22
[改道] Gai Dào
N°112 - Januar 2021
Malatesta: Warum er so gut ist und was er uns heute zu sagen hat Von: Jens Störfried
In Widersprüen denken und handeln zu können – mens könnte der Ansit sein, dies träfe vor allem auf unsere als „postmodern“ besriebene Gesell‐ sasform zu. Früher wäre hingegen alles klar gewe‐ sen. Also beispielsweise, wer die Freund*innen und wer die Feind*innen sind, weler Weg zur sozialen Revolution führt, wie eine sozial-revolutionäre Bewe‐ gung si organisieren müsste und dergleien. Do wer glaubt, die Dinge wären in der Vergangenheit im‐ mer klar und eindeutig gewesen, irrt si gewaltig und unterliegt der Rüprojektion ihrer* Sehnsut in eine vermeintli geordnete Welt. Er* ist entweder Roman‐ tiker*in und glaubt an das Mären einer besseren Ver‐ gangenheit oder einer allseits harmonisen, heilen Zukun. Oder sie* ist Dogmatiker*in und konstruiert Vergangenes und Zuküniges na den zu erreien‐ den Zielvorstellungen, die in der Regel nit dur gleiberetigte Diskussion und Entseidungen, son‐ dern autoritär, festgesetzt werden. In beiden Fällen geht es darum, endli Ordnung in das Chaos zu brin‐ gen, indem die bestehende Herrsasordnung über‐ wunden und eine freiwillige Assoziation eingeritet werden kann. Es geht au um die Gewinnung von Handlungsmöglikeiten, das Nutzen von Spielräumen, in einer komplizierten, verrüten und widersprüli‐ en Welt. Die Besäigung mit dem berühmten italienisen Anaristen Errico Malatesta kann uns einen Weg auf‐ zeigen, beides zurüzuweisen: Die Romantik und die Dogmatik. Denn beide gehen an der Wirklikeit einer komplexen Welt vorbei und führen immer wieder dazu, si entweder in Traumwelten zu isolieren oder ande‐ ren die eigenen Vorstellungen aufdrüen zu wollen. Malatesta ist dagegen dur und dur Pragmatiker – und zwar im eigentlien Sinne des Wortes. πρᾶγμα (pragma) ist grieis und bedeutet „Handeln“ und „Tun“. Malatesta orientiert si an den Handlungen die er wahrnimmt und ritet si na der Sae aus, die er anstrebt, verstrit si dabei jedo nit in absur‐
de Spekulationen, idealis‐ tise Konstruktionen oder identitäre Positio‐ nen. Interessanterwei‐ se ist es eben dieser Modus, dur welen sein Denken offen und zuglei bestimmt er‐ seint. Weil er mit seiner offensitli großen Sehn‐ sut na Anarie prag‐ matis umzugehen gelernt hat und si dur diese vermutli selbst kennen gelernt hat, war er in der Lage, über 50 Jahre lang aktiv in der anaristi‐ sen Bewegung seiner Zeit mitzuwirken. Son mit 14 wurde er in seiner süditalieni‐ sen Heimatstadt Capua in Kampanien das erste Mal festgenommen, weil er si über politi‐ se Ungeretigkeiten beswerte. Mit 18 flog er von der Universität, weil er an einer Demonstration teilge‐ nommen hae, trat der Internationalen Arbeiterassozi‐ ation bei und traf auf Bakunin, der ihn sehr inspirierte. Mit 24 zeelte er einen kleinen Aufstand in zwei Dör‐ fern an und floh ansließend na Ägypten. Seit die‐ ser Zeit führte Malatesta ein umtriebiges Leben, dass ihn über die Sweiz, Rumänien und Frankrei, für 3 Jahre na Argentinien und viele Jahre na London führte, wobei er immer wieder na Italien zurükehr‐ te. Na der Matergreifung der Fasisten starb er sließli in Rom unter Hausarrest. Sein Leben lang propagierte Malatesta den anaristisen Kommunis‐ mus, befand si fast 10 Jahre lang in Ha, nahm an anaristisen Konferenzen teil, führte Vortragsreisen