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HOCH HINAUS
Umzug mit Aufstieg. Petru Huurinainen ist neuer Geschäftsführer von KONE Österreich und übernimmt in schwierigen Zeiten das Ruder. Der gebürtige Finne ist voller Enthusiasmus und will vor allem die Digitalisierung vorantreiben.
Das Gespräch führte: Lisa Grüner
Herr Huurinainen, wie hat es Sie nach Wien verschlagen?
Ich arbeite nun seit etwa fünfeinhalb Jahren für KONE. Angefangen habe ich im Headquarter in Helsinki in der Strategie als Global Head of Strategy Development and Market Intelligence. KONE investiert viel in Menschen und ihre Karrieren und gibt seinen Mitarbeitern die Möglichkeit, innerhalb des Unternehmens unterschiedliche Positionen zu bekleiden. Mitte des Jahres habe ich von der Möglichkeit gehört, die Geschäftsführung in Österreich zu übernehmen und habe sie am Schopf gepackt. Es war das perfekte Angebot zur richtigen Zeit und Österreich ist ein tolles Land. Was ich besonders spannend finde, ist, dass ich hier eine operative Rolle mit regionalen Aufgaben habe und damit, nach der Arbeit im strategischen Bereich, eine ganz andere Sichtweise auf das ganze Business bekomme. Außerdem bin ich ein begeisterter Snowboarder und es reizt mich durchaus, wieder auf Alpinski zurück zu wechseln.
Ist so eine Entscheidung privat nicht schwierig?
Ich habe eine Langzeitbeziehung und natürlich ist es nicht so einfach, wenn jeder seine Karriere verfolgt. Aber wir bekommen das hin. Meine Freundin freut sich auf Wien und kann es beruflich managen. Der Lockdown macht die Sache natürlich auch nicht so einfach, obwohl das Reisen überraschend gut klappt. Schade ist natürlich, dass derzeit keine Freunde auf Besuch kommen können, aber die Zeiten werden wiederkommen.
Sie haben einen spannenden beruflichen Werdegang …
Ich habe Industrial Engineering und Management in Helsinki, Finnland studiert und schon während des Studiums machte ich Praktika, die nach Abschluss meines Studiums meine ersten beiden Vollzeitjobs wurden. Bei der Citigroup Global Investment Bank in London war ich im Bereich Mergers & Acquisitions tätig. Das war während der Finanzkrise und damit
Michael Hetzmannseder Fotos:
eine harte Schule. Nach drei Jahren ging ich zurück nach Finnland und war als Consultant bei McKinsey & Company für unterschiedliche Bereiche zuständig, u.a. für die Strategie und Optimierung des Capital Expenditure Portfolios von verschiedenen Industriezweigen. 2015 heuerte ich bei KONE an.
Was fanden Sie an KONE besonders spannend?
Da gibt es viele Gründe. Als Ingenieur ist natürlich die technische Komponente interessant. Nach meinen ersten beiden Berufserfahrungen im Banking bei der Citigroup und bei McKinsey im Consulting wollte ich wieder in einer vielfältigen Umgebung tätig sein. KONE ist eines der größten finnischen Unternehmen und als Finne wollte ich gerne für ein heimisches Unternehmen tätig sein.
Dazu kamen die vielen Herausforderungen, die das Unternehmen bietet, als auch die Möglichkeiten, wie zum Beispiel nach Österreich zu gehen. Ein ehemaliger Kollege, der von McKinsey zu KONE gegangen war, hat mir erzählt, dass bei KONE im Strategieentwicklungsteam ein Posten frei wird. Die Firmenkultur und die Leute haben mir gefallen und ich habe zugesagt.

COVID-19, ein zweiter Lockdown, wie beeinflusst das die Arbeit bei KONE?
Es hat natürlich auch auf uns einen Einfluss. Als Erstes haben wir alle möglichen Sicherheitsmaßnahmen für unsere Mitarbeiter und Kunden getroffen und unsere Arbeitsweise so adaptiert, dass es zu möglichst wenigen Kontakten kommt. Vor allem unsere Servicetechniker, die beim Kunden sind, wurden entsprechend geschult und mit Masken ausgestattet, damit sie sicher arbeiten können. Es kam kurzfristig zu Verzögerungen bei Projekten, allerdings nicht so viele, wie man meinen möchte.
Die meisten Bauunternehmen bemühen sich wirklich, dass die Arbeit weiterläuft. Bei manchen Firmen wurden Servicemaßnahmen für Liftanlagen zum Teil verschoben, weil das Management nicht sicher war, ob sie Leute kommen lassen sollten. Alles in allem war der Einfluss nicht sehr groß. Was die administrative Arbeit im Büro anbelangt, so sind wir alle im Home-Office. Das hat unsere Arbeit schon sehr in Richtung Digitalisierung gepusht, vor allem was die Verwendung von Online-Tools anbelangt. Hier waren die Auswirkungen für die Mitarbeiter wohl am höchsten.
Gibt es Verzögerungen bei Projekten?
Wie schon vorher kurz angesprochen, teilweise. Unser Team arbeitet sehr eng mit den Baufirmen zusammen und adaptiert die wöchentlichen Zeitpläne. Im Frühling gab es einige Verzögerungen, die wir gut aufholen konnten.
Gibt es Einflüsse auf die gesamte Branche?
In der Bauwirtschaft ist die Zeitspanne von der Bestellung bis zum finalen Einbau einer Aufzugsanlage sehr lang. Dieses Jahr werden alle laufenden Projekte gut abgewickelt werden, wenn diese generellen Entwicklungen aufgrund COVID-19 allerdings mit allen Unsicherheiten länger anhalten und es einen
massiven wirtschaftlichen Einbruch gibt, dann wird weniger gebaut werden beziehungsweise werden weniger Baugenehmigungen erteilt.
Das Bauvolumen kann also insgesamt weniger werden, doch derzeit bin ich positiv gestimmt, dass es nicht so kommen wird. Natürlich hängt es nicht nur vom allgemeinen Geschäftsvolumen ab, sondern auch davon, wie wir unser Business angehen.
Haben Sie aufgrund von COVID-19 neue Produkte entwickelt?
Ja, wir haben im Rahmen unserer Health and Wellbeing-Solutions den Elevator AirPurifier entwickelt, der für saubere und frische Luft in der Aufzugkabine sorgt. Die Reinigung basiert auf der PCO™ (Photokatalytische Oxidation) Luftreinigungstechnologie. Dabei wird die Luft aus der Aufzugkabine durch einen Zentrifugalventilator in den Luftreiniger gesaugt. Ein Polyesterfilter hält Staub und andere größere Partikel zurück. Danach drückt ein Gebläse die Luft durch einen Katalysator, in dem UV-Licht in Kombination mit einer Photokatalysereaktion Oxidationsmittel erzeugt, das Gerüche, Bakterien, Viren, Rauch, Schimmel und Bakterien in der Luft deutlich reduzieren. Für den Liftbenutzer ist der AirPurifier nahezu unsichtbar, da er innerhalb der Dachkonstruktion der Aufzugkabine platziert ist. Für Rolltreppen haben wir den KONE Handrail Sanitizer für den Handlauf entwickelt, der von außen nicht gesehen wird, diesen allerdings von innen heraus effektiv reinigt.
Hat der AirPurifier das Zeug zum Bestseller?
Wir denken schon, dass vor allem der Luftreiniger von den Kunden sehr gut angenommen wird, da er die Sicherheit bei der Benutzung von Aufzügen erhöht, da er eine Übertragung von Viren minimiert.
Aufgrund von COVID-19 dürfen weniger Personen den Lift gleichzeitig benutzen. Wie wird das gelöst?
Mit dem Destination-Control-System können unsere Kunden das Verhalten von Aufzügen steuern. Natürlich kann man das auch über eine Gewichtseinstellung machen, dass der Aufzug piepst, wenn zu viele Personen in der Kabine sind. Der einfachste Weg, das Verhalten von Menschen zu beeinflussen, ist ganz einfach über Beschriftungen in Form von Stickern am Boden.
Geht der Trend bei KONE generell mehr in Richtung Digitalisierung?
Die Digitalisierung bei unseren Liftanlagen voranzutreiben ist Teil unserer Unternehmensstrategie. Anfang des Jahres haben wir die neue Aufzugsserie, den MonoSpace® DX, herausgebracht. DX steht für Digital Experience. Die Anlagen verbinden sich digital mit dem Gebäude und mit Applikationen, das heißt, die Ausstattung und Materialien sind direkt mit den Anforderungen des Gebäudes und der Nutzung verbunden. Angetrieben werden sie von einem kompakten KONE EcoDisc® Motor, der keinen Maschinenraum

„Sensoren in den Aufzügen informieren in Echtzeit über einen Wartungsbedarf.“
benötigt und entsprechend platzsparend ist. Es ist mit einer erweiterbaren Plattform zu vergleichen und damit „futureproof“, weil einfach upzugraden, einfach zu warten und sogar Roboter können damit verbunden werden. Unsere digitalen Angebote sind sehr eng mit dem Servicebusiness verbunden und da ist KONE sehr gut aufgestellt.
Gibt es noch andere neue Produkte?
Der KONE Residential Flow ist wie ein virtueller Portier, er macht beispielsweise das Garagentor auf, sobald man in die Nähe kommt oder holt den Lift und befährt gleich das richtige Stockwerk, völlig berührungslos, man hat nur mehr das Smartphone. Das Gleiche bieten wir seit November auch für das Büro an, den KONE Office Flow. Gästen kann man zum Beispiel schnell und einfach eine digitale Zutrittskarte aufs Handy schicken.
Gibt es die Aufzugs- und Rolltreppenplanung schon per Mausklick? Inwieweit spielt BIM eine Rolle?
Das kommt auf den Käufer an. Vor allem in den USA werden gerade bei größeren Projekten auf Kundenseite sehr weit entwickelte BIM-Versionen eingesetzt. Ist das der Fall, dann arbeiten wir natürlich auch mit dem System. Wir haben auch sehr gute Tools auf unserer Website, mit deren Hilfe Architekten ganz einfach Designs und Typen auswählen und in ihre Planung integrieren können.
Stichwort Predictive Maintenance, wie ist der Status quo?
Die Art, wie wir bis jetzt Wartung gemacht haben, ist bereits auf Teil-Vorhersehbarkeit begründet, weil wir ja aus Erfahrung wissen, wie oft gewisse Teile gewartet beziehungsweise ausgetauscht werden müssen. In den Aufzügen sind auch Sensoren installiert, die uns in Echtzeit über Hitze, Geräusche etc. informieren. Dadurch wissen wir schon frühzeitig, was gemacht werden muss, lange bevor der Kunde etwas bemerkt. Das ist auch nachhaltig, weil wir beim normalen Service bereits das miterledigen können, von dem wir wissen, dass es ohnehin in ein bis zwei Monaten gemacht werden müsste. Diese Effizienz ist vor allem für große Kunden, die hunderte Lifte in ihrem Portfolio haben, ein wichtiger Aspekt.
Stichwort Sustainability: Wird Nachhaltigkeit bei KONE gelebt?
In meiner vorhergehenden Rolle in der strategischen Entwicklung war Nachhaltigkeit ein großes Thema. Nach einem Jahr Vorbereitung launchen wir Ende Jänner dazu unsere Strategie. Vorweg kann man sagen, dass KONE immer einen Fokus auf einen geringen Stromverbrauch gelegt hat und sich für einen nachhaltigen Einkauf und die Konditionen der Verkäufer interessiert. Es ist schon wesentlich, die Quellen zu prüfen, wo wir Stahl beziehen und welche Kabel wir einkaufen etc. Wir streben eine vermehrte CO2-Reduktion bis 2030 an und investieren in E-Autos für die Techniker, die viel von einem Gebäude zu einem anderen fahren. Punkto Energieeffizienz ist für uns das smarte Managen von Verbrauchsspitzen, dem sogenannten Power Peak, interessant. Viele Entwicklungen sind für den End-Konsumenten nicht sichtbar, aber wir haben da bereits viel gemacht. Auch achten wir darauf, dass wir nur notwendige Reisen durchführen, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren.
Was möchten Sie in Österreich ändern, was sind Ihre Ziele?
Ich habe den Vorteil, dass ich hier in Wien auf ein sehr professionelles Team zurückgreifen kann. Es gibt also keinen akuten Handlungsbedarf, etwas zu verändern. Natürlich sind wir ein wachsendes Unternehmen und wir entwickeln uns immer weiter. Derzeit investieren wir viel in die Zusammenarbeit mit Deutschland und der Schweiz, um Synergien optimal nutzen zu können. Da ich erst seit kurzem in der neuen Position bin, lerne ich noch. Natürlich entwickeln wir uns gerade im digitalen Sektor sehr stark. Was ich einbringe, ist aufgrund meiner guten Vernetzung durch meine vorhergehende Position das internationale Netzwerk und das Verbinden von Teams.
Gibt es große Unterschiede zwischen der Arbeit in Helsinki und in Wien?
Bis jetzt habe ich noch keinen Kulturschock erlitten. Da derzeit nur etwa 20 Prozent der
Belegschaft im Büro sind, ist es schwer zu sagen, ob die Unterschiede im Büroalltag sehr groß sind. Ein kultureller Unterschied ist, dass man in Wien nicht so direkt Dinge anspricht, da muss ich aufpassen, nicht zu „finnisch“ zu sein. Aber generell haben wir eine KONE-Kultur, also rechne ich mit vielen Gemeinsamkeiten.
Haben Sie schon ein paar lustige österreichische Eigenheiten entdeckt?
Also ich habe bis jetzt noch keinen Österreicher kennengelernt, der nicht Schifahren kann. In Finnland sind wir eher die Langläufer. Ich mag die österreichische Work-LifeBalance. Die Leute hier machen ihre Arbeit sehr effizient und genießen dann auch das Leben und verbringen viel Zeit in der Natur.

Ich finde es total spannend, hier in Wien zu sein. Da ich vorher in der Strategie tätig war, ist es jetzt interessant, auf der anderen Seite des Tisches zu sitzen und operativ zu arbeiten. Ich sehe jetzt auch, wie die Strategie, die wir in den letzten Jahren entwickelt und besprochen haben, umgesetzt wird. Wir leben ja auch in außergewöhnlichen Zeiten aufgrund COVID-19. Ich freue mich schon darauf, Wien kennenzulernen, bis jetzt war das ja nicht so einfach möglich.
Petru Huurinainen
Petru Huurinainen ist seit September 2020 Managing Director bei KONE Österreich. Er ist seit 2015 bei KONE und war zuvor im Hauptsitz als Global Head of Strategy Development and Market Intelligence tätig. Vor KONE arbeitete Huurinainen als Consultant bei McKinsey & Company in Helsinki und war bei der Citigroup Global Investment Bank in London im Bereich Mergers & Acquisitions tätig. Der gebürtige Finne hat einen Master of Science in Industrial Engineering and Management an der Helsinki University of Technology, Department of Industrial Engineering and Management.