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WOHNEN IM SCHAUFENSTER

Eingerahmt:

Ein langgezogenes Panoramafenster flutet den Wohnraum mit Tageslicht. Es wurde bündig an der Südfassade des Hauses angelegt. Im Inneren bildet es eine Sitzbank. Bei der Sanierung eines Wohnhauses aus den 60er-Jahren haben die Architekten David und Verena Messner Licht und Raum multipliziert. Die Rechnung ist aufgegangen.

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Text: Barbara Tilli | Fotos: Karina Castro

Bei der Sanierung eines Wohnhauses aus den 60er-Jahren haben die Architekten David und Verena Messner Licht und Raum multipliziert. Die Rechnung ist aufgegangen.

WOHNEN IM SCHAUFENSTER

Text: Barbara Tilli | Fotos: Karina Castro

Einblicke: Das Haus mit seinem Sockel aus Natursteinquadern und seinem klassischen Walmdach wirkt geradezu konservativ. Das große Panoramafenster aber verrät: Hier wird Weltoffenheit gelebt.

Die 60er-Jahre waren bunt, laut und rebellisch: Die Beatles und die Rolling Stones revolutionierten die Musikwelt, Pop-Art-Künstler Andy Warhol eroberte die Kunstszene und Designer wie Charles Eames begeisterten mit funktionalen und zeitlosen Entwürfen. Hinzu kamen ausdrucksstarke Tapeten, geometrische Muster, opulente

Stoffe und bunte Plastikstühle, die das Interieur in den Wohnungen aufpeppten. In den „Swinging Sixties“ erfüllten sich viele den Traum vom Eigenheim, so auch in Südtirol. In dieser

Zeit entstand in St. Michael-Eppan ein Haus, das noch heute an Ort und Stelle steht.

DIE VILLA mit ihrem Walmdach, dem Sockel aus Natursteinquadern und den streng angeordneten Kastenfenstern wirkt geradezu unauffällig, als wäre die Zeit an ihr vorbeigerauscht, ohne Spuren zu hinterlassen. Dabei ist ihr makelloses Erscheinungsbild das Ergebnis einer gut durchdachten Verjüngungskur. Mit präzisen Eingriffen haben die Architekten David und Verena Messner das Haus renoviert und an die Ansprüche der neuen Besitzer angepasst. Dabei war Licht der Ausgangspunkt der Gestaltung. DER WUNSCH der Bauherren nach einem hellen Zuhause mit großzügigen Flächen war entwurfsbestimmend. Anstelle der zwei identischen Grundrisse im Erd- und Obergeschoss, die ursprünglich als autonome Wohneinheiten dienten, sollten ebenerdig Wohnzimmer und Küche entstehen, eine Etage höher die Schlafzimmer. Die Vision der Architekten: eine Wohnung mit offenem Grundriss und fließenden Raumfolgen. Um diese Idee umzusetzen, übten die Architekten einen Befreiungsschlag gegen die bestehende statische Struktur aus. „Wir haben eine Wandscheibe aufgelöst und mit zwei Stützpfeilern ersetzt. Hierfür wurde die Decke fachgerecht mit Stahlträgern abgesichert“, erklärt Verena Messner. Während eine der tragenden Säulen geschickt in einem Möbel integriert wurde, steht die andere gut sichtbar im Raum. „Sie ist funktional und schön anzusehen. Gleichzeitig dient sie als subtile, wenngleich konkrete Barriere. Die Säule leitet intuitiv durch den Raum, ohne einen Bereich hermetisch abzuriegeln, so wie es eine Wand tun würde“, erklärt David Messner. Das filigrane, geometrische Design der Säule erzeugt ein Spiel aus Licht und Schatten, dem sich das Auge kaum zu entziehen vermag. Zu verdanken ist das zwei geschickt platzierten Öffnungen

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1. Elegant: Die filigrane Säule ist nicht nur ein Blickfang, sondern ein Element mit tragender Funktion, das aus dem weiß geölten Lärchenboden wächst. Sie leitet intuitiv durch den Raum, ohne einen Bereich hermetisch abzuriegeln.

2. Clever: Die Möbel dienen als funktionale Gestaltungselemente. Sie strukturieren den Raum und schaffen fließende Übergänge. Hier und dort haben die Architekten farbliche Akzente gesetzt, wie etwa bei den Kehrleisten. 3. Stark: Das schlichte Innenleben des Hauses besteht aus massiven Holzböden und Einbaumöbeln in weißem Dekor. Der markante Küchenblock aus Chloritschiefer ist ein Statement-Piece in Schwarz mit grünlichem Schimmer.

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Radikale Ordnung: Die Waschküche im Obergeschoss setzt farbliche Akzente. Das türkisgrüne Möbelstück aus glattem Holzdekor bietet genügend Platz für Waschmaschine, Trockner und Reinigungsmittel.

in der Außenfassade, die den Wohnraum mit natürlichem Tageslicht fluten. Um dem Wunsch der Bauherren nach Helligkeit Rechnung zu tragen, wurden sie prominent vergrößert. Die neue, raumhohe Verglasung an der Nordfassade ist als Schiebeelement konzipiert, das langgezogene Panoramafenster im Süden als fassadenaußenliegende Fixverglasung, die im Inneren eine gemütliche Sitzbank bildet. Sie sind Tore zur Außenwelt, die das Licht von einem Ende des Raumes ins andere projizieren. Neugierige Passanten mögen über ein Leben im Schaufenster philosophieren, die Besitzer des Hauses wohnen aber so wie sie denken: weltoffen. Und soll die Welt mal draußen bleiben, werden die Textilrollos einfach nach unten gezogen.

FÜR DEN SCHLICHTEN SIXTIES-LOOK im Inneren des Hauses haben die Architekten alles auf eine Karte gesetzt: hochwertiges Holz. Im Erdgeschoss wurden weiß geölte Lärchendielen ≥

DIE ARCHITEKTEN IM GESPRÄCH

Wie kommt es, dass ihr beide denselben Berufsweg eingeschlagen habt?

Verena: Es ist bestimmt nicht so, dass ich es meinem großen Bruder nachmachen wollte, schließlich esse ich nicht Vanille-Joghurt, nur weil es ihm schmeckt (lacht)…

Wie war es dann?

Verena: Zunächst wollte ich Germanistik und Kunstgeschichte studieren. Dafür zog ich nach Wien, aber es war einfach nicht das Richtige für mich. Also bin ich nach Innsbruck. Dort habe ich mich bei David einquartiert, der dort Architektur studierte. Damals liebäugelte ich noch mit dem Gedanken, in Mailand Interior Design zu studieren, doch dann hat es mich überrascht, dass das Architekturstudium nicht nur technisch, sondern auch überaus kreativ war. Das hat mich überzeugt. David: Heute ist Verena technisch unglaublich fit. Oft übernimmt sie die Bauleitung, obwohl das im ländlichen Raum als Frau nicht immer einfach ist.

Und wie entstand die Idee, gemeinsame Sache zu machen?

David: Ich arbeitete in einem Architekturbüro in Brixen, Verena war in Bozen beschäftigt, als die ersten direkten Anfragen und Projekte reinkamen. Wir haben einfach damit begonnen, gemeinsam daran zu arbeiten. Damals dachten wir noch, dass wir als selbstständige Architekten scheitern würden, das hat sich aber nicht bewahrheitet.

Gab es auch Bedenken, ob die Zusammenarbeit klappen würde?

David: Nicht wirklich. Wir kommen aus einem ländlichen Kontext, da ist die Idee vom Familienbetrieb noch sehr stark verankert. Zudem ist es so, dass wir uns blind verstehen. Wir haben denselben Workflow, arbeiten fast identisch. Das ist sehr angenehm.

Fällt es schwer, Berufliches und Privates zu trennen?

David: Nein, wir verstehen uns echt gut, das erleichtert das Miteinander. Es ist aber auch völllig ok, wenn man sich mal in die Haare bekommt.

Und wie äußert sich das?

David: Naja, wenn jemand etwas verbockt, ist man zunächst nicht gut darauf zu sprechen, aber ich glaube, das wäre auch so, wenn man nicht verwandt wäre.

Ihr arbeitet gemeinsam, räumlich seid ihr aber getrennt. Warum?

Verena: Genau, wir haben uns in der alten Schmiedewerkstatt unseres Vaters eingerichtet. Jeder hat seinen Arbeitsraum. Dabei geht es nicht so sehr um die Abwesenheit des anderen, sondern darum, sich zu konzentrieren. David: Die räumliche Trennung tut uns gut, dann gibt es keine Ablenkung. Ich genieße es aber sehr, dass wir uns gegenseitig inspirieren. Wir ergänzen

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1. + 2. Werkstatt-Flair: Für David und Verena Messner ist die alte Schmiede ihres Vaters Arbeits- und Rückzugsort zugleich. Hier wird geplant, entworfen und gewerkelt. Die Schmiede-Esse (Bild 2) kommt ab und zu noch für kreative Experimente zum Einsatz.

uns hervorragend. Rechthaberische Vorgehensweisen gibt es bei uns nicht. Der Entwurfsgedanke ist immer ein gemeinsamer.

Eure Projekte befinden sich häufig am Schnittpunkt von Architektur, Kunst und Design. Inwiefern hat euch euer Vater, Franz Messner, geprägt?

Verena: Die Aufgeschlossenheit für neue Ideen und das Interesse für Kunst – all das haben wir von unseren Eltern mit auf den Weg bekommen. Ihre Weltoffenheit hat uns sehr geprägt. David: Und jetzt, wo wir von unserer Arbeit leben können, gefällt es uns, hin und wieder auch Projekte zu übernehmen, die ein klein wenig aus dem Rahmen fallen. Verena: Stimmt, ich selbst identifiziere mich nämlich nicht nur als Architektin. Ich mag es, an vielfältigen, gestalterischen Projekten zu arbeiten. David. Das geht mir genauso. Neulich durfte ich zusammen mit einem Bauern einen Hühnerstall planen. Auch diese Bauaufgabe war spannend!

Cooles Geschwisterpaar: Seit 2013 führen David und Verena Messner in Klobenstein am Ritten ihr eigenes Architekturbüro. Beide haben eine hohe Affinität für das Bauen in der Landschaft.

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„VIEL SPIEL- UND BEWEGUNGSRAUM WAR DER WUNSCH DER FAMILIE.“

DAVID MESSNER

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1. Harmonisch: Das Wohnzimmer besteht aus einer tannengrünen Sofalandschaft. Sie ist als modulares System konzipiert und somit beliebig verstellbar. Der alte Kachelofen verleiht dem Raum Wärme und Gemütlichkeit.

2. Sanfte Rundungen: Das Interieur im Wohnbereich wirkt schlicht und gelassen. Zu verdanken ist das den weichen Formen der Einbaumöbel und der Designsprache der Sofalandschaft.

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Raumwunder: Der Einbauschrank bietet jede Menge Stauraum. Die türkisen Kehrleisten heben sich farblich vom Boden ab, gehen in einen weißen Sockelbereich über und münden in ein Regal aus Nadelholz. Die gepolsterte Sitzbank (rechts) ist mit grauem Lodenstoff bezogen.

verlegt, eine Etage höher dominiert weiß geölte Fichte. Selbst die Decken im Haus sind stellenweise mit Holz verkleidet und erzeugen so ein Gefühl von Wärme. Die fließenden Raumfolgen im Wohnbereich sind geprägt von einem einzigen Einbaumöbel, das jede Menge Stauraum bietet. Seine türkisen Kehrleisten heben sich farblich vom Boden ab, gehen in einen nüchternen, weißen Sockelbereich mit kaum sichtbaren Schubladen und in ein elegantes Regal aus Nadelholz über. Nahtlos zieht sich das Möbelstück durch den Raum, wo es in einer Nische mit einer gepolsterten Sitzbank mündet. Gegenüber befindet sich eine tannengrüne Sofalandschaft. Sie ist als modulares System konzipiert und lässt sich beliebig verstellen. Farblich harmonieren die Sitzmöbel mit dem alten Holzofen. Seine grünen Kacheln inspirierten die Architekten, das schlichte Interieur hier und dort mit ausgewählten farblichen Akzenten aufzupeppen. Mit einem kleinen Augenzwinkern erinnern sie an die verspielten 60er-Jahre und damit an die Geburtsstunde des Hauses. n

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