AUSLÖSER 04/2014

Page 1

2014

04

A SLÖSER AU AUSLÖSER TITELTHEMA 1

Filmverband Sachsen

SCHWERPUNKT FILMFINANZIERUNG

06 14 24

BÜRGSCHAFTEN

Neue Programme zur Finanzierung

INTERVIEW

Gespräch mit Manfred Schmidt

ETWAS BEWEGEN Drehbericht „10 Milliarden”


MDM gefรถrderte Filme im Kino:

Los ร ngeles Regie: Damian John Harper

Wir waren Kรถnige Regie: Philipp Leinemann

Besser als Nix Regie: Ute Wieland

www.mdm-online.de


EDITORIAL 1

„Geld, der Meister aller Sachen, weiß aus Nein oft Ja zu machen” (1) der Schwerpunkt unseres aktuellen Heftes ist nicht die schönste aber wohl eine der wichtigsten Nebensachen der Welt. Denn wer sich mit der Herstellung von Filmen ernsthaft befasst, hat mit diesem Thema wohl mehr als nur einmal am Tag zu tun: der Geldbeschaffung. Bevor die erste Klappe fällt oder der erste Strich gezeichnet ist, müssen Verträge verhandelt und geschlossen, Förderer, Sender, Koproduktionspartner und Verleiher überzeugt, Rückflusspläne und Rückstellungserklärungen erklärt werden. Also alles Dinge, die das Filmen so richtig sexy machen und die gerade künstlerisch Kreative besonders mögen. Wer jedoch die wichtigsten Finanzierungsinstrumente nicht kennt oder beherrscht oder jemanden kennt, der diese kennt und beherrscht, wird seine genialen Filmideen kaum der interessierten Öffentlichkeit zum Besten geben können. Die Staatskanzlei in Sachsen weiß um diese pekuniären Umstände und organisierte im vergangenen Juni ein Aufeinandertreffen von Medienmenschen und Bankenmenschen. Nun gibt es ja das Klischee, dass ein Banker jemand sei, der gleichzeitig Hosenträger und Gürtel trägt. Um im Bild zu bleiben ist ein Filmproduzent demnach jemand, der regelmäßig die Hosen runterlässt. Auf ein wichtiges Produzentenhosendetail sei dabei unbedingt hingewiesen: die nach außen gestülpten Hosentaschen. Dieses nur scheinbare Detail jedoch versetzt die Banker wiederum in eine gewisse Entscheidungsmüdigkeit. Denn nicht nur die strukturelle Armut der Filmherstellungswilligen schreckt zunächst ab, sondern auch noch die Komplexität der Materie. Daher pendelte der Gesprächsfaden in der Staatskanzlei einerseits mehrfach zwischen grundsätzlichen Fragen der Medien- und Standortpolitik und wie denn die sächsischen Filmer

Foto: Balance Film GmbH

Liebe Auslöser-Leser,

aus dem Keller der Bedeutungslosigkeit heraus einen Platz auf der medialen Sonnenterrasse ergattern könnten (wo die Bayern schon sind, was eine extra angefertigte Powerpoint belegen sollte). Andererseits drängten praktische Fragen wie die nach dem Umgang mit Avalen und Bankbürgschaften immer wieder nach vorn. Der Vertreter des MDR, auf die Gründe seines Beharrens dieser einseitigen finanziellen Belastung der Produzenten angesprochen, meinte nur kurz und knapp: dann müsste der MDR ja die Bonität seiner Vertragspartner selber prüfen. (Hier würde jetzt ein Hinweis zu den Hosentaschen gut passen, siehe oben). Dem Schlagabtausch zwischen Produzenten, MDM und MDR folgten die Bankenmenschen mit erstaunten Blicken und mich beschlich das Gefühl, dieses nachmittägliche Treffen war alles andere als umsonst. Denn Geld ist weder bös noch gut; es liegt an dem, der‘s brauchen tut. In diesem Sinne wünscht eine spannende Lektüre Ihr Ralf Kukula

1 (Hans Aßmann Frh.v. Abschatz, Poet. Übersetzungen und Gedichte, 1704)


Bild: Alte Celluloid Fabrik/Prokino/Jens Mattner

2 TITELTHEMA INHALT 2

24

10.000.000.000

Alte Celluloid Fabrik fragt, wie die Weltbevölkerung ernährt werden kann.

In diesem Heft

EDITORIAL MITGLIEDERPORTRAIT

Dirk Lienig THEMA: FINANZIERUNG

Zum Gelde drängt, am Gelde hängt ... „Mundgerecht für Banken“ Sachsen bekommt eigenes Filmfinanzierungsmodell Vom französischen Modell nach Sachsen-Anhalt Gunnar Dedio erzählt über internationale Finanzierung und Senderbürgschaften „Verständnis gewinnen“ IB Sachsen-Anhalt unterstützt mit Filmfinanzierung Infrastruktur Flexibilität bei der Kreditlinie Sparkasse Leipzig bei Arthouse und Fernsehauftragsproduktionen an Bord Trackrecords und Deckungsbeiträge Commerzbank will Filmfinanzierung in Mitteldeutschland ausbauen Mindestlohn Auswirkungen auf die Branche Interview Manfred Schmidt im Gespräch

01 04 06 08

09

10

FESTIVALS

Filmeschauen erweitert den Horizont

18

Schlingel-Festivaldirektor Michael Harbauer über den europäischen Kinderfilm Move it! 20 10. Move it! Filmfestival 2014 Kraftvolles Kino 21 Mitteldeutsche Produktion erhält Chrystal Globe Programmhighlights 22

57. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm

SPOTS 23 Mit der Goldenen Taube zum OSCAR® Kinoprogrammpreis 2014 PRODUKTION

24

13

„Etwas bewegen“ Alte Celluloid Fabrik fragt, wie die Weltbevölkerung ernährt werden kann Der Mann, der beinahe ins Wasser fiel Interview Olaf Helds neue Dokumentation zum Urheberrecht

14

EINREICHTERMINE/FÖRDERENTSCHEIDUNGEN 31

11

12

NACHRUF

IMPRESSUM

27 28

32 32


LEIPZIG

MITGLIEDERPORTRAIT 3

27.10. –– 2.11.14 dok-leipzig.de

With the support of Creative Europe – MEDIA Programme of the European Union

Member of

Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm

57.

DOK Festival + DOK Industry


4 MITGLIEDERPORTRAIT

Dreharbeiten für „Eine Stadt tanzt”

Ein großer Fisch im kleinen Teich Hoyerswerda

Dirk Lienig Text: Claudia Reh Fotos: Rico Hofmann, Claudia Reh

E

s musste für Dirk Lienig, einem künstlerischen Allround-Talent und seit diesem Jahr Mitglied im Filmverband, schon die ganz große Runde sein, bevor er in seine Heimatstadt Hoyerswerda zurückkehrte. Als er achtzehn Jahre alt war, ging er nach Leipzig an die Ballettschule, danach als Tänzer und Choreograph nach Schwerin. Es kamen erste Berührungen mit der Foto- und Filmkamera, immer wieder Aufenthalte in Australien, Mittelamerika und in Europa. In Berlin war er dann freier Choreograph, Tänzer und Regisseur, Autor und Kameramann seiner eigenen Dokumentarfilme. Die Festivalauswertung einer dieser Dokumentarfilme führte ihn nach Sydney, von wo aus er nach zwei Jahren

schließlich nach Hoyerswerda zurückkehrte. Seit 2009 konzipiert Dirk Lienig nun Projekte mit und in der Kulturfabrik. Seine unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten weiß er dabei gut zu verschränken. Sie bieten ihm großartiges Potenzial für neue Projektideen. Von dem Wohngebiet, in dem er aufwuchs, sind nur noch Straßen und Parkbuchten inmitten einer grünen Wiese übrig. Kein Wunder, Hoyerswerda hat in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren eine beispielhafte demografische Entwicklung erlebt. Die Stadt verlor mehr als die Hälfte ihrer Einwohner. Nach wie vor zieht es vor allem junge Menschen weg von hier. Kann man sich dem entgegenstellen? Lienigs Antwort:


MITGLIEDERPORTRAIT 5

„Bildet Banden. Das ist das, was ich immer mit meinen Kunstprojekten versucht habe – sich gruppieren und zusammenfinden. Die einfache Alternative leben, versuchen neue Formen von sozialem Zusammenleben auszuprobieren.“ Seit Anfang des Jahres betreibt Dirk Lienig das Tanzprojekt „Eine Stadt Tanzt ‚Le Sacre‘“. In vierter Auflage des Projekts beschäftigen sich in diesem Jahr 74 Hoyerswerdaer im Alter zwischen 7 und 72 Jahren mit Sergej Rachmaninows Aufbruchswerk der Moderne „Le Sacre du Printemps“. In mehrmals wöchentlichen Arbeitsproben choreographiert und entwickelt Dirk Lienig ein generationsübergreifendes, sehr persönliches Tanzprojekt: „Ich sage zu ihnen, dass sie gleichzeitig Autoren sind. Ihr erzählt eure Geschichten. Ihr seid selbst die Darsteller.“ Nach der Premiere am 13.6. im ehemaligen Centrum-Warenhaus der Stadt wird nun intensiv an der Dokumentation gearbeitet. „Wir haben angefangen die Tänzer zu interviewen, welche

Wünsche sie als Kinder hatten(…), wie sie sich in den einzelnen Stadien abgerieben haben und was davon übrig geblieben ist. Das ist der Erzählstoff.“ Im einstigen Kaufhaus werden Spielsettings aufgebaut, in denen sich die Protagonisten als Kind gegenübertreten. Lienig: „Ich versuche immer Leute aktiv werden zu lassen. Nicht, dass die immer nur konsumieren oder nur Darsteller sind, sondern sich auch mit ihrem Ich einbringen.“ Das sind die Grundsätze in Dirk Lienigs Arbeit. Er hofft, „dass diese Ansammlung von vielen kleinen Versuchen zu einer Kultur führt, über die auch Politik definiert werden kann. Wichtige Veränderung kommt aus solchen Aktionen, (…) durch sie erhoffe ich mir langfristig eine Kultur, die wächst und neue Formen von Alternativen zulässt. Keine Ahnung, ob das funktioniert, aber das andere funktioniert nicht, das weiß ich!“ n Eine Stadt tanzt auf Youtube: http://youtu.be/NptUdgeU4Jw


6 FINANZIERUNG

Über die Probleme und Möglichkeiten der Filmfinanzierung in Sachsen

Zum Gelde drängt, am Gelde hängt ...


FINANZIERUNG 7

Text:Joachim Günther (2. Vorsitzender Filmverband Sachsen)

Ja, der Vers ist leicht abgewandelt. Aber im Zusammenhang mit der Lebensrealität der meisten Filmemacher wie Goethe im Original von Gold zu sprechen, klänge wohl etwas zu weltfremd. Nichtsdestotrotz besteht ein Großteil der Kunst des „Filmschaffens“ schlicht darin, die Finanzierung für ein Projekt zusammenzubekommen. Wenn diese nicht „geschlossen“ ist, also die kalkulierten Produktionskosten von Angang an möglichst vollständig deckt, wird ein verantwortlicher Produzent gar nicht erst anfangen. Hat er es geschafft, sollte er sich aber zumindest um das Ende der Geschichte keine Sorgen machen müssen. Durchaus aber darum, dass die Produktion und sein Unternehmen dieses Ende auch erleben. Denn der finanziell gesicherte Ablauf der Produktion ist damit noch keineswegs sicher. Meistens ist der Geldbedarf schon während der Produktionsphase so hoch, dass er selbst bei planmäßigem Ablauf nicht aus eigener Tasche gedeckt werden kann. Was, wenn sich die Kosten unterwegs noch unvorhergesehen erhöhen oder sich Produktionsabschnitte dehnen und vereinbarte Zahlungen entsprechend auf sich warten lassen? In aller Regel benötigen Produzenten Zwischenfinanzierungen, um ein Filmprojekt überhaupt realisieren können. Bei TV-Auftragsproduktionen erwarten die Sender oft Bankbürgschaften, damit sie die Herstellungskosten in produktionsbegleitenden Schritten auszahlen. Geld oder Bürgschaft, beides sind für Banken Kreditgeschäfte. Damit beginnt das Problem. Die Bilanzen von Filmproduktionsunternehmen erfüllen selten die Kriterien konventioneller Risikobewertung. Andererseits mangelt es den Instituten oft an Erfahrung, um diese „Exoten“ dennoch angemessen einschätzen zu können. Sie lehnen entsprechende Anträge lieber ab oder beschäftigen sich erklärtermaßen erst gar nicht mit dem Thema Filmfinanzierung. Pech für die Produzenten und ihre Filme? Natürlich. Aber auch ein Problem für die Entwicklung der Branche und einer Medienregion

insgesamt. Wenn Filme nicht gemacht werden können, wird mit ihnen auch kein Geld verdient, werden keine Steuern dafür gezahlt, findet keine Entwicklung statt, wirtschaftlich aber auch kulturell. In Sachsen fehlten solche bedarfsspezifischen Angebote lange. Gerade hier, wo die meisten mitteldeutschen Produzenten beheimatet sind, war es schwer Finanzierungspartner für Filmprojekte zu finden. Auch der Filmverband Sachsen hat das in den vergangenen Jahren immer wieder als Entwicklungshemmnis für die hiesige Filmbranche kritisiert. Inzwischen aber bewegt sich etwas. Die Bürgschaftsbank Sachsen hat gemeinsam mit einigen öffentlichen und privaten Banken ein Modell entwickelt, das es hiesigen Produzenten deutlich leichter machen soll an Finanzierungen oder Bürgschaften zu kommen. Die Initiative dazu kam von der Staatskanzlei Sachsen, die die Entwicklung der Filmbranche seit einiger Zeit sehr unterstützt. Der Filmverband hat sich von Anfang an in der Vorbereitung und der Entwicklung mit seiner Fachkompetenz und seinen Kontakten zu (problem)-erfahrenen Filmproduzenten engagiert. Nun muss das BBS-Modell rasch belebt, mit Erfahrung erfüllt und gegebenenfalls weiterentwickelt werden. Auch die Commerzbank will sich stärker als Filmfinanzierer in der Region engagieren und baut in Dresden ein Kompetenzzentrum dafür auf, ebenfalls mit Unterstützung des Filmverbandes. Darüber hinaus steht das Angebot der Investitionsbank Sachsen-Anhalt auch Produzenten aus Sachsen oder Thüringen offen. Die IB ist schon seit einigen Jahren als Filmfinanzierer aktiv und hat bereits mehrere Projekte erfolgreich begleitet. Schließlich sei noch auf die Möglichkeit der Bürgschaftsversicherungen verwiesen, die z.B. vom Mitteldeutschen Rundfunk als Sicherung anerkannt werden. Die Modelle der verschiedenen Banken haben jeweils ihre Besonderheiten. Jeder Filmemacher muss entscheiden, welches für sein Projekt am besten scheint. Aber nie war das Angebot so vielfältig und vielversprechend wie jetzt. n


8 FINANZIERUNG

Sachsen bekommt eigenes Filmfinanzierungsmodell.

„Mundgerecht für Banken“ Text: Joachim Günther, Gisela Wehrl

D

ie Bürgschaftsbank Sachsen (BBS) hat in den vergangenen Monaten ein eigenes Finanzierungsmodell zur Unterstützung der Filmwirtschaft in Sachsen entwickelt. Es soll vor allem für Filmprojekte, deren Finanzierung insgesamt gesichert ist, eine Zwischenfinanzierung oder erforderliche Bürgschaften ermöglichen. Dies trifft in aller Regel auf Fernseh-Auftragsproduktionen, aber z.B. auch auf geförderte Kino-Produktionen zu. Das Modell der BBS sieht im Kern vor, den Hausbanken der Produzenten die Bewertung der Projekte zu erleichtern und über eine Teilbürgschaft einen Großteil des Risikos abzunehmen. Markus Michalow, Geschäftsführer der BBS, dazu: „Wir fangen die oftmals schlechten Bilanzen der Filmproduktionsfirmen ab“, die es Banken schwer machen würden Kredite zu geben. Außerdem minimiere das Engagement der BBS den Aufwand für die Hausbank. Eine solche ist aber immer nötig, da die BBS keine Universalbank ist, die Kredite vergeben darf. Das Modell orientiert sich laut Michalow an dem Baden-Württembergs. Es funktioniert im Normalfall so: Der Produzent stellt bei seiner Hausbank seinen Antrag. Der wird an die BBS weitergereicht. Diese führt zunächst eine Prüfung durch. Für ein positives Ergebnis ist eine geschlossene Finanzierung Voraussetzung. Nach der Prüfung gibt die BBS eine entsprechende Erklärung an die Hausbank zurück, bei Zustimmung verbunden mit einer Teilbürgschaft über sechzig Prozent der Finanzierungssumme. Letztlich sei es aber an der Hausbank des Antragstellers abschließend zu entscheiden, so Michalow. Aber: „Zwar müssen die Banken eigenständig prüfen, aber wir legen, wenn der Unternehmer zustimmt, der Bank unsere komplette Entscheidungsvorlage vor“, inklusive aller Unterlagen und dem internem Rating. „Wir machen einer Bank das ganze Thema mundgerecht.“

Für kleinere Finanzierungsbedarfe gibt es aber noch einen direkteren Weg: die „Bürgschaft ohne Bank“. In ihr sieht der BBS-Geschäftsführer einen „echten Mehrwert“ des Modells. Ist der gesamte Finanzierungsbedarf nicht höher als rund 260.000 Euro (die von der BBS zu gewährende Teilbürgschaft demnach nicht höher als 160.000 Euro), kann sich der Produzent mit seinem Antrag direkt an die BBS wenden. Mit dem Bürgschaftsangebot und dem „Prüfungszeugnis“ der BBS kann sich der Produzent dann frei an eine Bank seiner Wahl wenden, sich also die mit den besten Zinskonditionen aussuchen. Eingereicht werden müssen Unterlagen wie beim klassischen Kreditgeschäft. Die Bearbeitungsgebühr beträgt 1,5 Prozent, die Bürgschaftsprovision 0,75 Prozent. Die BBS verlangt mindestens eine persönliche Bürgschaft der Unternehmer über die komplette Summe und eine Risikolebensversicherung. Um „in die Sphäre neu einzutauchen und wichtige Player einschätzen zu können“, so Michalow, will die BBS jeweils eine Stellungnahme der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) einholen. Man wolle diese mit Einverständnis der Antragssteller auch gern abgeben, so Marcus Görsch, Leiter des MDM-Förderbereichs. Er gibt aber zu bedenken: „Vor allem bei Fernsehauftragsproduktionen werden wir viele gar nicht als vorherige Förderempfänger kennen.“ Aber auch das sei kein Ausschlusskriterium, betont wiederum Michalow. Die BBS werde dann auf eine Stellungnahme der IHK zurückgreifen. Görsch ist „ganz optimistisch“ für das neue Modell der BBS. Und auch Michalow gibt sich zuversichtlich: „Das Interesse von sächsischen Banken für eine Zusammenarbeit bei der Filmfinanzierung ist groß.“ n


FINANZIERUNG

9

Gunnar Dedio erzählt über internationale Finanzierung und Senderbürgschaften.

Vom französischen Modell nach Sachsen-Anhalt Text: Gisela Wehrl Foto: IB Sachsen-Anhalt

G

unnar Dedio hat LOOKS Film & TV vor mehr als zwanzig Jahren gegründet und stellt ernüchtert fest: „Das Problem der Filmfinanzierung stellt sich immer wieder.“ Bei der Produktion von „14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“ hat Dedio nun eine „äußert angenehme Erfahrung“ mit der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB) gemacht. Neben verschiedenen deutschen Banken kennt Dedio auch die Finanzierungsinstrumente von Bürgschaftsbanken und Beteiligungsgesellschaften, u.a. in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen: „Diese Instrumente funktionieren problemlos, haben aber sehr deutliche Grenzen.“ Bei den Bürgschaften seien gegenüber den abwickelnden Geschäftsbanken früher oder später harte Sicherheiten nötig, also Bargeld oder Immobilien, und Dedio betont: „Filmproduktion wird schnell teuer und meine Möglichkeiten Sicherheiten zu stellen sind begrenzt!“ Zudem hätten viele deutsche Banken Probleme mit ausländischen Debitoren und Verträgen. Einige große international operierende Sender strecken die Zahlung des Lizenzentgeltes auf Raten über mehr als ein Jahr nach Lieferung. „Wir haben zwar wertige Verträge, die aber über einen erheblichen Zeitraum zwischenfinanziert werden müssen“, erzählt Dedio. Da eine solche Zwischenfinanzierung in Deutschland unmöglich war, realisierte Dedio diese bislang über die französische Banken Cofiloisirs und Coficine, an die sich seit einigen Jahren deutsche Produzenten mit, aber auch ohne französischen Partner wenden können, allerdings mit den Schwierigkeiten im französischen Sprach- und Rechtsraum zu agieren. Dann las der Produzent im letzten Jahr vom Modell der IB, als er „14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“ mit 52 Finanzierungspartnern in 23 Ländern zwischenfinanzierte. Dedio schätzt an der IB den „direkten Draht“ und den überschaubaren Papieraufwand, denn: „Auch Antragsverfahren kosten Geld.“ Die Kreditentscheidung für „14“ wurde schnell getroffen, trotzdem machten sich die Mitarbeiter der IB vorher ein sehr genaues Bild von LOOKS und dem Projekt. Der nötige Regional-

Rainer Schütze, IB Sachsen-Anhalt, und Gunnar Dedio, LOOKS Film & TV bei einer Präsentation der Finanzierungsmodelle durch die IB

effekt sei kein Problem gewesen, da er im Rahmen der MDM-Förderung bei Crew und Postproduktion bereits kalkuliert worden sei. Dedio begrüßt sehr, dass die IB die persönliche Haftung nicht für die komplette Summe verlangt hat. Überall bliebe ein statistisches Risiko bestehen, auch wenn das bei der Fertigstellung eines Films eher gering sei: „Ab einem gewissen Punkt bin ich nicht mehr bereit und in der Lage jedes Risiko allein einzugehen, und kann deswegen unter Umständen verschiedene Produktionen nicht realisieren“, betont Dedio: „Dann verliert mit uns auch das Land Umsatz, Regionaleffekte und Know-how, weil Fachkräfte nicht engagiert werden. Das ist weder in unserem noch im Interesse des Landes.“ Bei dem Modell der IB werde das Risiko verteilt, Produktionen ermöglicht und damit ein nachhaltiger Effekt in mehrere Richtungen erreicht. Allerdings: „Die öffentlich-rechtlichen Sender sind meist nicht bereit ein finanzielles Risiko einzugehen.“ Laut Dedios Erfahrung ist das Prinzip, dass Sender Bürgschaften für Anzahlungen fordern, in Deutschland einzigartig, auch im Vergleich zu seinen internationalen öffentlich-rechtlichen Koproduzenten und Lizenznehmern: „Zinsen und Gebühren für die Bürgschaften landen nicht auf dem Bildschirm, sondern im Bankensystem, notwendige Sicherheiten erschweren die Liquidität.“. n


10 FINANZIERUNG

IB Sachsen-Anhalt unterstützt mit Filmfinanzierung Infrastruktur.

„Verständnis gewinnen“ Text: Gisela Wehrl

Ein Volumen von 50 Millionen Euro steht bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB) für Filmfinanzierungen zur Verfügung. In seinem fünfjährigen Bestehen wurde das Programm immer wieder den Bedürfnissen der Branche angepasst, erzählt Rainer Schütze, Leiter des Kreditbereichs, und die Gap-Finanzierung um Bürgschaften und Zwischenfinanzierung ergänzt. Auch Produzenten aus anderen Bundesländern, also auch aus Sachsen oder Thüringen, können die Produkte der Investitionsbank mit Sitz in Magdeburg nutzen. Man erwarte lediglich einen „angemessenen“ Regionaleffekt in Sachsen-Anhalt, so Schütze. So konnten auch Leipziger Firmen das Modell der IB nutzen, das TV-Großprojekt „14 – Tagebücher des 1. Weltkriegs“ von LOOKS Film & TV oder der gegenwärtig produzierte Dokumentarfilm „10 000 000 000“ von Alte Celluloid Fabrik zählen zu den in jüngster Zeit finanzierten Projekten. Impulsgeber für das Programm war die Staatskanzlei Sachsen-Anhalt, um die Entwicklung der Filmwirtschaft in dem Bundesland zu fördern. „Wir wollten damit ein Signal geben, dass wir eine substanzielle Summe in die Hand nehmen“, erklärt Schütze das hohe Volumen und erinnert sich: „Ganz zu Anfang dachten wir ganz sportiv, man braucht Gap-Finanzierung.“ Doch habe die Erfahrung gezeigt, dass es nicht viele Projekte gibt, die den Anforderungen für die „Kür der Finanzierung“ gerecht werden. Weniger als ein Projekt pro Jahr wurde so finanziert, kürzlich eine „kleine Finanzierung mit 350.000 Euro“. Allerdings gab es auch noch keine Ausfälle. Ebenfalls kaum nachgefragt werden nach Aussage Schützes die Finanzierungsmöglichkeiten speziell zur Gründung, da diese über die etablierten Förderprogramme der IB abgedeckt werden, und die Investitionsförderungen, die sogar für Rechte- und Lizenzankauf genutzt werden könnten. Aber in den Bereichen Zwischenfinanzierung und Bankbürgschaften gäbe es durchaus Bedarf, erzählt Schütze. Im Unterschied zu dem Modell der Bürgschaftsbank Sachsen deckt die IB Sachsen-Anhalt dabei die gesamte Finan-

zierungssumme zu 100 Prozent ab. Nur für die Abwicklung bedarf es einer Hausbank. Der Banker schätzt an der Filmbranche, dass „die Menschen neben ihrer Kreativität und ihren Visionen einen langen Atem haben.“ Finanzierung sei dabei nur ein Bestandteil von vielen, damit ein Projekt nach vielen Jahren umgesetzt werden könne. Doch die Branche hat für ihn noch andere Besonderheiten. Ihm sei bewusst, dass die Bilanzen von Filmunternehmen „erheblich anders als bei anderen Produktionsunternehmen“ aussähen. Auf der Habenseite stehe nur Immaterielles: „Dafür Verständnis zu gewinnen, war der Weg, den wir gehen mussten.“ Als Bank mussten sie sich das Wissen um eine spezielle Branche aneignen, um gute Kreditentscheidungen treffen zu können. Das funktioniere nur mit Vertrauen in das jeweilige Unternehmen. Für die Kreditvergabe müssen die üblichen Unterlagen eingereicht werden. Um den Branchenbesonderheiten gerecht zu werden, hat die IB zur Bewertung von Projekt und Produzent ein eigenes Ratingtool entwickelt. Bislang realisierte Projekte fließen dort mit ein. Bei Bankbürgschaften und Zwischenfinanzierungen zähle allerdings nicht das Einspielergebnis, sondern die erfolgreiche Umsetzung, so Schütze. Nach ausführlichen Vorgesprächen falle dann mit Antragsstellung eine Bearbeitungsgebühr von einem Prozent an, ein weiteres Prozent bei Vertragsabschluss. Der Darlehenszinssatz ist nicht fest, sondern abhängig von der Risikobewertung. Eine Mindestdarlehenshöhe ist nicht fixiert. Zu klein dürfen die beantragten Summen allerdings nicht sein, da auch die IB als Förderbank kostendeckend arbeiten muss. Die kleinste Summe bislang betrug 40.000 Euro. Aktuell gäbe es aber auch Überlegungen, für kleinere Beträge Rahmenverträge zu schließen. Als Sicherheiten bei Bürgschaften und Zwischenfinanzierungen muss der Produzent die Forderungen gegenüber Dritten, also den Sendern und Förderern, an die Bank abtreten. Darüber hinaus verlangen die Regularien der IB


FINANZIERUNG

eine persönliche Bürgschaft des Unternehmers. Schütze ergänzt: „Das muss nicht in voller Kredithöhe sein, soll uns gegenüber aber Engagement zeigen.“ Mit der Mitteldeutschen Medienförderung gäbe es einen „freundschaftlichen Austausch“. Eine Förderung durch die MDM sei für eine Kreditvergabe durch die IB aber genauso wenig Voraussetzung, wie eine Förder-Ablehnung durch die MDM bei einer IB-Entscheidung negativ gewertet werden würde. Bedingung für eine Kreditvergabe ist allerdings ein Regionaleffekt: „Der ist nicht fix, aber der Ansatz unseres Programms ist es, die Inf-

11

rastruktur, also zum Beispiel Unternehmen im Mitteldeutschen Medienzentrum oder Drehorte in Sachsen-Anhalt, durch Aufträge zu unterstützen“, betont Schütze.

Sparkasse Leipzig bei Arthouse und Fernsehauftragsproduktionen an Bord.

Flexibilität bei der Kreditlinie Text: Gisela Wehrl

„Die Sparkasse Leipzig hat seit 2005 verschiedene Arthouse-Projekte finanziert, auch mit Cannes-Teilnehmern“, erzählt Dietmar Boriesosdiek, Leiter der Vertriebsdirektion S-Firmenkunden. In der Vergangenheit ergaben sich besonders Schwierigkeiten im Bereich der Fernsehauftragsproduktionen, wenn mit der Produktion begonnen werden muss, obwohl noch kein endverhandelter Produktionsvertrag vorliegt. „Da sollte der Produzent eine belastbare Geschäftsbeziehung zur Hausbank haben“, so Boriesosdiek, da die Vorlaufkosten zunächst im Kontokorrent aufgefangen werden müssen, mit den banküblichen Anforderungen an die Bonität. Nach Vertragsabschluss schätze die Sparkasse vor allem die operativen Risiken des Projekts ein, allerdings führe die Sparkasse kein spezielles Rating für Film durch. Die Hauptfragen lauten dann: „Ist das Konzept schlüssig und tragfähig? Traut man das dem Produzenten zu?“ Daher sei auch die persönliche Mithaftung der Unternehmer obligatorisch. Die Sparkasse Leipzig sei zwar nicht auf das neue

Modell der Bürgschaftsbank Sachsen (BBS) angewiesen, erzählt Boriesosdiek, aber es helfe in Situationen, bei denen sich die Kreditentscheidung nicht ohne zusätzliche Sicherheiten fällen lasse: „Die Bürgschaftsbank ist ein sehr zuverlässiger Partner.“ Aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorschriften müsse die Sparkasse allerdings immer selbst prüfen – auch, wenn die Bürgschaftsbank alle Unterlagen zur Verfügung stellt. Gewährt die Sparkasse einen Kredit für die Zwischenfinanzierung, werden darauf die normalen Gebühren und risikoadjustierten Zinsen fällig, bei einer Bürgschaft durch die BBS zusätzlich die Gebühren an die Bürgschaftsbank. „Projektfinanzierungen sind ab 100.000 Euro sinnvoll, darunter sollte man andere Wege suchen“, betont Boriesosdiek. Die Sparkasse Leipzig stellt aber als allgemeine Firmenkreditlinie den „Multiflex-Kredit“ zur Verfügung. Den kann der Produzent als Kontokorrent oder eben auch für Avale nutzen, so Boriesosdiek: „In der heutigen Welt ist Flexibilität erforderlich.“


12 FINANZIERUNG

Commerzbank will Filmfinanzierung in Mitteldeutschland ausbauen.

Trackrecords und Deckungsbeiträge Die Commerzbank ist seit 15 Jahren im Bereich der Filmfinanzierung tätig. In den vier großen Medienstandorten Berlin, Hamburg, Köln und München wurden sogenannte Medienkompetenzteams installiert. Achim Thielmann leitet die Berliner Stelle. Annett Maier ist regionale Ansprechpartnerin für Sachsen und Mitteldeutschland in Dresden. AUSLÖSER: Welche Sicherheiten müssen Produzenten für Zwischenfinanzierungen und Avale leisten? Achim Thielmann: Generell stellen wir die Finanzierung und die Sicherheiten auf das Projekt ab. Wir brauchen die branchenüblichen Unterlagen, gerade der Trackrecord der Key Persons ist für uns dabei sehr wichtig. Dann lassen wir uns die Ansprüche an Sender und Förderer abtreten, bei Regionalförderern bekommen wir sogenannte unwiderrufliche Zahlungsanweisungen. Das reicht Ihnen? AT: Das reicht uns. In den 15 Jahren und den nicht wenigen Projekten, die ich schon zwischenfinanzieren durfte, habe ich dabei durchaus positive Erfahrungen gemacht. Wie bewerten Sie das Risiko? AT: In der Filmfinanzierung gibt es eigentlich zwei wesentliche Risiken. Das eine Risiko ist, dass der Film teurer als geplant wird. Das zweite

Risiko besteht darin, dass die Filmproduktion während der Produktion in die Insolvenz geht. Das Overbudget-Risiko prüfen wir, indem wir uns die Trackrecords anschauen und ob genügend Überschreitungsreserven und Deckungsbeträge kalkuliert sind. Das zweite Thema geht darin über: Reichen die Deckungsbeiträge aus, um das Unternehmen zu finanzieren, so dass wir dann die Insolvenzgefahr ausschließen können? An wen wendet man sich als sächsischer Produzent? Annett Maier: In Dresden sind wir seit einem Jahr mit dem Filmverband im Gespräch und haben überlegt, wie wir die Filmschaffenden vor Ort unterstützen können. Wir sind dann der erste Ansprechpartner und greifen auf das Knowhow, das der Medienstandort Berlin in Personalie Herr Thielmann aufgebaut hat, zurück.

Das Interview führte Gisela Wehrl

Informationen & Ansprechpartner Investitionsbank Sachsen-Anhalt www.ib-sachsen-anhalt.de Herr Rainer Schütze rainer.schuetze@ib-lsa.de Tel.: 0391 589 8540

Commerzbank www.commerzbank.de Frau Annett Maier info@commerzbank.com

Sparkasse Leipzig www.sparkasse-leipzig.de Herr Dietmar Boriesosdiek info@sparkasse-leipzig.de Tel.: 0341 986-2501

Sächsische Bürgschaftsbank www.bbs-sachsen.de Herr Lars Wiehe Telefon 0351 4409-240 lars.wiehe@bbs-sachsen.de


FINANZIERUNG

13

Auswirkungen auf die Branche

Mindestlohn Text: Christian Zimmermann Foto: © Gina Sanders - Fotolia.com

A

b 1. Januar 2015 wird in Deutschland der allgemeine Mindestlohn gelten. Ab diesem Zeitpunkt müssen mit gewissen Ausnahmen alle Beschäftigten einen Mindestlohn von brutto 8,50 Euro pro Stunde erhalten. Mit den Stimmen der großen Koalition wurde damit ein Gesetz beschlossen, welches signifikante Auswirkungen auch auf das Niedriglohnland Sachsen haben wird. Gültig wird der Mindestlohn für alle volljährigen ArbeitnehmerInnen, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen und nicht länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet sind. Für diese Langzeitarbeitslosen ist eine sechsmonatige Ausnahme vom Mindestlohn vorgesehen. Das Gesetz sieht dazu eine Übergangszeit von zwei Jahren vor, in der Abweichungen über Tarifverträge „unter engen Voraussetzungen“ gestattet sind. Eine weitere Ausnahme gestattet das Gesetz im Bereich Orientierungspraktika, welche bis zu einer Länge von drei Monaten vom Gesetz ausgenommen sind. Sowohl der Deutsche Kulturrat als auch die Produzentenallianz sprachen sich gegen die flächendeckende Einführung in ihrem Bereich aus. Begründet wurde dies vor allem mit der Vielzahl von Praktikanten bei Filmproduktionen und Kulturträgern. Sie sehen un- oder geringbezahlte Praktika als wichtige Eckpfeiler einerseits der Berufsfindung und andererseits der Personalrekrutierung. Darüber hinaus führen sie ins Feld, dass (Film-)Produktionen durch den Mindestlohn teurer würden bzw. Kulturträger mit deutlich weniger Personal die gleichen Aufgaben leisten müssten. Zumindest teilweise wurden diese Bedenken erhört, wie die beschlossenen Ausnahmen zeigen. Für ihre klare Festlegung mussten beide Organisationen allerdings Kritik einstecken. So wurde u.a. auf der Internetpräsenz von Connex/Verdi eine zwar anonyme, an Deutlichkeit aber kaum zu überbietende Stellungnahme eines langjährigen Filmschaffenden veröffentlicht, welche die unbefriedigende Situation der meisten Praktikanten thematisiert.

Eine andere Forderung stellt die AG DOK. Unter dem Titel „Wer Mindestlohn für Praktikanten will, muss auch die Voraussetzungen dafür schaffen!“ fordert die Interessenorganisation der Doku-Branche Politik und Sender auf, die strukturelle Ausbeutung gerade von Praktikanten mit abgeschlossener Berufsausbildung bzw. Hochschulstudium durch die „chronische Unterfinanzierung“ von Kultureinrichtungen und (Dokumentar-)Filmproduktionen zu beenden. Zu befürchten ist, dass viele Firmen und Einrichtungen verstärkt auf das Modell des Kleinunternehmertums und der (Schein-)Selbstständigkeit zurückgreifen werden. Damit umgehen diese zwar die Pflicht, Mindestlohn zu zahlen, eine Verbesserung der Situation der prekär Beschäftigten ist aber so nicht zu erwarten. An dieser Stelle ist der Gesetzgeber nicht bereit, in den Markt einzugreifen. Einzig die Selbstständigen selbst können hier versuchen, wenigstens den Mindestlohn mit Auftraggebern auszuhandeln. n


14 INTERVIEW

Manfred Schmidt im Gespräch Als Geschäftsführer der Mitteldeutschen Medienförderung ist Manfred Schmidt eine der zentralen Persönlichkeiten, wenn es um die Geldbeschaffung in Sachsen geht. Mit dem AUSLÖSER sprach er über die Gründung er MDM, die Entwicklung des sächsischen Filmschaffens und die Zukunftschancen der hiesigen Filmlandschaft. Vor 25 Jahren ist die Mauer gefallen, nächstes Jahr feiern wir 25 Jahren Einheit und damit auch ein Viertel Jahrhundert freie Entwicklung des Filmschaffens und der Filmwirtschaft hier in Sachsen und Mitteldeutschland. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein? Die Entwicklung Mitteldeutschlands zu einem wichtigen Medienstandort mit stabilen Strukturen kann man guten Gewissens eine Erfolgsgeschichte nennen. Nach der Gründung des MDR 1992 entstand zunächst recht zügig eine erste mitteldeutsche Produzentenlandschaft, die im TV-Bereich tätig war und sich hauptsächlich auf Leipzig konzentrierte. Denn der Sender hatte von Anfang an relativ viel ausgelagert und Auftragsproduktionen vergeben, das war übrigens damals in Deutschland gar nicht so üblich. Was es hingegen kaum gab, waren Kinofilmproduktionen beziehungsweise Kinoproduzenten. Mitte der 1990er wandte sich dann der Produzentenverband an die Politik mit dem Wunsch, auch in Mitteldeutschland eine Förderinstitution wie in Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Hamburg einzurichten und finanzielle Mittel für Filmproduktionen zur Verfügung zu stellen. Entsprechend wurde 1998 die MDM gegründet, um die Kräfte der drei Länder zu bündeln. Gemeinsam mit der Politik, den Verbänden, Sendern und vor allem den ansässigen Filmschaffenden ist es uns gelungen, die Region zu einem deutschlandweit und inzwischen auch international anerkannten Produktionsstandort zu machen. Wo liegen die Stärken und die Schwächen des Filmschaffens in der Region. Die Stärken des Standorts liegen zum einen in der Vielfalt der Drehorte und in der guten Infrastruktur. Das betrifft sowohl die hiesigen Dienstleister als auch die Kommunen, die sehr aufgeschlossen gegenüber Dreharbeiten sind. Zum anderen sind da unsere Produzenten, sie sind bestens vernetzt und setzen hier hochka-

rätige TV-Produktionen und Kinofilme um. Es gibt aber eben auch eine strukturelle Schwäche der Region: wir haben zu wenige Abnehmer von Fernsehprojekten und Filmen. Da ist zwar der MDR und es gibt gute Verbindungen mit dem ZDF, aber das war es auch schon wieder. Ein weiteres Problem ist die Zahl der verfügbaren Fachkräfte, besonders bei den Heads of Department. Wenn mehrere große Produktionen gleichzeitig stattfinden, kommt es bisweilen zu personellen Engpässen. Dennoch können wir mit den regionalen Crewleuten inzwischen fast alle Bereiche abdecken, und das sah vor einigen Jahren noch ganz anders aus. Den Erwartungen der Politik und auch vieler Filmschaffender nach soll die MDM die Region vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht fördern. In den Richtlinien wird aber auch ausdrücklich der kulturelle Aspekt hervorgehoben. Was ist für Sie die Prämisse? Wenn von einer wirtschaftlichen Filmförderung die Rede ist, meint man nicht, dass ein kultureller Gedanke wegfällt. Jede Förderung in Deutschland versteht sich auch als eine kulturelle Förderung. Es gibt dieses wirklich schreckliche Wort Filmkulturwirtschaft, aber man kann beim Film die beiden Aspekte wirklich nicht trennen. Film ist Kulturgut und gleichzeitig Wirtschaftsfaktor. Der Unterschied ist: wenn jemand ein Buch schreibt, dann braucht er Papier und Stift oder einen Computer. Wenn es aber ums Filmemachen geht, dann ist eine ganz andere Logistik notwendig, die zum Teil auch eine Menge Geld kostet. Wir müssen bei unseren Entscheidungen immer beide Elemente berücksichtigen, und daran werden wir von unseren Gesellschaftern und von der Öffentlichkeit gemessen. Wir wollen mit der Unterstützung dazu beitragen, dass in Mitteldeutschland stabile Strukturen entstehen und dabei Filme fördern, die eine künstlerische Qualität haben und


INTERVIEW 15

die der Zuschauer sehen will. Über die Qualität lässt sich freilich immer streiten, aber Projekte nur wegen der Regionaleffekte zu fördern, würde niemandem nützen. Aufgabe der MDM ist es ausdrücklich „die Leistungsfähigkeit von Unternehmen der Filmkultur-, Fernsehkultur- und Medienkulturwirtschaft zu stärken und die Branchenansiedlung zu investieren“. Gemeint sind damit wohl vor allem die in Mitteldeutschland ansässigen. Inwiefern hilft es dabei internationale Großprojekte zu fördern? Internationale Produktionen sind durchaus wichtig, natürlich immer unter der Vorraussetzung, dass das mit Partnern von hier passiert. Uns war es von Anfang an wichtig, einerseits regional zu agieren und die lokalen Filmemacher zu unterstützen, und andererseits über den Tellerrand zu schauen. Wir haben früh unsere Produzenten ermuntert, auf internationale Festivals und Märkte zu fahren, damit sie sich dort verlinken konnten. Zudem haben sich über die Jahre in Mitteldeutschland Firmen angesiedelt, die auf Koproduktionen spezialisiert sind. In Absprache mit unseren Gremien haben wir vor einigen Jahren beschlossen, keine Ansiedlungspolitik mehr zu betreiben. Denn wir haben nichts von angemieteten Büros mit einer Telefonumleitung oder in denen im besten Fall ein schlecht bezahlter Praktikant sitzt. Das bringt einer Region überhaupt nichts. Wir haben mehr davon, wenn uns ein nicht ansässiger Produzent hohe Regionaleffekte bringt, indem er Crew und Firmen aus der Region beschäftigt. Die Effekte haben sich über die Jahre sehr gut entwickelt: anfangs konnten wir bei Kinoproduktionen mit 120 Prozent wirklich froh sein, mehr konnten wir auch gar nicht verlangen, weil die Strukturen nicht vorhanden waren. Die berühmt berüchtigten Regionaleffekte sind ja nichts weiter als eine Wiederspiegelung der infrastrukturellen Situation der Region. Das ist in der Zwischenzeit ganz anders, weil es gute Strukturen gibt, sodass wir heute ohne weiteres auch Effekte von 200 Prozent und teilweise darüber haben. Und da kommen wir wieder zu den internationalen Großprojekten. Sie erzeugen in der Regel noch höhere Effekte, verhelfen der Region obendrein zu großer Aufmerksamkeit und holen Folgeproduktionen in die Region.

Foto: Máté Baksa-Soós

Sind auch strukturelle Defizite in der regionalen Filmwirtschaft mit Ursache dafür, dass auswärtige aber auch hiesige Auftraggeber glauben, auf auswärtige Ressourcen zurückgreifen müssen? Welche Defizite wären das aus Ihrer Sicht? Abgesehen von den genannten Engpässen bei mehreren großen Produktionen gleichzeitig, gibt es kaum Bereiche, die ansässige Dienstleister nicht abdecken können. Es kann sicher die eine oder andere Lücke noch geschlossen werden, aber insbesondere bei sehr spezialisierten Gewerken muss es auch genügend und kontinuierlich Aufträge geben, damit sich eine Firmengründung lohnt. Eine andere Sache, die auch Förderungen und die Gremien von Förderungen umtreibt, ist die Tatsache, dass es eigentlich nie genug Geld gibt. Zum 7. Filmsommer Sachsen forderten Sie unter anderem, dass Projektentwicklungen und Drehbücher stärker gefördert werden müssen. Sehen Sie die MDM ebenfalls in der Pflicht? Die Förderquote für diesen Bereich ist bei uns überdurchschnittlich. Mir geht es darum, und damit mache ich mir sicher nicht nur Freunde, dass Inhalte bereits in der Entwicklung im stärkeren Maße von den Sendern unterstützt werden müssen. Hiermit meine ich Auftragsproduktionen, für die die MDM nicht zuständig ist. Denn die Sender wollen ja erstens attraktive und interessante Programme haben, und zweitens eine unabhängige Produzentenlandschaft. Dabei geht es in erster Linie um Firmen, die nicht so starke finanzielle Reserven und Rücklagen haben, so dass


16 INTERVIEW

sie selber aus eigener Kraft viel Geld in Entwicklungen investieren könnten. Kleinere Firmen können sich ja nicht immer an den Ausschreibungen beteiligen, und denen sollten die Sender bei Interesse an den Ideen Entwicklungsetats zur Verfügung stellen. Dabei muss den TV-Verantwortlichen – und übrigens auch denen, die die Sender kontrollieren – klar sein, dass nicht jeder investierte Euro programmwirksam wird und es eine gewisse Ausfallquote geben kann. Das spart aber viele Kosten hinterher, es entstehen bessere Filme und vielleicht ein interessanteres Programm. Natürlich ist das ein Risiko, aber dieses Risiko sollte man nicht dem Produzenten allein aufbürden. Wie stark ist der Einfluss der Sender auf die Vergabeentscheidungen der MDM, und wie stehen Sie zur Förderung von Fernsehproduktionen durch die MDM? Von den insgesamt elf Mitgliedern des Vergabeausschusses sind drei Fernsehvertreter, zwei vom MDR, einer vom ZDF. Das ist so im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Ich finde es legitim, wenn die Sender als Geldgeber auch Gremienvertreter entsenden. Unsere Förderentscheidungen benötigen aber eine Zweidrittelmehrheit, somit ist es nicht möglich, dass die drei Vertreter frei darüber bestimmen könnten, was gefördert wird. Übrigens votieren die Vergabemitglieder ja nicht nur als Vertreter Ihrer Häuser, sondern zusätzlich als Kino- und Medienexperten. Was die Unterstützung von reinen TV-Projekten durch die MDM anbelangt, haben wir uns mit den Sendern verständigt, was das Profil in diesem Bereich ist. Aushängeschilder und Marken wie „Tatort“ oder „Polizeiruf“ müssen von den Sendern selbst finanziert werden. Das gleiche gilt für das Alltagsprogramm, aktuelle Berichterstattung oder Reportagen, Sportsendungen oder Shows. Wir fördern Projekte, wenn sie in einem besonderen Interesse für die Region sind. Das kann das so genannte Eventfernsehen sein, zum Beispiel Mehrteiler, die mit hohen Budgets gemacht werden, sich gut verkaufen lassen und bei denen der Produzent an den Erlösen beteiligt ist. Auch Anschubfinanzierungen für Serien kann die MDM geben. Hier kommen wieder beide Aspekte, über die wir anfangs sprachen, zusammen. Der kulturelle hat bei Serien viel mit regionaler Identität zu tun, und gleichzeitig kommen viele lokale Dienstleister und ansässiges Personal über lange

Zeit in Lohn und Brot. Durch Serienproduktionen entstehen dauerhafte Strukturen, und das ist sehr wichtig für eine stabile Medienlandschaft. Der Animationsfilm hat in Sachsen eine große Tradition. Leider sind davon nur noch wenige, allerdings sehr aktive, Reste übrig. Welchen Stellenwert hat die Entwicklung des Animationsfilms für Sie? Sollte er zum Erhalt dieses Erbes eine besondere Förderung erfahren? Zunächst einmal: was 1989 existierte, ist heute auch schon 25 Jahre her. Ich glaube, man kann da nicht mehr wirklich von Resten reden. Es gibt, wie wir wissen, einige ganz gut funktionierende Animationsfirmen und -studios in der Region, die von uns mit gutem Gewissen bei ihren Projekten unterstützt werden. Was dort passiert, ist sehr personalintensiv. Momentan sehen wir, dass der Trend von den großen Kinofilmen weggeht, weil diese wirklich schwer zu finanzieren sind. Es geht jetzt darum zu sehen, welche Chancen sich im Bereich der Animationsserien ergeben. Wie das in der Zukunft aussehen wird, hängt leider nicht von der MDM ab. Es gibt sicher eine Offenheit bei uns und in der Politik, aber derzeit keine schnelle Bewegung. Ihr derzeitiger Vertrag als MDM-Geschäftsführer läuft noch zwei Jahre. Welche Weichen wollen Sie in dieser Zeit noch stellen? Was uns sehr beschäftigen wird, sind die neuen Verbreitungs- und Produktionsmöglichkeiten in der digitalen Welt. Es gibt bereits jetzt eine Reihe von viel versprechenden Modellen, und es werden sicher noch einige hinzukommen. Nicht alle werden funktionieren, aber auch die bisherigen Medienformen werden sich wandeln. Für mich stellt sich die Frage, welche neuen Formen und Wege Förderung effektiv unterstützen kann. Das können etwa schnelle, kleine, billige Sachen sein, die vor allem für junge Filmemacher und Produzenten eine interessante Möglichkeit sein können, um in diesen Markt und in diesen Beruf reinzukommen. Hierfür gemeinsam mit der Branche flexible Regelungen zu entwerfen, und auch an diesen Stellen zu experimentieren, ist eine schöne Sache, die auf uns zukommt. Gleichzeitig unsere Standards zu halten, ist in Zeiten, in denen es schwierig mit den Standards ist, genauso wichtig. Wir danken für das Gespräch das Interview führten Claudia Reh & Christian Zimmermann


Photo courtesy of Johann Perry, cinematographer on Firecracker Films’ shoot for the Vodafone Firsts campaign

PRODUKTION 17

The ARRI AMIRA is a versatile documentary-style camera that combines exceptional image quality and affordable CFast 2.0 workflows with an ergonomic design optimized for single-operator use. Easy-access controls and an intuitive menu structure make working with AMIRA simplicity itself.

ARRI AMIRA. TRULY CINEMATIC.

Now available at ARRI Rental. Munich | Berlin | Hamburg | Leipzig | Cologne Luxembourg | Budapest | Prague | Vienna | London | Manchester California | Florida | Georgia | New Jersey | New York | North Carolina

www.arri-rental.com


18 FESTTIVALS

Schlingel-Festivaldirektor Michael Harbauer über den europäischen Kinderfilm

Filmeschauen erweitert den Horizont

Beate Biermann MDR, Reinhard Krug, head of directorship of MDR, und Michael Harbauer Schlingel bei Kids Regio

Text: Gisela Wehrl Foto: Carlo Bansini / KIDS Regio

Als einziges Kinderfilmfestival in Deutschland erhält der Schlingel (13. bis 19. Oktober) nach zwei Jahren Pause wieder Mittel aus dem Fördertopf der Europäischen Union. Festivaldirektor Michael Harbauer im Gespräch über die kommende 19. Ausgabe, über die Schwierigkeiten des europäischen Kinderfilms, aber auch über Erfolge bei der Vermarktung. Die Schlingel-Preisträger aus dem letzten Jahr wurden alle erfolgreich verkauft? Der Hauptpreis der Stadt Chemnitz ging an „Grüße von Mike!“, den hat der WDR gekauft und es interessiert sich ein Filmverleih. Im Juniorbereich gewann „Die Pee-Wees“ beide Preise, Arsenal wird ihn im nächsten Herbst ins Kino bringen und höchstwahrscheinlich folgt eine Fernsehauswertung. Den mit 11.000 Euro dotierten Europäischen Kinderfilmpreis erhielt das tschechische Märchen „Die 12 Monate“, das Studio Hamburg angekauft hat. Im Jugendwettbewerb war „Reue!“ der Sieger, der danach den Young Audience Award der Europäischen Filmakademie gewonnen hat. Auch dort gibt es starkes Interesse

von einem Filmverleiher, da hängt es noch ein bisschen an der Synchronisation. Diese Deals entstanden alle in Chemnitz? Das kann man bei allen darauf zurückführen. Der Preisträger des Europäischen Kinderfilmpreises von 2012, „Alfie, der kleine Werwolf“, war im Kino, der von 2011, „Trommelbauch“, auch. Wir waren in den vergangenen Jahren noch nicht so breit aufgestellt, um Filme nachhaltig betreuen zu können, daher haben wir uns auf einen konzentriert. Aber inzwischen hat sich das doch schon mehr manifestiert, so dass wir 2013 schon von mindestens dreien sprechen. Man kann das sicherlich nicht für alle tun. Wir loben unsere


FESTTIVALS 19

Preise so aus, dass ein Teil des Preisgeldes für den Regisseur bereitsteht, aber der Großteil des Geldes soll den Film unterstützen, in Deutschland einen Kinostart zu haben, für die Synchronisation oder auch für Werbemaßnahmen. Es gibt mittlerweile durchaus Bewerber, die aufgrund der Preise sagen: „Wir gehen zum Schlingel!“ Welche Programmhighlights gibt es in diesem Jahr? In diesem Jahr waren die Filme im Liveaction-Bereich sehr breit gefächert, das war Anfang des Jahres nicht zu erwarten, die Berlinale-Sektionen waren sehr von Animationsfilmen dominiert worden. Nachdem ich dieses Jahr in Usbekistan acht Filme des SCHLINGEL-Wettbewerbes „Blickpunkt Deutschland“ vor über 3.000 Kindern gezeigt habe, freut es mich sehr, dass wir mit „Vergiss mich nicht“ eine usbekische Produktion im Kinderfilm-Wettbewerb haben werden. In der wesentlichen Essenz geht es darum, Wärme, Nähe, Familie und Freundschaft zu spüren und da kann man sich die Frage stellen: Ist die usbekische Welt so viel anders als die Welt eines deutschen oder europäischen Kindes? Was braucht es, damit Firmen – vielleicht auch aus Sachsen – mehr Kinderfilme produzieren? Der Grundsatz ist überall der gleiche: Der Kinobetreiber sagt, dass Kinderfilme beim Besucherverhalten sehr dröge sind. Der Verleiher sagt: Pass auf, ich bringe Kinderfilme einfach nicht unter. So setzt sich die Kette fort. Sprich, wir brauchen einfach Unterstützung für den Kinderfilm. Da wären wir bei der KIDS Regio Konferenz, wo wir uns Gedanken gemacht haben, ob es eine Marke für den Kinderfilm braucht. Unter dem Attribut „Der besondere Kinderfilm“ findet sich eine wirklich tolle und wichtige Initiative, aber für diesen Titel würde kein Kind ins Kino gehen! Wie sollte man eine solche Marke dann nennen? Ein Kind möchte etwas Spannendes kennenlernen, was es noch nicht erreicht hat. Ein ab 12 Jahren freigegebener Film ist daher schon aufgrund der höheren Altersfreigabe für beispielsweise einen 10-Jährigen interessant. Allerdings nicht, wenn man ihn in diesem Zusammenhang als Kind bezeichnet, er aber schon zur Jugend gehören möchte. Daher braucht man Attribute, die diese Kategorie nicht klar benennen und sich dennoch interessant für diese Altersgruppe dar-

stellen. Den Titel „Generation“, den die Berlinale für diese Sektion gewählt hat, finde ich hierfür sehr passend. Braucht es überhaupt mehr Kinderfilme? Wann hatten wir denn den letzten spanischen Kinderfilm hier im Kino? Ich glaube, das ist schon ganz lange her. Bei KIDS REGIO wurde gesagt, der Austausch findet beim Kinderfilm noch am intensivsten statt. Ich bin der Meinung, es wird nur festgestellt, was grenzüberschreitend geschieht. Da meint man dann sicherlich z.B. den deutschen Film, der auch in Österreich und der Schweiz zu sehen ist, sich also in denselben Sprachräumen bewegt. Es sind halt immer die gleichen Länder, die das Grenzüberschreitende hervorrufen. Die Frage ist, wie kann man ein System aufstellen, welches diesem kulturell bunten Strauß in Europa Rechnung trägt. Dafür wird Geld benötigt – Geld für Synchronisationen zum Beispiel. Denn im Gegensatz zu Erwachsenen sind Kinder noch nicht in der Lage, Filme in Originalfassung mit deutschen Untertiteln zu verfolgen. Welche Diskussion war für dich bei KIDS REGIO am Spannendsten? Eine Frage, die wir jetzt beim Festival aufgreifen: Brauchen wir Remakes oder Sequels, weil wir eben bereits bekannte Erkennungsmerkmale benötigen? Oder braucht man ein Branding für das junge Kino in Europa und kann da ganz, ganz frei Dinge entfalten? Diese freie Entfaltung, das Phantasievolle, die Überraschung – damit kann das Kino als klassischer Hort des Films für die Jugend interessant bleiben. Das wäre für mich viel wichtiger, als dass man immer einem Vorläufer hinterherhechelt und ihn dann in Besucherzahlen meist eh nicht mehr erreicht. Die Konferenz KIDS Regio ging vom 19. bis 20. Juni 2014 in Erfurt der Frage nach, wie man den europäischen Kinderfilm voranbringen kann. Neben MDR- und MDM-Vertretern war Michael Harbauer der einzige Vertreter aus Sachsen, diskutierte in den Think Tanks u.a. das Thema Branding. Mehrere Studien lieferten Zahlen zum Kinderfilm. „Europäische Kinderfilme reisen mehr und erzielen bessere Zuschauerzahlen als Nicht-Kinderfilme“, fasste Martin Kanzler seine Forschung über den Kinomarkt am European Audiovisual Observatory zusammen.


20 FESTIVALS

10. Move it! Filmfestival 2014

Text: Claudia Reh

Das Dresdner Filmfestival „Move it!“ begeht sein 10. Jubiläum vom 4. bis 9. November 2014 traditionell im „Nanoplex“ Thalia – Cinema, Coffee and Cigarettes im Dresdner Szeneviertel Neustadt. Groß aufgefahren wird in diesem Jahr ein Programm mit vier Schwerpunkten, einem Kinder- und Jugendfilmprogramm, dem traditionellen Sonntagsbrunch und einer Vielzahl von Kooperationen mit anderen Institutionen. Das ehrenamtlich geleitete Festival legt die Messlatte für zu zeigende Filme enorm hoch, so ist eine Berlinale-Teilnahme noch lange kein Grund, Filme ins Programm zu nehmen. Die Programmschwerpunkte in diesem Jahr:

Schwerpunkt FairCulture … beschäftigt sich mit dem Erleben von kultureller Vielfalt und ihren Bedingungen. Die künstlerische Umsetzung von Menschenrechtsthemen und Identitätsfragen stehen hier im Mittelpunkt. Wir tauchen ein in das breite Spektrum internationaler Filmkunst. Im Anschluss an die Jubiläumsfilmreihe im März/April diesen Jahres fragen wir nach ‚fairen’ Erinnerungskulturen. Wie kann eine Gesellschaft aber auch jede/r Einzelne mit einer traumatisierenden Vergangenheit umgehen? Welche Möglichkeiten bietet die filmische Umsetzung? Schwerpunkt Postcolonial Experiences In den 1960ern wurden die letzten Kolonien für unabhängig erklärt. Doch damit ist der Kolonialismus nicht schlagartig vorbei. Er hat viele Spuren hinterlassen – nicht nur in den ehemaligen Kolonien. Koloniale Ausbeutungsverhältnisse waren ausschlaggebend für viele internationale Entwicklungen der Moderne. Der koloniale Diskurs prägt unser Denken noch heute. Unser Schwerpunkt möchte ein Bewusstsein hierfür befördern und blickt zudem auf die aktuelle Lage in den ehemaligen Kolonien.

Weitere Infos: http://moveit-festival.de

Schwerpunkt Sex | Gender | Identity Welche Bedeutung haben unser soziales und unser biologisches Geschlecht für unsere Identität? Wie steht es um Rollenbilder, Gleichstellung und sexuelle Freiheit fast 60 Jahre nach der sexuellen Revolution? Ist die strikte, dichotome Unterscheidung zwischen Mann und Frau heute noch tragbar? Diese Fragen betreffen uns alle. Die Filme unseres Schwerpunkts reflektieren Tabus, Klischees und das Problem des Sexismus. Dabei geht es insbesondere auch darum, die Perspektiven von Trans- und Intersexuellen zu zeigen. Schwerpunkt Art of Rebellion Protest ist mehr als eine Menschengruppe, die mit ihren Forderungen und selbst gemalten Transparenten auf die Straße gehen. In Zeiten des Internets und der Globalisierung hat Widerstand und Aufbegehren viele, mitunter sehr kreative Gesichter entwickelt. Was bewegt Menschen dazu sich für oder gegen etwas einzusetzen? Was können sie bewegen? Und was passiert wenn Gewalt ins Spiel kommt? Im Schwerpunkt „Art of Rebellion“ dreht sich alles um Formen, Ziele und Effekte moderner Protestbewegungen weltweit.


FESTIVALS 21

Mitteldeutsche Produktion erhält den Chrystal Globe in Karlovy Vary

Kraftvolles Kino Text: Lars Tunçay Foto: Rohfilm

D

er Fluss erschafft, der Fluss zerstört: inmitten eines Stroms, der Abchasien, eine Region im Süden des Kaukasus, vom Rest Georgiens trennt, entstand eine Insel wie geschaffen für den Anbau von Mais. Ein alter Bauer, dessen zerfurchtes, sonnengegerbtes Gesicht über die Jahre immer mehr das Antlitz der Erde, die er bestellt, angenommen hat, bearbeitet das Land, ohne zu wissen, wie lange es bestehen wird. Schweigsam verrichtet er seine tägliche Mühsal. Fast rituell sind seine Handlungen. Der einzige Mensch an seiner Seite ist seine Enkeltochter. Als sie eines Tages einen jungen Mann auf der Insel entdeckt, ändert sich ihr Schicksal. Eine kraftvolle Parabel, geschaffen von einem außergewöhnlichen Regisseur: George Ovashvili, dessen Erstling „Das andere Ufer“ mehr als zwanzig Preise auf internationalen Filmfestivals erhielt, kehrt mit seinem neuen Werk „Simindis kundzuli“ („Corn Island“) zurück in die fragile Grenzregion seiner Heimat. In ausdrucksstarken Bildern stellt er die Landschaft in den Mittelpunkt seines psychologischen Dramas. Die Jury des 49. Karlovy Vary International Film Festivals honorierte sein künstlerisch versiertes Werk mit dem Chrystal Globe, den mit 25.000 US Dollar dotierten Hauptpreis des Festivals. Das Drama gewann darüber hinaus den Jurypreis der Ökumenischen Jury. „Corn Island“ ist eine Koproduktion der Alamdary Film (Georgien), Arizona Productions (Frankreich), Axman Production (Tschechien), Kazakhfilm (Kasachstan) und der Halleschen Firma 42film mit einer Förderung der Mitteldeutschen Medienförderung. Unter Beteiligung von Departures Film aus Leipzig und ebenfalls mit einer MDM-Förderung entstand der Wettbewerbsbeitrag „Fair Play“ der tschechischen Regisseurin Andrea Sedláková. Sie war in der Vergangenheit vor allem als Cutterin für französische Produktionen wie „Liebe mich, wenn du dich traust“ oder „Vergissmichnicht“ in Erscheinung getreten. Sedláková wirft einen Blick in die dunkle Vergangenheit ihres Landes, erzählt von zerplatzten Träumen und enttäuschten Hoffnungen. Im Mittelpunkt ihrer Geschich-

„Corn Island“ Gewinner Filmfest in Karlovy Vary

te steht die 18-jährige Leichtathletin Anna. Es sind die frühen Achtziger in Prag. Anna schafft die Aufnahme in ein exklusives Sportförderprogramm. Ihre Freude darüber erlischt allerdings jäh, als sie einige Monate später herausfindet, dass sie gedopt wird. Sie widersetzt sich dem Doping, aber ihre Mutter verabreicht ihr die Mittel heimlich weiter, damit Anna an den Olympischen Spielen teilnehmen kann – ihre Fluchtmöglichkeit in den Westen. Im Gewand eines fiktiven Sportlerdramas reflektiert „Fair Play“ die Geschichte des Sozialismus und hinterfragt moralische Grenzen. Der Hauptpreis der Reihe East of the West ging an „Klass korrektsii” („Corrections Class“) von Ivan I. Tverdovsky, eine Koproduktion von New People Film Company mit der Leipziger Firma Jomami Filmproduktion. Der russische Filmemacher Tverdovsky schildert darin die Barrieren im Schulalltag und in den Köpfen der Menschen, mit denen sich eine junge behinderte Frau auseinandersetzen muss. Ein ernüchterndes Porträt einer feindlichen Gesellschaft all jenen gegenüber, die anders sind. „Corn Island“ ist eine Koproduktion der Alamdary Film (Georgien), Arizona Productions (Frankreich), Axman Production (Tschechien), Kazakhfilm (Kasachstan) und der Halleschen Firma 42film mit einer Förderung der Mitteldeutschen Medienförderung ----und wurde von Georgien für die Nominierung zu den Academy Awards (OSCAR ®) vorgeschlagen n


22 FESTIVALS

57. Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm

Programmhighlights Text + Foto: DOK Leipzig 2014

Die 57. Ausgabe von DOK Leipzig verspricht wieder intensive Kinoerlebnisse. Die Filme des Festivals dringen vor bis in die tiefsten Schichten unserer Realität. Rund 350 Dokumentar- und Animationsfilme werden gezeigt, das Spektrum reicht von brisanten politischen Themen bis hin zu bewegenden persönlichen Geschichten. Das diesjährige Festivalprogramm spiegelt eindrucksvoll die politische Tragweite des Dokumentarfilms wider. DOK Leipzig zeigt gleich mehrere Produktionen, die in Krisengebieten entstanden sind, in der Ukraine, Syrien oder in Ägypten. Politische und gesellschaftliche Umbrüche werden aus anderen als den bekannten Perspektiven beleuchtet und hinterfragt. In einer Intensität, die eine tagesaktuelle Berichterstattung nie leisten kann. Als Zwei-Sparten-Festival hat DOK Leipzig sich zu einem herausragenden Forum für genreübergreifende Angebote und den animierten Dokumentarfilm entwickelt. Seit dem vergangenen Jahr widmet DOK Leipzig dieser sehr populären Hybridform als erstes Festival der Welt einen eigenen Hauptpreis. In der 57. Festivalausgabe widmet DOK Leipzig seinen Länderfokus dem Filmschaffen in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens. In der traditionsreichen Retrospektive steht die Kamera im DEFA-Dokumentarfilm im Mittelpunkt. Sie

verhalf dem Bild in Filmen der DEFA-Schule zu einer besonderen Stellung. Kameraleute wie Thomas Plenert, Christian Lehmann, Werner Kohlert oder Wolfgang Dietze arbeiteten damals gleichberechtigt neben den großen Regisseuren Jürgen Böttcher, Volker Koepp oder Helke Misselwitz – ein filmhistorisch einzigartiger Schaffensprozess. Neben dem Filmprogramm bietet das Festival zahlreiche Branchenangebote, die sich mit der Weiterentwicklung von dokumentarischen Erzählformen befassen. Eine Neuheit in diesem Jahr ist ein dreitägiger Hackathon, bei dem Filmemacher mit IT-Spezialisten zusammentreffen, um innerhalb des Festivals gemeinsam Cross-Media-Projekte zu entwickeln. Der Workshop wird gemeinsam mit dem renommierten Tribeca Film Institute aus New York durchgeführt.

Zu DOK Leipzig Das Festival hat sich in den letzten zehn Jahren rasant entwickelt: Das Publikum wächst von Jahr zu Jahr, 2013 stieg die Zuschauerzahl auf einen neuen Rekord von 41.500. In diesem Jahr reichten Filmemacher aus 119 Ländern ihre Filme bei DOK Leipzig ein. Für die kurzen Dokumentarfilme bietet DOK Leipzig einen besonderen Anreiz: Der Gewinner-Film in dieser Kategorie kann sich für einen Academy Award® in der Kategoie „Documentary Short Subject“ qualifizieren. Einen großen Anteil am Ausbau und an der Modernisierung von DOK Leipzig hat Claas Dani-

elsen. Der Festivalleiter wird sich nach seinem elften Festival Ende des Jahres verabschieden. Er hinterlässt ein runderneuertes Festival, das international neue Strahlkraft gewonnen hat. Über die Nachfolge von Danielsen wird am 15. Oktober im Leipziger Stadtrat entschieden. Zur Abstimmung steht Leena Pasanen, 49jährige Dokumentarfilmexpertin aus Finnland. Claas Danielsen unterstützt die Kandidatin: „Sie ist international hoch anerkannt, eine profunde Kennerin des Dokumentarfilms und eine sehr erfahrene Führungspersönlichkeit.“


SPOTS 23

PROGRAMMKINO OST erhält Spitzenpreis für Jahresfilmprogramm 2013

Foto: Martin Jehnichen

Mit der Goldenen Taube zum OSCAR®

Text: Gisela Wehrl Foto: DOK Leipzig 2014, Martin Jenichen

Bei DOK Leipzig führt ab diesem Jahr der Gewinn der Goldenen Taube im „Internationalem Wettbewerb für kurze Dokumentarfilme“ zur Nominierung für den OSCAR® in der Kategorie „Documentary Short Subject“. Der Film muss darüber hinaus nur die weiteren formalen Kriterien für den ACADEMY AWARD® erfüllen. Die ansonsten erforderliche Kinoherausbringung im Großraum Los Angeles oder Manhattan entfällt aber durch den Gewinn der „Taube“. Eine solche Sonderregelung gibt es nur für Kurzfilme. DOK Leipzig gehört damit zu insgesamt 13 Filmfestivals außerhalb der USA, bei denen man sich in dieser Oscar-Kategorie qualifizieren kann. „Damit wird es für die Filmemacher noch attraktiver ihren Film im Leipziger Wettbewerb zu präsentieren“, glaubt Festivaldirektor Claas Danielsen. Es liefen jährlich allerdings nur ein bis zwei deutsche Produkti-

onen im internationalen Kurzfilmwettbewerb, da diese vorwiegend an Filmhochschulen entstünden, wo sie meist erste Fingerübungen seien. „Aufgrund der Finanzierungsbedingungen machen erfahrene Dokfilmer in Deutschland sehr selten Kurzfilme“, so der Festival-Chef. n

Weitere Informationen zu den Einreichbedingungen unter www.oscars.org/rules

Sven Weser, BKM Monika Grütters, Jana Engelmann

Text + Foto: PK Ost

Am Donnerstag, den 4. September, vergab die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, im bayrischen Starnberg die Kinoprogrammpreise 2014. Programmkinos aus dem gesamten Bundesgebiet können alljährlich ihr Jahresprogramm einreichen und dafür verschiedene Programmpreis-Auszeichnungen erhalten, die mit Geldprämien verbundenen sind. Wie schon in den letzten Jahren waren die Dresdner Programmkinos umfangreich und mit hohen Prämien vertreten. Ausgezeichnet wurden das KiD - KINO IM DACH, KiF - KINO IN DER FABRIK, das THALIA und die SCHAUBURG. Als Hauptpreisträger erhielt das PROGRAMMKINO OST den Spitzenpreis in Höhe von 20.000 € für das beste Jahresfilmprogramm 2013. Damit holte das „Ost“ den ersten Preis bereits zum zweiten Mal nach der Schauburg im Jahr 2000 nach Dresden. n


24 PRODUKTIONSBERICHT

Suguna Chicken Hatchery, Palamaner, Indien, Interview mit dem Leiter der Fabrik

Alte Celluloid Fabrik fragt, wie die Weltbevölkerung ernährt werden kann.

„Etwas bewegen“ Text: Gisela Wehrl Bild: Alte Celluloid Fabrik/Prokino/Jens Mattner

W

ie können zehn Milliarden Menschen ernährt werden, die wohl in nicht allzu ferner Zukunft auf der Erde leben werden? Diese beeindruckende Zahl machte die Leipziger „Alte Celluloid Fabrik“ mit ihren Produzenten Tina Leeb und Jürgen Kleinig zum Titel ihres Filmprojekts, das nach Antworten auf diese große Frage sucht: „10 000 000 000“. Regie führt dabei Valentin Thurn, der mit seinem Vorgänger „Taste the Waste“ zu einem ähn-lichen Thema bereits sehr erfolgreich war. Die Grundidee kam 2009 von Leeb und Kleinig selbst. Ursprünglich wollten sie Landwirt-schaftssubventionen beleuchten und waren dafür auf der Suche nach einem Regisseur. Bei einem Pitching des „Documentary Campus“ stellte

dann Valentin Thurn „Taste the Waste“ vor und sie kamen ins Gespräch über eine Zusammenarbeit. Der Erfolg von „Tas-te the Waste“ gab ihnen später recht. Einhundertdreißigtausend Zuschauer kamen für den Film in die Kinos. Über das daran anschließende „Foodsharing“ wurde in den unter-schiedlichsten Medien berichtet, von „Spiegel“ und Co. über Bio- bis hin zu Krankenkassenzeitschriften. „Taste the Waste“ lässt sich durchaus als Agitationsfilm bezeichnen. Auf die Frage, in-wieweit das auch auf „10 000 000 000“ zutreffen wird, sagt Tina Leeb: „Auch wir möchten etwas bewegen.“ Es gehe auch ihnen um eine Message, wohl wissend, dass das in ci-neastischer Hinsicht auch Schwächen berge. Aber sie betont,


PRODUKTIONSBERICHT 25

Beeindruckt haben den Leipziger Jens Mattner bei den Dreharbeiten besonders die Strukturen der Selbstversorgung in Afrika, welche in den Dorfgemeinschaften hauptsächlich von Frauen organisiert wird, hier in Malawi.

dass „10 000 000 000“ auf alle Fälle auch „bildlich stark“ werde. Zwei „Lager“ die behaupten, die Ernährungslösung für die Welt der Zukunft zu kennen. Einerseits die industrielle Landwirtschaft, die global immer weiter expandiert und hoch-effizient auf Massenproduktion setzt. Demgegenüber stehen die biologische und die tra-ditionelle Landwirtschaft, die zwar weniger Masse produzieren, dafür aber schonend mit den begrenzten Ressourcen umgehen. Von beiden Seiten will der Film wissen, wie sie die Welt künftig ernähren wollen. Dafür war das Drehteam von Mai 2013 bis Mitte 2014 in fünfzehn Ländern auf beinahe allen Kontinenten unterwegs. Die Drehorte und auch manche Protagonisten wurden erst vor Ort konkret festgelegt. Helfer für die Dreharbeiten fand Produktionsleiterin Julia Ludwig häufig über NGOs, z.B. in Mosambik oder Malawi: „Da braucht man jemanden, der sich auskennt, wie man sich bewegt, was man für die Sicherheit beachten muss.“ Trotz der Aufenthalte in den

sogenannten „Entwicklungsländern“ stellt Leeb fest: „Kein Datenverlust, kein Streik, kein halber Drehtag ging uns verloren!“ Die deutsche Dreh-Crew bestand aus nur vier Leuten. Neben Regisseur, Kamera- und Tonmann reiste Jens Mattner aus Leipzig als 2nd-unit-Kameramann für das Making-Off mit. Er ist begeistert davon, wie umfänglich der Film sein Thema behandelt: „Von ‚Ver-tical Gardening’ bis Gentechnologie, ‚Urban Farming’, Börsenhandel, ‚Landgrabbing’ der Großagrarfirmen und Düngemitteln.“ Zuvor lief die Recherche weitgehend von Deutschland aus ab. In Köln arbeitete ein Team und „klapperte über Internet und Telefon alle möglichen Player ab“, so Kleinig. „In der Entwicklungsphase ging es vor allem um die inhaltlich-dramaturgische Arbeit“, erzählt er, so habe sich immer mehr die Frage nach der Ernährung der wachsenden Weltbevölke-rung, die jetzt im Mittelpunkt steht, herauskristallisiert. „Ohne die Projektentwicklungs-förderung der Mitteldeut-


26 PRODUKTIONSBERICHT

Oktokopter Einsatz im Madurai-Slum, Indien

schen Medienförderung hätten wir das als kleine Firma gar nicht machen können“, betont Kleinig. Immerhin hätten so 24.500 Euro allein für die Entwick-lung zur Verfügung gestanden. Neben der inhaltlichen Arbeit floss die Förderung vor al-lem in einen Trailer, mit dem die Produzenten und der Regisseur auf Festivals und Märk-te reisen konnten. Das Produktionsbudget des Projekts beläuft sich nach Aussagen der Produzenten auf stolze 750.000 Euro. Nichtsdestotrotz sei es, so Kleinig, gelungen, die Finanzierung dafür in nur einem halben Jahr vollständig zu schließen. Dabei ist „10 000 000 000“ eine rein nationale Koproduktion. Mit 25 Prozent ist Thurn-film, die Firma des Regisseurs beteiligt. „Die Koproduktion mit dem Regisseur war keine Absicht, aber nach dem Erfolg von ‚Taste the Waste’ ein wichtiges Verkaufsargument“, erzählt Kleinig. Weitere 25 Prozent liegen bei der Prokino Filmproduktion. Tina Leeb er-innert sich: „Nach unserer Präsentation bei den Co-Production-Meetings der DOK Leipzig ergab sich der Luxus, dass gleich fünf Verleiher ernsthaft interessiert waren. Prokino hat zwar nicht finanziell am meisten geboten, aber klar signalisiert, dass sie wirklich dabei sind.“ Außerdem sind der Westdeutsche Rundfunk und der Südwestrundfunk als Koproduzenten, allerdings ohne Erlösbeteiligung an Bord. Da neben der Mitteldeutschen Medienförderung

auch die Filmstiftung NRW förderte, mussten die Produzenten keine Bankbürgschaft für die Sender erbringen. Der WDR sieht die finanzielle Verlässlichkeit des Produzenten dann nämlich durch den Prüfprozess der Filmstiftung festgestellt. Ansonsten nutzt die Alte Celluloid Fabrik Bürgschaftsversicherungen, wie sie u.a. die Bayerische Versicherungs-kammer ausstellt. Eine Zwischenfinanzierung war für „10 000 000 000“ für die Produkti-onsphase zunächst nicht nötig. Die Alte Celluloid Fabrik konnte die Zahlungszeitpunkte der Raten mit den Finanziers entsprechend aushandeln. Später aber musste die Leipziger Produktionsfirma dann die lange Phase bis zur Rohschnittabnahme überbrücken. Durch das komplexe Thema dauerte der Schnitt über ein halbes Jahr, und Kleinig scherzte noch kurz vor dem Picture Lock: „Um den dramaturgischen Bogen kämpfen wir immer noch!“ Für die dafür dann doch noch erforderliche Überbrückungsfinanzierung nahmen die Pro-duzenten eine Zwischenfinanzierung durch die IB Sachsen-Anhalt in Anspruch (mehr dazu auf Seite XY), wobei sie Antragsprozedere und Auszahlung als „problemlos“ loben. Im Herbst findet nun die Postproduktion in Leipzig statt, Sound übernimmt Kai Tebbel, Picture Kai Dombrowski. Kinostart wird im nächsten Jahr sein. n


PRODUKTIONSBERICHT 27

Der Mann, der beinahe ins Wasser fiel Text: Steffi Braun Foto: Benjamin Sommer

In Strömen hatte es am 07. August 2014 gegossen. Ein wahrer Weltuntergang. Und die Dreharbeiten zu dem Kurzfilm „Der Mann, der keiner war“ mitten auf dem Feld in Boxdorf bei Dresden schienen buchstäblich ins Wasser zu fallen. Dabei hatte das Projekt so vielversprechend begonnen. Die Idee zum Kurzfilm war vergangenes Jahr von Regisseur und Drehbuchautor Steve Bache auf dem Filmfest Dresden gepitcht worden und die ravir film GbR hatte sich daraufhin für die Produktion des Filmes entschieden. Der ca. 9-minütige Kurzfilm schildert die Geschichte vom kleinen Franklin: An einem heißen Sommernachmittag wird der einsame Junge in seiner neuen Heimat zum ersten Mal zum Spielen mit anderen Kindern eingeladen. Doch als sie ein neu bezogenes Haus erreichen und seine Mutter beobachten, kocht die Stimmung über – und Franklin muss wieder eine Rolle übernehmen, für die er nicht vorgesehen ist. Es ist eine Geschichte von Abhängigkeit, Isolation und der schlimmsten Art des Tabubruchs: dem Missbrauch eines kleinen Kindes durch die ihm wichtigste Bezugsperson. Ein geeigneter Hauptdarsteller, der dem komplexen Thema des Films gewachsen war, fand sich in Miljan Chatelain, bereits bekannt aus Filmen wie „Das weiße Band“ von Michael Haneke und „Das Geschenk“. Bei dem vom Filmverband Sachsen organisierten Pitching-Workshop im Dezember 2013 wurde weiter an Thema und Drehbuch gefeilt und schließlich kam im Juli dieses Jahres auch eine Förderzusage von der Mitteldeutschen Medienförderung. Alles prima also. Doch dann fallen am zweiten von nur drei Drehtagen kurz vor Drehbeginn die Tropfen. Dabei sollte der Film zu großen Teilen aus sommerlichen Außenaufnahmen bestehen. „Das war

schon ein gehöriger Schreck“, erzählt Dorit Jeßner, die Produzentin. „Der Wetterbericht hatte uns etwas ganz anderes versprochen. Unser Zeitplan war sehr eng getaktet, da wir mit Kindern gedreht haben, und es gab keine Möglichkeit den Dreh zu verschieben, weil das Feld am Folgetag gemäht werden sollte.“ „Zumal es am ersten Drehtag ja puren Sonnenschein gab und die Anschlüsse nicht mehr gestimmt hätten. Aber so, wie es da geprasselt hat, gab es sowieso keine Möglichkeit weiter zu machen.“, ergänzt Regisseur Steve Bache. Also wurde über Ausweichmöglichkeiten diskutiert, umgeplant und abgewartet. Und dann ... erste, zögerliche Sonnenstrahlen zum Nachmittag und ein merklich erleichtertes Aufseufzen der Crew und Produktion vor Ort. „Dass wir es zum Schluss tatsächlich trotz mehrstündiger Drehverzögerung geschafft haben, lag an dem großen Wohlwollen und Enthusiasmus aller Beteiligten am Set. Auch als der Drehtag im Regen unterzugehen drohte, haben alle an einem Strang gezogen: Schauspieler, Crew, Regie und Produktion – das war für uns als junge Produktionsfirma schon eine tolle Erfahrung!“, erzählt Dorit Jeßner. Und wie soll es weitergehen? „Jetzt beenden wir erst einmal den Schnitt am Film und dann beginnt die Einreichung auf verschiedenen nationalen und internationalen Festivals“, erklärt der Regisseur. „ravir film will sich auch in Zukunft verstärkt in der hiesigen Filmproduktion betätigen“, hält die Produzentin schließlich Ausschau. „Wir haben schon einige Erfahrungen durch die Produktion unseres Dokumentarfilms „reality or non-reality“ und andere Kurzfilme gesammelt und hoffen, diese bald auch in einem Projekt längerer Form anwenden zu können.“n


28 INTERVIEW

Neue Dokumentation zum Urheberrecht

Interview mit Regisseur Olaf Held Du hast gerade die „A brief History of Raubkopie“ (AT) fertig gedreht und bist damit tief in den Komplex der Urheberrechtsfragen eingetaucht. Welche strukturellen Schwierigkeiten hast Du dabei festgestellt? In meinem Film ging es, vor allem wegen der enormen Komplexität der Materie für mich erst einmal um die Ursprünge des Urheberrechtsgesetzes. Dieses Konzept ist eigentlich nicht mehr mit den Kunstpraktiken der Moderne vereinbar und daher entstehen die Probleme. Man muss sich das vor Augen halten, das Gesetz im 19. Jh. verfasst und diesen Geist atmet es bis heute. Als es verfasst wurde, gab es noch nicht einmal die Möglichkeit einer wie auch immer gearteten Ton- oder auch Bildträgerverbreitung. Entsprechend sind bis heute alle später hinzu gekommenen Kunst- und Verbreitungsformen schlechter gestellt als Bücher und gedruckte Noten. Für alles andere hat man halt die Leistungsschutzrechte eingeführt, die jedoch nicht so stark sind wie das Urheberrecht. Dort liegt eben auch das Problem im digitalen Bereich, es kollidiert vor allem mit Leistungsschutzrechten. Ein Beispiel. Es war zwar beim damaligen Gesetzesentwurf so etwas wie das Zitatrecht vorgesehen, aber das Zitieren geschah halt in erster Linie so, dass man die entsprechenden Zitate nicht einfach kopierte, sondern per Hand abschrieb. So etwas wird natürlich zum Problem wenn man wie heute in der Musik Samples benutzt. Diese, so wird es vom

Gesetzgeber verlangt, selbst per Hand einzuspielen, widerspricht völlig der Idee des Samplings. Trotzdem ist Sampling verboten, da hier die LSR greifen. Das hat massiven Einfluss zum Beispiel auf die Entwicklung des HipHop genommen. Die Verwertungsgesellschaften haben auf der einen Seite eine wichtige Funktion, auf der anderen Seite werden sie teils massiv kritisiert und haben scheinbar einen schlechten Leumund. Wie kommt aus Deiner Sicht dieses Diskrepanz zustande? Im Film haben wir diesen Bereich ausgespart, aber aus Künstlersicht ist es vor allem die Intransparenz bei der Arbeit der Verwertungsgesellschaften. In der Öffentlichkeit werden sie vor allem im Streit mit heutigen Internetanbietern wahrgenommen. Dies liegt aber auch daran, dass man hier versucht Monopolstellungen gegeneinander auszuspielen. Ich glaube, wenn es zum Beispiel wie in anderen Ländern mehrere VGs für Musiker gibt, würden manche Probleme gar nicht erst entstehen. Wird also Zeit, dass die GEMA zum Beispiel Konkurrenz bekommt. Das Urheberrecht wurde schließlich eingeführt, um Künstlern die Möglichkeit zu geben von Mäzenen unabhängig auf dem freien Markt Geld zu verdienen. Umso erstaunlicher, dass für die Durchsetzung der Urheberrechte dann ein Monopol wie die GEMA errichtet wurde.


INTERVIEW 29

In deinem Film beschäftigst Du dich auch mit Alternativen Lizenzformen wie den CC-Lizenzen. Siehst Du in diesen Alternativen in ihrer bisherigen Form eine Verbesserung zur aktuellen Situation? CC-Lizenzen sind dafür geschaffen worden, in der derzeitigen Situation überhaupt irgendeine Alternative zu den herkömmlichen, dem digitalen Zeitalter nicht mehr entsprechenden Lizensierungssystemen zu haben. Für das Filmschaffen eignet sich dieser Weg aber praktisch nicht, da im Film zu viele verschiedene Rechte, zum Beispiel der Autor, der Kameramann und der Komponist eine Rolle spielen. Im Musikbereich werden diese Lizenzen verwendet, wenn man sein Werk gern genutzt sieht, zum Beispiel durch Remixe oder ähnliches. Generell dienen sie vor allem eher einer Laienkultur Rechte geltend zu machen bzw. frei zu geben, in den Punkten, wo das UrhG bisher noch hinterherhinkt. Denn rein rechtlich gesehen begehen wir am Tag ca 20 mal einen UrhG Bruch, selbst Politiker, Zeitschriften und TV Sender, wenn man mal schaut was die alles so auf ihren Facebookseiten teilen. Derzeit gibt es auffällig viele Rechtsstreitigkeiten zwischen Urhebern und Rechteverwertern. Ist das der Geiz? Oder woran aus Deiner Sicht? Was ich im Laufe des Drehs erfahren habe ist, dass es im großen und ganzen vor allem ein Zuverdienst für Anwälte ist. Quasi noch eine

weitere Gruppe von „Verwertern“ die an der Kreativität Anderer mitverdienen will. Mit dem Leistungsschutzrecht und dem Rechtsstreit mit Google haben sich deutsche Verlage gerade gründlich blamiert, weil das deutsche Urheberrecht große Probleme im digitalen Zeitalter hat. Ist es zeitgemäß oder wirkt es auch als Bremse? Da gibt es verschiedene Aspekte, generell würde ich sagen, dass das Leistungsschutzrecht eh problematisch ist und im Zeitalter der Digitalisierung sich diese Problematik nur noch zugespitzt hat. Theoretisch, gab es ja schon immer Werke, wie zum Beispiel Bild-Collagen, die gegen das LSR verstoßen würden. Aber erst durch das Sampling wurde es zum Massenphänomen und dadurch zum ertragreichem Geschäft für Anwälte. Inzwischen ist Copy/Paste aber ein Alltagszustand, das heißt, es wird sehr schwierig sein ein Gesetz durchzusetzen, was millionenfach gebrochen wird. Generell sollte man aber den Rechtsstreit als das sehen, was er wirklich ist, da gehen ein paar große Verlage gegen einen neuen Konkurrenten vor. Also Lobbyarbeit im europäischem Oberhaus. Wir danken für das Gespräch das Interview führte Christian Zimmermann


FOKUS SAC H S E N Hier

Krippelkiefer

Der Rumgeher

Stefan „Sterni“ Mösch führt ein Leben zwischen Hartz IV, Bewerbungsschreiben und Bandauftritten seiner Band „de Krippelkiefern”. Mit sarkastischem Humor kommentiert er sein Leben als Historiker ohne Job und Zukunft und sucht in der Musik die versprochene Freiheit.

Legendäre "Abendgrüße" stammen von seinem Tricktisch, der bis heute im Dresdner Umland abseits medialer Aufregung steht und noch immer benutzt wird. Jörg Herrmann ist einer der letzten seiner Art, ein Urgestein der Legetechnik, das sich einen frischen und neugierigen Blick auf die Welt bewahrt hat.

Many A Time

Kaspar Hauserin

Sex Pol

Der traditionelle Scherenschnitt Trickfilm mit musikalischer Untermalung ist charmant und für Kinder gemacht. Inhaltlich wie ästhetisch hält sich die eine traumhafte Geschichte an einen Abendgruß des Sandmännchens.

Im Rahmen des Leipziger Ostpol Projekts "Zebra" entstand dieser ungewöhnliche Animationsfilm. Die aus Russland stammenden Künstlerinnen experimentieren mit Sound und Animationstechniken.

Nach wenigen Augenblicken ist klar: Die nächsten Minuten werden beklemmend, schmutzig und gemein. Durch 5 Akte begleitet man die zerspielte Puppe auf ihrer bizarren Stop - Motion Reise durch das sexuelle Unterbewusstsein.

Icefighters, Leipzig

Der schöne Apotheker

Familienessen

Der gebürtige Kanadier Manfred "Mannix" Wolf ist Trainer der Leipziger Eishockeymannschaft "Icefighters". Im Kurzportrait erzählt er über Einsatz, Leidenschaft und Zusammengehörigkeitsgefühl von Mannschaft und Fans.

Marcie Jost möchte „ihrem” schönen Apotheker näher kommen und findet dafür einen sehr eigenen Weg. Der im Rahmen der PMMC Werkleitz entstandene Kurzdokumentarfilm besticht durch seinen freundlichen wie humorvollen Blick auf ein ungleiches Pärchen

Mehrere Personen haben auf Fragen zu familiären Situationen rund um die Tafel geantwortet und hören nun ihre Antworten. Traditionen, Anekdoten und Vergleiche machen sächsische Identität greifbar.

Marcie Jost, PMMC Werkleitz, 2013 (6 min)

Gepiercte Kids auf der Straße, die der Aufmerksamkeit von Passanten keine Beachtung schenken. Jost gelingt es, die Bilder für sich selbst sprechen zu lassen: Ein aufmerksamer Blick auf das Popkultur-Buffet vor der eigenen Haustür.

Andreas Hell, 2014 (15 min)

Pleon / Ketchum (4 min)

Stefanie Meyer, Bauhaus Universität, 2014 (36 min)

Nelly Guseynova, Bauhaus Univ., 2014 (4 min)

Marcie Jost, PMMC Werkleitz, 2013 (8 min)

Jörg-Peter Bauer, Studio Klarheit, 2014 (9 min)

Jörg Weidner, Sublunare Welt, 2014 (11 min)

Alina Cyranek, 2013 (13 min)

Programm Fokus Sachsen im Rahmen der Dok Leipzig


Aktuelle Termine FESTIVALS

16.-21.09. Encounters Short Film Festival - Bristol www.encounters-festival.org.uk 19.-27.09. San Sebastián International Film Festival www.sansebastianfestival.com 21.09.-28.09 Internationales Kinderfilmfestival LUCAS www.lucas-filmfestival.de 04.-11.10 Filmfest Eberswalde www.filmfest-eberswalde.de 08.-19.10. London Film Festival des British Film Institute www.bfi.org.uk 13.-19.10. SCHLINGEL, Internationales Filmfestivals für Kinder www.ff-schlingel.de 20.-26.10. International Short Film Festival Uppsala www.shortfilmfestival.com 14.-25.10. Flanders International Film Festival Ghent www.filmfestival.be 21.-26.10. Internationale Filmtage Hof www.hofer-filmtage.com 24.10.-02.11. International Children‘s Film Festival Chicago www.cicff.org 27.10.-02.11. DOK Leipzig Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm www.dok-leipzig.de 07.-16.11. Cork Film Festival www.corkfilmfest.org EINREICHTERMINE FESTIVALS

28.07./29.09.14 Ab. 01.10.2014 06.10.2014 15.10.2014 19.10.2014 22.10.2014 15.11.2014

Sundance International Film Festival Filmfest Dresden Clermont-Ferrand Short Film Festival Premiers Plans Film Festival/Angers Regensburger Kurzfilmwoche Berlinale Landshuter Kurzfilmfestival

ANTRAGSFRISTEN ZU FÖRDERUNGEN

BKM 09.10.14 Verleihförderung 10.01.15 Produktionsförderung Kurzfilm www.bundesregierung.de Kulturstiftung des Bundes 31.01.15 Allgemeine Projektförderung www.kulturstiftung-des-bundes.de MDM 02.10.14 Projektförderung www.mdm-online.de

FFA 28.11.14 Projektfilmförderung 01.10.14 Drehbuchförderung DEUTSCHER FILMFÖRDERFONDS laufende Antragstellung www.ffa.de SLM laufende Antragsstellung www.slm-online.de


32 NACHRUF

„Tu deinen Mund auf für die Schwachen” Heide Blum 1936 – 2014 Text: Hedda Gehm

Tu deinen Mund auf - nicht leicht in Zeiten der „Diktatur des Proletariats“. Nicht leichter in der Diktatur des Mammon. Die Kindheit von Heide Blum diktierte der Krieg. Dann lesen wir in ihrer Vita: 1953 – 1956 Arbeiter- und Bauern-Fakultät mit Abschluss Abitur. Wer das noch kennt, weiß: von der ABF kamen Leute, die hatten was Ordentliches gelernt, die wussten was sie wollten, keine Selbstgerechten, aber Selbstbewusste. Über mehr Jahre und mehr Fächer als in der DDR üblich hat Heide Blum studiert und dann als Angestellte, so war das in der DDR, im Medienbereich gearbeitet. Freischaffend seit 1992 schließlich wurde sie zu der Filmemacherin, die wir kennen und deren Bilder wir vor Augen haben. Ihren Mund, die Kamera, hat sie aufgetan beim Porträtieren von Künstlern, von den Schwachen, Absonderlichen unter ihnen, beim Dokumentieren von Ungeheuerlichem, was

man Kranken im Nationalsozialismus antat, wie man Menschen zu Tode brachte, was wer verschwieg und weshalb, „Filme gegen das Vergessen“. Es ist weniger die künstlerische Aufbereitung oder eine besondere Erzählstruktur, sondern das gewollt Unprätentiöse, wodurch die Darstellungen so einprägsam geraten. Heide Blum lässt die Dinge, die gesammelten Fakten, so weit wie möglich für sich selbst sprechen, sie behauptet nichts im Verbalen und schon gar nicht mit Adjektiven. Es ist die Eindringlichkeit und Vielfalt des Recherchierten an sich. Sie entdeckt wieder und wieder und kann nicht aufhören, die Dinge aus diesem und jenem Munde beleuchten zu lassen. Es tut sich immer wieder etwas auf, was noch gesagt werden muss. Es tut ihr regelrecht leid, zum Schluss zu kommen. Nun aber: Adieu Heide Blum!

Impressum Druck: Neue Druckhaus Dresden GmbH Auflage: 2.200 Informationsblatt des Filmverband Sachsen e.V. Herausgeber: Filmverband Sachsen e.V. Schandauer Straße 64, 01277 Dresden Tel. 0351-31540630 / Fax -31540635 www.filmverband-sachsen.de 1. Vorsitzende: Sandra Strauß 2. Vorsitzender: Joachim Günther (ViSdPG) Autoren dieser Ausgabe: Gisela Wehrl, Hedda Gehm, Steffi Braun, Lars Tunçay, Ralf Kukula, Claudia Reh, Joachim Günther, Christian Zimmermann Redaktionsassistenz: Justus Haufe Gestaltung/Satz: TRNDLB, Christoph Ruhrmann Lektorat: Sophie Hampel

Der AUSLÖSER erscheint in 4 Ausgaben pro Jahr. Redaktion/ Anzeigen: redaktion@filmverband-sachsen.de Redaktionsschluss: Montag, 10. November Anzeigenschluss: 24. November Erscheinungstermin: 4. Dezember Hinweis: Die veröffentlichten Beiträge und Meinungen geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich das Recht zur sinnwahrenden Kürzung von Beiträgen vor. Bildnachweis: Titel: istockphoto.com www.facebook.com/ filmlandsachsen Den AUSLÖSER gibt es auch im Netz:


TITELTHEMA 33

FV VS S

FILMVERBAND SACHSEN

Der Filmverband Sachsen e.V. mit Sitz in Dresden nimmt seit 1991 die Interessen der

unabhängigen Filmemacher, Firmen und Initiativen der Bereiche Kino, TV und Medien in Sachsen wahr.

Als Dachverband vertritt der FVS Institutionen, Film- und Medienfestivals sowie Vereine und Medienwerkstätten im Freistaat Sachsen. Die gemeinnützige Einrichtung setzt sich für den Erhalt, Unterstützung und Weiterentwicklung einer regionalen unabhängigen Filmkultur ein. FILMVERBAND SACHSEN E.V.

Schandauer Str. 64, 01277 Dresden Tel.: 0351 31540-630/-631 Fax: 0351 31540-635

WorldWideWeb:

www.filmverband-sachsen.de Facebook:

www.facebook.com/filmlandsachsen

Ich interessiere mich für eine Mitgliedschaft im Filmverband Sachsen e.V. Bitte senden Sie mir weitere Informationen zu. Firma Ihr Name Adresse E-Mail



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.