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Der digitale Wandel in Fitness- und Gesundheitsstudios

Planung, Umsetzung und Perspektiven Der digitale Wandel in Fitness- und Gesundheitsstudios

Text: Anke Sörensen und Jürgen Wolff

Die Corona-Krise hat in der Fitnessbranche als Beschleuniger der Digitalisierung gewirkt. Um den Kontakt zu den Mitgliedern auf sportlicher und emotionaler Ebene zu halten sowie perfekte Trainingsfortschritte zu erzielen und zu dokumentieren, ist die Digitale Transformation von immenser Bedeutung. Drei Studiobetreiber berichten, wie sie mit der rasanten Entwicklung umgehen und welche Perspektiven sie für ihr Unternehmen bietet.

Innerhalb eines Jahres hat die Corona-Pandemie die Fitnesslandschaft verändert. Während des ersten Lockdowns riefen Studiobetreiber und Fitnessplattformen ad hoc digitale Angebote für Training und Ernährung ins Leben, um ihren Kunden weiterhin ein umfassendes Trainingserlebnis und motivierende Betreuung bieten zu können. Online-Kurse in Form von Livestreams oder On-Demand-Videos sowie individuelle Beratungen oder Personal Trainings via Zoom oder Skype werden seitdem intensiv genutzt. Die Mitglieder empfinden sie als Mehrwert und als Teil der „neuen Normalität“. Viele Studiobetreiber haben während der langen Zeit des zweiten Lockdowns ihre digitalen Angebote weiter professionalisiert, alte Denk- und Vorgehensweisen verabschiedet und sich auf den fortlaufenden Veränderungsprozess der Digitalisierung eingelassen.

Digitale Kommunikation zur Kundenbindung

Besonders hilfreich ist, dass digitale Medien schnelle zielgruppenspezifische Kommunikation ermöglichen, die die Bindung an das Studio stärkt. So kann kostengünstig eine Community aufgebaut und diese über aktuelle Entwicklungen informiert werden. Ohne E-Mails, Newsletter, WhatsApp-Gruppen und Social Media wäre es unmöglich gewesen, den Kontakt zu den Mitgliedern während der langen behördlich angeordneten Schließungen aufrechtzuhalten. Dabei haben Studiobetreiber inzwischen gelernt, dass Kommunikation keine Einbahnstraße ist, sondern darauf abzielt, Kundenbedürfnisse und -probleme abzufragen und zu erfüllen bzw. zu lösen. So bleibt der Studiobetreiber trotz der Krise relevanter Ansprechpartner und kann sich klar als Gesundheitsdienstleister positionieren.

Optimierte Prozesse

Im Zuge der Digitalisierung werden die Prozesse immer weiterentwickelt. Leicht bedienbare Studio-Apps bieten inzwischen vielfältige Möglichkeiten: Der Kunde kann online eine Mitgliedschaft abschließen, Servicetermine oder Kurse buchen oder die Studioauslastung überprüfen. Vor Ort zeichnet smartes Equipment die Trainingsaktivitäten und -fortschritte auf und erstellt personalisierte Trainingspläne. Im Background sorgen Online-Meetings und -Schichtpläne für reibungslose Abläufe innerhalb des Teams. Vielen Studiobetreibern mangelt es allerdings am IT-Fachwissen, um bei der schnelllebigen technischen Entwicklung den Überblick zu behalten, welche wirtschaftlichen Investitionen auch zielführend sind. An der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) werden im dualen Studiengang B. Sc. Sport-/Gesundheitsinformatik Studierende ausgebildet, die die entscheidende „Mittlerfunktion“ zwischen Fitness, Sport, Gesundheit und Informatik übernehmen und Studiobetreiber strukturiert bei den digitalen Herausforderungen unterstützen können.

Investitionen in „hybride Zukunft“

Lösungen, die noch vor einem Jahr wie Zukunftsmusik klangen, sind inzwischen gelebte Realität. Die Fitnessstudios werden die Hybridmodelle auch beibehalten, wenn sie wieder überall öffnen. Das Bedürfnis der Mitglieder, vor Ort im Studio zu trainieren, ist weiterhin stark, wie Prof. Dr. Sarah Kobel in der dritten Erhebung der Corona-Studie der DHfPG belegt. Gleichzeitig ist der Anspruch der Mitglieder im Hinblick auf die Flexibilität des Studios gewachsen. Auf digitale Alternativ- und Zusatzangebote werden sie daher weiterhin zugreifen wollen –dabei spricht man von der 360-Grad-Betreuung.

Förderungsmöglichkeiten für Digitalisierung

Um sich für die Zukunft optimal aufzustellen, ist es seit November 2020 möglich, im Rahmen der Überbrückungshilfe III Investitionen in Digitalisierung bis zu einer Höchstgrenze von 20.000 Euro fördern zu lassen. Der Förderzeitraum gilt noch bis Juni 2021. Die Ausgaben müssen nicht einmalig getätigt, sondern können auf mehrere Rechnungen verteilt werden. Wichtig dabei ist, dass ein Studiobetreiber bereits zum jetzigen Zeitpunkt Fördergelder in Anspruch nehmen und eine Leistung bezahlen kann, auch wenn diese – beispielsweise die Konzeption einer neuen Website durch eine Internetagentur – erst im Oktober erbracht wird. Der DSSV e. V. – Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen berichtet, dass diese Förderungsmöglichkeiten sehr gut von Studiobetreibern angenommen und von den Bewilligungsstellen der Bundesländer relativ zügig ausgezahlt werden. Dazu Florian Kündgen, stellvertretender Geschäftsführer des DSSV e.V.: „Schön ist, dass es hier rein um die Digitalisierung geht. Man kann in IT-Hardware und Software, den Aufbau einer Website oder sogar in SEO-Maßnahmen investieren. Auch ein Foto- oder Videoshooting gehört dazu. Das nehmen viele Betreiber an und sind dabei sehr kreativ.“

In den FAQs des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) werden weitere Beispiele dafür aufgelistet, was förderungswürdig ist. Die Bandbreite reicht vom Aufbau oder der Erweiterung eines Online-Shops über Eintrittskosten bei großen Plattformen, Lizenzen für Videokonferenzsysteme bis hin zu Neuinvestitionen in Social-Media-Aktivitäten und Kompetenz-Workshops für digitale Anwendungen.

So sieht die Praxis aus

Wie wird die Digitalisierung im Studioalltag gelebt, welche Vorteile und Fallstricke sehen Studiobetreiber und wie wichtig sind Digital Natives im Team? Diese und viele weitere Fragen beantworten Stefan Lang, STEP Sports & Spa in Stuttgart-Vaihingen, Monica Lanzendörfer vom Fit-In-Haan und Wilhelm Schröter, elbgym GmbH in Hamburg, auf den folgenden Seiten.

Auszug aus der Literaturliste

Kobel, S. (2021). Auswirkungen der Corona-Krise auf das Trainingsverhalten. Follow-up Studie Februar 2021. Zugriff am 29.04.2021. Verfügbar unter https://www.fitnessmanagement.de/fileadmin/user_upload/Bilder_news/2021/03_maerz/29_bis_31/Ergebnisse_3_DHfPG_Corona_studie.pdf Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). (2020). FAQ zur „Corona-Überbrückungshilfe III“. Zugriff am 29.04.2021. Verfügbar unter https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/UBH/Navigation/DE/Dokumente/FAQ/Ueberbrueckungshilfe-III/ueberbrueckungshilfe-lll.html Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte presse@fitnessmanagement.de.

Stefan Lang, STEP Sports & Spa, Stuttgart-Vaihingen „Valide Ergebnisse aus der Praxis stoppen Vergleiche mit Gartenarbeit“

fMi: Welchen Stellenwert räumen Sie als Unternehmer der Digitalen Transformation in Ihrem Betrieb ein?

Stefan Lang: Wie alle Branchen kann sich auch die Fitness- und Gesundheitsbranche einer gewissen Disruption nicht entziehen. Auch wenn unser Produkt in den Clubs primär „analog“ ist, werden sich Abläufe und Prozesse durch die Digitalisierung verändern müssen. Entsprechend verändern sich auch die Aufgaben, Positionen und Gewichtungen im Unternehmen.

Haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie diesen Stellenwert verändert? Wenn ja, inwiefern?

Die Corona-Pandemie hat bei uns eher wie ein Katalysator gewirkt – Projekte, die sowieso geplant waren, haben wir beschleunigt. Dies lag zum einen daran, dass wir mehr Zeit hatten, zum anderen haben Firmen, die uns monatelang warten ließen, plötzlich innerhalb von vier Wochen die Dinge lösen können.

Inwieweit ist Ihrer Einschätzung nach die Digitalisierung Ihres Unternehmens vollzogen und wie groß ist der Teil, den Sie noch vor sich sehen?

Ich würde sagen, wir sind mit den aktuell verfügbaren Systemen in unserer Branche schon am Limit des Machbaren. Zwar sehe ich uns noch lange nicht am Ende, aber dazu müssten erstmal die Softwareanbieter nachziehen.

Wie sind Sie bei der Planung der Digitalisierung Ihres Unternehmens vorgegangen?

Im ersten Schritt habe ich mir überlegt, wo der Schuh drückt und ob das Thema mit Digitalisierung besser abgebildet werden könnte. Parallel haben wir eine Vision vom „STEP Sports der Zukunft“ geschaffen. Anschließend habe ich überprüft, was die Systeme, mit denen ich aktuell schon arbeite, im Augenblick abbilden können und was sie in der Timeline haben.

Dann wurden die Prozesse überdacht und auf die Möglichkeiten im digitalen Prozess adaptiert, getestet und entweder übernommen oder verworfen. Es gab durchaus auch Stellen, wo wir nach einer digitalen Testphase wieder zurück zu Stift und Papier sind. Die Checkliste für den Servicebereich hat z. B. digital einfach nicht funktioniert.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten „Knackpunkte“ und Fallstricke, wenn es um die Digitale Transformation der Studios geht?

Dazu gibt es ein Zitat, das mit einem Satz den größten „Knackpunkt“ auf den Punkt bringt: „Wenn Sie einen Scheißprozess digitalisieren, dann haben Sie einen scheiß digitalen Prozess“. Sprich, einfach die bestehenden Prozesse zu digitalisieren, erspart zwar Papierkram, aber macht die Arbeit keinesfalls effizienter. Man muss jeden Prozess neu überdenken und entscheiden, ob es passt, diesen überhaupt zu digitalisieren.

Nach welchen Kriterien haben Sie bei der digitalen Weiterentwicklung Ihr Budget, die Reihenfolge der und den zeitlichen Rahmen für die einzelnen Unternehmensbereiche aufgestellt? In welchen Bereichen lagen Ihre Prioritäten und warum?

Priorität haben der Mehrwert für unsere Mitglieder und die Vorteile für unsere Mitarbeiter. Wir haben geschaut, was technisch möglich ist und dann geprüft, ob die Digitalisierung unsere Prozesse vereinfacht oder verbessert. Unsere Zugangskontrolle und die Spinde waren schon immer elektronisch gesteuert und seit Ende 2019 haben wir in unserem Club kein Bargeld mehr.

Seit einiger Zeit arbeiten wir daran, den kompletten Betreuungsprozess digital abzubilden. Ziel dabei ist, dass auch unerfahrene Trainer oder Studierende die Betreuung ohne große Qualitätsunterschiede übernehmen können, weil sie digital geführt werden und auf die entsprechenden Daten zugreifen können. Wenn wir den gesamten Trainingsbereich von der Anamnese über die Cardiogeräte, die elektronischen Zirkel bis hin zu den Steckgewichten und auch das freie Training vernetzt haben, dann können wir nachweisen, dass wir Erfolge produzieren – und zwar subjektiv und auch objektiv.

Inwieweit spielen Ihre Mitarbeiter und deren Know-how eine Rolle bei der Planung und Umsetzung der Digitalen Transformation?

Die meisten meiner Mitarbeiter sind Digital Natives und dementsprechend fit in der Anwendung und Bedienung der digitalen Tools. Wenn es aber darum geht, neue Strukturen und Prozesse zu entwickeln und diese dann digital abzubilden, ist

Stefan Lang

Der Inhaber und Geschäftsführer des STEP Sports & Spa, Stefan Lang, begann während seiner Schulzeit in der Fitnessbranche zu arbeiten, zunächst als Trainer und Servicekraft.

Nach einem Studium der Versorgungs- und Umwelttechnik absolvierte er die Ausbildung zum Fitnessfachwirt IHK, mehrere ergänzende Ausbildungen, u. a. zum Heilpraktiker, sowie ein Studium zum B. A. Fitnessökonomie und arbeitete mehrere

Jahre als Bereichs- und später als Clubleiter. Seit 2013 betreibt er das STEP Sports & Spa in Stuttgart-Vaihingen, das Ende 2015 als erster Club nach der DIN 33961 zertifiziert wurde. Stefan Lang ist für verschiedene Clubs und Firmen im Bereich BGM auch als freiberuflicher Berater tätig.

fundiertes IT-Know-how gefragt. Das ist ein ganz anderes Niveau. Deshalb habe ich mich entschieden, selbst noch einmal zu studieren. Ich habe mich bei der DHfPG für den dualen Studiengang B. Sc. Sport-/Gesundheitsinformatik angemeldet. Je mehr Wissen ich habe, desto effektiver kann ich mit den Geräte- und Softwareherstellern besprechen, was ich brauche.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter in den Transformationsprozess miteinbezogen?

Die Bereichsleiter waren an der Planung der Prozesse beteiligt, da sie die Stärken und Schwächen ihrer Bereiche im Detail kennen. Anschließend war das Feedback beim „Quasi-BetaTest“ sehr wichtig, um zu sehen, ob das Ganze auch in der Praxis sinnvoll ist.

Inwiefern hilft der digitale Wandel Ihnen dabei, Prozesse und Arbeitsabläufe im Studio weiter zu optimieren und Ihren Kunden noch bessere Trainingserlebnisse zu ermöglichen?

Abläufe und Prozesse werden effizienter und transparenter. Dazu habe ich mit Spinden, Bargeld, etc. schon Beispiele genannt, die mir viele Stunden sinnloser Tätigkeiten ersparen.

„Noch bessere Trainingserlebnisse der Kunden“ ist ein weit gefasstes Thema, das für verschiedene Kunden individuell definiert werden muss. Der eine möchte mehr Gamification, das geht mit einer erweiterten Digitalisierung hervorragend. Ebenso ist das einfache Tracken des Trainings und teilweise auch der Fortschritte möglich. Andere Kunden wollen keine Digitalisierung – entweder sind sie schon älter oder sie haben den ganzen Tag damit zu tun und wollen beim Sport ihre Ruhe davor haben. Trotzdem ist für diese Kunden Digitalisierung wichtig – allerdings eher für die Prozesse der Betreuung im Hintergrund, von denen die Kunden nichts mitbekommen, sondern sie dann in einer besseren Ansprache und Betreuungsqualität wahrnehmen.

Wie profitieren Sie, Ihre Mitarbeiter und Kunden von den Digitalisierungsmaßnahmen im Unternehmen? Welche Veränderungen haben sich in der Zusammenarbeit und in der Betreuung der Kunden entwickelt?

Wir profitieren von einer effizienteren Möglichkeit zu arbeiten –und das von überall. Langwierige Prozesse wurden auf ein paar Klicks heruntergebrochen und wir haben wieder mehr Zeit für das Wesentliche – die Kunden. Die Betreuungsqualität wird sich nach dem Lockdown nochmals deutlich verbessern, da wir sämtliche Betreuungsprozesse so digital hinterlegt haben, dass jeder auf höchstem Niveau betreut werden kann.

Welche digitalen Projekte stehen aktuell bzw. in den nächsten Monaten bei Ihnen an?

Ich habe in Zusammarbeit mit verschiedenen Branchenexperten ein neues Betreuungskonzept gelauncht. Um es in der Praxis optimal umzusetzen, ist die Digitalisierung ein wichtiges Element. Die digitalen Abläufe des Konzeptes funktionieren sehr zuverlässig.

Das Ziel unseres Konzeptes ist es, den Kunden nicht nur ein bestmögliches Trainingserlebnis zu bieten, sondern auch messbare Erfolge nachzuweisen und diese valide zu dokumentieren. Vielleicht schaffen wir es dann irgendwann, dass wir nicht mehr mit Gartenarbeit gleichgesetzt werden, wenn wir Ergebnisse aus der Praxis vorweisen können. Aktuell ist die Herausforderung, dass die Trainer mit möglichst wenigen Fehlerquellen, alle relevanten Daten dokumentieren und wir die Ergebnisse ohne viel Aufwand in Echtzeit ablesen und präsentieren können.

Inwiefern wird die Digitalisierung die Fitness- und Gesundheitsbranche aus Ihrer Sicht weiter verändern und wie bereiten Sie sich darauf vor?

Generell wird die Digitalisierung viele Tätigkeiten einfacher oder sogar überflüssig machen. Die papierlose Online-Buchhaltung hilft mir z. B. enorm, Zeit zu sparen, und auch beim Steuerberater fallen weniger Stunden an.

Viele Veränderungen sehen wir heute noch nicht. Ich gehe davon aus, dass Fitness überall per App verfügbar sein wird. Die Voraussetzungen für eine Premiumbetreuung im Studio werden aber immer besser. Die digitalen Tools helfen uns, dass diejenigen zuerst unsere Aufmerksamkeit bekommen, die sie am meisten brauchen.

Monica Lanzendörfer, Fit-In-Haan „Wir sind persönlicher, viel schneller und besser auf die Kunden abgestimmt“

fMi: Welchen Stellenwert räumen Sie als Unternehmerin der Digitalen Transformation in Ihrem Betrieb ein?

Monica Lanzendörfer: Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Entwicklung, Automatisierung und Digitalisierung vieler Prozesse hat die Digitale Transformation eine immense Bedeutung für unser Unternehmen – allein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Branche ist stark vom Wettbewerb geprägt, da ist es einfach wichtig, zeitgemäß zu sein, alle Abläufe ständig zu optimieren und diese Entwicklung auch aktiv zu gestalten.

Mit dem Ziel, die digitalen Herausforderungen bestmöglich zu meistern, habe ich im Oktober 2020 einen dual Studierenden des Studiengangs B. Sc. Sport-/Gesundheitsinformatik der DHfPG eingestellt. Er begleitet die digitale Umstellung, berät das Team und mich und ist auch dafür da, die Dinge mit einem anderen Background und entsprechend aus einem anderen Blickwinkel zu beleuchten.

Haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie diesen Stellenwert verändert? Wenn ja, inwiefern?

Ja, der hohe Stellenwert, den die Digitalisierung vorher schon hatte, ist noch einmal angehoben worden. Es ist hat sich ganz klar gezeigt, welche Bedeutung die Digitale Transformation in unserer Zeit hat.

Ohne die fortgeschrittene Digitalisierung im Fit-In-Haan wäre es schon im ersten Lockdown nicht möglich gewesen, die ganze Zeit mit unseren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben, um die emotionale und sportliche Unterstützung zu bieten. Die digitalen Alternativen sind zwar nicht mit dem Training vor Ort vergleichbar, aber wir haben es im ersten Lockdown ganz gut geschafft, die Kunden bei uns zu halten, zu informieren und durch die Online-Live-Kurse zu betreuen oder ein Angebot zu schaffen.

Weil die Pandemie und der zweite Lockdown schon so lange dauern, waren wir dazu gezwungen, das digitale Angebot für unsere Kunden weiter zu professionalisieren. Wir wären ohne die Notwendigkeit zu reagieren heute noch nicht so weit – natürlich hatten wir im Lockdown auch die Zeit, unsere digitalen Prozesse zu entwickeln.

Inwieweit ist Ihrer Einschätzung nach die Digitalisierung Ihres Unternehmens vollzogen und wie groß ist der Teil, den Sie noch vor sich sehen?

Dadurch, dass unsere Branche sich weiterhin im Wandel befindet und wir in der momentanen Phase noch gar nicht wissen, wie es nach der Pandemie sein wird – wir können bisher ja nur vermuten –, muss man einfach am Ball bleiben.

Während des zweiten Lockdowns haben wir in kurzer Zeit viele Projekte umgesetzt, die vorher geplant waren. Jetzt ist man offen und die Antennen sind so scharf geschaltet, dass man schaut, wo es hingeht und wie man agiert. Sei es das Marketing, die Kommunikation mit den Mitgliedern, die Prozesse im Unternehmen oder Schulungen – ich denke, wir werden uns in ein Hybridmodell hineinbewegen. Wenn es wieder weitergeht, werden ergänzende digitale Angebote zum Standard gehören.

Wie sind Sie bei der Planung der Digitalisierung Ihres Unternehmens vorgegangen?

Das Wichtigste war für mich immer die Kommunikation mit unseren Mitgliedern. Während des ersten Lockdowns haben wir viel auf den Weg gebracht. Dafür haben wir sehr positives Feedback von den Mitgliedern bekommen, die sehr wertgeschätzt haben, dass wir mit unseren Angeboten für sie da waren.

Jetzt, im zweiten Lockdown, haben wir unser Angebot weiter professionalisiert. Wir haben z. B. unsere eigene Studio-App, produzieren für unsere Social-Media-Kanäle viel mehr Content und haben unsere Leistungen so generell besser sichtbar gemacht.

Nach welchen Kriterien haben Sie bei der digitalen Weiterentwicklung Ihr Budget, die Reihenfolge der und den zeitlichen Rahmen für die einzelnen Unternehmensbereiche aufgestellt? In welchen Bereichen lagen Ihre Prioritäten und warum?

Der erste Bereich war die Kommunikation, danach kamen die Verwaltung und die Abläufe im Studio. Die Abläufe sind eng mit der Kommunikation verzahnt, weil wir auch eine gewisse Tiefe abbilden müssen, z. B. in Form unseres digitalen Trainingsplans, auf den die Mitglieder zu Hause zugreifen.

Monica Lanzendörfer

Die passionierte Triathletin Monica Lanzendörfer betreibt das Premium-Gesundheitsstudio Fit-In-Haan. Sie ist seit über 35 Jahren in der Branche tätig, seit 1999 Referentin der BSAAkademie und seit 2002 auch Dozentin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG).

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten „Knackpunkte“ und Fallstricke, wenn es um die Digitale Transformation der Studios geht?

Ein „Knackpunkt“ ist, dass der Content, den wir produzieren, auf die Mitglieder zugeschnitten sein muss. Das erfordert Aufwand und eine besondere Planung. Wir haben ja unter unseren Mitgliedern eine gewisse Bandbreite abzudecken: vom Teenager im Jugendfitnessclub bis zum Senior, der digital nicht gut aufgestellt ist. Für diese Bandbreite müssen wir unsere digitalen Angebote in einer guten Qualität präsentieren, wenn wir unsere Mitglieder abholen wollen.

Dabei ist uns der gute und enge Kontakt zugutegekommen. Wir haben unsere Mitglieder schon im ersten Lockdown auch dort unterstützt, wo gar nicht unsere Kernkompetenz liegt, z. B. beim Installieren von WhatsApp und Zoom. Aber das war wichtig, damit unser Content auch alle Kunden erreicht.

Inwieweit spielen Ihre Mitarbeiter und deren Know-how eine Rolle bei der Planung und Umsetzung der Digitalen Transformation?

Eine entscheidende Rolle. Wir haben als Team agiert, das hat sich wirklich bewährt. Ich kann entscheiden, was ich will; wenn meine Mitarbeiter nicht dahinter stehen und es umsetzen, funktioniert es nicht. Dadurch, dass ich einen angehenden B. Sc. Sport-/Gesundheitsinformatik eingestellt habe, ist jemand in unserem Team, der immer die Fäden in der Hand hat und sein Know-how einbringen kann – sowohl für die Planung als auch in der Umsetzung. Es ist sehr viel Input von den Mitarbeitern aus allen Bereichen – und vor allem aus ganz unterschiedlichen Generationen – in die Planung und Entscheidungen eingeflossen.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter in den Transformationsprozess miteinbezogen?

Ich habe versucht, sowohl die Stärken als auch die Schwächen meiner Mitarbeiter zu nutzen. Die, die stark im digitalen Bereich sind, haben auch dort Aufgaben übernommen. Die Mitarbeiter, die dort nicht so stark sind, haben in anderen Bereichen gearbeitet. Sie haben z. B. Briefe an die Mitglieder geschrieben, die wir nur analog erreichen.

Inwiefern hilft der digitale Wandel Ihnen dabei, Prozesse und Arbeitsabläufe im Studio weiter zu optimieren und Ihren Kunden noch bessere Trainingserlebnisse zu ermöglichen?

Ich glaube, wir sind persönlicher in der Kommunikation, viel schneller, noch besser auf die Kunden abgestimmt und wenn nötig, leisten wir auch Unterstützung bei der Nutzung – insbesondere für unsere älteren Mitglieder. Dadurch, dass wir sie an die Hand nehmen und sie bei ihrem persönlichen Einstieg in die Digitalisierung begleiten, haben gerade die Älteren einen echten Mehrwert im Leben, weit über ihre Mitgliedschaft im Fit-In-Haan hinaus.

Welche digitalen Projekte stehen aktuell bzw. in den nächsten Monaten bei Ihnen an?

Es ist ganz wichtig, dass man die Kunden, die jetzt digital gut versorgt sind, zum Restart wieder „ins Analoge bringt“ und auch dort weiter begleitet. Ich denke, dabei werden uns die digitalen Anwendungen und Tools auch künftig eine große Hilfe sein.

Potenzial sehe ich noch bei der Verknüpfung der Software und der Apps mit dem Betreuungssystem für analoges Training und dessen Dokumentation im Studioalltag. Das muss alles Hand in Hand gehen.

Inwiefern wird die Digitalisierung die Fitness- und Gesundheitsbranche aus Ihrer Sicht weiter verändern und wie bereiten Sie sich darauf vor?

Der erste Lockdown war eine „Wahnsinns-Schulung“. Meine Reaktion darauf war, dass ich einen Sport- und Gesundheitsinformatiker eingestellt habe, weil ich mehr IT-Fachwissen im Team brauchte, um Prozesse und Strukturen anzupassen.

Die Digitalisierung wird immer wichtiger und sie wird auch immer weiter voranschreiten. Gerade weil wir noch nicht wissen, was als nächstes kommt, müssen wir am Puls der Zeit bleiben. Deswegen ist es so wertvoll, dass wir jemanden haben, der frischen Wind reinbringt, alles im Auge hat und durch sein Fachwissen auch ganz neue Ideen einbringen kann. Diese Personalentscheidung hat sich für die Vorbereitung auf zukünftige digitale Maßnahmen jetzt schon bewährt.

Wilhelm Schröter, Geschäftsführer ELBGYM GmbH „Unser Trainingserlebnis bleibt analog“

fMi: Welchen Stellenwert räumen Sie als Unternehmer der Digitalen Transformation in Ihrem Betrieb ein?

Wilhelm Schröter: Die Digitale Transformation beschäftigt unsere Gesellschaft im Ganzen, jetzt und auch in den kommenden Jahren. Es gibt dabei gar keine andere Möglichkeit, als dieser Entwicklung einen sehr hohen Stellenwert beizumessen.

Haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie diesen Stellenwert verändert? Wenn ja, inwiefern?

Absolut. Wenn man vorher immer noch Ausflüchte gemacht hat, weswegen ein Meeting unbedingt vor Ort stattfinden musste, so überlegt man sich in Zeiten von Corona doch sehr genau, ob man tatsächlich reisen möchte oder doch lieber digital zusammenkommt.

Durch Corona erfolgte hier einfach eine Entwicklung innerhalb weniger Monate, die sich ansonsten noch über mehrere Jahre hingezogen hätte.

Inwieweit ist Ihrer Einschätzung nach die Digitalisierung Ihres Unternehmens vollzogen und wie groß ist der Teil, den Sie noch vor sich sehen?

Unser „Geschäftsmodell am Kunden“ ist analog und die wesentlichen Prozesse im Hintergrund sind bei uns seit Längerem digital abgebildet. Allerdings nutzen wir die Zeit, um eine Vereinheitlichung der Softwareprogramme in der gesamten Life Fit Group und nicht nur bei der Marke ELBGYM zu implementieren.

Das nächstgrößere Projekt, das für uns ansteht, ist der Rollout der Member- und Trainer-App. Für die technikaffinen Mitglieder schafft dies sicherlich im Hinblick auf unser Produkt einen weiteren Mehrwert. Für die anderen Mitglieder bleibt alles gleich: Eine 100 Kilogramm schwere Hantel wiegt auch weiterhin 100 Kilogramm.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten „Knackpunkte“ und Fallstricke, wenn es um die Digitale Transformation der Studios geht?

Zunächst haben wir eine Bestandsaufnahme gemacht und uns im Detail angeschaut, wie unsere Geschäftsprozesse tatsächlich ablaufen bzw. wo es Optionen für Optimierungsmaßnahmen gibt. Im Anschluss haben wir geprüft, ob und wie diese digital abgebildet werden sollten, damit es eine Erleichterung für die Mitarbeiter bzw. Mitglieder gibt. Danach gingen wir in die Umsetzung. Für mich ist der wichtigste Punkt, dass nicht jeder Prozess auch digital abgebildet werden muss. Wenn ich mit der Digitalisierung keine Erleichterung bzw. keine Zeit-, Kosten- oder Qualitätsverbesserung erreichen kann, dann sollte ich den Prozess auch nicht krampfhaft digital abbilden wollen.

Nach welchen Kriterien haben Sie bei der digitalen Weiterentwicklung Ihr Budget, die Reihenfolge der und den zeitlichen Rahmen für die einzelnen Unternehmensbereiche aufgestellt? In welchen Bereichen lagen Ihre Prioritäten und warum?

Unser Vorteil liegt darin, dass die Digitalisierung uns lediglich in den Unterstützungsprozessen betrifft. Unser Kernprodukt ist analog und „riecht nach Schweiß“! Hier waren wir bereits sehr weit fortgeschritten, sodass wir uns eher im Bereich einer Optimierung befinden und nach und nach kleinere Projekte angehen können.Jedes Mal, wenn absehbar ist, dass der Lockdown mal wieder verlängert wird, suchen wir uns ein weiteres kleines Projekt, das wir dann umsetzen.

Inwieweit spielen Ihre Mitarbeiter und deren Know-how eine Rolle bei der Planung und Umsetzung der Digitalen Transformation?

Ohne die Akzeptanz der Mitarbeiter und ohne eine gewisse Inhouse-Expertise ist es sehr schwer, die Digitale Transformation umzusetzen. Glücklicherweise haben wir sehr junge Digital Natives in unseren eigenen ELBGYM Reihen und bekommen darüber hinaus auch die geballte digitale Kompetenz der Life Fit Group zur Verfügung gestellt.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter in den Transformationsprozess miteinbezogen?

Wir interagieren sehr viel mit allen unseren Mitarbeitern und sind für Optimierungsmaßnahmen sehr empfänglich. Wenn wir unsere Prozesse oder die Software ändern, dann nehmen wir uns das Feedback unserer Mitarbeiter sehr zu Herzen und versuchen, diese Anregungen mit einfließen zu lassen.

Wilhelm Schröter

Nach mehreren Jahren als Unternehmensberater hat Wilhelm Schröter 2012 den Schritt in die Fitnessbranche gemacht und das erste ELBGYM Fitnessstudio in Hamburg gegründet. Nachdem ELBGYM über die Jahre auf drei Studios angewachsen war, verkaufte er die Marke 2018 an die Life Fit Group. Heute ist Wilhelm Schröter als Geschäftsführer bei der ELBGYM GmbH tätig und betreibt darüber hinaus auch weitere ELBGYM Franchises mit seinem Team in Hamburg, München und Augsburg.

Inwiefern hilft der digitale Wandel Ihnen dabei, Prozesse und Arbeitsabläufe im Studio weiter zu optimieren und Ihren Kunden noch bessere Trainingserlebnisse zu ermöglichen?

Hinsichtlich der Trainingsergebnisse habe ich eine eindeutige Meinung: Wir haben ein analoges Kernprodukt. Du musst Gewichte heben, schwitzen, die Muskeln spüren, damit du Fortschritte machst. Das kann auch ein „fancy“ digitales Programm nicht für dich übernehmen.

Natürlich nutzen unsere Mitglieder aktuell unsere täglichen Workouts und Trainingstipps auf den Social-Media-Seiten. Nach dem ersten Lockdown haben wir aber schnell gemerkt, dass dies eben nur ein schaler Ersatz ist.

Wie profitieren Sie, Ihre Mitarbeiter und natürlich auch die Kunden von den Digitalisierungsmaßnahmen in Ihrem Unternehmen? Welche Veränderungen haben sich in der Zusammenarbeit und in der Betreuung der Kunden entwickelt?

Wir wollen das Thema Digitalisierung nicht überbewerten: Je weniger im täglichen Betrieb über das Thema Digitalisierung gesprochen wird, desto besser ist das für uns. Unser Trainingserlebnis soll analog sein. Die Digitalisierung soll sich im Hintergrund um Nebenprozesse kümmern.

Inwiefern wird die Digitalisierung die Fitness- und Gesundheitsbranche aus Ihrer Sicht weiter verändern und wie bereiten Sie sich darauf vor?

Die Digitalisierung wird uns ungefähr so verändern wie das irgendwann einmal Schreibmaschinen, Taschenrechner oder elektrisches Licht getan haben: Es gibt keinen Weg daran vorbei.

Allerdings hat eine Schreibmaschine auch nie eine 100Kilo-Hantel ersetzt – das wird auch die Digitalisierung nicht .

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