MAGAZIN
FRAGILE Suisse
Ausgabe 3 / 2021
FRAGILE Suisse
«INVISIBILE»
FRAGILE Suisse veranstaltet eine Ausstellung mit betroffenen Künstlerinnen und Künstlern
Interview
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Wie kann Kunsttherapie Menschen mit Hirnverletzung helfen?
Für Menschen mit Hirnverletzung und Angehörige Ausgabe 3 / 2021 | 1
FRAGILE Suisse
Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser Carole Bolliger Redaktorin
Für diese Ausgabe durfte ich einen ganz speziellen Menschen kennen lernen: Daniel Stämpfli hatte vor 35 Jahren ein schweres Schädel-HirnTrauma. Doch erst vor ein paar Jahren hat er wirklich angefangen, sich mit seiner Hirnverletzung zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Heute engagiert er sich für andere Betroffene und will die Öffentlichkeit auf das Thema Hirnverletzung aufmerksam machen und sensibilisieren. Lesen Sie seine eindrückliche Geschichte. In diesem Magazin widmen wir uns dem Thema «Kultur und Freizeit». FRAGILE Suisse organisiert nächstes Jahr für Künstlerinnen und Künstler mit einer Hirnverletzung die Kunstausstellung «INVISIBILE», wo sie ihre Kunstwerke präsentieren und sichtbar machen können. Kunsttherapeutin Florence Gaist stärkt in ihren Workshops bei Betroffenen das, was bereits da ist: ihre Fähigkeit, zu erforschen, neugierig zu sein, zu entdecken und vor allem Vertrauen in das Neue zu gewinnen. Lesen Sie mehr dazu im Interview. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen bunten Herbst. Herzlich
Carole Bolliger Redaktorin
Impressum FRAGILE Suisse Magazin | Ausgabe 3/2021 Auflage 45‘000 Ex. Herausgeber FRAGILE Suisse, Badenerstrasse 696, 8048 Zürich, 044 360 30 60, info@fragile.ch, www.fragile.ch Gestaltung Rebel Communication, 8004 Zürich, www.rebelcom.ch Druck Prowema GmbH, 8332 Russikon Redaktion Carole Bolliger, Aurélie Vocanson, Tristan Imstepf Inserateverkauf fachmedien.ch, Zürichsee Werbe AG, 8712 Stäfa Übersetzung Dominique Naegeli-Gascon, Irene Bisang Spendenkonto PC / CCP 80-10132-0 Abonnement CHF 10.– pro Jahr, im Spenden- bzw. Mitgliederbeitrag inbegriffen.
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Aktuell
Reise-Fotobuch eines Betroffenen Nach einem Fallschirmunglück erlitt Vital Stefanini so schwere Hirnblutungen, dass die Ärzte kaum noch Hoffnung sahen. Doch Vital kämpfte sich zurück ins Leben. Mit seinem vollbepackten Fahrrad machte er sich auf den weiten Weg von Zürich nach Bangkok und einmal quer durch Australien. In einem umfassenden Fotobuch hält er seine eindrücklichen Erlebnisse fest und berichtet über seine Weltreisen. Das Buch «Grenzenlos Vital» ist neu in unserem Shop erhältlich und soll anderen Betroffenen Mut machen, nie aufzugeben. Die Texte im Buch sind in Deutsch.
Finden Sie Ihre Regionalvereinigung ?
Unsere elf Regionalvereinigungen sind in der ganzen Schweiz verteilt und bieten regionale Angebote für Menschen mit Hirnverletzung und Angehörige. Damit die Besucherinnen und Besucher unserer Website schnell zur entsprechenden Regionalvereinigung gelangen, gibt es neu eine interaktive Übersichtskarte. Durch die Eingabe der Postleitzahl (PLZ) im Suchfeld wird auf der Karte angezeigt, welche Regionalvereinigung zuständig ist. Durch einfaches Anklicken der Karte gelangt man dann direkt auf die Website der entsprechenden Regionalvereinigung.
Neues Webinar: «Testament erstellen – kostenlos und online» Viele Menschen schieben das Thema Nachlassregelung immer wieder auf, da diese Lebensfrage einerseits unangenehm ist und andererseits juristisch kompliziert erscheint. Dabei können wir, zusammen mit unserem Partner DeinAdieu.ch, Ihnen mit konkreten Schritten zeigen, dass die Erstellung eines Testaments nicht nur sinnvoll, sondern auch weniger kompliziert als gedacht ist. Mit einem Testament können Sie Ihren Willen einbringen sowie über die freie Quote nach Wunsch verfügen – zudem können Sie etwas Gutes tun und Sie haben ein beruhigendes Gefühl von Sicherheit und Klarheit.
In unserem Webinar wird Ihnen Rechtsanwalt und Notar Markus Schärer erklären, worauf es beim Verfassen eines Testaments ankommt. Dabei wird er auch auf Ihre Fragen eingehen. Im Anschluss werden Sie selbst eine Testamentvorlage nach genauen Instruktionen kostenlos online erstellen können. Datum: 5. Oktober 2021, 10 bis 12 Uhr Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung bei Ines Topi, Tel. 044 360 39 53 oder E-Mail: topi@fragile.ch. Auch bei Fragen zum Anlass ist Ihnen Ines Topi sehr gerne behilflich.
«Kultur und Freizeit» Fo
ema ku s t h
Kultur und Freizeit bringen Abwechslung in den Alltag von Menschen mit Hirnverletzung und sorgen für einen gesunden Ausgleich. Wie wichtig dieser Ausgleich ist und wie er aussieht, berichten wir ab sofort auf unserer Website und in den sozialen Medien. Diverse Interviews, Geschichten und allgemeine Informationen zu unserem Fokusthema finden Sie unter: www.fragile.ch/fokusthema-kultur-und-freizeit
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Porträt
«Dass ich wieder gebraucht wurde, hat mich gerettet» Text: Carole Bolliger / Fotos: Markus Hässig
Es sind schon 35 Jahre her, seit Daniel Stämpflis Leben durch einen Autounfall aus den Fugen geraten ist. Doch erst vor ein paar Jahren hat er «den Kampf zurück in sein Leben» aufgenommen, wie er selber sagt. Heute will er mit seiner Geschichte anderen Mut machen. «Der Unfall hat mein Leben zur Sau gemacht», sagt Daniel Stämpfli. Der heute 59-Jährige erlitt durch einen Autounfall vor 35 Jahren ein schweres Schädel-HirnTrauma. Er selber erinnert sich an gar nichts. Nicht an den Unfall, nicht an die Woche, in der er im Koma lag, nicht an die Wochen und Monate danach. Er war zwar wach, aber funktionierte nicht. «Ich stand total neben mir.» Ein paar einzelne Erinnerungsfetzen tauchen hin und wieder auf. Nach einem Monat Spitalaufenthalt kam er in die Reha. Sein Bruder besuchte ihn regelmässig, doch auch daran erinnert er sich nicht. Daniel Stämpfli ging es zwar körperlich und gesundheitlich langsam besser, aber psychisch war er in einem tiefen Loch. «Damals wäre ich lieber gegangen, ich habe lange mit meinem Schicksal gehadert, tue es auch heute manchmal noch», gesteht er. Nachdem er aus der Reha entlassen wurde, ging es stetig bergab: «Ich verlor alle meine Freunde, meine damalige Beziehung ging in die Brüche, meine Familie war mit dem Thema überfordert, alles war anders, ich erkannte mich selber nicht wieder, meine sportliche Karriere war zu Ende, ich fühlte mich einfach nur hilflos, nichts mehr wert und dann wurde ich noch obdachlos.» Nebst verschiedenen körperlichen Verletzungen durch den Unfall war er aufgrund der Hirnverletzung dauernd müde, hatte sehr starke und anhaltende Kopfschmerzen, grosse Konzentrationsschwierigkeiten und musste bis zu sieben verschiedene Medikamente einnehmen, damit er überhaupt durch den Tag kam. Da sah der junge Mann keine andere Lösung mehr, er wollte seinem Leben ein Ende setzen. Doch der Suizidversuch misslang, er landete in einer psychiatrischen Klinik. Die Erinnerung an diese Zeit tut ihm heute noch weh. Seine Stimme stockt, als er davon erzählt, Tränen schiessen
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ihm in die Augen. Trotzdem ist es ihm wichtig, darüber zu sprechen. Denn es gehört zu seiner Geschichte. Er will aufklären und sensibilisieren Ein paar Jahre nach dem Unfall und der dunkelsten Zeit in seinem Leben traf Daniel Stämpfli seine Frau, mit der er heute 28 Jahre verheiratet ist. Zusammen haben sie zwei erwachsene Kinder. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ihr ging es damals gesundheitlich nicht gut. «Das war meine neue Lebensaufgabe, mich um sie zu kümmern und zu sorgen», sagt Daniel Stämpfli. Und er ist heute überzeugt, dass genau diese Aufgabe ihn schlussendlich gerettet hat. «Ich wurde wieder gebraucht.» Vor dem Unfall, der sein ganzes Leben veränderte, war Daniel Stämpfli ein begeisterter und erfolgreicher Läufer. Bahn, Cross und Halbmarathon lief er. Der Laufsport war sein grösstes und wichtigstes Hobby. «Ich wollte nicht Profi werden, aber ich war schon ziemlich gut», sagt er und präsentiert einige seiner Medaillen, die er in seiner Läuferkarriere gewonnen hat. Beruflich war er im Aussendienst für chemische Spezialprodukte tätig, was ihm nach dem Unfall durch eine gute Versicherung finanziell ein gutes Leben ermöglichte. Heute ist Daniel Stämpfli begeisterter Nordic Walker. Laufen kann er nicht mehr seit dem Unfall. Dafür hat er Nordic Walking entdeckt und seine Freude dafür teilt er gerne mit anderen. «Mitte der 90er-Jahre war ich schon mal in der Selbsthilfegruppe Solothurn», erinnert er sich. Vor zwei Jahren wurde er durch eine Bekannte wieder auf FRAGILE Suisse aufmerksam und so hatte er die Idee, Nordic-Walking-Gruppen zu leiten bei FRAGILE Aargau/Solothurn Ost. Dies tut er mit viel Leidenschaft und Engagement. Und er will das Angebot noch ausbauen. Dabei geht es nicht um den Wettkampf, sondern um das Zusammensein und darum,
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sich gegenseitig zu unterstützen und auszutauschen. «Das gibt mir Bestätigung, dass ich jemand sein darf, dass ich etwas Sinnvolles mache und dass ich lebe», sagt er. Heute – 35 Jahre nach dem Unfall – möchte Daniel Stämpfli mit seiner Geschichte anderen Betroffenen Mut machen. Wie er selber sagt, hat er erst vor ein paar Jahren «den Kampf zurück in mein Leben» aufgenommen. So heisst denn auch der Vortrag, den er gemacht hat und den er möglichst vielen Betroffenen, aber auch
Nicht-Betroffenen präsentieren will. «Ich will meine Erfahrung teilen und vor allem darüber aufklären, was es heisst, eine Hirnverletzung zu haben, mit ihr zu leben.» Er will die Bevölkerung sensibilisieren, aber auch aufzeigen, was man trotz einer Hirnverletzung alles schaffen kann. Seinen Vortrag möchte er möglichst breit streuen: bei FRAGILE Suisse, aber auch in medizinischen Zielgruppen, in Rehakliniken oder bei der SUVA. «Das ist meine neue Lebensaufgabe, das gibt mir Kraft und spornt mich an», sagt er und seine Augen glänzen.
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Amelie, 8
Weiss noch nicht, dass ihr Vater für sie vorgesorgt hat. Sprechen wir über die Zukunft. Mehr auf zkb.ch/vorsorgen
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Dienstleistungen
gruppen und Treffpunkte
Weiterbildungen
Selbsthilfegruppen und Treffpunkte
Kunstausstellung «INVISIBILE»: Betroffene machen ihre Kunst sichtbar Kurse und Weiterbildungen
Text: Carole Bolliger
Wohnen
nd Helpline
Gemälde, Bilder, Fotografien oder Skulpturen – die Möglichkeiten sind gross. Doch eines haben alle Kunstwerke gemeinsam: sie wurden von Künstlerinnen und Künstlern mit Hirnverletzung geschaffen. Im Frühling Begleitetes Wohnen 2022 gibt FRAGILE Suisse ihnen eine Plattform und präsentiert ihre Werke an der Kunstausstellung «INVISIBILE» im Kunstraum Oktogon in Bern. Die Öffentlichkeit auf das Thema Hirnverletzung Die Ausstellung steht der gesamten Öffentlichkeit zur aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren, das ist Verfügung. «Wir hoffen natürlich auf viele Besucherineine grosse und wichtige Aufgabe von FRAGILE Suisse. nen und Besucher und dass wir mit dieser KunstausstelBeratung und Helpline Nun will die Organisation dies mittels einer Kunstausstel- lung auf das Thema Hirnverletzung und ihre Folgen lung tun. Künstlerinnen und Künstler mit einer Hirnverstärker aufmerksam machen können», sagt Antonella letzung erhalten die Möglichkeit, ihre Kunstwerke zu Stefanelli. präsentieren und, wer möchte, auch zu verkaufen. «Unser Vorstandsmitglied Gaby Pfyffer kam auf uns zu und sagte, dass wir die Möglichkeit hätten, in einer Kunstgalerie in Bern eine Ausstellung zu machen», erzählt Antonella Stefanelli, Leiterin Marketing, Kommunikation und Fundraising von FRAGILE Suisse, wie die Idee entstand. Dr. Ferdinand Oberholzer stellt seinen Kunstraum Oktogon unentgeltlich zur Verfügung. «Wir Machen Sie mit, bewerben Sie sich! fanden die Idee grossartig und sind sehr dankbar», so Stefanelli. Kunstausstellung «INVISIBILE» Nur für Künstlerinnen und Künstler mit Hirnverletzung Ende April 2022 startet die Kunstausstellung, die fast einen ganzen Monat dauert. Ob Gemälde, Bilder, Fotografien oder Skulpturen – den Künstlerinnen und Künstlern sind fast keine Grenzen gesetzt. Auch ein bestimmtes Thema oder Motto gibt es nicht. «Wir haben bewusst nicht zu viele Vorschriften vorgeben wollen, damit eine grosse Vielfalt an Kunstwerken eingereicht wird», sagt Antonella Stefanelli, die zusammen mit zwei anderen Personen die Jury für die Künstlerauswahl bildet. «Wir bieten Betroffenen an der Kunstausstellung «INVISIBILE» den Raum und die Möglichkeit, ihre Kunst «visibile», also sichtbar zu machen.» Dies ist einer der Gründe, weshalb die Wahl des Namens für die Ausstellung auf «INVISIBILE» fiel. «Ein anderer Grund ist, dass wir mit diesem Wortspiel nicht nur auf die sichtbaren, sondern die Öffentlichkeit auch auf die vielen unsichtbaren Hirnverletzungen aufmerksam machen wollen», führt Stefanelli weiter aus.
Datum: 29. April bis 21. Mai 2022 Ort: Kunstraum Oktogon, Bern Hauptkriterien zur Bewerbung: 1. Der Künstler/die Künstlerin ging dieser Tätigkeit vor der Hirnverletzung nach und ist weiterhin darin tätig. Das eingereichte Kunstwerk entstand nach dem Ereignis. oder: 2. Der Künstler/die Künstlerin begann seine/ihre Tätigkeit erst nach der Hirnverletzung und nutzt die Kunst als Ausdrucksform. Die Werke erfüllen einen hohen qualitativen Standard – die Beurteilung erfolgt durch eine Jury mit Kunstsachverständigen. Bewerbungsfrist: 31. Oktober 2021 Zum Bewerbungsformular: www.fragile.ch/kunstausstellung2022
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Zurück im Leben. Danke. «Ich habe nach meinem schweren Schädelhirntrauma nicht erwartet, dass ich meinen Alltag eines Tages wieder allein bewältigen kann. Danke, Rehaklinik Zihlschlacht.» Jana Fässler (35)
J.Fässler
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Fachartikel
«In Worte fassen, was man erlebt oder fühlt, ist manchmal schwer» Interview: Aurélie Vocanson
Die positiven Auswirkungen von Kunst auf das Gehirn sind gut dokumentiert. Der kreative Prozess wird aber oft durch die Angst vor einem enttäuschenden Endergebnis gebremst. Wie kann Kunst als Instrument für ein besseres Wohlbefinden genutzt werden? Inwiefern kann die Kunsttherapie helfen, sich selbst wieder aufzubauen? Die Kunsttherapeutin Florence Gaist erklärt uns diesen wenig bekannten Ansatz. Was ist Kunsttherapie? Bei der Kunsttherapie geht es darum, begleitet von einer Fachperson und zu therapeutischen Zwecken den Selbstausdruck zu fördern. Bei dieser Therapie werden nonverbale Mittel benutzt, um sich auszudrücken, denn in Worte fassen, was man erlebt oder fühlt, ist manchmal schwer. Das Besondere an der Kunsttherapie ist der Einsatz verschiedener künstlerischer Mittel: plastische und bildende Kunst, Tanz, Theater oder auch Musik. Das, was in der Person vorgeht, soll in einem kreativen Prozess zum Ausdruck gebracht werden. Ich ermuntere die Leute oft, ihre Gefühle ohne Worte darzustellen. Muss man für diese Art von Therapie künstlerische Vorkenntnisse haben? Überhaupt nicht! Der Begriff «Kunst» macht einigen Personen Angst. Sie denken, dass man die technischen Grundlagen beherrschen muss – dass man beispielsweise «wissen» muss, wie man zeichnet. Das ist überhaupt nicht der Fall. Ich nenne dies lieber «Therapie durch Kreation», das ist weniger beängstigend. Das Ergebnis und die Ästhetik sind unwichtig. Die Kunsttherapie ist für alle zugänglich. Die sichtbaren und unsichtbaren Ergebnisse spielen keine Rolle: Hier bietet sich die Chance, aus der eigenen Komfortzone auszubrechen und neue Möglichkeiten zu erkunden. Wie läuft eine Therapiesitzung ab? Nach der Begrüssung folgt der kreative Teil und schliesslich eine Diskussion rund um das geschaffene Werk. Ich schlage den Menschen, die zu mir kommen, meist ein Ausdrucksmittel vor, weil der Umgang mit neuen Materialien manchmal etwas einschüchternd sein kann. Oft beginnen wir mit Dingen, die keinen Wert haben,
Florence Gaist Kunsttherapeutin
beispielsweise mit Recycling-Materialien. So haben die Teilnehmenden weniger Angst zu experimentieren. Über das Werk kann dann ein Gespräch in Gang kommen. Bestimmte Gesten oder auch Texturen lösen bei den Menschen während der Sitzung Emotionen aus. Sie leiten Gruppen-Workshops für FRAGILE Suisse. Worin unterscheiden sich diese von einer klassischen Kunsttherapie-Sitzung? Eine Sitzung wird zu therapeutischen Zwecken durchgeführt. In den Gruppen-Workshops geht es hingegen eher darum, die eigene Kreativität und verschiedene Ausdrucksmittel zu entdecken. Dabei wird kein fachliches Wissen vermittelt. Das muss unbedingt betont werden, weil dieser Punkt oft Stress auslöst. Menschen mit Hirnverletzung haben manchmal das Gefühl, sie müssten sich etwas wieder aneignen, was verloren gegangen ist. In den Workshops stärke ich das, was bereits da ist: ihre Fähigkeit, zu erforschen, neugierig zu sein, zu entdecken und vor allem Vertrauen in das Neue zu gewinnen. Das Ziel ist nicht, etwas wiederzuerlangen, sondern das schon Vorhandene auszubauen und zu stärken. Hier werden Ressourcen entwickelt. Es ist befreiend, auf die eigenen Erfahrungen zu vertrauen, besonders nach einer Hirnverletzung.
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Kurse
Kurse und Weiterbildungen
Kurse und Weiterbildungen
Fotografie Die Fotografie erlaubt es Menschen, ohne grösseren Begleitetes Wohnen Aufwand Bilder zu «schaffen» und sich auch nonverbal auszudrücken. Dieser Kurs ist für Menschen mit Hirnverletzung und es geht darum, eigene fotografische Kunstwerke zu erschaffen und Spass daran zu haben, mit anderen zu fotografieren. Nach einer kurzen theoretischen Einführung zum Bildaufbau soll Beratung und Helpline jeder Teilnehmende eigene Fotos machen, ob mit dem Beratung und Helpline Handy oder einer eigenen Kamera. Dabei können auch Themen vorgegeben werden, um die eigene Wahrnehmung zu schulen und andere Sichtweisen, Einblicke und Perspektiven zu entwickeln. Begleitetes Wohnen
Alle Infos zu diesem Kurs und alle weiteren Kurse: www.fragile.ch/kurse
Mitmachen und gewinnen
Gehirntraining ist lustvoll und anregend In mehreren Fallberichten schreibt der Neurologe Oliver Sacks über das faszinierende Zusammenspiel zwischen Musik und dem menschlichen Gehirn. Wir stellen das Buch vor und verlosen zwei Exemplare davon. Wir verlosen 2 x einen Gedächtniskurs (jeweils ein halber Tag). Um an der Verlosung teilzunehmen, schicken Sie bitte eine E-Mail mit dem Betreff «Verlosung Gedächtniskurs» an kommunikation@fragile.ch. Einsendeschluss: 20. Oktober 2021
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In diesem Kurs stärken sowohl Betroffene als auch Menschen ohne Hirnverletzung ihr Gehirn und Gedächtnis ganzheitlich. Durch gezielte Übungen trainieren sie ihre Konzentrations-, Merk- und Wortfindungsfähigkeit, das bildlich-räumliche Vorstellungsvermögen und logisches Denken. Ebenso werden die Wahrnehmungsschärfung, sprachliche Kompetenzen, Logik sowie Kreativität und Bewegung geschult und trainiert. Ziel ist es, die verschiedenen Gedächtnisfunktionen zu aktivieren und zu fördern sowie eigene Lernstrategien für den Alltag zu erarbeiten. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden durch FRAGILE Suisse benachrichtigt. Über die Verlosung wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg und die Barauszahlung der Preise sind ausgeschlossen. Mitarbeitende von FRAGILE Suisse sind ausgeschlossen.
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Aktuell
Neue Infobroschüre «Ursachen und Prävention» ist jetzt da! FRAGILE Suisse will mit klaren und verständlichen Informationen Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen Themen rund um Hirnverletzungen und deren Folgen näherbringen. Dazu werden verschiedene Infobroschüren erarbeitet und veröffentlicht. In der aktuell auf Deutsch und Französisch erschienenen Infobroschüre «Ursachen und Prävention» werden die Ursachen einer Hirnverletzung beschrieben und Präventionsmassnahmen vorgestellt. Was sind die Ursachen einer Hirnverletzung infolge eines Unfalls oder einer Krankheit? Welche Auswirkungen haben diese aufs Gehirn? Diesen und anderen Fragen wird in der Infobroschüre auf den Grund gegangen. Diese Infobroschüre konnte dank zahlreichen Rückmeldungen von Betroffenen und Angehörigen sowie Fachpersonen entstehen. Ein besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. med. Wolfgang Fries für seine tatkräftige, unentgeltliche Arbeit und Unterstützung. Die Broschüre ist ab sofort erhältlich unter: www.fragile.ch/broschueren-hirnverletzung
Ride for Stroke: Das Abenteuer geht weiter! Christian Salamin nimmt die zwölfte Woche seiner unglaublichen Velo-Tour in Angriff. Nach dem Start in Norwegen im Juli ist Christian schon über 3500 km gefahren und unterdessen ist er in Südfrankreich angelangt. Das Projekt «Ride for Stroke» will nicht nur für die Realität eines Lebens nach einem Schlaganfall sensibilisieren, sondern auch Spenden für die Regional-
Die REMO – Rehabilitation Modern Studie Ist Ihre Gehfähigkeit durch einen neurologischen Vorfall eingeschränkt? Haben Sie Interesse an einer Studie (finanzielle Beteiligung durch Krankenversicherung und Revigo) teilzunehmen? Bei der robotergestützte Therapie werden Sie von den Therapiegeräten bei der Bewegungsausführung oder durch eine Gewichtsentlastung unterstützt und trainieren damit ihr Gangbild. Alle Informationen zur Studie finden Sie auf der Webseite von Revigo.
vereinigung FRAGILE Wallis sammeln. Christian fehlen nun noch knapp 2000 km, bis er sein Ziel in Spanien erreicht und damit das meistert, was er als «die grösste Herausforderung seines Lebens» bezeichnet. Folgen Sie Christians Reise auf www.fragile.ch/projekte/ride-for-stroke
Innovative Rehabilitation Ambulantes robotergestütztes Therapiezentrum
058 206 08 40, info@revigo.ch, www.revigo.ch
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Engagement
Une idée originale: faites cadeau d’un don! Anniversaires, fêtes, Noël… êtes-vous parfois à court d’idées lorsqu’il s’agit de faire un cadeau à celles et ceux qui vous sont chers? Nous vous proposons une idée originale: en lieu et place d’un cadeau, faites un don pour les personnes cérébrolésées. Les avantages: • E n faisant un don, vous associez la ou le destinataire du cadeau à un geste de solidarité. • S ur demande, vous recevez un joli certificat par courrier postal ou électronique. •V ous ne devez plus vous creuser la tête pour trouver un cadeau. •V ous pouvez déduire votre don de vos impôts. Comment ça marche: • F aites un don en utilisant notre formulaire en ligne ou effectuez un virement bancaire. • P renez contact avec notre service de dons par courriel info@fragile.ch ou par téléphone 044 360 30 60 et précisez si vous désirez recevoir le certificat par courrier électronique ou par courrier postal. •R emettez le certificat à la personne à qui vous destinez votre cadeau
«Un don au lieu d’un cadeau» - la solution idéale pour les cadeaux de dernière minute: Certificat à imprimer soi-même N’hésitez pas à vous adresser à notre services de dons: Monica Valloncini, e-mail: info@fragile.ch ou téléphone 044 360 30 60.
Wie es funktioniert: • Spenden Sie über unser Online-Spendenformular oder tätigen Sie eine Banküberweisung. • Kontaktieren Sie unseren Spendenservice via E-Mail an info@fragile.ch oder Telefon 044 360 30 60 und geben Sie an, ob Sie die Geschenkurkunde per E-Mail oder per Post erhalten möchten. • Überreichen Sie die Geschenkurkunde Ihren Liebsten zum Geburtstag, zu Weihnachten oder anderen Anlässen. Ihre Vorteile: • Kein Grübeln über das passende Geschenk. • Mit Ihrer Spende setzen Sie gemeinsam mit Ihren Liebsten ein Zeichen für eine bessere Welt. • Sie erhalten auf Wunsch per E-Mail oder Post eine schöne Geschenkurkunde. • Sie können Ihre Spende von den Steuern abziehen.
Unser Spenderservice steht Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung. Monica Valloncini, E-Mail: info@fragile.ch oder Telefon 044 360 30 60.
«Spenden statt schenken» ist ideal für Kurzentschlossene: Geschenkurkunde zum Selberausdrucken.
Zu Geburtstagen, Jubiläen, Weihnachten: Zerbrechen Sie sich immer wieder den Kopf, was Sie Ihren Liebsten schenken können? Wie wäre es mit einem besonderen Geschenk: Verschenken Sie Hilfe für Menschen mit Hirnverletzungen.
Das besondere Geschenk: Verschenken Sie eine Spende! Engagement FRAGILE Suisse