
7 minute read
Photovoltaik In den Schatten gestellt
IN DEN Schatten gestellt
Im September war es soweit: Der lang erwartete Entwurf der EEG-Novelle wurde endlich vorgestellt. Seitdem reißt die Kritik jedoch nicht ab, Rechtsgutachten zeigen sogar, dass das neue EEG gegen Europarecht verstößt.
Foto: Viebrockhaus

SMARTER HELFER Ein Energiemanagementsystem zeigt laufend die Menge des eigens produzierten Solarstroms und dessen Verbrauch im Haus an.
Foto: Viebrockhaus
Am 1. Januar 2021 soll das neue EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) in Kraft treten. Die Solarbranche hatte hohe Erwartungen an den am 23. September vorgestellten Entwurf. Mit Spannung wurde unter anderem die Antwort auf die Frage erwartet, was mit ausgeförderten Photovoltaikanlagen passiert. Nach 20 Jahren Betriebsdauer fallen diese ab dem kommenden Jahr aus der EEG-Förderung heraus und standen ohne klare Gesetzeslage bisher vor Nachricht: Es gibt nun eine Übergangsregelung. Sie sieht vor, dass Betreiber bis 2027 ihren Strom ins Netz einspeisen können und dafür den Marktwert abzüglich der Vermarktungskosten erhalten (Quelle: energiezukunft.de). Der Solarstrom, den die Besitzer selbst nutzen (beispielsweise für ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe) soll künftig aber mit ganzen 40 Prozent der EEG-Umlage (auch Sonnensteuer genannt) belegt werden, das sind rund drei Cent je Kilowattstunde (Quelle: BSW Solar). Das Umrüsten der Anlage hin zum Eigenverbrauch für jedermann ist somit unrentabel. Das falsche Signal für die Energiewende in Deutschland? Der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. warnt: „Ohne einen wirksamen Anreiz zur Eigenversorgung mit klimafreundlichem Solarstrom sind weder die Klimaziele noch die Ausbauziele der Bundesregierung für Erneuerbare Energien erreichbar“. Die größte Hürde für den Weiterbetrieb hunderttausender Anlagen besteht also weiterhin.
Einführung von Auktionen
Kritik entzündet sich auch an der Ausschrei lagen ab 500 Kilowatt (welche rund 30 Prozent am bisherigen Solardachmarkt ausmachen) nur noch in Ausschreibungen vergeben. Laut BSW (Bundesverband Solarwirtschaft e.V.) gehen vier von fünf Solarunternehmern davon aus, dass die Nachfrage nach Solardächern „bei einer derartigen Verschlechterung der Rahmenbedingungen sogar stark einbrechen wird“. Denn kleinere Unternehmen haben eine geringere Chance auf tig ein viel höheres Risiko ein, als große Projektierungsunternehmen. Kleines Beispiel: Energie große Solarstromanlagen seit dem 1. April 2015 le: windkraft-journal.de). Weiteres Problem: Der produzierte Solarstrom darf nicht für den Eigenverbrauch genutzt werden, das ist für Anlagen, die über Ausschreibungen realisiert werden, verboten. Er muss immer ins allgemeine Stromnetz eingespeist werden. Somit bleibt insgesamt fraglich, ob die ausgeschriebenen Leistungen für PV-Dächer überhaupt erreicht werden können.
Smart Meter Pflicht
Messung und Regelung des Solarstroms geplant. Künftig sollen bereits kleine Anlagen mit einer

Leistung ab 1 Kilowattpeak Spitzenleistung mit einem Smart Meter ausgestattet werden müssen. Ganze 85 Prozent der Teilnehmer an einer BSWUmfrage rechnen mit negativen Auswirkungen auf die Photovoltaik-Nachfrage. Carsten König, Hauptgeschäftsführer des BSW meint dazu: „Es ist nicht nachvollziehbar, warum selbst eine Handvoll Solarmodule auf Eigenheimen künftig mit teuren fernsteuerbaren Messsystemen ausgestattet werden sollen. Das erhöht weder die gänzlich unverhältnismäßig.“ Mehr zum Thema Smart Meter – was diese sind und welche Vor- und Nachteile sie haben, lesen Sie ab Seite 22.
Irrungen und Wirrungen
Über die Sinnhaftigkeit der neuen Regelungen lässt sich streiten – juristisch jedoch kaum. Laut einer auf Energierecht spezialisierten Anwaltskanzlei (von Bredow Valentin Herz) verstößt der Gesetzesentwurf gleich mehrfach gegen euro selbst genutzter Solarstrom von ausgeförderten Anlagen zukünftig stark mit der EEG-Umlage belastet wird. Dies verstößt gegen eine durch die EU vorgegebene Richtlinie zur Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Schließlich soll der anteilige Selbstverbrauch gefördert und nicht ver brauchs ist laut der Kanzlei nicht rechtskonform. Denn nach EU-Recht muss Anlagenbesitzern ein lungen gewährt werden. Und liegt es nicht im Interesse der Bundesregierung, die solare Eigenversorgung zu fördern? Eine Energiewende ohne die Unterstützung der Bürger*innen ist kaum geber die Kritik hört und berücksichtigt, um der Solarbranche und allen Stromerzeugern die Steine aus dem Weg zu räumen. Ob sich eine eigene Solaranlage immer noch lohnt, und wie hoch die Investitionskosten tatsächlich sind, lesen Sie im nebenstehenden Expertenbeitrag. (cas)
SONNENLICHT NUTZEN Planum, den ersten planebenen Dachstein von Nelskamp, gibt es jetzt als Solarvariante – interessant für Bauherren, die mit dem klassischen Architektendachstein eine ästhetische Formensprache auf glatten Dächern bevorzugen und gleichzeitig mit den Modulen des Planum PV eine größere Leistungsausbeute erzielen wollen. Nelskamp
7-Punkte-Plan für die Solarwirtschaft

• Solar vervielfachen: Photovoltaik-Kapazität bis 2030 verdreifachen
• Solar entfesseln: Weitere Markthindernisse beseitigen, Solar-Branchen nutzen
• Solar speichern: Kurz- und langfristige Speicherkapazitäten vervielfachen
• Solar innovativ: Neuen Photovoltaik-Anwendungen eine Chance geben
• Solar förderfrei: Faire Investitionsbedingungen schaffen • Solar barrierefrei: Ü20 diskriminierungsfreien Weiterbetrieb ermöglichen
• Solar multisektoral: Potenziale für Mobilität,
Wärme und industrielle Prozesse heben
Quelle: BSW Solar e.V. – solarwirtschaft.de


Alex Melzer

CEO von Zolar im Expertenbeitrag
Was kostet eine eigene Solaranlage auf dem Dach?
Die eigene Solaranlage ist für viele Hausbesitzer ein lang gehegter Traum. Dem zugrunde liegt nicht nur der Wunsch nach Unabhängigkeit von lokalen Stromversorgern, sondern auch der Umweltaspekt von regenerativen Energien wie der Solarenergie. Nachhaltig produzierte Energie aus Ressourcen, die uns die Natur zur Verfügung stellt, ist eine der essentiellen Stellschrauben bei der Reduktion von CO2. Der kürzlich erschienene World Energy Outlook 2020 zeichnet der Solarenergie eine fulminante Zukunft: Die Energieform war neben der Windenergie in der Covid-19 Pandemie nicht nur am stabilsten, die weltweite Nachfrage nach Photovoltaik wird im kommenden Jahrzehnt auch noch massiv steigen. Obwohl die Zeichen auf Solar stehen, schrecken viele Hausbesitzer vor den Investitionskosten einer eigenen PV-Anlage inklusive Speichertechnik zurück. Mit welchen Kosten Eigenheimbesitzer kalkulieren können und wie schnell sich die Kosten der PV-Anlage amortisieren, zeigt dieser Beitrag.
Kalkulation der Anlage Prinzipiell gilt: Die Preise für Photovoltaik-Technik sinken kontinuierlich. Gründe dafür sind nicht nur die weltweit steigende Nachfrage, sondern auch immer besser entwickelte Komponenten und größere Produktionsmengen. Eine gängige Solaranlage besteht aus vier Komponenten, die zusammen den Anschaffungspreis ergeben: Die Photovoltaik-Module, eine Unterkonstruktion, installierte Solarkabel und der Wechselrichter. Je nach Bedarf kann die Anlage anschließend um zusätzliche Komponenten wie Stromspeicher oder Ladestation für das E-Auto ergänzt werden. Preis für Photovoltaik-Module: Pro Kilowatt-Peak-Nennleistung zwischen 900 bis 1.400 Euro.
Preise für Unterkonstruktion, Solarkabel und Wechselrichter: • Unterkonstruktion je nach Hersteller zwischen 150 bis 200 Euro pro Kilowattpeak (kWp) installierter Leistung. • Wechselrichter zwischen 200 bis 400
Euro pro kW Leistung. • Verkabelung zwischen 1 bis 5 Euro pro Meter.
Preise für Stromspeicher und Wallbox Am sinnvollsten ist die Kombination aus PV-Anlage und Stromspeicher, so kann der selbstproduzierte Strom zu Hause auch zeitversetzt verbraucht werden und spart effektiv Stromkosten. Die Kosten für einen Stromspeicher variieren stark je nach Hersteller, Kapazität und Funktionsfähigkeit und liegen zwischen 800 bis 1000 Euro pro kWh Speicherkapazität. Wer eine Ladestation gleich mit einplant, sollte nochmals mit Startkosten zwischen 1.300 bis 2.200 Euro rechnen.
Kosten einer schlüsselfertigen 9,9-kWpSolaranlage Eine schlüsselfertige 9,9-kWp-Solaranlage kostet im Durchschnitt zwischen 12.000 und 15.000 Euro. Ergänzt um einen 10 kWh Stromspeicher etwa zwischen 20.000 und 23.000 Euro. Das Gesamtpaket aus Anlage, Speicher und Ladestation liegt im Durchschnitt zwischen 21.200 und 25.200 Euro. Wie schnell amortisiert sich die eigene Anlage? Betrachtet man die aufgerufenen Beträge ist eine Solaranlage eine große Investition. Der Blick auf den jährlichen Stromverbrauch, die eigene Stromerzeugung und die Leistungen der Anlage zeigen aber schnell auf: Eine Solaranlage refi nanziert sich binnen weniger Jahre.
Beispielrechnung Stromkosten mit einer 9,9-kWp-Solaranlage und Stromspeicher

Strombedarf (4 Pers. Haushalt):
4.500 kWh Solarstromerzeugung: 10.000 kWh Eigenverbrauch von 80 %: 3.600 kWh Reststrombedarf: 900 kWhh Reststromkosten: 270 Euro+
Einspeisung Solarstrom: 6.400 kWh Einspeisevergütung: 553 Euro
Stromkosten insgesamt: 0 Euro
Jährlicher Gewinn: 283 Euro
Aus der Einspeisevergütung von 553 Euro und den gesparten Stromkosten von 1.080 Euro (3.600 kWh mal 0,3 Euro pro kWh Netzstrom) ergibt sich eine Stromkostenersparnis von rund 1.600 Euro im Jahr. Die Investitionskosten von 20.000 Euro werden somit in etwa zwölf Jahren wieder reingeholt. Bei einer Laufzeit von mehr als 25 Jahren erzielen die Solaranlage und der Stromspeicher somit einen fi nanziellen Gewinn von knapp als 21.000 Euro.

Exkurs: Förderungen von Bund und Ländern Die gute Nachricht – der Bund unterstützt Eigenheimbesitzer bei der Finanzierung der Solaranlage. Dazu zählen etwa die Einspeisevergütung, aber auch steuerliche Zuschüsse. Spezielle Förderungen gibt es außerdem auf Landesebene, die je nach Bundesland variieren. Im Internet fi nden sich dazu aktuelle Informationen.
