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Work & Travel velophil
Die Idee des „Mobile Office“ nimmt Gunnar Fehlau, Geschäftsführer des pressedienst-fahrrad, wörtlich.
Seit dem 2. Januar tourt er mit seinem E-Cargo zwölf Monate durch Deutschland, wohnt und arbeitet unterwegs.
Radexperte Fehlau reist ein Jahr durch Deutschland, besucht Menschen, Events und nimmt seine Geschäftstermine per Velo wahr. Statt sich mit kleinen Abenteuerfahrten vom Alltag zu erholen, finden Arbeit und Abenteuer auf neue Weise zusammen: Aus „Homeoffice und Bikepacking“ wird „Workpacking“. Der radgeber nutzte die Möglichkeit zu einem ersten Interview.
Mit einem Lastenrad reisen und dabei arbeiten. Wie kam Dir diese Idee? Nach Corona hatte ich große Sehnsucht nach Unterwegssein und Begegnungen. Zudem haben wir unser Büro coronabedingt auf Remote-Betrieb umgestellt und sind mittlerweile hybrid –teils vor Ort, teils remote – unterwegs. Als zudem klar wurde, dass unsere beiden Kinder zum Studieren ausziehen werden, fügten sich diese Aspekte zu der Idee, ein Jahr vom Rad aus zu arbeiten.
Was oder wie packt man für ein Jahr?
Alleine darüber könnte man ein Buch schreiben. Ich habe Rad-, Arbeits- bzw. Alltagskleidung dabei, um bei minus 15 Grad Celsius, Regen und sommerlicher Hitze unterwegs sein zu können. Dazu kommt ein geräumiges Zelt mit Titanofen und Kamin. Jede Tasche entspricht einem Zimmer: Bad, Schlafzimmer, Küche, Vorratskammer, Fahrradwerkstatt, Arbeitszimmer und so weiter. Alles zusammen sind es gut 60 Kilogramm Gepäck, verpackt in wasserdichten ORTLIEB-Taschen.
Apropos Arbeitzimmer: Welches Arbeitsequipment ist dabei?
Ich habe ein gutes Headset, das auch telefonieren bei der Fahrt ermöglicht, ein 16"-MacBook Pro, eine Mouse, eine externe Festplatte und ein iPhone sowie eine Kamera dabei. Das war´s! Gegenwärtig habe ich nicht einmal einen Block oder Kugelschreiber in „meinem Arbeitszimmer“.
linke Seite: Gunnar Fehlau beim Start ins Nomadentum oben links: Ein frisch gebrühter Espresso komplettiert die Outdoor-Idylle oben rechts: Moderne Kommunikationstechnik für unterwegs links: Der Hausstand für zwölf Monate Leben unterwegs unten:
In welchem Verhältnis stehen bei Deiner Tour Radeln und Arbeiten?
Eins zu zwei, ich fahre an sieben Tagen die Woche ca. drei Stunden Rad und arbeite an sechs Tagen ca. sechs Stunden. Das ist die Idee zum Start, ob das aufgeht, kann ich noch nicht sagen!
Knackpunkt Reichweite:
Wieviele Akkus hast Du im Gepäck?
Ich habe vier 630-Wattstunden-Akkus dabei, das sollte für ausreichend Reichweite sorgen. Mir geht es weniger um extreme Reichweiten und Distanzen, sondern ums Unterwegssein. Deshalb fiel meine Wahl auch auf den leisen und gleichsam durchzugsstarken Antrieb Brose
S Mag.
Wie oder wo lädst Du Deine Technik?
Da führt kein Weg an Steckdosen und damit an feste Behausungen vorbei: für Großgeräte, Radakkus und Powerbank. Sind diese voll, kann ich gute zwei Tage autark unterwegs sein ... Auch das wird sich noch weiter einspielen und im Sommer besser funktionieren.
Denkst Du, die Technik hält?
Das ist eine spannende Frage. In jedem Fall habe ich bei der Ausrüstung eher „zum Besten“ gegriffen als zu den „Schnäppchen“. Dabei war hilfreich, dass ich die Bike- und Outdoor-Branche gut kenne. Während „Marathon 365“-Reifen perfekt zu meinem Vorhaben passen, nutze ich andere Teile leicht „zweckentfremdet“. So ist z. B. die Winterbekleidung von 45NRTH sicher in Deutschland üblicherweise nicht im 365-TageEinsatz. Auch sind manche Kombinationen bisher so wohl keinem derartigen Härtetest unterzogen worden: Gates-Riemen, 3X3-Schaltung und Brose-Antrieb z. B.
Welche Erwartungen hast Du an Dein Work & Travel-Projekt?
Ich möchte Alltag, Arbeit und Abenteuer in eine neue Balance für mich bringen und einfach ausprobieren, wie so ein digital-nomadisches Leben aussehen wird. Ich werde dieses Jahr 50 Jahre alt … Ein Alter, in dem Männer gerne einmal verrückte Dinge tun. So kann ich auch einmal 50 Wochen „remote velophil“ leben.
Du bist seit Jahresanfang unterwegs. Wie sind bisher Deine Erfahrungen?
Der digital-nomadische velogebundene Lebensstil ist im Winter schon eine Materialschlacht und Herausforderung, aber in der wärmeren Jahreszeit wird die Sache erfreulich komfortabel und unkompliziert werden.
TOUR FACTS
Wieviel Kilometer fährst Du am Tag?
Anfangs fuhr ich 70 und 120 Kilometer täglich. Ich wollte zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Schweiz sein. Geplant sind rund 50 Kilometer am Tag. Man bewegt sich langsam genug, um Dörfer, Städte und Kulturräume wahrzunehmen und gleichzeitig doch richtig Strecke zu machen.
Wie sieht Deine Reiseroute aus?
Wo geht es hin?
Die Reise wird mich quer durch Deutschland führen. Ich werde das Land von Ost bis West und Nord bis Süd erkunden. Und ich werde auch kurze Abstecher in unsere Nachbarländer bis nach Südtirol unternehmen.
Geplante Route
Januar: Göttingen | Nordschweiz | Süddeutschland
Februar: Süddeutschland | Rheinland
März: Rheinland | Amsterdam | Rheinland (CyclingWorld)
April: NRW | Norden | Wendland
Mai: Wendland | Berlin (VeloBerlin) | Leipzig (Velocity) | Franken
Juni: Heilsbronn | Frankfurt (Eurobike) | Karlsruhe
Juli: Tour de France (Vogesen) | Pfalz
August: Pfälzerwald (Schlaflos im Sattel) | Vogtland (Start Grenzsteintrophy) | Bayern
September: München (IAA) | Rosenheim | Passau | Bayerischer Wald
Oktober | November: Berlin | Dresden | Frankfurt | Hamburg | Köln | München | Stuttgart (Reihenfolge & Termine t.b.a.)
Dezember: Göttingen