Leitfaden_Einkaufergesprache

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Leitfaden Einkäufergespräche

Psychologie der Top-Einkäufer Es wird Sie nicht überraschen, dass Einkäufer auch auf Trainings gehen. In Kürze fassen wir hier zusammen, was dort vermittelt wird: Kluge Einkäufer > verlassen sich nicht auf eine Quelle > setzen auf jeden Anbieter einen Sponsor > lassen Dich niemals wissen, dass Du ganz vorne liegst > lassen Dich spüren, dass Du schlecht im Vergleich stehst > nehmen die Preise des schlechtesten Anbieter als Vergleichswert > behaupten mindestens einmal, dass Du „draußen bist“ > kennen Deine „deadlines“ genau

Das Verhalten der besten Einkäufer ist darauf ausgerichtet, dem Verkäufer ein Problem „zu machen“. Denn es gilt: Wer das Problem hat will folgen; Wer die Lösung hat darf führen! Oder aus dem Ratgeber eines „Einkäuferlehrbuches1“: „Das Geschick, alle vier Ebenen [Anmerkung: Gemeint ist Gesprächsatmosphäre, Gesprächsführung, Gesprächsleitfaden und Gesprächsebene] im Gespräch zu kombinieren und immer wieder unvermittelt zwischen Extremen wie harmonisch/konfliktorientiert, aktiv/passiv oder analytisch/emotional zu wechseln, macht den Einkäufer für seinen Verhandlungspartner unkalkulierbar. Entscheidend ist aber nicht die individuelle Fähigkeit zu einem abrupten Stimmungswechsel, sondern das richtige Agieren innerhalb der vierdimensionalen Gesprächsstrategie. Es genügt nämlich oft schon, sein Gegenüber durch eine leichte Veränderung der Stimmung zu verunsichern, das heißt beispielsweise, die gerade noch freundschaftliche Atmosphäre nur um ein paar Grad abkühlen zu lassen. Der Erfolg eines Einkaufsgesprächs hängt also in höchstem Maße von der differenzierten Verhandlungsführung und der situativen Gestaltung ab. Dem vorbildlichen Einkäufer, der bei seinen Lieferanten regelrecht »gefürchtet« sein dürfte, gelingt es, bei den Terminen physisch präsent zu sein, sich aber in seinem Inneren auf seinen »Feldherrenhügel« zurückzuziehen.“ Wenn wir uns gegen diese Strategie wehren wollen müssen wir mit aller Kraft ruhig bleiben und uns nicht in die Ecke drängen lassen. Wenn wir uns vor Augen halten, dass der Einkäufer ein Spiel mit uns spielt, dann kann es gelingen, die Spielregeln bewusst nicht anzuerkennen und eigene Regeln zu definieren: Immer auf Augenhöhe bleiben!!

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„Milliardengrab Einkauf“, Gerd Kerkhoff, Wiley Verlag 2003, S. 154

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Leitfaden Einkäufergespräche Strategien gegen Einkäuferdominanz Das Einkaufsverhalten vieler Unternehmen hat sich angesichts knapper Kassen auch bei Investitionsgütern entscheidend verändert. Jede Möglichkeit zum Sparen wird sofort genutzt. Aus Sicht des Verkaufs bedeutet das, besonders unangenehme Preisverhandlungen, bei denen die Einkäufer alle Register ziehen. Manche dieser Gespräche erinnern eher an einen Kampf als an eine Verhandlung. Ohne dies zu wollen, ermutigen viele Anbieter mit Ihrem Verhalten dazu, extreme Preisnachlässe zu fordern. Bei genauerer Betrachtung sind missratene Preisgespräche beim Verkauf von Investitionen fast immer mit Fehlverhalten in einem der drei Segmente Strategie, Taktik oder Persönlichkeit zu erklären. I.

Strategie – Überblick bewahren durch die richtige Aufstellung

Strategische Überlegungen im Zusammenhang mit Preisgesprächen beziehen sich auf das geschickte Sammeln von Hintergrundinformationen und das richtige Timing. Es muss bekannt sein, welche Art von Problemen mit welchen messbaren Auswirkungen durch das Angebot beseitigt werden. Auf der Basis dieser Informationen muss eine vom Kunden akzeptierte ROI-Kalkulation erstellt worden sein. So wird die Höhe der Investition dem zu erwarteten finanziellen Nutzen gegenübergestellt. Wer diese Art der nüchternen Rechnung nicht aufzeigen kann, zwingt den Käufer geradezu, sich Wettbewerbsangebote als Methode der Gegenüberstellung zu wählen. Ebenso wichtig ist die zeitliche Planung der Preisverhandlung. Starten Sie diese erst, wenn alle anderen Fragen der Zusammenarbeit, wie Verträge, AGBs, Servicekonditionen und sonstige rechtliche Themen einvernehmlich geklärt sind. Wenn Sie diese Themen noch offen lassen, wirken sie sich verlängernd auf die abschließenden Verhandlungen aus: Wenn in einer Preisverhandlung Einigkeit hergestellt wurde, der Vertrag jedoch aufgrund offener juristischer Fragen nicht unterzeichnet werden kann, dann ist das riskant. Denn später, wenn die Vertragsfragen geklärt sind, beginnt die Preisverhandlung erneut. Nicht selten ist dann die zuvor gefundene Einigung vergessen und der zuletzt gefundene Preis gilt lediglich als Basis für weitere Rabatte. Das sollten Sie beachten:

II.

>

Messbare Auswirkungen der zu lösenden Probleme kennen

>

ROI-Kalkulation existiert

>

Erst Konditionen und Paragraphen klären, dann über Preise verhandeln

Taktik – Durch Beweglichkeit und klare Ziele Vorteile nutzen

Während der Auseinandersetzung über den Preis kann die richtige Taktik so manchen Nachteil ausgleichen. Viele Verhandlungsführer machen den Fehler, dass sie in Positionen denken. Positionen sind starr und unbeweglich. Wo gegensätzliche Positionen aufeinander treffen, finden höchst ermüdende „Stellungsgefechte“ statt. Wenn Sie stattdessen mit Verhandlungszielen arbeiten, können Sie flexibel auch andere Wege zum Ziel finden, statt stur Ihre Positionen zu verteidigen. Werner Wischnewski hat seine Taktik in schwierigen Verhandlungen so beschrieben: „Wenn ich an den Verhandlungstisch komme sage ich: 'Jetzt will ich Ihnen einmal Ihre Interessen vortragen.' Und dann erkläre ich präzise deren Interessen. Und dann frage ich zur Sicherheit, ob ich alles richtig verstanden habe. Erst wenn das der Fall ist, erkläre ich meine Interessen.“ 040517 III Leitfaden Einkäufergespräche Seite 2 von 4 © 2001-2004 Heinrich Management Consulting Am Gänsfuß 5 y D-82279 Eching am Ammersee www.heinrichmc.de Telefon +49 / 8143 / 44 76 60 Telefax +49 / 8143 / 44 76 61


Leitfaden Einkäufergespräche Dadurch wird erreicht, dass zunächst Einigung über einen Punkt erzielt wird, was psychologisch gesehen eine sehr gute Eröffnung des Gespräches darstellt. Und es wird so ausgeschlossen, dass Missverständnisse die Verhandlung unnötig kompliziert machen. Einkäufer in Preisgesprächen verwenden zumeist eine Zermürbungstaktik, die auch Salami-Taktik genannt wird. Dabei wird nie ein abschließendes Kaufangebot gemacht, sondern immer neue zusätzliche Forderungen gestellt. Sie können dem entgegenwirken, indem Sie zunächst keine Zugeständnisse machen, sondern lediglich sämtliche Forderungen sammeln. Stellen Sie die Frage: „Wenn wir alle diese Forderungen erfüllen, sind Sie dann bereit, jetzt sofort zu unterschreiben?“ Solange diese Frage nicht mit JA beantwortet wird, machen Sie keinerlei Zugeständnisse. Erst wenn alle Forderungen bekannt sind überlegen Sie, welche der Forderungen Sie akzeptieren können und welche nicht. Auf dieser Basis können Sie weiter verhandeln, ohne dass weitere Forderungen aus heiterem Himmel dazu kommen. Ähnlich können Sie vorgehen, wenn der Einkäufer sie immer wieder darauf hinweist, dass der Wettbewerber Sie unterboten habe. Wenn das mehrfach geschieht, und Sie außer dem Preis kein weiteres Argument mehr sehen, dann drehen Sie den Spieß doch um und sagen Sie: „Lieber Herr Einkäufer, des Preises wegen haben wir noch nie ein Geschäft verloren. Ihnen liegen mehrere Angebote aus unserem Hause vor, die Sie bisher nicht angenommen haben. Lassen Sie uns so arbeiten: Sie sprechen noch einmal in Ruhe mit unseren Wettbewerbern und machen sich ein Bild vom Marktpreis. Wenn Sie das abgeschlossen haben, nennen Sie mir einen Preis, zu dem Sie das vorliegende Angebot aus unserem Hause wahrnehmen möchten. Ich kann Ihnen dann sofort sagen, ob ich Ihre Bestellung annehmen kann, oder ob wir ablehnen werden. So können wir unser Gespräch effizient verkürzen, und Sie stellen für sich den billigsten Preis sicher.“ Das sollten Sie beachten:

III.

>

Ziele verfolgen statt Positionen verteidigen

>

Klarheit schaffen

>

Nur im Paket verhandeln

>

Wenn mehrere Angebote abgelehnt wurden: Lassen Sie sich einen Kaufpreis anbieten.

Persönlichkeit – Verletzungen vermeiden und Stärke zeigen

Als Zuschauer hochwertiger Tiersendungen wissen Sie, dass es bei bestimmten Tierarten Revierkämpfe gibt, bei denen nur ein Tier überlebt. Etwas höher gestellte Tierarten verletzen sich bei ihren Kämpfen nicht wirklich. Der unterlegene „Konfliktteilnehmer“ ist jedoch nachher so eingeschüchtert, dass er seinen Anspruch freiwillig aufgibt. Vergleichbar mit dieser Entwicklungsstufe habe ich bereits viele Preisverhandlungen in der Praxis erlebt. Der nächste Entwicklungsschritt ist jedoch nicht weit entfernt: Angst und Stress schränken unsere Gehirnkapazität massiv ein. Das ist ein Überbleibsel aus unserer Urzeit, denn bei akuter Bedrohung musste sofort instinktiv gehandelt werden, ohne lange zu überlegen. Heute ist dies häufig kontraproduktiv. Deshalb sollten Sie Verhaltensweisen entwickeln, die verhindern, dass Sie sich bedroht fühlen und ungewollt emotional und instinktiv reagieren. Das gelingt Ihnen, wenn Sie bewusst (verbale) Verletzungen Ihres Gegenübers vermeiden und dessen (verbale) Einschüchterungen entlarven und gezielt ignorieren. 040517 III Leitfaden Einkäufergespräche Seite 3 von 4 © 2001-2004 Heinrich Management Consulting Am Gänsfuß 5 y D-82279 Eching am Ammersee www.heinrichmc.de Telefon +49 / 8143 / 44 76 60 Telefax +49 / 8143 / 44 76 61


Leitfaden Einkäufergespräche Machen Sie sich bewusst, dass Sie nicht als Bittsteller in die Verhandlungen gehen. Schließlich haben Sie etwas anzubieten, das auf mittlere Sicht mehr Wert ist, als der Preis, den Sie fordern. Es gibt also allen Grund „auf Augenhöhe“ zu verhandeln. Das sollten Sie beachten: >

Egal was passiert: Bleiben Sie im Erwachsenen-Ich

>

Bleiben Sie auf Augenhöhe

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Sparen Sie sich Ihre Emotionen für die Freizeit auf…

Auf unserer Website finden Sie einen Test Konfliktstile der Ihnen aufzeigt, welche der fünf Stile Sie bevorzugen und welche Sie selten verwenden. Dieses Bewusstsein hilft Ihnen, Ihre Konfliktgespräche künftig mit mehr „Köpfchen“ zu führen.

Wenn das Gespräch entgleist Wenn Ihr gegenüber immer wieder ansetzt, um Sie in die Enge zu treiben, nutzen Sie die beruhigende Kraft des Erwachsenen-Ich und stellen offene, ehrliche Fragen, nach dem Muster „Was wollen wir gemeinsam erreichen“. Fragen dieser Art sind geeignet, um gestörte Beziehungen, nicht nur in Einkaufsgesprächen, wieder ins Lot zu bringen.

Kooperation

Klagegespräch Konkurrenzgespräch Konsequenzendrohung

… aber nur wenn … … funktioniert wieder nicht … … aber der andere … … dann mache ich …

„Was wollen wir gemeinsam erreichen?“

Konditionengespräch

… unsere Pläne sind …

Kampf

Wenn Sie sich der wirtschaftlichen Bedeutung Ihres Angebotes für den Kunden bewusst sind und zusätzlich im Kopf behalten, dass Sie die Lösung haben – und NICHT das Problem – dann sind Sie für jedes Gespräch gewappnet!

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