Die Kunst der starken Führung - Leseprobe

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klaus sejkora | henning schulze

die kunst

DER STARKEN FÜHRUNG Persönliche Potenziale kraftvoll nutzen – die Ressourcen der Mitarbeiter stärken

fischer & gann


Unseren Vätern Robert Sejkora (1928 – 2007) Hermann Schulze (1932 – 2004) gewidmet, die beide in einer anderen Zeit und mit anderen Modellen Menschen auf ihre Art erfolgreich geführt haben

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Verlag Fischer & Gann, Munderfing 2016 Umschlaggestaltung | Layout: Gesine Beran, Turin Umschlagmotiv: © shutterstock/HerrBullermann Gesamtherstellung | Druck: Aumayer Druck + Verlag Ges.m.b.H. & Co KG, Munderfing Printed in The European Union

ISBN 978-3-903072-22-0 ISBN E-Book 978-3-903072-29-9 www.fischerundgann.com


inhalt einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1. das führungsschiff steuern. eine kurze einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2. die dimensionen des führens am beispiel von fünf führungskräften . . . . . . . . . . . . . . 17 Georg, 51, Abteilungsleiter: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Die Führungskraft und ihre Persönlichkeit Landkarte 1: Ichzustände – meine Persönlichkeit Elke, 38, Teamleiterin: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Die Mitarbeiter und ihre Potenziale Landkarte 2: Antreiber – konstruktive und destruktive innere Motivatoren Sabine, 42, Projektleiterin: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Kommunikation als wichtigstes Führungsinstrument Landkarte 3: Transaktionen – wie Menschen kommunizieren Landkarte 4: Autonomie – wie Menschen eigenständig sein können Heinz, 44, Werkmeister: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Der Führungsauftrag – was ich mit meiner Führung erreichen will Landkarte 5: Strokes – wie Menschen Zuwendung und Ablehnung austauschen


Wolfgang, 49, Schulleiter: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Sich in der Organisation bewegen Landkarte 6: Struktur und Dynamik von Organisationen – Offenes und Verborgenes 3. dimensionen, stellschrauben und landkarten: ein übungskapitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4. die stellschraube resilienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist Resilienz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die 18 Faktoren der Resilienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das DICTA Resilienz Inventory . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Resilientes Führen: Ressourcen und Potenziale . . . . . . . . . . .

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5. führungsherausforderungen meistern . . . . . . . . . . . . . Das Handwerkszeug für Ihre Herausforderungen . . . . . . . . . Landkarte 7: Gefühle Landkarte 8: Verträge Landkarte 9: Grundhaltungen Die Einsamkeit des Führens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burnout bei mir und meinen Mitarbeitern verstehen und erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führen im Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führen in Krisensituationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führen und Entscheidungen treffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unpopuläre Entscheidungen kommunizieren . . . . . . . . . . . . Führen in Change-Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lob und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfliktmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führen ohne disziplinarische Verantwortung . . . . . . . . . . . . . Führen und Delegieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Führen im Sandwich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 179

189 206 235 274 300 318 338 356 377 398 413 431

schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 443 literatur über transaktionsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . 446


einleitung »Wenn wir (…) die Menschen nur nehmen, wie sie sind, so machen wir sie schlechter; wenn wir sie behandeln, als wären sie, was sie sein sollten, so bringen wir sie dahin, wohin sie zu bringen sind.« (Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre)

richtig zu führen ist eine kunst – das stellte der chinesische ­Philosoph Konfuzius bereits etwa 500 Jahre vor unserer Zeitrechnung fest. Führen ist eine Kunst, die zu einem guten Teil erlernbar ist, und die kraftvoll ausgeübt werden muss, wenn sie Wirkung zeigen soll. Diese Wirkung bringt Goethe in dem obigen Zitat auf den Punkt: in Menschen (in uns selbst ebenso wie in anderen), nicht nur das zu sehen, was sie sind, sondern das, was sie sein können. In der Sprache der Psychologie heißt das: ihre Potenziale zu erkennen und zu fördern (und auch hier gilt wieder: die eigenen und die anderer). In dem Wort »Potenzial« steckt die lateinische Wurzel »potentia«, die für Macht oder Kraft steht. Der Begriff wird

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in vielen Bereichen verwendet, unter anderem in der Physik, der Biologie, der Volkswirtschaftslehre und eben auch in der Psychologie. Gemeint ist immer dasselbe: die Fähigkeit zur Entwicklung, eine noch nicht ausgeschöpfte Möglichkeit zur Entfaltung von Kräften. Das ist das programmatische Konzept dieses Buches, das sich auch in seinem Titel abbildet. Wir wollen uns der Kunst starken Führens durch die Entfaltung von Potenzialen und das Nutzen von Ressourcen nicht mit ausführlichen theoretischen Erläuterungen annähern, sondern vor allem durch die Praxis. Daher beginnen wir das Buch (nach einer kurzen Einführung) mit fünf Darstellungen von Menschen in unterschiedlichen Führungspositionen und Führungssituationen – Menschen, die in der Dienstleistungsbranche führen, in der Industrie, in der öffentlichen Verwaltung, im Handel, in großen, mittleren und kleinen Unternehmen. Sie alle sind uns tatsächlich im Coaching, im Training und in der Unternehmens­ beratung begegnet. Ihre Geschichten sind natürlich verfremdet und anonymisiert, sodass der Schutz der Personen gewährleistet ist. Im ersten Teil, der insgesamt 4 Kapitel umfasst, werden wir Sie anhand dieser Beispiele mit den Grundelementen der Kunst der starken Führung vertraut machen. Wir werden Ihnen zeigen, wie Sie die verschiedenen Dimensionen des Führens im Auge behalten und wie Sie die fünf entscheidenden Stellschrauben des Führens je nach Problemstellung einsetzen können. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Thema Resilienz zu, dieser Fähigkeit des Menschen, mit den schwierigen Situationen seines Lebens konstruktiv zurechtzukommen. Sie werden die Möglichkeit haben, Ihre persönliche Resilienz mit einem von uns entwickelten Inventory genau zu bestimmen und zu erfahren, wie Sie die insgesamt 18 Faktoren der Resilienz beim Führen präzise und punktgenau zur Unterstützung Ihrer Mitarbeiter einsetzen können. Wir werden Ihnen ein Instrument an die Hand geben, das wir »Landkarten« nennen. Das sind Zugänge zur menschlichen Persön-

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lichkeit, zu menschlichem Miteinander und zur Dynamik von ­Organisationen, die aus einer psychologischen Methode stammen, die für kraftvolles Führen hilfreich ist – aus der Transaktionsanalyse. So können Sie für sich selbst die ­wesentlichen Elemente der für Sie aktuellen Fragestellungen kennenlernen und sie dann in verschiedenen Übungen selbst ausprobieren. Dieser erste Teil sollte Schritt für Schritt durchgearbeitet werden. So erhalten Sie eine solide Grundlage für Ihre Führungs­tätigkeit. Lassen Sie sich Zeit für diesen Grundlagenteil des Buches. Es ist nicht für schnelles Durchlesen gedacht, sondern als Arbeitsbuch. Es kann sein, dass Sie manches mehrmals lesen und durchgehen wollen, um es wirklich gründlich zu verstehen. Führen hat auch mit persönlicher Entwicklung zu tun, und dafür soll das Buch als Anstoß dienen. Außerdem schlagen wir Ihnen vor, eine Art Tagebuch anzulegen (handschriftlich oder auf Ihrem Computer), in dem Sie sich Notizen zu Ihren Erfahrungen machen. Sie können dort Beobachtungen über Ihre Mitarbeiter und über sich selbst notieren, über etwas, das Sie ausprobiert haben, über Ihre Erfolge und Misserfolge. Der zweite Teil des Buches ab dem 5. Kapitel umfasst 12 konkrete Fragestellungen aus dem Führungsalltag, die die häufigsten Führungsherausforderungen erfassen. Dabei können Sie die für Sie wichtigen auswählen und sie wie in einem Handbuch nachschlagen. Jede dieser Fragen wird in ihrer Dynamik ausführlich analysiert, die dabei wichtigen Dimensionen und Stellschrauben des Führens werden herausgearbeitet und jeweils in Bezug gebracht zu den entscheidenden Faktoren der Resilienz. Die Landkarten aus der Transaktionsanalyse werden ebenfalls zum Einsatz kommen. Dort werden uns auch unsere fünf Protagonisten wiederbegegnen, die sich mit diesen Herausforderungen im Rahmen ihrer Führungs­ tätigkeit auseinandersetzen. Jeder Abschnitt umfasst praktische Übungen, mit denen Sie Tools und Skills einüben können, die für die jeweilige Herausforderung hilfreich sind.

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Dieses Buch ist der erste Schritt zu dem, was wir Ihnen für die »Kunst der starken Führung« anbieten. Als Nächstes wird eine App erscheinen, die Ihnen erlaubt, sich auf Tablet und Smartphone ­interaktiv mit Ihren praktischen Führungsherausforderungen auseinanderzusetzen und dabei sich, Ihre Potenziale und die Ihrer Mitarbeiter zu erkennen und weiterzuentwickeln. Wir wünschen Ihnen beim starken Führen viel Erfolg! Klaus Sejkora Henning Schulze

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01 | das führungsschiff steuern – eine kurze einführung die 5 dimensionen des führens eine organisation zu führen bedeutet, definierte Ziele für die Organisation zu erreichen, indem Menschen zu entsprechenden Haltungen und Handlungen motiviert werden. Dazu ist es not­ wendig, passende Rahmenbedingungen (zum Beispiel Arbeitsplätze und -geräte, Arbeits- und Urlaubszeiten, budgetäre Mittel usw.) zu schaffen und zur Verfügung zu stellen. Dabei muss eine Führungskraft stets fünf verschiedenen Dimensionen im Auge behalten. Diese Dimensionen sind 1. die Führungskraft in ihrer Persönlichkeit und ihrer Selbst­ steuerung, 2. die Menschen, die es zu führen gilt – also die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 3. die Kommunikation im eigenen Arbeitsbereich, im ganzen Unternehmen (mit höheren Führungsebenen, Schnittstellen usw.) und außerhalb (Kunden, Lieferanten usw.),

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4. der Führungsauftrag, der erfüllt werden muss (die Führung einer Organisationseinheit zu ihrem Zweck und ihren Zielen), 5. die Organisation, in der und für die der Auftrag erfüllt werden muss. In der ersten Übung bitten wir Sie nun, diese fünf Dimensionen für Ihre persönliche Führungssituation näher zu bestimmen. Dabei geht es nicht um richtig oder falsch, auch nicht um größtmögliche Vollständigkeit, sondern darum, dass Sie einen ersten Eindruck davon bekommen, was diese Dimensionen in Ihrem Führungsalltag bestimmt.

übung 1: die 5 dimensionen meines führens Die folgenden Fragen sollen Ihnen eine erste Standortbestimmung Ihres Führens erlauben. Sie müssen Sie nicht gleich und spontan beantworten, Sie können sich in Ihrer Führungssituation und Ihre Mitarbeiter auch ein paar Tage lang beobachten und Notizen in Ihrem Tagebuch machen.

Persönlichkeit der Führungskraft u Wo sehe ich meine größten Stärken beim Führen? u Wo kann ich mich meiner Ansicht nach noch verbessern? u Wenn ich meine Fähigkeit, mich selbst zu steuern und zu motivieren, auf einer Skala von eins (sehr schlecht) bis zehn (sehr gut) einschätze – wo stufe ich mich dann ein?

Meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Gehen Sie alle die Personen durch, die Sie direkt führen. Beantworten Sie die folgenden Fragen für jeden Einzelnen von ihnen. u Wo sehe ich seine/ihre größten Stärken? u Wo kann sie/er sich meiner Ansicht nach noch verbessern?

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u Wenn ich jede Person nach ihrer Fähigkeit, sich selbst zu steuern und zu motivieren, auf einer Skala von eins (kann sich selbst gar nicht motivieren und steuern, muss von mir motiviert und gesteuert werden) bis zehn (kann sich ganz eigenständig selbst steuern und motivieren) einschätze – wo stufe ich dann jede Einzelne ein? u Wenn ich jede Person nach ihrer Klarheit über ihren Arbeitsauftrag auf einer Skala von eins (große Unklarheit über den Arbeitsauftrag) bis zehn (vollständige Klarheit über den Arbeitsauftrag) einschätze – wo stufe ich dann jede Einzelne ein?

Kommunikation u Listen Sie bitte alle Personen auf, mit denen Sie im Rahmen Ihrer Führungstätigkeit regelmäßig zielgerichtet kommunizieren müssen. u Notieren Sie dazu die Häufigkeit, in der diese Gespräche sinnvollerweise stattfinden sollten – und wie oft sie tatsächlich stattfinden (z. B. Mitarbeiterin A: sinnvoll ca. einmal wöchentlich/tatsächlich alle 2 - 3 Wochen; mein Bereichsleiter: sinnvoll 14-tägig/tatsächlich alle 2 - 3 Tage). u Verwenden Sie wieder für jede Person die Skala von eins bis zehn: eins = die Kommunikation ist sehr problematisch und oft bis immer ergebnislos, zehn = die Kommunikation ist einfach, klar, strukturiert und zielorientiert. u Verwenden Sie die Skala nochmals für die Beziehungsqualität auf der zwischenmenschlichen Ebene: 1 = sehr schlechte ­zwischenmenschliche Beziehung, wir kommen praktisch nicht in Kontakt miteinander; 10 = sehr gute zwischenmenschliche Beziehung, problemloser Kontakt. Bitte beachten Sie, dass »zwischenmenschlich« nicht mit »freundschaftlich« gleichzusetzen ist. Mit welchen der aufgelisteten Personen erleben Sie die Zusammen­ arbeit als belastet von schlecht bzw. gar nicht lösbaren Konflikten? Mit welchen als nicht belastet, d. h. Konflikte sind gut lösbar?

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Mein Führungsauftrag u Definieren Sie möglichst genau den Arbeitsauftrag, den Sie für Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation durch Ihre Führungsaufgabe erfüllen sollen (z. B. »Ich bin als Teamleiter verantwortlich für ein Team von fünf Außendienstmitarbeitern. Meine Aufgabe besteht darin, die Tätigkeiten zu koordinieren, die Ergebniszahlen zu kon­ trollieren, meine Erfahrungen im Vertrieb zur Verfügung zu stellen, bei der Akquisition von Neukunden zu beraten und selbst zu akquirieren und so die vom Vorstand über den Abteilungsleiter vorgegebenen Umsatzzahlen zu erreichen. Gleichzeitig koordiniere ich meine Tätigkeit mit drei anderen Teamleitern und meinem Abteilungsleiter.«)

Meine Organisation u In welchem Bereich ist meine Organisation (mein Unternehmen) tätig? u Wie groß ist die Organisation (Zahl der Mitarbeiter, Geschäftsbereiche, Filialen, Tochterfirmen usw.) u Wie ist die Struktur der Organisation (Rechtsform, Organigramm)? u Was sind ihre Ziele? u Welchen Werten fühlt sich meine Organisation verpflichtet? u Was ist die Funktion der von mir geleiteten Einheit im Rahmen der Gesamtorganisation? u Wie ist ihr Stellenwert (Wichtigkeit) für die Abläufe der Gesamt­ organisation und die Erreichung ihrer Ziele? u Mit welchen Teilen der Organisation muss ich über meine Einheit hinaus kooperieren (Schnittstellen, höhere Hierarchieebenen)?

Vielleicht gibt es bei der Beantwortung mancher dieser Fragen Unklarheiten. Was wäre nötig, um zu mehr Klarheit zu kommen? Müssten Sie die Organisation näher hinterfragen? Mit anderen Menschen reden? Sich selbst besser kennenlernen? Eine genauere Definition Ihres Führungsauftrages erarbeiten und einholen? Dann

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kann es hilfreich sein, wenn Sie über eine oder zwei Wochen lang Tagebuch führen und sich Notizen über Ihre Beobachtungen zu den Fragen der Übung machen.

die 5 stellschrauben des führens zurück zum thema unseres kapitels – dem »Steuern des Führungsschiffes«. Diese Metapher haben wir gewählt, weil sich Führung gut mit dem Navigieren eines Schiffes vergleichen lässt, wobei dieses »Schiff« nicht unbedingt ein großer hochtechnologisch ausgerüsteter Tanker sein muss. Es kann auch ein kleines Fährboot oder sogar ein Floß sein. Geführt wird nicht nur in großen Organisationen, sondern auch in Teams mit zwei oder drei Personen. Auch eine Grundschullehrerin führt ihre Klasse. Für alle diese Schiffe aber gilt: der Kapitän, Fährmann oder Steuermann muss Untiefen, Strömungsgeschwindigkeit, meteorologische Bedingungen, die Geschwindigkeit des Schiffes, seine Wendigkeit und andere Faktoren im Auge behalten. Diese Parameter entsprechen den Dimensionen des Führens. Gesteuert wird das Schiff mithilfe verschiedener beeinflussbarer Größen: Tempo, Kurs und Wasserlage. Diese vom Seefahrer beeinflussbaren Größen nennen wir – auf das Führen umgemünzt – Stellschrauben, die laufend justiert werden müssen. Sie sind 1. die persönliche Autonomie, also Eigenständigkeit, und die der anderen Personen in der Organisation, die für die Erfüllung des Führungsauftrages von Bedeutung sind, 2. Klarheit über die eigene Rolle (oder Rollen) und über die der anderen handelnden Personen, 3. Klarheit über die Grenzen der Organisation, der eigenen Einheit, der Ziele, der handelnden Personen und natürlich über die eigenen Grenzen, 4. Motivation und Selbstmotivation,

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5. Resilienz: das bedeutet die eigene Fähigkeit und die der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, mit Belastungen, Stress und Krisen umzugehen. Diese fünf Stellschrauben und wie man sie justiert werden uns immer wieder begegnen – bei der Beschreibung der Situation der fünf exemplarischen Führungskräfte im zweiten Kapitel wie bei den zwölf konkreten Führungsherausforderungen im fünften Kapitel. Eine besondere Rolle unter diesen Stellschrauben kommt der Resilienz zu. Darauf werden wir in Kapitel 4 noch gesondert ein­gehen. Mithilfe eines Fragebogens des von uns entwickelten DICTA Resilienz Inventory können Sie Ihre persönliche Resilienz in 18 verschiedenen Faktoren genau bestimmen und Schritte zu ihrer Entwicklung setzen. Gleichzeitig braucht es unterschiedliche Seekarten, um sich auf dem Weg zu seinem Ziel zu orientieren. Diese Karten nennen wir hier Landkarten. Sie entstammen dem psychologischen Modell der Transaktionsanalyse1. Diese Landkarten sind Orientierungshilfen, um sich selbst und andere Menschen sowie die Kommunikation und Interaktion zwischen ihnen besser verstehen und darauf Einfluss nehmen zu können. Sie werden im Verlauf des Buches – bei der Schilderung der Situation von fünf exemplarischen Führungskräften und insbesondere bei den Führungsherausforderungen – jeweils kurz beschrieben. Sie sehen, dass sich der Inhalt dieses Buches um verschiedene Achsen dreht: u 5 Dimensionen des Führens u 5 Stellschrauben des Führens u 18 Faktoren der Resilienz u 11 Landkarten aus der Transaktionsanalyse Doch lassen Sie uns nun mitten in den Führungsalltag eintauchen – den von Georg, Elke, Sabine, Heinz und Wolfgang.

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02 | die dimensionen des führens – am beispiel von fünf führungskräften in diesem abschnitt werden sie fünf Menschen kennenlernen, die alle – in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen – mit Führungsaufgaben betraut sind. Beim Kennenlernen dieser fünf Personen wird jeweils eine der fünf oben vorgestellten Dimensionen des Führens im Vordergrund stehen. Und zu jedem Beispiel werden wir Ihnen Landkarten aus der Transaktionsanalyse vorstellen.

georg, 51, abteilungsleiter: »mir hilft keiner, da muss ich alleine durch.« 1. Dimension: die Führungskraft und ihre Persönlichkeit georg arbeitet seit seinem 15. lebensjahr für dasselbe Unternehmen, einen Handelskonzern mittlerer Größe. Er hat dort eine Lehre als Bürokaufmann absolviert und hat sich dann nach oben gearbeitet. Die Firma ist seit dieser Zeit stark gewachsen und von einem kleinen Einzelhandelsgeschäft zu einer regionalen Filialkette geworden. Seit acht Jahren leitet Georg den Einkauf. Er führt insgesamt sieben Spartenleiter, diese wiederum jeweils drei bis fünf Einkäufer.

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Er gilt als fleißig, erfolgreich und zuverlässig. Von Seiten des Vorstandes wird an ihm geschätzt, dass er Vorgaben und Entscheidungen punktgenau umsetzt. Gleichzeitig häufen sich von Mitarbeiterseite Einwände, dass er eine Führungskraft der »alten Schule« sei: Er denke zu hierarchisch, gebe zu wenig Verantwortung ab und sei nicht zugänglich für Kritik. Iris, eine seiner Spartenleiterinnen, bringt die Vorwürfe auf einem Führungskräftetraining (an dem Teilnehmer aus verschiedenen anderen Unternehmen beteiligt sind) auf den Punkt: iris: »Wir Spartenleiter sind alle deutlich jünger als unser Vorgesetzter, so um die dreißig. Er betont die ganze Zeit, dass er schon in der Firma war, als wir alle noch nicht geboren waren. Er glaubt, weil er älter ist, kann er uns befehlen, was zu tun ist. Aber ich habe mich nicht mühsam von meinem autoritären Vater freigekämpft, damit ich mir dasselbe bei der Arbeit anhören muss. Ich bin ein erwachsener Mensch und weiß, was ich zu tun habe.«

Auf Iris’ Betreiben hin findet drei Monate später eine Team­ klausur der Spartenleiter mit Georg statt, die von einem unserer Trainer begleitet wird. Zentrales Thema dort ist der Umgang mit Konflikten und im Zusammenhang damit Georgs Führungsstil. Hier ein kurzer Ausschnitt aus dem Gespräch: oliver (Spartenleiter): Georg, bei uns funktioniert das doch immer so: Du kommst in die Sitzung und sagst, das und das ist Vorstandslinie, und wir werden das so umsetzen. Du machst dies und du machst jenes. Da gibt es weder eine Diskussion darüber, ob diese Vorstandsbeschlüsse überhaupt Sinn machen, noch wird gefragt, was wir für Ideen dazu haben. Du ordnest an, und wir setzen um. georg (ratlos): Ja, wie denn sonst? Als ich Lehrling war, hat mir auch mein Chef gesagt, was zu tun ist, und ich habe es getan. iris: Aber wir sind keine Lehrlinge! Wir sind erwachsen und gut ausgebildet. Wir können selbst denken. günther (Spartenleiter): Und nicht einmal Lehrlinge bildet man heute noch so aus. georg: Ja, das kenne ich, jetzt kommt wieder die alte Leier, dass heute alles anders ist und ich mit der heutigen Zeit nicht mehr mitkomme.

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trainer: Georg, können wir uns bitte diese geschilderte Situation vorstellen? Sie kommen zur Sitzung. Was geht da vorher in Ihnen vor? georg: Also, in diesem Fall bin ich direkt von meinem Vorstand gekommen. Der hat mich darüber informiert, dass wir im kommenden Jahr den Gewinn in jeder Abteilung um acht Prozent steigern müssen. Wie, das sei Abteilungssache. Und als Leiter habe ich mir eben auf dem Weg zur Sitzung überlegt, wie das gehen kann: Wir müssen mindestens zwei Leute einsparen, wir müssen die Lieferanten noch weiter drücken und wir müssen uns im Sortiment auf die Dinge konzentrieren, die sich wirklich gut verkaufen lassen. trainer: Gut. Und wenn wir jetzt zu der Situation gehen, in der Sie den Besprechungsraum betreten – was geht jetzt in Ihnen vor? georg: Ich gehe hinein und sehe die da sitzen, Kaffee trinken und plaudern. trainer: Was denken Sie da? georg: Ich denke, dass die ja keine Ahnung haben vom Ernst der Lage. Die werden das wieder nicht begreifen und nur sagen: Es geht nicht. Denen ist ja nicht einmal klar, dass ich, wenn das so weitergeht, einen von ihnen einsparen muss. Ich habe nicht verstanden, dass die Zeiten sich geändert haben? Die wollen nicht verstehen, dass sich der Markt unglaublich verändert hat. Es ist unerbittlich geworden da draußen. Die großen Ketten drücken uns an die Wand. Ich bin schließlich verantwortlich, nicht sie! trainer: Und was ist das für ein Gefühl? georg: Unter Druck. Mir hilft keiner. Da musst du alleine durch, denke ich mir. Bei uns läuft das eben so: Anordnungen werden von oben nach unten erteilt und dann umgesetzt, ob mir das passt oder nicht. trainer: Das klingt, als ob Sie Angst hätten. georg: Angst? trainer: Davor, zu versagen. georg (unsicher): Ja, vielleicht.

Kein Wunder, dass Georg unter Druck steht. Es kann sehr anstrengend sein, alle fünf Dimensionen des Führens gleichzeitig berücksichtigen zu wollen:

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1. die eigene Persönlichkeit (die gerade in einer angespannten Situation ist; er muss hohe Anforderungen umsetzen); 2. die Persönlichkeiten der Mitarbeiter (bei denen er davon ausgeht, dass sie nicht mitziehen werden); 3. Kommunikation (eines konfliktträchtigen Themas); 4. seinen Führungsauftrag (den Einkauf so zu steuern, dass die Umsätze steigen und das Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben kann); und schließlich 5. die Organisation (die um das Überleben kämpft und vielleicht von ihrer inneren Struktur dafür nicht bestens aufgestellt ist). Sehen wir uns die Situation in Bezug auf die fünf Stellschrauben an: 1. In seiner Autonomie ist Georg massiv eingeschränkt, er erlebt sich als abhängig und will seine Mitarbeiter ebenfalls abhängig machen. 2. Seine Rollen definiert er nach »oben« hin als Befehlsempfänger, nach »unten« als Befehlsweitergeber (im FührungsSandwich, auf das wir bei den Herausforderungen noch zu sprechen kommen werden, würde man seine Rolle als die des »Briefträgers« bezeichnen). 3. Er grenzt sich gegenüber seinem Vorstand nicht klar ab, indem er dessen Definition übernimmt (»Abteilungssache«), statt darüber zu diskutieren. Gleichzeitig lässt er seinen Mitarbeitern nicht die Freiheit, ihre Grenzen selbst zu setzen. Er bestimmt diese im Alleingang. 4. Seine Selbstmotivation bezieht er aus Pflichtgefühl und Angst, die Motivation seiner Mitarbeiter glaubt er durch Anordnungen herstellen zu können. 5. In seiner Resilienz zeigt er sich als wenig krisenfest, im Umgang mit einer kritischen Situation ist er rigide anstatt flexibel. In diesem Abschnitt wollen wir uns auf die erste Führungsdimension konzentrieren, den Aspekt Persönlichkeit der Führungskraft.

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Zum besseren Verständnis von Aufbau und Struktur der mensch­ lichen Persönlichkeit stellen wir Ihnen hier die erste Landkarte aus der Transaktionsanalyse vor.

transaktionsanalyse: landkarte 1 – ichzustände Die menschliche Persönlichkeit, also das »Ich«, tritt nicht immer auf gleiche Weise in Erscheinung, weder im inneren Erleben noch im äußeren Verhalten. In der Transaktionsanalyse werden drei Zustände des Ich unterschieden. Jeder dieser »Ichzustände« wird definiert als eine zusammengehörige Einheit aus Fühlen, Denken und dem dazugehörenden Verhalten: u der Erwachsenen-Ichzustand: Darunter wird situationsangemessenes Fühlen, Denken und Verhalten verstanden. In diesem Ichzustand sind wir also realitätsbezogen und lösungsorientiert, flexibel und eigenständig. Wir sind autonom. u der Eltern-Ichzustand: Hier sind Fühlen, Denken und Verhalten gespeichert, welches wir von unseren Eltern und anderen wichtigen Bezugspersonen in unserer Kindheit und frühen Jugend übernommen haben. Er enthält Konstruktives und Destruktives, wie Normen, Regeln, Anweisungen und Einschränkungen.

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u der Kind-Ichzustand: Hier werden Erfahrungen, Erlebnisse, Gefühle und Denkweisen gesammelt, die wir selbst als Kinder gemacht haben, die in vielem (oft unbewusst) unser heutiges Sein bestimmen. Grafisch werden die Ichzustände als drei übereinanderliegende sich

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berührende Kreise dargestellt:

S.43

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Abb. 1: Ichzustände (innere Struktur)

S.23

el er

Da musst

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sejkora, führung du durch! schulze  |  die kunst der starken funktionieren!

S.46 21

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Grundsätzlich gilt: je (subjektiv oder objektiv) angespannter die Situation, desto eher ist zu erwarten, dass wir den Eltern- oder Kind-Ichzustand einsetzen, und desto herausfordernder ist es, erwachsen zu fühlen, zu denken und zu handeln. Autonomie aber braucht die Aktivierung des Erwachsenen-Ichzustandes. Hier werden frühere Erfahrungen und Normen zwar verwertet, aber nicht zwangsläufig in entsprechende Handlungen umgesetzt. Meist ist uns nicht bewusst, dass wir den Eltern- und/oder KindIchzustand aktivieren (der Fachausdruck dafür lautet »besetzen«). Wir glauben, nicht anders zu können – und schon das ist ein Zeichen dafür, dass hier erwachsene autonome Flexibilität fehlt. In der Regel werden Eltern- und Kind-Ichzustand innerlich gleichzeitig aktiv, treten gewissermaßen in einen Dialog miteinander. Dieser drängt das Erwachsenen-Ich mehr und mehr an den Rand. Nach außen werden nur EL oder K im Verhalten sichtbar, oder auch abwechselnd beide.

Sehen wir uns das bei Georg an. Er erhält von seinem Vorstand die Mitteilung, dass eine Gewinnsteigerung erzielt werden müsse. Wie diese Nachricht tatsächlich übermittelt wurde, wissen wir nicht, aber Georg hat sie als eine Art Befehl wahrgenommen, der vom Gegenüber aus dem Eltern-Ich kam und an sein Kind-Ich gerichtet war: Du musst funktionieren (»wie, das ist Abteilungssache«). Das ist der erste Schritt. Nach allem, was er erzählt, ist das ein vertrautes Muster für ihn (»Als ich Lehrling war, hat mir auch mein Chef gesagt, was zu tun ist«). Dieser Auftrag ist ein ambitioniertes Vorhaben; im zweiten Schritt hat Georg Angst, er könnte das nicht schaffen, seine Sparten­ leiter würden nicht begreifen, wie ernst die Situation sei. Sein ­bedrängter Kind-Ichzustand wendet sich im inneren Dialog an sein Eltern-Ich und teilt mit: »Ich habe Angst!« Wir können vermuten, dass in Georgs Lebensgeschichte ähnliche Erfahrungen zu finden

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sind – Eltern, die anordnen, und ein Sohn, der es ausführen muss. Er erhält also von seinen inneren Elternfiguren prompt Unverständnis und die Mitteilung: »Da musst du durch!« Er steckt somit in der Klemme zwischen den Bedürfnissen seines Kind-Ichzustandes und den Anforderungen des Eltern-Ichzustandes. Diese Situation wird in der Transaktionsanalyse »Engpass« genannt.2 Das bedeutet, dass sein Erwachsenen-Ich blockiert ist. Statt beispielsweise mit seinem Vorstand zu diskutieren, statt zu über­ legen, wie er am sinnvollsten mit seinen Mitarbeitern kommuni­ zieren kann, übermittelt er im dritten Schritt eins zu eins die elterliche Botschaft: »Ihr müsst funktionieren!« – und erwartet kindlichen Gehorsam, wie er ihn von sich gewohnt ist. Stattdessen erntet er eine andere Art kindlicher Reaktion: Rebellion und Widerstand. Wenn wir in anderen Menschen einen bestimmten Ichzustand ansprechen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir auch eine entsprechende Antwort erhalten.

In der grafischen Darstellung können wir die drei Schritte, die Georg geht, wie folgt veranschaulichen:

Du musst funktionieren!

el

Da musst du durch!

el

el

er

er

er

k

k

Ich habe Angst!

Ihr müsst funktionieren!

k Abb. 2: Georgs Engpass

Im Anschluss an die Teamklausur ist ein Einzelcoaching mit Georg durch den Trainer vereinbart. Hier sollen dessen Beobachtungen

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reflektiert und diskutiert werden. Nach einer Analyse der oben beschriebenen Schlussfolgerungen über Georgs innere Prozesse und sein äußeres Verhalten stellt dieser folgende Frage: georg: Aber jetzt, wo ich das weiß, was kann ich damit anfangen? trainer: Wenn wir uns diesen Engpass ansehen – Eltern-Ich und KindIch liegen sozusagen im inneren Kampf 4miteinander, wer von den beiden gewinnt – was könnte denn das Erwachsenen-Ich denken? Das ist ja die Instanz für klares Denken. georg: Das, was man sagt, wenn zwei sich streiten: Hört auf! trainer: Das kann man vielleicht erzwingen, wenn zum Beispiel zwei Kinder Krach miteinander haben. Die werden sich möglicherweise fügen, aber der Konflikt ist ja nicht gelöst. Die Ruhe ist nur vorübergehend. georg: Vermitteln? trainer: Gute Idee. Bei einer Konfliktvermittlung ist der erste Schritt, die beiden Parteien zu fragen, worum es ihnen denn geht. georg: Ja, dem Eltern-Ichzustand geht es darum, dass das geschieht, was auf­getragen ist. Das ist ja schließlich meine Aufgabe: Vorgaben umzusetzen. trainer: Richtig. Das ist Ihre Führungsaufgabe. Und aus dem Eltern-Ichzustand haben Sie dafür nur eine Variante: Tu, was dir befohlen wird. georg: Eben! trainer: Lassen wir doch den Erwachsenen-Ichzustand weiter vermitteln. Er stellt die gleiche Frage an den Kind-Ichzustand: Worum geht es dir? georg: Ich weiß nicht, wie ich das machen soll! Ich brauche Hilfe! Ich schaffe das nicht allein! trainer: So ist es. Beide Anliegen haben ihre Berechtigung: die des ElternIchzustandes, dass Sie Ihre Aufgabe zu erfüllen haben, und die des KindIchzustandes, dass Sie dabei Hilfe brauchen. georg: Eigentlich gar nicht so unversöhnlich, unsere beiden Streitparteien. trainer: Das ist es, was die Aufgabe des Erwachsenen-Ichzustandes ist: herauszufinden, wie die Bedürfnisse der beiden anderen Ichzustände sinnvoll in Einklang zu bringen sind. georg: Ich brauche also Hilfe dabei, die Vorgaben meines Vorstands umzusetzen.

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trainer: Wie und wo könnten Sie die kriegen? georg: Ich könnte – das ist jetzt mal theoretisch gesprochen – zum Vorstand sagen: Heinrich, lass uns darüber reden, wie das gehen könnte. trainer: Sie sagen »theoretisch«. Und praktisch? georg: Praktisch ist der das überhaupt nicht gewohnt. Darüber macht er sich keine Gedanken. Er wird wahrscheinlich sagen: Wofür bist du Abteilungsleiter? trainer: Könnte sein, es könnte aber auch sein, dass er gesprächsbereit wäre. georg: Müsste ich ausprobieren. Aber nehmen wir mal an, er ist es nicht. Dann brauche ich einen Plan B. trainer: Und wie könnte der aussehen? georg (denkt nach): Tja, das ist jetzt ein ungewöhnliche Idee. Ich könnte damit zu den Spartenleitern gehen und sagen: Freunde, ich brauche Eure Hilfe. Allein kann ich das nicht stemmen. Wir sind in einer schwierigen Situation, wie lösen wir die gemeinsam? trainer: So ungewöhnlich finde ich die Idee nicht. georg (lacht): Vielleicht nicht für Sie, aber für mich! (Pause) Und überhaupt, das ist ja nicht nur ein Plan B. Das kann ich ja in jedem Fall machen, ob Heinrich mit mir diskutiert oder nicht. trainer: Ausgezeichnet! Was Sie aus dem Erwachsenen-Ich alles können, wenn Sie es aktivieren! georg: Ja, das erstaunt mich jetzt selbst!

fassen wir zusammen: der Schlüssel für den Umgang mit der eigenen Persönlichkeit liegt darin, sich über die an der Situation beteiligten Ichzustände klar zu werden. Wenn Sie bei einem Problem (scheinbar) feststecken, dann liegt das wahrscheinlich (auch) an einem inneren Engpass zwischen den Bedürfnissen Ihres KindIchzustandes und den Ansprüchen Ihres Eltern-Ichzustandes. Dieser Engpass blockiert Ihren Erwachsenen-Ichzustand, dessen Aufgabe es ist, zwischen den beiden zu vermitteln und zu einer sinnvollen Lösung zu kommen. Natürlich heißt das nicht, dass alle schwierigen Situationen, die die ganze Kunst Ihres Führens erfordern, ihren Ursprung in Ihrer Persönlichkeit haben und nur dort zu

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lösen sind. Sehr oft wird es um ganz reale objektive Faktoren gehen; der Ansatz, den wir hier zeigen, beschäftigt sich damit, wie Sie mit Hilfe Ihrer Persönlichkeit leichter zu Lösungen kommen. Die Persönlichkeit der Führungskraft ist nur die erste der fünf Dimensionen des Führens. In der anschließenden Übung finden Sie Möglich­ keiten, dem Prozess im Inneren Ihrer Persönlichkeit auf die Spur zu kommen.

übung 2: meine persönlichkeit und meine ichzustände Wählen Sie eine schwierige Herausforderung aus, vor der Sie in Ihrer Führungssituation im Moment stehen (z. B. der Umgang mit einem für Sie problematischen Mitarbeiter, das Erreichen eines ehrgeizigen Zieles, organisatorische Schwierigkeiten usw.). Notieren Sie genau die Situation in all ihren Aspekten und Ihre Gedanken und Gefühle dazu. Nehmen Sie sich Zeit, entsprechende Notizen in Ihrem Tagebuch zu machen. Definieren Sie genau, worin die Herausforderung besteht (z. B.: »Die Leistung der Mitarbeiterin X entspricht nicht den Anforderungen.«). Um die Aussagen Ihrer Ichzustände und die Kommunikation zwischen Ihnen deutlich zu machen, nehmen Sie am besten drei Stühle, die Sie kreisförmig anordnen – wie für ein Meeting mit drei beteiligten Personen. Jeder dieser Stühle ist für einen Ichzustand reserviert: einer für den Eltern-Ichzustand, einer für den Kind-Ichzustand und einer für den Erwachsenen-Ichzustand. Führen Sie dieses Gespräch ruhig laut. Nehmen Sie als Erstes auf dem Stuhl des Erwachsenen-Ichs Platz und formulieren Sie die Herausforderung so, wie Sie das vorher schriftlich getan haben. Das könnte sich zum Beispiel so anhören: Also, Freunde, wir stehen vor folgendem Problem: Frau X bringt seit mehreren Monaten ihre Leistung nicht. Was meint Ihr dazu? Wechseln Sie dann auf den Platz des Eltern-Ichs. Was sagt dieser Teil in Ihnen, der für Regeln und Normen zuständig ist, dazu? In unserem Beispiel könnte das so klingen: Wenn sie nicht spurt, fliegt sie. Sag ihr

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