AUSLÖSER 01/2014

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2014

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TITELTHEMA 1

AUSLÖSER A AU SLÖSER Filmverband Sachsen

KINOLAND SACHSEN

06 16

A-CINEMA

Alternative des digitalen Zeitalters

INTERVIEW

Fragen an Staatsministerin von Schorlemer


MDM geförderte Filme im Kino:

Grand Budapest Hotel

Pettersson und Findus – Kleiner Quälgeist, große Freundschaft

Regie: Wes Anderson

Regie: Ali Samadi Ahadi

Die Bücherdiebin Regie: Brian Percival

www.mdm-online.de


EDITORIAL 1

Liebe Mitglieder und Freunde des Filmverbandes, liebe Leser! Nur wer sich wandelt, kann eine Zukunft haben und sich dabei treu bleiben. Für Filmemacher ist das eine Selbstverständlichkeit. Man macht jeden Film nur einmal. Filmemachen ist für sich schon seit jeher permanente Entwicklung. Vor allem die der technischen Voraussetzungen hat sich in den vergangenen Jahren beschleunigt. Gleichzeitig eröffneten sich Gestaltungsmöglichkeiten, die vor kurzem noch undenkbar waren. Damit ist aber auch ein gestiegener Erneuerungsdruck verbunden. Man könnte fast denken, dass inzwischen mehr die rasante technische Entwicklung im AV-Bereich bestimmt, wie Filme gedreht werden (müssen) und aussehen (sollen) als der gestalterische Sinn und die erzählerische Absicht der Filmemacher. Doch letztlich haben sie es hier wenigstens noch selbst in der Hand. Problematischer wird es, wenn technische Entwicklungen mit äußeren Zwängen verbunden sind, gegen die sich die „Gestalter“ kaum wehren können und die damit auch negative Folgen für die Freiheit der Filmkultur befürchten lassen. Im Kinobereich ist dieses Problem evident. Zudem sind vor allem diejenigen davon betroffen, die sich mit ihrer Programmarbeit vor allem für die Wahrung und Verbreitung von Filmen im kulturell-künstlerischen Sinne einsetzen. Oder die, die dort Kino machen, wo es den Majors nicht lohnenswert genug ist. Für solche „kleinen“ und filmkunstgetriebenen Betreiber und Veranstalter ist die Umstellung auf digitale, datenbasierte

Vorführtechnik nicht nur ein riesiges finanzielles Problem. In seinem sehr lesenswerten Artikel unseres Schwerpunktthemas beschreibt Lars Tuncay eindrücklich, welche Gefahren für die Programmvielfalt das übliche Verfahren mit sich bringt aber auch, welche Alternativen es gäbe. In diesem Zusammenhang möchte man auch die Aussage der zuständigen Ministerin des Freistaates Sachsen, Frau Prof. Dr. Schorlemmer, im AUSLÖSER-Interview als Versprechen nehmen, sich für Unterstützung auch solcher Kinoveranstalter einzusetzen, die bisher durch das Förderraster fielen, die aber mancherorts als verbliebene Leuchttürme der Filmkultur überaus wichtig sind. Der Filmverband Sachsen bietet seine Unterstützung dabei an. Stetige Entwicklung und Wandel sind auch für uns von größter Wichtigkeit. Mit der Vorlage, der Diskussion und dem Beschluss zu einer neuen Satzung werden entscheidende Schritte hin zu einem breiter aufgestellten und demokratischer organisierten Verband gemacht, der seinem Anspruch, die gesamte Filmkultur und das Filmschaffen in Sachsen zu repräsentieren, damit künftig noch wirkungsvoller gerecht werden kann. Einen greif- und sichtbaren Ausdruck dieser Entwicklung halten Sie auch mit diesem Heft in der Hand. Wir haben dem AUSLÖSER eine neue Form und ein neues Aussehen gegeben, um die Leistungsfähigkeit und Modernität von Filmkultur und Filmschaffen in Sachsen noch entsprechender darstellen zu können. Diese Entwicklung basiert aber auf dem jahrelangen Engagement derer, die den AUSLÖSER bis hierhin gebracht haben. Besonders danken wir André Schmidt, der das Heft als Layouter, „Informant“ und Autor mit geprägt und erhalten hat. Lassen Sie uns wissen, was Sie vom neuen AUSLÖSER halten und was wir für Sie noch besser machen können. Eine anregende Lektüre wünscht,

Joachim Günther


Foto: flickr, cosmo flash

2 TITELTHEMA INHALT 2

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GEGENkino Vom 3. bis 13. Apri untersucht das GEGENkino-Festival das Vokabular des Aufbegehrens.

In diesem Heft

EDITORIAL MITGLIEDERPORTRAIT

Frank Leichhauer

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SPOTS 05 „Film Animation“ ein Handbuch von Günter Rätz OSTPOL e.V. Neues Programm zur Förderung des künstlerischen Animationsfilms in Mitteldeutschland

THEMA: KINOLAND SACHSEN

FILMPOLITIK

BR-Fernsehdirektorin Reiz Zwischen Wahrheit und Nebelkerzen Creative Europe Neue europäische Film- und Kulturförderung FILMKULTUR

26. Filmfest Dresden 15.-20. April Mitteldeutsche Filmnacht 18. April

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24 25

SPOTS 26 MDM Nachwuchstag „Im Dreieck“ Kinostart Int. Dresdner Sommerakademie

Alternative des digitalen (Kino)Zeitalters GEGENkino – Festival 3.-13. April FFA-Urteil ein Kommentar von Heiko Hilker Interview Fragen an Staatsministerin von Schorlemer

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Kurzsüchtig Das Leipziger Kurzfilmfestival

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SPOTS

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SPOTS

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DEFA Stiftung setzt Förderung aus Neuer Verband der freien Filmwirtschaft (AUF)

„Waldbrüder“ auf der BERLINALE IfM-Forschungsprogramm 2014

PRODUKTION

„Die schöne Krista”

WORKSHOP

Resümee von Roman Klink

29 30

EINREICHTERMINE/FÖRDERENTSCHEIDUNGEN 31 IMPRESSUM

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MITGLIEDERPORTRAIT 3

Martin Pelzl, aktuell in Halle (Saale) für das Filmprojekt „Wild“ unterwegs.

Frank Leichauer

„Location Service“ in Mitteldeutschland In den USA gehören Locationscouts schon lange zum festen Bestandteil der Filmbranche. In Deutschland setzte sich der Beruf aber erst in den 1990er-Jahren langsam durch. Im September 2010 gründete sich der Bundesverband Locationscouts (BVL). In der Regel waren „früher“ Szenenbildner dafür zuständig, Drehorte ausfindig zu machen, inzwischen wird die Suche an Scouts wie Frank Leichauer weitergegeben. Mit ca. 5 bis 8 Projekten pro Jahr sucht und findet Frank Leichauer mit seinen Kollegen für Kinospielfilme, Fernsehserien oder Werbung die passenden Motive. Interview: Jana Endruschat Foto: Location Service

Seit 2005 bist du hauptberuflich als Locationscout unterwegs. Welche Voraussetzungen, glaubst du, sollte ein Locationscout mitbringen? Ein Scout benötigt ein entsprechendes Vorstellungsvermögen, um die im Drehbuch beschriebenen Orte in der Realität zu finden. Dazu braucht man nicht nur ein gewisses Gespür, sondern auch einen „filmischen Blick“. Das gesuchte Motiv muss ja letztlich auf seine Umsetzbarkeit beim Drehen bewertet werden. Hierzu sind übrigens auch

Kenntnisse in der Fotografie wichtig, um einschätzen zu können, wie ein Ort wirkt. Ursprünglich hast du allein den „Location Service“ ins Leben gerufen. Inzwischen ist es ein Netzwerk aus verschiedenen Locationscouts. Wie funktioniert ihr als Team? Es gibt Spezialisten für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Daher sind wir gut im MDM-Gebiet aufgestellt. Wir arbeiten eng zusammen und


4 MITGLIEDERPORTRAIT

können so jederzeit auf die Erfahrung aller im Netzwerk zurückgreifen. Für jeden Auftrag gibt es aber immer nur einen Ansprechpartner. Im optimalen Falle übernehmen wir mit dem anschließenden Locationmanagement auch die organisatorische Betreuung der Dreharbeiten. Und spätestens vor diesem Hintergrund legen wir beim Scouting noch mal besonderen Wert auf eine drehtechnische Umsetzbarkeit unserer Motive (lacht). Die Aufgabe des Locationscouts chanchiert zwischen Kreation und Organisation. Worin liegen für dich die Herausforderungen und die Besonderheiten deiner Tätigkeit? Mit der Kreativität hast Du recht. Ein befreundeter Produktionsleiter sagte sogar mal, dass wir Scouts „Drehorte casten“ und damit den Film maßgeblich beeinflussen. Da muss man auch kreativ sein können: Ich suchte zum Beispiel mal eine spektakuläre Schlucht für einen Autostunt in Thüringen, die es so nicht gab. Also bot ich eine Staumauer an. Das hat dann wunderbar funktioniert. Die Herausforderung liegt eigentlich darin, in relativ kurzer Zeit die optimalen Drehorte zu finden. Worin liegt dein Arbeitsschwerpunkt? Ich arbeite ja sowohl als Scout als auch als Motivaufnahmeleiter. Beides hat für mich den gleichen Stellenwert. Was bedeutet Konkurrenz/Exklusivität für dich in deinem Beruf? Ich stehe im kollegialen Austausch mit den anderen Scouts und finde es daher sehr wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und auszutauschen. Denn oftmals haben Kollegen oder man selbst für gesuchte Drehorte bereits sehr nützliche Startinformationen zusammengetragen. Wenn da jeder sein eigenes Süppchen kocht, würde ein Scouting-Auftrag sehr viel aufwendiger und damit teurer. Aus diesem Grund halte ich auch unseren Bundesverband für sehr sinnvoll. Wie stehst du zu der Aussage, dass man bei seinem Beruf bleibt und seine Fähigkeiten durch Erfahrungen verbessert? Der Erfahrungsschatz als Scout wird natürlich immer reicher. Daraus kann man schöpfen. Dennoch verändern sich nicht nur Drehorte, sondern auch Technologien rasant. Ich denke dabei an die

Stephan Richter aus Leipzig am Paulinum in Leipzig

Frank Leichauer, Locationscout aus Dresden

speziellen Anforderungen an Motive im 3D-Bereich. Hier ist eine völlig andere Herangehensweise gefragt. Daher lernt man immer dazu und muss sich auch anpassen. Ich denke, eine gewisse Neugier und Offenheit hilft einem in dem Beruf des Scouts sehr. Etwas anderes zu tun könnte ich mir momentan nicht vorstellen. n

location service Louisenstraße 76 01099 Dresden M: 0178-616 51 18 T: 0351-41 89 31 81 fl@location-service.net www.location-service.net Mitglied im Bundesverband Locationscouts e.V. (BVL) www.bvlocation.de


SPOTS 5

Ein Handbuch von Günter Rätz

Neues von OSTPOL e.V.:

Film Animation

lab p – poetry in motion

lab „Film Animation“ bietet einen Einblick in den Herstellungsprozess der manuellen Produktion.

Der Film ist ein Medium, das der Animation fast unbegrenzte Entfaltungsmöglichkeiten bietet. Das Einzelbildverfahren brachte unterschiedliche Techniken hervor und war eine Voraussetzung zur Ausformung individueller Handschriften der Animatoren. Durch ihr Können entstehen Gestalten, die menschliche Eigenschaften und Verhaltensweisen mit sehr verschiedenen Materialien darzustellen vermögen. Günter Rätz hat die internationale Animationskunst mit seinen Filmen nachhaltig bereichert. Als Animator, Autor und Regisseur sammelte er in den vielen Jahren seiner Tätigkeit Erfahrungen, die er zuerst bei der Ausbildung von Animatoren im DEFA Trickfilmstudio vermittelte und nun als Buch vorgelegt hat. Auch für historisch Interessierte bietet das Buch eine Reihe von Einblicken in den arbeitsteiligen Herstellungsprozess der manuellen Produktion. Die Digitalisierung hat die Produktion von Animationsfilmen gründlich verän-

dert und neue Gestaltungsweisen hervorgebracht. Neben der computergenerierten Animation hat die manuelle Animation durch Digitalfotografie und Compositing ihre Daseinsberechtigung behauptet und das Metier ins digitale Zeitalter geführt. Wer sich auf diese Weise mit Animation beschäftigt, kann im Buch von Günter Rätz wichtige Anregungen finden. n

Das Buch unseres Mitglieds Günter Rätz ist über den Filmverband zu erfragen.

b

Mit dem „lab p – poetry in motion” bietet der Kulturverein ein neues Programm zur Förderung des künstlerischen Animationsfilms in Mitteldeutschland an. Teilnehmen können Autoren und Animationsfilmemacher zwischen 18 und 35 Jahren mit Wohnsitz in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Durch „lab p – poetry in motion” erhalten alle TeilnehmerInnen von April bis Oktober 2014 die Möglichkeit zur Entwicklung und Produktion von Animationskurzfilmen, die auf poetischen Texten der teilnehmenden Autoren basieren. Vorbehaltlich der Qualität der entstandenen Filme werden die Ergebnisse in einem Sonderprogramm des ZEBRA poetry film festival sowie der DOK Leipzig 2014 gezeigt. “lab p - poetry in motion” ist ein Projekt von OSTPOL e.V. in Kooperation mit dem Deutschen Literaturinstitut Leipzig und der Bauhaus-Universität Weimar. Mit Unterstützung der Mitteldeutschen Medienförderung, der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien, der DOK Leipzig und dem ZEBRA Poetry Film Festival. n www.ostpol-leipzig.de


6 TITELTHEMA THEMA

Alternative des digitalen Zeitalters Die Digitalisierung der Kinos geht an den kleinen Kinos vorbei. Die wollen das aber nicht auf sich sitzen lassen.


THEMA 7

Text: Lars Tunçay, Fotos: flickr-Tomás Fano, Christoph Ruhrmann, Matthias Weber

ie Zukunft des Kinos ist Sache der Politik. Im vergangenen Jahr wurde das Förderprogramm des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (SMWK) um zwei weitere Jahre verlängert. Hierzu wurde ein Budget von 400.000 Euro zur Verfügung gestellt. Kinos im Freistaat mit einem jährlichen Nettokarten-Umsatz von 40.000 bis 260.000 Euro bzw. Besucherzahlen ab 8.000 Kinogängern pro Jahr haben ein Anrecht auf Förderung. In Sachsen erfüllen diese Voraussetzungen etwa 45 Kinos. Was aber ist mit dem Rest? Eines dieser Drop-Out Cinemas ist das Kunstbauerkino Großhennersdorf. Das kleine Lichtspielhaus will sich allerdings nicht vom digitalen Wandel ausschließen lassen, wie Mitbetreiber Tobias Gubsch klarstellt. „Um weiterhin aktuelle und wichtige Filme im Programm zu haben und weiterhin ein ansprechendes Arthouse- und Programmkinoangebot bieten zu können, ist die Erweiterung unserer Technik auf die DCP-Wiedergabe unumgänglich. Die Anschaffung eines Abspielsystems, das die vorgegebene DCI-Norm erfüllt, ist aber für uns als gemeinnütziges, ehrenamtlich organisiertes Programmkino im ländlichen Raum wirtschaftlich nicht möglich.“


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Die Cinémathèque in Leipzig sieht das Easy DCP Open Source als alternativen Weg zu DCI.

So geht es auch der Cinémathèque in Leipzig, wie Stefan Wein bestätigt. „Dabei ist es gar nicht mal nur das Geld, auch der Platz und die Umbaumaßnahmen, die dafür notwendig sind, sind für uns nicht machbar. Die Größe des Projektors und die nötige Abluftanlage lassen sich in unserem kleinen Vorführraum einfach nicht unterbringen.“ Deshalb begann die Cinémathèque früh über eine Alternative nachzudenken. „Im Grunde genommen ist ein DCI-Server nur ein Rechner. Also muss es doch möglich sein, einen Rechner so zu konfigurieren, damit das Bild in der üblichen Qualität dabei rauskommt. Das ist kein Voodoo, was da in den DCI-Maschinen steckt, wie viele vermuten, sondern ganz normale Technik“, betont Stefan Wein. Auf der Suche nach einer geeigneten Software zum Abspielen der Videodaten stieß er auf EasyDCP von der Fraunhofer-Gesellschaft. Denen schrieb er dann einfach eine E-Mail, ob es für sie vorstellbar wäre, diese für das Kino anzu-

passen. „Die waren freudig überrascht und haben sich gewundert, dass bisher noch keiner nachgefragt hatte.“ Damit war die technische Grundlage für ein neues digitales Kinosystem gelegt: A-Cinema. Als Reaktion auf die Digital Cinema Initiatives (DCI), einem Zusammenschluss amerikanischer Filmstudios zur Schaffung eines einheitlichen Standards, versucht A-Cinema alternative Wege zu gehen. „Die Kinos und Verbände haben wie ein Kaninchen vor der Schlange gestanden mit der Digitalisierung. Die haben genommen, was man ihnen vorgesetzt hat, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken“, kritisiert Stefan Wein das System. Sven Wörner erläutert: „Du bekommst eine Box, die ist verplombt und du weißt nicht, wie lang die Technik oder die Software aktuell ist. Du kannst sie nicht updaten, musst sie beim selben Anbieter neu kaufen. Du hast also keine Freiheit, die Technik zu nutzen, die für deine Zwecke


THEMA 9

plausibel ist. Du bist immer an den einzelnen Anbieter gebunden. Das ist praktisch so etwas wie die Einführung des Gen-Mais im Kino.“ Was aber, wenn die Daten auf der Festplatte fehlerhaft sind? „Bei DCI hast du keine Möglichkeit bei einem Erstellungsfehler der Filmdaten, etwa bei einer falschen Framerate, einzugreifen. Das ist bei einer geschlossenen Box einfach nicht möglich. Die kleinen Kinos müssen ja auch mit verschiedenen Filmformaten umgehen können. Deshalb steht A-Cinema auch für Alles. Es geht darum, eine möglichst große Datenvielfalt bearbeiten und projizieren zu können“, betont Stefan Wein. Das Problem, welches sich mit einer so offenen Struktur ergibt, ist, dass Filmdaten theoretisch auch kopiert werden können. Dies zu unterbinden war eine der wichtigsten Motivationen für die Gründung der DCI. „Wir können auf unseren Rechner zugreifen und theoretisch den Film kopieren. Damit würden wir uns aber ja nur selbst schaden“, betont Sven Wörner. „Das Argument der DCI ist: Raubkopien werden damit unterbunden. Der Subtext: Wir Kinobetreiber würden raubkopieren. In dieser Form sind die Kinos nur noch Anhängsel des Verleihs und kein vollwertiger Partner mehr.“ Hier gilt es Vertrauen zu schaffen bei den Verleihern. „Du kannst nur immer wieder mit ihnen reden. Einige der kleinen Verleiher geben uns weiterhin gerne ihre Kopien. Die Majors lehnen dies aber grundsätzlich ab“, beklagt Sven Wörner die Situation und auch Tobias Gubsch vom Kunstbauerkino stellt fest: „Vordergründig werden hier immer Sicherheits- und Qualitätsargumente ins Feld geführt, welche im Hinblick auf unser alternatives Abspielsystem weder belegt noch nachzuvollziehen sind. Dies schränkt uns in der Filmauswahl natürlich etwas ein und während man größere Produktionen der Majors 2013 z.B. „The Butler“ bei Fox oder „Blue Jasmin“ bei Warner auf 35mm etwa 6 bis 8 Wochen nach Start doch noch bekam, heißt es heute leider ‚Geht gar nicht’ oder ‚Warten Sie auf den Blu-Ray Start’.“ Den meisten Verleihern geht es da wahrscheinlich so wie Tobis: „Wir haben leider noch zu wenig Erfahrung mit A-Cinema, um das Thema einschätzen und bewerten zu können“, erklärt Charlotte Makris, gibt aber Anlass zur Hoffnung: „Grundsätzlich, falls die jeweilige Filmlizenz bzw. der Lizenzgeber es zulassen, beliefern wir alle Kinos, die noch Systeme außerhalb von DCI bedienen.“

„Der Subtext: Wir Kinobetreiber würden raubkopieren. In dieser Form sind die Kinos nur noch Anhängsel des Verleihs und kein vollwertiger Partner mehr.“

Ein Problem ist auch die Virtual Print Fee, die die Finanzierung der Digitalisierung der Kinos möglich machen soll. „Wenn ein Kino einen Film von einem Verleiher ausleiht, der in diesem Treuhandvertrag mit der FFA drin ist, muss der Verleiher eine Gebühr an die FFA abtreten. Damit werden die Ausgaben für die Digitalisierung zurückgeholt“, erklärt Angela Seidel, Geschäftsführerin der Cinémathèque. „Wenn der Verleih nicht in diesem Vertrag drin ist, muss das Kino diese Gebühr tragen. Dieser Vertrag galt zunächst nur für Kinos mit DCI-Standard. Eva Matlok (FFA) hat durchgeboxt, dass er auch für Kinos wie uns gilt. Für uns ist allerdings kein Verleih bereit, die Gebühr für ein Kino, dass nicht DCI ist, zu zahlen. Daher bekommen wir keine Erstaufführungen, sondern können uns frühestens 3 Wochen nach Verleihbeginn anstellen.“ Die Angst vor Raubkopien trägt dabei absurde Blüten: „Wenn der Verleih nicht bereit ist, die DCP herauszurücken, erstellt er eine zusätzliche Kopie auf Blu-Ray und stellt sie uns in Rechnung. Dabei wäre es für uns ebenso möglich, die Blu-Ray zu rippen“, stellt Stefan Wein fest. Ein wichtiges Argument für A-Cinema ist die Kalkulierbarkeit der Folgekosten. „Es sind eben viele am aufoktroyierten Standard DCI beteiligt, die Teil dieses DCI-Konsortiums sind und dadurch mit Aufträgen versorgt werden, also direkt davon profitieren“, moniert Angela Seidel. „Allein wenn man sieht, was die für die Installation der Technik verlangen. Dafür gibt es Förderung, aber wir machen alles ehrenamtlich hier“, beklagt Stefan Wein. „Unser Ziel ist es, nicht auf die technische Entwicklung des DCI-Konsortiums angewiesen zu sein. Wenn ich eine geschlossene, zertifizierte Box habe, weiß ja keiner, was da irgendwann erneuert werden muss. Wenn ich nur eine neue Grafikkarte brauche, warum muss ich dann einen Servicevertrag abschließen, wenn ich das selber


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Kunstbauerkino in Großhennersdorf, (Teil des Teams, v.l.) Antje Schadow, Lutz Sievert, Henry Peinzger, Peter Matthes

machen kann? Warum bin ich gezwungen, diese Grafikkarte zu nehmen, die da drin ist, und nicht eine andere, die mehr Funktionen hat? Wir möchten ganz einfach die technischen Möglichkeiten nutzen, um einen Film bestmöglich abzuspielen.“ Sven Wörner, Cinémathèque Leipzig, denkt das derzeitige System weiter. „Wenn du so eine DCI-Anlage hast, sitzt du auf Kosten, die du einspielen musst. Also die betriebswirtschaftliche Überlegung wird notwendigerweise in die Richtung gelenkt, auch bevorzugt Filme einzusetzen, von denen du denkst, dass sie die Kosten einspielen. Das heißt, du beschneidest dich als Veranstalter in deiner inhaltlichen Freiheit. Das hat aus einer kulturellen Perspektive betrachtet Auswirkungen, vor denen ich ein wenig Angst habe.“ Deshalb muss auch auf politischer Ebene Lobbyarbeit für das Projekt A-Cinema gemacht werden. Das Team der Cinémathèque sieht sich

allerdings an den Grenzen seiner Kapazitäten. Auch deshalb ist EasyDCP Open Source, so dass jeder, der eine zündende Idee hat, daran weiterarbeiten kann. Außerdem braucht es eine externe Kontrollinstanz über die Serverschlüssel, damit Verleiher Vertrauen bilden können. Derzeit liegt diese beim Frauenhofer Institut. Eine gute Lösung, wie Stefan Wein findet, aber es ist fraglich, ob das Frauenhofer da als Forschungseinrichtung weiterhin zur Verfügung steht. „An dieser Stelle sollte die FFA einspringen, damit das Vertrauen der Verleiher da ist“, fordert Sven Wörner. Doch die FFA fördert derzeit lediglich die Umrüstung, jedoch nicht in der Entwicklung. Für sie ist das System marktwirtschaftlich nicht relevant. n

Weitere Informationen unter a-cinema.cinematheque-leipzig.de


ALER IN T E R N A T IO N

WETTBEWERB

WETTBEWERB N A T IO N A LE R

SONDERPROG

RAMME

15-20 APRIL 2014

ONLINE

ÄRZ 20 M 1 2 . B E F N G 1 8s d e n .d e U R E I T I D E R K - d re - AK w w w .f il m fe s

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12 TITELTHEMA THEMA 12

Vom 3. bis 13. April untersucht das GEGENkino-Festival das Vokabular des Aufbegehrens.

Filmische Revolten

Text: Sebastian Gebeler Foto: Drawing Restraint 9, © Filmverleih Alamode

Man erlebt es nicht mehr oft im Kino, dass die Zuschauer empört, verstört, von allen Sinnen oder wie berauscht den Saal verlassen. Dabei bemaß sich die Wirksamkeit des Kinos schon immer auch am Schock. Die Provokation wurde entsprechend variationsreich inszeniert: Abgetrennte Gliedmaßen, derbe Parodien, Bluträusche oder begehbare Leinwände, bis zur Ereignislosigkeit zerdehnte Longtakes. Das vergisst sich heute allzu leicht. Aber kein Grund zur Sorge. Anfang April versammeln drei Leipziger Kinos – UT Connewitz, LuRu-Kino und Schaubühne Lindenfels – innerhalb ihrer Kooperation GEGENkino verschiedene Perspektiven auf cineastische Gegenbewegungen, historische wie aktuelle. „Wir zeigen kommerziell produzierte Spielfilme, Experimente etwa aus der Cinema of Transgression-Bewegung oder historische Filmkunst von

Luis Buñuel“, sagt Mitorganisatorin Inga Brantin. Einen besonderen Schwerpunkt soll während des Festivals der aktuelle Diskurs um das Wesen und die Bedeutung des Kinos einnehmen. Die Frage „Wie sieht das Kino nach dem Kino aus?“ wird innerhalb eines hochkarätig besetzten Podiums diskutiert. Stefanie Schulte Strathaus (Arsenal Berlin), Clemens von Wedemeyer (Hochschule für Grafik und Buchkunst), Torsten Frehse (Filmverleih Neue Visionen) und Lars Henrik Gass (Kurzfilmtage Oberhausen) wollen dabei die Grenzen und Potenziale der digitalen Reproduktion abstecken. In Ausstellungen, im Netz oder auf DVDs bietet sie einen vereinfachten Zugriff auf Bilder. Kann sie darüber hinaus aber auch das Originäre des Filmerlebnisses, die einzigartige Wahrnehmungsform, die sich von den klassischen Künsten unterscheidet, reproduzieren? Und wie verhält es sich mit dem Film? Wird er automatisch zur Kunst, wenn er den Kinosaal


THEMA 13

verlässt? Aus der konkreten Praxis der Film- bzw. Kunstproduktion sowie des Kuratierens heraus sollen die Differenzen und Berührungspunkte der Produktionssysteme Kunst und Kino beschrieben werden und daran anknüpfende Strukturen – Marktmechanismen, Institutionen, Publikum – einander gegenüber gestellt werden. Welchen Einfluss Digitalisierungsprozesse auf das Filmerleben haben, wird anhand von teils installativen Film- und Videoarbeiten auch praktisch erfahrbar gemacht. Während das bewegte Bild im Kino häufig die Unbewegtheit des Zuschauers einfordert, geht es in der begehbaren, saalumgreifenden Gruppenausstellung „scope [out of frame]“ mit Werken u.a. von Clemens von Wedemeyer, Stefanie Schröder, Clara Wieck und Ginan Seidl darum, den Blick nicht auf etwas Singuläres zu LuRu-Kino 03.04.

20 h

04.04.

22 hr

05.04.

18-23 h 19 h

06.04.

richten. Der gesamte Ballsaal der Schaubühne Lindenfels wird zum Raum hinter der Leinwand, in dem alles auseinander und ineinander fällt. Klassisches Kino ist dort passé. Es hat sich in seine Bestandteile aufgelöst, verstreut und mit Hilfe eines seltsamen Magneten wieder neu zu einer Landschaft aus Leinwänden, Beamern und Sound zusammengesetzt. „Das Festival selbst verstehen wir nicht nur als Beitrag zur Filmgeschichte und -gegenwart“, erklärt Brantin. „Wir wollen auch einen Raum schaffen, der zugleich Kino, Konzertsaal, Ausstellungsstudio, Café und Ort des Austauschs ist.“ Als Beitrag zur Filmvermittlung etwa werden alle Veranstaltungen mit erklärenden Einführungen beginnen. In einer Lecture wird Film- und Kulturwissenschaftler Marcus Stiglegger anhand von Filmausschnitten nach den Motiven der

Schaubühne Lindenfels

UT Connewitz Felix Kubin vertont La Region Centrale

Film & Musik Kurzfilme & Party

22 h

scope [out of frame] „Wie sieht das Kino nach dem Kino aus?“ Pepperminta

19-20 h 23 h

scope [out of frame] Drawing Restraint 9

07.04.

Videoinst. Podium Film

scope [out of frame] Pepperminta

08.04.

21 h

Bilder hinter den Bildern – Harun Farocki

09.04.

21 h

10.04.

21 h

tba

11.04.

21 h

Jozef van Wissem vertont L’Age d’Or

12.04

21 h

Jaap Blonk ist Dr Voxoid & Deutschland Dada

13.04.

20 h

Der Samurai

[DadaBild & DadaSprech] Marcus Stiglegger: Faschismus und Sexualität im Film & Salon Kitty

Festivalschwerpunkt ist der aktuelle Diskurs um das Wesen und die Bedeutung des Kinos, wobei Grenzen und Potenziale der digitalen Reproduktion ausgelotet werden.

reißerisch-sexualisierenden und auf maximale Sensationsbefriedigung zielende Darstellung des Faschismus im Film fragen. Dabei wird er den exploitativen Film genauso untersuchen wie das Mainstream- und Autorenkino von Pasolini, Cavani und Tarantino. Von Kunst um der Kunst willen kann bei diesem Programm also keine Rede sein. Hier lauern Skandal und Absurdes an jeder Ecke. n

Lecture & Film

www.gegenkino.de


14 THEMA

Kinosaal: Mit jeder Besucherin und jedem Besucher wird die deutsche Filmproduktion unterstĂźtzt.


THEMA 15

FFA-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Viel Aufregung vorab um „Nichts“ Text: Heiko Hilker Foto: flickr, bleicher

Die Reaktionen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts offenbarte die vorher herrschende Nervosität. „Eine solch profunde Bestätigung der Filmförderung in Deutschland war weder in dieser Form noch in dieser Klarheit zu erwarten“, so FFA-Präsident Eberhard Junkersdorf. Doch warum war er sich da vorher nicht so sicher? Sieht er als „Insider“ Probleme? Und warum ruft er jetzt schon wieder die Filmwirtschaft zur Geschlossenheit auf, um „die drängenden Fragen der Zukunft zu lösen“? Gibt es denn überhaupt DIE Filmwirtschaft in Deutschland? Und welches sind DIE drängenden Fragen der Zukunft? Wer sich zum ersten näher mit der Branche beschäftigt, kann allein bei den Produzenten drei Gruppen erkennen. Da gibt es erstens die fest im Fernseh- und Kinogeschäft verankerten Produzenten, die sich im Rahmen der traditionellen Verwertungsketten refinanzieren. Da sind zweitens senderabhängige Unternehmen (von ARD und ZDF), die sich aus denselben Quellen finanzieren, aber auch durch intransparente Auftragsvergaben durch ihre Mütterhäuser ein eigenes Geschäftsmodell haben. Und drittens gibt es unabhängige Produzenten, die versuchen, für ihre einzelnen Filme Geld (TV, Filmförderung, Crowdfunding) aufzutreiben und Teile der Finanzierung über Gagenrückstellung selber einbringen. Die Interessen der ersten beiden Gruppen unterscheiden sich wesentlich von der dritten Gruppe. Zudem haben die Kino-Produzenten nur geringe Spielräume, wie Martin Hagemann von der AG Dok in einem lesenswerten Artikel für die Frankfurter Rundschau feststellte: „Niemand in der Branche heute hat weniger Möglichkeiten und Einfluss, niemand ist abhängiger von den Verwertern, den Förderern und dem Fernsehen als die unabhängigen deutschen Kinofilmproduzenten.“ Die deutsche Filmförderung sei ein System, in dem die Gewinne erfolgreicher Filme auf der Seite der Verwerter realisiert werden: der Kinos, Verleiher und der DVD-Vertriebe. Die Produzenten realisierten in der Regel auch

bei erfolgreichen Kinofilmen wenig Gewinn. Die Verwerter hätten in der Regel schon sechsstellige Beträge verdient, bevor der Produzent sein Investment zurückbekommt, geschweige denn Gewinne macht. Kurzfristige Abhilfe, so Martin Hagemann, könne nur eine Ausdifferenzierung der wirtschaftlichen und der kulturellen Erfolgskriterien der Förderung bringen. „Für die künstlerischen und kulturellen Filme müssen andere Finanzierungs- und Verwertungsstrukturen entwickelt werden, die dann eine bessere ökonomische Situation der Produzenten und Kreativen dieser Filme, sowie einen direkteren Zugang zum Publikum ermöglichen.“ Damit ist er in Fragen der Reform der Filmförderung grundsätzlicher als der Vorsitzende des Produzentenallianz-Gesamtvorstands Alexander Thies, der fordert, dass auch jene zahlen, die mit Filmen im Internet Geld verdienen. Zudem will er die Eigenkapitalbasis der Produzenten stärken und die Verhältnisse zwischen Produktionsunternehmen und Verwertern verbessern.“ Dies macht deutlich: die Produzentenallianz will am System nichts Grundsätzliches ändern, es soll nur an einigen Stellschrauben gedreht werden. Doch für Martin Hagemann ist klar. „Erst wenn die Kreativen und Produzenten dabei nicht von Gremien und Redaktionen abhängig sind und die Entscheidung und das Risiko der Stoffauswahl selbst tragen, hat der deutsche Film auch beim Publikum und den internationalen Festivals wieder eine Chance.“ n


16 INTERVIEW

Foto: SMWK

AUFMACHER

„Kinodigitalisierung in Sachsen ist eine Erfolgsgeschichte.”


INTERVIEW 17

Seit 2009 ist Sabine Freifrau von Schorlemer als Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst auch für die Entwicklung der Filmkultur in Sachsen politisch verantwortlich. In wenigen Monaten endet ihre Amtszeit für diese Legislaturperiode. Für den AUSLÖSER der richtige Zeitpunkt, sie zu Erreichtem, den Stand der Dinge und künftige Ziele und Aufgaben zu fragen. Leider konnte die Ministerin nur schriftlich antworten. Sie sind jetzt seit vier Jahren im Amt. Welche besonderen Momente sind Ihnen aus Ihrer bisherigen Amtszeit in Erinnerung geblieben? Mit Kunst, Kultur, Wissenschaft und Forschung habe ich täglich mit sehr vielfältigen und spannenden Themen zu tun. In den letzten Jahren gab es viele sehr wunderbare Begegnungen und Momente und das nicht nur in den großen Städten, sondern im ganzen Land. Sei es ein Konzert von Mitgliedern der Staatskapelle Dresden im Kriegsgefangenenlager StaLag VIIIa im polnischen Zgorzelec oder berührende Dokumentationen beim Filmfest Leipzig. Was macht aus Ihrer Sicht die Qualität und den besonderen Wert der Filmkultur und des Filmschaffens für das Kultur- aber auch das Wirtschaftsland Sachsen aus? Mit Dresden und Leipzig verfügt Sachsen über zwei Städte mit einer besonderen Tradition. Hier die deutsche Wiege der Kameraherstellung und das DEFA-Trickfilmstudio, dort die Entwicklung von der Buchstadt zum Medienstandort. Vor diesem Hintergrund hat sich die Filmkultur in Sachsen beeindruckend entwickelt. Wir verfügen heute in Sachsen über fünf bemerkenswerte Filmfestivals: Das Kurzfilmfestival KURZSUECHTIG in Leipzig, das Neiße-Filmfestival im Dreiländereck, das DOK Leipzig, das Kinder- und Jugendfilmfestival SCHLINGEL in Chemnitz sowie das Filmfest Dresden. Die drei letztgenannten haben es zudem zusammen mit dem Filmverband Sachsen, der AG Kurzfilm und dem Deutschen Institut für Animationsfilm in den Kreis der vom Kunstministerium institutionell geförderten Kultureinrichtungen geschafft. Das zeigt unsere Wertschätzung für die Filmkultur im Freistaat. Auch die geförderten Preise bei Festivals, für SCHLINGEL 5.000 Euro und für das Filmfest Dresden 20.000 Euro, sind ein starkes Signal der Nachwuchsförderung. Die Filmwirtschaft zählt zu den erfolgreichsten Bereichen in der sächsischen

Kultur- und Kreativwirtschaft. Sie profitiert auch von der guten Dienstleistungsinfrastruktur. So sind die Drehbedingungen günstig, Drehgenehmigungen werden von den Gemeinden regelmäßig sehr unbürokratisch erteilt. Hinzu kommen sehr reizvolle kulturelle und touristische Aspekte. Jüngster und signifikantester Ausdruck des erfolgreichen Filmschaffens in Sachsen ist zweifellos der Erfolg des in Görlitz gedrehten Berlinale-Openers 2014 „Grand Budapest Hotel“ von Wes Anderson. Beispielhaft möchte ich noch „Inglourious Basterds“ von Quentin Tarantino und „Die Bücherdiebin“ von Brian Percival nennen. Und gerade abgedreht wurde in Leipzig „Als wir träumten“ von Andreas Dresen nach einer Romanvorlage von Clemens Meyer. Wir blicken hier also auf eine sehr erfreuliche Entwicklung die zeigt, wie viel Entwicklungspotenzial im Filmland Sachsen steckt. Die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen fördert zunehmend auch Projekte von institutionellen Antragstellern wie beispielsweise Festivals. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Inwiefern sehen Sie es als erforderlich und möglich an, das zu ändern? Zum Jahresbeginn 2014 wurden einige Förderungen zwischen dem Ministerium, für die institutionelle Förderung zuständig, und der Kulturstiftung mit der Projektförderung neu aufgeteilt, um eine systematischere Zuordnung zu erreichen. Die institutionellen Förderungen im Filmbereich sind davon allerdings nicht betroffen. Sie unterstützt die ganzjährige Arbeit des Projektträgers, die einerseits im Veranstalten eines Festivals mündet, andererseits außerhalb des Festivals selbst stattfindet, so zum Beispiel beim Sächsischen Kinder- und Jugendfilmdienst mit der kulturell-pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Das gibt den Projektträgern gewisse Sicherheit und Grundausstattung. Darüber hinaus können die Träger für bestimmte abgrenzbare Projekte Förderung bei der Kulturstiftung beantragen. Dies sind oft wertvolle Ergänzungen. Ich halte beide Fördermöglichkeiten für gut und wichtig, sie schaffen Flexibilität. Wie beurteilen Sie die Instrumente der kulturellen und wirtschaftlichen Filmförderung in Sachsen und welches Entwicklungspotenzial sehen Sie dort? Über die angesprochenen institutionellen Förde-


18 INTERVIEW

rungen sichert das Kunstministerium verlässlich die Strukturen dieser kulturellen Filmeinrichtungen. Und über die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen kann eine zusätzliche Projektförderung für Produktion, Drehbuchstipendien oder ähnliches erfolgen. Weiterhin gibt es die ergänzende kulturelle Filmförderung der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Der Freistaat Sachsen bietet eine vielfältige Palette an Instrumenten für kulturelle Breite und Experimentierfelder. Zu den Stärken der sächsischen Filmwirtschaft zählen die etablierten Förderstrukturen durch die Mitteldeutsche Medienförderung. Ihr verdanken wir die Realisierung vieler erfolgreicher Blockbuster. Zudem müssen Fördermittelempfänger korrespondierend zu ihrer finanziellen Unterstützung bestimmte Ausgaben in der Region generieren. Dieses Prinzip hat sich hervorragend bewährt. Einer der kulturpolitischen Schwerpunkte der vergangenen Jahre war die Digitalisierung der Kinos. An welcher Stelle befindet sich das Programm? Die Kinodigitalisierung in Sachsen ist eine Erfolgsgeschichte. Die unabhängigen Filmtheater mit ihrem regelmäßig anspruchsvollen Programm bereichern die sächsische Kulturlandschaft entscheidend. Anders als die großen Ketten stehen hier zumeist auch deutsche und europäische Filme im Vordergrund und es findet keine Fixierung auf Zuschauerzahlen statt. Um diese Vielfalt und Ausgewogenheit der Kinolandschaft zu erhalten, haben wir diese Kinos in den letzten Jahren mit dem Kinodigitalisierungsprogramm unterstützt. Das sächsische Programm diente der Co-Finanzierung des entsprechenden Bundesprogramms. Von 2011 bis heute konnten rund 900.000 Euro an sächsischen Fördergeldern bewilligt werden. Wir sind stolz, dass alle 51 sächsischen Leinwände, welche die Förderkriterien erfüllt hatten, unterstützt werden konnten. Besonders kleine und ländliche Kinobetreiber beklagen, dass sie kaum oder gar nicht von der Förderung partizipieren konnten. Die Koalition in Berlin hat daher diesen Aspekt auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Welche Pläne hat die sächsische Landesregierung in diesem Bereich für die Zukunft? Ich setze mich gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Förderung fortgesetzt und auf diese Ki-

nos ausgedehnt wird. Oft sind es Kinos in strukturschwachen Gebieten, die in den betroffenen Regionen eines der wenigen verbliebenen Kulturangebote darstellen. Wir sollten auch sie bei der Digitalisierung unterstützen. Das Institut für Theaterwissenschaften der Universität Leipzig ist aktuell von der Schließung bedroht. Der Filmverband befürchtet, dass diese Schließung mittelfristig auch für die sächsische Filmkultur und das hiesige Filmschaffen negative Auswirkungen haben wird, weil weniger gut ausgebildete Kreative zur Verfügung stehen werden. Gleichzeitig bemühen wir uns seit Jahren um eine Verbesserung der Ausbildungsmöglichkeiten insbesondere für Filmkreative in Sachsen. Wie können unsere Befürchtungen Sie in diesem Punkt entkräften? Wir unterstützen unsere Hochschulen in den kommenden Jahren mit rund zwei Milliarden Euro. Ein Drittel des Sächsischen Haushalts fließen in Bildung und Forschung. Wir haben ein sehr breites und vielfältiges Studienangebot. Rechts-, Wirtschafts-, Sozialwissenschaften, Sprach- und Kulturwissenschaften sowie Kunstund Kulturwissenschaften machen rund 47 % unserer Studiengänge aus. Ich denke, für gut ausgebildeten Nachwuchs im Kreativbereich ist gesorgt. Einige Filmfestivals und Filminstitutionen werden in Sachsen über das Kulturraumgesetz (KRG) gefördert. Sie präsentieren Sachsen erfolgreich als Kulturstandort, stehen aber z.T. auf der anderen Seite finanziell und personell vor kaum lösbaren Herausforderungen. Welchen Stellenwert haben diese Institutionen und Festivals in der sächsischen Kulturlandschaft für Sie und welche Pläne verfolgt die Landesregierung hierbei zukünftig? Die Filmförderung im Freistaat Sachsen genießt einen hohen Stellenwert. Neben den jährlich vom Freistaat Sachsen mitfinanzierten landesweiten Festivals konnte die Digitalisierung von zwei landesbedeutenden Festivals mit Mitteln der Kulturräume unterstützt werden. So erhielt der Sächsische Kinder- und Jugendfilmdienst 50.000 Euro für die Digitalisierung der Abspieltechnik. Auch der Leipziger DOK-Filmwochen GmbH werden 57.000 Euro zur Anpassung der Netzwerktopographie auf digitalen Workflow zur Verfügung gestellt und sie erhielten bereits


INTERVIEW 19

49.000 Euro für ein neues digitales internetbasierendes Kassen- und Kartenbestellsystem, ebenfalls aus Mittel der Kulturraumförderung. Auch das Kronenkino in Zittau wurde mit 40.000 Euro unterstützt. Aber um es noch einmal zu verdeutlichen – das Kulturraumgesetz verfolgt einen dezentralen Ansatz. Die Verantwortung für die regionale Kulturpflege liegt bei den Trägern vor Ort. Jeder Kulturraum entscheidet selbstständig, ob und inwieweit Filmfestivals und andere Initiativen gefördert werden oder nicht. Die Mittel für die allgemeine Kulturförderung sind in den letzten Jahren konstant geblieben, aber neue Einrichtungen konnten nicht in den Kreis der Zuwendungsempfänger aufgenommen werden. Ich weiß, dass einige Kultureinrichtungen mit strukturellen Schwierigkeiten konfrontiert sind. Deshalb ist es wichtig, auch andere Fördermöglichkeiten, etwa die europäische MEDIA-Förderung zu nutzen. Zudem freue ich mich, dass die Festivals beschlossen haben, in der Zukunft mehr zusammenzuarbeiten, um Synergien zu nutzen. Das KRG muss entsprechend den Vorgaben des Gesetzgebers 2015 evaluiert werden. Nach welchen Kriterien und in welchem Zeitrahmen wird diese Evaluierung umgesetzt und welche Erwartungen haben Sie insbesondere für den Bereich der Filmkultur an den Vorgang? Vom Gesetzgeber wurde uns ein konkreter Auftrag gegeben. Die Staatsregierung hat zu prüfen, ob sich dieses Gesetz im Hinblick auf die Erhaltung und Förderung kultureller Einrichtungen und Maßnahmen von regionaler Bedeutung bewährt hat. Dabei sollen die Organisations- und Finanzstrukturen, die Anzahl und der Zuschnitt der Kulturräume sowie das Verfahren und die Kriterien zur Verteilung der Landesmittel an die Kulturräume betrachtet werden. Da es beim Kulturraumgesetz um kommunale Selbstverwaltung geht, können keine konkreten Erwartungen zu bestimmten Spartenfragen an die Evaluierung gestellt werden. Wir werden diesem Auftrag aber mit aller Sorgfalt nachkommen. Sachsen verfügt mit dem KRG über ein bundesweit einzigartiges Gesetz. Welche Bestrebungen aus anderen Bundesländern sind Ihnen bekannt, ähnliche Modelle einzuführen? Leider hat das Gesetz noch keine Nachahmer gefunden. In vielen Ländern wird die Kultur-

pflege über den kommunalen Finanzausgleich abgebildet oder einzelne Einrichtungen haben gesonderte Verträge mit dem Land. Der Freistaat Thüringen hat einen freiwilligen Kulturlastenausgleich von 9 Millionen Euro jährlich für 2013 und 2014 beschlossen. Dieser Lastenausgleich orientiert sich dabei maßgeblich an den Finanzierungslasten der Gemeinden und Landkreise im Bereich Kulturpflege. Das Sächsische Kulturraumgesetz mit seiner Spartenvielfalt und seiner gesetzlichen Leistungspflicht ist in Deutschland jedoch bisher einmalig. Vor welchen Herausforderungen sehen Sie die Kulturpolitik in Sachsen generell in den kommenden Jahren? Wir sind das Flächenland mit den bundesweit höchsten Kulturausgaben. Das ist natürlich Ansporn für die nächsten Jahre. Wir müssen uns aber auch dem demografischen Wandel stellen, und etwa mehr mobile kulturelle Angebote machen. Vor allem das Kulturraumgesetz wird auch im Lichte des demografischen Wandels sehr wichtig bleiben. Deshalb setze ich mich für eine bessere Ausstattung im Rahmen der Haushaltsverhandlungen ein. Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Prof. Dr. jur. habil. Dr. rer. pol. habil. Sabine Freifrau von Schorlemer ist 1959 in Köln geboren und studierte Rechtsund Politikwissenschaften sowie Kunstgeschichte und promovierte 1992 auf dem Gebiet des internationalen Kulturgüterschutzes. Von 2000 bis 2009 war sie Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Völkerrecht, Recht der EU und Internationale Beziehungen an der TU Dresden sowie Auslandsbeauftragte an der TU Dresden. Sie ist gewähltes Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission und war Beraterin des Auswärtigen Amtes für Politik der Vereinten Nationen Seit dem 30. September 2009 begleitet sie das Amt der Sächsischen Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst. (Quelle: SMWK)


20 SPOTS

Verbandsgründung

Am 31. Januar 2014 gründete sich die „Allianz Unabhängiger Filmdienstleister“ (AUF). Als neuer Verband der Filmwirtschaft wird sie die marktwirtschaftlichen Interessen seiner unabhängigen mittelständischen Mitgliedsunternehmen vertreten, die seit Jahren um Marktanteile mit den öffentlich-rechtlichen verbundenen Dienstleistern kämpfen. Insbesondere der mit dem andauernden Wachstum der öffentlich-rechtlichen Tochterfirmen (z.B. Bavaria Dienstleister) und der damit einhergehenden Niedrigpreis-Politik sinkt, nach Auffassung der AUF, der Anteil der unabhängigen Anbieter. Hinter AUF stehen die sieben Gründungsunternehmen Ludwig Kameraverleih GmbH, Maier Bros. GmbH, FGV Schmidle GmbH, MBF Filmtechnik GmbH, Griphouse GmbH, Betz Tools GmbH und BFS Entertainment GmbH. Der Verband ist gegenüber allen unabhängigen Dienstleistern und Herstellern offen, die für die Produktion von Film, Fernsehen und weiteren audiovisuellen Inhalten in Deutschland arbeiten. n

www.aufdl.org

Foto: Reinhardt & Sommer, Potsdam

Allianz Unabhängiger Filmdienstleister

Dr. Ralf Schenk als Laudator auf der 10. Preisverleihung der DEFA-Stiftung

Abgabezahlungen im Urheberrechtsgesetz nicht geregelt

DEFA-Stiftung setzt 2014 Förderungen aus Der Stiftungsrat der DEFA hat die Vergabe von Projektförderungen sowie Stipendien durch die DEFA-Stiftung ab 2014 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Hintergrund dieser Maßnahme sind die finanziellen Einbußen seit 2011, die sich durch die unregelmäßigen und geringer ausfallenden Zahlungen seitens der Verwertungsgesellschaften ergeben haben. Die Folge ist, dass die von der DEFA-Stiftung vergebenen Förderungen und Stipendien, von denen hauptsächlich unabhängige Produzenten, Filmfestivals, Wissenschaftler, Filmhistoriker und Drehbuchautoren profitierten, nicht länger durch Einnahmen gedeckt sind. Auslöser dieser Misere ist das durch das Urheberrechtsgesetz in 2008 neu geregelte Vergütungssystem, und den daraus resultierenden Streit um die nun undefinierten Abgabezahlungen durch die Gerätehersteller. Zum jetzigen Zeitpunkt laufen etliche Verfahren zwischen der Zentralstelle für pri-

vate Überspielungsrechte und abgabepflichtige Unternehmen zur Klärung der Vergütung für private Vervielfältigungen ab 2008. Die DEFA-Stiftung drängt auf eine erneute Gesetzesänderung. Denn nur daraus resultiert die Stabilisierung der Einnahmen der DEFA, wodurch die Vergabe von Fördermitteln und Stipendien wieder aufgenommen werden können. n

www.defa-stiftung.de


FILMPOLITIK 21

BR-Fernsehdirektorin Reitz: „Immer nur mehr Geld zu fordern, kann nicht die Lösung sein“

Zwischen Wahrheit und Nebelkerzen Ein Kommentar von Heiko Hilker

Die Ministerpräsidenten haben im Herbst letzten Jahres beschlossen, die unsinnige Begrenzung der Verweildauern in den Mediatheken von ARD, ZDF und Deutschlandradio von 7 Tage aufzuheben. Produzentenverbände wie die AG DOK und die Produzentenallianz wiesen sofort darauf hin, dass dies nicht kostenlos geschehen könne. Wenn die Sender die Filme länger online bzw. weitere Rechte nutzen wollen, so müssten sie dafür auch bezahlen. Bettina Reitz, die Fernsehdirektorin des Bayrischen Rundfunks, sieht das anscheinend anders und macht das im Interview mit Blickpunkt:Film (7/2014, S. 26 ff.) deutlich, denn man müsse „mit einem Budget klarkommen, das sich nicht vergrößert hat. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Nutzer nicht größer geworden, sie nutzen nur anders. Die lineare Nutzung hat sukzessive abgenommen.“ Doch das stimmt so allgemein nicht. Sowohl beim Tatort, auf vielen Spielfilmplätzen als auch bei Dokumentationen hat die Zahl der Live-Zuschauer zugenommen – aber auch die Zahl der Abrufe in den Mediatheken. Und grundsätzlich: ARD und ZDF erhalten den Rundfunkbeitrag nicht nach der Zahl der erreichten Zuschauerinnen und Zuschauer. Sie sollen ein Programm machen, das unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Interessen ist und dementsprechend auch die Produktionen vergüten. Doch geht das, wenn die Vergütungen gedeckelt oder auch gesenkt werden? Es mag ja auch sein, dass sich die Budgets der einzelnen Redaktionen nicht erhöht haben. Doch dann ist zu fragen, warum das der Fall ist. Schließlich sind allein die Gebühreneinnahmen von 2000 bis 2012 um 1,6 Mrd. Euro gestiegen. Warum sind denn dann die Budgets der einzelnen Redaktionen trotz steigender Gesamteinnahmen nicht gestiegen? Dieser Fakt gründet sich u.a. in den steigenden Kosten z.B. für Sportrechte und Sportübertragungen sowie der Altersversorgung. Auch die Vergütung der festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigt.

Bettina Reitz macht den Vorschlag, die Vergütung neu aufzuteilen: „Wenn ich für das Senderecht einen Betrag x kalkuliere, dann fällt davon für das klassisch lineare ein bestimmter Betrag an, für die digitalen Rechte auseinanderjustiert andere Beträge.“ Die Rechnung sei also, so der nachfragende Journalist: Lineares Senderecht, das an Wert verloren hat, plus digitales Recht ergibt den gleichen Betrag, den man früher für eine Produktion oder ein Programm auf den Tisch gelegt habe. „Wenn ich ein Programm nur noch linear einsetzen kann, ist es nicht das wert, was wir dafür bezahlen müssen. Dann hat es eine geringere Zukunftsperspektive und ist deshalb weniger attraktiv“, so Bettina Reitz. Will Bettina Reitz also die Kosten für Produktionen über weitere Jahre hinaus konstant halten oder weiter drücken, wie es schon seit mehr als einem Jahrzehnt Praxis ist? Weder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sender, noch die Gewerkschaften würden das in Bezug auf ihr Gehalt akzeptieren. Für die Kosten der Fußballübertragungen wie auch die Talkshows galt dies so bisher übrigens auch nicht. Und so versucht Bettina Reitz noch den Bogen zu bekommen und ihre Aussage etwas abzuschwächen: „Aber wir möchten uns jetzt auch nicht zurückziehen ( … ) Wir kennen unseren Auftrag und suchen deshalb den Dialog, weil es so wichtig ist, dass die Produzenten nicht die Leidtragenden sind, sondern dass wir Lösungen finden. Immer nur mehr Geld zu fordern, kann nicht die Lösung sein. Die Frage ist ja auch: Wie viel mehr? Und da kommen wir an den Punkt, an dem wir uns eingestehen müssen, dass wir das im Moment eigentlich nicht wissen.“ Nun, wie wäre es denn mit einer angemessenen Vergütung, die berücksichtigt, das alle an der Produktion Beteiligten entsprechend Tarifvertrag vergütet und zudem entsprechend sozialund rentenversichert sind? Das kann man ja ganz einfach mal durchrechnen, oder? n


22 FILMPOLITIK

Der Creative Europe Stand auf dem European Film Market in Berlin 2014

Neue europäische Film- und Kulturförderung beschlossen

Creative Europe

Text: Christian Zimmermann Foto: Creative Europe Desk Hamburg

Die EU-Kommission bestätigte am 19. November 2013 das zu Jahresbeginn gestartete neue Kulturund Filmförderprogramm der EU. Mit der Änderung treten einige wichtige Neuerungen in Kraft. So wird die Förderung der bisher unter MEDIA 2007 für den Filmbereich und Kultur 2007-2013 für Kunst- und Kulturschaffende zum Beispiel zusammengelegt. Dieses für den Zeitraum 20142020 ausgelegte Programm ist mit insgesamt EUR 1,46 Mrd. ausgestattet. Im Gegensatz zum Förderzeitraum 2007-13 steht dem Programm eine etwa 9% höhere Kapitalausstattung zur Verfügung. Definierte Ziele sind die transnationale Zusammenarbeit auch über die Grenzen der EU hinaus, die Erschließung neuen Publikums und dessen Zugang zu kulturellen Angeboten, verbesserte Mobilität Kunst- und Kulturschaffender, die Kapitalerhöhung der Kultur- und Kreativwirtschaft und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Auffällig ist der Wille, die wirtschaftliche Basis europäischer Kunst- und Kulturschaffender zu

verbessern. Dazu wird – allerdings erst voraussichtlich ab 2016 – ein mit EUR 750 Mio. starkes Programm aufgelegt, welches für Kultur- und Kreativunternehmen Bürgschaften für Investitionskredite bereitstellen soll. Allerdings liegen die Spezifikationen und Verfahrensweisen dieses Programms derzeit noch nicht vor. Mit der Fixierung auf die wirtschaftliche Stärkung der Branche wird das Programm in erster Linie den Bedürfnissen der europäischen Filmwirtschaft gerecht, die Stärkung der unabhängigen künstlerischen Vielfalt in Europa wird dagegen den nationalen Fördertöpfen überlassen. Die Idee der inhaltlichen und künstlerischen Relevanz sucht man im aktuellen Förderprogramm leider vergeblich. Zweites Ziel des Programms ist die verstärkte europäische Kooperation. Die hier von Projektträgern geforderte grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist zweifellos zu begrüßen, allerdings liegen die Hürden sehr hoch. So müssen beispiels-


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TITELTHEMA 23

Ehrenpreis/Lesung Andreas Dresen

FOKUS | Jüdisches Leben in Osteuropa

KONZERT | The Tiger Lillies

weise für eine Verleihförderung Verleihe aus sieben Mitgliedsländern ein Konsortium bilden, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Als weiteres und neues Instrument werden Mittel für den Bereich der Publikumsentwicklung bereitgestellt. Hiermit sollen Events und Sonderveranstaltungen für „besonders erfolgreiche europäische Filme“ in fünf Ländern gemeinsam durchgeführt werden. Hier ist man seitens der Kommission und der Media-Desk Mitarbeiter „gespannt“ auf die Einreichungen. Ob mit diesem schwierig zu organisierenden Instrument tatsächlich neue Publikumsschichten erschlossen werden, und warum dies vor allem für „besonders erfolgreiche“ Filmprojekte gilt, sind Fragen, auf die bisher keine Antworten bereitstehen. So mag zum Beispiel ein Film wie „Fak ju Göhte“ in Deutschland bzw. in den deutschsprachigen Ländern ein Publikumserfolg gewesen sein, aber es könnte dem Publikum jenseits des deutschen Sprachraumes möglicherweise das Verständnis für die Grundproblematik des Films fehlen. Ein weiterer Schwerpunkt im Bereich Verleih soll auf den europäischen Kinderfilm gelegt werden. Das heißt konkret, dass in jedem Falle zwei Kinderfilme, unabhängig des üblichen Scorings gefördert werden können. Fraglich bleibt es trotz

Auffällig ist der Wille, die wirtschaftliche Basis europäischer Kunst- und Kulturschaffender zu verbessern.

dieser neuen Schwerpunktsetzung im Förderprogramm, ob das für den gewünschten Durchbruch des Kinderfilms in europäischen Kinos ausreicht, wünschenswert sei es ihm ohne Frage. Für die Förderung von Festivals wurde ein einheitliches Scoring-System eingeführt. Dabei wird das Publikumsinteresse als wichtigster Indikator angesehen, eine Unterscheidung zwischen Festivals in Ballungsräumen und ländlichen bzw. weniger bevölkerten Landstrichen wird nicht gemacht, womit auf den Gedanken der inhaltlichen Relevanz verzichtet wird. Unsere sächsischen Festivals werden es demnach nicht leichter haben, Mittel des Förderprogramms auch zukünftig zu beziehen. n Kontaktstelle für Mitteldeutschland ist der „Creative Europe Desk Berlin-Brandenburg“: creative-europe-desk.de


24 FILMKULTUR

26. FILMFEST DRESDEN lädt vom 15. bis 20. April 2014 nach Dresden ein

Highlights und eine Hommage, die es in sich hat

Text: Hannes Köhler

Rund 2.000 Filme aus aller Welt haben sich um die Goldenen Reiter des 26. FILMFEST DRESDEN beworben, 29 davon schafften den Sprung ins nationale, 51 den ins internationale Wettbewerbsprogramm. Besondere Beachtung finden dabei auch die mitteldeutschen und sächsischen Produktionen. Deren Präsentation wird vom Filmverband Sachsen unterstützt, der im Rahmen des Festivals, gemeinsam mit weiteren Filminstitutionen der Stadt Dresden, in diesem Jahr wieder zum Empfang am 18. April lädt. Daneben bereichern zahlreiche Sonderprogramme das Festival. Traditionell spielt dabei, in Zusammenarbeit mit dem DIAF Dresden, der Animationsfilm eine herausragende Rolle. So wird der Trickfilmemacher und Verbandsmitglied des Film-

verband Sachsen Falk Schuster den viertägigen Workshop „Vinyl Animation“ leiten – eine Technik, die auf die Anfänge des bewegten Bildes (ein jeder kennt wohl „The horse in motion“ von Eadweard Muybridge) zurückgeht. Ergänzt wird das Programm mit der DIAF-Ausstellung „ANIMATION-DISC-O“ in den Technischen Sammlungen Dresden.

Retrospektiven: Vom sozialistischen Alltag bis zur französischen Avantgarde Das diesjährige FILMFEST DRESDEN wartet mit faszinierenden Retrospektiven auf. So werden zum Thema „Modefilm in der DDR“ zwei Programme und die Ausstellung „Chic im

Osten“ in der Galerie Raskolnikow zu sehen sein und eine große Hommage an Luc Moullet, den Regisseur der Nouvelle Vague und „einzig legitimer Erbe von Jacques Tati und Luis Buñuel“, wie Jean-Marie Straub ihn nannte, gegeben. Seit den 1960er-Jahren haben nur wenige die Kurzfilmszene so entscheidend mitgeprägt wie er. Viele seiner Kurzfilme, welche ebenso übermütig wie souverän das Formenrepertoire einer filmischen Arte-Povera ausreizten, werden beim Festival erstmalig mit deutschen Untertiteln zu sehen sein. Zudem gibt sich Moullet höchstpersönlich die Ehre und veranstaltet eine Meisterklasse. n Das Filmprogramm finden Sie unter www.filmfest-dresden.de


Mitteldeutsche

Filmnacht In einer langen Nacht präsentieren ACHT Filmemacher aus der Region ihre Arbeiten und stellen einmal mehr die Vielseitigkeit der hiesigen FilmlandFilmland schaft unter Beweis. Am Ende darf das Publikum seinen küren. Favoriten küren

18.4.2014 Freitag, 18. April 2014 Kleines Haus Mitte, Glacisstraße 28, 01099 Dresden Beginn: 19:30 Uhr

55 Frames Regie: Benjamin Zeising, Animation, 2013, 1 min.

A racer‘s sketchbook Regie: Falk Schuster, Animation, 2013, 2 min.

Black Fox and Three White Rabbits Regie: Nawar Jnedee, Animation, 2013, 9 min.

Schief Gang Regie: Susann Weißhaar, Experimentalfilm, 2013, 6 min.

Utö Regie: David Buob, Animation, 2014, 8 min.

Fräulein Sommer Regie: Robert Bittner, Musikvideo, 2013, 3 min.

Sieben Mal am Tag beklagen wir unser Los und nachts stehen wir auf, um nicht zu träumen Regie: Susann Maria Hempel, Animation, 2013, 18 min.

Ein Wochenende in Deutschland Regie: Jan Soldat, Dokumentarfilm, 2013, 25 min.


26 SPOTS

Bewerbungen bis 31. März

28. Juli bis 8. August

Im Dreieck

MDM Nachwuchstag

17. Int. Dresdner Sommerakademie

1965, mit gerade einmal 27 Jahren, war Heiner Hinrichs der erfolgreichste Bauleiter der Republik und gestaltete den Bau der Chemiearbeiterstadt Halle-Neustadt von Anfang an mit. Bis heute bewohnt der 76-Jährige hier eine kleine Neubauwohnung. Nun heißt es umziehen. Doch was kommt mit? Welche Gegenstände und Erinnerungen seines an Ereignissen reichen Lebens finden ein neues Zuhause und was lässt er zurück? Der Regisseur Uwe Mann erzählt von Heiner Hinrichs dem Menschen – „dem Baulöwen“ – wie er bewundernd genannt wurde, dem Frauenschwarm, und Tausendsassa, der noch im hohen Alter sein Leben mit zwei Frauen teilt. Die Premiere findet in Dresden in Anwesenheit des Regisseurs und Protagonisten am 28. März 2014 im Kino im Dach statt. n

Am 2. Juli lädt die Mitteldeutsche Medienförderung GmbH zum MDM Nachwuchstag nach Erfurt ein. Im Zentrum des Nachwuchstages stehen wieder ein Infopanel und das Pitching aktueller Nachwuchsprojekte aus Mitteldeutschland. Hierzu sind talentierte Autoren und Regisseure aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufgerufen, ihre Projekt-Exposés einzureichen. Kapazitäten aus den Bereichen Drehbuch, Regie, Produktion, Training, TV und Förderung wählen die Projekte aus und geben während der Pitchingrunde konstruktives Feedback. Der beste Pitch wird erneut mit dem KONTAKT Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro prämiert. Darüber hinaus lobt die MDM weitere Preisgelder von insgesamt 2.000 Euro als Startfinanzierung auf der StartnextCrowdfunding Plattform aus. n

Wir leben inmitten einer Gesellschaft, in der Massenmedien und soziale Netzwerke sich allgegenwärtig Techniken der Manipulation bedienen. Der Kurs des slowenischen Künstlerpaars blickt hinter die Kulissen dieser Strategien und nähert sich bewusst und handwerklich den Mitteln der Manipulation unter Verwendung von Fiktion, Statement oder Story. Nika Oblak und Primoz Novak beschäftigen sich in ihren Arbeiten u.a. mit der Kommerzialisierung der Medien und Konstruktion von Wirklichkeit. Dabei setzen sie typische Bildsprachen der Werbung und Konsummassenkultur wie des Films in den Kunstkontext und führen sowohl das Funktionieren der Kunstwelt und seiner Marketing-Prozesse ad absurdum. Das Künstlerduo zählte 2012 zu den Preisträgern des CYNETART-Wettbewerbs in Dresden. n

www.imdreieck-derfilm.de

www.mdm-online.de

www.riesa-efau.de

Foto: Oblak Novak

Premiere am 28. März


FILMKULTUR 27

Das 11. Leipziger Kurzfilmfestival für Mitteldeutschland

Die Region im Fokus

Text: Juliane Gölzner

KURZSUECHTIG steht für kompromisslose, unkonventionelle Kurzfilme. Mit neuem Team präsentiert sich das Festival in seinem 11. Jahr und lädt vom 9. bis 12. April zu Streifzügen durch das regionale Filmschaffen in die Leipziger Schaubühne Lindenfels ein. Während es noch einige Wochen bis zur Eröffnung des Festivals dauert, läuft die Sichtung der Einreichungen auf Hochtouren. Ob Dokumentar-, Animations- oder Kurzspielfilme, die Produktionen aus den letzten zwei Jahren sind facettenreich: Provozierendes und Skurriles, Poetisches und Vergnügliches. An den Festivalabenden haben die ausgewählten Filme die Chance, Publikum und Juroren für sich zu begeistern. Die besten Kurzfilme werden mit Geld- und Sachpreisen prämiert. In diesem Jahr vergibt der Filmverband Sachsen e.V. überdies den mit 500 Euro dotierten Nachwuchspreis. Auch dafür steht KURZSUECHTIG: Das Film-

festival setzt sich seit seinen Anfängen für die Förderung junger Filmemacher ein. Dass ein Kurzfilmfestival mit regionalem Fokus kein Nischendasein fristen muss, zeigt sich im April, wenn Filmenthusiasten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zusammenkommen, um ihre Arbeiten zu präsentieren. Das Festivalprogramm ist zugleich eine Bestandsaufnahme aktueller regionaler Filmkunst. „KURZSUECHTIG“, so die Festivalmacher, „versteht sich nicht nur als Festival, vielmehr als ein Ort, der eine lebendige regionale Filmkultur vermittelt.“ Die vielen Einreichungen versprechen fulminante Festivaltage. n Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und die Mitteldeutsche Medienförderung (MDM) www.kurzsuechtig.de


28 SPOTS

IfM-Forschungsprogramm 2014

Waldbrüder

Neustart des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems

Mit dem Dokumentarfilm über die lettischen Partisanen vom Īle-Bunker erzählen Peter Grimm und unser Mitglied Eckart Reichl eine beeindruckende Geschichte zweier noch lebender Partisanen. Vergebens suchten die Filmemacher schon während der 2-jährigen Produktion ihres selbst finanzierten Filmes einen Verleiher, doch erst der Fakt, dass Reichl als AG Dok-Mitglied die Möglichkeit hatte, „Waldbrüder“ sowohl am AG Dok-Stand zu präsentieren, also auch zu Ausstellerkonditionen im Rahmen des European Film Market (EFM) im Zoo-Palast aufzuführen, brachte die notwendige Aufmerksamkeit. „Die Chance ist denkbar gering, unter der Masse des Angebots entdeckt zu werden, aber natürlich suchen auf dem EFM auch Interessenten mit Spezialgebieten nach Filmen. Und da bieten sich dann auch Möglichkeiten für Filme, die nicht mit großem Marketing antreten können“, weiß Grimm. Im Falle von „Waldbrüder“ war es Daris Delins von Perry Street Advisors in New York, den das Interesse für Lettland und lettische Themen zu Grimm und Reichl führte und nun den weltweiten Vertrieb übernehmen wird. „Wir sind nicht mit dieser Erwartung zum EFM gegangen, allenfalls mit der Hoffnung, Kontakte zu knüpfen. Darüber hinaus hatten wir keine derlei Messe Erfahrungen und waren nicht gut vorbereitet, insofern hatten wir viel Glück“, schmunzelt Eckart Reichl. n www.sichtplatz.de

Foto: flickr, re-publica 2014

Erfolg auf der Berlinale 2014

Lutz Hachmeister, Gründer und Leiter des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM)

Neben einem empirischen Projekt zur „Mediennutzung jüngerer Eliten“ gehört auch eine durch Veranstaltungen begleitete Studie über den „Programmauftrag und Mitteltransparenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems“ zum IfM-Programm 2014. Aufgrund der finanziellen Krise beim HR durch die Pensionsrückstellungen stehen aktuell Fragen nach dem Verhältnis von „Aufwendungen für Renten und Verwaltung und dem eigentlichen Programmauftrag“ im Raum. Diese auch verfassungsrechtlich relevante „strukturelle Verwerfung“ wird in naher Zukunft für alle öffentlich-rechtlichen Sender nicht ganz unwichtig werden, so IfM-Direktor Lutz Hachmeister. So könnte es nach ihm medienpolitisch sinnvoller sein, mit den Mitteln des neuen Rundfunkbeitrags einen „klaren

Schnitt“ zu ziehen und durch „Organisationsreformen dem öffentlich-rechtlichen System einen Neustart zu erlauben, als über kleinteilige Beitragssenkungen zu debattieren“. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass ARD und ZDF international nicht mehr wettbewerbsfähig seien und man dadurch das junge Publikum an neue Wettbewerber verliere. n www.medienpolitik.eu


PRODUKTION 29

Eine schwarz-weiße Schöne erobert die Welt

„Die schöne Krista“ Text: Antje Schneider Foto: Janine Seeger

Krista ist mittleren Alters, Mutter dreier Kinder von drei verschiedenen Vätern und sieht bezaubernd aus. Ihre Figur, ihre Art sich zu bewegen, von ausgesprochenem Adel: Ausbalanciert, erhaben, formvollendet. Krista ist die Hauptfigur des Dokumentarfilms „Die schöne Krista“ von Antje Schneider und Carsten Waldbauer (Verbandsmitglied des FVS) w, der von der Verbreitung der schwarz-weißen Kuh rund um den Globus erzählt. Aufgespürt haben sie die Leipziger Filmemacher in einem kleinen Dorf in Niedersachsen. Es sind die Menschen an Kristas Seite, die das Leben dieser Kuh greifbar machen: Jörg und Janine Seeger, die vom großen Erfolg träumen, die Bauern Norddeutschlands und ihr trockener Humor, der Leibarzt, die Preisrichter in Italien, die Bullenzüchter in Kanada. In dichten Momentaufnahmen verfolgt die Kamera Kristas Weg – stets im Kontext zum großen Ganzen. Das ist manchmal komisch, manchmal unglaublich, aber immer wahr.

Ein Film, der vor fünf Jahren seinen Anfang nahm, als bei einem Pitch die ersten Bilder gezeigt wurden. Ein Kölner Produzent und das ZDF erkannten das Kinopotential dieser Geschichte, fünf Förderanstalten beteiligten sich. Rainer Brüninghaus komponierte eine originelle Musik. Heute ziert den Film das Prädikat „Besonders wertvoll“. Er ist in der Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis und hat am 20. März seinen Kinostart. Minotaurus, der Tanz um das goldene Kalb, Europa und der Stier, in den Geschichten der Menschheit und ihren Kunstwerken – von der Höhlenmalerei bis zu Picasso – umgibt uns das Rindvieh und ist aus der Kulturgeschichte nicht wegzudenken. Mit diesem Film ist nun auch Krista ein Denkmal gesetzt: Der schönsten Kuh Deutschlands! n

www.die-schoene-krista.de


30 WORKSHOP

Beim Pitching-Workshop mit Sibylle Kurz wurden Projekte optimiert.

Das erste Publikum

Text: Roman Klink Foto: FVS

Frei zugängliche Seminare mit Sibylle Kurz haben Seltenheitswert. Vom Erfahrungsschatz der deutschen „Pitching-Queen“ profitieren vor allem Filmstudenten und Nachwuchstalente bei exklusiven Trainings im Ausland. Als der Filmverband Sachsen für den 14. und 15. Dezember Autoren und Produzenten zum Workshop nach Dresden einlud, war dies eine klare Chance, sich dem Pitch zu nähern – jenem mysteriösen Wesen, das Kreative eher dem Marketing als der Filmkunst zuordnen. Denn beim Pitch geht es laut Definition „nur“ um die verkaufsfördernde Präsentation eines Stoffes. Die facettenreiche Auswahl der Projekte sorgte für eine angeregte Atmosphäre: Leonore Kasper trat mit der energischen Doku „The Maker Mafia“ an, Produzentin Dorit Jeßner mit dem Kurzfilm „Der Mann, der keiner war“, Uwe Nader hatte die Doku „Revolution in der Stille“ eingereicht und Produzentin Katrin Thomas das Drama „Bittersüße Wurzeln“. Ich selbst reiste mit meinem Treatment „Liebesschwur“ an.

In intensiven Probe-Pitchings z.T. vor laufender Kamera stellten die Teilnehmer zunächst ein fremdes, später ihr eigenes Projekt vor. Sibylle Kurz vermittelte neben Grundlagen zu Präsentation und Kommunikation auch strukturelles Wissen über die deutsche Filmlandschaft. Vor allem löste sie aber die Skepsis gegenüber dem Pitching an sich auf. Der inhaltliche Zugewinn für die Projekte war enorm. Egal wie vielen Zuhörern man ein Projekt pitcht – in genau diesem Moment hat man schon das erste Publikum vor sich. Es reagiert auf die Geschichte, spiegelt die Stärken und Schwächen des Stoffes. Ich konnte meine eigene Geschichte ganz neu entdecken und arbeite derzeit an einer neuen Fassung. Mehr hätte ich mir von dem Workshop nicht wünschen können! n


Aktuelle Termine 15.-20.4. 26. FILMFEST DRESDEN www.filmfest-dresden.de 18.4.

Empfang der Dresdner Filminstitutionen 17.30 Uhr Kleines Haus, Dresden

18.4.

Mitteldeutsche Filmnacht 19.30 Uhr Kleines Haus, Dresden

KdFS 1.7. Stipendien 1.9. 4. Projektförderung www.kdfs.de FFA 28.3. Projektfilmförderung 14.3. Filmabsatz 4.4. Drehbuchförderung 6.6. Kinos 14.4. EURIMAGES Sitzung am 17. bis 20.06.2014 DEUTSCHER FILMFÖRDERFONDS laufende Antragstellung www.ffa.de

Fokus Sachsen “360° Heimat” 17.4. 20 Uhr, Programmkino Ost 20.4. 20 Uhr, Schauburg www.filmverband-sachsen.de 9.-12.4. 11. Kurzsuechtig Filmfestival www.kurzsuechtig.de 5.-7.5. Medientreffpunkt Mitteldeutschland www.medientreffpunkt mitteldeutschland.de/ 7.-11.5. Neiße Filmfestival www.neissefilmfestival.de 12.6. FILMSOMMER SACHSEN Mediencampus Villa Ida, Poetenweg. 28, Leipzig www.filmverband-sachsen.de

EINREICHTERMINE FESTIVALS

14.3. 24.3. 1.4. 1.4.

Leben in Mitteldeutschland Bundesfestival Video Festival des Deutschen Films int. low & no budget Kurzfilmfestival film-sharing Open Eyes

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2.7. MDM Nachwuchstag Bewerbungsfrist bis 31.3. www.mdm-online.de ANTRAGSFRISTEN ZU FILMPREISEN & FÖRDERUNGEN

German Short FilmS 2014

10.6. Kunststiftung Sachsen-Anhalt Projektförderung & Arbeitsstipendien www.kunststiftung-sachsen-anhalt.de BKM 19.5. Verleihpreis 13.6. Deutscher Kurzfilmpreis 2014 4.7. Deutscher Drehbuchpreis 2015 www.kulturstaatsminister.de Kulturstiftung des Bundes 31.3. Übersetzerfonds 1.5. Fonds Soziokultur 31.7. Offene Förderung (Allgemeine Projektförderung) www.kulturstiftung-des-bundes.de MDM 10.4. alle Förderbereiche (Beratung bis 26.3.) www.mdm-online.de

>> Interessenvertretung für den deutschen Kurzfilm >> Servicestelle für Kurzfilmemacher, -produzenten und Kurzfilminstitutionen >> Ansprechpartner für Politik, Filmwirtschaft, Filmtheater und Festivals

www.ag-kurzfilm.de www.shortfilm.de

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Impressum

Redaktion/ Anzeigen: redaktion@filmverband-sachsen.de

Informationsblatt des Filmverband Sachsen e.V. Herausgeber: Filmverband Sachsen e.V. Schandauer Straße 64, 01277 Dresden Tel. 0351-31540630 / Fax -31540635 www.filmverband-sachsen.de 1. Vorsitzende: Sandra Strauß 2. Vorsitzender: Joachim Günther (ViSdPG) Autoren dieser Ausgabe: Jana Endruschat, Sebastian Gebeler, Eike Goreczka, Dr. Jörg Herrmann, Heiko Hilker, Roman Klink, Hannes Köhler, Antje Schneider, Lars Tuncay, Christian Zimmermann Gestaltung/Satz: TRNDLB Druck: Neue Druckhaus Dresden GmbH Auflage: 2.200 Der AUSLÖSER erscheint in 4 Ausgaben pro Jahr.

Redaktionsschluss: Donnerstag, 8. Mai Anzeigenschluss: Montag, 12. Mai Erscheinungstermin: 2. Juni Hinweis: Die veröffentlichten Beiträge und Meinungen geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zur sinnwahrenden Kürzung von Beiträgen vor. Bildnachweis: Titel: Christoph Ruhrmann www.facebook.com/filmlandsachsen

Den AUSLÖSER gibt es auch im Netz:


360˚ TITELTHEMA 33

H E I MAT

Hiob Regie: Marco Gadge Spielfilm, 2013, 19 min.

Mensch und Maschine Regie: Jens Rosemann Animation, 2013, 1 min.

Das Falkenspiel Regie: Robert Beske Dokumentarfilm, 2013, 23 min.

Spider and Flies Regie: Tessa Moult-Milewska Animation 2013, 4 min.

Szenen eines Abschieds Regie: Alina Cyranek Dokumentarfilm, 2013, 20 min.

Das Kaninchenproblem Regie: Michael Chlebusch Spielfilm, 2013, 14 min.

FOKUS SACHSEN

17.4.2014 20.00 Uhr Programmkino Ost Schandauer Straße 73 01277 Dresden

20.4.2014 20.00 Uhr Schauburg Königsbrücker Straße 55 01099 Dresden


34 TITELTHEMA

Natürlich muss man die Technik beherrschen. Einige der weltweit besten Macher im Team haben. Einen guten Draht zu Petrus pflegen. Und wissen, wie man im richtigen Augenblick da ist, wo es passiert. Ein paar Jahre Erfahrung eben.

Wirklich besonders aber werden Luftbilder erst, wenn dann zur Inspiration noch mehr kommt. Wenn die, die sie machen, von Anfang an daran denken, wie aus ihnen ein einzigartiger Film wird. Weil sie selbst Filmemacher sind. So wie wir. Wir machen Luftbilder immer so, als würden wir selbst unseren besten Film daraus machen wollen. Auch für Sie.

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