11 minute read
Design ist Teamsache
PORTO S in Acai Seidenmatt, KITZBÜHEL in Noble Grey
Im Gespräch mit Sven Moritz, Produktentwicklung Baumann Group, und Stefan Gillmann, Produktentwicklung und Vertrieb Decor Druck Leipzig
75 Personen pro Stunde und 150 Gäste pro Timeslot hatten im letzten Jahr über eine Woche lang die Gelegenheit, die neu kreierten Modelle der Marken Bauformat, Burger und Badea live zu erleben. Für Sven Moritz, Leiter der Produktentwicklung der Baumann Group, und sein Team ist jede Messe eine kreative und zeitintensive Herausforderung. „Wenn die Pforten unseres Showrooms im Haus Beck geöffnet werden, muss alles fertig sein und wir ziehen uns, Corona geschuldet, zurück. Denn jeder Mitarbeiter zu viel würde die für unsere Kunden zur Verfügung stehenden Timeslots negativ beeinflussen“, so Sven Moritz. Wir treffen ihn mit Stefan Gillmann, Produktentwicklung und Vertrieb Decor Druck Leipzig.
Foto: Bauformat ARCHITEKTUR + TREND
DEKORE Eiche „Wild West“ und „Accona“
SVEN MORITZ, Produktentwicklung Baumann Group STEFAN GILLMANN, Produktentwicklung und Vertrieb Decor Druck Leipzig
Herr Moritz, Sie zeichnen seit fünf Jahren für die Produktentwicklung der Marken Bauformat und Burger verantwortlich. Eine sehr interessante und spannende Aufgabe, wenn man bedenkt, dass Sie zwei preislich unterschiedlich segmentierte Sortimente bedienen müssen. Wie stellen Sie sich diesem Spagat? Sven Moritz: Ich habe das Gefühl, dass unser Sortiment im Laufe der letzten Jahre konzeptionell stimmiger und zusammenhängender geworden ist. Mit meinem Eintritt in die Baumann Group im April 2017 war es der Wunsch des Inhabers, ein Entwicklungsteam zu installieren. Eine Entscheidung, die sich in den letzten Jahren bezahlt gemacht hat. Als Team haben wir seitdem versucht, die an uns von Seiten unserer Partner im Handel herangetragenen Anforderungen marktgerechter zu erfüllen. Was uns, wie uns unsere Kunden bestätigen, gelungen zu sein scheint.
Dennoch stellt es sich nicht immer leicht dar, die Unterscheidungsmerkmale der Marken Burger und Bauformat klar zu umreißen. Sven Moritz: Im letzten Jahr haben wir z.B. für beide Marken eine neue Korpushöhe gebracht. Bei Burger liegt sie bei knapp 80 Zentimetern und reicht damit sehr nahe an die 78er Rasterkorpus von Bauformat heran. Dafür haben wir bei Bauformat eine neue Korpushöhe von 84,5 cm eingeführt, durch die sich die beiden Marken wieder mehr differenzieren. Etwas näher beieinander sind wir beispielsweise bei der Auswahl der Griffe, der Dekore und Arbeitsplatten mit Direktbeschichtung oder in Farbwelten. Die Differenzierung von Burger und Bauformat liegt mehr oder minder in der Materialität und am hohen Anteil der Sonderanfertigungen, was sich bereits aus dem Profil der Marken ergibt. Während unser Fokus bei Burg auf der industriellen Fertigung liegt, ist es bei Bauformat das Besondere, das sich auch in der Hochwertigkeit der eingesetzten Werkstoffe wie Mattlack, Furniere, Dickfurniere oder Keramik und Maßvarianz widerspiegelt.
Wie steht es um Badea? Sven Moritz: Bei der Entwicklung von Badea orientieren wir uns etwas mehr an dem Produktportfolio von Bauformat, was der Tatsache geschuldet ist, dass unsere Badmöbel seit einigen Jahren in Löhne gefertigt werden. Wobei wir uns eher im Preiseinstieg von Bauformat bewegen, den wir im Übrigen ebenfalls ausgebaut haben. So verzichten wir z.B. bei Badea auf echten Mattlack und decken den Trend nach matten Oberflächen durch UV-Lack ab. Auch den Trend zu gebogenen Fronten greifen wir auf und realisieren ihn mit kunststoffummantelten Fronten, ein Bereich, den es bei Bauformat nicht mehr gibt. Vor dreieinhalb Jahren haben wir das Sortiment einmal von rechts auf links gedreht und verzeichnen seitdem auch noch größere Erfolge.
Foto: Bauformat ARCHITEKTUR + TREND | Küchen
BERLIN in Greige, SIENA in Alpine Oak
Wie Sie sicherlich wissen, verfolgen wir den zweistufigen Vertrieb, mit dem wir gut unterwegs sind. Derzeit bereiten wir unseren Auftritt auf der SHK in Essen vor, die von Anfang März auf Anfang September 2022 verlegt wurde.
Bad oder Küche, wie definieren Sie Ihr jeweils aktuelles Sortiment? Betreiben Sie so etwas wie Trends-Scouting? Sven Moritz: Aber ja! Wir haben ein Kernsortimentsteam, das sich mit aktuellen Trends auseinandersetzt. Helene Bangert ist nicht nur für Architektur und Design in der Unternehmensgruppe verantwortlich, sondern kümmert sich auch zusammen mit Nadine Woköck aus meinem Team um die Trendforschung. Gemeinsam orientiert man sich international u.a. auch durch den Besuch von Messen. Tendenzen werden dann zusammengetragen und in Moodboards visualisiert. Einen Teil davon dürften Sie im letzten Herbst auch beim Besuch unserer Hausmessen gesehen haben. Sind die Stilwelten definiert, besuchen wir unterschiedlichste Holzwerkstoffverarbeiter und Dekordrucker und legen fest, welche der hier vorgestellten Designs und Oberflächen sich am besten für die Umsetzung der Trendwelten eignen. Dadurch, dass die Baumann Group zu den marktführenden Unternehmen gehört, haben wir oft ein wenig Vorlauf. Meist gelingt es uns, unseren Bedarf aus dem Standardprogramm der Holzwerkstoffverarbeiter zu decken. Was sich auch positiv auf die Lieferversorgung auswirkt, ein ema, das in den letzten beiden Jahren eine wesentliche Rolle bei der Auswahl unserer Lieferantenpartner einnimmt. Die Möglichkeit eines exklusiven Dekors nutzen wir kaum, da sich der Aufwand nur selten rechnet. Dennoch kommt es vor, dass Sie ein Dekor finden, das sich durch eine gewisse Einzigartigkeit auszeichnet, was jetzt sogar mit zur Kooperation mit einem Papierdrucker geführt hat. Sven Moritz: Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn uns ein Dekor so gut gefällt, dass wir direkt beim Dekordrucker ordern, immer im Schulterschluss mit einem Holzwerkstoffspezialisten unseres Vertrauens, der das Dekor dann verpresst und verarbeitet. Wichtig ist dabei auch das ema Oberfläche, man benötigt grundsätzlich auch den einen oder anderen Lieferanten, der aktuelle Oberflächen verwendet.
Herr Gillmann, in der Kastenmöbelindustrie ist Decor Druck Leipzig bereits ein renommierter Hersteller. Was die Küchenhersteller anbelangt, sind Sie noch sehr jungfräulich unterwegs. Stefan Gillmann: Ja, das liegt daran, dass wir im Kastenmöbelbereich bis dato ausschließlich Finish-Folie angeboten haben. Melamin bereichert erst seit drei Jahren unser Produktportfolio. Umso mehr freut es uns, dass unsere Modena Eiche, oder wie bei Bauformat genannt „Noble Grey“, durch unsere Kooperation mit der Baumann Group nun auch bei einem anspruchsvollen Küchenmöbelhersteller aufgenommen wurde. In diesem Bereich wollen wir auch entsprechend wachsen und dementsprechend unsere Produktentwicklung darauf ausrichten.
Herr Moritz, warum haben Sie sich gerade für Noble Grey entschieden? Sven Moritz: Zur Hausmesse haben wir zwei emen fokussiert. Das war zum einen die Durchgängigkeit, d.h. neben den Fronten bieten
BAKU in Black blue seidenmatt, KITZBÜHEL in Ulme gekälkt
wir unseren Partnern im Handel auch das Umfeld wie Arbeitsplatte, Sichtseiten und Sockel usw. an. Zum anderen haben wir, basierend auf den meist verkauften gängigsten Farbdesigns, je eine kühle und eine warme Farbwelt kreiert. Die Dekore, die wir aufgenommen haben, sollten sich in diese Farbwelten integrieren lassen mit der Prämisse, eine Null-Fehler-Kollektion zu generieren. Eigenschaften, die auf Noble Grey absolut zutreffen.
Wie würden Sie den aktuellen Farbtrend beschreiben? Sven Moritz: Der Trend geht derzeit weg von den kühlen Farbwelten hin zu warmen Tönen wie Grau oder Beige. Unsere letztjährige Hausmesse stand nicht umsonst unter dem Slogan „new home“. Gerade in den letzten beiden Jahren wurde es auch für die Konsumenten immer wichtiger, ein Farbgefühl für die eigenen vier Wände zu entwickeln. Es ging unter anderem darum, sich ein ganz persönliches WohlfühlZuhause zu schaffen, in das z.B. auch das Homeoffice integriert werden konnte. Durch Farbwelten wie wir sie definiert haben, erleichtern wir Konsumenten die Auswahl.
Herr Gillmann, für Sie als Dekordrucker ist der Blick in die Dekortrends eine kontinuierliche Herausforderung? Stefan Gillmann: Im Austausch mit Designern und der möbel- und küchenmöbelproduzierenden Industrie aber auch durch den Besuch von Messen durch unser Produktentwicklungsteam sind wir in der Lage, Trends schnell zu erkennen und umzusetzen. Wie gesagt war unsere Kernzielgruppe bis dato in der Kastenmöbelindustrie. Hier sind nach wie vor sehr ausdruckstarke, kontrastreiche Dekore im Trend, während sich die Küche meistens in einer zeitlos, eleganten Optik präsentiert. Diese Tendenzen nehmen wir künftig noch verstärkter auf. Auf der SICAM konnten wir Kunden und Interessenten bereits einen Ausblick auf unsere neuen Dekore vermitteln, unterteilt in die Stilwelten „Back to nature“ und „Industrial Style“. Erstere repräsentiert durch warme, wohnliche Farbnuancen, die sich vor allem mit Holztönen sehr kombinierfreudig zeigen. „Industrial Style“ steht für kühlere Farbnuancen mit einem höheren Blauanteil. Nach unserer Erkenntnis ist es heute wichtiger denn je, Dekore zu entwickeln, die mit vielen Farbtrends korrespondieren und sich damit entsprechend vielseitig kombinierbar zeigen. Zudem greifen wir natürlich den Trend der Innenarchitektur auf, nach dem Räume immer stärker ineinander übergehen, so dass auch hier eine aufeinander abgestimmte Dekor-Kollektion erfolgt, die alle Bereiche umfasst. Das trifft zum Beispiel auf unsere neue etwas rustikalere Eiche „Wild West“ mit einem wohnlich warmen Grauton zu, die mit zahlreichen Dekoren harmoniert und in Küche-, Ess- und Wohnbereich einsetzbar ist. Haptisch unterstreichen wir das mit der entsprechenden Oberflächenstruktur der Firma Saviola, ihres Zeichens Spezialist in Sachen Melamin und Oberfläche.
Sven Moritz: Auch die Küchenmöbelindustrie berücksichtigt immer mehr die ganzheitliche Einrichtung. Beschlagtechnisch sind wir oft wesentlich besser ausgestattet als die Kastenmöbelindustrie, zudem bieten wir heute von bodentiefen Schränken bis zu höhengekürzten Unterschränken alles an. Unsere Fertigungstiefe ermöglicht die
Foto: Burger JETTE in Greige seidenmatt, AMELIE in Mocca
Ausstattung angrenzender Wohnbereiche. Unsere Regale, Vitrinen, Side- oder Lowboards lassen sich auch gut im Ess- oder Wohnbereich einsetzen. Ganz abgesehen von der Ausstattung von Hauswirtschaftsräumen und Garderoben. Da wir sehr stark über den Küchenfachhandel vermarkten, liegt unser Fokus zuerst einmal auf der Küche, wir können aber bei Bedarf selbstverständlich auch mehr bieten.
Herr Gillmann, wie richten Sie sich als Dekordrucker für die Zukunft aus? Stefan Gillmann: Was die Zukunft anbelangt, sehen wir dieser sehr positiv entgegen. Als kleines, innovatives Unternehmen sehen wir uns in der Lage, Trends schnell umzusetzen. Zudem wachsen wir durch Neukundengewinnung, was unmittelbar mit unserer auf den Markt abgestimmten Produktentwicklung im Zusammenhang steht. Zudem stehen wir sicher auf zwei Beinen. Im Bereich Finish-Folie für das mittelpreisige Möbelsegment haben wir gerade in eine neue UVLackieranlage investiert, die uns die Herstellung von sehr matten und kratzbeständigen Oberflächen ermöglicht. Ergänzend dazu bieten wir natürlich auch als entsprechende Pendants unsere auf Melamin basierenden Produkte an. Wir bedienen auch mit unseren matten Ausführungen ein marktrelevantes ema, von dem wir uns sehr viel versprechen.
Sven Moritz: Was Finish-Folien anbelangt, sind diese für uns als Küchen- und Badhersteller nicht mehr so im Fokus. Wir interessieren uns hier eher für den Bereich des Schichtstoffs und beobachten dabei bereits die Trends von heute und morgen: So hat das ema Beton unseres Erachtens seinen Zenit bereits überschritten. Im Kommen sehen wir vor allem die keramischen Nachbildungen. Aus diesem Grund wurde zur Hausmesse eine sehr erfolgreiche Ausführung um das entsprechende Umfeld ergänzt. Zudem haben wir mit unserer neuen Front „Mocca“ eine keramische Nachbildung im Preiseinstieg gezeigt, die dem Original optisch sehr nahekommt. Von dieser Front versprechen wir uns sehr viel, da sie sich hervorragend mit den neuen warmen, Brauntönen kombinieren lässt. Das Feedback unserer Kunden bestätigt uns darin. Das freut uns umso mehr, da unsere neue Kollektion während der Pandemie nahezu ohne Präsenztermine bei Vorlieferanten entstanden ist.
Werden Sie an dem von Ihnen eingeleiteten zweijährigen Innovations-Zyklus festhalten? Sven Moritz: Auf jeden Fall. Allerdings werden wir unsere Hausmesse dennoch in jedem Jahr öffnen und uns mit einer zum Teil neugestalten Ausstellung während der Küchenmeile präsentieren. Der Kollektionswechsel mit Fronten, Arbeitsplatten, Umfeld etc., wird wie gesagt alle zwei Jahr erfolgen. Das Sortiment betreffend technische Ausstattung, Handelsware, Geräte usw. anzupassen, behalten wir uns nach wie vor jährlich vor. Dabei profitieren wir insgesamt von der Zusammenarbeit unserer Teams in Löhne und Burg. Wir alle sehen uns als Teil der kitchen family, und das spiegelt sich auch in unserem Sortiment wider.
Meine Herren, ich bedanke mich für das informative Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg.
www.decordruck.de · www.bauformat.de