FRAGILE Suisse Magazin 3/2022

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Für Menschen mitundHirnverletzungAngehörige Im Porträt Nicole Nyfeler wollte nach ihrer Hirnblutung unbedingt wieder selbstständig leben Fachartikel Trotz UnterstützungSelbstbestimmungannehmen Ausgabe 3 / 2022 FRAGILE Suisse MAGAZIN bestimmtSelbst­lebenImFokus

Und vielleicht fällt Ihnen beim Lesen dieser Ausgabe auf, wie schön es ist, dass Sie nicht mal darüber nachdenken müssen, wie Sie Alltagshand lungen ausführen, und dies einfach automatisch geschieht. Selbstbe stimmung ist ein Privileg.

EditorialImpressum

Was heisst eigentlich Selbstbestimmung? Mussten Sie jemals erfahren, was es heisst, alltägliche Handlungen nicht mehr ausführen zu können? Unsere Klienten im Begleiteten Wohnen begegnen solchen Situationen ständig: Sie wollen, aber können nicht.

Eine finanzielle Unterstützung sind Assistenzbeiträge oder die Hilflosen entschädigung der IV, mit denen Assistenz- und Hilfspersonen – zum Beispiel über das Begleitete Wohnen – eingesetzt werden können. Mehr dazu erfahren Sie im Interview mit der Wohnbegleiterin Vanessa Böhni.

Fanny Schlegel, Leiterin Begleitetes Wohnen, Beratung

Liebe Leserin, lieber Leser

2 | Magazin FRAGILE

LeiterinSchlegelBegleitetes Wohnen, Beratung

FannySuisse

FRAGILE Suisse Magazin | Ausgabe 3/2022

Auflage 45’000 Ex. Herausgeber FRAGILE Suisse, Badenerstrasse 696, 8048 Zürich, 044 360 30 60, info@fragile.ch, www.fragile.ch Gestaltung Rebel Communication, 8004 Zürich, www.rebelcom.ch Druck Prowema GmbH, 8332 Russikon Redaktion Carole Bolliger, Sophie Roulin-Correvon, Tristan Imstepf Inserateverkauf fachmedien.ch, Zürichsee Werbe AG, 8712 Stäfa Übersetzung Dominique NaegeliGascon, Irene Bisang Spendenkonto PC / CCP 80-10132-0 Abonnement CHF 10.– pro Jahr, im Spenden- bzw. Mitgliederbeitrag inbegriffen.

Stellen Sie sich eine normale Alltagssituation vor: Sie steuern den Ein kaufswagen durch den Supermarkt, stellen im Kopf das Menü zusam men und suchen systematisch die Lebensmittel. Und nach einer Hirn verletzung geht nicht mal mehr der Gang zum Supermarkt, Sie finden sich in den Regalen nicht mehr zurecht, vergessen Ihre Einkaufsliste zu Hause, finden den Ausgang nicht mehr.

Was bleibt, ist der Wille. Nicole Nyfeler zeigt im Porträt eindrücklich, wie Teilhabe von der Theorie in die Praxis umgesetzt wird. Sie konnte nach ihrer Hirnverletzung nur noch Ja und Nein sagen und musste alles andere von Grund auf neu lernen, um mit Unterstützung von Assistenz personen wieder selbstbestimmt zu Hause leben zu können.

www.fragile.ch/selbstbestimmt-lebenAm21.November2022

Fokusthema

Selbstbestimmt leben heisst, selber Entscheidungen treffen zu können – über den eigenen Alltag, die eigene Lebenssituation oder politische Themen. Für Menschen mit einer Hirnverletzung ist es oftmals keine Selbstverständlichkeit, selbstbestimmt zu wohnen, zu arbeiten oder die eigene Freizeit zu gestalten. Deshalb erhalten Sie von uns nützliche Informationen zu Angeboten und Initiativen, welche die Inklusion von Menschen mit Behinderung fördern und Barrieren beseitigen – mit dem Ziel, dass alle Menschen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen können. Lesen Sie mehr dazu:

Ausgabe 3 / 2022 | 3 FRAGILE Suisse Aktuell

Selbstbestimmt leben

Fachtagung – es hat noch freie Plätze

findet unsere Fachtagung zum Thema «Hirnverletzung – Langzeitfolgen – Inklusion» statt. Gemeinsam mit Careum Weiterbildung laden wir Sie zu einem informativen und aktiven Austausch nach Aarau ein. Wie sieht ein nachhaltiger Patientenpfad aus? Welche Schwierigkeiten und Herausforderungen treten im Umgang mit Hirnverletzungen, insbesondere hinsichtlich der Langzeitfolgen, auf? Mit diesen und weiteren Fragestellungen werden wir uns im Rahmen dieser Weiterbildung – für Fachpersonen, aber auch für andere interessierte Personen – beschäftigen. Neben dem interdisziplinären Austausch stehen die Perspekti ven einer nachhaltigen bedarfsorientierten Wiederein gliederung im Vordergrund. Sichern Sie sich jetzt Ihren Platz und erfahren Sie mehr zum Programm und den Referenten unter: www.fragile.ch/news/fachtagung

In Gedenken an Pius Böni

Mit grosser Trauer nehmen wir Abschied von Pius Böni, der Ende Juni 2022 leider verstorben ist. Als Gründer und bis vor einem Jahr langjähriger Präsident der Regionalvereinigung FRAGILE Ostschweiz leistete Pius Böni wahrhaftige Pionierarbeit. Mit viel Herzblut und grossem Engagement setzte er sich während Jahrzehn ten für Menschen mit Hirnverletzung ein. Nicht nur in «seiner» Regionalvereinigung, sondern auch innerhalb der Gesamtorganisation hatte Pius eine wichtige Stim me. Wir haben Pius als sehr engagierte Person wahr genommen und die Zusammenarbeit mit ihm überaus geschätzt. Die wertvollen Gespräche und Austausche sowie Pius als Freund und Kollege werden uns fehlen. Doch seine Spuren werden bleiben und auch in Zukunft zur Unterstützung von Betroffenen und Angehörigen beitragen. Dafür sind wir sehr dankbar und wir werden Pius in ehrwürdiger Erinnerung behalten. Magdalena Eggenberger und seinen Angehörigen wünschen wir in dieser schweren Zeit ganz viel Kraft und Zuversicht.

4 | Magazin FRAGILE Suisse Porträt

«Nicole Arbeit, Zug, Bus, etwas stimmt nicht, Anruf Eltern, nicht sprechen.» So beginnt Nicole Nyfeler ihre Geschichte. 2009 erlitt die heute 45-Jährige eine Hirn blutung. Was nach dem Anruf an die Eltern passierte, bei dem sie nicht mehr sprechen konnte, weiss sie nur noch aus Erzählungen. «Tütatüta, Spital, nur Ja, Nein», erzählt sie weiter. Und obwohl sie nur in einzelnen Wor ten spricht, versteht man alles. Aufgeben war für Nicole Nyfeler nie eine Option. Ihre rechte Körperhälfte war gelähmt, die Sprache hatte sie verloren: Aphasie heisst das im Fachjargon. Zuerst kam sie ins Spital Luzern. Bei ihrem ersten Erwachen, an das sie sich erinnert, war sie aber bereits im Spital Aarau, ein paar Wochen nach ihrer «GrossmutterHirnblutung.Hirnschlag

Unterstützung erfuhr und erfährt sie jederzeit von ihren Eltern und ihrer Schwester. Ihr Ziel war klar: wieder selbstständig und selbstbestimmt leben. «Alternative Altersheim. Nicole Nein!» Das kam für sie gar nicht in Frage. Sie wollte in ihrer eigenen Wohnung leben. Und schon nach der Reha tat sie dies. Mit Unterstützung einer Assistenz, der Spitex, einer Haushaltshilfe und ihrer Eltern sowie dem Rotkreuz-Notruf ist dies möglich. Auch wird sie stark von ihrem grossen Beziehungsnetz unterstützt. Heute lebt sie allein – mit ihrer Katze Pu muckl zusammen. Ihr damaliger Partner und sie haben sich vor zwei Jahren, nach siebenjähriger Beziehung, getrennt. Sie habe sich einsam gefühlt danach und sich schliesslich den Wunsch nach einer eigenen Katze erfüllt. Und als würde diese sie verstehen, schmiegt sie sich an Nicole Nyfelers Beine.

als ich Kind», sagt sie. Sie habe gekämpft. Und genauso eine Kämpferin sei sie selber auch. «Im Blut», sagt sie und zeigt einen Apfelschneider, den sie noch von ihrer Grossmutter hat. Auch diese war halbseitig gelähmt und hatte Aphasie. Aber auch für sie war Aufgeben keine Option. Nach dem Spitalaufenthalt war Nicole Nyfeler acht Monate in der Reha. Sie musste alles wieder von vorne lernen, fast wie ein Kleinkind. Da sie nicht reden konnte, zeichnete sie. Die Sprache im Kopf hatte sie immer, aber die Wörter kamen nicht heraus oder nicht richtig. Damit sie trotzdem kommuni zieren konnte, hatte sie immer einen Stift und ein Blatt Papier dabei. Heute benutzt sie das Handy dafür.

Ihr unbändiger Wille und ihr Durchhaltevermögen haben Nicole Nyfeler geholfen, nach ihrer Hirnblutung schnell wieder Fuss zu fassen. Sie wollte unbedingt wieder alleine und selbstbestimmt leben – und das hat sie geschafft. Eine eindrückliche Geschichte.

Für jedes Problem eine Lösung 32 Jahre alt war die Krienserin, als ihr Leben durch die Hirnblutung komplett auf den Kopf gestellt wurde. Damals arbeitete sie als Sozialarbeiterin, zuletzt im Sozi alamt Ebikon. Ihr Schicksal konnte sie schnell annehmen und akzeptieren. «Kann nicht ändern, Beste machen», sagt sie und ballt ihre Hand zu einer Siegerfaust. Grosse

Die 45-Jährige ist unternehmungslustig und mag es, wenn etwas läuft. Sie findet für jedes Problem eine Lösung, ist kreativ und hat Ideen. Sie weiss sich in jeder Situation irgendwie zu helfen. Da sie wegen ihrer Halbseitenlähmung Brot nicht schneiden kann, lässt sie das ihre Assistentin oder Freunde tun und gefriert die geschnittenen Scheiben dann ein. Um Karotten zu schälen, hat ihr Vater ihr eine Eigenkonstruktion mit ei nem Brett und mehreren Nägeln gebaut, damit sie dies einhändig tun kann. Es braucht viel Planung und Or ganisation. Wenn sie Freunde zum Essen einlädt, kauft sie ein und die Freunde kochen. Punkt. Sie kann selber aufstehen, duschen und sich anziehen, auch wenn sie dafür sehr lange braucht, manchmal bis zu zwei Stunden. Sie kann E-Mails schreiben, einfachere Büro arbeiten erledigen. Texte, die sie immer wieder braucht, zum Beispiel, um einen Fahrdienst anzufordern, hat sie als Vorlage auf ihrem Laptop gespeichert. «Datum, Zeit anpassen, abschicken», erklärt sie. Auch die Wäsche

Sie weiss sich in jeder Situation zu helfen

Text: Carole Bolliger / Foto: Markus Hässig

in der eigenen Wohnung kann sie zu Fuss gehen, manchmal auch mit Hilfe eines Stockes. Längere Strecken draussen legt sie mit ihrem E-Rollstuhl

legt sie selber zusammen. Wichtig ist ihr, möglichst alles eigenständig zu tun. Wo sie aber Hilfe braucht, kann sie auch diese dan kend annehmen. «Aber immer zuerst selber probieren.»

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Kurse von FRAGILE Suisse Nach ihrer Hirnblutung wollte die Krienserin möglichst bald wieder arbeiten. Von 2010 bis letztes Jahr tat sie dies in einem Kunden center, wo sie Bestellungen bearbeitete. «Te lefon nein, nur Mail.» Jeweils zwei Mal pro Woche war sie für zwei Stunden dort und mochte ihren Job sehr. Sie hatte eine Aufga be und gehörte zu einem Team. Dann kam Corona und mehrere Angestellte mussten gehen. Dazu gehörte auch Nicole Nyfeler. Sie möchte unbedingt wieder arbeiten und sei offen für alles. «Geschützte Werkstatt nein», sagt sie bestimmt. Sie will eine Stelle im ersten Arbeitsmarkt. Denn sie fühlt sich nicht beeinträchtigt. «Nicole normal, behin dert nein», stellt sie klar.

FRAGILE Suisse kannte sie schon vor ihrer Hirnblutung. Für ihre Diplomarbeit als Sozial arbeiterin hatte sie mit der Kursverantwort lichen von FRAGILE Suisse für ein Interview Kontakt. Dass sie die Organisation nur kurze Zeit später als Betroffene brauchen würde, davon hatte sie keine Ahnung. Nach ihrer Hirnverletzung erinnerte sich Nicole Nyfeler an die Patientenorganisation. Sie wollte wieder etwas machen, sich mit anderen austauschen, etwas unternehmen. So stiess sie auf das Kursangebot von FRAGILE Suisse. Angefangen mit einem Malkurs, besuchte sie vor ein paar Jahren den Jodelkurs. Und dieser begeisterte sie so sehr, dass sie auch heute noch dabei ist. Zwei Mal im Jahr. Frü her sei Singen nichts für sie gewesen, aber Jodeln mache ihr Spass. Es sei befreiend und eine super Teamleitung, schwärmt sie. Auch die Aphasie-Intensivwoche in Interlaken hat sie schon drei Mal Kurzebesucht.Strecken

zurück: zum Einkaufen, um Freunde zu treffen, zum Spazierenfahren, um ins Schwimmbad oder zu ihrer Pferdetherapie zu gelangen. Nicole Nyfeler lebt selbst ständig und selbstbestimmt. Und sie weiss genau, was sie will und was sie nicht will. «Nicole müde, schla fen, du tschüss», sagt sie am Ende des Interviews zur Verfasserin dieses Porträts. Eine vife Frau, die ihr Leben eindrücklich meistert.

info@entlastungsdienst.chinfo@entlastungsdienst.chTelefonwww.entlastungsdienst.ch0325112617

Selbstbestimmtleben

‹ Omammi › sein kann. Danke, Rehaklinik Zihlschlacht.» Karin

Der Entlastungsdienst Schweiz ist eine professionell geführte NonProfit-Organisation mit über 30 Jahren Erfahrung. Dank Spenden bieten wir gute Betreuung kostengünstig an.

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«Ich bin dankbar, dass ich grosse Stücke meiner Mobilität zurückgewonnen habe nach dem Schlaganfall zum Ferienauftakt wieder weitgehend

und

6 | Magazin FRAGILE Suisse

Die grösste Herausforderung in ihrer Aufgabe als Wohnbegleiterin sieht Vanessa Böhni darin, die Betroffenen nicht zu überfordern. «Ich probiere, nicht zu viel in einen Termin reinzupacken, um mir für die einzelnen Themen, Fragen und Aufgaben Zeit zu nehmen. Ich frage mich immer: Wo steht die betroffene Person heute, und was braucht sie heute?»

Selbsthilfegruppen und Tre punkte

Mehr Selbstbestimmung dank Begleitetem Wohnen

Vanessa Böhni versucht immer, sich in die Situation ihrer Klientin oder ihres Klienten hineinzuversetzen. «Wie hätte ich es gerne, was würde mir helfen?» Das helfe ihr auch zu verstehen, weshalb die Betroffenen in gewissen Situationen bestimmt reagieren. «Ich versuche immer, auf meine Klienten einzugehen und sie dort abzuholen, wo sie gerade stehen. Damit ich sie möglichst gut unterstützen und sie in ihrer Selbstkompetenz stärken kann», so die 32-Jährige.

Text: Carole Bolliger

Daheim statt im Heim: Unser Angebot «Begleitetes Wohnen» leistet Menschen mit Hirnverletzung Starthilfe für ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung. Vanessa Böhni unterstützt vier Klientinnen und Klienten als Wohnbegleiterin.

Weiterbildungen Kurse und Weiterbildungen

Ausgabe 3 / 2022 | 7 FRAGILE Suisse Dienstleistungen

Interessieren Sie sich für das Angebot? Kontaktieren Sie uns, um mehr zu erfahren.

«Man muss verstehen, um was es geht, dass jede Hirnverletzung anders ist und die Betroffenen unter schiedliche Ressourcen und Barrieren haben», sagt Vanessa Böhni. Die 32-Jährige ist seit zwei Jahren Wohnbegleiterin bei FRAGILE Suisse. Sie betreut vier Klienten – zwei Frauen und zwei Männer. Und obwohl alle vier eine Hirnverletzung haben, sind sie so verschie den wie die Aufgaben, die Vanessa Böhni mit ihnen in Angriff nimmt und erledigt: von administrativen Aufgaben über Finanzielles, Post, verschiedene Telefo nate mit oder für die betroffene Person erledigen, Kontakt und Korrespondenz mit Ämtern, Begleitung zu verschiedenen Terminen, Agenda führen, Hilfe bei der Wohnungssuche oder auch mal nur für die Person da sein, zuhören und einen Rat geben.

Fanny LeiterinSchlegelBegleitetes Wohnen Tel. 044 360 39 schlegel@fragile.ch59

«Zu sehen, dass diese Personen dank Hilfe und Unter stützung von FRAGILE Suisse und auch von mir als Wohnbegleiterin möglichst selbstständig und selbstbe stimmt leben können, gibt auch mir ein gutes Gefühl», sagt die Sozialpädagogin.

Wohnen Begleitetes Wohnen und Helpline Beratung und Helpline

Selbsthilfegruppen und Tre punkte

Begleitetes Wohnen Unsere Fachpersonen begleiten Menschen mit Hirnverletzung bis zu drei Stunden pro Woche. Die Unterstützung führt zu mehr Selbstbestim mung, mehr Lebensfreude und mehr Eigenver antwortung. Wir arbeiten mit Angehörigen, dem nahen Umfeld, Rehakliniken, mit der Spitex und anderen Fachstellen zusammen. Wir passen die Dienstleistungen den Bedürfnissen der betroffenen Person an. Unter anderem beraten und unterstützen wir sie bei: Doku mente ordnen und ablegen, Rechnungen bezahlen, Abrechnungen mit Krankenkasse, IV usw., Korrespondenz mit Ämtern, Haushaltsund Putzplan, Besorgungen und Einkäufe, Budgetkontrolle.

damit auseinandersetzen, dass womög lich nicht mehr alles so geht wie früher. Gewisse Defizite lassen sich nicht mit «länger» oder «schneller» arbeiten kompensieren. Die Belastbarkeit vieler Betroffe ner ist nach dem Ereignis gesunken, einen guten Umgang damit zu finden, ist wichtig, sonst droht eine Überlastung.

«Es ist wichtig, dass Betroffene und Arbeitgebende die Erwartungen und Möglichkeiten gegenseitig klären»

Grundsätzlich können Herausforderungen sehr unterschiedlicher Natur sein, je nachdem, welche Einschränkungen durch die Hirnverletzung entstanden sind und welchen Einfluss diese auf die frühere Berufstätigkeit oder auf persönliche berufliche Zu kunftswünsche haben.

ist eine spezialisierte berufliche Arbeits- und Abklärungsstelle und begleitet seit mehr als 25 Jahren Menschen mit Hirnverletzungen und neurologischen Erkrankungen. Im Auftrag der IV-Stellen und Privatversi cherungen unterstützen wir Betroffene im Aufbau der Arbeitsfähigkeit, ermitteln während einer Abklärung die Eingliederungsmöglichkeit (zurück in den alten Beruf oder in eine berufliche Neuorientierung) und schaffen die Voraussetzungen für ihre Integration ins Berufsle ben. Wir unterstützen Betroffene bei der Ermittlung beruflicher Perspektiven (angestammt oder Neuorien tierung) und begleiten den Einstieg bei Arbeitgebenden im ersten Arbeitsmarkt.

Dasleben.ZBA

8 | Magazin FRAGILE Suisse Fachartikel

Yvonne Bachmann Kneidl Geschäftsleiterin ZBA

Die Selbstbestimmung sollte niemanden davon abhalten, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Das sagt Yvonne Bachmann Kneidl. Sie ist Ge schäftsleiterin im Zentrum für berufliche Abklärung für Menschen mit Hirnverletzung ZBA.

Trotz einer Hirnverletzung selbstbestimmt leben – dazu gehört auch, berufstätig zu sein. Was sind die grössten Herausforderungen für Betroffene, wenn sie nach einer Hirnverletzung wieder ins Berufsleben einsteigen wollen?

Der Wille, selbstbestimmt zu leben, ist gut nachvollzieh bar und wir befürworten diesen sehr. Die Selbstbestim mung sollte jedoch niemanden davon abhalten, Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die frühzeitige IV-Anmeldung, und damit verbunden ein begleiteter Wiedereinstieg, kann Betroffene wie Arbeitgebende unterstützen und entlasten.

Nicht immer ist beim Wiedereinstieg ganz klar, was beruflich möglich ist, weder für Betroffene noch für Arbeitgebende. Die Selbstwahrnehmung kann sich von der Fremdwahrnehmung stark unterscheiden, das ist Mananspruchsvoll.musssich

Sie sind Geschäftsleiterin im Zentrum für berufli che Abklärung für Menschen mit Hirnverletzung (ZBA). Wie können Sie Betroffenen helfen? Beim sorgfältigen Aufbau der Arbeitsfähigkeit, einer realistischen Einschätzung der vorhandenen Grenzen und Ressourcen und beim (Wieder-)Einstieg ins Erwerbs

Interview: Carole Bolliger

Welche Voraussetzungen müssen für eine berufli che Widereingliederung gegeben sein, für Betrof fene, aberauch für Arbeitgebende?

Sie sprechen den Arbeitsplatz an. Wie kann man diesen besser auf die Bedürfnisse von Betroffenen abstimmen?

Am 29. Oktober 2022 ist Weltschlaganfalltag. An diesem Tag informieren und sensibilisieren Organisati onen wie FRAGILE Suisse die Öffentlichkeit zu diesem wichtigen Thema. In der nachfolgenden Grafik erfahren Sie, welche Anzeichen auf einen Schlaganfall hindeuten können und wie Sie richtig reagieren.

Was ist ausschlaggebend für eine geglückte Wiedereingliederung ins Berufsleben? Es braucht einen ausgeglichenen «Energiehaushalt». Erwerbstätigkeit und andere Lebensbereiche – wie das Erfüllen von familiären Aufgaben, das Pflegen von sozialen Beziehungen und Entspannung/Erholung –müssen eine gesunde Balance haben. Alle Lebens bereiche können uns sowohl Energie geben wie auch Energie abverlangen. Das gilt nicht nur für Menschen mit Hirnverletzungen. Dennoch glaube ich, dass Betroffene noch aufmerksamer mit ihrer Energie haushalten müssen. Nur so kann die Leistung, die Betroffene bei der Arbeit erbringen, über die Dauer aufrechterhalten werden und das Arbeitsverhältnis bestehen bleiben. Zusammen mit Wertschätzung am Arbeitsplatz kann so die Erwerbstätigkeit einen positiven Einfluss auf alle Lebensbereiche haben.

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Ich glaube, am vielversprechendsten ist es, wenn offen über die eigenen Grenzen und Möglichkeiten mit Vorgesetzten und dem Team gesprochen werden kann und gemeinsam nach einem gangbaren Weg und geeigneten Aufgaben gesucht wird.

Welche Berufe eignen sich besonders gut für Menschen mit Hirnverletzung?

Indem man Einschränkungen berücksichtigt und bespricht, welche Bedingungen sich günstig auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Beispielsweise kann die zeitliche Belastbarkeit nach einem Ereignis stark

Das ist abhängig davon, welche Einschränkungen durch die Hirnverletzung entstanden sind und natürlich auch, welche beruflichen Erfahrungen jemand mitbringt. Eine generelle Aussage dazu zu machen, ist unmöglich. Abhängig von den Folgen einer Hirnverletzung ist eine Wiederaufnahme der angestammten Tätigkeit nicht immer möglich und eine berufliche Neuorientierung wird erforderlich.

Es erscheint mir wichtig, dass Betroffene und Arbeitge bende die Erwartungen und Möglichkeiten gegenseitig klären. Zentral bei der Wiedereingliederung ist die Leistungsfähigkeit. Sei es zurück an einem bestehenden Arbeitsplatz oder auch bei einer Neuorientierung. Betroffene wie Arbeitgebende müssen sich im Klaren sein, welche Leistungsfähigkeit zu erwarten ist und welche Bedingungen am Arbeitsplatz gegeben sein müssen, damit Betroffene eine konstante Leistung erbringen können. Wenn die Qualität der Arbeit stimmt, können Arbeitgebende in der Regel damit umgehen, wenn jemand etwas mehr Zeit dafür benötigt.

FachartikelAktuell

Kennen Sie die Anzeichen eines Schlaganfalls?

gesunken sein. Da hilft es, wenn ein tieferes Arbeitspen sum möglich wird und/oder bei Bedarf zusätzliche Pausen gemacht werden können. Ist eine höhere Ablenkbarkeit durch äussere Reize – wie Gespräche, Geräusche durch Maschinen etc.– Thema, hilft ein ruhiger Arbeitsplatz, sich zu fokussieren. Wenn jemand mehr Zeit benötigt, um eine Aufgabe zu erfassen, ist es wichtig, dass dieser Umstand bei einer Einarbeitung mitberücksichtigt wird und Betroffenen ausreichend Zeit gegeben wird.

Begleitetes Wohnen

Beratung und Helpline

Jodeln, auch «juuzen» genannt, ist eine unmittelbare Sprache des Herzens. Ein traditioneller «Juuz» kommt ohne Worte aus und eignet sich deshalb, jene Gefühle auszudrücken, welche schwer in Worte gefasst werden können. Für Menschen mit einer Hirnverletzung bietet der traditionelle «Juuz» somit ein kulturelles und therapeutisches Forum zugleich.

und gewinnen

In dieser Ausgabe verlosen wir 3 kommunikation@fragile.ch31.Juuz-CD»VermerkE-MailSchreibenJuuz-CDs.Sieeinemitdem«GewinnspielbiszumOktober2022an

Kurse und Weiterbildungen

Kurse und Weiterbildungen

10 | Magazin FRAGILE Suisse

Mittels Crowdfunding-Kampagne konnte FRAGILE Suisse eine Juuz-CD realisieren. Sie wurde von Juuzerin nen und Juuzern mit einer Hirnverletzung sowie Angehörigen aufgenommen. Unterstützung erhielten sie von den bekannten Juuz-Profis Natalie Huber und Bernhard Betschart. Mehr als 160 Menschen haben die Crowdfunding-Kampagne von FRAGILE Suisse zur Finanzierung der CD im vergangenen November unterstützt. Dank ihrer Hilfe konnte das Finanzierungs ziel von 22‘000 Franken sogar übertroffen und die Juuz-CD pünktlich zur Weihnachtszeit realisiert werden.

Beratung und Helpline

Haben Sie Lust, das Juuzen oder auch Jodeln selbst auszuprobieren?

Im wiederkehrenden Kurs «Alpine Sprache des Her zens» steht die Lebensfreude durch gemeinsames

Juuz-CD: «Alpine Sprache des Herzens»

Ein bunter Strauss aus Musik und Bewegung

Begleitetes Wohnen

MitmachenKurse

im Gehen oder frei im Raum – es gibt so viele Möglichkeiten zu tanzen. Die Kursteilnehmenden experimentieren gemeinsam, lassen Füsse, Hände und den ganzen Körper tanzen und bewegen sich locker zu abwechslungsreichen Rhythmen. Dabei werden ver schiedene Tanzstile erkundet: von Country über Walzer bis hin zu aktuellen Hits aus den Charts. Ein bunter Strauss aus Musik und Bewegung.

Der Kurs findet zum ersten Mal im November 2022 statt. Alle Infos zum Kurs und zur An meldung sowie weitere Kurse gibt es unter: www.fragile.ch/kurse

FRAGILE Suisse bringt Betroffene und Angehörige zum Tanzen. «Tanzen ist so vielseitig wie wir Menschen. Tanz bedeutet Freude, Neugier, Bewegung und entsteht im Moment immer aufs Neue», sagt Maya Spörri. Sie ist Linedance-Instruktorin und leitet den neuen Kurs «Tanzen und Bewegung» zusammen mit Antonella Stefanelli, Tanzlehrerin ProDance. Der Kurs ist offen für alle: Angehörige und Freunde dürfen gerne auch daran Obteilnehmen.imSitzen,

Jodeln oder Juuzen von traditionell überlieferten Jodelmelodien im Zentrum. Die Live-CD lädt zudem ein, die Lieder zu Hause zu geniessen. Für 28 Franken ist sie in unserem Online-Shop erhältlich: www.fragile.ch/shop. Der Erlös aus dem CD-Verkauf kommt FRAGILE Suisse zugute und hilft, weitere tolle Projekte und Dienstleis tungen mit und für Menschen mit Hirnverletzung und ihre Angehörigen umzusetzen.

Wenn Sie eine Banküberweisung online tätigen: Loggen Sie sich in Ihrem E-Banking wie gewohnt ein. Folgen Sie den Anweisungen, um eine neue Zahlung zu erfassen. Halten Sie den QR-Code vor die Kamera Ihres Computers oder Handys. Diese erfasst automatisch alle Angaben und zeigt sie Ihnen am Bildschirm an. Den Betrag Ihrer Spende und das Zahlungsdatum können Sie noch ändern, bevor Sie die Überweisung freigeben.

PrésentezlaQR-factureauguichetdevotreofficede poste.Lesemployéssaisissentlepaiementpourvous.Vous payezauguichetcommed’habitude,avecvotrecarteou enespèces.Attention:pourlesdonsversésauguichet,la postefacturedesfraisauxœuvresdebienfaisance.

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N’hésitezpasànousdemanderunenouvelleQR-fac

Ausgabe 3 / 2022 | 11 FRAGILE Suisse Engagement

Kontaktieren Sie gerne unseren Spenderservice unter: Telefon 044 360 30 60 oder info@fragile.ch

QR-factureinfo@fragile.ch FRAGILESuisse

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Wenn Sie am Schalter einzahlen: Gehen Sie mit dem QR-Einzahlungsschein wie bisher an den Schalter Ihres Finanzinstitutes. Die Angestellten erfassen die Zahlung für Sie. Sie bezahlen wie üblich per Karte oder bar am Schalter. Was zu beachten ist: Für Spenden via Schalterzahlung zahlt das Hilfswerk Gebühren an die Post.

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Aufgepasst, liebe Spendende: Ab dem

Remarqueimportantepourlesordrespermanents: Baséssurunbulletindeversementorange,lesordres permanentsneserontplusexécutésàpartirduer1 octobre2022.Pourqu’untelordrepermanentcontinue àêtreexécuté,vousdevezétablirunnouvelordreen indiquantunnouveauQR-IBANetuneréférenceQR.

Was müssen Sie beachten?

1. Oktober 2022 gibt es nur noch die neuen QR-Einzahlungsscheine

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Wichtig, falls Sie einen Dauerauftrag haben: Bitte beachten Sie, dass Daueraufträge, die auf einem orangen Einzahlungsschein basieren, ab dem 1. Oktober nicht mehr ausgeführt werden. Damit Ihr Dauerauftrag weiterhin ausgeführt werden kann, müssen Sie eine neue QR-IBAN und eine QR-Referenz hinterlegen. Wir senden Ihnen gerne einen neuen QR-Einzahlungsschein zu, mit dem Sie einen neuen Dauerauftrag einrichten können. Leider wissen wir nicht immer, wer von unseren ge schätzten Spendenden einen Dauerauftrag eingerichtet hat. Deswegen erhalten Sie nicht automatisch von uns einen neuen QR-Einzahlungsschein. Wir freuen uns, wenn Sie sich proaktiv bei uns melden.

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