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HOCHSCHWARZWALD

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EINSTEIGER-SPEZIAL

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Kuckuck, Kuckuck…

Kuckucksuhr, Bollenhut, Schwarzwälder-Kirsch-Torte – Klischees haften dem Schwarzwald mehr als genug an. Dabei hat die Region weit mehr zu bieten. Seen, Berge und Schluchten bieten Frischluftfans viele Möglichkeiten, tolle Urlaube zu verbringen. Das Reisemobil ist dafür das perfekte Vehikel.

TEXT + FOTOS: Martin Häußermann Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah. Dieses Motto haben viele Menschen erst so richtig begriffen, als das Virus grenzüberschreitendes Reisen unmöglich machte. Doch selbstverständlich gilt das auch außerhalb der Pandemiezeiten. Wir sind schon immer gerne zum Wandern und Radeln in den Schwarzwald gefahren. Und weil wir im Großraum Stuttgart wohnen, haben wir gerne auch Tagestrips unternommen. Doch nun haben wir für diese Reportage das Reisemobil gepackt. Schließlich wollten wir einige lohnende Ziele im Schwarzwald näher erkunden – und zeigen, dass gerade der Hochschwarzwald auch eine längere Anreise lohnt. dem Terrassencamping Sandbank mit viel Glück ein Plätzchen direkt am Südufer des Sees. Dabei bieten auch viele andere Parzellen Blick auf den See, denn wie der Name schon verrät, ist der Campingplatz terrassenförmig angelegt. Und er ist auch bei weitem nicht der einzige Reisemobilhafen hier. noch die Campingplätze Bankenhof und Weiherhof. Titisee bezeichnet nicht nur das etwa einen Quadratkilometer große Gewässer. Sondern auch den Ort, an dessen Nordufer die im Rahmen der Gemeindereform mit dem etwa fünf Kilometer entfernt liegenden Ort Neustadt zusammengelegt wurde und nun die Stadt Titisee-Neustadt bildet. Das touristische Zentrum ist aber fraglos Titisee mit einer

langen Einkaufsstraße und seiner großen Seepromenade, an der sich mehrere Bootsverleihe und gibt viele Möglichkeiten, die idyllische Landschaft des Hochschwarzwalds für sich zu entdecken. Eine sehr reizvolle ist die Fahrt mit dem nostalgischen einstündigen Rundfahrt tuckernd die wildromantische Natur und führt von Titisee zur 1.070 Meter hohen Fürsatzhöhe und über Heiligenbrunnen nach Titisee zurück. Aber auch für Wanderer und Radler ist Titisee ein guter Ausgangspunkt, um die Region zu erkunden.

Ab ins Skimuseum

Von Titisee ist es nicht weit nach Hinterzarten. Diese Tradition würdigt der traditionsreiche Wintersportort mit dem Schwarzwälder Skimuseum. Die Ausstellung ist im historischen Hugenhof, einem der ältesten Bauernhöfe der Region, untergebracht. Der wurde im Jahre 1997 umfangreich restauriert und zum Museum umgebaut. Das Schwarzwälder Skimuseum beleuchtet anschaulich die Geschichte des Wintersports im Schwarzwald. Die Ausstellung spannt einen Bogen von den Anfängen des Skisports bis in die Gegenwart. Erfolgreiche Sportler,

HINTERZARTEN

SKI-GESCHICHTE Das Skimuseum in Hinterzarten ist allen Wintersportfans empfohlen. Es spannt den Bogen vom Skisport zu Omas und Opas Zeiten bis hin zu den internationalen Erfolgen der „SchwarzwaldAdler“. So nannte man die Skispringer um Martin Schmitt und Sven Hannawald, deren Anzüge hier ausgestellt sind.

wie Georg Thoma, sind mit der Region verbunden und erzielten im Schwarzwald viele ihrer großen Erfolge. Weitere erfolgreiche Skisportler, insbesondere die Skispringer Martin Schmitt, Sven Hannawald und Dieter Thoma, kommen im Skimuseum zu Ehren. Illustriert ist dies mit Fotos, Dokumenten, Medaillen, aber auch Anzügen, die diese Springer in Wettbewerben trugen und eigens für das Museum signierten. Für heutige Begriffe klobige Holzski und Bekleidung aus Omas Zeiten bieten den Besuchern die Möglichkeit einer Zeitreise zu den Ursprüngen des Wintersports im Schwarzwald.

Rauf auf den Berg

Dieser Wintersport befördert bis heute die touristische Attraktivität der Region. Davon zeugt Neustadt. Sie ist die größte Naturschanze in Deutschland, ihr Namenspate ist der nahe Berggip schanze wurde das Neujahrsspringen im Jahre 1933 ausgetragen. Die Großschanze in ihrer heutigen Form entstand im Jahre 1949, wurde aber mehrfach umgebaut und modernisiert, zuletzt im Jahr Wettkämpfe im Continentalcup ausgetragen. Die Rekordweite auf der Anlage liegt bei 150 Metern. nur dem Leistungssport, sondern auch dem Freizeitsport gehuldigt, nicht zuletzt auf dem Feldberg, der mit einer Höhe von 1493 Metern die höchste Erhebung aller deutschen Mittelgebirge darstellt. Im Winter tummeln sich hier die Skifahrer, im Sommer freuen sich Wanderer und Spaziergänger. Der Berggipfel ist touristisch gut erschlossen und auch mit dem Reisemobil über die Bundesstraße B317 erreichbar. Auf dem Seebuck kann ein früherer Funkturm bestiegen werden. Der Gipfel des Feldberg ist nur zu Fuß erreichbar. Ein Großteil des Areals steht unter Naturschutz, dabei handelt es sich um das größte und älteste Naturschutzgebiet in Baden-

HOCH HINAUF Der Feldberg ist die höchste Erhebung in deutschen Mittelgebirgen. Im Sommer lädt er zum Wandern und Entdecken ein. Für Kinder wurden ein abwechslungsreicher Lehrpfad errichtet.

FELDBERG

Württemberg. Im Haus der Natur informiert eine Dauerausstellung über die Landschaft am Feldberg und deren Besonderheiten. Hinter dem Haus der Natur nimmt ein Naturerlebnispfad durch den Auerhahnwald seinen Anfang. Um den Feldberggipfel ten. Ein alpiner Pfad und der Felsenweg komplettieren das Angebot. Vom Gipfel des Feldbergs reicht der Blick bis hin zu den Vogesen, der Schwäbischen Alb und den Alpen.

Runter an den See BUCHTIPP

„GIPFELTOUREN SÜDSCHWARZWALD, 101 HIGHLIGHTS ENTDECKEN UND ERLEBEN.“ Reise- und Wanderführer von Birgit-Cathrin Duval, erschienen im Verlag Oertel & Spörer, 19,95 Euro.

Wer eher dem Wassersport huldigt oder einfach gerne baden geht, ist am nicht weit entfernten Schluchsee am gleichnamigen Kurort gut aufgehoben. Der größte See im Schwarzwald gilt seit Jahren als einer der saubersten Badeseen in Deutschland und ist zugleich das Wassersportzentrum des Schwarzwalds. Hier kommen neben den Seglern auch Taucher zu ihrem Recht. Im Bahnhof Seebrugg teste Freizeitvergnügen ist zweifellos das Baden an den meist naturbelassenen und mitunter sehr idyl Camping Schluchsee, einem Platz, der zwar nicht übermäßig modern ausgestattet ist, aber durch seine Lage besticht. Daran ändert auch die Bahntrasse nichts, die nur mäßig befahren ist. Allerdings trennt sie den Platz vom See ab. Dennoch lässt sich

Die Autorin Birgit-Cathrin Duval ist freie Journalistin, Fotografin und Gästeführerin im Naturpark Südschwarzwald. Sie ist gerne in der Natur unterwegs, oft begleitet von ihrem Ehemann und dem Familienhund. In mühevoller Detailarbeit hat sie einen Berg-Wanderführer erarbeitet, der nicht nur die großen Gipfel wie Feldberg und Belchen erwähnt, sondern auch kleine wie den Blössling und den Schweinekopf. In diesem Buch finden sich Touren in allen Schwierigkeitsgraden. Obendrein eignet es sich auch schon zur Einstimmung auf das Reiseziel, denn die Autorin erzählt auch viele spannende und kuriose Geschichten rund um die Wanderziele.

SCHLUCHSEE

TITISEE

TOURISMUSBÜRO:

Schwarzwald Tourismus GmbH Kompetenzzentrum Tourismus Wiesentalstraße 5 79115 Freiburg Tel. +49 761 896460 mail@schwarzwald-tourismus.info

CAMPING- UND STELLPLÄTZE:

Terrassencamping Sandbank Seerundweg 9 79822 Titisee-Neustadt Tel. +49 7651 9724848 www.camping-sandbank.de info@camping-sandbank.de

Naturcamping Weiherhof Bruderhalde 25 79856 Hinterzarten Tel. +49 177 2190959 www.camping-titisee.de info@camping-titisee.de

Camping Bankenhof Bruderhalde 31a 79856 Hinterzarten Tel. +49 7652 1351 www.camping-bankenhof.de info@camping-bankenhof.de

Camping Schluchsee Gewann Zeltplatz 1 79859 Schluchsee Tel.: +49 76 56 - 5 73 www.camping-schluchsee.de info@camping-schluchsee.de

die Badestelle bequem durch eine Unterführung erreichen. Zu Gast am Schluchsee war auch schon die Deutsche Fußballnationalmannschaft. Im Jahr zur Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Spanien. Weil die Kicker um Trainer Jupp Derwall dort aber nicht nur trainierten, sondern auch dem Alkohol zusprachen, verballhornte man den beschaulichen Urlaubsort bald zum „Schlucksee“.

Immer mit der Zeit

Der Tourismus ist eine wichtige Einkommensquelle im Schwarzwald, doch hat die Region auch eine große Tradition im Uhrenbau, die ins 18. Jahrhundert zurück reicht. Um ihr Einkommen aufzubessern, bauten und verkauften die Bauern in den Wintermonaten hölzerne Gebrauchsgegenstände. Dazu gehörten auch Uhren, anfänglich mit bemalten Lackschildern als Zifferblättern. Im Jahr 1737 wurde die Kuckucksuhr erfunden. Daraus entwi die Weltruf erreichten. Dazu gehört nicht zuletzt Junghans in Schramberg. Im Jahre 1903 war Junghans tatsächlich der größte Uhrenhersteller der Welt, der in einer seinerzeit erschienenen Anzeige mit einer täglichen Produktion von neuntausend Uhren warb. Wenige Jahre später verließen sogar bis zu vierzehntausend Zeitmesser am Tag die Produktionsstätten im beschaulichen Schwarzwaldstädtchen. Von Armbanduhren ist damals allerdings noch keine Rede. Zwar wird zu dieser Zeit die

SCHRAMBERG

die Verkaufsschlager sind Wecker, die so schöne Namen wie „Radau“ oder „Störenfried“ tragen.

Rein in den Uhrenbau

banduhren auf. Immerhin sind die Schwarzwälder 1956 mit zehntausend ganggeprüften Uhren hinter Rolex und Omega der drittgrößte Hersteller von Chronometern. In diesem Rekordjahr kommt das bewährte Nachkriegskaliber J88 zu neuen Ehren – deutschen Bundeswehr. Diese Uhr mit der charakteristischen zwölfeckigen Drehlünette ist heute ein gesuchtes Sammlerstück und hat in der aktuellen Kollektion eine würdige Nachfolgerin gefunden. Ein Dauerbrenner in der Junghans-Kollektion ist die Linie Max Bill, die fraglos als Design-Ikone gelten darf. Die ist sowohl mit einem mechanischen

ZEIT FÜR DIE UHR Ein Besuch des Junghans-Uhrenmuseums im denkmalgeschützten Terrassenbau lohnt sich auch wegen der außergewöhnlichen Architektur. Auf dem Parkplatz davor lässt sich auch ein Reisemobil bequem parken.

Uhrwerk als auch mit einem Funkwerk erhältlich, das sich über eine Funkverbindung weltweit automatisch auf die aktuelle Ortszeit einstellt. Die neue Junghans-Kollektion ist, ebenso wie die zuvor beschriebenen Schilder- und Kuckucksuhren, im Junghans Uhrenmuseum zu besichtigen. Untergebracht ist dies im denkmalgeschützten Terrassenbau. Dieser war einst Uhren-Produktionsstätte und ging mit der Übernahme der Firma Junghans an die neuen Eigentümer, die Schramberger Unternehmerfamilie Steim über. Nach umfänglichen Renovierungsarbeiten ist der Bau nun der Öffentlichkeit zugänglich. Gezeigt werden Schwarzwalduhren aus allen Epochen, auch Großuhren und historische Automaten. Insgesamt umfasst die attraktive und vielseitige Sammlung rund 7.000 Exponate. Uhren- und Technikinteressierte sollten Zeit mitbringen. Schließlich sammeln die Junghans-Inhaber nicht nur alte Uhren, sondern auch bedeutende historische Kraftfahrzeuge. Zu sehen sind sie im zweistöckigen Gebäude der Autosammlung Steim am anderen Ende der Stadt Schramberg. Dort stehen Staatskarossen von Mercedes-Benz und Maybach ebenso wie rassige Sportwagen von Ferrari, BMW und Porsche. Dazu gesellt sich noch eine umfangreiche Sammlung amerikanischer Klassiker. Der Schwarzwald hat eben mehr zu bieten als nur Bollenhut und Kuckucksuhr.

ZEIT MIT DEM CHEF Junghans-Geschäftsführer Matthias Stotz kennt die Geschichte der Schwarzwalduhren, zu Anfang mit Holz-Uhrwerken ausgestattet, nur allzu gut (oben). Die Eigentümer-Familie Steim sammelt aber auch Autos, die in einem Museumsgebäude in Schramberg ausgestellt sind (unten).

Foto: Hardy Mutschler

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