Flex Work Career – Lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle im Dienstleistungsbereich / Schwerpunkt Gastronomie Im Rahmen unseres 3-jährigen Projektes: FlexWorkCareer – Lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle im Dienstleistungsbereich haben wir eine Befragung mit den 22 am Projekt beteiligten Betrieben aus dem Hotel- und Gaststättenbereich durchgeführt, um zu erfahren, wie die Verteilung ihrer Arbeitszeiten ist, wie zufrieden sie damit sind. Die Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeiten seit den 1980erJahren hatte eine starke Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu Folge. Doch war dies nicht in allen Bereichen positiv. Viele Flexibilisierungs-Konzepte führten zu sozialen und gesundheitlichen Belastungen bei den Beschäftigten, zwischen Frauen und Männern besteht eine große Arbeitszeitlücke (Gender Time Gap), die eng mit der beruflichen und sozialen Ungleichheit der Geschlechter verknüpft ist. 1 Diese Entwicklung fordert eine neue Arbeitszeitpolitik heraus mit dem sich auch das Projekt FlexWork Career beschäftigt. Unsere erste Frage bezog sich auf den Umfang der Arbeitszeit der Beschäftigten aus dem Hotel- und Gaststättenbereich. Fast 86% der Befragten sind in Vollzeit tätig, auf Abruf bzw. nach Bedarf arbeiten ca. 14% der Befragten.
Insofern unterscheidet sich unsere Projektzielgruppe hinsichtlich der Arbeitszeit von der `gewöhnlich´ in Deutschland ausgeübten Dauer der Arbeitszeit. Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Frauen, 57,8 % und 20 % aller erwerbstätigen Männer arbeiten in Deutschland in Teilzeit. 2 Und vor allem im Dienstleistungsbereich gibt es viele Teilzeitjobs. Die Gründe für die Ausübung von Teilzeitarbeit unterscheiden sich je nach Geschlecht deutlich. Frauen entschieden sich laut IAB am häufigsten für eine Teilzeitstelle, weil sie sich um Kinder und Familienmanagement kümmern, bzw. Familienmitglieder pflegen. Wenn Männer in Teilzeit arbeiten, geben sie meist an, keine Vollzeitstelle gefunden zu haben.
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Vgl. Absenger, N., Ahlers, E., Bispinck, R., Kleinknecht, A., Klenner, C., Lott, Y., Pusch, T., Seifert, H.: Arbeitszeiten in Deutschland. Entwicklungstendenzen und Herausforderungen für eine moderne Arbeitszeitpolitik, WSI Report 19, November 2014 2 Vgl. dazu: Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 2015. gefördert durch:
Bezüglich der Verteilung der Arbeitszeit gaben über 85 % der Befragten an, dass sie Montag – Freitag berufstätig sind, lediglich ca. 29 % arbeiten auch zusätzlich an den Wochenenden. Insgesamt sind ca. 29% von allen Befragten in einem Schichtmodell berufstätig.
In Deutschland liegt die durchschnittlich geleistete Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten bei 41,9 Stunden und damit um gut vier Stunden über der durchschnittlichen tariflichen Arbeitszeit (37,7 Std.). 3 Viele Beschäftige arbeiten inzwischen aber oft so, wie die Arbeit anfällt. In den Spitzen wird die Nacht zum Tag – dafür gewähren Arbeitgeber dann nach Erledigung von großen Arbeitsspitzen auch freie Tage. Das führt allerdings dazu, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit in vielen Berufen verschwimmen.
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Vgl. Absenger, N., Ahlers, E., Bispinck, R., Kleinknecht, A., Klenner, C., Lott, Y., Pusch, T., Seifert, H.: Arbeitszeiten in Deutschland. Entwicklungstendenzen und Herausforderungen für eine moderne Arbeitszeitpolitik, WSI Report 19, November 2014, S. 6 gefördert durch:
Bezüglich der Mitbestimmungsmöglichkeiten geben mehr als die Hälfte der Befragten, ca. 58% an, dass sie bezüglich ihrer Arbeitszeiten mitbestimmen können.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie der Pausen. Weiterhin kann er bei der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitbestimmen. Allerdings haben nicht alle Kleinbetriebe einen Betriebsrat. Laut Betriebsverfassungsgesetzt (BetrVG) muss der Arbeitgeber für die Wahl eines Betriebsrates nicht von sich aus aktiv werden. Diese Regelung ist zwar unabhängig von der Anzahl der Beschäftigten. Aber ein Betriebsrat darf erst dann gewählt werden, sobald im Betrieb mindestens fünf ständig wahlberechtigte Beschäftigte tätig sind. Drei davon müssen wählbar sein.
Immerhin fast 43% der Befragten würden gern weniger arbeiten. Ca. 14% der Befragten würden hingegen gern mehr arbeiten. Wir werden diese Antwort später noch auf die Antworten bezüglich der Überstunden beziehen. Ebenfalls fast 43% der Befragten erklären, dass sie nichts hinsichtlich der Dauer ihrer Arbeitszeit verändern möchten. Da hier Doppelantworten möglich waren, scheint es, dass bei einigen Befragten zwar der Wunsch nach Veränderung der Arbeitszeit besteht, sie dies aber letztendlich aus bestimmten Gründen nicht realisieren wollen. Die Gründe können vielschichtig sein. So hat eine Reduzierung der Arbeitszeit auch immer ein geringeres Einkommen zu Folge. Und viele teilzeitarbeitenden Frauen würden gern mehr arbeiten, können dies zu bestimmten Lebensphasen aber nicht, weil sie z.B. für das Familienmanagement und die Bereuung der Kinder maßgeblich verantwortlich sind. Von allen Befragten würden ca. 13% auch gern zu Hause/im Home Office arbeiten.
gefördert durch:
Mehr als 71% der Befragten machen Überstunden, davon ca. 29% regelmäßig und ca. 42% manchmal. Lediglich 29% geben an, keine Überstunden zu leisten.
Beschäftigen in Deutschland leisten etwa 1.813 Millionen Stunden außerhalb ihrer normalen Arbeitszeit. Dabei ist mehr als die Hälfte dieser Überstunden unbezahlt. Das bedeutet, dass 816,2 Millionen bezahlte und 997,1 Millionen unbezahlte Überstunden im Jahr 2015 anfielen. Laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) verzichtet jedeR dritte Beschäftigte in der Bundesrepublik auf Urlaubstage und geht stattdessen arbeiten. Demnach lassen Befragte ihren Urlaub besonders oft verfallen, wenn sie Sorge um den Verlust ihres Jobs haben. Und oft ist es so, dass für das Bearbeiten von zum Beispiel drei E-Mails auf dem Smartphone von zu Hause kaum ein Beschäftigter die Überstunden aufschreibt.
Die meisten Befragten – ca. 58 % arbeiten zwischen 40 bis nahezu 48 Stunden. Nur ca. 28% arbeiten zwischen 35 und 39,9 Stunden in der Woche. Betrachtet man den zeitlichen Ablauf ist in Deutschland die gewöhnliche Wochenarbeitszeit seit 1991 bei den Vollzeiterwerbstätigen relativ konstant geblieben. Diese lag im Jahr 2015 bei ca. 41 Stunde pro Woche. gefördert durch:
Sehr zufrieden bzw. zufrieden mit ihrer Arbeitszeit sind ca. 43% der Befragten, ca. 29% arrangieren sich mit dieser und ca. 28% sind eher unzufrieden mit ihrer Arbeitszeit.
Auch die Ergebnisse einer großangelegten Studie der Körber-Stiftung ergaben, dass 85 % der Beschäftigten zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind. 4
Nach Feierabend sind mehr als die Hälfe der Befragten, 57% für ihren Arbeitgeber erreichbar, davon ca. 28% mobil, ca. 14% per Email und ca. 14 % über sonstige Medien. Ca. 43% der Befragten sind außerhalb der Arbeitszeit nicht für ihren Arbeitgeber erreichbar.
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Vgl. https://www.koerber-stiftung.de gefördert durch:
Laut einer DGB-Untersuchung müssen 60 % der Beschäftigten in Deutschland auch in ihrer Freizeit erreichbar sein, 33 % sogar oft oder sehr oft. Die Zahl der Beschwerden von Beschäftigten, die sich am Arbeitsplatz bzw. durch ihre Arbeit überfordert fühlen und eine „Entgrenzung“ ihrer Arbeit beklagen, nimmt stetig zu. 5 Beschäftigte sind in der Regel nicht dazu verpflichtet, geschäftliche E-Mails nach Dienstschluss noch zu lesen bzw. zu beantworten. Doch dies ist in der Praxis oft üblich. Wenn Beschäftigte dies tun, dann geschieht dies freiwillig. Schwierig ist, dass der diesbezügliche Druck stetig steigt.
Die Nachverfolgung der geleisteten Arbeitszeit erfolgt bei ca. 71% der Befragten noch klassisch durch Aufschreibung in Papierform. Keiner der Befragten verwendet ein PCgestütztes Arbeitszeiterfassungssystem und gibt die Daten selbst ein. Eine Stechuhr bzw. ein ähnliches Verfahren verwenden ca. 14%, gar keine Zeiterfassung erfolgt bei ca. 15% der Befragten.
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Vgl. Untersuchung der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gefördert durch:
Arbeitszeiterfassung bedeutet, dass die Arbeitszeiten von Beschäftigten zunächst dokumentiert und i.d.R. dann ausgewertet werden. Dies passiert meist klassisch durch Stundenzettel, in größeren Betrieben mithilfe einer Stempeluhr. Mittlerweile verwenden Betriebe auch Computerprogramme, Apps oder Chipkarten.
Einen eher negativen Zusammenhang zwischen Arbeitszeit und gesundheitlichen Auswirkungen sehen 29% der Befragten, fast genauso viele, 28% geben aber auch an, dass sich ihre Arbeitszeit positiv auf ihre Gesundheit auswirkt.
Ähnliche Ergebnisse ergeben sich bei der Frage nach den Auswirkungen der Arbeitszeit auf die Work-Life-Balance der Beschäftigten: 28% glauben an eine positive Auswirkung, 29% sehen dies als eher negativ an.
Die Auswirkung der Arbeitszeit auf ihre Arbeitszufriedenheit hingegen betrachten ca. 28% der Befragten als positiv, lediglich 14% empfinden die Auswirkung der Arbeitszeit als negativ.
gefördert durch:
Die meisten Beschäftigten in Deutschland arbeiten zwischen 35 - 40 Stunden, ohne dass ihre Gesundheit darunter leidet. Wenn es aber mehr als 40 Stunden in der Woche werden, kann dies zu gesundheitlichen Beschwerden führen. 6 Dies bedeutet; Wer besonders viel arbeitet, scheint eher krank zu werden. Laut Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) leidet jeder Dritte mit einer Wochenarbeitszeit von über 48 Stunden an Schlafstörungen, bei 20 und 34 Stunden dagegen sind es nur 27 %. 7
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Vgl. Rieger, M. Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung Universitätsklinikum Tübingen, in: Heinrich, C.: Work-Life-Balance. 30, 35 oder 40 Wochenstunden - was ist am gesündesten? Spiegelonline, 2016 7 Vgl. A. Lohmann-Haislah, A.: Stressreport Deutschland 2012. Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden, 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2012. gefördert durch: