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JOSEF EDENHAUSER
Josef Edenhauser Ruedlbauer
Ein Interview von Anna-Maria Schipflinger
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Fährt oder geht man von Oberndorf aus Richtung Bichlach, weiter auf den Gruttenweg, dann erreicht man ein wunderschönes Fleckchen Erde, den Bauernhof Ruedl. Bewohnt und bewirtschaftet wird der Erbhof seit Generationen von Familie Edenhauser. Sepp ist ein begeisterter Bauer. Er lebt und vertritt seine Werte auch landesweit, als Abgeordneter im Tiroler Landtag. Ein Leben zwischen Idylle „Dahoam“ und Innsbruck „Stadt“.
Ein bisschen Enstpanntheit wäre oft besser.“
Welche Erinnerungen hast du an deine Kindheit?
Meine Kindheit wurde sehr durch unseren Betriebszweig „Urlaub am Bauernhof“ geprägt. Es kamen viele Familien mit Kindern, das waren unsere Spielgefährten. Durch unseren Heimvorteil waren wir für sie die Helden und sie suchten natürlich das Abenteuer. Zu unserer Schulzeit gab es noch keinen Schulbus. Meine ältere Schwester Franziska, mein jüngerer Bruder Peter und ich mussten den Schulweg immer zu Fuß zurücklegen. Im Winter war es manchmal auch beschwerlich und es kam vor, dass ein Schultag ausfiel. Trotz des vielen Schnees kamen wir Kinder nicht wirklich zum Skifahren, da die Entfernung zum Skilift zu groß war.
Welche Ausbildung hast du absolviert?
Nach der Volksschule in Oberndorf habe ich die Hauptschule in St. Johann besucht. Eigentlich war es mein Wunsch, eine höhere landwirtschaftliche Schule zu absolvieren. Mir war es jedoch vorgegeben, den Ruedlhof zu übernehmen und meine Arbeitskraft wurde dort schon frühzeitig gebraucht. So fiel die Entscheidung auf den dreijährigen Lehrgang in der Weitau. Das Internatsleben war für mich eine völlig neue Erfahrung. Direkt an der Bundesstraße gelegen konnte ich die ersten Wochen nicht so richtig schlafen. Für meine Persönlichkeitsbildung war das eine gute und schöne Zeit – es wurden dort viele Freundschaften geknüpft, die nach wie vor bestehen. Vis à vis befand sich die Mädchenschule – das war natürlich auch interessant. Im Anschluss an die Weitau absolvierte ich die Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister.
Wie bist du zur Politik gekommen?
Erste Erfahrungen im Dorf und mit Gruppen habe ich über die Musik gemacht. Mit 13 Jahren wurde ich Mitglied der Musikkapelle Oberndorf und mit 16 bin ich der Landjugend beigetreten. Dort hatte ich sehr schnell die Funktion als stellvertretender Bezirksobmann inne. Mit 24 Jahren kam die Wahl in den Gemeinderat, die richtige Basis für politische Aufgaben. Das ist die unmittelbarste Politik, man erlebt den Erfolg hautnah mit. Das objektive Mitbestimmen für den Ort, seine Bürger, die Nachbarn und Freunde. In den Jahren 2004 bis 2010 war ich Vizebürgermeister in unserer Gemeinde.
Du warst auch Obmann des Maschinen- und Betriebshilferings.
Ja, genau. Im Jahre 1993 fand durch den Zusammenschluss der fünf Maschinenringe zum Bezirksmaschinenring die Umwandlung vom Verein zum Unternehmen mit zehn Angestellten statt. 20 Jahre lang hatte ich die Funktion des Obmanns inne und bekam vor ein paar Jahren die Auszeichnung zum „Ehrenobmann“. Dann ergab sich eine neue Möglichkeit: Die Wahl in den Tiroler Landtag. Als stellvertretender Landesobmann des Maschinenrings Tirol ergaben sich landesweite Kontakte. Auf Anfrage des damaligen BauernbundObmanns kandidierte ich 2013 für den Bauernbund im Tiroler Landtag und wurde am 24. Mai 2013 angelobt. Zum damaligen Zeitpunkt war mir noch nicht bewusst, welch große Herausforderung auf mich zukommt. Mit zu meinen Aufgaben gehört, den Menschen im Bezirk zuzuhören, sie in ihren Anliegen zu beraten, zu unterstützen und wenn nötig an die entsprechende Landesstelle zu vermitteln. Es ist mir ein großes Anliegen, für die jeweiligen Probleme gute Lösungen zu finden. Ein großer Vorteil ist, dass ich aufgrund meiner langjährigen politischen Tätigkeit auf ein sehr gut funktionierendes Netzwerk zurückgreifen kann. Eine sehr spannende Aufgabe, verbunden mit vielen persönlichen Interaktionen und Einzelschicksalen. In meinem Amt als Landtagsabgeordneter freut mich am meisten, wenn ich den Menschen, die auf mich zukommen, erfolgreich helfen kann.
Welche Funktionen hältst du im Landtag inne?
Ich bin Sprecher für Land- und Forstwirtschaft, für den ländlichen Raum, für die Jagd und die Sicherheit (Hilfsorganisationen). In Zusammenarbeit mit dem zuständigen Landesrat wird versucht, die unterschiedlichen Vorhaben zu entwickeln und umzusetzen. Derzeit arbeiten wir unter anderem an der zweiten Jagdgesetzesnovelle.
Hast du ein spezielles Interesse an der Jagd?
Ja. Die Jagd ist für mich eine schöne Auszeit in der Natur. Während der Wildbeobachtung hast du die Möglichkeit, über aktuelle Themen nachzudenken. Jagd heißt nicht nur, Wild zu erlegen, sondern auch das emotionale Erlebnis in der Jagdgemeinschaft zu teilen.
Bei der Musik
Sepp und Helga Edenhauser
Du bist beruflich sehr viel unterwegs. Da hat man schon den Kontrast von der Idylle daheim zum Stadtleben. Ist das manchmal hart?
Das Amt als Landtagsabgeordneter nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich bin viel unterwegs, einerseits im Landtag, andererseits für die Öffentlichkeitsarbeit. Die Arbeiten am Hof hat überwiegend mein Sohn Hannes übernommen. In Arbeitsspitzen hilft die ganze Familie mit, um mir den nötigen Freiraum für meine politische Tätigkeit zu ermöglichen. Es ist immer ein gutes Gefühl, nach Hause zu kommen.
Bedeutet Öffentlichkeitsarbeit auch manchmal Stress für dich?
Nein, ich bin gerne unter Leuten, grundsätzlich ein Gemeinschaftsmensch und Teamplayer. In der Gruppe kristallisieren sich in Gesprächen viele neue Ideen heraus: Die Erfahrung der Älteren wird gehört und die Spontanität der Jungen mitgenommen. Speziell in Zeiten von Corona wertschätze ich umso mehr, gemeinsam – auch in kleinen Gruppen – neue Ziele zu erarbeiten.
Was magst du am Landwirts-Beruf?
Landwirt ist Beruf und Berufung zugleich. Schon als Kind darf man in einer wunderbaren Umgebung, behütet in der Großfamilie, aufwachen. Als Bauer hast du einen sehr abwechslungsreichen Beruf. Natürlich wird einem auch einiges an Energie abverlangt. Die tägliche Stallarbeit ist nicht aufschiebbar, dafür hat man aber eine gute körperliche Kondition. Die Arbeit auf unserem Bauernhof geschieht immer im Familienverband mit dem Grundgedanken, den Erbhof zu erhalten und weiter zu entwickeln. Aus unserem Lebenswerk entsteht ein Generationenwerk. Es ist schön zu sehen, wie die eigene Begeisterung für diesen Beruf auf unsere nachfolgende Jugend überspringt.
Welche positiven Eigenschaften hast du?
Mein Motto ist: Ehrlichkeit und Beständigkeit in meinem Leben. Ich habe mir mein Lebenskonzept und eine bestimmte Linie zurechtgelegt mit Zielen, die für mich erreichbar sind. Es ist mir gelungen, mein Leben so einzurichten, dass ich nicht alleine bin, denn ich brauche die Menschen um mich herum, was in mir eine Zufriedenheit auslöst.
Welche sind deine negativen Eigenschaften?
Speziell in der Politik muss man einen langen Atem haben. Für langwierige Entscheidungen bin ich zu ungeduldig.
Was beschäftigt dich?
Im Großen und Ganzen leben wir in einer guten Zeit in einem sehr schönen Land. Mich beschäftigt, dass sich die Gesellschaft sowohl im Arbeits- als auch im Freizeitbereich immer mehr unter Druck setzt, was sich auch auf unsere Kinder negativ auswirkt. Die positiven Möglichkeiten geraten schnell in den Hintergrund. Ein bisschen Entspanntheit wäre oft besser und Herausforderungen sollten als Chance gesehen werden.
Was ist deine Leibspeise?
Ich bin mit Hausmannskost aufgewachsen und mag sie immer noch sehr gerne. Mein Lieblingsessen ist ein Zwiebelrostbraten von einem unserer Jungrinder, wie ihn meine Frau Helga zubereitet.
Deine bereisten Länder?
Vor vielen Jahren waren meine Frau und ich in Texas / USA. Für uns eine sehr interessante Erfahrung. Während meiner Zeit als Gemeinderat zeigte uns unser damaliger Bürgermeister, Franz Höck, Schottland, wo er im zweiten Weltkrieg in Gefangenschaft war. Aktuell komme ich durch meine Arbeit im Landtag in viele europäische Länder und Städte. Für die Zukunft wünsche ich mir noch eine Skandinavien-Reise mit Wal-Beobachtung.
Was sind deine Hobbies?
Die Musik, wandern und im Winter Skitouren gehen, wenn es die Zeit erlaubt. Ich spiele Klarinette und Saxophon in der Musikkapelle Oberndorf. Bei der Musik kann ich abschalten, mich aufs Spielen konzentrieren und die Kameradschaft im Verein genießen.
Wie viele Kinder hast du?
Wir haben drei Kinder: Josef, Katrin und Hannes. Die Familie wächst mit den Schwiegerkindern und wir dürfen uns über sechs Enkelkinder freuen. Uns war immer wichtig, den Kindern eine gute Ausbildung für ihre selbständige und unabhängige Zukunft zu ermöglichen.
Was möchtest du erreichen?
Ich möchte weiterhin meine politische Arbeit gut machen, laufende Projekte im Bezirk vorantreiben und, wenn es Corona erlaubt, meine Öffentlichkeitsarbeit wieder intensivieren. Privat wünsche ich mir Gesundheit und dass die Familie weiterhin so gut zusammenhält.
Sepp (Mitte) in der Kindheit
Am 8. April dieses Jahres verstarb der Altbauer zu Ruedl, Josef Edenhauser im 93. Lebensjahr. Wir entbieten der Familie unser aufrichtiges Beileid.