FRAGILE Suisse Magazin 4/2022

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Im Porträt

Seit ihrer Hirnverletzung fühlt sich Cindy Engelmann wie ein Roboter.

Dienstleistung

FRAGILE Suisse bietet Kindern und Jugendlichen von Betroffenen eine Anlaufstelle.

Im Fokus

Familie und Umfeld

Für Menschen mit Hirnverletzung und Angehörige

Ausgabe 4 / 2022
FRAGILE Suisse MAGAZIN

Editorial

Liebe Leserin, lieber Leser

Margrit B. Mitarbeiterin Administration bei FRAGILE Suisse

Durch einen Unfall veränderte sich mein Leben von einem Moment auf den anderen. Mein Schädel-Hirn-Trauma kam ungefragt und hinterliess bleibende und unsichtbare Folgen. Damals habe ich erfahren, wie wichtig Freunde und Familie nach einem solchen Schicksalsschlag sind. Bei einer unsichtbaren Beeinträchtigung ist ihre Unterstützung jedoch alles andere als selbstverständlich. Im vorliegenden Magazin geht es um dieses Thema.

Meine beste Freundin begleitete mich von Anfang an auf diesem sehr schweren Weg. Bereits im Spital, als es um die Belegung des Zimmers ging, hat sie sich für mich gewehrt. Ich wurde in ein 4-Bett-Zimmer gelegt, wo es sehr hell und sehr laut war. Die Situation änderte sich erst, als sich meine Freundin für mich einsetzte, ein Einzelzimmer zu bekommen. Nach dem Spitalaufenthalt wollten mich die Ärzte nach Hause entlassen. Auch da hat sie sich eingesetzt und den Ärzten aufgezeigt, dass ich in eine Rehaklinik gehöre.

Für mich wäre es unmöglich gewesen, mich alleine zu wehren. Ich hatte die Kraft nicht und war schlichtweg mit allem überfordert. Ich bin unendlich dankbar, dass meine Freundin an meiner Seite war!

Am Anfang hoffte ich, dass ich in mein altes Leben zurückfinde. Auf dem Weg, mein Leben neu zu gestalten, die Hirnverletzung anzunehmen und nach vorne zu blicken, musste ich leider auch die Erfahrung machen, dass sich manche Personen von mir abgewendet haben. Von aussen war und bin ich immer noch die gleiche «Mägi», innerlich jedoch passierte eine grosse Veränderung. Meine Freunde wollte ich damit nicht konfrontieren. In der Gesellschaft werden Menschen mit unsichtbaren Beeinträchtigungen oft nicht ernst genommen – wie sollen es denn Freunde und die Familie können?

Impressum FRAGILE Suisse Magazin | Ausgabe 4/2022

Auflage 45’000 Ex. Herausgeber FRAGILE Suisse, Badenerstrasse 696, 8048 Zürich, 044 360 30 60, info@fragile.ch, www.fragile.ch Gestaltung Rebel Communication, 8004 Zürich, www.rebelcom.ch Druck Prowema GmbH, 8332 Russikon Redaktion Carole Bolliger, Sophie Roulin-Correvon Inserateverkauf fachmedien.ch, Zürichsee Werbe AG, 8712 Stäfa Übersetzung Dominique Naegeli-Gascon, Irene Bisang Spendenkonto PC / CCP 80-10132-0 Abonnement CHF 10.– pro Jahr, im Spenden- bzw. Mitgliederbeitrag inbegriffen.

2 | Magazin FRAGILE Suisse

Neues Erbrecht

Am 1. Januar 2023 tritt das neue Erbrecht in Kraft. Wer sein Erbe mittels Testament individuell regelt, kann künftig über mindestens die Hälfte seines Vermögens frei verfügen. Mit dieser freien Quote können beispielsweise nahestehende Personen oder gemeinnützige Organisationen begünstigt werden.

Hauptanliegen der Erbrechtsrevision war es, die Spielräume der Erblasser zu erhöhen, damit sie ihre Nachlassregelung auf die aktuellen Partnerschafts- und Familienformen abstimmen können. Durch die Reduzierung der Pflichtteile ist der Erblasser beim Testament in Zukunft weniger stark eingeschränkt. Pflichtteile sind Mindestanteile am Erbe, auf die Nachkommen, Ehegatten, ein-

getragene Partner und Eltern Anspruch haben. Neu reduziert sich der Pflichtteil der Nachkommen auf die Hälfte, der Anspruch der Eltern entfällt ganz. Je nach Formulierung wird das Erbe ab dem 1.1.2023 anders aufgeteilt als ursprünglich beabsichtigt. Es empfiehlt sich deshalb, seine Nachlassplanung im Hinblick auf die Gesetzesrevision zu prüfen und allenfalls anzupassen.

Aufgrund der Revision des Erbrechts wird unser kostenloser Testament-Ratgeber «Etwas von der Lebensreise weitergeben» überarbeitet. Ab Januar finden Sie die aktualisierte Broschüre auf unserer Website.

Mehr Infos hier: www.fragile.ch/testament-ratgeber

Familie und Umfeld

Fokusthema

Die Familie und das Umfeld sind in unterschiedlichen Lebenslagen eine wertvolle Stütze und können einem die nötige Kraft geben, weiterzumachen. Gerade nach einem schlimmen Ereignis wie beispielsweise einer Hirnverletzung kommt ihnen eine besonders wichtige Rolle zu. Und genau deshalb dreht sich in der aktuellen Ausgabe alles um sie. In guten wie in schlechten Zeiten können wir auf ihre Anwesenheit zählen. Für Menschen, die mit einer Hirnverletzung leben, ist diese Unterstützung eine zentrale Ressource. Weitere Inhalte zu diesem Thema finden Sie auch in unseren sozialen Netzwerken und auf unserer Website: www.fragile.ch/familie-umfeld

Weiterbildung, die verbindet

Gemeinsam mit unserer Partnerin Careum Weiterbildung blicken wir auf eine erfolgreiche Veranstaltung zurück. Am 21. November 2022 fand unsere Fachtagung zum Thema «Hirnverletzung – Langzeitfolgen – Inklusion» statt. Und das bei ausgebuchten Plätzen. Neben Fachvorträgen und Workshops aus Wissenschaft und Praxis sowie Interviews mit Betroffenen stand der interdisziplinäre Austausch im Vordergrund. Dank der aktiven Teilnahme aller Anwesenden ist es uns geglückt, einen wichtigen Beitrag im Hinblick auf die Bedürfnisse und Erfolgsfaktoren in der Begleitung von Menschen mit einer Hirnverletzung zu leisten. Dies war ein erster wichtiger Schritt und wir freuen uns auf weitere Veranstaltungen.

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Unser Wohnangebot für Menschen mit Behinderung: – Moderne und helle Wohnplätze – Aussenwohnungen – Servicewohnungen Gesamtes Angebot mit individuellen Begleit- und Pflegeleistungen! Selbstbestimmtes und behindertengerechtes Wohnen Wohn- und Bürozentrum für Körperbehinderte www.wbz.ch +41 61 755 77 77

«Ich fühle mich wie ein Roboter»

Im Juni 2013 verspürte die 27-jährige Cindy Engelmann, die seit ihrem 17. Lebensjahr unter Asthma, Atembeschwerden und Verspannungen leidet, während vier Tagen starke Kopfschmerzen. Ihr Arzt diagnostizierte eine Entzündung der Nasennebenhöhlen und verschrieb ihr Paracetamol. Einen Tag nach ihrem Arztbesuch wurden die Kopfschmerzen unerträglich.

«Ich konnte gerade noch meinen Mann anrufen, bevor ich ohnmächtig wurde», erinnert sie sich. Kurz darauf traf die Ambulanz ein und ihre Tochter Délya wurde einer Nachbarin anvertraut. Die Zweijährige weinte und sagte immer wieder: «Mama, Bobo am Kopf!»

«Ich wurde erst ins Spital von Riaz oder Freiburg gebracht und dann mit dem Helikopter ins HUG nach Genf», erzählt Cindy Engelmann. Eine arteriovenöse Malformation (AVM)1 war aufgerissen und hatte eine massive Hirnblutung verursacht. Nach einer neunstündigen Operation wurde Cindy eine Woche in ein künstliches Koma versetzt. Als sie aus der Narkose erwachte, konnte sie sich weder bewegen noch sprechen und hatte Mühe zu verstehen, was mit ihr geschah. Ein Jahr später, nach Monaten der Rehabilitation, als sie bereits wieder zu Hause war, erlitt Cindy bei der geplanten Operation zur Entfernung der AVM eine zweite Hirnblutung. So verbrachte sie weitere sechs Monate im Spital.

«Emotionen spüren und in Worte fassen ist schwierig»

Seit ihrem Schlaganfall leidet Cindy unter den teils schwerwiegenden Folgen. Beispielsweise nimmt sie ihre linke Körperhälfte nicht mehr wahr, kann ihre beiden Arme nicht gleichzeitig benutzen und nicht mehr mit beiden Ohren gleichzeitig hören. Zudem hat sie eine linksseitige Hemianopsie: Sie sieht links nichts, isst nur die Hälfte ihres Tellers und denkt, sie habe alles gegessen. Von der linksseitigen Hemiplegie hat sie sich abgesehen von Problemen mit der Handmotorik gut erholt. Sie hat aber kein Gefühl mehr für Distanzen und Geschwindigkeit und die räumliche Orientierung,

das visuelle Gedächtnis, Planung und Organisation sind beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass sie keine positiven Emotionen mehr spürt, ausser sie sind sehr stark. Sie fühlt sich wie ein Roboter und leidet seit neun Jahren an Depressionen. «Das ist das Schlimmste», sagt sie. Sie verspürt weder Hunger noch Durst und beim Essen muss sie sich darauf konzentrieren, sitzen zu bleiben, Löffel und Gabel vom Teller zum Mund zu führen, richtig zu kauen und zu schlucken. Die junge Frau merkt sich alles durch Wiederholung und braucht eine ständige Routine. Ankleiden ist ein Effort und sie ermüdet schnell. Cindy, die früher ein gutes Personengedächtnis hatte, erkennt Gesichter nicht mehr – auch das ihrer Tochter nicht, die schnell wächst und sich stark verändert.

Eine enge Familie, eine charakterstarke Tochter und ein Buch

Im Spital und nach der Rückkehr nach Hause wurde Cindy von ihren Angehörigen eng begleitet. Sie motivierten die junge Frau, über sich hinauszuwachsen. Aber es fällt Cindys Umfeld schwer, ihre Ermüdbarkeit zu begreifen, und so hat sich eine gewisse Distanz aufgebaut. «Für sie bin ich halb blind und müde und meine Hand funktioniert nicht richtig. Sie sehen aber die unsichtbaren Folgeschäden nicht», erklärt sie. Délyas Vater hat sie nach ihrem Schlaganfall sehr unterstützt und Cindys Beziehung zu Délya ist eng. Nach ihrer Rückkehr nach Hause brachte Cindy ihrer Tochter Selbstständigkeit bei, weil sie sie nicht mehr duschen oder anziehen konnte. Die heute 12-Jährige ist sehr reif und hat einen starken Charakter. Sie sagt Cindy oft, sie möchte «eine normale Mutter» haben. «Das zu hören ist schwer!», gesteht diese.

4 | Magazin FRAGILE Suisse Porträt

Nach ihrem Schlaganfall begann Cindy auf Anraten ihrer Psychologin, ihre Erfahrungen aufzuschreiben, auch um besser zu schlafen. Schlafen ist zwar immer noch schwierig, aber der Wunsch, ihre Geschichte zu erzählen, ist ungebrochen: «Wenn ich nur einer Person helfen kann, ist das gut. Und ich mache das nicht zuletzt, damit meine Familie mich besser versteht.» Ihr Buch «Renaissance» erschien im Juni 2022 im Verlag Saint-Augustin. Cindy schreibt auch für ihre Tochter: «Ich möchte, dass sie mein Buch eines Tages liest und besser begreift, wie schwer das Leben für mich ist. Dank Délya habe ich gekämpft und durchgehalten. Ich will sie nicht verlieren. Es fällt mir schwer zu spüren, dass ich sie liebe. Aber ich vermisse sie, wenn sie nicht da ist, und ich liebe sie. Dass ich hier bin, verdanke ich ihr.»

FRAGILE Vaud hilft, die Bindung zu ihrer Tochter zu stärken Cindy lernte FRAGILE Vaud bereits im Spital kennen. Hin und wieder nimmt sie an den Treffen der Gesprächsgruppe für Betroffene teil, aber die Distanz zu ihrem Wohnort ist zu gross. Dafür nimmt sie mit Délya an den von der Regionalvereinigung organisierten Aktivitäten teil. «Im September besuchten wir den Zirkus Knie. Ohne FRAGILE Vaud hätte ich mit meiner Tochter nie dorthin gehen können», sagt sie strahlend. Toll war auch die Ausfahrt mit einem Fonduewagen in Gruyères: «Meine Tochter konnte die Pferde streicheln und ich – dank FRAGILE Vaud – für eine kurze Zeit eine perfekte Mutter sein.»

1AVM (sämtliche Formen) betreffen 1,5% der Gesamtbevölkerung (Revue médicale suisse, 630 «Angiologie-Hémostase» vom 5. Dezember 2018: https://www.revmed.ch/revue-medicale-suisse/2018/revue-medicale-suisse-630/ malformations-arterioveineuses-prise-en-charge-complexe)

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Zurück auf den Arbeitsmarkt. Danke.

«Einer handwerklichen Arbeit nachgehen zu können, hätte ich nach einem schweren Schädelhirntrauma durch einen Sturz aus mehreren Metern Höhe, nicht erwartet. Danke, Rehaklinik Zihlschlacht.»

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Herbert

Selbsthilfegruppen und Tre punkte Selbsthilfegruppen und Tre punkte Weiterbildungen Kurse und Weiterbildungen

Weil auch Kinder mitbetroffen sind …

Eine Hirnverletzung betrifft auch immer die Angehörigen. Wenn ein Elternteil eine Hirnverletzung erlitten hat, stellen sich Kinder und Jugendliche viele Fragen, sie haben Ängste und neue Gefühle, die sie nicht einordnen können. FRAGILE Family unterstützt hier mit einer altersgerechten und übersichtlichen Website.

Wohnen Begleitetes Wohnen und Helpline Beratung und Helpline

«Als ich ihn zum ersten Mal sah, kam es mir vor, als ob ein Schwerbehinderter vor mir liegt. Das ist mir sehr eingefahren und auch, dass er sterben kann.» Das sagte die 15-jährige Miriam, nachdem ihr Vater eine Hirnverletzung erlitten hatte. Wenn ein Elternteil eine Hirnverletzung erleidet, können auch die Kinder stark davon betroffen sein. Damit sie sich informieren können und Hilfe bekommen, gibt es die Website www.fragile-family.ch. Informationen zum Thema Hirnverletzung wurden altersgerecht aufbereitet, Besucherinnen und Besucher der Website werden in die Themen «Hirnverletzung», «Alltag» und «Gefühle» eingeführt. In der Rubrik «Hilfe» werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie und wo sich Kinder und Jugendliche Unterstützung holen können. FRAGILE Suisse berät auch sie.

Angebot wird genutzt Brainy führt die Website-Besuchenden durch die vielen Informationen. Mit anschaulichen und leicht verständlichen Videos werden Kinder und Jugendliche in die Themen eingeführt. Sie werden darüber aufgeklärt, was mit ihrer Mutter oder ihrem Vater passiert ist, was eine Hirnverletzung ist und welche Folgen damit einhergehen können. Welche Gefühle kann die neue Situation auslösen? Und warum fühlt sich vieles an wie früher, obwohl doch nichts mehr gleich ist? In der Rubrik «Gefühle» finden Kinder und Jugendliche viele Erklärungen und Tipps zu diesen neuen Gefühlen. Aber auch Antworten auf Fragen, wie sie ihren betroffenen Elternteil unterstützen können und ob sie sich auch mal zurückziehen dürfen. Unter «Alltag» sind zudem nützliche Informationen zu finden, die den Umgang mit Betroffenen erleichtern sollen.

«Ich habe halt gedacht, es sei etwas so mit paar Monaten Spitalaufenthalt und dann wäre sie wieder fit und so. Also die Folgen waren erschreckend ...»

Lukas, 12 Jahre

Die Website wird laut Jana Bauer, Leiterin Kommunikation, Marketing und Fundraising von FRAGILE Suisse, monatlich von rund 200 Personen konsultiert. «Dies zeigt, dass der Bedarf da ist.» FRAGILE Suisse hofft, künftig noch mehr Kinder und Jugendliche mit diesem Angebot zu erreichen, um ihnen auf einem niederschwelligen Kanal zielgruppengerechte Unterstützung zu bieten.

Ergänzend zu den Informationen auf der Website gibt es unsere Broschüre «Familien mit einem betroffenen Elternteil». Diese richtet sich hauptsächlich an den gesunden Elternteil. www.fragile.ch/shop

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Eine Dienstleistung der SAHB

Selbständig und mobil

Mit der Exma VISION unterhält die SAHB eine ganzjährige Ausstellung mit Ideen und Lösungen zur Förderung der Selbständigkeit und Mobilität zu Hause und unterwegs.

• Rollatoren, Rollstühle, Elektromobile

• Sitz- und Plattformtreppenlifte

• Pflegebetten und Transferhilfen

• Hilfsmittel für Badezimmer und Küche

Der Besuch unserer Ausstellung Exma VISION lohnt sich –unsere Fachleute beraten Sie unabhängig und kompetent.

Exma VISION

Industrie Süd, Dünnernstrasse 32, 4702 Oensingen

T 062 388 20 20, exma@sahb.ch, www.exma.ch

Eine Hirnverletzung kann einen selber, aber auch das persönliche Umfeld vor neue Herausforderungen stellen. Plötzlich geht im Alltag nicht mehr alles so einfach von der Hand wie früher. Warum also nicht von den Erfahrungen von anderen Betroffenen und Angehörigen profitieren? In unserer neuen Kategorie «Erfahrungsaustausch», die ab der nächsten Ausgabe jeweils eine Seite unseres Magazins füllen wird, haben Sie als Betroffene und/oder Angehörige die Möglichkeit, sich auszutauschen. Im Magazin 1/23 beschäftigen wir uns mit dem Thema «Frühintervention nach einer Hirnverletzung». Weshalb ist es Ihrer Meinung nach wichtig, frühzeitig externe Unterstützung zu holen? Zu welchem Zeitpunkt haben Sie sich Unterstützung geholt und was würden Sie anderen Betroffenen und Angehörigen raten? Schicken Sie uns Ihre Erfahrungen und Tipps bis zum 13. Januar 2023 an kommunikation@fragile.ch. Wir freuen uns auf Ihren Beitrag!

CHANCEN UND LEBENSRÄUME FÜR MENSCHEN WOHN- UND ARBEITSINTEGRATIONSLÖSUNGEN

Seit über 30 Jahren ist das Sozialunternehmen SEEBURG im Berner Oberland engagiert und beschäftigt rund 170 Mitarbeitende. Wir begleiten und fördern vorübergehend oder längerfristig Jugendliche und Erwachsene mit körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen.

IV-Rentenbezügern stehen in internen Abteilungen und eigenen Betrieben unterschiedliche Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten zur Verfügung. An ressourcenorientierten Arbeitsplätzen (z. B. Malerei, Gartenbau oder Küche) können sie einer interessanten und fordernden Tätigkeit nachgehen. Die Begleitung im Arbeitsalltag erfolgt durch agogisch geschulte Fachkräfte.

Wir unterhalten mehrere Wohnhäuser mit unterschiedlichem Betreuungssetting. Einige Bewohnende finden bei uns ein unbefristetes Zuhause mit Tagesstruktur.

Finanzierung - Leistungsvertrag mit der GSI - Krankenkassen (Spitex) - IV (Ergänzungsleistungen) - Interkantonale Vereinbarung für Soziale Einrichtungen IVSE (A + B)

Aeberhard

AndréDékany Fnar z i s ka

Franziska Aeberhard Leitung Wohnen wohnen@seeburg.ch

Leitung Berufliche Integration berufsintegration@seeburg.ch

WOHNANGEBOTE | BERUFLICHE INTEGRATION | DIENSTLEISTUNGEN UND BETRIEBE SEEBURG Untere Bönigstrasse 35 3800 Interlaken T 033 845 84 00 info@seeburg.ch www.seeburg.ch

8 | Magazin FRAGILE Suisse Aktuell
André Dékany
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Erfahrungsaustausch –teilen Sie Ihre Erfahrungen!

«Es ist schwer zu akzeptieren, dass es ein Vorher und ein Nachher eines Schlaganfalls gibt»

Interview: Sophie Roulin-Correvon / Foto: © Dr. Bonvin

Dr. med. Christophe Bonvin, Leitender Arzt der Neurologie und Direktor der Stroke Unit Wallis im Spital Sitten, im Interview über Angehörige von Menschen mit Hirnverletzung.

Neben Ihren Patientinnen und Patienten gibt es auch die Angehörigen: Wie unterstützen Sie diese? Es gibt zwei Phasen bei der Behandlung von Schlaganfällen. Die Akutphase umfasst die ersten Stunden und Tage nach dem Ereignis, in denen schnell und mit grossem medizinischem Aufwand gehandelt werden muss, um das Gehirn zu schützen und Folgeschäden möglichst zu vermeiden. Die Dringlichkeit und der Umfang der medizinischen Versorgung, kombiniert mit dem Schock der Diagnose, ist für Betroffene und ihre Angehörigen psychologisch nur schwer zu ertragen. In der zweiten Phase müssen die Situation und die individuellen Probleme mit der Familie und der betroffenen Person besprochen werden, um die funktionelle und medizinische Rehabilitation – den Umgang mit Funktionen, die temporär oder permanent verloren gegangen sind – optimal auszurichten.

Was brauchen Angehörige in dieser traumatischen Situation?

Die Bedürfnisse variieren und verändern sich. Einige Angehörige sind sehr auf die Ursache und Behandlung des Schlaganfalls fokussiert, andere auf die Medikamente. Viele machen sich Sorgen über einen Rückfall und einige möchten den früheren Zustand wiederherstellen. Unsere Aufgabe ist es, zu informieren, zu erklären und zu beruhigen.

Wie können Fachpersonen die Angehörigen in die Unterstützung einbeziehen?

Unsere Tipps für den Alltag: motivieren, ohne zu übertreiben, kleine Fortschritte würdigen, nicht stigmatisieren, verstehen, ohne zu urteilen. Gesprächsgruppen wie

med. Christophe Bonvin

jene von FRAGILE Suisse, Gespräche mit dem Hausarzt und psychologische Beratungen binden die Angehörigen ein und helfen ihnen bei der Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe.

Was ist die Stärke der Angehörigen? Man muss sich bewusst werden und akzeptieren, dass es ein Vorher und ein Nachher eines Schlaganfalls gibt. Die Aufgabe der Angehörigen liegt darin, im Alltag präsent zu sein, zu begleiten, zu helfen und positiv zu motivieren. Manchmal kommt es zu einer Infantilisierung der betroffenen Person durch die Partnerin, den Partner oder die Kinder sowie zu übertriebenen Ideen, was nun nötig wäre: eine andere Ernährung, körperliche Aktivität oder Nichtraucher werden. Die Angehörigen ermöglichen ein «besseres Leben», dürfen aber das Wort «leben» nicht vergessen. Man muss Distanz einnehmen zur Krankheit und zur medikalisierten Welt und einen entspannteren Alltag anstreben, der aus Lachen, Entdeckungen und emotional starken Erlebnissen besteht. Das ist ein lebenswichtiges Bedürfnis und eine Quelle der Heilung, die nicht zu vernachlässigen ist.

Ausgabe 4 / 2022 | 9 FRAGILE Suisse Fachartikel
Dr.

Fazit der Spenderbefragung 2022: Unsere Spenderinnen und Spender sind voller Mitgefühl und Solidarität!

Im Sommer haben wir unsere erste Befragung durchgeführt. Schnell konnten wir erkennen, wie wunderbar Sie, als Unterstützter, sind. Die meisten von Ihnen haben im näheren Umfeld keine Personen, die von einer Hirnverletzung betroffen sind. Und dennoch setzen Sie sich dafür ein, dass Betroffene Hilfe erhalten. Bei den Antworten wurde immer wieder hervorgehoben, dass niemand allein sein soll und wie wichtig es ist, dass FRAGILE Suisse speziell auf die Bedürfnisse von Betroffenen eingehen kann.

Diese Solidarität ist wunderbar und zeigt, dass wir alle unsere Werte gemeinsam leben!

Gleichzeitig mit Ihren Rückmeldungen konnten wir auch Adressänderungen und sonstige Wünsche und Fragen aufnehmen. Unsere Organisation lebt von all den Unterstützern, Freiwilligen, Betroffenen und Fachpersonen. Ihre Meinung zu hören, hat uns deshalb besonders gefreut – herzlichen Dank an Sie alle!

Mitmachen und gewinnen

Was kommt dir zu unserem Gehirn in den Sinn? Vielleicht ein kunterbuntes Hirn? Oder doch eher eine Tätigkeit wie Denken, Laufen, Lachen oder Fühlen? Du hast grossen Spass am Malen und bist zwischen 3 und 14 Jahre alt? Dann mach mit bei unserem grossen Kinder-Malwettbewerb. Male oder zeichne Bilder zum Thema «Mein Gehirn». Dabei sind dir keine Grenzen gesetzt: Ob mit Farbstiften, Wasserfarbe, Wachsmalstiften oder einer anderen Technik – wir freuen uns über viele kreative Einsendungen. Die Teilnahme lohnt sich: Unter allen kleinen Künstlerinnen und Künstlern verlosen wir drei tolle Farbstiftschachteln von Caran d‘Ache.

Sende ein Foto oder Scan deines Kunstwerks mit Betreff «Malwettbewerb» an kommunikation@fragile.ch.

Einsendeschluss ist der 28. Februar 2023.

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Aktuell
Mach mit an unserem Kinder-Malwettbewerb!

Was dem Blinden sein Blindenstock

Während körperliche Beeinträchtigungen kaum zu übersehen sind, gibt es zahlreiche Behinderungen, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Seien es schnelles Ermüden, Reizüberflutung, verlangsamtes Denken oder andere.

Viele Betroffene einer Hirnverletzung haben mit solchen unsichtbaren Folgen und vor allem mit den entsprechenden sozialen Problemen zu kämpfen. Sie müssen sich gegenüber Dritten immer wieder erklären, sich Verständnis «erarbeiten».

Aus dieser Problematik haben Amel (FRAGILE Luzern) und Franklin (FRAGILE Basel), beide selbst Betroffene, einen Pin mit Begleitkärtchen entwickelt. Dieser soll – wie bei Blinden der Blindenstock – auf mögliche Folgen einer Hirnverletzung aufmerksam und neugierig machen. Auf Nachfrage nach der Bedeutung kann das Kärtchen mit den Erklärungen gezeigt werden. Oft ergibt sich daraus auch ein erlösendes Gespräch. Wenn nötig kann der Betroffene auch auf den Pin zeigen, um die Neugier auszulösen.

Neben dem Verständnis für einen selbst soll der Pin auch für mehr Akzeptanz in der Öffentlichkeit sorgen. Hirnverletzungen sollen bekannter werden und der Umgang mit ihnen sowie die Inklusion von Betroffenen in die Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit.

Interessiert? Ab sofort ist der Pin mit Kärtchen für CHF 5.– in unserem Shop erhältlich: www.fragile.ch/shop

Jetzt bestellen

Ausgabe 4 / 2022 | 11 FRAGILE Suisse Engagement

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