.: Commentary and Worked Examples to EN 1993-1-10 “Material Toughness and Through Thickness Properties” and other Toughness oriented Rules in EN 1993. JRC Scientific and Technical Report, EUR 23510, 2008. [6]  Considère, A.: Ann des Ponts & Chaussées 9., pp. 574–775, 1885. [7]  Bleck, W. et al.: Festlegung von Leistungsanforderungen an Stahl zur Korrelation der Ergebnisse des Aufschweißbiegever-

36

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

suchs mit Prüfverfahren nach europäisch harmonisierten Produktnormen. Bericht zum Forschungsvorhaben FE 15.0359/ 2001/CRB Aachen, 18. 11. 2003. [8]  Sedlacek, G. et al.: Ersatz des Aufschweißbiegeversuchs durch äquivalente Stahlgütewahl. Stahlbau 74 (2005), H. 7, S. 539–546. [9] DASt-Richtlinie 009: Stahlsortenauswahl für geschweißte Bauteile. Mai 2008. [10]  Sedlacek, G., Höhler, S., Kühn, B., Langenberg, P.: Bruchmechanische Methoden im Sicherheitssystem des Stahlbaus. Stahlbau 72 (2003), H. 9, S. 664–678. [11]  SINTAP: Structural Integrity Assessment Procedures for European Industry. 1999. [12]  Spangemacher, R.: Zum Rotationsnachweis von Stahlkonstruktionen, die nach dem Traglastverfahren berechnet werden. Schriftenreihe Stahlbau RWH-Aachen, Heft 20, Aachen, 1992. [13]  Parks, D. M.: The Virtual Crack Extension Method for Nonlinear Material Behavior. Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering 12 (1977). [14]  RFSR-CT-2005-0039: Modern Plastic Design for Steel Structures (PLASTO­TOUGH). EUR 24227, 2010. [15]  Johnson, G. R., Cook, W. H.: Fracture Characteristics of three Metals Subjected to various Strains, Strain Rates, Temperatures and Pressures. Engineering Fracture Mechanics, 21 (1985), No. 1, pp. 31–48. [16]  ASTM 1921-15: Test Method for Determination of Reference Temperature, T0, for Ferritic Steels in the Transition Range. Annual Book of ASTM Standards, Vol. 03.01, 2015. [17]  EricksonKirk, M., EricksonKirk, M.: The Relationship between the Transition and Upper-Shelf Fracture Toughness of Ferritic Steels. Fatigue and Fracture of Engineering Materials and Structures, 29 (2006), No. 9, pp. 672–684. [18]  Wallin, K.: The Master Curve Method: A new Concept for Brittle Fracture. International Journal of Materials and Product Technology, 14 (1999), No. 2/3/4, pp. 342–354. [19]  Neuber, H.: Über die Berücksichtigung der Spannungskonzentration bei Festigkeitsberechnungen. Konstruktion 20 (1968), (7), S. 245–251. [20]  Neuber, H.: Theory of Stress Concentration for ShearStrained Prismatic Bodies with Arbitrary Nonlinear StressStrain-Law. Journal of Applied Mechanics, 28 (1961), pp. 544– 550. [21]  DIN EN 1990: Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung. Dezember 2010. [22]  Feldmann, M., Schaffrath, S.: Duktilitäts- und Zähigkeitsanforderungen für hochfeste Stähle bei festigkeitsgesteuertem Versagen – Analyse des Grenztraglastverhaltens zur Ableitung von Duktilitäts- und Zähigkeitsanforderungen. Stahlbau 84 (2015), H. 9, S. 682–688. DOI: 10.1002/stab.201510308

Autoren dieses Beitrages: Dr.-Ing. Björn Eichler, bjoern.eichler@terex.com, Terex MHPS GmbH, Forststraße 16, 40597 Düsseldorf Prof. Dr.-Ing. Markus Feldmann, feldmann@stb.rwth-aachen.de, Institut für Stahlbau und Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau der RWTH Aachen, Mies-van-der-Rohe-Straße 1, 52074 Aachen


Fachthemen Helmut Saal Reinhold Gitter Andreas Fellhauer

DOI: 10.1002/stab.201610348

Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1 Sowohl die Bemessung von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1 [1] im Allgemeinen als auch die der Schweißverbindungen im Besonderen unterscheidet sich von der nach DIN 4113 in vielerlei Grundsätzen. Bestehende deutsche Regelungen und aus der Anwendung der EN 1999-1-1 deutlich gewordene Lücken erforderten, dass durch ergänzende, nicht widersprechende Angaben, die so genannten NCI-Regelungen, im Nationalen Anhang und seinen Änderungen Bemessungsregeln und Erläuterungen ergänzt wurden. Bei NCI-Regelungen ist zu beachten, dass diese nur für Tragwerke und tragende Bauteile angewendet werden dürfen, die im betreffenden Land – das heißt also hier in Deutschland – zum Einsatz kommen. Da der Umfang der zerstörungsfreien Prüfung der Schweißnähte gemäß DIN EN 1090-3 [5] vom Ausnutzungsgrad (Ausnutzungsklasse) und der Art des Bauwerks (Ausführungsklasse) abhängt und so indirekt die Beanspruchbarkeit bestimmt, werden nach der Behandlung der Bemessungsregeln für Schweißverbindungen abschließend die Regelungen der DIN EN 1090-3 zur Ausführung und Prüfung von Schweißnähten beschrieben, die auch der Tragwerksplaner kennen muss. Design of predominantly statically loaded welded connections of aluminium structures according to DIN EN 1999-1-1. The design of aluminium structures according to DIN EN 1999-1-1 is different with respect to many design principles of DIN 4113 in general as well as especially for welded connections. Non-contradicting existing German design rules and deficiencies (missing design provisions) which became obvious with the application of DIN EN 1999-1-1 in daily practice required and will require NCI-regulations with supplemental design rules and comments in the National Annex and its amendments. The regulations of DIN EN 1090-3 [5] for execution and testing of welds are discussed in connection with the design rules. This is important since the degree of nondestructive testing of welds according to DIN EN 1090-3 [5] depends on the utilization factor (utilization range) and the nature of structure (execution class). Thus it indirectly determines the design resistance which is needed by the designing engineer.

1 Einleitung Die Bemessung von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1 ([1], [2]) unterscheidet sich von der nach DIN 4113 ([3], [4]) dadurch, dass in [1] und [2]: – das Konzept der Teilsicherheitsbeiwerte statt dem der zulässigen Spannungen angewendet wird – die Regelungen sehr viel umfangreicher sind und

– eine größere Zahl an Legierungen und Zuständen umfasst wird Zudem unterscheidet sich die Bemessung der Schweißverbindungen im Wesentlichen dadurch, dass in [1] und [2]: – bei den Bemessungsformeln die Unterscheidung nach der Art der Bauteile und der Nahtanordnung zur Kraftrichtung entfällt; es bleibt nur die Unterscheidung nach Stumpf- und Kehlnähten – der Nachweis für die Wärmeeinflusszone (WEZ) bei der Kraftübertragung über den Nahtbereich gesondert zu führen ist – das Richtungsverfahren bei der Bemessung der Kehlnähte anzuwenden ist, bei dem als Beanspruchungsgröße ein Vergleichswert aus den Komponenten der auf die wirksame Nahtfläche bezogenen Normal- und Schubspannungen gebildet wird – sich bei ungleichschenkligen Kehlnähten eine größere wirksame Nahtdicke ergibt – die Größe der Wärmeeinflusszone und die Festigkeitswerte in dieser auch vom Schweißverfahren, der Art der Legierung und der Geometrie des Schweißnahtbereiches abhängen – der Umfang der zerstörungsfreien Prüfung der Schweißnähte gemäß DIN EN 1090-3 [5] vom Ausnutzungsgrad (Ausnutzungsklasse) und von der Art des Bauwerks (Ausführungsklasse) abhängt und so indirekt die Beanspruchbarkeit bestimmt Die folgenden Ausführungen gehen nicht auf die Regelungen im Nationalen Anhang ein. Dies geschieht in Abschnitt 4.

2 Nachweise nach DIN EN 1999-1-1 2.1 Allgemeines Die Bemessungsregeln in DIN EN 1999-1-1 gelten für MIGund WIG-Schweißnähte an Bauteilen aus Werkstoffen nach Tabelle 3.2a und Tabelle 3.2b von DIN EN 1999-1-1 mit den dort geregelten Bauteildicken sowie den in Tabelle 8.8 und hier in Tabelle 1 aufgeführten Kombinationen von Grundwerkstoff und Schweißzusatzwerkstoff. Spannungen, die nicht der Lastübertragung über die Schweißnaht dienen, zum Beispiel nahtparallele Normalspannungen oder Eigenspannungen, werden bei den Tragfähigkeitsnachweisen nicht berücksichtigt.

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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H. Saal/R. Gitter/A. Fellhauer · Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1

Tabelle 1. Charakteristische Werte der Festigkeit fw von Schweißnähten (Tabelle 8.8 von DIN EN 1999-1-1) Table 1. Characteristic strength values of weld metal fw (Table 8.8 of DIN EN 1999-1-1) Legierung1)

Schweißzusatzwerkstoff

3103

5052

5083

5454 5754 5049

6060 6063 3005 5005

6005A 61060

6061

6082 3004

7020

53562)

170

240

220

160

180

190

210

260

4043A 4047A 3103

95

150

160

170

190

210

1) 2) 3)

8011A

3)

Bei Kombinationen unterschiedlicher Legierungen muss der niedrigste Wert fw verwendet werden. Die Werte dieser Zeile gelten auch für die Schweißzusatzwerkstoffe 5056, 5356A, 5556A/5556B und 5183/5183A. Für die Schweißzusatzwerkstoffe Typ 4 und Typ 5 kann ein Wert von 100 N/mm2 verwendet werden.

Die Ermittlung der Spannungskomponenten, welche die Schweißnähte bei der Lastübertragung beanspruchen, wird in Abschnitt 4.3 behandelt, wobei der Schwerpunkt auf der Berücksichtigung eines nichtlinearen SpannungsDehnungsdiagramms liegt. Die dort als Sonderfall eingeschlossene elastische Spannungsermittlung bedarf keiner weiteren Erläuterung. In Bild 1 sind für eine Stumpfnaht und für eine Kehlnaht die beim Nachweis der Schweißverbindung zu berücksichtigenden Bruchflächen eingetragen. Dies sind für – die WEZ im Bauteil A der Schnitt 1 sowie bei der Kehlnaht auch der Schnitt 1' – die WEZ im Bauteil B der Schnitt 2 oder Schnitt 2' – die Schweißnaht der Schnitt 3 In DIN 4113-2 wurden für die Stumpfnähte und die Kehlnähte bei der Ermittlung der zulässigen Spannungen die Nachweise für die Schweißnaht (Schnitt 3) und für die WEZ im Anschluss an die Schweißnaht (Schnitte 1 und 2 bzw. 1') zusammengefasst. Dies steht einem unmittelbaren Vergleich der nach DIN 4113-2 zulässigen Spannungen mit den in DIN EN 1999-1-1 angegebenen Beanspruchbarkeiten der Schweißnähte im Wege. Wenn bei der WEZ und den Stumpfnähten alle Spannungskomponenten berücksichtigt werden, finden sich in DIN EN 1999-1-1 Bedingungen der Form (1) für den Nachweis nach dem richtungsbezogenen Verfahren bei Kehlnähten:

(

)

σ 2⊥ Ed + 3 τ 2⊥ Ed + τ2Ed ≤

fw

γ Mw

(1)

Dabei sind jedoch, wie im Folgenden erläutert wird, unterschiedliche Bezugsflächen für die Ermittlung der Spannun-

gen einzusetzen und bei dem Nachweis für die WEZ ist anstelle der in Tabelle 1 angegebenen charakteristischen Festigkeit fw der Schweißnaht der aus den Tabellen 3.2a und 3.2b von [1] zu entnehmende charakteristische Wert der Zugfestigkeit der WEZ fu,haz in Bedingung (1) einzusetzen. Der Teilsicherheitsbeiwert γMw ist in allen hier behandelten Fällen in Deutschland mit 1,25 einzusetzen.

2.2 Bemessung von Stumpfnähten Die wirksame Nahtdicke ist die kleinste Bauteildicke an der Verbindungsstelle. Zusätzlich ist der Nachweis in den Schnitten 1 und 2 für die WEZ zu führen. Dass in [4] das Produkt min (σzul t) als maßgebende Größe für den Nachweis zu verwenden ist, liegt daran, dass dort die Nachweise für die Schnitte 1 und 2 bereits in den Wert σzul für die Schweißnaht integriert worden sind. Die wirksame Länge Leff ist bei mit Auslaufblechen geschweißten Nähten oder Nähten mit geschlossenem Umlauf gleich der vorhandenen Nahtlänge L. Andernfalls ist Leff = L – 2t, wobei t die Bauteildicke ist. Der Abzug von 2t entspricht [4], jedoch ist die dortige Forderung, dass mindestens 8 mm abzuziehen sind, in [1] entfallen. In [1] werden als Spannungskomponenten bei Stumpfnähten (Bedingung Gl. (8.31)) nur eine Normalspannung σ⊥ und eine Schubspannung τ behandelt und durch die Vergleichsspannungs-Hypothese nach Mises-Huber-Henky erfasst. Es liegt nahe – auch in Anbetracht der Bedingung Gl. (8.33) in [1] für den Nachweis von Kehlnähten – dies um die Schubspannung rechtwinklig zur Schweißnahtachse τ⊥ zu erweitern, die beispielsweise bei Stumpfnähten in biegebeanspruchten Platten auftritt. Damit ergibt sich die Bedingung (1) auch für den Tragfähigkeitsnachweis von Stumpfnähten. Nicht durchgeschweißte Stumpfnähte sollen nur bei Sekundärbauteilen, das heißt bei Bauteilen, die nur Lasten weiterleiten und nicht zur Gesamttragwirkung beitragen, und bei unbelasteten Bauteilen verwendet werden.

2.3 Bemessung von Kehlnähten

Bild 1. Für den Nachweis der Schweißverbindung zu betrachtende Bruchflächen; a) Stumpfnaht, b) Kehlnaht Fig. 1. Fracture lines to be checked for the design of a welded joint; a) butt weld; b) fillet weld

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

Die wirksame Nahtdicke ist nach [1] die Höhe des größten in die Schweißnaht einschreibbaren Dreiecks (s. Bild 2). Im deutschen Regelwerk war es im Allgemeinen die Höhe aD des größten in die Schweißnaht einschreibbaren gleichschenkligen Dreiecks. Im Regelfall einer gleichschenkligen


H. Saal/R. Gitter/A. Fellhauer · Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1

veränderung – ist bei Nahtlängen größer als 100 × a die wirksame Nahtlänge zu ermitteln aus: Leff = (1,2 – 0,2 L/100a) L

Bild 2. Definition der Kehlnahtdicke Fig. 2. Throat thickness of a fillet weld: definition

Naht (vergleiche linke Seite von Bild 2) ergibt sich daraus kein Unterschied. Bei ungleichschenkligen Nähten ergeben sich jedoch mit der Definition nach [1], die ebenso in [6] verwendet wird, größere Nahtdicken. Wenn β der Winkel zwischen der Schweißnahtoberfläche und einem anschließenden Schenkel (Schweißlinie) und α der Öffnungswinkel zwischen den beiden Schweißnahtschenkeln (Schweißlinien) z1 und z2 ist (vgl. Bild 3a), gilt aE/aD = sin β/cos (α/2). Dieses Verhältnis aE/aD nimmt mit α zu und beträgt 1,26 bei einem Verhältnis z1/z2 = 2 bei einer rechtwinkligen Naht gemäß Bild 3b, d. h. mit einem Öffnungswinkel α = 90°, und 1,31 bei z1/z2 = 2 und α = 120°. Diese Zunahme erfordert einen wesentlich größeren Aufwand an Schweißgut (2-fache Schweißgutmenge bei diesem Beispiel). Dies kann aber z. B. dafür genutzt werden, dass Stirnkehlnähten (α = 90°) ein größerer Anteil der zu übertragenden Kraft zugewiesen werden kann, d. h. ein kürzerer Anschluss wäre möglich, besonders bei den niedrigerfesten AlMgSi-Legierungen kann meistens sogar die Tragfähigkeit des anzuschließenden Bauteils erreicht werden. Wenn der Winkel β größer als 90° wird (z. B. wenn α ≤ 60° und z1/ z2 ≥ 2 oder α ≤ 70,5° und z1/z2 ≥ 3), liegt die Strecke der Nahtdicke mit der Definition nach [1] im Grundwerkstoff. Das gibt keinen Sinn. Die in Rede stehende Definition soll den kürzesten von der Nahtwurzel ausgehenden Schnitt durch die Schweißnaht beschreiben. Das ist bei β ≥ 90° der anliegende Schweißnahtschenkel (Schweißlinie). Nähte, die kürzer sind als das Achtfache der Nahtdicke a, sollen nicht als tragende Nähte angesetzt werden. Wenn aufgrund der Verträglichkeit der Dehnungen der verbundenen Bauteile eine ungleichförmige Spannungsverteilung längs der Naht vorliegt – Flankenkehlnähte von Stabanschlüssen ohne geeignete Querschnitts-

Bild 3. Kehlnaht mit Definition der Abmessungen und Stirnnaht Fig. 3. Fillet weld (definition of dimensions) and edge fillet weld

(2)

Diese Abminderung nach Gl. (2) ist nicht erforderlich, wenn sich aus der Verträglichkeit der Dehnungen keine ungleichförmige Spannungsverteilung längs der Naht ergibt – Halskehlnähte bei Biegeträgern und Stirnkehlnähte. Eine dem Vorgehen bei den Stumpfnähten entsprechende Kürzung auf die effektive Nahtlänge bei fehlenden Auslaufblechen ist in [1] wie auch in [6] nicht erwähnt. Das in DIN EN 1999-1-1 angegebene Verfahren zum Nachweis der Schweißnähte entspricht dem in DIN EN 1993-1-8 [6] als richtungsbezogenes Verfahren beschriebenen Nachweis. Bei ihm werden die Spannungskomponenten ermittelt, die infolge der durch die Verbindung zu übertragenden Schnittgröße in der durch die Richtung und Länge von a in Bild 3 festgelegten Nahtfläche wirken. Dieses sind nach Bild 4: – die Normalspannung σ⊥ rechtwinklig zur Ebene der Nahtfläche – die Schubspannung τ⊥ (in der Ebene der Nahtfläche) rechtwinklig zur Schweißnahtachse – die Schubspannung τ (in der Ebene der Nahtfläche) parallel zur Schweißnahtachse Die Normalspannung σ parallel zur Schweißnahtachse überträgt keine Schnittgröße über die Verbindung und bleibt deshalb bei dem hier in Rede stehenden statischen Tragfähigkeitsnachweis außer Betracht. Der Bemessungswert der Beanspruchung einer Kehlnaht muss bei dem richtungsbezogenen Verfahren die Bedingung (1) erfüllen. In Abschnitt 8.6.3.3(10) von DIN EN 1999-1-1 werden Bedingungen zur Bestimmung der erforderlichen Nahtdicke a bei Doppelkehlnähten unter Zug sowie nahtparallelem Schub angegeben. Diese ergeben sich aus einer einfachen Gleichgewichtsbetrachtung und Einsetzen der Spannungskomponenten in die Bedingung (1). Dabei ist vorausgesetzt, dass es sich um gleichschenklige Nähte handelt. Die dort angegebene Bedingung Gl. (8.34) gilt auch für die Übertragung einer in der Anschlussebene rechtwinklig zur Naht wirkenden Kraft (Querkraft). Entsprechend lassen sich auch für andere Situationen der Einwir-

Bild 4. Spannungen σ⊥, τ⊥ und τ in der Nahtfläche einer Kehlnaht Fig. 4. Stresses σ⊥, τ⊥ und τ in the sectional area of a fillet weld

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

39


H. Saal/R. Gitter/A. Fellhauer · Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1

kungen, beispielsweise Biegemomente M anstelle der Kraft F in Bild 8.19 von [1] oder der Nahtgeometrie, beispielsweise andere Neigung der Nahtfläche, solche Bedingungen herleiten. Die eingangs beschriebene Definition der Kehlnahtdicke geht davon aus, dass die kürzeste Strecke auch die ungünstigste Strecke ist. Die Bedingung (1) hat aber zur Folge, dass dies nicht notwendigerweise zutrifft, das heißt bei Nahtflächen, die nicht mit der Höhe des Dreiecks zusammenfallen, ergeben sich größere Beanspruchungen. Am Beispiel der Stirnkehlnaht unter Zug rechtwinklig zur Stirnfläche (vgl. Bild 3b) ergibt sich, dass diese Abweichungen für β ≤ 45° nicht größer als 8 % sind, dass sie aber bei β > 45° bis auf 15 % bei den Verhältnissen z1/z2 = 2 (β = 63,4°) und z1/z2 = 3 (β = 71,6°) anwachsen. Eine Berücksichtigung dieser Abweichungen wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden und angesichts der Vorgaben der Norm nicht gerechtfertigt. Die Bedingung (1) hat zur Folge, dass die Tragfähigkeit bei der oben betrachteten Stirnkehlnaht (α = 90°) stärker als proportional zum Verhältnis aE/aD zunimmt. Bei dem Verhältnis z1/z2 = 2 ergibt sich mit aE/aD = 1,27 (aD = 0,707), β = 63,5°, σ⊥ = (σ/aE) · sin 63,5° = 1,0 · σ und τ⊥ = (σ/aE) · cos 63,5° = 0,498 · σ und damit σv = 1,32 · σ. Bei der gleichschenkligen Naht wäre aE/aD = 1 und σv = 2,0 · σ. Die Tragfähigkeitssteigerung durch die längere Schweißlinie parallel zur zu übertragenden Kraft betrüge demnach [(1/1,32 – 1/2,0)/(1/2,0)] 100 = 51 %.

Die Spannungen für den Nachweis mit Bedingung (1) sind für die in Bild 1 angegebenen Schnitte 1, 1', 2 und 2' zu ermitteln. Anstelle von fw ist der charakteristische Wert fu,haz der Zugfestigkeit der WEZ einzusetzen. Die Bedeutung dieses Nachweises in der Schmelzlinie wird deutlich, wenn man den Anschluss eines Bauteils A an ein Bauteil B gemäß Bild 1b mit einer rechtwinkligen, gleichschenkligen Kehlnaht der Dicke a betrachtet. Von den durch die Schweißverbindung zu übertragenden Kräften wird die in Bild 1b eingetragene Kraft mit F, die zu ihr rechtwinklige Kraft mit Q (in Bild 1b nach links als positiv definiert und bei entgegengesetzter Richtung in den Gln. (3) bis (6) mit negativem Vorzeichen einzusetzen) und die Kraft rechtwinklig zur Zeichenebene mit L bezeichnet. Es werden die Abkürzungen q = Q/F und l = L/F verwendet. Die Kräfte wirken zentrisch bezüglich der Kehlnahtdicke a sowie F und L bei der Doppelkehlnaht in der Symmetrieachse des Anschlusses und es wirken keine Momente. Dann ergibt sich für die Schweißnaht (Schnitt 3) mit Bedingung (1) der Ausnutzungsgrad zu

2 γ2 3 ⋅ ⋅ 1 + q + q 2 + ⋅ l2 a fw 2

η3

=

η1

2 3

(3)

fu,haz

fw

3 2 ⋅l 2

1 + q + q2 + 1+

η3

η2

=

2 3

fu,haz fw

1 + q + q2 +

q2

3 2 ⋅l 2

η1 = F ⋅ 40

32 a

γ2 fu,haz

⋅ 1+

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

q2 + l2 3

(4)

(6)

1 + + l2 3

Der Wurzelausdruck, der in dem Verhältnis η3/η1,2 mit q und l den Einfluss der Kräfte Q und L erfasst, wird hier wie im Folgenden als Mehrachsigkeitsfaktor M bezeichnet. Wird anstelle der einseitigen Kehlnaht bei sonst gleichen Vorgaben eine Doppelkehlnaht ausgeführt, so ergibt sich entsprechend

η3 = F ⋅

1

γ2

a 2 fw

3 2 ⋅l 2

⋅ 1 + q + q2 +

(7)

und

32 2a

γ2 fu,haz

⋅ 1+

q2 + l2 3

(8)

sowie

η3 η1

=

2 3

fu,haz fw

1 + q + q2 +

3 2 ⋅l 2

(9)

q2 1+ + l2 3

wiederum mit der Alternative (q2 + 1/3 + l2) für den Nenner des Mehrachsigkeitsfaktors M in Bezug auf die Schmelzlinie 2'. Mit Hilfe der Ausdrücke für η3/ηi lässt sich nach deren Berechnung recht einfach entscheiden, welches die kritische Zone der Verbindung ist: Bei η3/ηi > 1 (i = 1, 2) ist die Schweißnaht und bei η3/ηi < 1 die Schmelzlinie die kritischere, d. h. die nachzuweisende Zone. Dieser Nachweis kann dann mit Hilfe der Beziehungen für η3 oder η1,2 erfolgen. Um die Arbeit zu erleichtern, sind in Tabelle 2 die Werte für den vor dem Wurzelausdruck M stehenden, in allen Formeln gleichen Term

2 3

fu,haz fw

für alle Legierun-

gen/Zustände von DIN EN 1999-1-1 tabelliert, wobei für fu,haz die Zahlenwerte nach den Tabellen 3.2a und 3.2b von [1] zugrunde liegen. Die Werte

Für die Schmelzlinie wird wegen der in Bedingung (1) ungünstigeren Bewertung der Schubspannung der Schnitt 1' maßgebend mit dem Ausnutzungsgrad

(5)

q2 + l2 3

Für den in der Regel nicht maßgebenden Nachweis im Schnitt 2' (η2) ist der Nenner des Wurzelausdruckes durch (q2 + 1/3 + l2) zu ersetzen

η1 = F ⋅

2.4 Tragfähigkeitsnachweis für die Wärmeeinflusszone

η3 = F ⋅

Daraus ergibt sich

2 3

fu,haz fw

müssen dann

lediglich noch mit M multipliziert werden und, falls eine Abminderung gemäß Tabelle 4 erfolgt, ebenfalls mit dem Wert von A. Sind an den nachzuweisenden Schweißverbindungen unterschiedliche Werkstoffe beteiligt, so ist für fw der kleinere der Werte für die beiden Werkstoffe und für


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fu,haz der Wert des an die Schmelzlinie angrenzenden Werkstoffes in den Gln. (3) bis (9) einzusetzen. Dies ist in Tabelle 2 nicht erfasst. Bei dieser Betrachtung braucht ein hinsichtlich der Vermeidung zerstörungsfreier Prüfungen reduzierter Ausnutzungsgrad nicht beachtet zu werden, weil diese AbminTabelle 2. Beiwerte

2

3

fu,haz fw

der Gln (5), (6) und (9), ermit-

telt mit den Zahlenwerten fu,haz des Grundwerkstoffes nach den Tabellen 3.2a und 3.2b sowie den Festigkeiten fw der Schweißnaht nach Tabelle 8.8 von [1] Table 2. Coefficients

2 3

fu,haz fw

of equations (5), (6) and (9),

based on the numerical values fu,haz of the base material according to tables 3.2a and 3.2b of [1] and the strength fw of the weld according to table 8.8 of [1] Grundwerkstoff

Schweißzusatz

2 3

Blech und Band EN AW-

fu,haz fw in N/mm2 N/mm2 5356 4043A

fu,haz fw

Schweißzusatz 5356

4043A

3004

155

210

190

0,85

0,94

3005

115

160

150

0,83

0,89

3103

90

95

1,09

5005/5005A

100

160

150

0,72

0,77

5052

170

170

1,16

5049

190

220

1,00

5454

215

220

1,13

5754

190

220

1,00

5083 O/H111 50 < t ≤ 80

270

240

1,30

5083 sonst

275

240

1,32

6061 T4/T451

150

190

170

0,91

1,02

6061 sonst

175

190

170

1,06

1,19

6082 T4/T451

160

210

190

0,88

0,97

6082 sonst

185

210

190

1,02

1,12

7020

280

260

210

1,24

1,54

8011A

85

1001)

1001)

0,98

0,98

5083

270

240

1,30

5454

200

220

1,05

5754

180

220

0,95

6060 T5

80

160

150

0,58

0,62

6060 T6/T64

100

160

150

0,72

0,77

6060 T66

110

160

150

0,79

0,85

6061 T4

150

190

170

0,91

1,02

6061 T6

175

190

170

1,06

1,19

6063 T5

100

160

150

0,72

0,77

6063 T6

110

160

150

0,79

0,85

6063 T66

130

160

150

0,94

1,00

6005A

165

180

160

1,06

1,19

6106

160

180

160

1,03

1,16

6082 T4

160

210

190

0,88

0,97

6082 T5/T6

185

210

190

1,02

1,12

7020

280

260

210

1,24

1,54

Profile EN AW-

1)

Schweißzusatzwerkstoff Typ 4 oder Typ 5

derung ebenso wie für die Schweißnaht auch für die Schmelzlinie gilt. Der Ausnutzungsgrad von Schweißnaht oder Schmelzlinie ergibt sich dann für die Kehlnähte mit den voranstehenden Formeln und muss gegebenenfalls der Beschränkung hinsichtlich der Vermeidung zerstörungsfreier Prüfungen genügen. Für die Stumpfnaht bedarf es aufgrund der einfachen Lage der Schnittflächen 1, 2 und 3 zu den zu übertragenden Kräften keiner Erläuterung der diesbezüglichen Anwendung von Bedingung (1).

3 Qualitätssicherung nach DIN EN 1090-3 Falls in den Ausführungsunterlagen keine weitergehenden Anforderungen festgelegt wurden, sind bei der Ausführung von Aluminiumtragwerken und Tragwerkskomponenten bei den einzelnen Ausführungsklassen (EXC) in Bezug auf die Qualitätsanforderungen und die Qualitätsprüfungen die Regelungen von DIN EN 1090-3:2008-09 einzuhalten. Im normativen Anhang A sind dazu die vom Tragwerksplaner zu treffenden Festlegungen aufgeführt. Nach dem informativen, für Deutschland aber normativen Anhang L von [5] hängt der Umfang der zerstörungsfreien Prüfung der Schweißnähte ab von der: α) Beanspruchungskategorie SC1 oder SC2 β) Beanspruchungsart χ) Nahtart δ) Ausführungsklasse EXC1 bis EXC3 ε) Ausnutzungklasse UR (Ausnutzungsgrad U) – auch bezüglich der Schnitte 1' und 2' in Bild 1b zu bestimmen wobei noch die einzuhaltende Bewertungsgruppe nach DIN EN ISO 10042 [7] von der Ausnutzungsklasse abhängt. Diese fünf Parameter verknüpfen die Ausführung mit der Berechnung. Die zugehörige Dokumentation wird für die Parameter α, δ und ε in Abschnitt 12.4.3.1 von [5] hinsichtlich des Prüfumfanges gefordert und im informativen Anhang J „Anforderungen an Schweißnähte – Art der Darstellung auf Schweißplänen“ von [5] beschrieben. Die Parameter α bis ε sind aber zunächst durch die Tragwerksplanung gegeben. Deshalb kann der Tragwerksplaner nach den Tabellen L.1 und L.2 von [5] den dafür erforderlichen Umfang der zerstörungsfreien Prüfung bestimmen. Mit der Festlegung der Ausnutzungsklassen durch die Tabellen L.1 und L.2 sind mit Tabelle L.4 die Abnahmekriterien für die Schweißnähte bei vorwiegend ruhender Beanspruchung bestimmt. Aus diesen Tabellen ist die Bewertungsgruppe nach [7] zu entnehmen und mit den in [5] zusätzlich geforderten Bedingungen in der Konstruktionszeichnung zur Information für die Abnahmeprüfung anzugeben. Als Information für die Ausführung sollten dementsprechend in der Konstruktionszeichnung vom Tragwerksplaner – der Schweißzusatzwerkstoff und das Schweißverfahren sowie – der Umfang der zerstörungsfreien Prüfung (ZfP), die Bewertungsgruppe und die Beanspruchungskategorie angegeben werden. Da der Tragwerksplaner durch Modifikation der Materialabmessungen bzw. der Wanddicken den Ausnutzungsgrad mitbestimmen kann, hat er einen Einfluss auch auf

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

41


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den Prüfumfang. Bei Konstruktionen, bei denen das Material z. B. aus Gewichtsgründen extrem auszunutzen ist, muss er aber sehr detailliert die Zonen mit den verschiedenen Ausnutzungsklassen angeben, um so den Prüfumfang zu minimieren. Bei einer Serienfertigung – das ist in [5] nicht behandelt – kann dies erwogen werden, wobei jedoch auch der in [5] nicht geregelte Stichprobenumfang zu bedenken ist.

4 Ergänzende Regelungen im Nationalen Anhang zu DIN EN 1999-1-1 4.1 Vereinfachtes Verfahren für die Bemessung von Kehlnähten Das richtungsbezogene Verfahren ist kaum praktikabel, wenn der Winkel, den die beiden von der Oberfläche des Grundwerkstoffs gebildeten Seiten des in die Kehlnaht einschreibbaren Dreiecks miteinander bilden (Öffnungswinkel α, vgl. Bild 3a), längs der Kehlnaht veränderlich ist. Dieses Problem der Veränderlichkeit tritt stets auf, wenn a) die Achse des angeschlossenen Stabes gegen die Anschlussebene geneigt ist oder b) der Anschluss nicht in einer Ebene, sondern auf einer stetig gekrümmten Fläche (beispielsweise Rundhohlprofil oder Rundstab) liegt Wenn sowohl a) als auch b) zutreffen – was nicht ungewöhnlich ist – ist die Ermittlung der Lage der Schweißnahtfläche (graue Fläche in Bild 4) ein anspruchsvolles mathematisches Problem. Das vereinfachte Verfahren nach Abschnitt 4.5.3.3 von DIN EN 1993-1-8, das dem Vorgehen in DIN 4113-2 [4] entspricht, benötigt die Lage der Schweißnahtfläche nicht und ist deshalb auch bei den unter a) und b) beschriebenen Situationen ohne Schwierigkeit anwendbar, wie die langjährige Erfahrung in der Anwendung von [4] gezeigt hat. Deshalb wird in der Änderung A2 zum Nationalen Anhang von DIN EN 1999-1-1 [2] als Alternative zu dem richtungsbezogenen Verfahren ein „NCI zu 8.6.3.3(9) – Bemessung von Kehlnähten (Vereinfachtes Verfahren)“ angegeben (NCI – Non-contradictory complementary Information = ergänzende, nicht widersprechende Angaben). Danach darf die Tragfähigkeit einer Kehlnaht als ausreichend angenommen werden, wenn an jedem Punkt längs der Naht die Resultierende aller auf die wirksame Nahtdicke einwirkenden Kräfte je Längeneinheit folgende Bedingung erfüllt:

fvwd =

fw 3 ⋅ γ Mw

(12)

Dabei ist a die wirksame Nahtdicke und fw der charakteristische Wert der Festigkeit der Schweißnaht. Die in diesem Nachweisformat sich ergebenden Beanspruchbarkeiten sind im Vergleich zu den Beanspruchbarkeiten nach dem richtungsbezogenen Verfahren konservativ. Bei rein querbeanspruchten Kehlnähten, also bei der bruchtechnisch kritischsten Beanspruchung, liegt die Re— — serve sogar bei (√3 / √2 – 1) = 0,22, das heißt bei 22 %. Abweichend von den in Abschnitt 3 genannten Regelungen von DIN EN 1090-3 [5] darf, wenn die Bemessung der Kehlnähte nach dem soeben beschriebenen vereinfachten Verfahren nach NCI zu 8.6.3.3(9) erfolgt, auf eine zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) verzichtet werden, wenn die Bedingungen a) bis d) erfüllt sind: a) wirksame Nahtdicke a ≤ 6 mm und b) Dicke der verbundenen Bauteile an der Verbindungsstelle t ≤ 15 mm und c) Beanspruchungskategorie SC1 und d) Ausführungsklasse EXC1 oder EXC2 Da die Beanspruchbarkeiten bei dem vereinfachten Verfahren sehr vorsichtig angesetzt sind und aufgrund der Tatsache, dass nach DIN 4113-2 für Kehlnähte eine zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) nicht verlangt worden ist, ist eine ZfP bei den nach dem NCI in der Änderung A2 des Nationalen Anhangs zu Abschnitt 8.6.3.3(9) von DIN EN 1999-1-1 bemessenen Kehlnähten entbehrlich. Dies gilt allerdings nur unter den oben angeführten einschränkenden Bedingungen und ist ein NDP (Nationally Determined Parameter = national festgelegte Parameter) Festlegung zu 2.1.2(3) der Norm über die Änderung A2 zum Nationalen Anhang (s. [2]).

4.2 Bemessung mit nichtlinearem Spannungs-Dehnungsdiagramm

Diese Tragfähigkeit Fw,Rd der Schweißnaht je Längeneinheit ist unabhängig von der Orientierung der wirksamen Nahtfläche zur einwirkenden Kraft wie folgt zu ermitteln:

In Absatz 8.1.3(2) von [1] ist angegeben, dass die Bemessung von Anschlüssen in der Regel nach der linearen Elastizitätstheorie erfolgen soll und eine nichtlineare Theorie zulässig ist, wenn die Last-Verschiebungseigenschaften des Anschlusses berücksichtigt werden. Das betrifft die in Bedingung (1) zu verwendenden Spannungskomponenten sowie die in Bedingung (10) zu verwendenden Kräfte je Längeneinheit der Schweißnaht, welche die Schweißnähte bei der Lastübertragung beanspruchen. Das Last-Verschiebungsverhalten der Schweißnähte kann für ihre Bemessung vereinfacht durch eine Spannungs-Dehnungsbeziehung gemäß Bild 5 beschrieben werden. Der Verlauf der Spannungs-Dehnungsbeziehung hat bei Querschnitten, die auch eine Biegebeanspruchung erfahren, einen Einfluss auf die Tragfähigkeit. Im ungünstigsten Fall ist bei den Aluminiumlegierungen nach den Tabellen 3.2a und 3.2b von [1] das Verhältnis fo/fu ≥ 0,35. Für einen Rechteckquerschnitt der Höhe h und der Breite b wird die Grenznormalkraft bei reiner Normalkraftbeanspruchung

Fvw,Rd = fvwd · a

N01 = fu · h · b

Fw,Ed ≤ Fw,Rd

(10)

mit Fw,Ed Bemessungswert der auf die wirksame Nahtdicke einwirkenden Kräfte je Längeneinheit Fvw,Rd Bemessungswert der Tragfähigkeit der Schweißnaht je Längeneinheit (beim vereinfachten Verfahren!)

42

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

(11)

(13)


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für fo/fu = 0,50, so ergibt sich 0,783/1 + 0,325/1,25 = 1,043. Mit 1,3375 > 1,25 und 1,043 > 1 ist der Ansatz des in Bild 5 gestrichelt eingetragenen Spannungsverlaufes mit fo/fu = 0,5 und Verwendung von M01 als Grenzmoment bei linearer Interaktionsbedingung für den Rechteckquerschnitt für alle Aluminiumlegierungen nach den Tabellen 3.2a und 3.2b von [1] als ausreichender Nachweis ausgewiesen. Ergibt sich aus den garantierten Werkstoffkennwerten, dass man in der Beziehung (14) größere Werte als 0,5 für fo/fu einsetzen darf, so ist dies von Vorteil. Für andere Querschnitte können entsprechende Betrachtungen angestellt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Absatz 5.4.3(1) von [1] an Stellen, an denen in der Tragwerksberechnung ein Fließgelenk angesetzt wird, keine zugbeanspruchten Quernähte vorhanden sein dürfen.

Bild 5. Nichtlineare Spannungs-Dehnungsbeziehung für die Schweißnahtbemessung Fig. 5. Non-linear stress-strain-relationship for the design of a weld

4.3 Bemessung exzentrisch beanspruchter Kehlnähte ungestützter Bauteile unabhängig vom Spannungsverlauf nach Bild 5. Das Grenzbiegemoment bei reiner Biegebeanspruchung beträgt bei dem Verlauf, der durch die gestrichelte Linie angegeben ist,

 f  bh 2 M01 =  1 + 0,5 o  ⋅ fu ⋅ fu  6 

(14)

Bei dem aufgesetzten parabelförmigen Verlauf gemäß der ausgezogenen Linie ergibt sich dafür

 f f  bh 2 M02 =  1 + 0,5 o + d  ⋅ fu ⋅ und mit fd = (fu − fo ) / 4 fu fu  6 

 f  bh 2 M02 =  1,25 + 0,25 o  ⋅ fu ⋅ fu  6 

(15)

Für den realitätsnäheren parabelförmigen Verlauf mit fo/fu = 0,35 erhält man M02 = 1,3375 · fu · b · h2/6. Das ist größer als der Wert M01 = 1,25 · fu · b · h2/6, der sich bei linearem Verlauf mit fo/fu = 0,50 ergibt. Für die Grenznormalkraft gilt N01 = N02 = fu · b · h. Für den Nachweis bei allgemeiner Beanspruchung benötigt man eine Interaktionsbeziehung für die Beanspruchung durch Moment und Normalkraft. Setzt man eine lineare Interaktionsbeziehung der Form (N/N0) + (M/M0i) = 1 für den linearen Spannungsverlauf gemäß der gestrichelten Linie in Bild 5 an, so zeigt sich beim Rechteckquerschnitt, dass diese lineare Interaktionsbeziehung um 5 % auf der unsicheren Seite liegt, wenn der Spannungsverlauf über die Querschnittshöhe Bild 5 entspricht – das heißt, an einem Querschnittsrand liegt die Gleichmaßdehnung ε = εg vor und am anderen Querschnittsrand die Dehnung ε = fo/E, wobei τ ≈ 0. In allen anderen Fällen sind die Abweichungen geringer oder die lineare Interaktionsbeziehung liegt auf der sicheren Seite. Wird dieser geradlinige Spannungsverlauf durch den parabolischen Verlauf ersetzt, so ergibt sich für die Schnittgrößen bei fo/fu = 0,35 und den hier mit Index 1 bezeichneten Fall: N12 = 0,783 · fu · b · h und M12 = 0,325 · fu · b · h2/6. Setzt man diese Schnittgrößen in die lineare Interaktionsbedingung unter Verwendung von Gl. (14) ein und in dieser

Abschnitt 4.12 von DIN EN 1993-1-8 [6] geht darauf ein, wann die Beanspruchung durch Biegemomente um die Längsachse von Schweißnähten zu berücksichtigen ist, ohne anzugeben, wie dieser Nachweis zu erfolgen hat. Auch ist der dortige Hinweis auf die Ausnahme bei Hohlprofilen von sehr spezieller Natur. Da diese Situation in DIN EN 1999-1-1 bisher nicht behandelt wird, wird im Folgenden darauf eingegangen. Da die Biegebeanspruchung um die Längsachse der Schweißnaht infolge des geringen Widerstandsmomentes zu sehr großen Beanspruchungen führt, sollte sie tunlichst vermieden werden. Das Widerstandsmoment für diese Beanspruchung ist bezüglich der Mitte der Strecke a, die die Schweißnahtdicke bezeichnet, zu ermitteln. Dementsprechend ergibt sich die Exzentrizität e einer Kraft N gemäß Bild 6. Die Biegebeanspruchung um die Längsachse der Schweißnaht kann dadurch vermieden werden, dass an anderer Stelle eine Abstützung erfolgt, die das Biegemoment aufnimmt. Dies ist der Grund dafür, dass nach Absatz 4.12(3) von [6] der in Rede stehende Nachweis bei einer „Schweißgruppe am Umfang eines Hohlprofils“ entbehrlich ist. Es gibt jedoch noch viele andere Situationen mit gleicher Wirkung. Eine Stützung ist zum Beispiel auch dann vorhanden, wenn das Moment an der Schweißnahtwurzel Druck erzeugt: Dann stützen sich die Bauteile in der nichtverschweißten Fuge gegeneinander ab. In diesem Falle genügt es, die Tragfähigkeit der Schweißnaht für die

Bild 6. Exzentrizität e für die Ermittlung des Biegemomentes Fig. 6. Excentricity e to define the bending moment

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Normalkraft N + M/d auf Zug sowie die Querkraft Q auf Schub – ohne Biegebeanspruchung – und die Beanspruchung der Kontaktfläche für eine zentrische Beanspruchung durch die Druckkraft M/d nachzuweisen, wobei d der Abstand von der Mitte der Kontaktfläche zur Mitte der Nahtdicke a, und N, Q und M die Schnittgrößen bezüglich der Mitte der Nahtdicke sind. Der Nachweis für die infolge der Kontaktwirkung zentrisch beanspruchte Schweißnaht ergibt sich daraus, dass in den Gln. (23) und (25) der Klammerausdruck zu Null gesetzt wird und für die zentrisch beanspruchte Kontaktfläche ist als vorsichtige Näherung die Streckgrenzen fohaz,d der Wärmeeinflusszone anzusetzen. Im Folgenden handelt es sich bei den Biegemomenten M und den Kräften F, X (N), Y, Z (L) und R stets um auf die Längeneinheit der Schweißnaht bezogene Werte. Für das übertragbare Biegemoment Mwu,d um die Schweißnahtachse sowie die Normalkraft Nwu,d auf der wirksamen Kehlnahtfläche a gelten die mit (13) bis (15) angegebenen Formeln für N01 und M0i, wenn dort fu durch fwd, h durch a und b durch 1 ersetzt wird. Die entsprechende Beanspruchung auf der Schweißnaht ist die Normalspannung σ⊥. Der durch diese Spannung nutzbare Wert der Beanspruchbarkeit der Schweißnaht wird durch die vorhandenen beiden anderen Spannungskomponenten τ⊥Ed und τ Ed vermindert. Für das richtungsbezogene Verfahren ergibt sich der entsprechende Abminderungsfaktor aus Bedingung Gl. (8.33) von [1] zu 2 2   τEd    τ ⊥ Ed  w f = 1 – 3     +  fwd    fwd    

(16)

Wenn man beim vereinfachten Verfahren nach Abschnitt 4.2 die auf die Naht einwirkende resultierende Kraft je Längeneinheit Fw,Ed in drei zueinander rechtwinklige Komponenten X, Y und Z zerlegt, so ergibt sich mit Gln. (11) und (12) für den Faktor, der angibt, welcher Anteil der Beanspruchbarkeit der Schweißnaht durch die Komponente X genutzt werden kann: 2 2   Z   Y   w = 1 − 3   +   Fvw,Rd   F   vw,Rd  

(17)

2

w vf

44

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

R < wvf · a · fvwd

(19)

Wirkt nur ein Biegemoment Mw,Ed um die Schweißnahtachse, so ergibt sich für die Beanspruchbarkeit mit dem parabelförmigen Verlauf gemäß Bild 5 mit Gl. (15) für das richtungsbezogene Verfahren

 f  a2 M wu,Rd = 1,25 + 0,25 wo  ⋅ fwd fw  6 

(20)

wobei zur Ermittlung des Wertes fwo der Schweißnaht als vorsichtige Näherung das Verhältnis fwo/fw = 0,35 angesetzt werden kann und MwEd ≤ Mwu,Rd

(21)

einzuhalten ist. Wirkt außer MwEd auch eine Kraft in der Querschnittsebene der Schweißnaht, so ist die Interaktion von Kraft und Biegemoment zu berücksichtigen und man erhält gemäß Abschnitt 4.3 mit einer linearen Interaktionsbeziehung eine Näherung, die auch mit dem linearen Verlauf gemäß Bild 5 und dem Verhältnis fwo/fw = 0,5 zur Ermittlung des Wertes fwo der Schweißnaht noch auf der sicheren Seite liegt. Beim richtungsbezogenen Verfahren ist mit

 f  a2 M wu,Rd = 1 + 0,5 wo  ⋅ fwd ⋅ und N wu,Rd = fwd · a (22) fw  6  die Bedingung

M wu,Ed M wu,Rd

 N wu,Ed   ≤ w f 1 − w f ⋅ N wu,Rd   

(23)

mit dem einwirkenden Biegemoment MEd und der zur wirksamen Kehlnahtfläche rechtwinkligen Kraft NwEd einzuhalten. Bei dem vereinfachten Verfahren ist mit

 f  a2 M wu,Rd = 1 + 0,5 wo  ⋅ fvwd ⋅ und N wu,Rd = fvwd ⋅ a (24) fw  6  die Bedingung

Die Wahl von X, Y und Z ist willkürlich, und diese Größen können vertauscht werden. Legt man Z in die Schweißnahtachse, so sind X und Y die Komponenten im Schweißnahtquerschnitt. Die geringste Beanspruchbarkeit ergibt sich, wenn die auf die Naht einwirkende resultierenden Kraft je Längeneinheit Fw,Ed in die längs der Schweißnahtachse wirkende Komponente LEd und die im Schweißnahtquerschnitt wirkende Komponente REd zerlegt wird. Der zugehörige Abminderungsfaktor ist

 L  = 1 − 3  Ed  .  Fvw,Rd 

Daraus folgt der Nachweis mit

(18)

M wu,Ed M wu,Rd

 R wu,Ed   ≤ w vf 1 − w vf ⋅ N wu,Rd   

(25)

mit dem einwirkenden Biegemoment MEd und der im Schweißnahtquerschnitt wirkenden Komponente RwEd der einwirkenden Kraft FwEd einzuhalten. Die ausreichende Festigkeit der Verbindung muss – wie auch sonst üblich – auch für das Grundmaterial der verbundenen Teile im Anschluss (WEZ) nachgewiesen werden. Das kann sowohl nach dem richtungsbezogenen als auch nach dem vereinfachten Verfahren geschehen, wobei auch hier für die Abtragung des Biegemoments über die Schweißlinie eine Spannungsverteilung angesetzt wer-


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den darf, die sich mit dem Grenzzustand der Tragfähigkeit einstellt. Dabei können die Beziehungen (16) bis (25) genutzt _ werden, wobei fwd durch fu,haz,d oder fvwd durch fu,haz/√3 zu ersetzen ist und für den Quotienten fwo/fw anstelle des vorsichtigen Wertes 0,5 der Quotient fohaz/fu,haz der entsprechenden Werte der WEZ des Grundwerkstoffes (s. Tabellen 3.2.a und 3.2.b von [1]) eingesetzt werden darf. Das Biegemoment MEd infolge einer exzentrischen Kraft ergibt sich aus deren Abstand zum Mittelpunkt der jeweiligen Schweißlinien z1 und z2. Für den häufigen Fall eines einseitigen, rechtwinkligen (Öffnungswinkel 90°) Anschlusses mit einer gleichschenkligen Kehlnaht unter ausschließlicher Beanspruchung durch eine Normalkraft N rechtwinklig zur Anschlussebene erübrigt sich der Nachweis für die WEZ, wenn – der Nachweis für die Schweißnaht nach dem vereinfachten Verfahren erbracht wurde – fu,haz ≥ 0,7 fw ist und – die Schweißnahtdicke a kleiner ist als die Dicke t des angeschlossenen Teils

4.4 Bemessung von Wölbnähten Bei Aluminiumschweißungen ist oft die Schweißnaht der schwächste Punkt einer Schweißverbindung, weil sie den angreifenden Kräften einen geringeren Widerstand bietet als die benachbarte WEZ. Bevorzugt wird aber vom Konstrukteur ein potentielles Versagen einer Verbindung durch Bruch in der WEZ, was dadurch erreicht werden kann, dass die Naht – das gilt insbesondere für Kehlnähte – entsprechend dicker ausgeführt wird. Dies ist aber dann nicht möglich, wenn die eine Schweißflanke von der Dicke t des anzuschweißenden Bauteils gebildet wird, wie z. B. beim Verschweißen von flachem Material auf ein Untermaterial, weil die Dicke t des Bauteils die mögliche Schweißnahtdicke wesentlich bestimmt (vgl. Bild 7). Ein Material mit der Dicke t kann daher nach EN 1999-1-1 über Kehlnähte – nur mit dem rechnerischen a-Maß t/√2 = 0,707 · t wirtschaftlich und konstruktiv sinnvoll angeschlossen werden, denn die Anordnung von ungleichschenkligen Flankenkehlnähten ist hier nicht sehr effizient. Eine größere Anschlusslänge ist meist aus konstruktiven Gründen nicht möglich und ändert vor allem nicht die Lage der potentiellen Bruchfuge. Um diese gravierenden Nachteile zumindest zum Teil kompensieren zu können, war in DIN 4113-2 [4] in der Fußnote a zur dortigen Tabelle 3 und Abschnitt 6.3.4 gere-

Bild 8. Überhöhte Kehlnaht (Wölbnaht) Fig. 8. Convex fillet weld

gelt, dass bei Flankenkehlnähten, die ausschließlich durch Schubkräfte parallel zur Nahtrichtung beansprucht werden, der erhöhte Tragwiderstand von überhöhten Kehlnähten (Wölbnähten) bei der Bemessung berücksichtigt werden darf. In den entsprechenden Bemessungsformeln darf dann a durch a + w ersetzt werden. Das in Bild 8 dargestellte Maß w ist in den Ausführungsunterlagen anzugeben. Es darf bei dieser Ausführung und Bemessung rechnerisch mit maximal 0,43 · a berücksichtigt werden. Bei Kehlnähten mit planmäßigem Einbrand wird die Nahtdicke zusätzlich um das Einbrandmaß apen vergrößert. Der Wert 0,43 ergibt sich aus dem Ansatz eines Viertelkreises für die Überhöhung. Damit wird w = (t – a) = a√2 – a ≈ 0,43 a.

4.5 Die Wärmeeinflusszone In DIN 4113-2 war die Breite der Wärmeeinflusszone (WEZ, engl. haz) sehr einfach geregelt, indem sie generell für alle Legierungen, Wanddicken, Schweißverfahren, Konstruktionsdetails und Wärmeführungen ein einheitliches Breitenmaß von 30 mm für die WEZ ansetzte, das sich ausgehend von Schweißnahtmitte bzw. Wurzelpunkt nach allen Richtungen erstreckte. Die im Abschnitt 6.1.6.3 von DIN EN 1999-1-1 zur Breite der Wärmeeinflusszone WEZ getroffenen, nicht ganz widerspruchsfreien Regelungen sind sehr viel spezieller und komplexer, wie die folgende Zusammenstellung zeigt: Außer den Festlegungen in Tabelle 3 ist zu beachten: a) Wenn der Randabstand zur freien Kante eines außenliegenden Teilfeldes kleiner als 3 · bhaz ist, ist die WEZ für das gesamte Teilfeld anzusetzen. b) Für Zwischenlagentemperaturen 60 °C < T1 ≤ 120 °C ist für die Legierungen der Serien 6xxx sowie 3xxx und 5xxx im kaltverfestigten Zustand bhaz durch bhaz · [1 + (T1 – 60)/120] und für die Legierungen der Serie 7xxx bhaz durch bhaz · [1 + 1,5(T1 – 60)/120] zu ersetzen,

Bild 7. Anschluss von Flachmaterial mit Flankenkehlnähten Fig. 7. Joining a flat bar by a side lap weld

wobei weniger auf der sicheren Seite (als diese Vergrößerungen) liegende Werte durch Härteprüfungen ermittelt werden dürfen.

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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Tabelle 3. Basisbreiten bhaz gemäß Abschnitt 6.1.6.3 und Bild 6.6 von [1] (vgl. hier Bild 9) Table 3. Basic values for the extent of bhaz according to section 6.1.6.3 and Fig. 6.6 of [1] (see Fig. 9 below) Werkstoffe nach Tab. 3.2 Nahtgeometrie

Legierungen der Serien 6xxx und 7xxx sowie 3xxx und 5xxx im kaltverfestigten Zustand ebene Stumpfnähte (n = 2) oder Kehlnähte an T-Verbindungen (n = 3), wobei n die Anzahl der Wege der Wärmeableitung bezeichnet2)

Schweißverfahren Werkstoffdicke t1) Basisbreite bhaz 1)

2) 3)

MIG-Schweißung ohne Vorwärmung mit Zwischenlagentemperatur T1 ≤ 60 °C t ≤ 6 mm

6 mm < t ≤ 12 mm

12 mm < t ≤ 25 mm

25 mm < t

t ≤ 6 mm

20 mm

30 mm

35 mm3)

40 mm3)

30 mm

Bei Verbindungen von Bauteilen mit unterschiedlicher Dicke, ergibt sich mit der Annahme des Mittelwerts der Dicken t eine vorsichtige Lösung, wenn dieser Mittelwert nicht größer ist als das 1,5 Fache der kleinsten Dicke. Bei größeren Dickenunterschieden sollte bhaz durch Härteprüfungen ermittelt werden. Bei Kehlnähten, die n ≠ 3 Teile verbinden, deren freie Enden mindestens 3 × bhaz von der Kehlnaht entfernt sind (wirksame Wege der Wärmeableitung), ist bhaz durch bhaz × (3/n) zu ersetzen Diese Werte gelten nur, wenn durch eine strikte Qualitätskontrolle T1 ≤ 60 °C sichergestellt wird.

Aus den voranstehenden numerischen Festlegungen von DIN EN 1999-1-1 ergeben sich bei der Bemessung oft Probleme für den planenden Ingenieur, weil Konstruktionsdetails wie Werkstoffdicke und die Längen freier Schenkel erst aus der Bemessung heraus folgen und ihm die Wärmeführung nicht bekannt ist, so dass er bei der Planung bereits einen Schweißer mit Fachkenntnissen gemäß Anhang C von DIN EN ISO 9606-2 [13] oder eine Schweißaufsichtsperson zu Rate ziehen muss. Bei der Regelung in Abschnitt 6.1.6.3(7), wonach anzunehmen ist, dass im Fall eines Randabstandes kleiner als 3 · bhaz zur freien Kante eines außenliegenden Teilfeldes die gesamte Breite des abstehenden Materials als wärmebeeinflusst betrachtet werden muss, ist unklar, ob dies für die Basisbreiten bhaz nach der Tabelle oder in Verbindung mit den entsprechend der Fußnoten und ergänzenden Bestimmungen vergrößerten Werte gilt. Diese in der Mehrzahl der Fälle sehr ungünstigen Annahmen bedeuten, dass für Konstruktionen, die nach

Bild 9. Ausdehnung der Wärmeeinflusszone (WEZ) gemäß Bild 6.6 von DIN EN 1999-1-1 a) Wenn der Abstand weniger als 3 × bhaz beträgt, ist anzunehmen, dass sich die WEZ über die volle Breite der Teilfläche ausdehnt, s. 6.1.6.3(7) von [1] Fig. 9. Extension of the heat affected zone (HAZ) acc. to fig. 6.6 of DIN EN 1999-1-1 a) If the distance to the free edge is less than 3 × bhaz assume that the HAZ extends to the full width of the outstand, see 6.1.6.3(7) [1]

46

WIG-Schweißung

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

DIN 4113-2 bemessen wurden, bei gleichen Einwirkungen der Tragfähigkeitsnachweis oft nur noch mit zusätzlichen Verstärkungen – sofern diese möglich sind – erbracht werden kann. Die Festlegungen in DIN EN 1999-1-1 zeigen andererseits, dass hier keine allgemein anzuwendenden Werte vorliegen. Das ist dadurch begründet, dass die Ausdehnung der WEZ sowohl durch den Wärmeeintrag (Streckenergie) als auch durch die Wärmeableitung, wie z. B. durch die Auflagerung des Bauteils oder eine dreidimensionale Ableitung, bestimmt wird. Untersuchungen zeigen, dass die Breite der WEZ neben der Wärmezufuhr in noch höherem Maße von den Bedingungen der Wärmeabfuhr abhängt, d. h. bei guter Wärmeableitung ergeben sich geringere Breiten für die WEZ, bei schlechter Wärmeabfuhr sind die Werte größer. Die Norm berücksichtigt somit weder den möglichen verstärkten Wärmeabfluss in Längsrichtung oder durch angeschweißte sehr breite Bauteile noch den möglicherweise noch ausgeprägteren über Schweißunterlagen. In Abschnitt 6.1.6.3(8) von [1] wird unter a) und b) ein Ausweg aus dieser Problematik aufgezeigt, indem vorgeschlagen wird, die Breite der WEZ durch Härtemessungen zu bestimmen und so einzuschränken. Da dort kein Weg angegeben ist, wie dies zu bewerkstelligen sein soll, wird im deutschen NA über eine NCI [2] folgendes festgelegt: Es muss für diesen Zweck die Härte des vorhandenen Materials im nicht wärmebeeinflussten Zustand durch aktuelle Messung bekannt sein. Im Bereich der Schweißnaht wird dann die Härte an verschiedenen Stellen (z. B. Anfang und Ende der Schweißung) gemessen und damit an wesentlichen Stellen ein Härteprofil quer zur Schweißnaht erstellt. Es wird nun jene Stelle neben der Schweißnaht bestimmt, bei der die Härte noch nicht eindeutig, das heißt unter einen Grenzwert von 90 % der zuvor festgestellten Basishärte abgesunken ist (vgl. Bild 10). Von diesem Punkt aus bis zur Schweißnaht wird vereinfacht angenommen, dass ab hier eine Erweichung auf ein Festigkeitsniveau erfolgt ist, dessen charakteristische Werte in der Norm festgelegt worden sind. Werden bei solchen Messungen im Grundmaterial Härtewerte festgestellt, die größer sind als beim nicht verschweißten Grundmaterial, so darf das nicht unbedingt verwundern: Je nach Zustand des vorliegenden Materials


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Bild 10. Prinzipskizze zur Festlegung der Breiten der Wärmeeinflusszone b'haz aufgrund von Härtemessungen Fig. 10. Schematic diagram to define the extend of the HAZ b'haz on basis of hardness testing

kann eingebrachte Schweißwärme örtlich eine weitere Warmaushärtung, d. h. Festigkeitserhöhung bewirken. Die Möglichkeit, im Einzelfall die Breite der WEZ festzulegen, ist vor allem bei Serienprodukten von Vorteil, bei denen zudem ein Aufschneiden von zu untersuchenden Bauteilpartien ohne Probleme und größere Kosten möglich ist. Sie bietet sich auch an für Tragfähigkeitsnachweise für bereits gefertigte Konstruktionen, die mit den Ansätzen von 20 mm oder 30 mm nicht erbracht werden können. Wegen der geringen Korrelation von Streckgrenze und Härte (eine direkte Proportionalität besteht nur in Verbindung mit einem großen Streuband), kann aus den gemessenen Härtewerten nicht ausreichend genau auf die Streckgrenzenwerte in der WEZ geschlossen werden, sodass bei den Abminderungsbeiwerten ρo,haz lokale Veränderlichkeiten ebenso wie deren Werte für nicht in der Norm aufgeführte Legierungen und Zustände nur mittels anderer Prüfmethoden bestimmt werden können (s. Anmerkung zu 6.1.6.2 in DIN EN 1999-1-1). Geräte zur zuverlässigen Härtemessung sind entweder stationär oder nicht sehr handlich und aufgrund der Messkopfabmessung kann man bei Messungen an der Oberfläche eines unversehrten Bauteils nicht so nahe an der Schweißnaht messen, wie man sich dies wünschte. Bei solchen unversehrten Bauteilen misst man auf der Oberfläche, von der aus die Schweißung erfolgt ist. Ist ein Aufschneiden des Konstruktionsteils möglich, dann besteht das Problem der Zugänglichkeit nicht und die Messung

wird dann auf der Mittellinie des Querschnittes der verbundenen Teile durchgeführt. Um das Verfahren der Bestimmung der Größe der WEZ durch Härtemessungen zu qualifizieren, so dass der ermittelte Wert der Breite der WEZ für die Bemessung verwendet werden kann, müssen neben den üblichen Angaben der Schweißparameter auch die genauen geometrischen Verhältnisse des Werkstücks, seine Auflagerung beim Schweißen und sonstige Bedingungen, die sich auf den Wärmefluss auswirken können, dokumentiert werden. Die Härtemessungen und die Festlegung der Breite der WEZ sind in einem getrennten Bericht nachvollziehbar zu dokumentieren, der von einer anerkannten Stelle zu überprüfen und zu bestätigen ist. Die mit der WEZ einhergehenden Minderungen in Bezug auf Zugfestigkeit und anzusetzende Streckgrenze ρu,haz und ρo,haz sind in den Tabellen 3.2a bis 3.2c von [1] explizit ausgewiesen und basieren auf den unmittelbar daneben stehenden absoluten Festigkeitswerten für die WEZ. Diese Werte gelten aber nur mit den in Fußnote 2 bzw. 4 aufgeführten Einschränkungen, welche nicht ganz einfach zu verstehen sind. Da für die Festlegungen der Festigkeitswerte der WEZ bezüglich der Materialdicke nur beschränkt Daten zur Verfügung standen, wurden für die ρ-Werte quasi zusätzliche Abminderungsbeiwerte festgelegt, die als sehr vorsichtige Abschätzungen betrachtet werden müssen. Die Aufstellung in Tabelle 4 gibt einen Überblick über die Dickenbereiche, für die die ρ-Werte gelten, und die außerhalb dieser Bereiche anzusetzenden zusätzlichen Abminderungsbeiwerte A. Die Fußnoten 2 bzw. 4 unterscheiden bei diesen zusätzlichen Abminderungen nicht zwischen Abminderungsbeiwerten für Festigkeit und Streckgrenze. So bleibt dort unberücksichtigt, dass bei den kaltverfestigten 3xxx- und 5xxx-Legierungen für fu,haz keine Abminderung für die Dicke t zu berücksichtigen ist, weil bei ihnen der Wert fu,haz identisch ist mit dem des Zustands O, das heißt dem Zustand „weich“, der nicht unterschritten werden kann. Dieser Fehler ist in der Tabelle 4 berichtigt. Die fo,haz-Werte bei den kaltverfestigten 3xxx- und 5xxx-Legierungen sind in den Tabellen 3.2a und 3.2b um den Faktor 1,25 größer als die fo,haz-Werte des Zustandes weich. Mit dieser Vergrößerung wollte man eine gleiche Grundlage wie bei den aushärtbaren Legierungen schaffen. Bei diesen wurden die fo,haz-Werte aus Querzugversuchen über die Schweißnaht bestimmt mit einer Messlänge von 100 mm, so dass sich

Tabelle 4. Zusätzliche Abminderungsbeiwerte A für die ρ-Werte der Tabellen 3.2a bis 3.2c in Abhängigkeit von der Materialdicke, von der Werkstofffamilie und vom Schweißverfahren Table 4. Additional reduction coefficients A for the ρ-values in tables 3.2a to 3.2c of [1] depending on material thickness, type of alloy and welding process MIG, WIG

MIG

WIG

aushärtbar

kaltverfestigt

aushärtbar

kaltverfestigt

Legierung

3xxx, 5xxx „weich“

6xxx, 7xxx

3xxx, 5xxx,

6xxx, 7xxx

3xxx, 5xxx,

Zustand

O, H111, H112, F

alle anderen

alle anderen

alle anderen

alle anderen

0,8

1

0,64

0,9 für fo,haz 1 für fu, haz

t≤ 6

1

1

1

6 < t ≤ 15

1

1

1

T > 15

1

0,8

0,9 für fo,haz 1 für fu,haz

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aufgrund der Veränderlichkeit von fo über die WEZ nicht der kleinste Wert fo sondern ein größerer Wert ergab. (Bei fu.haz wird naturgemäß der kleinste Wert maßgebend.) Dieser experimentellen Ermittlung entspricht der Faktor 1,25, der aufgrund von Erfahrung für alle nichtaushärtbaren Legierungen bei deren kaltverfestigten Zuständen als begründbare Konvention gleich groß angesetzt worden ist. Aufgrund dieses pauschalen Ansatzes scheint die aus Tabelle 4 zu entnehmende Abminderung für größere Wanddicken mit einem Faktor 0,9 nicht gerechtfertigt. Wenn die derzeit aufgeführten oder abzuleitenden Werte in den Tabellen 3.2a bis 3.2c (aushärtbare Werkstoffe, oder größere Materialdicken) durch besser fundierte Werte ersetzt werden sollen, sind mit Proben nach DIN EN ISO 4136 [8] und DIN EN ISO 6892-1 [9], die unter Beachtung der Tatsache, dass die Schweiß- und Vorwärmbedingungen einen Einfluss auf die Ausdehnung der WEZ haben (s. DIN EN 1999-1-1, Abschnitt 6.1.6.3) hergestellt wurden, die Werte fo,haz und fu,haz zu ermitteln. Die Vorwärm- und Zwischenlagentemperaturen sind zu messen, zu protokollieren und später beim Schweißen auch einzuhalten. Die Grenzwerte nach DIN EN 1011-4 [10] dürfen in keinem Fall überschritten werden. Da es sich bei fo,haz – wie zuvor erläutert – um eine von der Messlänge abhängige technologische Größe handelt, ist für die in [8] nicht definierte Messlänge die Messlänge von 100 mm entsprechend der Ermittlung der Werte fo,haz in den Tabellen 3.2a und 3.2b zu verwenden. Die zuvor in Ergänzung zur Tabelle 3 aufgeführte Regelung von DIN EN 1999-1-1, wonach bei Randabständen zur freien Kante eines außenliegenden Teilfeldes kleiner als 3 · bhaz die WEZ für das gesamte Teilfeld anzusetzen ist, führt bei klein strukturierten Querschnitten, wie sie beispielsweise im Gerüstbau auftreten, zu einer erheblichen Verschärfung gegenüber den Regelungen von DIN 4113-2. Das gilt umso mehr, wenn bei Hohlquerschnitten, z. B. Rohren, aus Symmetriegründen der halbe Umfang als Abstand zur freien Kante angesehen wird. Aus diesem Grunde wurde der in Bild 11 dargestellte Versuchskörper untersucht, bei dem eine 5 mm dicke Lasche (Pos. 1) mit von

Bild 12. Schnitt 2 gemäß Bild 11 mit Eindrückungen der Härtemessung Fig. 12. Section 2 in Fig. 11 with hardness test dimples

30 mm am schmalen Ende und 130 mm am breiten Ende veränderlicher Breite mit einer einseitigen Kehlnaht an ein Rohr (Pos. 2) angeschlossen wurde. Auf der der Schweißnaht gegenüberliegenden Seite waren im Abstand von 200 mm Heftnähte ausgeführt. Damit möglichst wenig Wärme abgeleitet wird, wurde der Versuchskörper am einen Ende auf einen nichtmetallischen Dorn aufgesteckt und am anderen Ende auf einem Holzklotz gelagert. Die Schweißung erfolgte als MIG-Schweißung. Die Härtemessungen erfolgten in den Schnitten 0 (Breite = 35 mm), 1 (Breite = 40 mm), 2 (Breite = 60 mm) und 3 (Breite = 80 mm). Der halbe Rohrumfang beträgt 59,6 mm. Diese Abmessungen sind im Vergleich zu den Anmerkungen zu Tabelle 2 mit Ziffer a) zu betrachtenden 3 · 20 = 60 mm zu sehen. In Bild 12 ist für den Schnitt 2 der Schliff mit den Punkten der Härtemessungen zu sehen. In Bild 13 sind die in den vier Schnitten gemessenen HV10-Werte über den Abständen zur Schweißnaht aufgetragen. Die Härteverläufe sind im Rahmen der üblichen Versuchsstreuungen praktisch identisch. Das verdeutlicht, dass das Kriterium a) zu scharf gefasst ist und auch bei Randabständen kleiner als 3 · 20 = 60 mm nicht ohne weiteres ein Randeinfluss vorhanden sein muss.

Bild 11. Versuchskörper aus einem Rohr ∅ 38,0 mm × 5,0 mm aus EN AW-6082 T5 (Rp0,2 = 262 N/mm2, Rm = 298 N/mm2) und einem Blech aus EN AW-6082 T6 (Rp0,2 = 318 N/mm2, Rm = 362 N/mm2) mit t = 5 mm Fig. 11. Test specimen consisting of a conical 5 mm sheet (EN AW-6082 T6: Rp0,2 = 318 N/mm2, Rm = 362 N/mm2) welded to a tube ∅ 38,0 × 5,0 mm (EN AW-6082 T5: Rp0,2 = 262 N/mm2, Rm = 298 N/mm2)

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Bild 13. Verlauf der HV10-Werte über den Abstand von der Schweißnaht für die Schnitte 0 bis 3 nach Bild 12 Fig. 13. Distribution of the HV10 hardness values in function of the distance to the weld for sections 0 to3 in Fig. 12

Im vorliegenden Falle können die auf den Niveaus festgestellten Härtewerte als die Werte des unbeeinflussten Grundwerkstoffes angesehen werden. Der Unterschied zwischen Rohr und Blech entspricht in der Tendenz auch dem Unterschied der Zugfestigkeit dieser beiden Bauteile. Mit der zuvor dargestellten Vorgehensweise zur Ermittlung der Breite bhaz der Wärmeeinflusszone ergibt sich für diese ein Wert von 13 mm. Das ist deutlich weniger als der nach Tabelle 3 anzusetzende Wert von 20 mm bzw. den 3 · 20 mm = 60 mm beim außenliegenden Flansch.

4.6 Bolzen mit Lichtbogenschweißung mit Spitzenzündung Die Verwendung und Bemessung von Schweißbolzen ist in der derzeitigen Fassung von EN 1999-1-1 nicht geregelt. In DIN 4113 wird hingegen die Verwendung von Schweißbolzen mit Spitzenzündung grundsätzlich als erlaubt angesehen und es finden sich auch ausreichend technische Angaben als Grundlage für eine Bemessung in Verbindung mit DIN EN ISO 14555 [11] und DIN EN ISO 13918 [12]. Um auch nach Einführung der DIN EN 1999-1-1 und Außerkraftsetzen von DIN 4113 die Verwendung von Schweißbolzen als tragende Verbindungsmittel zu ermöglichen, wurde die Änderung A3 zum Nationalen Anhang [2] von DIN EN 1999-1-1 ausgearbeitet.

Diese A3-Änderung regelt den Anwendungsbereich, die Konstruktion, die Bemessung und die Qualitätssicherung dieser Verbindungen. Der Anwendungsbereich der A3-Änderung ist in Tabelle 5 beschrieben, wobei die Schweißbolzen [12] entsprechen und mit einer Werksbescheinigung 2.1 belegt sein müssen, deren Zahlenangaben bestätigen, dass die Mindestwerte Rm nach Tabelle 2 von [12] eingehalten sind. Die Beschränkung des Anwendungsbereiches ergab sich bei Berücksichtigung der Anforderungen der Praxis aufgrund der Erfahrungen aus einem umfangreichen Versuchsprogramm. Für den Regelfall, dass das Lochspiel am Eingriff der Bolzen in das Bauteil größer ist als der nach DIN EN 1999-1-1 für Schraubenverbindungen zulässige Wert, ergeben sich folgende zusätzliche Verknüpfungen von Konstruktion und Berechnung: a) Beim Nachweis der Kräfteübertragung in der Scheibenebene ist für den Nachweis des Grenzzustandes der statischen Tragfähigkeit nur ein statisch bestimmtes System zulässig (d. h. die Abscherkräfte müssen durch die Gleichgewichtsbedingungen eindeutig bestimmt sein), sofern nicht durch konstruktive Maßnahmen sichergestellt wird, dass das Lochspiel bei allen für die Lastabtragung angesetzten Bolzen – gegebenenfalls nach einer Starrkörperverschiebung in der Scheibeneben – für diesen Grenzzustand kleiner ist als 1 mm. b) Bei Langlochverbindungen darf die maximale Länge des Loches nicht größer als der 2,5-fache Bolzendurchmesser sein, die Lochung muss mit seitlicher Stützung völlig abgestützt sein und Satz 2 von Absatz 6 von Abschnitt 8.2.1 von DIN EN 1090-3 muss bei Aufnahme temperaturbedingter Ausdehnungen eingehalten sein. Diese Bedingungen müssen erfüllt sein, damit eine Lochleibungstragfähigkeit angesetzt werden kann. Diese ergibt sich dann nach den Regeln von DIN EN 1999-1-1. Für die Bemessung sind zunächst die in der Fügezone übertragbaren Kräfte zu bestimmen. Aus den charakteristischen Werten der Tabelle NA.N.3 ergeben sich mit dem Sicherheitsbeiwert γ2 = 1,25 und dem Beiwert k2 = 0,50 nach Tabelle 8.5 von [1] die Bemessungswerte der in der Fügezone übertragbaren Zugkräfte Ftb,Rd. Die in der Fügezone übertragbaren Abscherkräfte ergeben sich zu Fv,Rd = αv · fu,haz · A/γ2. Aufgrund der in [12] festgelegten

Tabelle 5. Anwendungsbereich der Regelungen der A3-Änderung zu [2] für das Lichtbogenbolzenschweißen mit Spitzenzündung Table 5. Scope of the provisions of the A3-amendment of [2] for arc stud welding with tip ignition Ausführungsklasse der Bauwerke

EXC1 oder EXC2

Art der Beanspruchung

vorwiegend ruhende Beanspruchung (SC1) durch Kräfte in Richtung sowie rechtwinklig zur Bolzenachse – planmäßige Biegung ist konstruktiv zu vermeiden

Bolzentyp

Gewindebolzen Typ PT nach [12]

Bolzenwerkstoff

EN AW-5754 H12, EN AW-1050A H14

Bolzendurchmesser dba)

4 mm bis 6 mm; aber ≤ 5 mm bei Bolzen aus EN AW-5754 auf Grundwerkstoff EN AW-6060 oder EN AW-6063

Art der Montage

kein planmäßig wiederholtes Lösen der Verschraubung (z. B. Fliegende Bauten) zulässig

Grundmaterial EN AW-

3004, 3005, 3103, 5005/5005A; 5049, 5052, 5454, 5754; 6060, 6063 nach DIN EN 1999-1-1 sowie 3105, 5251 nach DIN EN 1999-1-4

a)

db entspricht d1 in [12]

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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Tabelle 6. Bemessungswerte der übertragbaren Abscherkräfte Fvhaz,Rd und Zugkräfte Ftbhaz,Rd in der Fügezone sowie Fb,Rd des Bolzens im Gewindequerschnitt Table 6. Design values for the resistance shear forces Fvhaz,Rd and resistance tension forces Ftbhaz,Rd in the fusion zone and design values for the resistance forces Fb,Rd in the thread of the stud Bolzenwerkstoff

EN AW-5754 H12

EN AW-1050A H14

Fvhaz,Rd in kN

fu,haz

Fvhaz,Rd in kN

N/mm2

M4

M5

M6

M4

M5

M6

3004

155

0,935

1,461

2,104

0,362

0,565

0,814

3005

115

0,694

1,084

1,561

3103

90

0,543

0,848

1,221

für alle Grundwerkstoffe, da fub, haz = 60 N/mm2 maßgebend

3105, 5005/5005A

100

0,603

0,942

1,357

5049

180

1,086

1,696

2,443

5052

170

1,025

1,602

2,307

5251

160

0,965

1,508

2,171

5454, 5754

180

1,086

1,696

2,443

6060 T5

80

0,483

0,754

6060 T6

100

0,603

0,942

6060 T66

110

0,664

1,037

6063 T5

100

0,603

0,942

6063 T6

110

0,664

1,037

6063 T66

130

0,784

1,225

Grundwerkstoff EN AW-

EN AW-5754 H12 für alle Grundwerkstoffe

EN AW-1050 H14

M4

M5

M6

M4

M5

M6

Ftbhaz,Rd in kN

0,672

1,084

1,536

0,320

0,520

0,736

Ftb,Rd, Fvb,Rd, Fb,Rd in kN

0,808

1,306

1,849

0,351

0,568

0,804

Geometrie der Gewindebolzen im Bereich der Fügezone kann als Näherung zur sicheren Seite αv = 0,6 und A = (π/4) db2 mit db = d1 = Gewindeaußendurchmesser gesetzt werden. fu,haz ist von den Werten für den Bolzen und den Grundwerkstoff der kleinere Wert. Bei den Bolzen aus EN AW-1050 H14 ist stets der Bolzen mit 60 N/mm2 maßgebend. Bei den Bolzen aus EN AW-5754 H12 ist in der Mehrzahl der Fälle der Grundwerkstoff maßgebend. In Tabelle 6 sind die Bemessungswerte Ftb,Rd der Zugkraft und Fv,Rd der Abscherkraft in Abhängigkeit von dem Bolzendurchmesser und der Werkstoffpaarung angegeben. Für die Bemessungswerte Fv,Ed und Ft,Ed der einwirkenden Zug- und Abscherkraft ist mit den Bemessungswerten der Widerstandsgrößen Fvhaz,Rd und Ftbhaz,Rd für die Fügezone die Bedingung

Fv,Ed Fvhaz,Rd

+

Ft,Ed Ftbhaz,Rd

≤1

(26)

zu erfüllen. Mit der durch die Geometrie nach [12] begründeten Annahme, dass die Scherfuge außerhalb der Fügezone im Gewindequerschnitt liegt, ergibt sich für die vom Bolzen übertragbare Abscherkraft Fvb,Rd nach Gleichung (8.9) von [1] der gleiche Wert wie für die vom Bolzen übertragbare Zugkraft Ftb,Rd nach Gleichung (8.17) von [1]. Mit dem charakteristischen Wert der Zugfestigkeit des nicht wärmebeeinflussten Bolzenmaterials nach Tabelle NA.N.2 der A3-Änderung ergeben sich dann die Zahlenwerte in der letzten Zeile der Tabelle 6. Die für den Bolzen zu erfüllende Bedingung (8.20) von [1] kann damit in der Form

50

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

(Fv,Ed + 0,714 Ft,Ed)/Fb,Rd ≤ 1

(27)

formuliert werden. Die Nachweisbedingung für Durchstanzen des Grundwerkstoffes am Bolzenanschluss ist Ft,Ed/Bp,Rd ≤ 1

(28)

entsprechend (8.19) von [1] zu führen mit Bp,Rd = 0,6 π · db · tp · fu/γM2

(29)

entsprechend (8.19) von [1], wobei tp die Dicke und fu die Zugfestigkeit des Grundmaterials sowie γM2 = 1,25 ist. Für die durch den Bolzen verbundenen Bauteile (Grundwerkstoff) sind alle anderen nach DIN EN 19991-1 erforderlichen Tragfähigkeitsnachweise zu führen. Nachweise der Gebrauchstauglichkeit werden durch die voranstehend aufgeführten Nachweise nicht entbehrlich. Falls die Gebrauchstauglichkeit zum Beispiel bei Fassaden durch örtliche plastische Verformungen des Grundmaterials beeinträchtigt werden kann (Störung des visuell wahrnehmbaren Erscheinungsbildes), muss im Einzelfall die Gebrauchstauglichkeit aus der Erfahrung oder aufgrund von Versuchen beurteilt werden. Die voranstehenden Nachweise gelten nur unter der Voraussetzung, dass das Schweißverfahren und das Schweißpersonal für diesen Schweißprozess nach DIN EN ISO 14555 qualifiziert ist und die im Abschnitt NA.N.4 der A3-Änderung [2] genannten Abweichungen und Ergänzungen eingehalten sind. Diese schließen die experimentelle Bestätigung


H. Saal/R. Gitter/A. Fellhauer · Die Bemessung vorwiegend ruhend beanspruchter Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1

der in Tabelle NA.N.3 der A3-Änderung [2] aufgeführten charakteristischen Werte Ftb,Rk der durch die Fügezone übertragbaren Kräfte ein, die den in Tabelle 6 aufgeführten Bemessungswerten Ftbhaz,Rd zugrunde liegen.

5 Zusammenfassung In Verbindung mit der Darstellung der von DIN 4113 [3], [4] abweichenden Bemessung der Schweißverbindungen von Aluminiumtragwerken nach DIN EN 1999-1-1 und ihrer Qualitätssicherung nach DIN EN 1090-3 werden erforderliche Ergänzungen dargelegt und begründet, die im Nationalen Anhang von DIN EN 1999-1-1 geregelt sind. Diese betreffen 1) ein vereinfachtes Verfahren für die Bemessung von Kehlnähten, das in vielen Fällen mit reduzierten Anforderungen an die zerstörungsfreie Prüfung verbunden ist 2) die Anwendung nichtlinearer Spannungs-Dehnungsdiagramme bei der Bemessung von Kehlnähten 3) Bemessungshilfen für exzentrisch beanspruchte Kehlnähte zum Anschluss ungestützter Bauteile 4) die Bemessung von Wölbnähten mit Schubbeanspruchung längs der Schweißnahtachse 5) Hinweise zur Größe der Wärmeeinflusszone und der Festigkeitskennwerte in der Wärmeeinflusszone 6) Bemessungsregeln für Bolzen mit Lichtbogenschweißung mit Spitzenzündung mit 4 mm bis 6 mm Durchmesser Mit den Ausführungen zu den unter 1) bis 6) aufgeführten Themen werden Lösungen konkretisiert, neue Bemessungsregeln geschaffen und bestehende Regelungen erläutert und entschärft.

Danksagung Der Firma Wilhelm Layher GmbH & Co. KG, Güglingen Eibensbach, danken wir für den in Abschnitt 4.5 behandelten Versuch. Literatur [1] DIN EN 1999-1-1:2014-03: Eurocode 9: Bemessung und Konstruktion von Aluminiumtragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln. [2] DIN EN 1999-1-1/NA:2013-05: Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 9: Bemessung und Kon-

struktion von Aluminiumtragwerken – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln; A1-Änderung (2014-06); A2-Änderung (2015-03), Entwurf A3-Änderung (2015-02); A4-Änderung (2016-xx). [3] DIN 4113-1/A1:2002-09: Aluminiumkonstruktionen unter vorwiegend ruhender Belastung – Teil 1: Berechnung und bauliche Durchbildung. [4] DIN 4113-2:2002-09 Aluminiumkonstruktionen unter vorwiegend ruhender Belastung – Teil 2: Berechnung geschweißter Aluminiumkonstruktionen. [5] DIN EN 1090-3:2008-09: Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 3: Technische Regeln für die Ausführung von Aluminiumtragwerken. [6] DIN EN 1993-1-8:2010-12: Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-8: Bemessung von Anschlüssen. [7] DIN EN ISO 10042:2006-02: Schweißen – Lichtbogenschweißverbindungen an Aluminium und seinen Legierungen – Bewertungsgruppen von Unregelmäßigkeiten. [8] DIN EN ISO 4136:2013-02: Zerstörende Prüfung von Schweißverbindungen an metallischen Werkstoffen – Querzugversuch. [9] DIN EN ISO 6892-1:2009-12: Metallische Werkstoffe – Zugversuch – Teil 1: Prüfverfahren bei Raumtemperatur. [10] DIN EN 1011-4:2001-02: Schweißen – Empfehlungen zum Schweißen metallischer Werkstoffe – Teil 4: Lichtbogenschweißen von Aluminium und Aluminiumlegierungen. [11] DIN EN ISO 14555:2014-12: Schweißen – Lichtbogenbolzenschweißen von metallischen Werkstoffen. [12] DIN EN ISO 13918:2008-02: Schweißen – Bolzen und Keramikringe für das Lichtbogenbolzenschweißen. [13] DIN EN ISO 9606-2:2005-03: Prüfung von Schweißern – Schmelzschweißen – Teil 2: Aluminium und Aluminiumlegierungen.

Autoren dieses Beitrages: Prof. Dr.-Ing. Helmut Saal, Bismarckstraße 19, 64853 Otzberg Dipl.-Ing. Reinhold Gitter, AluConsult, Kirchstraße 19, 78244 Gottmadingen Dipl.-Ing. Andreas Fellhauer, Constellium Singen GmbH, Alusingen-Platz 1, 78224 Singen

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Fachthemen Stella Avgerinou Kostas Adamakos Ioannis Vayas

DOI: 10.1002/stab.201610350

Stahl in der Bildhauerei – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris Aggelika Korovessi, eine prominente griechische Bildhauerin, entwarf eine Stahlskulptur, die in Paris vor einem öffentlichen Gebäude permanent ausgestellt ist. Die Skulptur ist eine abstrakte geometrische Komposition aus nichtrostendem Stahl und steht auf einem Sockel, der in einem Wasserbecken unter der Wasseroberfläche liegt. Die einzelnen Teile der Skulptur bestehen aus geschweißten, dünnwandigen, rechteckigen Hohlquerschnitten variabler Höhen, die miteinander durch kurze Rohrstücke verbunden sind. Das Werk wurde in Athen hergestellt, für den Transport in zwei Teile geteilt und vor Ort in Paris zusammengebaut. Dieser Beitrag berichtet über die Modellierung, die rechnerischen Nachweise und der Konstruktion des Kunstwerkes. Steel in sculpture – Structural design of the sculpture “le chemin de l’eau” in Paris. Aggelika Korovessi, a prominent Greek sculptress, designed a sculpture to be permanently exhibited outside a public building in Paris. The sculpture is an abstract geometric composition from stainless steel and rests on a basis which is submerged in water. The individual parts are composed from welded thin-walled rectangular hollow sections with variable heights that are connected by short tubes. The sculture was fabricated in Athens, divided in two pieces because of transportation reasons and assembled on site in Paris. This paper reports on the design and construction of the artwork.

wendet. Stahl hat keine große Geschichte in der Bildhaue­ rei, da seine Herrstellung erst spät begann. In der modernen Bildhauerei wird er jedoch immer mehr verwendet, als Schrott, Gussstahl, normaler Stahl oder hochwertiger nichtrostender Stahl und selbstverständlich bei den vorher erwähnten großen Objekten. Griechische Bildhauer stützen sich auf die alte Tradition und haben international einen Namen erworben. Ein solches Beispiel ist Aggelika Korovessi, Absolventin der Kunsthochschule Athen (Bild 1). Korovessi hat Werke in 32 Ländern ausgestellt, vertrat offiziell Griechenland in internationalen Ausstellungen im Rahmen der Olympischen Spiele Athen 2004, gewann die Olympische Silbermedaille des internationalen Wettbewerbs „Olympic Spirit Beijing 2008“ und hat viele Werke für öffentliche und private Institutionen und Personen entworfen. Sie ist die erste Bildhauerin, die eigene Werke im archäologischen Museum Athen direkt neben weltberühmten Meisterwerken der Antike austellen durfte, in der Absicht des Museums, zeitgenössische Künstler dem breiten Publikum bekannt zu machen.

1 Einleitung Die Bildhauerei als wichtiger Bestandteil der Kunst fing in der westlichen Welt, wie manches andere, in Griechenland an, zuerst auf den Kykladen im 3. Jahrtausend v. Chr. und setzte sich fort in der Minoischen, der Mykenischen und der klassischen Zeit. In ihrer Weiterentwicklung sind bis heute Meisterwerke entstanden, die von der Öffentlichkeit oder im Privaten bewundert werden. Die früheren Materialien waren Stein, Keramik, Holz, Glas oder Metall, von denen Stein am beständigsten und am besten erhalten ist. Heutzutage ist die Materialauswahl frei und der Kreis der Künstler hat sich erweitert. So verstehen sich namhafte zeitgenössische Architekten beziehungsweise Ingenieure als Bildhauer großer Objekte, deren Entwürfe neben der Ästhetik noch einer funktionalen Aufgabe dienen. Dadurch sind in den letzten Jahrzehnten Museen, Kirchen, Stadionüberdachungen, Brücken und andere Bauwerke entstanden, die gleichzeitig als Kunstwerke verstanden werden. Metalle wie Bronze wurden sehr früh in Guss- oder geschmiedeter Form zur Herstellung von Skulpturen ver-

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Bild 1.  Die Bildhauerin und das Werk Fig. 1.  The sculptress and the art work

© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Stahlbau 85 (2016), Heft 1


S. Avgerinou/K. Adamakos/I. Vayas · Stahl in der Bildhauerei – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris

Die Bildhauerin wurde beauftragt, ein Werk herzustellen, das vor dem Eingang des Gebäudes von SIAAP (Service public de l‘ assainissement francilien) permanent ausgestellt werden soll. SIAAP ist ein öffentliches Unternehmen, das für 180 Kommunen auf einem Gebiet von 1 800 km2 bei trockenen Tagen täglich 2,5 Mio. m3 benutztes Wasser klärt und es danach in die Seine bzw. die Marne weiterleitet. Das Wasservolumen steigt während starker Regen explosionsartig an. SIAAP arbeitet für den Schutz der natürlichen Umgebung, die nachhaltige Landentwicklung und die Biodiversität. Das Werk mit Gesamtabmessungen von 5,40 m × 3,90 m × 0,80 m ist eine abstrakte geometrische Komposition aus nichtrostendem Stahl, die teilweise unter Wasser steht. Die Hauptidee der Künstlerin war, die unterschiedlichen Phasen und Wege, die das Wasser während des Vorgangs der biologischen Klärung zurücklegt, darzustellen. Die Kurven der Komposition weisen auf diese Wege hin, während die Farben die unterschiedlichen Klärungsphasen andeuten. Weiter ähneln die Kurven der Skulptur den Anfangsbuchstaben von SIAAP. Die Querschnitte der Tragkonstruktion bestehen aus geschweißten rechteckigen Hohlquerschnitten mit einer konstanten Breite von 214 mm, variablen Höhen zwischen 280 und 340 mm und Wanddicken von 1,5 bzw. 2,5 mm. Ferner werden kurze Rohrstücke von 60 mm Durchmesser und 2 mm Wanddicke verwendet, die die einzelnen Teile miteinander verbinden. Das Werk wurde in Athen hergestellt und nach Paris mit einem Lkw transportiert. Wegen seiner Abmessungen musste es für den Transport in zwei Teile zerlegt werden, die vor Ort zusammengebaut wurden. Die Größe der Skulptur machte eine Tragwerksberechnung nach Ingenieursprinzipien notwendig. So wendete sich die Künstlerin an die Autoren des vorliegenden Beitrages, die im Folgenden über ihren Entwurf berichten.

menten abgebildet. Entsprechend der Querschnittsfom besaßen die Stäbe eine konstante Querschnittsbreite und variable Querschnittshöhen. Die kleinste Höhe besteht entlang der geraden Abschnitte, während die Querschnittshöhe im gekrümmten Bereich anwächst. Zur genaueren Untersuchung der Effekte der Verwölbung wurden zwei Modelle mit unterschiedlichen Elementtypen aufgestellt – eines mit sechs und eines mit sieben Freiheitsgraden pro Knoten. Der siebte Freiheitsgrad entsprach der Änderung des Verdrehungswinkels in Elementlängsrichtung. Das Modell wurde an drei Stellen fest eingespannt, entsprechend der Tatsache, dass an diesen Stellen die Skulptur an einer Stahlbodenplatte vollverschweißt sein wird. Die Stabwerkselemente verlaufen durch die Schwerpunktachsen der Querschnitte. An Stellen, wo die Wände zwei benachbarter Elemente in Kontakt kommen, wurden die Schwerpunkte der jeweiligen Elemente durch starre Koppelelemente verbunden. Das gleiche geschah im ­Bereich der Verbindungszylinder, wo die Schwerpunkte der Zylinderenden starr mit den Schwerunkten der benachbarten Biegeelemente gekoppelt waren. Bild 2a zeigt das globale Tragwerksmodell, bei dem die starre Kopplungen mit rot gekennzeichent sind und Bild 2b dessen extrudierte Ansicht. Die globale Berechnung wurde mit Hilfe der SOFISTIK-Software durchgeführt. Die Querschnittswände bestehen aus vier Blechen, die zu rechteckigen Hohlquerschnitten zusammengeschweißt sind. Die beiden Wände mit variabler Querschnittshöhe besitzen eine Dicke von 2,5 mm, während die anderen beiden 1,5 mm dick sind. Das Material ist nichtrostender Stahl der Güte 316 nach [7] bzw. der Güte 1.4401 nach EN 10088 [6] mit fy = 205 MPa und fu = 515 MPa.

2 Tragwerksberechnung 2.1  Globale Tragwerksberechnung 2.1.1  Globales Tragwerksmodell

Folgende Lasten wurden berücksichtigt: –– G: Eigengewicht der Tragkonstruktion, automatisch aus dem spezifischen Gewicht des nichtrostenden Stahls errechnet –– W: Windlast in Querrichtung der Skulptur, sie wurde nach EN 1991-4 [1] und dem französischen nationalen

Zum Zwecke der globalen Tragwerksberechnung wurde das Gesamttragwerk mit Hilfe von Finiten Stabwerksele-

a)

b)

2.1.2  Lasten und Lastkombinationen

Bild 2.  a) Stabwerksmodell zur globalen Berechnung; b) extrudierte Ansicht Fig. 2.  a) Model for global analysis; b) extruded view

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Anhang ermittelt: Die Basiswindgeschwindigkeit von Paris wurde mit vb = 26 m/s angesetzt, die Geländekategorie mit III. Der Kraftbeiwert cf wurde nach [1] für Fachwerke unter Berücksichtigung des Völligkeitsgrades j ermittelt. Eine dynamische Berechnung zur Berücksichtigung der Wind-Bauwerk-Interaktion war nicht notwendig. –– T: Temperatur nach EN 1991-5 [2] und dem nationalen Anhang von Frankreich; Unter Berücksichtigung der Baustellentemperatur während der Montagezeit wurde ein gleichmäßiger Temperaturunterschied von ΔT = ±15 K angesetzt. Die Erdbebengefährung von Paris ist klein, so dass unter Berücksichtigung des geringen Eigengewichts der Skulptur und der Größe der Windbelastung auf eine seismische Berechnung verzichtet wurde. Es wurden zwei Grenzzustände und die im Folgenden aufgeführten Lastkombinationen berücksichtigt, wobei das Zeichen „+“ als „kombiniert mit“ zu verstehen ist.

a) Nmax = 9,4 kN

b) Mymax = 4,7 kNm

Grenzzustand der Tragfähigkeit (ULS): –– 1,00 G + 1,50 W –– 1,35 G + 1,50 W –– 1,00 G + 1,50 W + 0,9 T –– 1,35 G + 1,50 W + 0,9 T Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (SLS): –– 1,00 G + 1,00 W + 0,6 T (kritischer)

2.1.3  Globale Tragwerksberechnung Die globale Tragwerksberechnung war linear in Bezug sowohl auf den Werkstoff, wegen der Verwendung dünnwandiger Querschnitte der Klasse 4, als auch auf die Geome­ trie aus der Tatsache, dass der kritische Lastfaktor zum Erreichen der ersten Knickeigenform größer als 10 – in der Tat um die 300, war. Bild 3 stellt exemplarisch die Normalkraft- und die Biegemomentenverläufe für die ungünstigste ULS-Kombination 1,00 G + 1,50 W + 0,90 T dar. Die Unterschiede in den Schnittkräften zwischen den Modellen mit den sechs bzw. sieben Freiheitsgraden pro Knoten waren geringfügig. Die maximalen Verformungen der Skulptur in Querrichtung für die SLS-Kombination betrugen um die 10 mm, was ­einem Verdrehwinkel von 1/550 entspricht, der annehmbar ist. Bild 4 stellt die ersten zwei Schwingungseigenformen dar. Die erste Eigenform entspricht Translationen in Querrichtung, die zweite weist auf Rotation hin. Die dazugehörenden Eigenperioden betragen T1 = 0,11 s und T2 = 0,05 s und weisen auf eine große Tragwerkssteifigkeit hin.

c) Mzmax = 5,2 kNm

2.1.4 Spannungsnachweise Alle Querschnitte der Klasse 4 nach EN 1993-1-4 [4] sind dünnwandig. Dementsprechend wurden zur Berücksichtigung des lokalen Beulens für die Querschnittswände wirksame Breiten je nach Spannungszustand ermittelt und die Spannungen an den daraus ergebenden wirksamen Querschnitten bestimmt. Bild 5 zeigt exemplarisch die Form eines wirksamen Querschnittes, bei dem die eine Wand unter Druck-, die gegenüberliegende Wand unter Zugspan-

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Bild 3.  Schnittgrößen der ungünstigsten ULS Kombination: a) Normalkräfte, b) Momente in Tragwerksebene, c) Momente quer zur Tragwerksebene Fig. 3.  Internal forces and moments for the most critical ULS combination: a) axial forces, b) in-plane moments, c) out-of-plane moments


S. Avgerinou/K. Adamakos/I. Vayas · Stahl in der Bildhauerei – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris

a)  smax = 70 MPa

a)

b)

b)  smax = 149,8 MPa

Bild 4.  a) Erste und b) zweite Schwingungseigenform Fig. 4.  a) First and b) second modes of vibration

Bild 5.  Exemplarische Darstellung eines wirk­ samen Querschnitts Fig. 5.  Example of an ­effective cross-section

nungen steht, während die zwei Querwände durch Biegespannungen beansprucht werden. Während die globale Tragwerksberechnung mit Hilfe der Bruttoquerschnitte durchgeführt wurde, erfolgte die Spannungsberechnung an den wirksamen Querschnitten. Die Spannungen wurden an charakteristischen Punkten in der Nähe der Querschnittsecken bestimmt. Dabei ergaben sich große Unterschiede der errechneten Spannungen aus den Berechnungen mit den Elementen von sechs bzw. sieben Freiheitsgraden pro Knoten, obwohl die Schnittgrößen, wie vorher erwähnt, sich nicht wesentlich unterschieden. Das liegt an der Art, wie Torsionsmomente aufgenommen werden. Bei den Elementen mit sechs Freiheitsgraden erzeugt die St. Venantsche Torsion nur Schubspannungen, während bei den Elementen mit sieben Freiheitsgraden Verwölbungen und damit Normalspannungen erzeugt werden. Bild 6 zeigt die von Mises-Spannungen der un-

Bild 6.  von Mises-Spannungen des globalen Modells für die Elemente mit a) sechs und b) sieben Freiheitsgraden Fig. 6.  von Mises stresses of the global model a) for the 6-DOF and b) for the 7-DOF elements

günstigsten ULS-Kombination bei Anwendung der Elemente mit sechs bzw. sieben Freiheitsgraden pro Knoten. Die maximalen Spannungen betragen im ersten Fall 70 MPa, im zweiten Fall 150 MPa, sie sind also mehr als doppelt so hoch – dennoch kleiner als die Grenzspannung des Materials von 205 MPa. Der Nachweis ist also erbracht. Es sei anzumerken, dass die Spannungen im Brutto­ querschnitt etwa 30 % kleiner sind als die im wirksamen Querschnitt.

2.2  Berechnungen an lokalen Modellen Die globale Berechnung erfolgte an einem Stabwerksmodell. Es ergab sich die Notwendigkeit, einige lokale Bereiche mit Spannungskonzentrationen mit Schalenelementen zu modellieren und näher zu untersuchen. Solche Bereiche sind:

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S. Avgerinou/K. Adamakos/I. Vayas · Stahl in der Bildhauerei – Tragwerksentwurf der Skulptur “le chemin de l’eau” in Paris

–– die Verbindung der gekrümmten Bereiche mit den kurzen Zylindern aus kreisförmigen Hohlquerschnitte CHS 60 × 2 mm –– die Verbindung zwischen den zwei Teilen, in die das Werk aus Transportgründen zerlegt wurde –– der Auflagerbereich des gekrümmten Teils der Skulptur mit der Fußkonstruktion

aus nichtrostendem Stahl. Das numerische Modell beinhaltet den Anschlussbereich und die entsprechenden Trägerelemente über eine Länge doppelt so groß wie die Querschnittshöhe der Hohlquerschnitte. Als Belastung wurden an den Enden der Trägerelemente die Schnittgrößen angesetzt, die aus dem globalen Modell errechnet wurden. Die Lagerung des Modells wurde an den Mittelpunkten der Schraubenlöcher gewählt, mit denen der Umfang der Löcher starr gekoppelt war. Die Berechnungsmethode war linear elastisch (LA). Die Schrauben wurden auf Zug- und Schubkräfte beansprucht, die Durchstanz- und Lochleibungsverformungen bei den Scheiben hervorrufen. Bild 8 zeigt die von Mises-Spannungen einer Scheibe. Die maximale Spannung beträgt 275 MPa, ist damit wesentlich kleiner als die Grenzlochleibungsspannung von k1 · ab · fu/γv = 2,5 · 1 · 515/1,25 = 1 030 MPa, so dass keine nichtlineare Berechnung notwendig wird und der Nachweis erbracht ist. Außerdem ist die Lochaufweitung sehr gering, so dass keine Überschreitung in Bezug auf die Verformungen stattfindet. Der letzte lokale Nachweis betrifft die gekrümmte Fußkonstruktion der Skulptur. Sie besteht aus einem rechteckigen dünnwandigen Hohlkasten mit gekrümmter oberer Fläche und zwei internen Aussteifungsscheiben. Die Belastung setzt sich aus den Auflagerreaktionen der Einspannung des gekrümmten Teils des globalen Modells zusammen. Die wesentlichen Schnittgrößen der ungünstigsten Kombination sind die Vertikallast infolge Eigen­ gewicht und das Biegemoment infolge Querwind. Sie wurden entlang des Umfangs am Kopf der Fußkonstruktion angesetzt, da letztere mit dem unteren gekrümmten Teil der Skulptur direkt zusammengeschweißt ist. Bild 9 zeigt den Verlauf der von Mises-Spannungen an der Fußkon­ struktion. Die maximale Spannung beträgt 38 MPa, ist also kleiner als die Grenzspannung 205 MPa und der Nachweis ist erbracht.

Die lokalen Berechnungen wurden mit Hilfe der ABAQUSSoftware durchgeführt. Die zylindrischen Verbindungsstücke üben eine konzentrierte Last in der Mitte der gekrümmten Querschnittsgurte aus. Daher wurden dort zum Schutz der dünnen Bleche 2,5 mm dicke interne Scheiben verschweißt, die die Kräfte auf alle Wände gleichmäßig verteilen. Die Scheiben wurden auf Druck beansprucht und mussten auf lokales Beulen untersucht werden. Das aufgestellte numerische Modell beinhaltet einen Teil des Skulpturhohlquerschnitts auf einer Länge von zweimal der Querschnittshöhe, die interne Scheiben und den Verbindungszylinder. Der simulierte Teil ist an seinen Längsrändern gelagert, unter Anwendung eines Masterknotens an dem jeweiligen Querschnittsschwerpunkt, und darf sich in Längsrichtung infolge der geometrischen Nichtlinearität frei verformen. Die angesetzte Last ergab sich aus der globalen Tragwerksberechnung der errechneten maximalen Normalkraft des Verbindungsstücks. Diese Last wurde am Kopf des Verbindungsstücks angesetzt und gleichmäßig entlang des Umfangs verteilt. Die Berechnungsmethode war geome­ trisch nichtlinear elastisch mit Imperfektionen (GNIA). Die Imperfektionen entsprachen der ersten Beuleigenform der Scheibe, die aus einer linearen Stabilitätsanalyse ermittelt wurde und die so skaliert war, dass sie der maximalen strukturellen Toleranz nach EN 1993-1-5 [5] entsprach. Bild 7 zeigt die von Mises-Spannungen im Bereich des Verbindungsstücks und der Scheibe. Die maximale Spannung beträgt 165 MPa, ist also kleiner als die Grenzspannung 205 MPa und der Nachweis ist erbracht. Die zweite lokale Untersuchung betraf die biegesteife Schraubenverbindung zwischen den zwei Einzelstücken, in die die Skulptur aus Transportgründen geteilt wurde. Sie besteht aus zwei Endscheiben und zehn Schrauben M12

Die Skulptur steht auf einem Betonfundament der Betongüte C16 mit Abmessungen L/B/H = 2,8 m × 2,2 m × 1,1 m. Dazwischen liegen drei Stahlplatten, die in dem Funda-

Bild 7.  von Mises-Spannungen eines zylindrischen Verbindungsstücks und der benachbarten Scheibe Fig. 7.  von Mises stresses for a tube connector and the ­adjacent diaphragm

Bild 8.  von Mises-Spannungen der Scheiben zwischen zwei Einzelstücken Fig. 8.  von Mises stresses between two diaphragms of the two pieces

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2.3 Auflager


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Bild 9.  von Mises-Spannungen der gekrümmten Fußkonstruktion Fig. 9.  von Mises stresses of curved base

Verbindung

Bild 10.  Auflager der Skulptur Fig. 10.  Bearing of the sculpture

ment mit Hilfe von chemischen Dübeln M12 aus nichtrostendem Stahl verankert sind (Bild 10). Sowohl das Fundament als auch die Stahlplatten liegen unter Wasser. Die Anzahl der Schrauben ergab sich eher aus Verformungskriterien als aus Beanspruchungsbegrenzungen.

3  Herstellung, Transport und Montage Wegen der Kompliziertheit der Geometrie wurde von der Künstlerin eine Reihe von Modellen in ihrer Werkstatt hergestellt, um die Stabilität der Struktur zu überprüfen und verschiedene Herstellungsdetails in Erwägung zu ziehen. Das erste Modell in sehr kleinem Maßstab bestand aus massiven Kunststoffteilen und diente nur konzeptionellen ästhetischen Zwecken. Danach wurden zwei größere Modelle erstellt, eines aus Pappe und eines aus demselben Material wie das endgültige Werk. Die Werkstattpläne, sowohl für die Modelle als auch für das endgültige Kunstwerk, wurden vom Hersteller unter Anwendug von 3D-Design-Software gefertigt (Bild 11). Dadurch konnten die verfügbaren Abmessungen von Stahlplatten berücksichtigt und der Materialverbrauch auf ein Minimum begrenzt werden.

Bild 11.  Abbildung des Kunstwerkes mit Hilfe der 3D-Software Fig. 11.  Representation of the piece with the 3D design software

Der Herstellungsvorgang wurde durch die komplizierte Geometrie, der Tatsache, dass alle Querschnitte unterschiedliche Abmessungen besitzen und dass sie voll zu verschweißen waren, bestimmt. So wurde das Werk aus einer Reihe von kurzen Kastenstücken hergestellt. Jedes Kastenstück war an seinen Enden mit Querscheiben versehen, um die Querschnittsform des Stücks auf seiner Gesamtlänge aufrecht zu erhalten und die Schweißung der

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Bild 12.  Positionierung des zusammengebauten Kunstwerks auf das Fundament Fig. 12.  Placement of the re-assembled sculpture on its concrete base

Bild 13.  Ansicht der Skulptur und der Umgebung bei Nacht Fig. 13.  Night view of the sculpture and its surroundings

Stegbleche an die Gurte zu ermöglichen. Die Länge der einzelnen Kästen wurde so gewählt, dass eine Schweißung von innen möglich war. Gleichzeitig dienten die Querscheiben im kurzen Abstand der Erhaltung der Querschnittsform im Endzustand, so dass keine Wölbnormalspannungen infolge Querschnittsverformungen der sehr dünnwandigen Kastenquerschnitten entstanden. Vor der Herstellung musste an den Transport des Kunstwerkes von Athen nach Paris gedacht werden. Der Transport in einem Stück wäre zu teuer, so dass das Werk zweigeteilt werden musste. Die Schnittstellen wurden rechtzeitig und in Einvernehmen mit der Künstlerin, den Ingenieuren und dem Hersteller bestimmt (Bild 11), so dass die konstruktiven Details der Verbindung festgesetzt und die Nachweise durchgeführt werden konnten. Um einen einfachen, schnellen und genauen Zusammenbau vor Ort zu ermöglichen, wurde eine geschraubte Verbindung gewählt. Die Verschraubung erfolgte durch 120 mm × 160 mm ausgelassene Fenster in den Stegwänden, die später durch entsprechende Bleche geschlossen wurden. Für den Transport und zum Schutz des Anstriches wurden die beiden Teile eingewickelt und in zwei Stahlgerüste gestellt. Die beiden Gerüste konnten so nebeneinander in einem Lkw Platz finden und nach Paris transportiert werden. Die Teilstücke wurden mit Hilfe eines 30 m hohen Mobilkrans vor dem SIAAP-Gebäude abgeladen, zusammengebaut und schließlich als Gesamtheit auf die endgültige Position gestellt und an das Betonfundament verankert (Bild 12).

Literatur

4 Schlussbemerkung Die Künstlerin sagt aus: „Ein zeitgenössisches Werk kann eine Brücke zwischen den altertümlichen und den neuen Wegen der Material- und Gestaltungsverarbeitung werden“ (Bild 13). Das zeigt das Beispiel der beschriebenen Skulptur, deren ingenieurmäßiger Entwurf hier vorgestellt wurde.

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[1]  EN 1991-1-4: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-4: Allgemeine Einwirkungen – Windlasten. CEN, European Committee for Standardisation, 2004. [2]  EN 1991-1-5: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-5: Allgemeine Einwirkungen – Temperatureinwirkungen. CEN, European Committee for Standardisation, 2003. [3]  EN 1993-1-1: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. CEN, European Committee for Standardisation, 2005. [4]  EN 1993-1-4: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-4: Allgemeine Regeln – Ergänzende Regeln zur Anwendung von nichtrostenden Stählen. CEN, European Committee for Standardisation, 2006. [5]  EN 1993-1-5: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-5: Aus Blechen zusammengesetzte Bauteile. CEN, European Committee for Standardisation, 2003. [6]  EN 10088-2: Nichtrostende Stähle – Teil 2: Technische Lieferbedingungen für Blech und Band aus korrosionsbeständigen Stählen für allgemeine Verwendung. CEN, European Committee for Standardisation, 2005. [7] ASTM: A240/A 240M: Chromium and Chromium-Nickel Stainless Steel Plate, Sheet and Strip for Pressure Vessels and for General Applications, 2004.

Autoren des Beitrages: Dipl.-Ing. Stella Avgerinou, stavger@mail.ntua.gr Prof. Dr.-Ing Ioannis Vayas, vastahl@central.ntua.gr Institute of Steel Structures, National Technical University of Athens, Iroon Polytechniou Str. 9, 15780 Athens, Greece Dipl.-Ing. Kostas Adamakos, früher NTUA ZPF Ingenieure AG, Basel, Schweiz


Berichte DOI: 10.1002/stab.201620531

Das Teleskop-Verfahren des russischen Ingenieurs V. G. Šuchov Alessio Andrich mit einer Einführung von Rainer Graefe

Im Jahre 1919 wurde der berühmte Šabolovka-Radioturm in Moskau von Vladimir Grigoryevich Šuchov in einem spektakulären, neuartigen Montageverfahren errichtet. 1896 hatte Šuchov mit einem netzförmigen Turm in Nižnij Novgorod die Form des Hyperboloids erstmals im Bauwesen angewendet. In dieser patentierten Bauweise war bereits eine Reihe von Wassertürmen er-

richtet worden, als Šuchov 1919 von der Regierung den Auftrag für den Bau eines Radio-Sendeturms erhielt. Šuchov entwickelte eine hohe, schlanke Variante seiner Turmkonstruktion, bei der er mehrere Hyperboloide übereinander stapelte. Sein Entwurf für einen 350 m hohen Turm wies neun HyperboloidAbschnitte, der ausgeführte, 150 m hohe Radioturm sechs Abschnitte auf.

Bild 1. Der erhaltene 128 m NiGRESStrommast an der Oka (Foto: Fritz Dreßler)

Bild 2. Historischer Plan 1927 (Archiv: RGANDT, Moskau)

Das für die Montage dieses Turmes erfundene Teleskopverfahren war nicht weniger originell als die Turmkonstruktion selbst: Jeder fertiggestellte Abschnitt wird innerhalb des schon stehenden Turmteils emporgezogen, so dass sich, wie bei einem Fernrohr, ein Abschnitt innerhalb des anderen nach oben bewegt. Der Turm zog sich also eigenständig in die

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Berichte

Bild 3. Blick in das Innere des Turms (Foto: Rainer Graefe)

Höhe, wie Baron Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zog. Vladimir G. Šuchovs TeleskopVerfahren ist viel bewundert, aber we-

nig studiert worden. Dipl.-Ing. Alessio Andrich legt hier Ergebnisse seiner Untersuchung vor, in der er die verschiedenen technischen Vorrichtungen und die schwierigen, komplizier-

ten Hebevorgänge erstmals in allen Details klären und anschaulich darstellen konnte. Wegen der besseren Quellenlage hat Alessio Andrich den Bauprozess eines anderen ŠuchovTurmes, des 128 m hohen NiGRESStromleitungsturms, analysiert, bei dem in den Jahren 1927/29 das Teleskop-Verfahren erneut angewandt worden war. Die Arbeit entstand in Innsbruck im Rahmen des Internationalen D-A-CH-Projekts „Šuchovs Strategien des sparsamen Eisenbaus“ (Teilprojekte: TU München, Prof. Rainer Barthel, Prof. Manfred Schuller; Universität Innsbruck, Prof. Rainer Graefe; ETH Zürich, Prof. Uta Hassler). Eine umfassende Buchveröffentlichung der Forschungsergebnisse des Projekts ist in Vorbereitung. RG

Bild 4. Montage des Turmes im Teleskopverfahren 1927/29 (historische Fotos: ARAN, Moskau)

Bild 5. Vorrichtung zum Zusammenspannen und Heben eines Abschnitts (historische Fotos: ARAN, Moskau)

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Bild 6. Heben des vierten Abschnitts (historische Fotos: ARAN, Moskau)


Berichte

Bild 7. Schematische Darstellung des Hebevorgangs: Verringerung des unteren Durchmessers von Modul 2; Erweiterung des oberen Rands von Modul 1 durch provisorisches Versetzen des Randrings nach Außen; Verbindung der zwei Module nach Entfernen der unteren Spannvorrichtung und Versetzen des oberen Randrings nach innen (Zeichnung: Alessio Andrich)

Bild 8. Hölzerne Hebevorrichtung auf dem zweiten Abschnitt. Historisches Foto (ARAN, Moskau) und Rekonstruktion (Alessio Andrich)

Bild 9. links: Planzeichnung der Hebevorrichtung (Archiv: RGANTD, Moskau), Mitte: Schraubenlöcher zur Befestigung der Hebevorrichtung (Foto: Rainer Graefe), rechts: Rekonstruktion der Hebevorrichtung (Alessio Andrich)

Rekonstruktion des Hebevorgangs Für die Rekonstruktion des Hebevorgangs wurden die historischen Fotos des Archivs der Akademie der Wissenschaften (Archiv Rossijskoj Akademii Nauk – ARAN), die historischen Pläne des Russischen Staatlichen Archivs für

wissenschaftlich-technische Dokumentation (Rossijskijgosudarstvennyjarchi vnaucˇno-technicˇeskojdokumentacii – RGANDT) und Beobachtungen am erhaltenen Turm ausgewertet (Bilder 1 bis 6). Die prinzipielle Funktionsweise des Teleskopverfahrens von Šuchov ist leicht nachvollziehbar. Bei genauerem

Betrachten erweist sich das Verfahren jedoch als äußerst komplex. Der Durchmesser des gehobenen Abschnitts muss reduziert werden, um durch den Hals des unteren Abschnitts zu passen. Beim Absetzen auf den unteren Abschnitt muss der ursprüngliche Durchmesser wieder hergestellt

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Berichte

Bild 10. Heben des dritten Abschnitts; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

Bild 11. Hebevorrichtungen oben und unten; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

Bild 12. Die zur체ckgespannten St채be des gehobenen Abschnitts; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

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Berichte

Bild 13. Absetzen des oberen Abschnitts nach Entspannen der Turmst채be; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

Bild 14. Unterer Abschnitt: Versetzen des oberen Randrings nach innen in die endg체ltige Position; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

Bild 15. Passieren des dritten Abschnittes durch den zweiten Abschnitt; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

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Berichte

Bild 16. Führung der Hebeseile; Rekonstruktion (Alessio Andrich)

werden, damit beide Turmteile miteinander verbunden werden können. Diesen Vorgang ermöglichen Maßnahmen, die beide Turmteile betreffen (vgl. Bild 7). Beim unteren Turmabschnitt weist der obere Rand zunächst einen größeren Durchmesser auf: Der Randring wird provisorisch außen montiert, um die Randöffnung zu vergrößern. Die Segmente dieses Randrings werden nach Heben des nächsten Abschnitts in ihre endgültige Position nach innen versetzt. Alle Bohrungen für das spätere Vernieten der Bauteile werden bereits vor der Montage hergestellt. Auf jedem Turmabschnitt stehen fünf Holzböcke als kleine Kräne für den Hebevorgang (Bilder 8 und 9). Diese Böcke sind auf allen Turmteilen bereits vor dem Anheben montiert. Von den Böcken gehen Seile zum Fuß des anzuhebenden Abschnitts herunter. Bild 10 veranschaulicht den He-

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bevorgang. Die Hebevorrichtung am Fuß desselben besteht aus einem fünfeckigen Holzgerüst (Bild 11), an dessen Eckstützen die Rollen der Flaschenzüge befestigt sind. Das Holzgerüst ist mit radialen Seilen nach innen verspannt. Im Bereich der fünf Holzkräne werden jeweils zwei Stabelemente nach innen gebogen, um die Engstelle leichter passieren zu können (Bilder 12 und 13). Die übrigen Stabenden der Turmkonstruktion befinden sich außerhalb des Holzgerüsts, von dem sie nicht, wie häufig angenommen wird, zusammengezogen werden. Sie müssen beim Passieren der Engstelle also elastisch ausweichen. Der unterste Zwischenring ist weggelassen, um ein Verbiegen der längeren Stabenden zu erleichtern. Das labile Gleichgewicht des Turmabschnitts während des Hebevorgangs stellt eine weitere Herausforderung dar. Für die erfolgreiche Mon-

tage waren Windstille und eine sorgfältige Abstimmung der Seillängen sowie die perfekte Koordinierung aller Arbeitsschritte notwendig. Wie immer verblüfft der Einfallsreichtum Vladimir G. Šuchovs, der auch schwierige Details mit einfachsten Mitteln zu lösen versteht. Soweit in wenigen Worten der ganze Vorgang, den die Rekonstruktionszeichnungen (Bilder 14 bis 16) ebenso detailliert darstellen. Autoren dieses Beitrages: Professor Dr. Rainer Graefe rainer.graefe@uibk.ac.at Dipl.-Ing. Alessio Andrich aleandri80@hotmail.com Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege Technikerstraße 13 6020 Innsbruck Österreich


Berichte DOI: 10.1002/stab.201620353

Pegasus & Dragon – Die größte Pferdestatue der Welt aus Bronze Nicola Borgmann

Die Ostküste des US-amerikanischen Bundestaates Florida hat ein neues Wahrzeichen bekommen: Am legendären Highway 1, zwischen Miami und Fort Lauderdale gelegen, wird voraussichtlich im Frühjahr 2016 die monumentale Bronzeskulptur Pegasus & Dragon eingeweiht. Sie wurde im Zentrum eines Themenparks im Gulfstreampark nahe der international renommierten Pferderennbahn errichtet. Nach der Freiheitsstatue ist sie die zweitgrößte Skulptur in den USA und die größte Pferdeskulptur der Welt (Bild 1).

Das Projekt Die Skulptur versinnbildlicht den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Pegasus, das geflügelte Pferd aus der griechischen Mythologie, besiegt den Drachen. Die nur 3-jährige Planungsund Bauzeit wird zu einem Abenteuer, wenn man bedenkt, welche umfangreichen und einzigartigen Herausforderungen von Strassackers Spezialisten und seinen Partnern zu bewältigen waren. Dies bestätigt auch Michael Stark aus Ludwigsburg, dessen Inge­ nieurbüro mit der technischen Planung beauftragt wurde. Die vollständige Abwicklung des komplexen Projektes, vom Entwurf über die Koordination

und Produktion bis zur Endmontage, lag bei der Kunstgießerei Strassacker aus Süssen, einem schwäbischen Familienunternehmen mit 500 Mitarbeitern. Auch in der fast 100-jährigen Firmengeschichte der Kunstgießerei ist diese Skulptur ein Projekt der Superlative: 33 m hoch, 35 m breit und 60 m lang, zusammengefügt aus 1 250 handgefertigten Bronzeelementen mit einem Gesamtgewicht von 250 t, montiert auf einem Skelett aus 400 t Stahl. Außer den 18 000 Schrauben und einigen Verbindern gleicht kein Element der Stahlkonstruktion oder des Bronzegusses dem anderen.

Außergewöhnliche Herausforderungen Frank Stronach, der österreichischkanadische Bauherr des Themenparks in Miami, hatte die Skulptur zunächst für Wien geplant. Mit ihrer Versetzung in das tropische Klima von Florida veränderten sich jedoch die klimatischen und konstruktiven Prämissen komplett. Extremer Wind – der Bauplatz am Hallandale Beach zählt zu den Zonen der USA, die am stärksten von Hurrikans betroffen sind –, eine hohe Luftfeuchtigkeit mit hohem Salzgehalt, andere Bodenbeschaffenheit und extreme Temperaturschwankungen, waren die besonderen Heraus­

forderungen, mit denen das Planungs­ team Strassacker und Stark Ingenieure umzugehen hatten. Die außergewöhnliche Freiform des Stahlgerüstes in der künstlerisch vorgegebenen Gestaltung der Skulptur erforderten umfangreiche und komplexe Berechnungen, die in der kongenialen Zusammenarbeit von Ingenieurbüro und Kunstgießerei eine Lösung fanden, die in der Welt einzigartig ist. Zunächst musste vom vorgegebenen bildhauerischen Modell ein Software-Modell über Laserscan erstellt werden. Durch algorithmische Nachbearbeitung wurde ein Finite-Elemente-Modell, das ursprünglich ca. 9 Mio. Flächenelemente aufwies, mit 80 000 Elementen bei Pegasus und 60 000 beim Drachen errechnet. Durch diese Vereinfachung durfte jedoch die geometrisch bedingte Systemsteifigkeit des komplex gekrümmten Schalentragwerks der Bronzehülle nicht beeinträchtigt werden. Hinzu kam, dass die Bronze­ skulptur nach dem Verschweißen der Einzelelemente eine vollständig geschlossene Oberfläche aufweisen und keine Dehnungsfugen haben sollte. Für ein solch monumentales frei geformtes Schalentragwerk aus Bronze gab es keine Normen und Berechnungsvorschriften, daher mussten die

Bild 1.  Der Vergleich zu berühmten Skulpturen verdeulicht die monumentale Größe der Pegasus & Dragon in Florida

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Berichte Ingenieure für das Material Bronze eigens Parameterstudien vornehmen und ein statisches Regelwerk entwickeln.

Zurück in der Zukunft – Rückgriff auf traditionelles Wissen Für die Erstellung des Originalmodells und des Bronzegusses kooperierte Strassacker mit seiner Partnergießerei in China, mit der die Experten aus Süssen schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten und ihre kulturell unterschiedlichen Erfahrungen in Technologie austauschen. Schon die Entwicklung des Originalmodells im Maßstab 1 : 1 war in der heute gängigen Methode, der computertechnischen Vergrößerung des Vorlagemodells, wegen der riesigen Ausmaße der Skulptur nicht möglich. So mussten sich die Spezialisten auf das traditionelle, sehr aufwendige und komplizierte Verfahren der Modellvergrößerung über Gitternetzkoordinaten von Hand, rückbesinnen. Um das Modell in Originalgröße herzustellen, errichtete man ein Stahlgestell als 3D-Koordinatensystem, in das die Koordinaten des Vorlagemodells vom Maßstab 1 : 16 auf die Originalgröße 1 : 1 übertragen werden konnten. Mit Hilfe der vergrößerten Koordinaten fertigte man Holzschablonen, welche die exakte Form des geflügelten Pferdes und des Drachen in mehreren Schichten wiedergaben. Die Holzschablonen wurden anhand der Koordinaten in das Stahlgestell eingesetzt und mit Holzlatten verbunden (Bild 2). So konnten Pegasus und Drachen Schicht für

Bild 3.  Die Drachenskulptur wird aus Ton in Originalgröße modelliert, zur Vorbereitung der Bronzegussformen musste dieses Modell nochmal in Gips abgenommen werden

Stahlskelett nach der Natur

Bild 4.  Im Stahlgerüst der 3D-Gitternetzkoordinaten wird die PegasusSkulptur aus Holzschablonen und Gips modelliert

Schicht im 3D-Koordinatensystem zu realer Größe aufgebaut werden. Seine endgültige Form mit allen Feinheiten erreichte man durch das Auftragen und Modellieren von Gips beim Pegasus und von Ton im Falle des Drachens (Bild 3). Fast 70 Bildhauer und Gestalter setzten die anatomische Form und den künstlerischen Ausdruck der Modellvorlage in die Originalskulptur perfekt um (Bild 4)

Bronzeguss in 1 250 Teilen

Bild 2.  Im traditionellen Verfahren ­anhand eines Gitternetzgerüstes wird das Vorlagemodell zur Originalgröße skaliert; mit Holzschablonen wird das Grundgerüst der Skulptur im Koordinatensystem aufgebaut

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durch der Hohlraum für die Bronze zwischen den Sandformen entsteht. Dabei brachte man die Gusskanäle und Einguss-Systeme ein, über die die flüssige Bronze mit einer Temperatur von etwa 1 100 °C in die Sandgussform eingegossen wurde. Nach dem Abkühlprozess von ca. zwei bis drei Stunden wurde zur Entnahme des Bronzegussteils die Sandform geöffnet bzw. zerschlagen. Mehr als ein Jahr dauerten diese Handarbeiten, bis alle Gussstücke hergestellt und nachbearbeitet waren. Um die exakte Form und die Passgenauigkeit zu prüfen, baute man alle Gussstücke in China temporär auf provisorischen Stahlkonstruktionen zu Körpern, Flügeln, Köpfen und Beinen zusammen. Erst nach dieser Probe für sämtliche Bauteile zerlegte man die Skulptur wieder in ihre einzelnen Bronzeteile und verschiffte sie in 25 Überseecontainern nach Florida.

Zur Erstellung der Sandgussform für den Bronzeguss wurden die Originalmodelle von Pegasus & Dragon in 1 250 Teile zerlegt, um so gießbare Größen von etwa 1,5 × 1,5 bis 2 × 2 m zu erreichen. Aus der Positivseite jedes dieser Gipsmodellteile stellte man eine Negativsandform her, die dann mit einer Tonschicht von 7 bis 8 mm, in der späteren Materialdicke der Bronze, ausgelegt wurde. Nach der Fertigung der zweiten Sandgussformhälfte wurde der Ton entfernt, wo-

Innovative Lösungen waren auch bei der Berechnung und Konstruktion des Stahlskeletts gefragt. Der Stahlbau musste der künstlerisch vorgegebenen Form folgen und den extremen Temperatur- und Windbelastungen standhalten. In Anlehnung an das natür­ liche Skelett eines Tieres entwickelten Stark Ingenieure eine komplexe, tragende Stahlkonstruktion aus fast 5 000 Bauteilen, alle mit unterschied­ lichen Abmessungen. Eine besondere Herausforderung für den Stahlbau stellte die Verbindung zwischen der bronzenen Hülle und dem stählernen Skelett von Pegasus & Dragon dar (Bilder 5 und 6). Über detaillierte Berechnungen der Bronzehülle wurde die optimale Anzahl und Lage der Befestigungspunkte zwischen Bronzehülle und Stahltragwerk ermittelt. Dabei bestand die Schwierigkeit darin, die Bronzehülle einerseits – wegen der extremen Windlasten – so oft wie möglich am Stahlskelett zu befestigen, andererseits das Stahlskelett und die Bronzehülle so weit wie möglich voneinander zu entkoppeln, dass eine möglichst ungehinderte Wärmeausdehnung der Bronzehülle gegenüber dem Stahlskelett stattfinden kann. Anders als bei Gebäuden oder Fassaden, die aus vielen Bauteilen mit


Berichte Bewegungsfugen bestehen, ist die einmal verschweißte Bronzehülle der Skulptur ein riesiges Bauteil ohne planmäßige Dehnfugen. Durch die starke Sonneneinstrahlung in Florida kann sich die Bronzehaut auf bis zu

90 °C erhitzen. Stahl und Bronze rea­ gieren bei Erwärmung unterschiedlich: Während die Bronzehülle der Skulptur sich bei Sonneneinstrahlung ausdehnt, bleibt die darunter liegende Stahlkonstruktion nahezu unbeweg-

Bild 5.  Kein Element der komplexen Stahlkonstruktion in der skulpturalen Bronze­hülle ist baugleich

lich und starr. Stark Ingenieure entwickelten daher ein innovatives, einzigartiges System von flexiblen Verbindern, die im gegenseitigen Zusammenspiel keine temperaturbedingten Zwängungen aufbauen und trotzdem die Lastabtragung der Windkräfte in die jeweils vorgesehenen Richtungen gewährleisten. Um hierfür möglichst realitätsnahe Lastannahmen treffen zu können, wurden die maßgebenden Windlasten für die anspruchsvolle Konstruk­ tion und deren komplexe Geometrie durch Versuche im Windkanal individuell ermittelt. Die aufwändige Stahlkonstruktion wurde von dem Stahlbauunternehmen Wendeler in höchster Qualität und Präzision hergestellt. Bei der Umsetzung dieser einzigartigen Konstruktion mussten viele komplizierte produktionstechnische Lösungen für die außergewöhnlich hohen technischen und statischen Anforderungen erarbeitet werden. Stahlbau Wendeler baute die Stahlkonstruktion aller Bauteile von Pegasus und Drachen temporär zusammen. Nach Abnahme durch Stark Ingenieure und die Kunstgießerei Strassacker wurde das Stahlskelett wieder in transport­ fähige Einheiten zerlegt und in weiteren 25 Überseecontainern nach Miami verschifft.

b)

a)

Bild 6.  Besondere Herausforderungen an die Statik der Stahlkonstruktion sind neben der außergewöhnlichen Form die ­klimatischen Bedingungen in der extrem hurrikan-­ gefährdeten Region Florida

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Berichte Montage im 3D-Koordinatensystem Nach Vormontage des Stahlskeletts des Pegasus-Rumpfes am Boden wurden die Teile mit einem Schwerlastkran auf den überkuppelten Raum, der unter der Felsformation im hinteren Teil der Skulptur liegt, und einem speziellen Montageturm unter den Schultern vorne aufgelegt (Bild 7). Dann hob man die vormontierten Beine hoch und befestigte diese in der finalen Position am Rumpf, ohne sie vorerst in den Fundamenten zu ver­ ankern. Die Gerüstelemente, welche die freie Form der Skulptur exakt umbauen mussten, wurden speziell entwickelt und konstruiert. Die Stahlkonstruktion des Drachens wurde in der endgültigen Position zusammengebaut, während der Kopf des Pegasus und seine Flügel separat auf temporären Fundamenten vormontiert wurden. So konnte man zeitgleich an den fünf großen Bauteilen, Pegasusund Drachenkörper, den beiden Flügeln und dem Kopf arbeiten. Zur Befestigung der einzelnen Bronzeteile an der Stahlkonstruktion wurde die endgültige Position mittels eines 3D-Koordinatensystems mit speziellen Nivellier- und Lasergeräten eingemessen und mit den angrenzenden Bronzeteilen verschweißt (Bild 8). Nach diesem Verfahren setzte man die 1 250 Bronzeelemente wie in einem riesigen 3D-Puzzle zu einem homo­ genen Bauteil zusammen. Bei Temperaturen von über 50 °C wurden die Verbinder zwischen Stahlkonstruktion und Bronzehülle in den zum Teil schwer zugänglichen inneren Winkeln der Skulptur gesetzt.

Bild 7.  Das Stahlskelett der Monumen­ talskulptur wurde nach exakt berechneten Montageabläufen mit einem der größten Mobilkrane der Welt errichtet

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

Bild 8.  Die 1 250 handgefertigten Bronzeelemente werden einzeln an die Stahlkonstruktion angebracht, ausgerichtet und verschweißt

Heavy Lifts für Kopf und Flügel Ein zentraler Schritt im Montageablauf war das Zusammenfügen der am Boden vormontierten Teile, Kopf und Flügel, mit dem Rumpf des Pegasus (Bilder 9 bis 11). Um diese Bauteile mit ihrem Gewicht von jeweils 45 und 60 t – Bronze inklusive Stahlkonstruk-

tion – auf ihre endgültige Position von 33 m hochzuheben, musste einer der größten Mobilkrane der Welt eingesetzt werden (Bilder 12 bis 14). Zur perfekten Ausbalancierung aller Bauteile während des Hebevorgangs der Heavy Lifts war eine exakte Berechnung von Stark Ingenieure für die Hebetraversen notwendig. Während der

Bild 9.  Die detaillierte Planung der technischen Parameter und Abläufe von Stark Ingenieure einhergehend mit der präzisen Gesamtplanung Koordination und Logistik der Baustelle durch die Firma Strassacker mit parallelen Montageabläufen ermöglichte trotz extremer Wetterbedingungen eine kurze Bauzeit von 6 Monaten


Berichte

Bild 10.  Kopf und Flügel des Pegasus wurden auf temporären Fundamenten neben der Skulptur komplett vormoniert

Bild 12.  Ein eigens konstruiertes Gerüst mit Spezialelementen umgibt passgenau den Umriss der Freiform der Skulptur

Bild 11.  Großbaustelle am Highway 1 zwischen Fort Lauderdale und Miami

Bild 13.  Mit 18 000 Schrauben werden die 4 750 Elemente des Stahlskeletts verschraubt

Bild 14.  Mit einem der größten Mobilkrane der Welt werden die 60 t schweren vormontierten Flügel passgenau auf den Pferderücken gehoben

gesamten Montagephase verhinderte der Montageturm an den Schultern der Skulptur, dass infolge der sukzessiven Belastung des Tragwerks durch das Eigengewicht und daraus resultierende Zwangskräfte, Verformungen am Rumpf und an den Beinen auftraten.

Fugenlose Oberfläche und Patina Der letzte Projektabschnitt bestand in der kunsthandwerklichen Vervollkommnung der gesamten Skulptur (Bilder 15 und 16). Es war eine 3 500  m2 große, fugenlose Oberfläche mit insgesamt 3,5 km Schweißnähten entstanden. Alle Nähte der Bronzehülle der Pegasus & Dragon-Skulptur

Bild 15.  Die komplett verschweißte Oberfläche der Monumentalstruktur wird kunsthandwerklich nachbearbeitet und patiniert

Bild 16.  Finale Form­gebung am Pegasus-Körper; Anwendung traditioneller Treib- und Metallformgebungstechniken

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Berichte mussten nach dem Verschweißen durch traditionelle Oberflächengestaltungs- und Ziseliertechniken kunsthandwerklich überarbeitet werden. Das Patinieren stellte den letzten Schritt des gesamten Ablaufs dar. Hierzu wurde die Bronze partiell mit einer Gasflamme erhitzt, durch das Auftragen von chemischen Substanzen in der Metalloberfläche wurde ein Oxidationsvorgang erzielt, welcher der Metalloberfläche der Pegasus & Dragon-Skulptur ihre besondere Patina verleiht.

Fakten Skulptur Pegasus & Dragon Standort: Gulfstream Park Racing & Casino, Hallandale Beach, Florida (USA) Abmessungen: Länge 60 m, Breite 35 m, Höhe 33 m Oberfläche: 3500 m2 (ohne Dehnfugen)

Gewicht: 250 t Bronze, 400 t Stahl Material: Bildhauerische Form aus Gussbronze, ca. 7 bis 8 mm dick, Stahlskelett aus Baustahl S355J0 Planungszeitraum: 2011–2014 Produktionszeitraum: 2012–2014 Bronzehülle, 2013–2014 Stahlbau Montagezeit: März 2014–November 2014 Am Bau Beteiligte: Bauherr: Frank Stronach/Gulfstream Park – Pegasus Florida Inc. Projektplanung, -leitung und -umsetzung: Kunstgießerei Strassacker GmbH & Co. KG, Süssen

mit technischer Unterstützung von STARK Ingenieure, Ludwigsburg Tragwerksplanung: STARK Ingenieure, Ludwigburg Bronze: Kunstgiesserei Strassacker GmbH & Co. KG, Süssen mit Partner Stahlbau inkl. Montage: Stahlbau Wendeler GmbH, Donzdorf Windgutachten: Wacker Ingenieure, Birkenfeld Bildnachweis: Bilder 1, 5, 6, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16 STARK Ingenieure Bilder 2, 3, 4, 7, 10 Kunstgiesserei Strassacker GmbH & Co.KG Autorin dieses Beitrages: Dipl.-Ing. Nicola Borgmann M.A., DASL Direktorin der Architekturgalerie München Türkenstraße 30, 80333 München www.architekturgalerie-muenchen.de

Firmen und Verbände Neues Hessisches Ingenieurgesetz (HIngG) „Die Novellierung der Hessischen Ingenieurgesetze schafft für die Öffentlichkeit, für Verbraucher und Auftraggeber mehr Klarheit über die Qualifikation von Ingenieuren und ihre zugeordneten Aufgaben und Dienstleistungen. Damit verbessert es den Schutz aller Verbraucher und dient vor allem auch der nachhal­tigen Qualitätserhaltung für die Sicherheit, den Umwelt- und Gesundheitsschutz bei der Planung und Errichtung von Bauwerken und anderen technischen und natürlichen Infrastruktursystemen“, so Prof. Udo Meißner, Präsident der Ingenieurkammer Hessen. „Darüber hinaus gewährleistet die Novellierung auch die kontinuierliche Weiterentwicklung des Berufstandes der freiberuflich tätigen Ingenieure und ihrer Mitarbeiter in hessischen Ingenieurunternehmen und stärkt die Qualitäts­ sicherung durch die Selbstverwaltung der Ingenieurkammer Hessen. Die Novellierung schafft damit hervorragende Rahmenbedingungen für die Berufsausübung, für die Ausbildung des Ingenieurnachwuchses sowie für die Fort- und Weiterbildung im Ingenieurberuf durch lebenslanges Lernen. Wir sind sehr zufrieden mit diesem zukunftsorientierten

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Gesetz, dessen Vorschriften sich hinsichtlich der innovativen Ansätze des hessischen Gesetzgebers auch sehr gut auf die Gesetzgebung anderer Bundesländer übertragen ließe. Dafür werden wir uns einsetzen.“ Das neue Gesetz fasst die Hessische Ingenieurgesetzgebung in einer durchstrukturierten Regelung zusammen. Die Vorschriften wurden an EU-Recht angepasst und insgesamt modernisiert, ohne die bisher bestehenden gesetzlichen Bedingungen grundsätzlich zu verändern. Die neuen gesetzlichen Regelungen wurden zugleich neu geordnet und damit besser erfassbar gemacht. Die wichtigsten Fakten des neuen Gesetzes: Wer künftig die Berufsbezeichnung Ingenieur führen will, muss bestimmte Bedingungen während des Studiums erfüllen: Neben einer Regelstudienzeit in ­einer ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtung von mindestens sechs theoretischen Studiensemestern oder entsprechenden drei Jahren an einer öffentlichen oder staatlich anerkannten Hochschule ist festgelegt, dass die Studien- und Ausbildungsgänge mindestens zur Hälfte ingenieurspezifische Fächer umfassen. Das Gesetz enthält außerdem Vor­ gaben zur Einführung einer gesetzlich

definierten Regelung der Berufsbezeichnung der Fachingenieurin bzw. des Fachingenieurs, der auf die Berufsbe­ reiche Bau- und Planungswesen, Geo­ däsie und Umweltingenieurwesen zu­ geschnitten ist. Neu ist außerdem, dass zukünftige bauvorlagenberechtige Bauingenieure Pflicht­mitglieder der Kammer sind. Dadurch kann die gesetzmäßige Berufsausübung und fachliche ­Fortbildung im öffentlichen Interesse überwacht und erforder­lichenfalls gesteuert werden. Darüber hinaus wurden die Partnerschaftsgesellschaften mit ­beschränkter Berufshaftung (mbB) für Beratende Ingenieure (BI) nun fest im Gesetz verankert. Um die Wettbewerbsfähigkeit im ­internationalen Bereich zu verbessern, wird der Ingenieurkammer Hessen ermöglicht, besondere ergänzende Berufsbezeichnungen zuzuerkennen. Dies ­betrifft, in Anlehnung an in anderen Staaten übliche Qualitätsstandards, die Einführung der Berufsbezeichnung „Professionelle Ingenieurin“ bzw. „Professioneller Ingenieur“ (PI). Im GVBL. Nr. 28 vom 8. 12. 2015 wurde das Hessische Ingenieurgesetz (HIngG) verkündet und ist mit Datum 9. 12. 2015 in Kraft getreten. www.ingkh.de


Berichte DOI: 10.1002/stab.201620354

Internationaler Workshop in Berlin „Verbunddübel in Forschung und Praxis“ Günter Seidl

Verbunddübelleisten sind seit einigen Jahren Gegenstand intensiver Forschung an verschiedenen Hochschulen und Universitäten in Europa. Mit der Einführung der Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung Z-26.4-56 „Verbunddübelleisten“ wurden wesentliche Berechnungsgrundlagen standardisiert und in Deutschland eingeführt. Um einen Überblick über den Stand der Technik und der Praxis der Verbunddübelleisten zu erhalten, fand in Berlin ein zweitägiger Workshop am 26. und 27. November 2015 statt. Organisatoren waren die FOSTA Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V. und die SSF Ingenieure AG, Berlin. Idee der Veranstaltung war, allen Teilnehmern eine Plattform zu geben, um über ihre Projekte berichten zu können und den Stand der Forschung in ihrem Land darzustellen. Neben dem Erfahrungsaustausch unter den Beteiligten war Ziel des Workshops, die Ergebnisse in der Maiausgabe der Zeitschrift „Steel Construction“ zusammenzustellen. Der Auftakt der Veranstaltung wurde nach einer kurzen Begrüßung durch Pavel Simon von der Firma Vladimír Fišer gemacht. Er berichtete

über eine Eisenbahnbrücke bei Žal­ hostice an der Elbe in Tschechien. In Tschechien kommen zwei Typen von VFT-Rail-Trägern zum Einsatz: ein offener Querschnitt und ein Querschnitt mit Schienenkanal (Bilder 1 und 2). Durch die Längsteilung der Brücke Žalhostice in zwei Träger, die durch einen Ortbetonverguss am Bauwerk miteinander verbunden werden, kommt leichtes Hebezeug zum Einsatz. Neben dem Tragverhalten spielen die hydraulischen Eigenschaften der Brücke bei Hochwasser eine zentrale Rolle für tschechische Bauherren. Bei umfangreichen Untersuchungen zum Verhalten bei Überflutung an der Universität Brno (Brünn/Tschechien) konnte die Lagesicherheit des Überbaus auch bei Überflutung nachgewiesen werden. Nach diesem Ausblick in die Baupraxis rückten die wissenschaftlichen Untersuchungen in den Vordergrund. Umfangreiche Forschungsarbeiten wurden an der Technischen Univer­ sität in Wrocław (Breslau) seit 2006 durchgeführt. Die Ergebnisse, die das Stahltragverhalten der Verbunddübelleisten beleuchten, wurden von den Mitarbeitern Wojciech Lorenc, Maciej . Kozuch und Slawomir Rowin´ski vor-

Bild 1.  Tschechische Querschnitte für VFT-Rail: geschlossen mit Vossloh DFF-300-1 und offen mit Vossloh 300-1

gestellt. Schwerpunkt der Forschung von Lorenc ist das elastische Tragverhalten der Stahldübel im Hinblick auf die Formgebung und den Übergang zur Tragfestigkeit unter Berücksichtigung der Stahlverfestigung. Maciej . Kozuch untermauerte die von Lorenc getroffenen Annahmen anhand von Versuchen im Hinblick auf die Tragfähigkeit. Die FE-Modelle und die Längsschliffe der Prüfkörper geben neben der wissenschaftlichen Auswertung einen ingenieurmäßigen Einblick in das Tragverhalten der Verbunddübel. Slawomir Rowin´ski beleuchtet in seiner Arbeit den Entstehungszeitpunkt von Rissen in Stahldübelleisten und deren Fortschritt. Bemerkenswert ist, dass die Verbunddübelleisten auch im fortgeschrittenen Rissstadium ein ausgesprochen gutmütiges Verhalten zeigen. Grund dafür ist eine Änderung der Rissrichtung unter höheren Lastwechselzahlen (Bild 3). Einen anderen Forschungsschwerpunkt verfolgt die Technische Universität in München (TUM). Werden T-förmige Stahlträger mit Verbunddübelleisten als externe Bewehrung eingesetzt, spielt die Verankerung ähnlich der Stabbewehrung im Stahlbetonbau eine Rolle. Der Lehrstuhl für

Bild 2.  Geteilter Querschnitt vor dem Einbau bei Žalhostice

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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Berichte

Bild 3.  Vergleich des Rissfortschritts im Modell mit der Rissgeometrie des Versuchskörpers

Metallbau der TU München befasst sich mit diesem Thema und stellte die Ergebnisse des Projekts P 967 der ­F OSTA vor, in dem unter anderem die Verankerung der Verbunddübelleisten in Rahmenecken untersucht wurde. Luo Guoqing präsentierte die Versuche zur Verankerung und stellte einen Vorschlag für ein Bemessungskonzept vor. Ergänzt wurde der Vortrag von Professor Martin Mensinger, der ein Parkhaus in der Schweiz in Stahlverbundbauweise und Verbunddübeln vorstellte. Nach dem Mittagessen gab Professor Markus Feldmann aus Aachen einen Überblick über die Erfahrung zur Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung, die den Einsatz der Verbunddübelleiste regelt. Er erläuterte das weitere Vorgehen, wie die derzeitige Regelung in die geltende Normung aufgenommen werden sol-

len. Maik Kopp, ebenfalls vom Lehrstuhl für Stahlbau in Aachen, präsentierte das Verhalten der Verbunddübelleisten in Betonplatten, die senkrecht zur Leiste unter Zug stehen. Dieser in der Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung noch nicht geregelte Fall wurde ebenfalls im FOSTA-Projekt P 967 untersucht und Bemessungsregeln aufgestellt. Martin Claßen befasst sich mit dem Tragverhalten von Dübelleisten mit Puzzlegeometrie in dünnen Platten. In seinen Untersuchungen im FOSTA-Forschungsprojekt P 1097 wird ein neuer Versuchsaufbau erarbeitet, der es zulässt, das Tragverhalten der Dübel in quer zur Tragrichtung gerissenen dünnen Platten zu beleuchten. Mit der Vorstellung der Untersuchung von Verbunddübelleisten in

Bild 4.  Last-Verformungsdiagramm eines Verbunddübels in einem 4 cm breiten Steg aus UHPC mit fck >  150 MPa

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ultrahochfestem Beton wurde am folgenden Tag das Feld auf weitere Baustoffe erweitert. Thomas Lechner vom Lehrstuhl für Massivbau der TUM stellte seine Ergebnisse von Verbunddübeln in Wandscheiben und extrem schmalen Stegen vor. Dabei betragen die Dicken der Betonbauteile nur 4 bis 6 cm. Durch die hohen Festigkeiten des Betons werden auch mit diesen schlanken Stegen Dübeltragfähigkeiten von bis zu 300 kN erreicht (Bild 4). Fortgesetzt wird die vom BBSR geförderte Forschung in einem Anschlussprojekt mit Stützen aus UHPC und externer Bewehrung mit Verbunddübelleisten, das Sebastian Gehr­ lein (TUM, LS Massivbau) in seinem Vortrag präsentierte. Die gedrungenen, hochtragfähigen Stützen (Bild 5) nehmen bei exzentrischer Belastung Traglasten bis zu 1,6 MN auf. Einen Einblick in Erfahrung und Praxis mit Verbunddübelleisten gaben Daniel Pak von der RTWH Aachen, Lehrstuhl Stahlbau, und Mathias Daß­ler von SSF Ingenieure AG. Herr Pak führte das Monitoring der ersten VFT-Rail-Brücken in Deutschland durch. Die Ergebnisse der Messungen der Externen Bewehrung unter Verkehr und das Monitoring der Schienenstützpunkte ergab, dass die Bemessungskonzepte für die Verbunddübelleisten, aber auch die Annahmen zur Berechnung der Belastung von Schienen und Schienenstützpunkten verlässlich sind. Für robuste Bauwerke ist ein dauerhafter Korrosionsschutz ein wichtiges Kriterium. Svenja Holtkamp von der TU Dortmund, Lehrstuhl für Stahlbau, stellte die Ergebnisse des FOSTA-Projekts P 835 vor und gab einen Ausblick auf das ge-

Bild 5.  Hochfeste Stütze mit externer Bewehrung: Querschnitt und 3,00 m langer Versuchskörper


Berichte / Firmen und Verbände

Bild 6.  Einsatz von Externer Bewehrung mit Verbunddübelleisten bei den Wildspangen über die BAB A 14 (Visualisierung)

Bild 7.  Professor Martin Mensinger im Gespräch mit Maik Kopp, Martin Claßen (beide RWTH Aachen) und Svenja Holtkamp (TU Dortmund)

Bild 8.  Gedankenaustausch beim Workshop: u. a. Tomasz Kołakowski (Europrojekt Gdansk), Günter Seidl (SSF) mit Thomas Mayer (BASt) und Thomas Lechner mit Sebastian Gehrlein von der TU München (alle Bilder SSF Ingenieure)

rade begonnene neue Forschungsprojekt P 1042, das feuerverzinkte Verbunddübelleisten unter dynamischer Beanspruchung untersucht. Abschließend gab das Referat von Herrn Daßler einen Überblick über die Projekte, die mit Verbunddübelleisten durchgeführt wurden. Eine Auswertung der Bauwerke im Hinblick auf Konstruktion, Schlankheit, Materialverbrauch und Kosten rundeten den zweiten Tag des Workshops ab (Bild 6). Die beiden Tage waren eine gute Gelegenheit für junge Wissenschaftler und Ingenieure aus der Praxis sich auszutauschen und Problempunkte zu diskutieren (Bilder 7 und 8). In Deutschland ist eine neue DASt-

Richtlinie angedacht, die zu einem späteren Zeitpunkt die Grundlage zur Einführung in den Eurocode bilden soll. Die Teilnehmer werden die Referate des Workshop in einem Themenheft der Zeitschrift „Steel Construction“ in acht Fachaufsätzen zusammenfassen. Das Heft 2/2016 erscheint im Mai 2016.

Anerkannte Experten aus Bauverwaltungen, Ingenieurbüros und Unternehmen informierten in zehn Vorträgen zu aktuellen Bauwerksprüfungen im Ingenieur- und Hochbau. Im Eröffnungsvortrag berichtete ­Dr.-Ing. Gero Marzahn vom Bundesverkehrsministerium über die Strategie des Bundes zur Brückenmodernisierung. Hierbei standen vor allem die ­Finanzierung dieser gewaltigen Aufgabe und die vorrangige Schaffung leistungsfähiger Korridore im Fokus. Qualifizierte Brückenprüfungen und Nachrechnungen sind hierbei wichtige Voraussetzungen, damit vor allem bei älteren Brücken die richtigen Entscheidungen für Neubau oder Erhaltung ­getroffen werden.

Auch bei dem Vortrag von Thomas Kiel, Referent für Verkehr und Tiefbau beim Deutschen Städtetag, stand die Frage der Finanzierung notwendiger Brückenertüchtigungen in Städten und Gemeinden im Vordergrund. Besondere Probleme entstehen hier vor allem durch das Auslaufen der „Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden“. Eine Anschlussfinanzierung ist bisher noch nicht in Sicht, sodass es für viele Kommunen zurzeit vollkommen unklar ist, wie diese wichtige Aufgabe künftig bewältigt werden kann. Besondere Aufmerksamkeit erhielt der Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Uwe Willberg, der die Erarbeitung von Empfehlungen des VFBI zur Leistungsbeschrei-

Autor dieses Beitrages: Dr. Dipl.-Ing. Günter Seidl gseidl@ssf-ing.de SSF Ingeneiuere AG, Schönhauser Allee 147 10435 Berlin

Firmen und Verbände VFIB-Erfahrungsaustausch Bauwerksprüfung Am 12. November 2015 fand in Fulda der 4. VFIB-Erfahrungsaustausch Bauwerksprüfung nach DIN 1076 statt. Mit fast rund 480 Teilnehmern aus ganz Deutschland hat die alle zwei Jahre durchgeführte Veranstaltung einen neuen Teilnehmerrekord erreicht und sich damit als eine der wichtigen Inge­ nieurtagungen in der Fachwelt etabliert. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer Fachausstellung, bei der 20 Inge­ nieurbüros und Fachfirmen sowie die vier vom VFIB ausgewählten Lehrgangsstandorte in Bochum, Dresden, Feuchtwangen und Lauterbach ihre Leistungen vorstellen konnten.

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Firmen und Verbände bung und Aufwandsermittlung für ­Bauwerksprüfungen nach DIN 1076 vorstellte. Der VFIB hält dieses Thema für besonders wichtig, da eine umfassende und qualifizierte Bauwerksprüfung nur möglich ist, wenn hierfür eine kostendeckende Vergütung geleistet wird. Entscheidend ist dabei, dass die geforderte Leistung ausreichend genau beschrieben, die Qualifikation der anbietenden Bauwerksprüfingenieure geprüft und die erbrachte Leistung kontrolliert wird. Der VFIB will den Bauherren mit den Empfehlungen durch umfangreiche Leistungsbeschreibungen und Musterbeispiele eine Hilfestellung für die Ausschreibung von einfachen Prüfungen und von Hauptprüfungen geben. Die Empfehlungen werden voraussichtlich im Frühjahr 2016 fertiggestellt und veröffentlicht. Natürlich standen auch wieder einige fachtechnische Themen aus der Praxis der Bauwerksprüfung auf dem Programm, so z. B. wie man Schadensbilder bei den verschiedenen Schichten des Korrosionsschutzes nach ZTV-ING bewertet und wie man diese sachgerecht behandelt. Hier wurde besonders auf die Bedeutung einer ausreichenden Bauüberwachung hingewiesen, um Schäden beim Aufbringen der Korrosionsschutzschichten von vornherein zu vermeiden. Dass Schäden an Bauwerken bei der Bauwerksprüfung manchmal nicht ohne weiteres zu erkennen sind, zeigte Prof. Dr.Ing. Robert Hertle an einigen interessanten Beispielen in seinem Vortrag über Resultate unzureichender Bauwerksprüfungen. Bauwerksprüfingenieure stehen hier oftmals vor schwierigen Aufgaben mit hoher Verantwortung, vor allem, wenn hierdurch die Sicherheit der Bauwerke betroffen ist Dies betrifft u. a. auch Holzbrücken, bei denen Schäden oftmals von außen kaum zu erkennen sind. Prof. Dr.-Ing. Jörg Schänzlin erläuterte die hierfür entwickelten Prüfverfahren, aber auch wie durch dauerhafte Konstruktionen Schäden vermieden werden können. Monitoringverfahren können bei sachgerechter Anwendung eine sinnvolle Ergänzung von Bauwerksprüfungen sein. Über Möglichkeiten und Grenzen solcher Verfahren berichtete Prof. Dr.-Ing. Oliver Fischer anhand von praktischen Beispielen. Hier gibt es sicherlich noch Entwicklungspotential. Abgerundet wurden die Fachvorträge durch Vorträge über Besonderheiten bei der Bauwerksprüfung im Hochbau, wo systematische Bauwerksprüfungen bisher noch nicht die Regel sind, und durch ­einen Bericht über den Umfang und die Schwierigkeiten bei der Bauwerksprüfung bei einer Großbrücke am Beispiel der Strelasundbrücke. Hier wurde besonders auf die sorgfältige Vorbereitung solcher Prüfungen hingewiesen, da

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Großbrücken aus vielen unterschied­ lichen Bauteilen bestehen. In den Pausen bestand wiederum Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern und zum Besuch der Ausstellungsstände, was auch gut genutzt wurde. Die Räumlichkeiten im Maritim-Hotel erwiesen sich als geradezu ideal und die schöne Stadt Fulda als angenehmer Tagungsort. Der nächste VFIB-Erfahrungs­ austausch Bauwerksprüfung nach DIN 1076 wird am 28. September 2017 stattfinden, der Ort ist bisher noch nicht festgelegt. Der Tagungsband der Veranstaltung in Fulda kann in begrenzter Anzahl zum Preis von 17,– € bei der Geschäftsstelle des VFIB unter info@vfib-ev.de bestellt werden.

Nachhaltiges Bauen mit Zink durch EPDs Nachhaltiges Bauen ist das Konzept für eine ressourcenschonende Zukunft – das gilt für einzelne Baustoffe wie für gesamte Gebäude. Denn, so zeigen Zahlen des Bundesumweltministeriums, rund ein Drittel des Ressourcenverbrauchs in Deutschland wird von Gebäuden verursacht. Umwelt-Produkt­ deklarationen (kurz: EPD, Environmental Product Declaration) sind für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden zentrale Bausteine. Bei der Erstellung einer EPD wird jedes einzelne Bauteil über den gesamten Lebens­ zyklus betrachtet. Energie- und Ressourceneinsatz werden ebenso berücksichtigt wie der Herstellungsprozess, die Nutzung und das Recycling. Eine EPD wird durch unabhängige Dritte geprüft – erst dann ist sie offiziell gültig. In Deutschland wird diese Prüfung vom ­Institut Bauen und Umwelt e. V. (IBU) vorgenommen. Führende Hersteller von Zinkerzeugnissen haben bereits EPDs

für ihre Titanzinkprodukte erstellt, die bei zahlreichen Bauanwendungen – zum Beispiel Bedachung, Fassadenbekleidung oder Dachentwässerung – zum Einsatz kommen. Auch die EPDs für die Produkte NedZink NATUREL, NedZink NOVA und NedZink NOIR der NedZink GmbH wurden vom IBU geprüft. Mit der Erstellung einer EPD liefern Unternehmen umfassende Informationen über die Umweltwirkungen ihrer Produkte. Die Angaben beruhen auf der seit 2012 für Bauprodukte und Bauleistungen aller Art gültigen europäischen Norm EN 15804. Anders als andere Umweltlabel und Gütesiegel bescheinigen EPDs keine Umweltverträglichkeit anhand einzelner Kriterien, sondern stellen Daten zur Verfügung, die die Basis für die Nachhaltigkeitsbewertung am Gebäude bilden. EPDs liefern quantitativ umfassende Informationen für Planer, Architekten und Auditoren. Für die Erstellung einer EPD werden in einem mehrmonatigen Prozess Daten erhoben und durch ein unabhängiges Institut geprüft und verifiziert. Der gesamte Lebenszyklus eines Produkts wird umfassend betrachtet. Dabei sind Umwelt-Produktdeklarationen nicht auf die Baubranche beschränkt, allerdings haben sie in diesem Bereich die größte Bedeutung – besonders durch die eigene europäische Normungsreihe im CEN/ TC 350 zum nachhaltigen Bauen. In Deutschland und auch in Europa hat die Baustoffindustrie mit EPDs einen bislang einzigartigen Standard geschaffen, der enorme Relevanz in der Praxis erlangt hat und den es so in anderen Industriezweigen kein zweites Mal gibt. Den Unternehmen der Zinkindustrie empfiehlt IBU-Geschäftsführer Dr. Burkhart Lehmann, weitere Deklara­ tionen für Zinkprodukte zu erstellen, um die Produktqualität bezüglich der Umweltleistungen darzustellen. Weitere Informationen unter www. zink.de

Bei der 800 m langen Brücke über dem Zufluss des Bosporus (im Türkischen Haliç) im Herzen von Istanbul kam das Produkt NedZink NOVA zum Einsatz


Persönliches / Rezensionen

Persönliches Friedrich Wilhelm Bornscheuer ­gestorben

Professor em. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Friedrich Wilhelm Bornscheuer ist am 31. Oktober 2015 im Alter von 98 Jahren in Stuttgart gestorben. F. W. Bornscheuer hat sein persön­ liches und berufliches Leben ausführlich in dem Buch „Bauingenieure und ihr Werk“ beschrieben (Hrsg. Klaus Stiglat, Ernst & Sohn, 2004, S. 89–96). Hierin schildert er seine beruflichen Anfänge als Assistent bei Professor Klöppel an der TH Darmstadt, der ihn durch Gutachten für Schadensfälle an die Beulproblematik dünnwandiger Tragwerke heranführte. Nach der Freistellung vom Kriegsdienst wegen einer schweren Augenverletzung durch Handgranatensplitter wurde er an die Raketenversuchsanstalt Peenemünde in die Abteilung von Wernher von Braun ab­ geordnet. Nach dem Krieg nahm er ein Angebot der Franzosen an, um in der französischen Raketenforschung in Vernon an der Entwicklung der Vorläufer der Ariane mitzuwirken. Der Name Bornscheuer wird in der Regel mit dem „Schalenbeulen“ verbunden; es ist offensichtlich, dass seine späteren Forschungen zu diesem Thema in den frühen Tätigkeiten ihren Ursprung genommen haben. Einige werden sich aber auch an die bahnbrechenden Aufsätze zur Systematik der Wölbkrafttorsion erinnern, die in Frankreich ent­ standen sind. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück, arbeitete zunächst bei MAN im Behälter- und Anlagenbau und anschließend im Rohrleitungsbau bei Seibert-Stahlbau, Saarbrücken. Diese reichhaltige Ingenieurpraxis erklärt, warum F. W. Bornscheuer sich später auch als Hochschullehrer immer mit praxisnahen Themen befasst hat. 1958 wurde Bornscheuer auf den neugegründeten Lehrstuhl für Baustatik und Elastizitätstheorie der TH Stuttgart berufen. Dem später umbenannten ­Institut für Baustatik der Universität

Stuttgart war auch für lange Zeit das ­Institut für Modellstatik zugeordnet. Professor Bornscheuers Einsatz für die Lehre war vorbildlich. Er sah seine Aufgabe in der Vermittlung einer systematisch aufgebauten Grundlehre und weniger in der Weitergabe von vertieftem Detailwissen. Seine Vorlesungen, unterstützt durch ein Team von engagierten Mitarbeitern, waren im wahrsten Sinne des Wortes hervorragend im gesamten Kanon des Vorlesungsangebotes. Trotz der Schwierigkeit der Thematik seines Fachs war er bei den Studenten hoch angesehen und beliebt. Sein lebendiger Vortragsstil hat dazu erheblich beigetragen. Bereits 1961 hatte Professor Bornscheuer gemeinsam mit Professor Leonhardt und Dr. Hahn, dem Leiter des Technischen Büros der Firma Züblin, das Recheninstitut für das Bauwesen, das RIB, in Stuttgart gegründet. In dieser Anfangsperiode des Computerzeit­ alters war das ein mutiger Schritt; es wurde eine Erfolgsgeschichte. Er hat das RIB immer unterstützt, aber die The­ matik der computerorientierten numerischen statischen Berechnungen nicht zu seinem persönlichen Forschungsthema gemacht. Seine eigenen Forschungen befassten sich vielmehr mit den Themen, denen er in der Ingenieurpraxis begegnet ist. Hierzu zählten zunächst die Schweißtechnik und dann vor allem die Stabilität dünnwandiger Tragwerke. Die Arbeiten zur Schalenstabilität waren wegweisend und haben sich in nationalen und internationalen Regelwerken niedergeschlagen. Dabei war es ihm ein Anliegen, die Vorschriften praxisgerecht zu formulieren und nicht zu überfrachten, wie es häufig geschieht. Dieses ist ihm in nachahmenswerter Form gelungen. Bornscheuer hat sich immer als Stahlbauer verstanden und meinte damit seine Affinität zu diesem Werkstoff und seine Erfahrungen aus der Praxis. Er selbst schreibt: „Auf dem speziellen Gebiet der Baustatik habe ich nicht mehr selbst geforscht, sondern regte meine Mitarbeiter zu eigenständigen Forschungen an“. So konnten die Assistenten ihre Promotionsthemen bei großzügiger Förderung selber wählen. Es galt sein Motto „Wer kann, der darf“; wer also das Potenzial zum wissenschaft­ lichen Arbeiten hatte, sollte es eigenständig nutzen. Er hat den Mitarbeitern mit diesem Vertrauen und einem großen Freiraum viel zugetraut. Das Ergebnis dieser erfolgsorientierten liberalen Führung war dann deutlich sichtbar. Aus der „Bornscheuerschule“ sind viele erfolgreiche Ingenieure in Praxis und Hochschule hervorgegangen. Sein persönlicher Stil, in dem er das Institut in

den ersten Jahrzehnten geführt hat, war prägend für die Arbeitsatmosphäre in der Gruppe und wirkt bis heute nach. Sie ist Ansporn für viele von uns. Friedrich Wilhelm Bornscheuer war eine Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung, die er sich bis ins hohe Alter bewahren konnte. Er war ein Vorbild für viele seiner Studenten und Doktoranden, ein Hochschullehrer mit großer Praxisnähe und oft ein väterlicher Ratgeber. Seiner Frau Elisabeth Bornscheuer und der Familie geben wir die Gewissheit mit, dass wir das Wirken von Professor Bornscheuer in dankbarer Erinnerung behalten werden. Wir haben ihm viel zu verdanken. Ekkehard Ramm und Manfred Bischoff ehemaliger und jetziger Leiter des Instituts für Baustatik und Baudynamik der Universität Stuttgart

Rezensionen Capecchi, D., Ruta, G.: Strength of Materials and Theory of Elasticity in 19th Century Italy. A Brief Account of the History of Mechanics of Solids and Structures. Heidelberg etc.: Springer 2015. 393 S., 50 s/w-Abb. u. 2 Tab., Hardcover, 16 × 24 cm ISBN 978-3-319-05523-7 (print); 139,09 € ISBN 978-3-319-05524-4 (eBook); 130,89 €

Vor gut 20 Jahren schlug der Unterzeichner dem Genueser Bauinge­ nieurprofessor Edoardo Benvenuto (1940–1998) ein deutsch-italienisches Forschungsprojekt vor, um die Beziehungen der italienischen Schule der ­mathematischen Elastizitätstheorie zu deutschen Wissenschaftlern vom letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bis ins zweite Dezennium des vorigen Jahrhun-

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Rezensionen / Dissertationen derts wissenschaftshistorisch auszu­ loten. Leider gelang es der deutschen Seite nicht, hierfür finanzielle Zuwendungen einzuwerben. Die vorliegende Monografie über die italienischen Beiträge zur Grundlegung der Festigkeitslehre und Elastizitäts­ theorie im 19. Jahrhundert ist vor kurzem als 52. Band der von Andreas Öchsner, L ­ ucas F. M. da Silva und Holm Altenbach herausgegebenen Buchreihe ­„Advanced Structured Materials“ erschienen. Damit schließen die beiden Verfasser vom Dipartimento Ingegneria Strut­turale e Geotecnica der „Sapienza – Università di Roma“ eine empfindliche Forschungslücke der Historiografie, die auch Basis für die Erforschung des eingangs erwähnten Themas bilden könnte. Das Buch besteht aus fünf Kapiteln und einem Anhang, in dem zu jedem Kapitel die umfangreichen Originalzitate nachschlagbar sind. Im ersten Kapitel (S. 1–81) geht es um die Geschichte der Elastizitätstheorie im 19. Jahrhundert. Nach Darstellung der Molekularhypothese analysieren die Autoren deren Verdrängung durch die Kontinuums­ hypothese. Es folgt ein Abschnitt über die Grundlegung der Baustatik im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts mit hochinteressanten Ausführungen über die Beiträge von Maurice Lévy zum Kraftgrößenverfahren in den Jahren 1873 und 1874. Zwar verweisen die ­Autoren auf den Übergang von der ­Theorie statisch unbestimmter Fachwerke zur Theorie statisch unbestimmter Stabwerke durch Heinrich MüllerBreslau (S. 66), führen ihn aber nicht weiter aus, obwohl der Genannte dem Kraftgrößenverfahren Ende der 1880erJahre seine klassische Gestalt verlieh (s. z. B. [1, S. 348–350] u. [2, S. 486– 493]). Im letzten Abschnitt des einleitenden Kapitels geben die Verfasser einen Überblick der italienischen Beiträge zur Elastizitätstheorie im 19. Jahrhundert. Kapitel 2 ist dem wissenschaftlichen Œuvre von Gabrio Piola (S. 83– 121), Kapitel 3 den Mathematikern des Risorgimento (S. 123–177) und Kapitel 4 der Theorie statisch unbestimmter Systeme (S. 179–265) gewidmet. Diese Kapitel bilden inhaltlich die Mitte des Buches, weil es dort den Autoren gelungen ist, das goldene Zeitalter der Festkörpermechanik Italiens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gültig darzustellen: In diesem Zusammenhang seien Enrico Betti, Eugenio Beltrami, Luigi Federico Menabrea, Valentino Cerruti und Carlo Albert Castigliano genannt, deren wissenschaftliches Schaffen, nicht nur die weitere Entwicklung der Kontinuumsmechanik international tief beeinflusste, sondern im Falle von Betti,

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Menabrea und Castigliano den Alltag des statisch unbestimmten Rechnens zeitweise prägte (s. z. B. [1, S. 358ff.] u. [2, S. 501ff.]). Das Wissen um die Rezeption des Werkes von Menabrea und Castigliano – zuerst in den deutschsprachigen und später in den angelsächsischen Ländern – ist nach wie vor unbefriedigend. Hier vermag vorliegendes Buch wertvolle Anregungen geben. Aber damit nicht genug. Im Kapitel 5 über die grafische Statik (S. 267–316) stellen die Autoren deren Herausbildung und Etablierung dar und referieren verständlich die mathematischen Grundlagen dieser neuen Subdisziplin der Baustatik. Hier findet sich auch ein ausführlicher Abschnitt über den bahnbrechenden Beitrag Luigi Cremonas zur grafischen Statik. Capecchi und Ruta legen der Fach­ öffentlichkeit ein exzellentes Buchwerk vor, das all jenen zu empfehlen ist, die an der Entwicklungsgeschichte der Grundlegung der Baustatik im 19. Jahrhundert im Allgemeinen und dem Anteil italienischer Forscher im Besonderen interessiert sind. [1]  Kurrer, K.-E.: The History of the Theory of Structures. From Arch Analysis to Computational Mechanics. Berlin: Ernst & Sohn 2008. [2]  Kurrer, K.-E.: Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht. Berlin: Ernst & Sohn 2015. Karl-Eugen Kurrer, Berlin

Dissertationen Experimentelle und numerische ­Untersuchungen an Hochleistungs­ verbindungen mit Zahnleisten Dr.-Ing. Jens Tandler (TU Berlin) Die Verbindung mit Zahnleiste ist für den Lastübertrag im modernen Verbundbau zwischen Stahlbauteilen und Konstruktionsbeton entwickelt worden. Die Zahnleiste überträgt sehr hohe konzentrierte Tangentialkräfte von Stahlbauteilen in Stahlbetonplatten. Das heißt, die Verbindung mit Zahnleiste wird eingesetzt, wenn z. B. eine Stahlstrebe in einem sehr flachen Winkel ­einen sehr großen horizontalen Kraftanteil in eine horizontale Stahlbetonplatte übertragen muss. Anwendungsbeispiele in der jüngsten Zeit waren die Verankerung von Stahlunterspannungen in Stahlbetonplatten bei Brückenbauwerken. Verbindungen mit Zahn­

leisten bestehen aus einem dicken Stahlblech mit Stahlzähnen, welche sich über Druckkräfte im Konstruk­ tionsbeton abstützen. Bisher lagen nur theoretische Untersuchungen zum Tragverhalten dieser Verbindung vor. In diesem Forschungsvorhaben wurden experimentelle und numerische Untersuchungen zur Klärung der Traglast und des Last-Verformungsverhaltens durchgeführt. Als erster Schritt wurden experimentelle Untersuchungen zur Tragfähigkeit der Verzahnung zwischen Beton und Stahl unter verschiedenen Druckfeldwinkeln durchgeführt. Zusammen mit dem ebenfalls entwickelten numerischen Modell konnte gezeigt werden, dass die spe­ zielle Verzahnung verschieden geneigte Druckfelder mit ungefähr derselben Leistungsfähigkeit abstützt. Der Beton im Verbindungsbereich hat eine vergleichbare Tragfähigkeit wie ungestörter Beton. Weiterhin wurde ein Bauteilversuch mit Zahnleistenverbindung entworfen und durchgeführt. Damit konnten die Traglast und die Last-Verformungs­ eigenschaften für druckgestützte innenliegende Zahnleistenverbindungen in ­einer realitätsnahen Einbausituation ­untersucht werden. Mit dem ebenfalls entwickelten ­numerischen Modell wurden die Versuchsergebnisse interpretiert. Im Mittelpunkt der interpretativen Überlegungen steht das Verhalten des Betons im querdehnungsbehinderten Bereich um die Zahnleiste unter Druckbeanspruchung. Die Entwicklung des numerischen ­Modells setzte den Fokus insbesondere auf die physikalisch nicht-lineare Modellierung des Betons mit Hilfe bruchmechanischer Ansätze unter Druckbeanspruchung. Mit Hilfe des numerischen Modells ist es gelungen, die Rissbildung unter Druckbeanspruchung abzubilden und genauer zu studieren. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wurde das Bemessungskonzept ­ergänzt. Die vorliegende Arbeit liefert somit die ersten experimentellen Ergebnisse zur Traglast und zum Last-Verformungsverhalten der Verbindung mit Zahnleiste. Damit werden die vorher nur ­theoretisch ermittelten Tragbean­ spruchungen erstmals abgesichert. Der vorgeschlagene Bemessungsansatz ­eignet sich im Gegensatz zu bisherigen Ansätzen auch für längere und schlankere Verbindungen mit Zahnleisten, da lokale Spannungsspitzen im Bereich der Zahnleiste mit betrachtet werden. Bezugsquelle: Shaker-Verlag, 2014, 204 Seiten, € 49,80 ISBN 978-3-8440-2480-7


Aktuell

Aktuell Nominierungen zum Brückenbaupreis 2016 Die Bundesingenieurkammer (BIngK) und der Verband Beratender Ingenieure (VBI) vergeben 2016 zum sechsten Mal den renommierten Deutschen Brückenbaupreis. Eine Jury namhafter Brückenbauexperten hat aus insgesamt 20 ein­ gereichten Wettbewerbsbeiträgen jeweils drei Bauwerke der beiden Wettbewerbskategorien „Straßen- und Eisenbahn­ brücken“ sowie „Fuß- und Radweg­ brücken“ nominiert: je eine Brücke in Thüringen, Schleswig-Holstein, BadenWürttemberg, Brandenburg und zwei Bayerische Projekte. Aus den hier vorgestellten nominierten drei Bauwerken je Kategorie wählt die Jury unter Vorsitz von Prof. Dr.-Ing. Manfred Curbach bei einer zweiten Sitzung Anfang 2016 die beiden Siegerbrücken aus. Bis zur Preisverleihung am 14. März 2016 in Dresden bleiben die Preisträger aber gut gehütetes Geheimnis der Juroren und Auslober. Die Preisverleihung am Vorabend des Dresdner Brückenbausymposiums wird wiederum ein großes Fest der Ingenieurbaukunst, zu dem BIngK und VBI erneut mehr als 1 000 Gäste erwarten.

Kategorie „Straßen- und Eisenbahnbrücken“ Grubentalbrücke bei Goldisthal im Thüringer Wald Die Grubentalbrücke (Bild 1) ist Teil der neuen Eisenbahnstrecke Nürnberg–Berlin. Sie wurde in der für den Eisenbahnverkehr nach wie vor innovativen Bauart als semiintegrale Brücke errichtet. Sie überspannt insgesamt 215 m Länge und weist eine markante Mittelöffnung von 90 m Breite auf. Nur an den Brückenenden sind Bewegungsfugen und Lager vorhanden. Das Bauwerk aus schlankem Überbau, monolithisch angeschlossenem Sprengwerk-Bogen und dünnen Pfeilerscheiben überquert das Grubental in ca. 35 m Höhe. Mit seiner

Bild 1.  Foto: DB Netze

unverwechselbaren Gestalt trägt das Bauwerk zur Formenvielfalt im heutigen Eisenbahnbrückenbau bei. Die als Sondervorschlag der ausführenden Baufirma realisierte Spannbetonbrücke mit zweistegigem Plattenbalken stellt einen gelungenen Beitrag zur Ingenieurbaukunst dar. In gestalterischer Hinsicht ist die schlanke Kon­struktion, die in ihrer Bauform an die große Tradition der Betonbogenbrücken anknüpft und diese weiterentwickelt, hervorragend in die Landschaft eingepasst. Die semiintegrale Bauweise zog ­einige Besonderheiten bei Planung und Genehmigung nach sich. So mussten beispielsweise zur Bemessung der Diskontinuitätsbereiche der Knoten zwischen Pfeiler und Überbau bzw. der Anschlüsse der Bogenbeine am Kämpfer umfangreiche räumliche Fachwerk­ modelle erarbeitet werden. Zur Umsetzung der innovativen Planung war neben bahninternen Genehmigungen eine Zustimmung im Einzelfall für die gesamte Brücke erforderlich, zu der unter anderem umfangreiche versuchstechnische Nachweise der Funktionsfähigkeit (z. B. Monitoring und dynamische ­Probebelastung) gefordert wurden. Der realisierte Sondervorschlag erwies sich gegenüber der ursprünglich ausgeschriebenen Lösung nach DB-Rahmenplanung Talbrücken sowohl hinsichtlich der Baukosten als auch bezüglich der perspektivischen Aufwendungen in der Instandhaltung deutlich überlegen. Das ausgeführte Bauwerk besticht durch seine klare Gliederung und die sorgfältige Detailgestaltung. Dank optimaler Abstimmung von Steifigkeit und Schwingungsverhalten erfüllt die Grubental­ brücke alle bahntechnischen Anforderungen. Sie gehört damit zu den innovativen Pilotprojekten zur Anwendung der inte­gralen bzw. semiintegralen Bauweise von Brücken, die von der DB AG in den vergangenen Jahren realisiert wurden. Mit ihrem sprengwerkähnlichen Zweigelenkbogen ist die Grubental­ brücke die gelungene Weiterentwicklung klassischer Bogenbrücken für den Eisenbahnhochgeschwindigkeitsverkehr. Sie knüpft an die große Tradition der historischen fugen- und lagerlosen Eisenbahnviadukte an und setzt mit der semiintegralen Bauweise innovative Entwurfs- und Bemessungskonzepte im Brückenbau um. Die Grubentalbrücke verbindet ­ästhetische Qualität mit kostengünstiger Herstellung und Nachhaltigkeit. Trotz der filigranen Anmutung der für den ­Eisenbahnhochgeschwindigkeitsverkehr bemessenen Brücke sei das semiintegrale Tragwerk mit dem Sprengwerk-­ Bogen robust und nahezu wartungsfrei, heißt es in der Jurybegründung.

Eisenbahnhochbrücke Rendsburg über den Nord-Ostsee-Kanal Die von 1911–1913 gebaute Eisenbahnhochbrücke Rendsburg (Bild 2) ist eine genietete stählerne Fachwerkbrücke, die mit 140 m Stützweite den Nord-OstseeKanal überspannt. Insgesamt ist das Bauwerk mit den beiden ca. 60 m hohen Pylonen knapp 300 m lang. Der gesamte, einschließlich nördlicher und südlicher Rampenbauwerke fast 2,5 km lange Brückenzug ist eines der bedeutendsten Technikdenkmäler Deutschlands und Wahrzeichen der Stadt Rendsburg. Die Brücke ist Teil der wichtigen Eisenbahn-Transitverbindung nach Skandinavien. Als technische Besonderheit dieses einzigartigen Bauwerks gilt überdies die an Stahlseilen hängende Schwebefähre zur Kanalquerung für ­Autos und Fußgänger. Während der ca. 12 Jahre dauernden Bauarbeiten zur Ertüchtigung und Verstärkung konnte durch sorgfältige und intensive Planung der Verstärkung der vorhandenen Tragglieder auf den Einbau zusätzlicher Bauteile, die das Erscheinungsbild der Brücke beeinträchtigt hätten, verzichtet werden. Durch diesen behutsamen Umgang mit der historischen Substanz blieb die Gestalt des Bauwerkes vollständig unverändert. Auch die Konstruktion der Eisenbahnhochbrücke blieb weitestgehend erhalten. Die Ertüchtigung des Tragwerks erfolgte durch lokale Detailänderungen wie das Verstärken von Fachwerkstäben bis in die Knoten, Vergittern offener Querschnitte zur Erhöhung der Tor­ sionssteifigkeit und den Austausch alter Niete durch Passschrauben. Durch innovative Berechnungsverfahren, die auch die wirksame Übertragung von Reibungskräften beim Lastabtrag berücksichtigen, unterstützt von Versuchen und Messungen am Bauwerk, konnte den einzelnen Bauteilen ein realistischer Lastabtrag zugeordnet und Reserven des gesamten Brückenbauwerkes mobilisiert werden. Das gilt insbesondere für die gegenüber der ursprünglichen Brückenbemessung deutlich höheren Anfahr- und Bremslasten des modernen Güterverkehrs. Nur dadurch war es den Ingenieuren möglich,

Bild 2.  Foto: GMG Ingenieurgesellschaft

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Aktuell die Brücke für die stark gestiegenen Beanspruchungen zu ertüchtigen. Durch die fehlende Detailkenntnis des Bauwerkszustandes musste teilweise baubegleitend geplant und sehr kurzfristig auf das tatsächliche Schadensausmaß reagiert werden. Infolge des langen Planungs- und Ausführungsprozesses musste die Planung auch sich ändernde Anforderungen des Nutzers berücksichtigen. Die gesamte Verstärkung- und Instandsetzung wurde unter „rollendem Rad“ mit minimalen Sperrpausen durchgeführt. Auch die Schwebfähre am Kanalbauwerk durfte durch die Korros­ sionsschutz- und Verstärkungsmaßnahmen nicht in ihrer Nutzung beeinträchtigt werden. Im Ergebnis konnte die Nutzungsdauer der historischen Eisenbahnhochbrücke Rendsburg durch diese Maßnahmen um mehr als 50 Jahre verlängert werden, womit die Gesamtlebensdauer des Bauwerkes auf die für ein Stahltragwerk außergewöhnlich hohe Lebensdauer von 150 Jahre steigt. Die Verstärkung der historischen ­Eisenbahnhochbrücke Rendsburg wird für den Deutschen Brückenbaupreis nominiert, weil dank dieser herausragenden Ingenieurleistung ein historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst erhalten und für heutige Verkehrslasten ertüchtigt werden konnte. Möglich wurde dies durch innovative Berechnungsansätze und Messungen am Bauwerk zur Erschließung stiller Tragfähigkeitsreserven, so die Jury. Kochertalbrücke im Zuge der A 6 bei Geislingen, Baden-Württemberg Die 1 128 m lange und bis zu 185 m über Talgrund führende Kochertalbrücke (Bild 3) im Zuge der Bundesautobahn 6 ist nicht nur die höchste Tal­ brücke Deutschlands, sondern auch hinsichtlich ihrer Ästhetik und Dimensionierung ein Meisterwerk. Die Erhaltung dieses bedeutenden Baudenkmals stellte höchste Anforderungen an die mit der Ertüchtigung befassten Ingenieure. Durch die Bereitschaft, sich intensiv mit den statischen und bautechnischen Grundlagen der zwischen 1976 und 1979 errichteten Spannbetonbrücke

auseinanderzusetzen und durch gezielte, die Substanz schonende Verstärkungsmaßnahmen, gelang es, den gestiegenen Anforderungen der heutigen Verkehrsbelastung Rechnung zu tragen. Insbesondere durch die intensive Betrachtung der Baugeschichte, vor allem der Bauzustände, konnten stille Reserven im Tragwerk der Brücke erschlossen und so die Grundlagen für eine Ertüchtigung geschaffen werden. Dies zeigt, dass Brückenertüchtigung keine Standardaufgabe im Bauingenieurwesen darstellt, sondern ein hohes Maß an Kreativität, Ideenreichtum und profundem Fachwissen sowie Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit den Zeugnissen der Baukultur erfordert. Durch eine detaillierte Neuberechnung aller Bauzustände sowie eine realistischere Erfassung der Baustoffeigenschaften war es unter Berücksichtigung des guten Bauwerkzustands möglich, nicht genutzte Tragreserven in Ansatz zu bringen. So konnten die notwendigen Ertüchtigungsmaßnahmen im Wesentlichen auf Verstärkungen der Hohlkastenstege und der Bodenplatte im Bereich der Auflager beschränkt werden. Eine besondere Herausforderung war der Austausch der verschlissenen alten Lager. Sie wurden über Stahllitzen und hydraulische Hebetechnik vom Überbau zum Pfeilerfuß hinabgelassen, die neuen, speziell hergestellten und genehmigten Lager ebenso hinaufgezogen. Zum Anheben des Überbaus wurden bis zu 28 Pressen mit einer gesamten maximalen Hubkraft von 12 480 t eingesetzt. Alle Instandsetzungs- und Ertüchtigungsarbeiten mussten in schwindelerregender Höhe und bei laufendem Verkehr ausgeführt werden. Die eigentliche große Ingenieurleistung aber sind die Neuberechnung und das Sanierungskonzept. Hier wurde berechnet, was früher nicht berechnet werden konnte und so Reserven für die Ertüchtigung erschlossen. Die Kochertalbrücke wird für den Deutschen Brückenbaupreis 2016 nominiert, weil ihre Instandsetzung und Ertüchtigung vorbildliches Beispiel dafür sind, wie durch innovative und kreative Ingenieurleistung die Nutzbarkeit vorhandener Bausubstanz nachhaltig verlängert werden kann.

Kategorie Fuß- und Radwegbrücken

Bild 3.  Foto: LAP

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Leibnizbrücke über den Finowkanal in Eberswalde, Brandenburg Die Fuß- und Radwegbrücke über den Finowkanal (Bild 4) stellt die wichtigste Anbindung für Radfahrer und Fußgänger aus dem nördlich des Finowkanals gelegenen Stadtteil Leibnizviertel an die

Bild 4.  Foto: Bernd Hiepe

Innenstadt dar. Die schlanke und elegante Konstruktion der Brücke fügt sich harmonisch in die nach einem Wettbewerb im Jahr 2010 umgestaltete Stadtpromenade in Eberswalde ein. Mit einer lichten Höhe von 2,80 m schafft sie im Vergleich zum Vorgängerbauwerk mehr Durchblicksmöglichkeiten an der Stadtpromenade. Sie krönt diese, ohne sie zu dominieren. Das Haupttragwerk der Stahlbrücke besteht aus einem Dreifeldträger mit bogenähnlich gevouteten Untergurten, wobei die beiden Seitenfelder Stützweiten von je 13 m aufweisen und das mittlere Feld eine Stützweite von 30 m besitzt. Die Fahrbahn der Fuß- und Radwegbrücke ist mit den Füllstäben des Geländers und mit dem Handlauf biegesteif verbunden und bildet damit einen Vierendeelträger. In der Tragwirkung verbinden sich der bogenartige Dreifeldträger und der Vierendeelträger zu einem ­hy­briden Tragsystem, in das Teile der ­Brückenausrüstung geschickt integriert wurden. Die Widerlager sind in Stahlbeton auf bestehenden Fundamentplatten der alten Brücke errichtet. Die Bestandspfähle inklusive der Pfahlkopfplatten wurden im alten Zustand belassen und komplett wiederverwendet. Die Geometrie der neuen Widerlagerbauwerke vermittelt dabei zwischen den Abmessungen des Bestandes und den Anforderungen an die neue Brücke. Das sich aus dieser Konstruktion ergebende Erscheinungsbild der Brücke überzeugt durch harmonische Proportionen. Die in den Handlauf integrierte LED-Lichtlinie beleuchtet den Geh- und Radweg auf dezente Weise und unterstreicht so die transparente Wirkung. Das neue Brückenbauwerk wurde weitgehend im Werk vorgefertigt und in drei Stücken in sehr kurzer Bauzeit eingehoben und montiert. Mit der gelungenen neuen Brücke wurde ein Entwurf realisiert, der gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Sanierung auch wirtschaftlicher war. Durch die Wiederverwendung der vorhandenen Tiefgründung und die materialsparende, filigrane Bauweise konnten die Baukosten auf 650 0000 € begrenzt werden. Dank der Voruntersuchungen zum Schwingungsverhalten der Brücke konnte auf den


Aktuell Einbau von Schwingungstilgern verzichtet werden. Durch die überwiegend werksmäßige Herstellung weist das Bauwerk eine ausgezeichnete Materialqualität auf, die auch auf lange Sicht einen geringen Erhaltungsaufwand erwarten lässt Die Leibnizbrücke wird für den Deutschen Brückenbaupreis 2016 nominiert, weil sie gestalterisch und konstruktiv eine überzeugende Ingenieurleistung im innerstädtischen Bereich darstellt. Die Jury würdigt mit der Nominierung den innovativen Ansatz der statisch-kon­ struktiven Kombination aus schlankem Stahlüberbau und der mittragenden Geländerkonstruktion, die einen vier­ endeelartigen Versteifungsträger bildet. Diese Konstruktion ist beispielgebend für materialsparende, filigrane Brückenbauwerke. Campusbrücke in Würzburg Die Campusbrücke Würzburg (Bild 5) wird für den Deutschen Brückenbaupreis nominiert, weil sie auf eindrucksvolle Weise zeigt, dass auch robuste Massivbrücken aus Stahlbeton leicht und anmutig gestaltet werden können, bescheinigt die Jury. Das Bauwerk aus zwei Wegbändern mit integrierten Treppen, die im Mittelteil zu einer Bogenkonstruktion verschmelzen, verknüpft geschickt die Verkehrsströme zwischen Campus und öffentlichem Nahverkehr.

Bild 5.  Foto: Ignacio Linares

Fuß- und Radwegbrücke über die ­Donau bei Deggendorf Der Steg über die zwei Donauarme verbindet Deggendorf rechts der Donau mit den links der Donau liegenden Ortsteilen Fischerdorf und Natternberg (Bild 6). Die Brücke entstand im Zusammenhang mit der Landesgartenschau 2014. Der Entwurf ging aus einem vorgeschalteten Realisierungswettbewerb als Sieger hervor. Mit 455,5 m Länge gehört die Deggendorfer Brücke zu einer der längsten semiintegralen Fußgängerbrücken Europas. Die Brücke besteht aus einem äußerst filigranen, ständerlosen Fachwerk und bietet durch ihre sowohl in Längs- als auch in Querrichtung veränderliche Geometrie dem Benutzer ein wechselndes

genen Kontrast zur benachbarten Eisenbahnbrücke bildet. Darüber hinaus wird die mutige Umsetzung in Form einer semiintegralen Lagerung, die zu einer wartungsarmen Konstruktion führt, gewürdigt.

Testturm für Aufzüge Bild 6.  Foto: Werner Huthmacher

Raumerlebnis und dem Betrachter einen „Spannungsbogen“. Die Auflagerung durch fast unsichtbare Stahlrohrfachwerke erzeugt einen Schwebeeffekt. Dieser Eindruck von Leichtigkeit wird durch die weiße Farbgebung noch verstärkt. Die Brücke ist ein 6-feldriger Durch­ laufträger mit Stützweiten von 55 m bis 106 m über der Schifffahrtsöffnung und einem in der Breite veränderlichen Fachwerktrogquerschnitt. Die Gurte und die Diagonalen des Fachwerks werden durch luftdicht verschweißte Hohlkastenprofile gebildet. Die Fachwerke haben eine über die Brückenlängsrichtung veränderliche Höhe. Die Lagerung der Brücke erfolgt über Fachwerkscheiben aus Rohren, die nahezu gelenkig an den Überbau und die Pfeiler angeschlossen sind. Durch die V-förmige Ausbildung der Fachwerkscheiben in den Achsen beidseitig der Schifffahrtsöffnung befindet sich der Ruhepunkt der Brücke über der Donau. Für die Auflagerung der Brücke wurden zwei bestehende Granitpfeiler einer 1890 errichteten Eisenbahnbrücke sowie drei neue, konisch zulaufende Sichtbetonpfeiler genutzt. Diese massiven Unterbauten ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich und lassen die filigrane Aufständerung optisch beinahe verschwinden. Der Brückenbelag besteht aus Lärchenbohlen mit offenen Fugen, wodurch eine zusätzliche Entwässerung nicht erforderlich war. Alle konstruktiven Details sind gestalterisch gut durchgearbeitet und bilden mit dem Tragwerk eine Einheit. Mit der gewählten Konstruktion konnte der gesteckte Kostenrahmen eingehalten werden. Der Überbau wurde analog zur benachbarten Eisenbahnbrücke im Taktschiebeverfahren eingeschoben. Die Nutzung vorhandener Bestandspfeiler und der Verzicht auf wartungsintensive Lager und Fugen tragen wesentlich zur Nachhaltigkeit der gewählten Konstruktion bei. Die Fuß- und Radwegbrücke über die Donau bei Deggendorf wird für den Deutschen Brückenbaupreis 2016 nominiert, weil die scheinbar schwebende Stahlfachwerkkonstruktion einen gelun-

In der chinesischen Stadt Kunshan hat KONE, Hersteller von Aufzügen, Rolltreppen und Automatiktüren, einen neuen Testturm für Aufzüge in Betrieb genommen. Mit einer Höhe von 236 m gehört die Anlage, die auf dem Gelände der Forschungs- und Fertigungsstätte KONE Park errichtet worden ist, zu den höchsten Testeinrichtungen der Welt (Bild).

Testturm für Aufzüge in China (Foto: KONE)

Der neue Turm verfügt über zwölf Aufzugschächte, die beliebig konfiguriert werden können, um Lösungen und Komponenten für High-Rise-Aufzüge zu erproben. Zur Ausstattung gehört auch ein Hochgeschwindigkeitsaufzug, der Besucher mit einer Geschwindigkeit von 10 m/s zu einer Skylobby mit Showroom befördert. Es handelt sich dabei um die erste Doppeldeckeranlage, bei der die innovative Seiltechnik KONE UltraRopeTM zum Einsatz kommt. Mit dem neuen Testturm soll das Engagement bei der Entwicklung von Aufzügen für den Mid- und High-Rise-Bereich vestärkt werden. Durch die neue, innovative Testanlage will KONE seine Position in einem sich rasch verändernden Markt weiter ausbauen. Der neue Turm in Kunshan ist die höchste von acht Einrichtungen, die KONE weltweit für Testzwecke unterhält. Die längste Testanlage im finnischen Tytyri reicht hingegen 305 m in die Tiefe. Hier können Aufzüge mit Geschwindigkeiten bis zu 17 m/s getestet werden. In der neuen Anlage in ­Kunshan erreichen Aufzüge „nur“ eine Maximalgeschwindigkeit von 15 m/s. www.kone.de

Stahlbau 85 (2016), Heft 1

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Termine

Termine 38. Stahlbauseminar 2016 Orte und Termine: Neu Ulm, 19. und 20. Februar 2016 Wien, 26. und 27. Februar 2016 Themen: –– Feuerverzinken im Brückenbau –– Kompaktkurs Verbundbau I: Biegeträger nach EN 1994-1-1 –– Kompaktkurs Verbundbau II: Stützen nach EN 1994-1-1 –– Ausführung geschweißter Stahlbauten nach EN 1090 –– Projektmanagement im Stahlbau: Alltägliche und wirkungsvolle Tipps, Ihr Projekt nachhaltig zu sabotieren – Und was ich dagegen tun kann! –– Anwendung und Vergleich der Nachweiskonzepte zum Plattenbeulen nach EN 1993-1-5 –– Besonderheiten im Stahlwasserbau anhand des Beispiels der Wehranlage Viereth am Main –– Gurtdickensprung bei geschweißten Biegeträgern – praktische Bemessung hinsichtlich Ermüdung und statischer Tragsicherheit Auskünfte und Anmeldung: Akademie der Hochschule Biberach Memelstraße 7 88400 Biberach/Riss Tel.: 07351/582551 Fax: 07351/582559 kontakt@akademie-biberach.de www.akademie-biberach.de

VDI-Arbeitskreis Technikgeschichte Ort: Berlin, Deutsches Technikmuseum Trebbiner Straße 9 Veranstalter: VDI-Arbeitskreise Technikgeschichte und Bautechnik, Lehrstuhl für Bautechnikgeschichte und Tragwerks­ erhaltung der BTU Cottbus-Senftenberg Themen und Termine (Auswahl): –– Auf den Spuren „curioser gewöhlm“ Balthasar Neumanns, 28. Januar 2016 –– Chernobyl – Tchernobyl – Tschernobyl: Die gesellschaftlichen Nachwirkungen des Atomunfalls in West­ europa in vergleichender Perspektive, 25. Februar 2016 –– Die französische Schule des Brückenbaus und ihre Ausstrahlung (1750– 1850), 3. März 2016 –– Der Stückgutverkehr zur Versorgung von Berlin, 10. März 2016 –– Schiffstheorie im 18. Jahrhundert: Von Newton über Bouguer und Euler bis zu Atwood, 7. April 2016

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Stahlbau 85 (2016), Heft 1

–– Zur Geschichte der Wohnungslüftung: Volkskrankheiten durch Schimmelbefall – Grundriss und Bautechnik als Verursacher, 21. April 2016 –– Coulombs Erddrucktheorie – Wissenschaftliche Referenz des werdenden Bauingenieurs, 12. Mai 2016 –– Kathedralen, Pyramiden und Hitlers Autobahnen? Ungleichzeitigkeiten beim Autobahnbau im Nationalsozialismus, 26. Mai 2016 –– Die Eisenhütten im Ural – Pioniere des Bauens mit Eisen im frühen 18. Jahrhundert, 9. Juni 2016 –– Theory and practice in eighteenth century building Rome. The rest­ oration of St. Peter’s dome between knowledge and experience, 29. September 2016 –– Die zeichnerische Wiege der Bau­statik – Das Analemma Johann Jacob Schüblers (1689–1741), 3. November 2016 –– Vom Umgang mit Wasser im 18. Jahrhundert – Wasserspiele und Fontänen, 1. Dezember 2016 Beginn jeweils um 17 Uhr 30 Teilnahme kostenfrei Auskünfte: Arbeitskreis Technikgeschichte im VDIBezirksverein Berlin-Brandenburg e.V. Dr.-Ing. Karl-Eugen Kurrer Karl-Eugen.Kurrer@wiley.com

IABSE Conference 2016 Bridges and Structures Sustainability – Seeking Intelligent Solutions’ Guangzhou, May 8–11, 2016 Topics: Structural Sustainability –– Innovative design concepts and frameworks –– Green civil engineering –– Sustainability metrics and indices –– Quality control, durability, and robustness Intelligent Solutions –– BIM and BrlM –– Structural control and monitoring –– Intelligent construction and maintenance technologies –– Disaster prevention and resilience High-Performance Materials –– Smart materials –– High-performance concrete and steel –– New materials Challenges in Major Projects –– Sea-crossing bridges and tunnels –– High-speed railway bridges –– High-rises and towers –– Large-space structures

Contact: OC IABSE Guangzhou 2016 Prof. Ye Xia Department of Bridge Engineering Tongji University 1239 Siping Road Shanghai 200092, P.R. China IABSE2016Guangzhou@tongji.edu.cn phone/fax: +86-21-6598 5130

19th Congress of IABSE Challenges in Design and Construction of an Innovative and Sustainable Built Environment Stockholm, September 21–23, 2016 Conference topics: –– Flexible, human friendly and traffic efficient structures –– Cost efficiency in design and construction –– Contracts and the procurement process –– Digitalisation as an enabler in the construction industry –– Low-intrusive construction and maintenance –– Safety of temporary structures –– Strengthening and retrofitting of aging infrastructure –– Confidence in implementing innovations –– Practical use of multi-criteria decision making through big data –– Structural safety and risk assessment; systems in different countries –– Product Category Rules (PCR) as a base for Environmental Product Declarations (EPD) –– General or other Challenges in Design and Construction –– Forensic Engineering Contact: Organising Committee (OC) Chair OC: Mr. Mats Karlsson Swedish Transport Administration mats.d.karlsson@trafikverket.se phone: +46 10 123 69 72, mobile: +46 70 536 66 00 Sekr. OC: Lahja Rydberg Forssbeck Swedish Transport Administration lahja.rydberg-forssbeck@trafikverket.se phone: +46 10 123 71 89, mobile: +46 70 257 37 41

Deutscher Stahlbautag 2016 Ort und Termin: Würzburg, 6. und 7. Oktober 2016 Auskünfte: bauforumstahl e.V. und Stahlbau ­Verlags- und Service GmbH www.bauforumstahl.de


Arbeiten in … Katar „Der deutsche Ingenieur genießt in Katar einen guten Ruf“ Fünf Fragen an Dipl.-Ing. Wilhelm Nell, Head of Sales & Senior Sales Specialist TLS, ArcelorMittal Steel Fibres

Dipl.-Ing. Wilhelm Nell, Head of Sales & Senior Sales Specialist TLS, ArcelorMittal Steel Fibres

1. Von den ersten Kontakten in Katar im Jahre 2012 bis zum Auftrag für 3 der 4 in Dohar geplanten U-Bahn-Linien in diesem Jahr, wie schafft man das? Der frühe Kontakt zu möglichst vielen der an den Projekten beteiligten Personen war immer sehr wichtig. Es ist nicht unbedingt von Anfang an klar, wer am Ende die Entscheidung trifft und diese ist natürlich von sehr vielen Faktoren abhängig. Zum einen muss die Lösung und das Konzept, welches wir anbieten, wirtschaftlich sein und einen Vorteil aufzeigen; zum anderen muss aber auch die Lösung technisch sehr hochwertig sein und nicht nur der geforderten Leistung genügen, sondern darüber hinaus gehen. Der Erfolg stellte sich also ein, als alle Beteiligten (Leiter Fertigteil, Einkauf, Projektleiter, Materialprüfer, usw.) mit der Lösung sowohl wirtschaftlich als auch technisch zufrieden waren. Dabei ist es immer wichtig gewesen, die individuellen Bedürfnisse, Probleme und unterschiedlichen technischen Bedingungen in den Fertigteilwerken zu berücksichtigen und die Lösung darauf abzustimmen.

WISSENSWERTES ZUM KATARIANISCHEN BAU-ARBEITSMARKT IM ÜBERBLICK: – erforderliche Papiere Für die Einreise braucht man einen mind. 6 Monate gültigen Reisepass und ein Visum. Das Visum wird sehr einfach direkt bei der Immigration am Flughafen ausgestellt. Hier ist es wichtig, dass man eine Kreditkarte bereithält. Andere Zahlungsmittel sind nicht gestattet. Um dauerhaft in Katar zu bleiben und eine Arbeitserlaubnis zu bekommen, sind natürlich mehr Papiere erforderlich. – praktische Hinweise für Einreise und Alltag Im Winter ist das Klima deutlich angenehmer als in den Sommermonaten. Wer häufiger auch draußen unterwegs ist, braucht dringend lange Funktions-Kleidung (Hosen, Ärmel) weil man bei der direkten und intensiven Sonneneinstrahlung sehr schnell verbrennt. Bei der Einreise nicht versuchen Alkohol oder Schweinefleisch mit einzuführen! Während des Aufenthalts, besonders in der Sommermonaten, immer auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten.

2. Eine Auslieferung von 1.500 t Stahlfasern im Monat, welche Probleme bringt das schon allein in Sachen Produktion und Logistik mit sich? Grundsätzlich ist eine regelmäßige Menge und Lieferung von Stahlfasern für die Produktion besser, als spontan erforderliche, größere Mengen. Mit den Lieferverträgen für die drei Metro-Linien in Doha kann die Produktion weit im Voraus über einen Zeitraum von ca. zwei Jahren gut planen, das gilt für den Einkauf des Rohmaterials, für die Lagerhaltung, die eigentliche Produktion und den Versand. Die Logistik ist hier das größere Problem, weil wir nicht mehr alles selbst in der Hand haben. Bei der Verladung ist es wichtig, zusammenhängende Ladungen zeitnah und möglichst an einem Tag per LKW zu den Häfen zu bekommen, um die Menge mit einer Schiffsladung zu versenden. Die Transitzeit beträgt alleine vier Wochen von Hafen zu Hafen. Mit den administrativen Aufgaben vergehen gut 5 – 6 Wochen Zeit bis zur Lieferung in Doha. Der Hafen in Doha ist zudem relativ klein und durch den Boom im Land und die zahlreichen Großprojekte stark überlaufen. Hier gibt es quasi täglich Probleme, das Material aus dem Hafen heraus zu bekommen. Meine Kollegen vor Ort aus den ArcelorMittal-Büros in Doha und Dubai helfen dabei und haben durch lokale Kontakte einen großen Vorteil. Zusätzlich haben wir durch die Büros und Lager vor Ort auch die Möglichkeiten, etwas Material zu lagern und bei Bedarf (Verzug im Hafen) dem Kunden kurzfristig per LKW Al Fanar – Islamisches Kulturzentrum im Herzen von Doha zu liefern.


Arbeiten in … Katar 3. Was hat es mit der Bedeutung des deutschen Reisepasses für Ihre Arbeit auf sich? In Katar ist das Gehaltsniveau und die Anerkennung der Qualifikation sehr stark von der Herkunft abhängig. Mit dem „richtigen“ Reisepass stehen also bestimmte Türen von vorn herein schon etwas weiter offen. Der deutsche Ingenieur genießt in Katar einen guten Ruf. Die Qualität der Ausbildung und der Ingenieurleistung vor Ort wird sehr positiv bewertet. Weiter gestalten sich auch die Einreise und das Visum sehr unkompliziert.

Typisches Straßenbild in West Bay

4. Wie hat man sich die Freizeitgestaltung vorzustellen? Katar und auch die Hauptstadt Doha sind keine interessanten, touristischen Ziele. Das Angebot ist sehr begrenzt und wird auch nicht unbedingt beworben. Von vielen Kontakten in Doha ist mir bekannt, dass es bereits nach wenigen Wochen recht langweilig wird, weil man dann schon alles gesehen hat. In einer knappen Stunde kann man nach Dubai fliegen. Das ist das komplette Gegenteil. Dubai ist wie Las Vegas. Dort kann man alles bekommen, was es in Doha nicht gibt, und noch mehr. Viele Leute nutzen das Wochenende für einen kurzen Besuch in Dubai. Mit einem günstigen Flug lohnt sich sogar das Einkaufen dort. Meine Tipps für Doha sind das Museum für Islamische Kunst. Architektur und Lage allein sind schon sehenswert), der Souq Waqif (sehr schöner Basar in traditioneller Bauweise), the Corniche (schöne Promenade mit gutem Blick auf die Skyline, besonders nach Sonnenuntergang), West Bay und The Pearl. 5. Ist die Frage nach der Rolle des Bakschisch im Lande eine eher klischeehafte? Tatsächlich gibt es Bakschisch und hin und wieder kommt man auch in die Verlegenheit darauf angesprochen zu werden. Dieses ist allerdings für ArcelorMittal völlig inakzeptabel und ein klares „no go“ für jede Geschäftsbeziehung. Bei den großen Projekten sind immer Joint Venture aus internationalen Großunternehmen zusammen vor Ort, mit denen wir verhandeln. Da ist Bakschisch auch nie ein Thema.

Auf dem traditionellen Markt Souq Waqif

, an ie S fen te r ru ssan d e d e un s o ter un er in fügen ore i v r n S bst üb n ve sern e b e e l i hre se ung n L 3, Sc n Sie rfahr sere 1-27 n e un 03 we ands , sie 0) 47 l 3 n s Au habe el. (0 .com T t y . Lus ellen wile t r@ zus bita e l a bt

– offene Stellen in welchen Bereichen Der Markt in Doha bietet für viele Positionen und Qualifikationen interessante Stellen. Fast alle internationalen Unternehmen sind vor Ort vertretenen und suchen oft mehr Personal. Im Bereich Bauwesen werden ständig Bauleiter, Projektleiter, usw. gesucht. Die großen internationalen Ingenieurbüros sind alle vor Ort vertreten und suchen auch häufig entsprechend qualifizierte Leute im Bereich Planung, Qualitätskontrolle, Überwachung, usw. – Gehälter Die Gehälter für qualifiziertes Personal mit dem „richtigen Reisepass“ (USA, UK, Deutschland, Frankreich, usw.) sind auf einem hohen Niveau. Was allerdings richtig interessant wird, ist die Steuerbefreiung, wenn je nach Reglung in den unterschiedlichen Ländern, der Hauptsitz und die Arbeit für den größten Teil im Jahr vor Ort erbracht wird. Da gilt dann Brutto wie Netto. Da zum Gehalt zusätzlich immer noch ein Extrateil für Wohnen und Lebensunterhalt gezahlt wird, kann der Großteil des Gehaltes gespart werden. Wichtig bei der Verhandlung ist die Regelung der Krankenversicherung. – Steuern s.o. – interessante Links http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussen politik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_ Uebersichtsseiten/Katar_node.html http://botschaft-katar.de/

AUF EIN WORT

Die Arbeit in Doha und in Katar ist schon etwas Besonderes. Hier bin ich nicht nur als Ingenieur gefordert, sondern muss mich mit einer unbekannten Mentalität und Umgebung auseinandersetzen und anfreunden. Dabei war es immer sehr wichtig, kulturelle und religiöse Gepflogenheiten zu verstehen und zu respektieren. Bei 50 °C im Schatten und nach einem harten Tag in einem Fertigteilwerk darf man in der Öffentlichkeit keine Flasche Wasser öffnen und trinken, wenn gerade Ramadan ist. Dieses musste ich lernen und noch viele weitere Dinge. Stahlfaserbewehrte Tübbinge für die Metro Doha Klimatisch ist es für mich immer eine Herausforderung. Im Sommer, wenn die Temperaturen sehr hoch sind und dann auch noch eine entsprechende Luftfeuchtigkeit dazu kommt, wird der Aufenthalt oft sehr anstrengend. Es dauert Tage, um sich an das Klima zu gewöhnen und man muss wirklich darauf achten, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Was mich immer etwas überrascht, ist der Einbruch der Dunkelheit. Gegen 18:00 wird es dunkel und zwar sehr schnell. Das ist ganz anders als in Europa. Die Arbeit mit allen Beteiligten vor Ort macht immer Spaß. Ein großer Unterschied zu Europa ist allerdings, dass sehr oft sehr viele Arbeiter ohne Qualifikation eingesetzt werden. Da das Lohnniveau recht niedrig ist, wird bei den Arbeitern nicht viel für eine Qualifikation bezahlt, sondern man versucht durch eine höhere Anzahl an Leuten die erforderliche Leistung zu erreichen. Qualifiziert sind dann immer nur die Leute in leitenden Positionen. Dieses führt meiner Meinung nach viel häufiger zu Problemen und könnte besser geregelt sein.

Menschenleere Straßen und hohe Häuser stellen das tägliche Stadtbild in Doha dar.


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Impressum Die Zeitschrift „Stahlbau“ veröffentlicht Beiträge über Stahlbau-, Verbundbau- und Leichtmetallkonstruktionen im gesamten Bauwesen. Die Beiträge beschäftigen sich mit der Planung und Ausführung von Bauten, Berechnungs- und Bemessungsverfahren, der Verbindungstechnik, dem Versuchswesen sowie Forschungsvorhaben und ‑ergebnissen. Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schrift­liche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Foto­kopie, Mikrofilm oder andere Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen, verwendbare Sprache übertragen werden. Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag, Funk oder Fernsehsendung, im Magnetton­verfahren oder auf ähnlichem Wege bleiben vorbehalten. Waren­ bezeichnungen, Handelsnamen oder Gebrauchsnamen, die in der Zeitschrift veröffentlicht werden, sind nicht als frei im Sinne der M ­ arkenschutz- und Warenzeichen-Gesetze zu betrachten, auch wenn sie nicht eigens als geschützte Bezeichnungen gekennzeichnet sind. Hinweise für Autoren: www.ernst-und-sohn.de/hinweise_fuer_autoren. Aktuelle Bezugspreise Die Zeitschrift „Stahlbau“ erscheint mit 12 Ausgaben pro Jahr. Neben „Stahlbau print“ steht „Stahlbau online“ im PDF-Format über den Online-Dienst Wiley Online Library im Abonnement zur Verfügung. Bezugspreise Inland Studenten Schweiz Studenten

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Vorschau   2/16 Zum Bild: Im Stahl- und Verbundbrückenbau haben sich in den letzten Jahrzehnten Querschnittsausbildungen unter Verwendung von ein- oder mehrzelligen Stahlhohlkästen allgemein durchgesetzt. Um auch die Innenflächen von ­begehbaren Hohlkästen ausreichend gegen Korrosion zu schützen und eine Prüfung und Unterhaltung der Innenräume zu ermöglichen, kam hierbei in der Regel ein drei­ lagiger Innenanstrich zur Ausführung und es wurden umfangreiche stationäre oder auch bewegliche Begehungseinrichtungen installiert. Der Beitrag berichtet über die in jüngster Zeit verstärkten Bemühungen, einerseits neue Querschnittsformen zu ­entwickeln und andererseits fortschrittliche und auf diese Querschnitte abgestimmte Verfahren zum Innenkorrosionsschutz und zur Begehung von derartigen Brücken einzu­ setzen. Das Bild zeigt die Schleusetalbrücke im Montagezustand. (Foto: Plauen Stahl Technologie)

Peter Wagner Fortschrittliche Verfahren zum Innenkorrosionsschutz und zur Begehung von Brücken mit modernen Hohlkasten-Querschnitten Jochen Raichle, Ulrike Kuhlmann Randnahe Kopfbolzen, Ermüdungsverhalten unter Querschub – Ergänzung und Verbesserung bisheriger Regeln Stephan Teich, Jens Otto, Thomas Bösche Das Ottendorfer Viadukt – Entwurf und Ausführung einer außergewöhnlichen Stahlbogenbrücke Andreas Keil, Frank Schächner Die neue Bleichinselbrücke in Heilbronn – Entwurf und Ausführung einer ­integralen Straßenbrücke in Verbundbauweise Günter Seidl, Martin Hierl, Michael Breu, Martin Mensinger Segmentbrücke Greißelbach als Stahlverbundbrücke ohne Abdichtung und Asphalt Bernhard Watzl, Jürgen Angerer, Christian Wall Bau der Weinbergbrücke in Rathenow für die Bundesgartenschau 2015 in Deutschland Ewa Maria Kido, Zbigniew Cywin´ski The colours of steel bridges in Japan – principles and examples Cengiz Dicleli Schicksal der Freybrücke – ein Baudenkmal wurde entsorgt Boshan Zhang, Weizhen Chen, Jun Xu Load effect and fatigue damage of bridges under combined actions of traffic and wind: a case study (Änderungen vorbehalten)

Auf der Suche nach dem Gleichgewicht Karl-Eugen Kurrer Geschichte der Baustatik Auf der Suche nach dem Gleichgewicht 2., stark erweiterte Auflage 2015. ca. 1200 S. ca. € 109,–* ISBN 978-3-433-03134-6 Auch als erhältlich

Was wissen Bauingenieure heute über die Herkunft der Baustatik? Wann und welcherart setzte das statische Rechnen im Entwurfsprozess ein? Wir wissen viel über die Hervorbringung und Entfaltung von Bauformen, während die Phasen der Entwicklung von Berechnungsmethoden und -verfahren für die Mehrheit der Bauingenieure unbekannt sind. Das vorliegende Buch zeichnet die Entstehung von Statik und Festigkeitslehre als die Entwicklung vom geometrischen Denken der Renaissance über die klassische Mechanik bis hin zur modernen Strukturmechanik nach.

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Nachhaltigkeit im Stahlbau Der verantwortungsbewusste Umgang mit Rohstoffen ist der Dreh- und Angelpunkt von Nachhaltigkeit – für den Stahlbau bedeutet dies vor allem den ressourcenschonenden Einsatz

durch

optimierte

Konstruktionen.

Nachhaltigkeit und Ökobilanzierung in der praktischen Umsetzung; dies fordert und Hrsg.: Ulrike Kuhlmann Stahlbau-Kalender 2016 Eurocode 3 – Grundnorm, Werkstoffe und Nachhaltigkeit April 2016. ca. 800 Seiten. ca. € 144,–* Fortsetzungspreis: ca. € 124,–* ISBN 978-3-433-03127-8 erhältlich. Auch als

fördert die Stahlindustrie. Verbundforschungsvorhaben

mit

Industrie-Forschungsmitteln

des Stahlbaus (FOSTA) konnten die Nachhaltigkeit der Stahlbauweise im Hochbau und im Brückenbau nachweisen. Für die Anwendungsgebiete dieser Werkstoffe im Geschossbau, bei der Aufstockung von Bestandsgebäuden, für moderne Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise u. a. ist Nachhaltigkeit kein leeres Versprechen, vorausgesetzt, Ingenieure verfügen über die notwendigen Kenntnisse zum werkstoffgerechten Konstruieren und Bemessen.

Dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick Bernhard Hauke Sustainable Steel Buildings A Practical Guide for Structures and Envelopes Juni 2016. ca. 288 Seiten. Englisch ca. € 87,90,–* ISBN 978-1-118-74111-5 Auch als erhältlich.

hinsichtlich Nachhaltigkeit und zeigt auf, wie Stahl mit einem hohen Maß an Nachhaltigkeit für Gebäude genutzt werden kann. Es konzentriert sich auf die Vor- und Nachteile von Stahl und wie diese Eigenschaften im Rahmen internationaler

Zertifizierungssysteme

eingesetzt

werden können (DGNB, LEED, BREEAM, openhouse etc).

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Pro Zeitschrift eine Box Ingenieurwissen aufbewahren in Zeitschriften-Archivboxen

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