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Ich träume von einer Kirche

von 2.500 € zahlte sie nicht und verlängerte somit das Verfahren. Äbtissin Thürmer antwortete auf die Frage, ob sie noch einmal so handeln würde, mit einem klaren „Ja!“. Sie berichtet, dass es immer wieder Leute gebe, die ihr anbieten, die Strafkosten für sie zu übernehmen, was sie aber ablehnt. „Ich kann das nicht glauben, dass man in Deutschland verurteilt wird für eine Hilfeleistung. Das fände ich unmenschlich.“ Und dann zitiert sie das Grundgesetz: „Jeder Mensch hat die gleiche Würde“, und sie fährt fort: „jeder Mensch heißt es, und nicht jeder Deutsche“ (7). Auffallend ist die Häufung dieser Fälle in Bayern. Von hunderten Ermittlungsverfahren ist die Rede (7). Bis vor kurzem wurde nur verwarnt, heute wird verurteilt. Wir fragen uns, warum Kirchenvertreter verurteilt werden, wenn sie Menschen in Notlagen helfen. Sie handeln erkennbar im Auftrag Jesu: „Liebe deinen Nächs- ten wie dich selbst“, oder mit Papst Franziskus zu sprechen: „An die Ränder gehen“. Es gibt sicher weitere Beispiele für mutige Christinnen und Christen, deren Mut auch risikobehaftet ist oder sein kann. Ihr Vorbild kann nur gut und anspornend sein für uns und unsere Kirche, in der im Moment andere Themen wichtiger zu sein scheinen. Zum Redaktionsschluss kam noch eine positive Nachricht aus Bamberg: Der Münsterschwarzacher Benediktiner Bruder Abraham Sauer ist im Kirchenasyl- prozess aktuell letztinstanzlich freigesprochen worden. 2020 hatte er abgelehnte Asylbewerber aus Gaza im Kloster aufgenommen. In erster Instanz hatte der Gewissenskonflikt ihn zum Freispruch geführt. Es gab zudem Vereinbarungen mit dem BAMF, die er strikt eingehalten hatte, deshalb konnte ihm letztlich kein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden (8). Dieses Urteil könnte auch Signalwirkung für die anderen laufenden Verfahren haben. In der derzeit schwierigen Situation in unserer Kirche, in der man sich meist hilflos fühlt, machen die oben beschriebenen Beispiele von Seelsorge „zwischen Gott und den Menschen“ Mut und geben Hoffnung. Ansporn ist allemal besser als Resignation oder ganz Abschied von der Kirche zu nehmen. Letzteres schmerzt den Abschied Nehmenden sicher am meisten, denn wer wirklich in einer Gemeinde verankert ist, wird diesen Anker trotz allem nicht so schnell lichten und alles, was ihn oder sie an Positivem mit der Gemeinschaft verbindet, hinter sich lassen: Gemeinschaft, Ermutigung, Trost, geteilte Freude und gemeinsam getragenes Leid…

Quellen: 1) Jan de Volder. Martyrium eines Priesters. Leben und Sterben von Jacques Hamel. Echter Verlag Würzburg, Sant’Egidio Bücher. 2017 2) www.katholisch.de mit Texten vom 27.07.2016 und vom 29.01.2022 3) https://www.katholisch.de/artikel/32479-essen-retten-bisdie-polizei-kommt-warum-pater-alt-eine-anzeige-will [27.12.2021] 4) Leben jetzt. Das Magazin der Steyler Missionare. Februar 2022, S. 20-22 5) Franz Meurer. Glaube, Gott und Currywurst“. Herder, Freiburg 2. Aufl. 2020 6) www.katholisch.de vom 29.12.2020 7) www.DW.com (Deutsche Welle) 8) www.katholisch.de/artikel/33281 [25.02.2022] Bildnachweis: 1) angelusnews.com 2) www.katholisch.de/artikel/32479 - epd-bild/Valeska Rehm 3) www.kirche-und-leben.de/fileadmin/redaktion/bild/2020/02/Kossen_1130.jpg 4) Demonstration Pulse of Europe in Köln am 2. April 2017: Franz Meurer – Lizenz wurde erteilt 5) Pressestelle Bistum Speyer / pow.bistum.wuerzburg.de 6) www.ordensgemeinschaften.at/artikel/6199-sr-julianaseelmann-ich-konnte-nicht-anders 7) www.infomigrants.net/en/post/29110/finding-the-positiveworking-with-migrants-in-2020

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Susanne Heinrigs

Ich träume, trotz aller Enttäuschungen und Widrigkeiten, trotz aller Skandale und menschlichen Schwächen, von einer Kirche so, wie ich es als Mädchen und als junge Frau getan habe:

• Ich träume von einer Kirche, in der, wie es in Gaudium et Spes heißt, alles Platz hat, was uns Menschen bewegt: die Freuden und

Hoffnungen, aber auch Trauer und Angst, Sorgen und Probleme der Menschen, die Grenzerfahrungen und alles Leid, eine Kirche, in der sich Einsame, Verirrte und Verwirrte und vom Leben Gezeichnete mit den Starken und Gesunden wiederfinden. • Ich träume von einer Kirche, die Lebenshilfe und Orientierung gibt, in der alle Mitglieder des Gottesvolkes einander stärken und daran arbeiten, Welt und Gesellschaft im Licht des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu verändern. • Ich träume von einer Kirche, in der es verschiedene Ämter und Dienste gibt, aber die Hierarchie der Geschwisterlichkeit weicht, einer Kirche, in der ein höheres Amt zu haben bedeutet, den anderen wie Jesus die Füße zu waschen, denn wirkliche Größe offenbart sich im Mut zu dienen.

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