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Vom Wesen des Reisens

Dennis Müller lebt seit sieben Jahren auf Norderney und zählt zur Elite der deutschen Windsurfer. 2018 hat er den Schritt in den Profisport gewagt mit einem innovativen Konzept. Gemeinsam mit seiner Freundin Katrin Backer ist der 31-Jährige zu einer ‚Reise mit dem Wind‘ aufgebrochen, bei der er weniger bekannte Surfspots rund um den Globus erkundet und seine Erfahrung in einer Mischung aus Sport und Lifestyle weitergibt. Über die Hintergründe und ersten Etappen der außergewöhnlichen Reise haben wir in unserer Magazinausgabe #30 bereits ausführlich berichtet. Seitdem hat das Abenteuer Katrin und Dennis erneut in ferne Länder geführt - unter anderem im vergangenen Winter nach Australien, Bali und Brasilien. Uns jedoch hat vor allem ein Abstecher nach Skandinavien fasziniert - im Verhältnis gesehen direkt vor unserer Haustür. Zudem hat Dennis im Juni 2020 mit einer besonderen Aktion bewiesen, dass man auch cool unterwegs sein kann, ohne das Land zu verlassen.

„Wir hatten total viele spannende Sachen über Skandinavien gehört und gelesen - und im letzten Herbst war endlich Zeit, mal hinzureisen“, erzählt Dennis. Von Kopenhagen, das zu den lebenswertesten Großstädten der Welt zählt, führt der Weg über die Öresundbrücke nach Schweden. Von Karlskrona aus startet das Paar zu einem Segeltörn durch die Schärengärten und erkundet per aufblasbarem Stand Up Paddle Board die unzähligen kleinen Inseln. Auf der anschließenden Etappe erwischt Dennis vor Göteborg ein paar sehr gute Wavetage. „Die Küste dort und weiter Richtung Norden bis nach Oslo sind noch echte Geheimtipps für Windsurfer.“ In Norwegen unternehmen Katrin und Dennis einen Abstecher in die Berge und genießen bei Wanderungen und Mountainbike-Touren die atemberaubenden Fjordlandschaften. „Einmal war ich in Ovre Ardal auf einem türkisblauen Bergsee zum Foilen und rundherum nur riesige Felswände“, schwärmt Dennis. „Oder im Jotunheimen Nationalpark haben wir uns bei 4 Grad auf 1.800 Meter Höhe spontan entschieden, unsere SUP Boards auszupacken und vor einer gigantischen Eiswand zu paddeln - das war Adrenalin pur.“ Nicht zu vergessen eine 28 Kilometer lange Wanderung mit 1.200 Höhenmetern zum wohl spektakulärsten Felsvorsprung Norwegens namens Trolltunga. „Wenn man sich wie wir relativ langsam voranbewegt, bekommt man jede Menge mit von Land und Leuten“, sagt Dennis. „Am meisten geflasht waren wir von der unberührten Natur, der Lebenseinstellung und dem Umweltfortschritt dort. Wir werden auf jeden Fall noch einmal hinfahren.“

Dennis und Katrins ‚Reise mit dem Wind‘ wäre nicht möglich ohne die Unterstützung der Materialsponsoren Gunsails, Patrik und Brunotti sowie der Partner von der Insel - Freiraum Individualtraining, Sparkasse Aurich-Norden, Inselmanufaktur Deckena, Bauunternehmen Kleemann, Reederei Norden-Frisia, Surfcafé und insular. Vor allem die beiden letztgenannten Sponsoren, die in diesem Jahr neu dazugekommen sind, haben maßgeblich dazu beigetragen, dass am 16. Juni 2020 erstmalig ein „Dennis Müller Windsurf Kids Day“ an der Norderneyer Surfschule stattfinden konnte. Der Surfprofi hat dazu 30 Norderneyer Kinder und Jugendliche im Alter von 8-15 Jahren eingeladen, einen Tag lang gemeinsam mit ihm und sechs Surflehrern der Surfschule das Windsurfen kennenzulernen. „Das Feedback war großartig“, freut sich Dennis. „Kids und Eltern begeistert, Wetter perfekt, warm und Sonnenschein, dazu eine leichte Brise mit 2-3 Windstärken. Das ruft nach einer Wiederholung - und die wird es geben.“ 2021 findet auf Norderney ein mehrtägiges „Eine Reise mit dem Wind Windsurf Kids Camp“ statt. Bis dahin wird auch die Reise von Dennis und Katrin in eine neue Runde gehen - sofern es die aktuelle Situation zulässt. „Wenn alles klappt wie geplant, werden wir als nächstes nach Irland fahren.“ Wer den Weg der beiden weiterhin mitverfolgen möchte, kann ihnen bei Facebook oder bei Instagram unter @einereisemitdemwind folgen.

Foto. Carsten Muecke

Wenn in diesen Zeiten mehr als zuvor über das Reisen sinniert wird, ballen zuweilen Emotionen aufeinander. Vielleicht entspannt sich mancher Konflikt, wenn man die Formen des Reisens diskutiert - und nicht den Wert des Reisens an sich in Frage stellt. „Neugier und die Lust in bestimmten Lebensphasen unterwegs zu sein, scheint mir eine menschliche Grundeigenschaft zu sein“, bemerkt der Historiker Valentin Groebner kürzlich in einem SPIEGEL-Interview. „Urlaub ist ja ein sehr altes Wort, es bedeutet: Entlassung aus der Pflicht.“ Überhöhte Erwartungen an das Reisen verkehren in diesem Verständnis offensichtlich dessen Sinn. Auch wenn die Reise von Katrin und Dennis aufgrund ihres professionellen Charakters nicht mit herkömmlichem Reisen vergleichbar ist, liefert der kürzliche Ausflug nach Skandinavien vielleicht doch einen Fingerzeig. Es scheint nicht unbedingt die Entfernung zu sein, die das Reiseerlebnis ausmacht, sondern sich einzulassen aufs Unterwegs-Sein - egal wo man ist. Für Katrin und Dennis bedeutet die Tour vor allem auch eine intensive gemeinsame Zeit. „Das kann uns niemand mehr nehmen - das sind unvergessliche Erfahrungen.“

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