Eine Fotoreise nach Dresden

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Dresden 2010

Dresden Eine Fotoreise


Dresden Eine Fotoreise Mai 2010


Dresden im Mai 2010 Bei Achim im Auto sitzen vorne Regina, dahinter Ulrike und Nicole und im Kofferraum Ute und Hella, das bin ich. Harald ist mit Andrea allein gefahren, Andrea hat nur 2 Sitze im Auto, dafür aber einen Kofferraum, wo Ute und ich noch unser Gepäck verstauen können. Lars fährt später ab, denn Erika muss noch arbeiten und sie nehmen auch noch Barbara mit. Kaum sind wir losgefahren, holt Ute ihren Laptop raus und fängt an Hochzeitsbilder zu bearbeiten. Sie muss sich ranhalten bis zum Abgabetermin. Irgendwie scheint das wohl ansteckend zu sein, denn der zweite Laptop erscheint: auch Ulrike arbeitet, nun haben wir ein Autobüro. Ich schreibe im Geiste an meinem Reisebericht und Regina, die heimlich Kuchen mithat, vergisst den Kaffee zu kochen. Achim arbeitet mit Händen, Kopf und Füßen und natürlich, Nicole schläft. Genau so wie in einem Büro, nur dass es rollt. Ach so, das hätte ich fast vergessen, ich rede und erzähle wie aufgezogen. Ich brauche nur ein Stichwort und schon habe ich eine passende Geschichte dazu. Ute sagt, das stört sie nicht, sie kann gut zuhören beim Arbeiten. Irgendwann schlafen zwei. Wer, verrate ich nicht. Achim der Fahrer, ist es jedenfalls nicht. Als wir im Hostel „City Herberge“ in Dresden ankommen sind alle überrascht. Ein sehr geschmackvolles Ambiente empfängt uns, kleine rote Sesselchen und runde Tische, Ikeastile. Jetzt packt Regina den Kuchen aus, der schmeckt richtig gut und verkürzt uns die Zeit bis zum einchecken. Eine gute Idee, Regina. Wir können erst um 15 Uhr in die Zimmer, noch eine Stunde Zeit. Das Gepäck kann so lange in den Gepäckraum in den Keller. Betten beziehen, wie Andrea glaubte, brauchen wir nicht, sogar ein Duschtuch liegt auf dem Bett. Die Leute am Empfang sind sehr freundlich, jedenfalls zu mir. Nun denkt man gleich, die schöne Einrichtung wie in der Empfangshalle geht so weiter…


In meinem Zimmer sieht es aus wie gleich nach der Wende: Balatum-Fußboden, Kastenbetten, ein Tisch, ein Stuhl, ein Schrank, wo der Schlüssel fehlt und der keinen Griff zum öffnen hat. Man muss oben an der Tür ziehen. Die Fenster lassen sich nicht öffnen, oder ich habe keine Kraft dazu. Ich bin zufrieden, denn es ist sehr sauber und alles andere hatte ich fast so erwartet, denn es ist ja nur ein Hostel und entsprechend billig. Regina ist unzufrieden. Vor meinem Fenster sehe ich eine Skaterbahn, wo sich viele Jugendliche tummeln. Kein Straßenlärm. Am nächsten Morgen der Run auf die Toiletten. Man trifft sich im Schlafanzug auf dem Flur. Gut, das ich kein sexy Nachthemd mitgenommen habe. Es gibt 3 Toiletten mit zwei Waschbecken. Richtig gerechnet, denn jeder Dritte(?) wäscht sich nach dem Toilettengang nicht die Hände. Eine Behindertentoilette gibt es auch, doch, als ich schlau sein will und sie betrete, werde ich direkt aus den Hochhäusern angeglotzt. Von dort kann jeder die Toilette einsehen! Den Sinn der Einsicht verstehe ich nicht so ganz, oder ist das zum Schutz der Behinderten, falls jemand Hilfe braucht? Kaum sind wir im Zimmer, greife ich schon nach meiner Kamera und ziele damit auf die Skaterbahn. Erster! Wir treffen uns vor der Tür, und nach ein paar Metern Dresden bietet uns eine Frau vergiftetes Popcorn mit Schokolade an. Irgendjemand sagt: „Die Dresdener sind so nett“. Dann kann es ja nicht vergiftet sein, denke ich und greife zu. Nun fühle ich vorsichtshalber der Dame noch auf den Zahn, sie ist tatsächlich Dresdenerin. Vielleicht ist das ein Fehler von mir, oder Leute? Sie begleitet uns über die erste Dresdenkreuzung und dann kommen wir mindestens eine halbe Stunde nicht weiter, weil Dresden-Brigitte uns in die Geheimnisse der Dresdener Kultur einweiht. „Dort drüben am Rathaus steht eine Figur, da reiben die Dresdener immer den Zeh, man kann sich dann was wünschen und das bringt Glück.“ erzählt sie. Ich höre gebannt zu, denn sie erklärt sehr gut. Von den geritzten Kacheln zum Beispiel, das hätten wir nie erfahren. Irgendwann überfällt mich dann mal der Gedanke: „hört sie nie wieder auf?“. Ich sehe Unruhe bei den anderen. Endlich lässt sie uns gehen, aber nur, weil sie zum Konzert will. Trotz allem Danke an Brigitte, es war großartig. In der Stadt, nachdem wir natürlich alle den hochglänzenden Messingzeh gerieben haben, werde ich erschlagen von der barocken Pracht.



Man weiß nicht, wo man überall hinsehen soll und die arme Andrea hat so viel Not mit uns, denn wir haben einen Termin in der Reisekneipe. Aber, wie das bei Fotografen so ist: sie schauen und fotografieren, sind mal hier und mal da, wenn man denkt, sie sind noch da, sind sie schon längst woanders. Der Termin in der Kneipe ist ein Rendezvous mit dem einzigen Dresden-fcler, der nach Reginas Aufruf in der fc wirklich kommt. Er heißt Jens und wir haben einen guten Fang mit ihm gemacht, denn er passt prima in unsere Gruppe. Aber erst müssen wir uns beeilen und die Straße suchen, wo sich die Kneipe befindet. Wieder muss Andrea uns antreiben wie eine Herde Schafe, die vom Hütehund zusammengehalten wird. Aber Hütehunde haben es nur mit dummen Schafen zu tun, nicht mit intelligenten, wachen, interessierten Fotografen/und -innen. Wenn 10 Leute da sind, ist immer ein 11. irgendwo. In der Reisekneipe ist es sehr gemütlich. Lars, Erika und Barbara sind inzwischen auch angekommen. Ich kann endlich mal einen schönen Cocktail trinken, Kokosnussmilch mit Ananassaft, Sahne und Orangensaft, lecker. Zu Hause fällt mir ein: ich habe mal wieder den Alkohol vergessen. Immer, wenn ich nicht Autofahren muss, kann ich doch mal ein bisschen Alkohol trinken, oder nicht? Trotz allem sind wir eine lustige Gesellschaft. Lars bestellt sich dreimal hintereinander Erdbeerbowle. Nach dem zweiten Glas fängt sie bereits an zu wirken. Vielleicht hätte er Erika mal die Erdbeeren geben sollen. Nein, er ist so lustig und wir haben auch deshalb schon sehr viel Spaß. Ich weiß nicht mehr, wann das Thema mit der Behaarung der Asiaten aufkommt, ob an diesem Abend oder später. Niemand weiß es ganz genau, ob Asiaten Körperbehaarung haben und, wie man sich denken kann, schaukelt sich das Thema ganz schön hoch. Der Höhepunkt ist dann die Behauptung: wenn überhaupt Haare, dann glatt. Das ist ein Brüller.


Wir verabreden uns für den nächsten Tag mit Jens und er bringt sogar seine Frau mit, die auf unsere Bitte ihr Filmkleid anziehen will. Der Plan für den nächsten Tag wird besprochen. Im Gegensatz zum ersten Tag, wo wir Altstadt und Neustadt zu Fuß erobert haben, geht es nun mit dem Bahnsondertarif durch die Stadt. Immer zwei Leute fahren mit einer Karte, was natürlich den Nachteil hat, dass die zwei auch zusammenbleiben müssen. Einmal klappt es nicht mit Andrea und Ute, sodass Ute lieber zu Fuß geht, statt schwarz zu fahren. Zum Glück ist es nur eine Station. Schon zum zweiten Mal besuchen wir die Kunsthofpassage mit dem blauen und gegenüber dem goldenen Haus. Heute ist Markt, natürlich nur Kunst. Andrea möchte 3 Keramikobjekte kaufen und wundert sich, dass sie an einem Zweig stecken, sie will doch nur die Objekte, doch sie muss auch den Zweig dazu nehmen. Ich finde für meine Eierbechersammlung einen Raben aus Ton. Hier könnte ich einen ganzen Nachmittag verbringen, so interessant ist es.





Wir treffen uns mit Jens und seiner sympathischen Frau im Filmkleid am Blauen Wunder. Eine riesige Stahlbrücke, die erst grün war, nun aber durch Witterung und Sonneneinstrahlung blau ist. Für mich farbenblinde ist sie grau oder vielleicht noch taubenblau, wobei Tauben für mich auch grau sind. Die Geschichte von dem Wunder habe ich leider vergessen, für mich ist es aber schon ein Wunder, dass die Brücke noch zusammenhält, denn, wenn man in der Mitte steht und ein Lkw vorbeifährt, rüttelt es schon ganz erheblich. Die Brücke ist nur genietet. Sie wurde 1893 fertig gestellt.



Danach bringt uns die Schwebebahn auf den Loschwitzer Berg. Eine tolle Aussicht von dort oben. Runter geht es steil bergab zu Fuß, auch wenn Harald es nicht so gut findet. Es gibt einen berühmten Satz, der immer mal wieder zu hören ist: Oooooh ist daaaas schöööön, guck mal Hella. Natürlich ist er von Regina, die so viel Freude zeigt an diesen vielen schönen Dingen. Als wir dann beim Schloss Pillnitz landen, werfen Regina und Ulrike sich in die Wiesenblumen und man sieht nur noch zwei Hinterteile in die Höhe ragen. Es gibt Beweisfotos. Damit wir das Schiff zurück nach Dresden erwischen und rechtzeitig zur blauen Stunde auf der Brücke sind, geht es fast im Laufschritt durch die Schlossanlagen.


Dann stehe ich im Dunkeln mit Harald auf der Brücke, zum fotografieren natürlich. Einige von uns sind schon ins Hostel gegangen und Ute und Barbara fotografieren am anderen Ende. Als ich wieder aufschaue, ist Harald verschwunden und ich stehe ganz allein mit meiner Kamera im Arm in einer fremden Stadt und weiß nicht, wo lang es nach Hause geht. Noch schlimmer, ich kenne nicht den Namen und die Straße des Hostels. Hilfeee!!! Da fällt mir mein Handy ein. Ich bekomme keinen Anschluss, Hilfeeee!!! Dabei nehme ich mir immer vor, bei jeder Reise den Namen, die Straße und die Telefonnummer des Hotels aufzuschreiben und warum tue ich das dann nicht? Während ich noch überlege, ob ich vielleicht Ute und Barbara suchen soll… Aber vielleicht sind sie, während ich fotografierte, an mir vorbei nach Hause gegangen. Plötzlich steht Harald wieder da und „alles wird gut“, wie Barbara immer so schön sagt. Auf der Elbe fährt auch ein Raddampfer, der ein paar Mal hin- und herschippert, bis jemand sagt: „Das sind mehrere Schiffe, der fährt doch nicht nur so ein kurzes Stück“. Ja, man kann es an den Namen erkennen. Als wir dann nach dem Nachtshooting ins Hostel kommen, sitzen die anderen gemütlich im Konferenzraum, betrachten ihre Fotos auf dem Laptop und klönen. Lars und Erika haben eine Flasche Prosecco im Gepäck und ich bekomme auch noch ein Glas ab, das tut gut. Irgendwann stellt sich dann die Frage: „Wer ist fotosüchtig?“ Manche sagen: „Ute oder Regina.“ Wie gut, dass sie nicht wissen, was ich heimlich mache. Ich habe ~1500 Fotos gesammelt. Gelöscht habe ich davon 250. Wer hat mehr? Noch eins will ich verraten: bei einem Nachtessen hat Harald eine halbe Ente bestellt und Barbara eine viertel. Nun, Harald ist ja auch groß und Barbara klein. Dabei habe ich noch gedacht, eine halbe Ente ist nur ein bisschen größer als ein Huhn. Ich glaube, ich habe den Umfang eines Huhns doch nicht so in Erinnerung, die Ente ist jedenfalls riesig.



Auch der dritte Tag empfängt uns mit schönem Wetter. Der Plan ist, erst in den Zwinger zu gehen, wo sie mich zwingen, ganz allein auf die andere Seite zu gehen. Es gibt ein Beweisfoto. Dann ist Termin in der Semperoper, für mich als verhinderte Opernsängerin ein absolutes Highlight. Frau Semper ist auch da, sie fotografiert. Dieser wunderschöne Bau, die unbeschreiblich raffinierte Bühne und vor allem die Atmosphäre turnen mich so an, dass ich, als ich draußen von dem Posaunenchor das Ave Maria höre, zu Barbaras Freude ein paar Töne singe, worauf hinter mir ein Mann sagt: „Schöne Stimme.“ Ich bin nicht mal eingesungen und ein bisschen heiser. Vor der Semperoper lustwandeln viele Menschen und die bekommen dann auch Exquisites zu sehen, nämlich zwei Damen, die hockender- und liegender Weise vor der Oper die Touristen irritieren, beten sie? Das ist doch eine Oper, oder doch eine Kirche? Wer näher ran kommt, kann zwei Fotoapparate erkennen. Was fotografieren die denn auf dem Boden? Etwa die Spiegelung der Semperoper in einer Murmel? Kann das ein Tourist begreifen? Nein! Fotografen sind eben seltsame Menschen, oder? Alles in allem war es eine gelungene Reise. Doch eins haben wir gemerkt: Für Dresden reichen 3 Tage nicht und vor der nächsten Reise sollten wir den rechten Zeigefinger trainieren. Dabei fällt mir noch ein, gibt es eigentlich auch Kameras für Linkshänder?




Text: Hella Sch端mann Fotografen: Achim Strunz Andrea Milberg Barbara Semper Erika Egert Harald Sander Hella Sch端mann Lars Heinemeier Nicole Siedhoff Regina Hauke Ulrike Erdmann Ute Bartels Fotobuchgestaltung: Harald Sander Hella Sch端mann Regina Hauke Ute Bartels


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