About Baroque Juli 2016

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A b o u t

Baroque Das Magazin des Freiburger Barockorchesters

Juli | 2016

3. Jahrgang

Beethoven I – IX in mexiko Das FBO gibt alle neun Sinfonien

Mozart | Requiem René Jacobs deutet das unvollendete Vermächtnis

Concerti All’Arrabbiata Pikantes aus Italien


Ihringer Barriqueorchester

Ausblick

Liebe Freundinnen und Freunde des Freiburger Barockorchesters, mit dem ersten Heft des dritten Jahrgangs unseres Magazins About Baroque läutet das FBO den Sommer ein. Wie gewohnt können Sie hier einen Überblick über sämtliche Konzerte und Konzertreisen in der kommenden Saison 2016 | 17 sowie einen Einblick in die Hintergründe der einzelnen Programme gewinnen. Wir möchten Sie mit den Besonderheiten der Zusammenstellungen, der Anlässe, zu denen wir musizieren, und der Kooperationen, die wir damit verbinden, vertraut machen. Die Vielfalt der nächsten Saison ist ganz typisch FBO. Wir haben viele reine Barockprogramme vor uns: Monteverdis Marienvesper, fetzige Concerti, Bachs Violinkonzerte, seine Johannespassion und das Weihnachtsoratorium sowie Kantaten von Telemann und Bach. Barockmusik ist und bleibt die Raison d’être des Ensembles. Doch hat sich das FBO längst zu einem herausragenden Interpreten der klassischen Musik entwickelt. Mozart ist daher wie in der vergangenen Zeit im Spielplan bestens vertreten, ebenso Haydn und dieses Mal auch Beethoven. Die Schwelle zwischen Barock und Klassik, Komponisten wie die Bach-Söhne, Gluck, Boccherini üben einen nicht minder starken Reiz auf das Orchester aus, was wir gerne mit Ihnen teilen möchten. Dazu kommt eine Spezialität, mit der sich das FBO zunehmend in die vorderste Front der Spitzenorchester spielt: die Hingabe an romantische Musik, die wir mit einem reinen Mendelssohn-Programm unter Beweis stellen möchten. Und schließlich wird es mit einer neuen Fassung des Mozart-Requiems und einer Auftragskomposition von Hèctor Parra zu zwei Uraufführungen kommen. Ebenso vielfältig sind die Spielorte und die Musikerinnen und Musiker, mit denen wir musizieren: Neben dem Rückgrat der Abonnement-Städte Freiburg, Stuttgart und Berlin bespielen wir andere prominente Orte in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt. Dabei treffen wir wieder mit vielen hochkarätigen Gästen zusammen, von denen viele bereits zu Freunden geworden sind: unter anderen Kristian Bezuidenhout, René Jacobs, Philippe Jaroussky, Matthias Goerne, Pablo Heras-Casado, Isabelle Faust, Hans-Christoph Rademann, der RIAS Kammerchor, Vox Luminis, die Thomaner sowie international renommierte Sängerinnen und Sänger, die uns bei Passionen, Oratorien und Opern ihre Stimmen leihen. Lehnen Sie sich also mit About Baroque zurück und genießen Sie lesend die Vorfreude auf die neue Saison mit Ihrem Freiburger Barockorchester. Wir freuen uns auf Ihren Konzertbesuch! In diesem Sinne grüßt Sie herzlich Ihr FBO

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DR. HEGER

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Musikalische Horizonte 6 | 7 Residenz in Aix-en-Provence III / Edinburgh International Festival Provenzalisches Finale des FBO 8 | 9 Mostly Mozart 50 Statt Sommerloch: Zwei konzertante Opern im Lincoln Center New York 10 | 11 Ensemble-Akademie Freiburg 2016 Kurse für historische und zeitgenössische Aufführungspraxis 12 | 13 Sturm und Drang Kristian Bezuidenhout und das FBO eröffnen die Saison 14 | 15 Beethoven I – IX in Mexiko Das FBO gibt alle neun Sinfonien 16 | 17 Bach in Japan Die Violinkonzerte im Land der Morgenröte 18 | 19 Alte Musik für junge Ohren Die neuen Projekte im Education-Bereich 20 | 21 Philippe Jaroussky! Kantaten von Telemann und Bach 22 | 23 Mozart | Requiem René Jacobs deutet das unvollendete Vermächtnis 26 | 27 Weihnachtsoratorium Alle Jahre wieder? 28 | 29 Concerti all’arrabbiata Pikantes aus Italien 30 | 31 Der Friede sei mit Dir Drei Bach-Kantaten mit Matthias Goerne 32 | 33 Così fan tutte René Jacobs und das FBO setzen den halbszenischen Da-Ponte-Zyklus fort 34 | 35 Mendelssohn pur Dreamteam FBO, Isabelle Faust und Pablo Heras-Casado widmet sich dem Gewandhausmeister 36 | 37 Don Juan und Himmelfahrt Der Verführer mal anders in Werken von Boccherini und Gluck 38 | 39 Vespro della Beata Vergine Das Freiburger BarockConsort feiert Monteverdis 450. Geburtstag 40 | 41 Louwrens Langevoort zum 60. Das FBO gratuliert dem Intendanten der Kölner Philharmonie 42 | 43 Frühe Reife, späte Jugend Mozart in Vollendung beim Mozartfest in Würzburg 44 | 45 Johannespassion in Leipzig Das FBO und die Thomaner in Bachs Thomaskirche

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W. A. Mozart * „Così fan tutte“ KV 588 Kate Lindsey Dorabella Lenecke Ruiten Fiordiligi Joel Prieto Ferrando Nahuel di Piero Guglielmo Sandrine Piau Despina

KONZERT ** G. Fr. Händel, Concerti grossi op. 6 Nr. 11 A-Dur und Nr. 6 g-Moll

Rodney Gilfry Don Alfonso

J. S. Bach, Orchestersuite Nr. 2 h-Moll und Brandenburgisches Konzert Nr. 5 D-Dur

Christophe Honoré Regie

Daniela Lieb Flöte

Cape Town Opera Chorus

Sebastian Wienand Cembalo

Freiburger Barockorchester Louis Langrée und Jérémie Rhorer Dirigenten

Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Leitung und Violine

Festival International d’Art Lyrique d’Aix-en-Provence Edinburgh International Festival 30. Juni, 2., 5., 8., 11., 13., 15., 17., 19. Juli 2016 | 21.30 Uhr

25. August 2016 | 19.15 Uhr

Aix-en-Provence (F), Théâtre de l’Archevêché *

Edinburgh (GB), Festival *

7. Juli 2016 | 21.30 Uhr

27. August 2016 | 17 Uhr

Aix-en-Provence (F), Théâtre de l’Archevêché * *

Edinburgh (GB), Festival *

28. August 2016 | 19.15 Uhr

Edinburgh (GB), Festival *

Es gibt Orte, die eine besondere Anziehungskraft für die Menschen, etwas geradezu Magisches an sich haben. Woran das liegt, ist schwer zu ergründen. Ist es das Klima, sind es die geografischen Besonderheiten, eine einzigartige Atmosphäre? Aix-en-Provence gehört sicherlich zu diesen Orten. Er zog bereits Bauern der Mittelsteinzeit, germanisch-keltische Stämme, die Griechen, die Römer, die Goten und schließlich die Franken an. Im Mittelalter erlebte die Stadt eine enorme kulturelle und wirtschaftliche Blüte. Die 1409 durch Ludwig II. von Anjou gegründete Universität etwa gehört zu den ältesten in Europa. Ein Musikfestival an solch einem geschichtsträchtigen Ort hat daher seinen ganz besonderen Reiz. Das Festival in Aix besteht nun seit 58 Jahren und bildet eine der wichtigsten Musikveranstaltungen im klassischen Sektor. Für das FBO ist die dreijährige Residenz, die mit diesem Sommer zu Ende geht, daher eine großartige Gelegenheit. Die neun Vorstellungen der letzten Da-Ponte-Oper Mozarts werden sich die beiden Dirigenten Louis Langrée und Jérémie Rhorer teilen. Der 55jährige gebürtige Elsässer Langrée, Leiter des Cincinnati Symphony Orchestra, ist bereits seit den 1980er Jahren dem Festival verbunden. Er hat sich als ausgewiesener Spezialist für das Dirigieren von Opern einen Namen gemacht. Der mit 43 Jahren vergleichsweise junge Rhorer wurde 2008 von der französischen Kritik als „Entdeckung des Jahres“ gefeiert. Sein Dirigat wird als Verbindung intellektueller Strenge mit musikalischer Klarheit gepriesen. Für den Filmemacher, Schauspieler und Schriftsteller Christophe Honoré ist dies die erste Mozart-Produktion. In seinen eigenen Stücken geht es ihm häufig um Wonnen und Wehen menschlicher Beziehungen. Diese Ausrichtung wird sich vollends entfalten können im Theater der Befindlichkeiten, das „Così fan tutte“ verkörpert. In einem gewissen Kontrast zur „klassischen“ Oper steht das „barocke“ Orchesterkonzert in Aix. Das FBO präsentiert in mediterraner Umgebung die von italienischer Musizierkunst geprägten Concerti grossi Nr. 6 und Nr. 11 von Georg Friedrich Händel sowie zwei beliebte Meisterwerke von Bach: das 5. Brandenburgische Konzert, in dem das Cembalo als Soloinstrument auftritt, und seine 2. Orchestersuite in h-Moll, in der die Traversflöte mit perligem Klang glänzt.

Edinburgh International Festival

Residenz in Aix-en-Provence III

Die Residenz des FBO beim Festival International d’Art Lyrique d’Aix-enProvence geht in ihr drittes und damit letztes Jahr. Nachdem in den vergangenen Jahren mit „Die Zauberflöte“ und „Die Entführung aus dem Serail“ bereits zwei Mozart-Opern zu hören waren, setzt sich diese kleine Tradition mit „Così fan tutte“ nun fort. Zusätzlich erklingen in einem Orchesterkonzert Instrumentalwerke von Händel und Bach. Ende August dann nehmen wir die Opernproduktion mit zum Edinburgh International Festival.

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Mostly Mozart 50

W. A. Mozart Idomeneo, Re di Creta KV 366 ** W. A. Mozart „Così fan tutte“ KV 588 *

Jeremy Ovenden Idomeneo

Kate Lindsey Dorabella

Gaelle Arquez Idamante

Lenecke Ruiten Fiordiligi

Sophie Karthäuser Ilia

Joel Prieto Ferrando

Alex Penda Elettra

Nahuel di Piero Guglielmo

Julien Behr Arbace

Sandrine Piau Despina

Nicolas Rivenq Gran Sacerdote di Nettuno

Rodney Gilfry Don Alfonso

Christoph Seidl La Voce

Musica Sacra New York

Arnold Schönberg Chor Wien

Freiburger Barockorchester

Freiburger Barockorchester

Louis Langrée Dirigent

René Jacobs Dirigent

Mostly Mozart Festival New York City 15. August 2016 | 19.30 Uhr *

New York City (USA), Lincoln Center, Alice Tully Hall, „Così fan tutte“ KV 588 18. August 2016 | 19.30 Uhr **

New York City (USA), Lincoln Center, Alice Tully Hall, „Idomeneo, Re di Creta“ KV 366

Wenn Mitte August die Schwüle auf dem heißen Asphalt der Straßen von Manhattan lastet, hebt sich im klimatisierten Lincoln Center der Vorhang, um die Bühne für zwei erstklassige konzertante Aufführungen Mozart’scher Opernmusik freizugeben. Beim Mostly Mozart Festival leiten Louis Langrée und René Jacobs das Freiburger Barockorchester in Konzerten mit „Così fan tutte“ und „Idomeneo“ und gratulieren damit dem amerikanischen Sommermusikfest zum 50. Geburtstag.

Seit 50 Jahren veranstaltet das Lincoln Center in New York City ein Sommer-Festival, das „Mostly“ den Werken von „Mozart“ gewidmet ist. „Mostly Mozart“ ist kein Opernfestival, sondern vereinigt Kammer- und Orchestermusik, Vokales und Instrumentales, Bekanntes und weniger oft Gehörtes, Älteres und ganz frisch Komponiertes. All dies wird von exzellenten Musikerinnen und Musikern von internationalem Renommee dargeboten. Louis Langrée, mit dem wir einen Teil der Opernaufführungen in Aix-en-Provence bestreiten, ist Künstlerischer Leiter dieses Festivals und lädt das FBO ein, die Aix-Produktion von Mozarts „Così fan tutte“ konzertant im Lincoln Center zu geben. Eine Einladung, die wir natürlich sehr gerne annehmen, zumal das FBO mit Festival-Auftritten in den Jahren 1999, 2004, 2005, 2008 und 2012 bereits zu den Stammgästen in New York City gehört!

An Jeremy Ovendens Interpetation der Titelrolle wurde die „hell eingefärbte, lyrische Stimme und seine fein abgestufte Koloraturtechnik, die in seiner großen Arie ‚Fuor del mar‘ voll zur Geltung kam“, hervorgehoben. Mit Alex Penda, Gaelle Arquez, Sophie Karthäuser, Julien Behr, Nicolas Rivenq, Christoph Seidl und dem Arnold Schönberg Chor werden schließlich weitere herausragende Sängerinnen und Sänger dafür sorgen, dass diese New Yorker Aufführung zu einem besonderen Sommerabend in Manhattan wird.

„Mostly Mozart“ ist auch eine willkommene Gelegenheit, eine weitere Säule im Gebäude unserer konzertanten Aufführungen zu platzieren: René Jacobs’ „Idomeneo“. Diese Produktion, die in leicht veränderter Besetzung auch als CD bei Harmonia mundi vorliegt, war bereits 2013 und 2016 in „Wiens jüngstem und zugleich ältestem Opernhaus“ (Homepage des Hauses), nämlich im Theater an der Wien zu hören. Die international aufgestellte Konzert- und Rezensionsplattform Backtrack war davon sehr angetan: „Stilistisch treffsicher, fein nuanciert und mit passenden Tempi versehen leitete der Spezialist für historische Aufführungspraxis den Orchesterapparat durch eine gekonnte Aufführung des eigentümlichen Zwitterwesens, das dieses Werk letztlich darstellt.“ Jacobs schlage „einen großen Bogen, der kaum Luft zum Atmen ließ. Gebannt durfte man hier zuhören, wie sich die Handlung in der musikalisch Dramaturgie des Werkes niederschlug.“

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Ensemble-Akademie Freiburg 2016

Meisterkurse zur Aufführungspraxis älterer und neuer Musik Freiburger Barockorchester und ensemble recherche Eröffnungskonzert Liebeslieder von M. Andre, S. Claren, W. A. Mozart / S. Sciarrino, E. Poppe, J. Schöllhorn, C. Schwehr und H. Zender G. Pesson, Mes béatitudes G. Ph. Telemann, Konzert E-Dur für Oboe d’amore, Viola d’amore und Flöte TWV 53: E1 P. Locatelli, Concerto grosso Es-Dur „Il pianto d’Arianna“ op. 7 Nr. 6 Chr. Graupner, Konzert G-Dur für Flauto d’amore, Viola d’amore und Oboe d’amore GWV 333 Dozentinnen und Dozenten von Freiburger Barockorchester und ensemble recherche Solo am Morgen … mit Gregor Herzfeld … Melise Mellinger … Daniela Helm … Guido Larisch Abschlusskonzert Musik des 18. bis 21. Jahrhunderts Teilnehmer der Ensemble-Akademie

Eröffnungskonzert 5. September 2016 | 20 Uhr

… mit Daniela Helm 8. September 2016 | 9.30 Uhr

Freiburg, Ensemblehaus

Ensemblehaus

Solo am Morgen … … mit Gregor Herzfeld 6. September 2016 | 9.30 Uhr

… mit Guido Larisch 9. September 2016 | 9.30 Uhr

Ensemblehaus

Ensemblehaus

… mit Melise Mellinger 7. September 2016 | 9.30 Uhr

Abschlusskonzert 10. September 2016 | 20 Uhr

Ensemblehaus

Ensemblehaus

In diesem Jahr macht die Ensemble-Akademie Freiburg das gute Dutzend voll. Die zwölfte Auflage der Meisterkurse für die Aufführungspraxis älterer und neuer Musik bietet Nachwuchsmusikern wieder die Gelegenheit, ihr Interesse an den Besonderheiten der Spielweisen barocker und zeitgenössischer Musik zu vertiefen. Die Akademie hat sich längst zu einer international beachteten Institution entwickelt, dank des kreativen und offenen Miteinanders aller Beteiligten. Dieses Jahr schult das FBO wieder im Bereich der Kammermusik.

Dass Gegensätze sich anziehen, weiß der Volksmund. Das liegt vermutlich daran, dass von einer höheren Warte aus Gemeinsamkeiten gesehen werden können. Nicht anders verhält es sich bei den vermeintlichen Gegensätzen der älteren und neuen Musik. So hält die Musikgeschichte zahlreiche Beispiele bereit für Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts, die sich von der Musik vor 1750 inspirieren ließen. Auch die speziellen Spielweisen der historischen und der zeitgenössischen Aufführungspraxis begegnen sich in mehreren Hinsichten: Beide lesen ihre Notentexte anders als es die konventionelle Praxis vorsieht. Sie müssen den Text in einen Kontext stellen, sie handhaben ihre Instrumente auf ungewöhnliche Weise, sie sehen sich nicht selten mit der Herausforderung einer Öffnung zum Improvisatorischen konfrontiert. Dabei geht es nicht um die Frage, ob die Musizierhaltung als avantgardistisch oder traditionell bezeichnet werden kann. Im Vordergrund beider steht der Geist des Experiments, der sich darum bemüht, lebendige, alternative Wege zu beschreiten. Aus dieser Überzeugung heraus hat sich vor 12 Jahren die Ensemble-Akademie Freiburg als gemeinsames Projekt des Freiburger Barockorchesters und des ensemble recherche gegründet, das nunmehr seit 4 Jahren im gemeinsamen Domizil des Ensemblehauses durchgeführt wird. Ziel ist es, studentischen Nachwuchsmusikern oder jungen Berufsanfängern in Meisterkursen die speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten beider Musizierweisen im Orchester- und Kammermusikspiel zu vermitteln. Das Gemeinsame steht im Zentrum dieser Veranstaltung: gemeinsam musizieren, gemeinsam erleben, gemeinsam diskutieren, gemeinsam voneinander lernen. Neben den Einzelunterricht tritt daher

das Gruppenspiel in diversen Kammermusik- oder Orchesterkonstellationen. Die ausgesprochene Internationalität der Teilnehmerschar wird dabei nicht als kommunikative Hürde empfunden, die allenfalls mit der Verständigung auf Englisch überwinden werden könnte, sondern man versteht sich hier auch bestens ohne Worte – die Begegnungen finden in der Sprache der Musik statt. Bei der diesjährigen Akademie bietet der 9-köpfige Lehrkörper des FBO Kammermusikkurse an. Je nach Anmeldung und Repertoirewünschen werden wir die jungen Musiker zu kleineren Gruppen zusammensetzen. Die Ergebnisse werden dann im Abschlusskonzert der Öffentlichkeit präsentiert. Eröffnet wird der 5-tägige Workshop mit einem Konzert, das die Dozenten selbst bestreiten. Das Motto lautet diesmal: Die Liebe. Zeitgenössische „Liebeslieder“, jenseits der Popmusik eine echte Seltenheit, treten neben ebenso selten zu hörende barocke Konzerte für Instrumente „d’amore“. Für viele wird dies wieder so ein besonderer Moment sein, bei dem sich alte und neue Musik zu einem aus zwei Perspektiven ergänzten Hörerlebnis verbinden. Last but not least beginnen wir jeden Tag mit einem „Solo am Morgen“, um eine künstlerische oder auch theoretische Einstimmung zu bieten.

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Sturm und Drang

J. Haydn Sinfonie G-Dur Hob. I 47 C. P. E. Bach Klavierkonzert d-Moll Wq 17 J. Chr. Bach Sinfonie g-Moll op. 6 Nr. 6 W. A. Mozart Klavierkonzert Es-Dur KV 449 Freiburger Barockorchester

Ein vom international gefeierten Spezialisten für historische Tasteninstrumente, Kristian Bezuidenhout, geleitetes Konzert eröffnet mit Sinfonien und Concerti aus der Zeit zwischen 1750 und 1780 stürmerisch die Saison.

Kristian Bezuidenhout Hammerklavier und Leitung

21. September 2016 | 20 Uhr

Stuttgart, Liederhalle | Mozartsaal 22. September 2016 | 19.30 Uhr

London (GB), Wigmore Hall 23. September 2016 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal 25. September 2016 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal 26. September 2016 | 19 Uhr

Sick AG, Waldkirch – geschlossene Veranstaltung

Wenn es „stürmt und drängt“, denken wir an Schillers „Die Räuber“ oder Goethes „Götz von Berlichingen“ – Theaterstücke, in denen es um Kontinuitätsbrüche und um die schwierige Suche nach der eigenen Individualität geht. Doch gibt es das auch in der wortlosen Kunst der Musik? Spätestens als Telemann 1767 starb, ging eine Ära zu Ende, die Ära Bachs, Händels, Vivaldis, die wir heute als Barock bezeichnen. Das portugiesische Wort „barocco“ meint ursprünglich das Schiefe, das Ungleichmäßige, das Bizarre, also etwas, das wir nicht in erster Linie z. B. der Musik Bachs unterstellen würden, gilt sie doch geradezu als Ausbund an Klarheit. Doch hören wir genauer hin: affektgeladene Arien, die harmonische Sprengkraft der Modulationen, harsche Dissonanzen und virtuose Solopassagen, die mit jener ruhigen Gradlinigkeit der Renaissance-Musik nichts mehr gemein hat. Die Musik des Barock ist nicht so „objektiv“ wie man heute gerne meint: Sie sagt ganz entschieden „Ich“, sie stellt sich und ihren Hörer auf einen subjektiven Standpunkt, geradeso wie René Descartes es der Philosophie beigebracht hatte, „Ich“ zu sagen. Und genau darin liegt der Keim zum musikalischen „Sturm und Drang“.

Clavichord oder das Fortepiano (man beachte den Namen dieses Instrumentes!). Die Intensität dieser CrescendoWirkung auf das damalige Publikum ist vielfach bezeugt und lässt sich heute nur noch imaginieren. Der Tasteninstrumentvirtuose Kris Bezuidenhout und das FBO laden zu einer Phantasiereise ein und führen in jene Zeit des musikalischen Sturm und Drangs, die nur ungeschickt und höchst unzutreffend als Übergangsphase bezeichnet wird. Was die Bach-Söhne, Joseph Haydn und andere hier leisteten, war nicht weniger als die lebendige Transformation des barocken Stils in den der Wiener Klassik. Diese möchten wir nachzeichnen. Mit Moll-Werken, die aus der Gleichzeitigkeit von Herbheit und Empfindsamkeit ihren ganz eigentümlichen Reiz gewinnen, möchten wir sie zu einem Streifzug durch diese „Übergangszeit“ mit den Stationen um 1750, 1760 und 1770 einladen. Von hier aus öffnet sich ein frischer Blick auf den Mozart der 1780er Jahre, der mit seinem 14. Klavierkonzert in Es-Dur drauf und dran war, diese Gattung nach Maßgabe seiner eigenen, ganz individuellen Künstlerpersönlichkeit zu überformen. Auch er also ein Stürmer und Dränger?

Die Bach-Söhne Carl Philipp Emanuel und Johann Christian konnten den Ich-Gestus der Musik aus der Generation ihres Vaters aufgreifen, weitertreiben und mit aufgewühlter Gemütsaufwallung zu ohrenscheinlich stürmenden und drängenden Konzerten und Sinfonien vereinen. Entscheidend für ihren Stil sind die schroffen dynamischen Kontraste sowie das Ab- und Abschwellen der Lautstärke (Crescendo und Decrescendo), das hier erstmals angewandt und zelebriert wird. Hierfür waren teils auch andere neue Instrumente nötig wie z. B. das 13 12


Beethoven I – IX in Mexiko

Als der Palacio de Bellas Artes in Mexico City zum Deutschlandjahr 2016/17 das Freiburger Barockorchester einlud, im wichtigsten Konzertsaal des Landes, möglicherweise gar Mittelamerikas, alle neun Beethoven-Sinfonien in fünf Tagen zu spielen, mussten Künstlerische Leitung und Intendanz nicht lange überlegen: „Natürlich machen wir das!“. Mit einem ausgetüftelten Probenund Reiseplan sind die Koffer nun schon mit den wichtigsten Dingen gepackt und harren eines neuerlichen Abenteuers. Ludwig van Beethoven Die Sinfonien I bis IX Johanna Winkel Sopran Anke Vondung Alt Werner Güra Tenor Thomas E. Bauer Bass Solistas Ensamble y Coro de Madrigalistas Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Dirigent

Palacio de Bellas Artes, Mexico City (MX) 5. Oktober 2016 | 20 Uhr

8. Oktober 2016 | 19 Uhr

Sinfonien I und II

Sinfonien VI und V

6. Oktober 2016 | 20 Uhr

9. Oktober 2016 | 17 Uhr

Sinfonien VI und III

Sinfonien VIII und VII

7. Oktober 2016

11. Oktober 2016 | 20 Uhr

Akademie-Workshops

Sinfonie IX

Routinierte Weltreisende sind die Musikerinnen und Musiker des FBO natürlich und doch erkennt man ein neugierigangespanntes Funkeln in ihren Augen, wenn man sich mit ihnen über diese Mexiko-Tour im Oktober unterhält. Denn die Dimensionen dieses Projekts sind gewaltig und wecken die Abenteuerlust. Da ist zunächst die musikalische Seite: neun große bis monumentale Sinfonien des klassischen Meisterkomponisten, verteilt auf fünf Konzerttage; das bedeutet hintereinander jeden Abend zwei Sinfonien zu spielen und das Ganze dann mit der Neunten am letzten Abend zu krönen. Sieben dieser neun Sinfonien hat das FBO unter der Leitung von Gottfried von der Goltz zwar bereits gespielt, doch mit der Siebten und der Neunten müssen noch zwei anspruchsvolle Kernstücke dieses Repertoires neu einstudiert werden.

beider Länder sowie das Goethe-Institut als kultureller Träger beteiligt. Das FBO nimmt daher einmal mehr die Einladung wahr, als kultureller Botschafter bei der freundschaftlichen Verständigung von Ländern mitzuwirken. Nicht umsonst haben sich die Mexikaner Beethoven von uns gewünscht. Seine Musik besitzt eben diese symbolische Strahlkraft. Sie wird mit Musik aus Deutschland, aus Europa identifiziert und ihr wird ein humanisierender, Menschenverbindender Zug zugesprochen, der sich vor allem im Finalsatz der 9. Sinfonie mit Schillers philanthropen Gedichtszeilen manifestiere. Wenn die deutschen Solisten gemeinsam mit den mexikanischen Chören im Oktober jenes „Alle Menschen werden Brüder“ skandieren, dann wird dies als Symbol zu verstehen sein, als Utopie, dass das Elysium etwas sein kann, das sich hier und jetzt ein Stück weit verwirklichen lässt.

Dann ist da noch die logistische Herausforderung: Eingespannt in den Spielzeitstart und eine weitere Tournee ans andere Ende der Welt (siehe S. 16/17), ist das Orchester auf einen effizienten und präzisen Proben- und Reiseplan angewiesen, um seine hochgesteckten Ziele überhaupt erreichen zu können. Wann proben wir die bereits bekannten, wann die neuen Stücke? Wie halten wir das Geprobte über diesen langen Zeitraum frisch? Was proben wir in Freiburg, was erst in Mexico City? Wann und wo kommen die Solisten dazu? Wann die mexikanischen Chöre? Und schließlich ist da auch eine symbolische Bedeutung des Unterfangens: Gefördert und ermöglicht wird die Konzertreise im Rahmen des Deutschlandjahres, das der Staat Mexiko 2016 ausrichtet. Daran sind also die Regierungen 15 14


Bach in Japan

A. Vivaldi * Ouverture zur Oper „L’Olimpiade“ RV 725 Sinfonia h-Moll RV 169 „Al santo sepolcro“ J. S. Bach Violinkonzert Nr. 2 E-Dur BWV 1042 Tripelkonzert D-Dur BWV 1064R

Wenn das Freiburger Barockorchester im Oktober von Mexiko quasi direkt nach Japan reist, dann hat es wieder einmal Bach im Gepäck. Der Leipziger Kantor erfreut sich im Land der Morgenröte enormer Beliebtheit, nicht nur in der regen Alte-Musik-Bewegung. Eine hervorragende Ausgangslage für die mitreißenden Interpretationen der Freiburger.

G. Fr. Händel Concerto grosso A-Dur op. 6, Nr. 11 A. Corelli Concerto grosso D-Dur op. 6, Nr. 1 A. Vivaldi ** Concerto d-Moll op. 3, Nr. 11 RV 565 Concerto für 4 Violinen h-Moll op. 3, Nr. 10 J. S. Bach Violinkonzert Nr. 1 a-Moll BWV 1041 Doppelkonzert d-Moll BWV 1043 A. Corelli Concerto grosso F-Dur op. 6, Nr. 2 G. Fr. Händel Concerto grosso d-Moll op. 6, Nr. 10 HWV 328 A. Vivaldi *** Ouverture zur Oper „L’Olimpiade“ RV 725 Concerto per archi A-Dur RV 158 J. S. Bach Violinkonzert Nr. 1 a-Moll BWV 1041 Doppelkonzert d-Moll BWV 1043 Violinkonzert Nr. 2 E-Dur BWV 1042 Tripelkonzert D-Dur BWV 1064R

21. Oktober 2016 | 19 Uhr

Tokio (J), Toppan Hall *

23. Oktober 2016 | 15 Uhr

Mitaka (J), Geijutsu Bunka Center *** 24. Oktober 2016 | 19 Uhr

Tokio (J), Toppan Hall **

25. Oktober 2016 | 19 Uhr

Nishinomiya (J), Hyogo Performing Arts Center * **

Petra Müllejans Violine (BWV 1041) Gottfried von der Goltz Violine (BWV 1042) Beatrix Hülsemann Violine (nur BWV 1064R) Freiburger Barockorchester Petra Müllejans & Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Japan ein schwer zu erreichendes, von der Umgebung abgeschlossenes Land. Die Pflege eigener Traditionen und Kulturen ging vor und erschwerte den Austausch mit dem Rest der Welt. Dass sich ein solch traditionsbewusstes Land heute so immens für die Kultur Europas begeistert, ist ein Kompliment, das Europa nicht in gleicher Weise zurückgibt. Doch nicht nur westliche Rockmusik oder die Musik des klassisch-romantischen Repertoires, sondern auch insbesondere die Barockmusik begegnet in Japan weitgeöffneten Ohren. So gibt es Originalklangensembles wie das 1990 gegründete Bach Collegium Japan (BCJ), das wiederum auch hierzulande Erfolge feiert. Bach steht natürlich in diesen Austauschprozessen in vorderster Reihe. So ist der Gründer des BCJ Masaaki Suzuki nicht nur ein Schüler des Alte-Musik-Doyens Ton Koopman, sondern auch ausgewiesener Bach-Spezialist, der 2012 die Bach-Medaille der Stadt Leipzig entgegengenommen hat.

für das Tripelkonzert kommt Beatrix Hülsemann dazu. Eingerahmt werden diese Stücke von weiteren konzertanten Herrlichkeiten: Solokonzerte, Ouvertüren und Concerti grossi von den Zeitgenossen Antonio Vivaldi, Arcangelo Corelli und Georg Friedrich Händel. Damit setzt das FBO seine Konzertserie fort, die als Bach World Tour bezeichnet werden kann. Nach Japan führte sie 2012 mit Bachs Orchestersuiten und wurde 2014 um die Brandenburgischen Konzerte ergänzt. Die Suiten und alle Konzerte (Brandenburgische, Violine und Cembalo) liegen auch als CD-Einspielung des FBO bei Harmonia mundi vor und dürfen sicherlich als Referenzaufnahmen gelten.

Wenn das FBO nun mit einem Programm rund um die Violinkonzerte von Bach zweimal in Tokio, in Mitaka und in Nishinomiya auftritt, dann ist es nicht ganz wie Eulen nach Athen zu tragen, denn schließlich haben die Interpretationen der Orchestermusik Bachs das FBO weltberühmt gemacht. Doch dürfen wir damit rechnen, dass uns dort eine regelrechte Bach-Fangemeinde erwartet, die seine Werke ganz genau kennt. Während der Tour kommen alle Violinkonzerte zur Aufführung, also a-Moll, E-Dur, das Doppelkonzert d-Moll und das D-Dur-Tripelkonzert. Petra Müllejans wird das a-MollKonzert, Gottfried von der Goltz das E-Dur-Konzert spielen, zusammen dann interpretieren sie das Doppelkonzert und 17 16


Alte Musik für junge Ohren

Familienkonzert 4 + tupadibaduuu! ... oder was wohl passiert wäre, wenn die Hörner nicht dagewesen wären Familienkonzert 8 + Kommet zuhauf! Bachs Weihnachtsoratorium familiär Konzert statt Schule! (Klasse 10 – 12) Invitatorium: Vespro della Beata Vergine Landesjugendbarockorchester Masterclass …mit Fagottist Javier Zafra Freiburger Barockorchester Brigitte Täubl, Organisation Elisabeth Theisohn, Konzeption und Moderation

Familienkonzert 4 + 28. Oktober 2016 | 9 und 11 Uhr (für Kindergärten und Grundschulen) 29. Oktober 2016 | 14.30 und 17 Uhr (öffentlich) 30. Oktober 2016 | 11 Uhr (öffentlich) 12. März 2017 | 11 und 15 Uhr (öffentlich)

Freiburg, Ensemblehaus

Familienkonzert 8 + 18. Dezember 2016 | 15 und 17 Uhr

Freiburg, Ensemblehaus

Landesjugendbarockorchester 2. – 5. Januar 2017

Freiburg, Ensemblehaus Masterclass 13. Januar 2017 | 17 – 20 Uhr

Freiburg, Ensemblehaus Konzert statt Schule! (Klasse 10 – 12) 9. Mai 2017 | 9.30 und 11.30 Uhr

Freiburg, Ensemblehaus

In den letzten Jahren häufen sich die Medienberichte, wonach Musik in der Schulbildung eine immer geringere Bedeutung zukommt. Das Freiburger Barockorchester hat sich vor vielen Jahren dazu entschieden, dem mit einem eigenen Education-Programm entgegenzuwirken und junge Menschen in vielerlei Formaten an die Musik, insbesondere an die ältere Musik, heranzuführen. „Konzert statt Schule!“ lautet das provokative Motto.

Auch in der Saison 2016/17 ist Kleinkindern sowie Schülerinnen und Schülern einiges geboten: Familienkonzerte für Kinder ab 4 Jahren (4 +), ab 8 Jahren (8 +), moderierte Konzerte für Schüler der Klassen 10 – 12 und eine Art Meisterkurs für das Fagott. Außerdem intensivieren wir die Kooperationen mit Lehrerinnen und Lehrern der Musikschule, mit Schulklassen, Schulorchestern und Kindergärten der Region. Das bedeutet, dass einzelne Musiker die Bildungseinrichtungen besuchen werden, um ihr Wissen, ihr Können und ihre Begeisterung für die historische Spielweise weiterzugeben und Neugier zu wecken. Ein Konzert im Ensemblehaus bildet dann den krönenden Abschluss einer solchen Zusammenarbeit. Derzeit suchen Brigitte Täubl und Elisabeth Theisohn den Kontakt zu Integrationsklassen mit geflüchteten Kindern. Für das 4 +-Konzert Ende Oktober und im März stellen unsere Hornisten Bart Aerbeydt und Gijs Laceulle ihre Instrumente in den Mittelpunkt: „tupadibaduuu!“ erzählt ohne Worte, ganz durch die Bewegung und den Klang skurriler Instrumente die Geschichte „…was wohl passiert wäre, wenn die Hörner nicht dagewesen wären“.

der beeindruckendsten Werke des Frühbarock, Claudio Monteverdis Marienvesper, zu sammeln. Damit ehren wir den Komponisten, der 2017 sensationelle 450 Jahre alt geworden wäre. Die Masterclass gibt in dieser Saison unser Fagottist Javier Zafra. Auch dieser Kurs richtet sich ausdrücklich an Musikschüler, die zunächst Vivaldis Fagottkonzert hören und anschließend im Kreise von 3 bis 4 Mitstreitern, weiteren Schülern, Lehrern und Eltern die Welt der historischen Aufführungspraxis am eigenen Leib erfahren können. Seit 2015 gibt es nun auch ein Landesjugendbarockorchester (LJBO), das der FBO-Geiger Gerd-Uwe Klein ins Leben gerufen hat. Dieses Jugendorchester steht unter der Schirmherrschaft des FBO und wird in den Räumen des Ensemblehauses proben, wobei die Profis als Dozenten und Ansprechpartner mit Rat und Tat beiseite stehen werden. Bei den vielfältigen Angeboten darf man nicht nur hinter die Kulissen schauen, sondern auch hautnah die Arbeit an den Stücken, das Ensemblehaus und die Menschen hier erleben.

Etwas ältere Kinder von 8 Jahren aufwärts werden kurz vor Weihnachten gebeten: „Kommet zuhauf !“ zu unserem „Weihnachtsoratorium familiär“. Kein Geringerer als HansChristoph Rademann, langjähriger Leiter des RIAS Kammerchors und Chef der Bachakademie Stuttgart, wird selbst die Moderation des Bach-Klassikers übernehmen. Im Mai geht eine neuerliche Einladung „Invitatorium“ diesmal an Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 – 12, vertiefte theoretische Kenntnisse und praktische Einblicke in eines 19 18


Philippe Jaroussky!

G. Ph. Telemann Ouvertüre zur Matthäus-Passion TWV 5 : 53 Kantate „Der am Ölberg zagende Jesus“ TWV 1: 364 Ouvertüre zu „Der für die Sünde der Welt leidende und sterbende Jesus“ (‘Brockes-Passion’) TWV 5 :1 Kantate „ Jesus liegt in letzten Zügen“ TWV 1: 983 J. S. Bach Sinfonia zur Kantate BWV 18 „Gleich wie der Regen und Schnee vom Himmel fällt“ Sinfonia zur Kantate BWV 196 „Der Herr denket an uns“ Sinfonia zur Kantate BWV 21 „Ich hatte viel Bekümmernis“ Kantate BWV 82 „Ich habe genug“ Philippe Jaroussky Alt Ann-Kathrin Brüggemann Oboe Freiburger Barockorchester Petra Müllejans Violine und Leitung

4. November 2016 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal

14. November 2016 | 20 Uhr

Barcelona (E), Palau

6. November 2016 | 20 Uhr

25. Januar 2017 | 20 Uhr

München, Prinzregententheater

Amsterdam (NL), Concertgebow

8. November 2016 | 20 Uhr

27. Januar 2017 | 20 Uhr

Hamburg, Laeizhalle

Gütersloh, Theater

10. November 2016 | 20 Uhr

29. Januar 2017 | 19 Uhr

Frankfurt a. M., Alte Oper

Brüssel (B), Bozar

12. November 2016 | 20 Uhr

31. Januar 2017 | 20 Uhr

Madrid (E), Auditorio Nacional

Düsseldorf, Tonhalle

Im vergangenen Jahr hat sich das FBO mit dem Altisten Philippe Jaroussky nach dessen Sabbatjahr wieder getroffen, um ein für den Sänger ungewöhnliches, weil deutschsprachiges Repertoire zu erarbeiten: Kantaten von Bach und Telemann. Herausgekommen ist eine neue CD und ein ergreifendes Konzert im Berliner Konzerthaus. Nun geht dieses Projekt auf große Tour.

Die Tour ist groß ausgelegt: Den Anfang macht im November ein Sonderkonzert im Konzerthaus Freiburg, dann geht es nach München, Hamburg, Frankfurt, Barcelona und Madrid. Im Januar schließen sich noch die Konzertorte Amsterdam, Gütersloh, Brüssel und Düsseldorf an. Die Passionskantaten „Der am Ölberg zagende Jesus“ und „Jesus liegt in letzten Zügen“ von Telemann sowie Bachs „Ich habe genug“ bildeten für Jaroussky erstmals den Anlass, sich mit Vokalmusik in deutscher Sprache zu beschäftigen. Seine zarte, klare und ungemein bewegliche Stimme führt uns dabei einen ganz ungewohnten Blick auf diese von baritonalen oder gar bassgefärbten Interpreten dominierten Stücke vor. So kann man den Eindruck gewinnen, hier bete nicht so sehr ein reifer, vom Leid geprüfter Jesus mit sonorer Stimme zu seinem himmlischen Vater, sondern eher ein Kind, sein Kind, der Menschen- und Gottessohn, in zerbrechlichem, fragilem Ton. Das wirkt in hohem Maße anrührend, es berührt ganz unmittelbar, es nimmt einen dramatischen Zug an, der das Publikum sofort ansteckt. Dies fand im Dezember 2015 auch die Presse, wenn sie schwärmte: „Und in einer der schönsten Bach-Arien, ‚Schlummert ein, ihr matten Augen‘, findet der Countertenor zu einem Pianissimo, das schon nicht mehr von dieser Welt ist und den Grundcharakter dieser Musik auf wundersame Weise einfängt“ (Kulturradio RBB). Das FBO und besonders unsere Oboistin Ann-Kathrin Brüggemann werden zu „gleichberechtigten Partnern der Singstimme mit einer zu Herzen gehenden Intensität“.

kompromisslos ignoriert. Diese Auseinandersetzung kulminiert in der letzten Arie von Bachs Kantate, wenn es heißt: „Ich freue mich auf meinen Tod“ – ein Satz, den heute sicherlich kaum einer so unterschreiben würde, ein Satz, der eine Herausforderung für jeden Menschen, religiös oder nicht, darstellt. Für Bach und seine Zeitgenossen war diese Freude ein zentraler Schlüssel zur Bewältigung des irdischen Lebens, eines Lebens also, das nicht die Erwartung hegen durfte, das 80., ja sogar das 70. Jahr zu erreichen. Häufige und nicht zu heilende Krankheiten und eine frühe Sterblichkeit bestimmten das Dasein. Den Menschen des Barock, einer Epoche, welche wie keine Andere die Vergänglichkeit zu ihrem wesentlichen Thema gemacht hat, war daher das Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu ein Vorbild für die eigene, individuelle Haltung zum Leben. Eingerahmt werden die Kantaten von themenverwandten Instrumentalsinfonien: zur Brockes- und Matthäuspassion von Telemann sowie zu drei Bachkantaten (BWV 18, 196 und 21). Letztere bilden eine Art Suite oder eine dreisätzige Sinfonia zur Einstimmung auf eine der populärsten Bachkantaten überhaupt.

Das Thema der Stücke, der Tod und die Überwindung seines Schreckens durch die Vorfreude auf den Himmel, entfalten die Musikerinnen und Musiker zu einem Seelendrama, das jede Tabuisierung des Sterbens in unserer heutigen Zeit 21 20


Mozart | Requiem

W. A. Mozart Requiem d-Moll KV 626, in der Komplettierung von Pierre-Henri Dutron (2016) J. Haydn Messe B-Dur „Harmoniemesse“ Hob. XXII :14 Sophie Karthäuser Sopran Marie-Claude Chappuis Alt Maximilian Schmitt Tenor Johannes Weisser Bass RIAS Kammerchor Freiburger Barockorchester

Das Freiburger Barockorchester und René Jacobs führen erstmals die gerade entstandene Vervollständigung des „Requiems“ von Mozart auf, die der französische Komponist Pierre-Henri Dutron angefertigt hat. Diese stellt sich dem Anspruch, eine ebenso akkurate wie zeitgemäße Auseinandersetzung mit dem legendären Vermächtnis des großen Klassikers zu sein. Wir dürfen auf die Konzertreihe sehr gespannt sein!

René Jacobs Dirigent

23. November 2016 | 20 Uhr

27. November 2016 | 20 Uhr

24. November 2016 | 20 Uhr

4. Dezember 2016 | 19.30 Uhr

Stuttgart, Liederhalle | Beethovensaal Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal 25. November 2016 | 20 Uhr

Paris (F), Philharmonie 26. November 2016 | 20 Uhr

Essen, Philharmonie

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal Zürich (CH), Tonhalle

„Es ist die beste Version des Requiems, die ich jemals gesehen habe“, sagt René Jacobs am Telefon bei einem der vielen Gespräche im Vorfeld der Projektplanung. Der Maestro hat es sich nicht leicht gemacht: Jede Fassung wurde genau unter die Lupe genommen, inspiziert und auf den Prüfstand gestellt. Und das sind nicht wenige, allein zehn in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts! Jacobs und die Dramaturgie des FBO haben zusammen Vieles erwogen, Noten gesucht, bestellt, gesichtet und verworfen: Es sollte nicht irgendeine Wiedergabe des „Requiems“ werden, sondern ein weiterer Meilenstein in der verwickelten Geschichte dieses Stücks. Dies auch insbesondere deshalb, weil eine neue CD bei Harmonia Mundi dabei entstehen wird. Als sich dann abzeichnete, dass Pierre-Henri Dutrons Fassung zur rechten Zeit zur Verfügung stehen würde, war die Entscheidung klar. Dutron ist selbst auch Dirigent und Komponist, der sich in vielen historischen und aktuellen Genres heimisch fühlt. So hat er Filmmusik für französische Produktionen geschrieben aber auch, aufbauend auf sein Studium der Barockvioline an der Scola Cantorum Basiliensis, Stücke für Ältere-Musik-Ensembles. Das Einfühlen in einen anderen Stil ist ihm also mehr als vertraut. Seine intensive Art des Einlebens in das Requiem und die Umstände seiner Entstehung vergleicht er mit „einer Art Archäologie der innerlichen Genese“, indem man „die Ruinen betrachtet“. Das sind beste Voraussetzungen für respektvolle Verbesserung der historischen Fassung, die Franz Xaver Süßmayr unmittelbar nach Mozarts Tod erstellt hat. „Es ist unmöglich zu wissen“, so Dutron, „was Mozart geschrieben hätte, wenn er in Lage gewesen wäre, sein Requiem zu vollenden. Es ist aber durchaus möglich die Ganzheit seines Oeuvres in den Blick zu nehmen (was noch nicht einmal vor 100 Jahren,

geschweige denn für Süßmayr der Fall war), um die Entwicklung, besonders der späten Werke, zu verstehen und zu sehen, wie sich ein Weg abzeichnet.“ Diesen Weg hat Dutron aufgenommen und verfolgt ihn radikal bis zum Ende weiter. Für die Vokalpartien haben wir exzellente Partner gefunden. Neben dem herausragenden RIAS Kammerchor werden die Solisten Sophie Karthäuser (Sopran), Marie-Claude Chappuis (Alt), Maximilian Schmitt (Tenor) und Johannes Weisser (Bass) auf der Bühne stehen – ein Gespann, das schon viel mit dem Dirigenten und dem FBO zusammengearbeitet hat, etwa für Mozarts „La Finta Giardiniera“ oder für Haydns „Die Schöpfung“. Wir werden diese Erstaufführungen im November und Dezember 2016 im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle, im Konzerthaus Freiburg, in den Philharmonien von Paris, Essen, Berlin und in der Tonhalle Zürich geben. Abschließend produzieren wir die CD in den Berliner Teldex-Studios.

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» Die Musik –   Stille und Klang wie    Schatten und Licht «


Weihnachtsoratorium

J. S. Bach „Weihnachtsoratorium“ BWV 248 I – III, VI Anna Lucia Richter Sopran Anke Vondung Alt Maximilian Schmitt Tenor Roderick Williams Bass RIAS Kammerchor Freiburger Barockorchester Hans-Christoph Rademann Dirigent

Hans-Christoph Rademann, der Leiter der Stuttgarter BachAkademie, war einige Jahre auch Chef des RIAS Kammerchors und hat wiederholt erfolgreich mit dem Freiburger Barockorchester zusammengearbeitet, zuletzt bei der hoch gelobten Einspielung der h-Moll Messe von Bach. Wenn nun im Dezember das obligatorische „Weihnachtsoratorium“ auf dem Programm steht, dann streben wir eine hochkarätige, lebendige Wiedergabe an, jenseits jeder vermeintlichen Festtagsroutine. Es geht darum, dieses unglaubliche, vom Evangelisten Lukas übermittelte Geschehen ins Jetzt zu übertragen, frei nach Bachs Eingangschor: „Rühmet, was heute der Höchste getan“. Die Weihnachtsgeschichte ist kein historisches Krippenspiel, sondern die Erinnerung an ein Geschehen, das jeden Tag erneut Aktualität beanspruchen darf, ebenso wie die Musik Bachs.

Amsterdam (NL), Concertgebouw

18. Dezember 2016 | 15 und 17 Uhr Familienkonzert 8+, Ensemblehaus Freiburg*

14. Dezember 2016 | 20 Uhr

19. Dezember 2016 | 20 Uhr

Wiesbaden, Kurhaus

Dijon (F), Opéra

16. Dezember 2016 | 19 Uhr

Baden-Baden, Festspielhaus

20. Dezember 2016 | 20 Uhr Lyon (F), Auditorium

17. Dezember 2016 | 18.30 Uhr Luzern (CH), KKL

22. Dezember 2016 | 19.30 Uhr Wien (A), Konzerthaus

13. Dezember 2016 | 20.15 Uhr

Freiburg – Stuttgart – Berlin. Dies sind nicht nur die drei Abonnementspielorte des FBO, sondern diese Städte symbolisieren auch die Kooperation zwischen dem FBO, Hans-Christoph Rademann und dem RIAS Kammerchor, die sich nun erstmals mit gemeinsamen Aufführungen des Bachschen Weihnachtsoratoriums realisiert.

Die Konzerttour wird zwei Wochen im Dezember dauern und führt auf die bekanntesten Bühnen Europas: das Concertgebouw Amsterdam, das Kurhaus in Wiesbaden, das Festspielhaus in Baden-Baden, das KKL am Vierwaldstätter See, in die Opéra Dijon, das Auditorium Lyon und schließlich ins Konzerthaus Wien. Freiburger Familien des FBO können sich allerdings auch freuen, denn hier gibt es ein besonderes Event: Im Rahmen unserer Jugendarbeit wird Hans-Christoph Rademann ein Familienkonzert im Ensemblehaus moderieren. Im „Weihnachoratorium familiär“ mit FBO und Sängern der Hochschule für Musik Freiburg erklingen ausgewählte Stücke und werden bildhaft vom Maestro erklärt.

Es ist die erste Kooperation zwischen Rademanns „altem“ Chor, Rademann selbst und dem FBO. Dazu kommt eine erstklassige Solistengruppe: Anna Lucia Richter (Sopran), die kürzlich bei Telemanns Passionsoratorium „Seliges Erwägen“ beeindruckt hat, Anke Vondung (Alt), die bereits in der genannten Einspielung der h-Moll Messe zu hören ist, Maximilian Schmitt, der auch die Tenorpartien in Mozarts „Requiem“ und Haydns „Harmoniemesse“ singt, und der britische Bassbariton Roderick Williams, der des Öfteren mit dem RIAS Kammerchor zusammengearbeitet hat.

* Solisten und Chor der Hochschule für Musik Freiburg 27 26


Concerti all’arrabbiata

A. Corelli Concerto grosso B-Dur op. 6, Nr. 11

Daniela Lieb Flöte

G. B. Platti Concerto für Oboe g-Moll

Ann-Kathrin Brüggemann Oboe

A. Vivaldi Concerto für Fagott Es-Dur RV 483

Lorenzo Coppola Chalumeau

Fr. Geminiani Concerto grosso d-Moll „La Follia“ (arr. von A. Corellis Sonate op. 5,12)

Javier Zafra Fagott

G. Ph. Telemann Sinfonia TWV 50:1 in G-Dur „Grillen-Sinfonie“ Concerto für zwei Hörner Es-Dur TWV 54:Es1 G. Fr. Händel Concerto grosso B-Dur op. 6, Nr. 7 HWV 325

20. Januar 2017 | 20 Uhr

16. Januar 2017 | 20 Uhr

22. Januar 2017 | 15 Uhr

Stuttgart, Liederhalle | Mozartsaal 18. Januar 2017 | 20 Uhr

Lörrach, Burghof 19. Januar 2017 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal

Dane Roberts und James Munro Kontrabass Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

Das Freiburger Barockorchester serviert Konzerte wie ein pikantes Nudelgericht: Concerti all’arrabbiata versprechen Vergnügen an der Spielfreude, an scharfen Harmonien und tomatig-süßen Melodien. Eine echte Versuchung nicht nur für die Gourmets unter den Barockliebhabern.

Die Musiker des Freiburger Barockorchesters sind passionierte Spieler. Da stand es längst einmal an, ein Programm zu entwerfen, bei dem möglichst viele Instrumentalisten zeigen können, was sie so drauf haben. Herausgekommen sind die „Concerti all’arrabbiata“, also Konzerte italienischer Provenienz mit chilliartiger Note: scharf, schnell, intensiv. Insbesondere die Bläser sollen zu nicht kurz kommen, weshalb gleich mehrere Bläserkonzerte zu hören sind.

15. Januar 2017 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal

Bart Aerbeydt und Gijs Laceulle Horn

Arnheim (NL), Musis Sacrum Gent (B), De Bijloke

Über das Leben des in Padua geborenen Giovanni Benedetto Platti ist wenig bekannt. Nach ersten Karriereschritten in Venedig zog es ihn in die deutschen Landen. Man findet ihn in Anstellungen in Bamberg und Würzburg, wo er eine deutsche Sängerin heiratete, mit ihr acht Kinder bekam und im Alter von 66 Jahren starb. Nicht nur seine Frau Maria Theresia Langsprücker war Sängerin; auch Platti selbst war mit einer guten Tenorstimme begabt, weshalb er dem Würzburger Hof nicht nur als Instrumentalist, sondern auch als Gesangslehrer diente. Möglicherweise deshalb weisen auch seine Instrumentalwerke, Sonaten und Concerti für Violine, Cello, Flöte und Oboe, einen ausgesprochen gesanglichen Charakter auf. Das g-Moll Oboenkonzert gehört zu den heute recht häufig gespielten Stücken aus seinem Œuvre.

Georg Philipp Telemann ließ sich nicht nur vom Stil des französischen Hofs inspirieren. Der polyglotte Komponist schielte auch gelegentlich über die Alpen, wie zahlreiche italienische Concerti beweisen. Ein Traum jedes Hornisten sind seine Konzerte für ein bis vier Hörner. Das Konzert für zwei Hörner (TWV 54:Es1) stammt aus der so genannten Tafelmusik (3. Production), in der Telemann seine geschmackvollsten Instrumentalkompositionen zu einem erlesenen Menü zusammengestellt hat. Hier können die Hornisten in den langsamen Sätzen im Klang der Hornquinten schwelgen und in den schnellen ihre Intonationssicherheit unter Beweis stellen. Gerahmt sind diese Solo-Konzerte durch das gemeinsame Konzertieren in Concerti grossi Arcangelo Corellis, Francesco Geminianis und des italianisierenden Georgio Federico Händel. Doch bilden diese Gruppenkonzerte alles andere als Inseln der Geruhsamkeit. Die würzige Note bleibt weiter erhalten, nicht zuletzt im Konzert des „fuchsteufelswilden“ (furibondo) Geminiani und seiner Variation des als „Follia“ (Tollheit) bekannten Satzmodells.

Antonio Vivaldi hingegen war ein Star und muss nicht eigens vorgestellt werden. Er schrieb eine ganze Reihe von Konzerten für das Fagott, diesem in der Sololiteratur eher stiefmütterlich bedachten Instrument. Sein Fagottkonzert Es-Dur RV 483 ist zwar längst nicht so bekannt wie seine Geschwisterwerke für Violine, doch mit seinem Presto-Satz zu Beginn kann es als eines der virtuosesten und schönsten Konzert der Barockära bezeichnet werden. 29 28


Der Friede sei mit Dir

Erneut widmet sich das Freiburger Barockorchester dem Bach’schen Kantatenwerk. Und wiederum arbeitet es dafür mit einem Weltklasse-Sänger zusammen: Matthias Goerne. Die drei Bass-Kantaten „Der Friede sei mit Dir“, „Ich habe genug“ und „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ gehören wohl zu den bekanntesten und beliebtesten Kantaten überhaupt. Das Ergebnis dieses Projekts wird nicht nur an ausgewählten Orten Europas aufgeführt, sondern auch auf einer neuen CD festgehalten. J. S. Bach Sinfonia aus Kantate BWV 42 „Am Abend aber“ Kantate BWV 56 „Ich will den Kreuzstab gerne tragen“ Kantate BWV 158 „Der Friede sei mit Dir“ Konzert d-Moll für Oboe und Violine BWV 1060R Kantate BWV 82 „Ich habe genug“ E.-Cl. J. de la Guerre * Sonate B-Dur Matthias Goerne Bass-Bariton Katharina Arfken Oboe Chorsolisten Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

12. Februar 2017 | 20 Uhr *

Göteborg (S), Konzerthus 16. Februar 2017 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal 17. Februar 2017 | 20 Uhr

Istanbul (TR), Ish-Bank

Matthias Goernes Stimme ist ein Phänomen, das sich nicht leicht in Schubladen stecken lässt. Ihr Umfang reicht von der Basslage bis zu einem sehr hohen Bariton, der Ausdruck kann ebenso schwarz wie warm, das Timbre kehlig, nasal, gehaucht oder auch sehr lyrisch sein. Entsprechend vielseitig ist das Repertoire, das Goerne interpretiert: neben Schubert, das eigentliche Zentrum seines Schaffens, treten Schumann, Wagner, Mahler, Wolf, Eisler und immer wieder auch Bach. Goerne hat sich der deutschen Sprache verschrieben. Seine Interpretationen vollbringen eine Verschmelzung des musikalischen Klangs mit dem Wort. Sie lassen das gesungene Wort als eine Einheit erscheinen, als ob der Gedanke und der Ton niemals getrennt gewesen wären. Musikalität und Intelligenz verbinden sich bei Goerne auf glückliche Weise. Die drei herausragenden Bass-Kantaten von Bach gehören schon lange zu Goernes Kernrepertoire. 2000 hat er eine Einspielung mit Roger Norrington und der Camerata Academica Salzburg vorgelegt, die vielbeachtet wurde, z. B. war sie für den Grammy nominiert. Doch das ist nun 16 Jahre her und es wird Zeit, sich mit dem größeren Abstand abermals diesen Stücken zu widmen; diesmal mit dem Freiburger Barockorchester. Das FBO setzt mit diesem Projekt seine Beschäftigung mit den Kantaten des Leipziger Thomaskantors fort, die sich in der jüngsten Vergangenheit in der Arbeit mit Sängerinnen und Sängern wie Carolyn Sampson oder Philippe Jaroussky manifestiert hat. Und wie mit diesen beiden wird auch mit Goerne eine CD aufgenommen.

Zwei der Kantaten, „Der Friede sei mit Dir“ und „Ich habe genug“, komponierte Bach für Mariä Lichtmess am 2. Februar. Vierzig Tage lang galt eine jüdische Frau nach der Geburt eines Jungen als unrein und musste sich dann zum Reinigungsfest in den Tempel begeben. Dort begegnete Maria dem hochbetagten Propheten Simeon, der im Jesuskind den Messias erkannte und einen Lobgesang anstimmte. Beide Kantaten beziehen sich auf die Freude Simeons, den Heiland gesehen zu haben, und seine Erleichterung darüber, nun endlich voller Friede und Zuversicht von dieser Welt scheiden zu können. Sätze wie „Ich freue mich auf meinen Tod“, die heute sicherlich zunächst Befremden auslösen, erhalten vor diesem Hintergrund ihre Berechtigung. Die „Kreuzstabskantate“ reiht sich in die Simeons-Thematik ein, indem sie körperliches Leid und Schmerzen in den Mittelpunkt rückt, welche das Leben begleiten und die der Gläubige erträgt in der Hoffnung auf Erlösung von den Gebrechen am Ende des Lebenswegs. Der Choral „Komm o Tod, du Schlafes Bruder“ drückt an ihrem Ende in einfacher und berührender Form die Friedlichkeit der christlichen Todeserwartung aus.

19. Februar 2017 | 20 Uhr

Moskau (RUS), Tchaikowsky Concert Hall 21. Februar 2017 | 20 Uhr

Rotterdam (NL), De Doelen 31 30


Così fan tutte

W. A. Mozart Così fan tutte ossia La scuola degli amanti KV 588 Robin Johannsen Fiordiligi Sophie Harmsen Dorabella NN Guglielmo Mark Milhofer Ferrando Sunhae Im Despina Marcos Fink Don Alfonso Lokale Chöre Freiburger Barockorchester René Jacobs Leitung

26. Februar 2017 | 18 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal

30. April 2017 | 20 Uhr

Shanghai (CN), Grand Theatre

22. April 2017 | 19 Uhr

2. Mai 2017

Köln, Philharmonie

Asien

24. April 2017 | 20.30 Uhr

Barcelona (E), Palau de la Música 28. April 2017

Korea

Fort mit dem inszenatorischen Schnickschnack! Volle Konzentration auf Handlung und Musik! So lautet das Motto des „Prinzip Jacobs“, also jener radikalen Absage ans Regietheater, die der belgische Dirigent seit Jahren mit Erfolg erteilt. Bei keinem Stück leuchtet das so unmittelbar ein, wie bei Mozarts und Da Pontes spätem Kammerspiel „Così fan tutte“. Das Freiburger Barockorchester lädt zum Finale des Da-Ponte-Zyklus’ ein.

Zu Beginn des Stücks ist eigentlich alles in bester Ordnung: Es gibt zwei glückliche Liebespaare und man(n) ist sich sicher, dass keinerlei Untreue dem Liebesglück je schaden könnte. Jugendlicher Leichtsinn? Zumindest sieht dies Don Alfonso so. Als „alter Philosoph“ hat er vermutlich zu viel erlebt, um den jungen Romanzen über den Weg zu trauen. Zynisch und mephistophelisch bietet er den jungen Herren Offizieren, Ferrando und Guglielmo, eine Wette an, bei der Alfonso jedes Mittel einsetzen darf, um die Untreue der Damen, Fiordiligi und Dorabella, zu beweisen. Denn es lautet die Überzeugung Alfonsos: So machen es alle, „così fan tutte“. Nun wird der alte Zyniker zum experimentellen Philosophen. Die weibliche Moral wird einer Prüfung unterzogen. Die Liebhaber täuschen einen Kriegseinsatz vor und kehren als fremdländische Kavaliere zurück, um die einsamen Frauenherzen – freilich überkreuz – zu betören. Ein perfides Spiel beginnt, das nicht nur die Frauen im schlechten Licht erscheinen lässt – Fiordiligi blockt die Annäherungsversuche sogar vergleichsweise lange ab – sondern auch die Männerherzen als mindestens ebenso wankelmütig und durchtrieben erweist. Als dann nach zwei Akten voller Intrigen und Wechselbädern der Gefühle alles in Schutt und Asche zu liegen scheint, schlägt die eigentliche Stunde des Philosophen. Er hat die armen Seelen nicht grundlos gequält und kann den beiden Paaren einen wertvollen Rat mit ins Leben geben: Verzeiht einander, vergesst, was geschehen ist, umarmt Euch und denkt immer daran, wie fragil die Liebe ist. Stellt Euch nicht über andere. Sucht die Liebe zu erhalten und wiegt Euch niemals in falsche Gewissheit. So lautet der „Examensspruch“ dieser Schule der Liebenden.

Als „konzertant“ sind Jacobs’ Opernaufführungen ohne Bühnenbild und Requisite nicht zu bezeichnen; halbszenisch trifft es besser. Denn die Sänger können – und dies ist eine der erstaunlichsten Folgen dieser Darbietungsweise – befreit von undurchdringlichen Regiekonzepten so spielen, wie es die eigentliche Dramaturgie der Stücke vorsieht. Die Spielfreude ist überwältigend und wirkt ansteckend auf das Publikum. Man ist versucht, von einer „neuen Lebendigkeit“ auf der Opernbühne zu sprechen. Wie zuvor mit „Le Nozze di Figaro“ und „Don Giovanni“ erklingt auch „Così fan tutte“ als „Heimspiel“ im Konzerthaus Freiburg. Die Produktion geht anschließend auf Tour, die diesmal nach Köln, Barcelona, Korea und China führt. Die exzellenten Solisten werden dabei von jeweils lokalen Chören unterstützt. Freuen wir uns auf ein Wiederhören mit Mozart, Da Ponte, dem FBO und René Jacobs!

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Mendelssohn pur

Mit „Mendelssohn pur“ präsentieren das Freiburger Barockorchester, Pablo HerasCasado und Isabelle Faust ein reines Mendelssohn-Programm in der klassischen Anordnung: Ouvertüre – Konzert – Sinfonie. Die Interpretationen romantischer Musik des FBO stellen die Vielseitigkeit des Ensembles unter Beweis und ernten viel Lob bis hin zu wahren Begeisterungstürmen. Mit der tonmalerischen Hebriden-Ouvertüre, dem Violinkonzert und der Reformationssinfonie entsteht ein charakteristisches und abwechslungsreiches Portrait des „Klassikers“ unter den Romantikern.

F. Mendelssohn Hebriden-Ouvertüre op. 26 Violinkonzert e-Moll op. 64 Sinfonie Nr. 5 D-Dur op. 107 „Reformation“ Isabelle Faust Violine Freiburger Barockorchester Pablo Heras-Casado Dirigent

17. März 2017 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal

26. März 2017 | 20 Uhr

Zürich (CH), Tonhalle

18. März 2017 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal

Soli Deo Gloria-Festival Braunschweig

22. März 2017 | 20 Uhr

15. Juni 2017 | 20 Uhr

Barcelona (E), L’Auditori

Wolfsburg, Theater

23. März 2017 | 20 Uhr

Bilbao (E), Sociedad Filarmonica

Bereits die jüngst erschienene CD des Freiburger Barockorchesters und Pablo Heras-Casado mit den Sinfonien Nr. 3 und 4 von Mendelssohn war ein „Volltreffer“. Die Presse lobt die Brillanz, die Präzision, aber auch die delikaten und feinen Klangmischungen, die „Vertrautes wie frisch komponiert erscheinen“ lassen (Georg Rudiger in der Saarbrücker Zeitung). Im 2. Quartal des Jahres 2016 wurde der Aufnahme daher auch der Preis der deutschen Schallplattenkritik verliehen. Die fachkundige Jury der renommierten Auszeichnung bewunderte „die Abgrenzung gegenüber beschaulicher Gelassenheit“ sowie die Bindung des „musikalischen Gesamtverlaufs in einen hinreißenden Klangfluss ein, der imprägniert ist von den historisch inspirierten Orchesterfarben der Freiburger“. Nun widmet sich das Gespann in zahlreichen Konzerten inklusive CD-Produktion der 5. Sinfonie, die ihrer hohen Opuszahl zum Trotz bereits 1830 in der Zeit des Abschlusses von Mendelssohns großen Europareisen entstand. Mit diesem Werk wollte der junge Komponist, den seine jüdischen Eltern als Kind protestantisch taufen ließen, der Confessio Augustana von 1530, dem Augsburger Bekenntnis der lutherischen Reichsstände zum reformierten Glauben gedenken. Dies gilt als Grundlage der lutherischen Kirchen in Deutschland. Entsprechend ist die Sinfonie durchzogen von Zitaten geistlicher Musik, aus dem gregorianischen Magnificat, dem Dresdner Amen und dem Lutherchoral „Ein feste Burg ist unser Gott“, das die Grundlage von Variationen im letzten Satz bildet. Die Aufführungen der „Reformationssinfonie“ können als unser Beitrag zum Reformationsjahr 2017 verstanden werden.

Die Hebriden-Ouvertüre stammt ebenfalls aus der Entstehungszeit der Sinfonie und verarbeitet den überwältigenden Eindruck, den die Schottische Inselwelt beim reisenden Komponisten hinterließ: Wind, Wellen, Donnergrollen, Möwengeschrei stellte er wie ein musikalischer Landschaftsmaler dar. Mit Isabelle Faust verbindet das FBO ebenfalls eine Erfolgsgeschichte: die unter Heras-Casados Dirigat entstandene Einspielung des Violinkonzerts von Robert Schumann hat neben dem Preis der deutschen Schallplattenkritik auch den prominenten ECHO 2015 erhalten. Wir freuen uns daher, dass Isabelle Faust bei diesem Mendelssohn pur-Programm das beliebte Violinkonzert des Gewandhausmeisters interpretieren wird. Auch hierbei ist zu erwarten, dass ein frischer Blick auf das Vertraute geworfen wird. Unmittelbares NeuErleben, auch der häufig gespielten Repertoirestücke, bildet den Kern von Fausts künstlerischem Credo.

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Don Juan und Himmelfahrt

Chr. W. Gluck Ballettmusik „Don Juan ou le festin de pierre“ L. Boccherini Sinfonie op. 12 Nr. 4 d-Moll „La casa del diavolo“ W. A. Mozart Haffner-Serenade D-Dur KV 250 Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

5. April 2017 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal 6. April 2017 | 20 Uhr

Hildesheim, Stadthalle 7. April 2017 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal 8. April 2017 | 20 Uhr

Stuttgart, Liederhalle | Mozartsaal

Das Freiburger Barockorchester tritt eine musikalische Höllenfahrt mit Gluck und Boccherini an, die den Frauenverführer und Mörder Don Juan bei seinen letzten Missetaten begleitet. Und dies bevor Mozart seine unsterbliche Opernmusik dazu komponierte. Die musikalischen Parallelen zwischen Glucks Ballett und Boccherinis Sinfonie sind frappierend, und auch Mozarts spätere „Oper aller Opern“ klingt bereits durch. Mit Mozart jedoch wollen wir das Konzert ins Heitere, ja Himmlische wenden. Die Haffner-Serenade gehört sicherlich zu seinen beglückendsten Kompositionen.

Mit diesem Konzert möchte das Freiburger Barockorchester musikalisch zwei Sphären verbinden, die sich ansonsten eher unversöhnlich gegenüberstehen: Himmel und Hölle. Wir beginnen mit Don Juan. Die Geschichte des verführenden und tötenden Wüstlings im Gewand eines spanischen Edelmanns ist alt, ihre erste Dramatisierung erfuhr sie im frühen 17. Jahrhundert. Auch der französische Hofdramatiker Molière fertigte 1665 ein Theaterstück „Don Juan ou le festin de pierre“ (Don Juan oder der steinerne Gast) an. Dies war sehr verbreitet und bildete die Vorlage für ein Ballett, das der Opernreformator Christoph Willibald Gluck rund hundert Jahre später nach einem Libretto von Ranieri de’ Calzabigi komponierte. Das historisch Besondere an diesem Ballett ist, dass es ein frühes Beispiel für ein eigenständiges Handlungsballett darstellt. Es ist also kein Gesellschaftstanz und auch nicht in den Zusammenhang einer Oper eingebettet, sondern besitzt ein eigenes Libretto, das allein mit Mitteln der Musik und Körperbewegung umgesetzt werden sollte. Damit erfüllte es die modernsten Forderungen, die Glucks Choreograf Gasparo Angiolini und der Tanztheoretiker Jean-Georges Noverre in dieser Zeit formulierten. Glucks Musik war so aufregend und eindrücklich, dass insbesondere die gruseligen, schaurigen Passagen noch bis zu Mozarts „Don Giovanni“ nachklingen werden. Mehr als nur eine Zwischenstation ist der dreißig Jahre jüngere Bewunderer Glucks, Luigi Boccherini. Er diente dem Wiener Burgtheater und dem Theater am Kärntner Tor als Cellist, als Gluck und Angiolini dort ihren „Don Juan“ aufführten. Er kannte das Stück also sehr gut und es ließ ihn nicht wieder los. Einige Jahre später – da war Boccherini bereits als Kammerkomponist und -virtuose des Infanten Don Luis Antonio in Spanien

tätig – mag ihn das Lokalkolorit wieder an das spanische Drama und Glucks Musik dazu erinnert haben. Ihm schwebte eine Sinfonie vor in Glucks Höllenfahrtstonart d-Moll, die Vergleichbares zum Ausdruck bringt. „La casa del Diavolo“, „Das Haus des Teufels“ nannte er das Ergebnis und spielte damit auf die Höllenfahrt des Schurken Don Juan an. Doch auch musikalisch holte er sich vielfach Inspiration bei dem Vorbild aus Wien. „Ciaccona che rappresenta l’Inferno, composta a imitazione di quella del Sig. Gluck nel suo Festin de Pierre“, also „Chaconne, die die Hölle darstellt, komponiert, um diejenige aus Herrn Glucks Steinernen Gasts zu imitieren“ hat Boccherini daher den Allegro-Teil des dritten Satzes überschrieben. Für den zweiten Programmteil wechseln wir die Sphäre: der Höllenfahrt folgt eine Mozart’sche Himmelfahrt. Mit der berühmten Haffner-Serenade lassen wir die Sterne am Nachthimmel funkeln. Serenaden waren Freiluftmusiken, die insbesondere des Abends oder Nachts zum Einsatz kamen. Das italienische Wort „la sera“ bedeutet „der Abend“. Die Haffner-Serenade ist neben der Posthorn-Serenade Mozarts Meisterstück dieser Gattung. Komponiert wurde sie für eine Hochzeit, an der die Salzburger Familie Haffner beteiligt war, daher der Name. Hier begegnet uns nicht nur die ausgedehnteste Serenadenmusik Mozarts, sondern auch eine besonders farbige und mit ihren Violinsoli virtuose Instrumentalkomposition.

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Vespro della Beata Vergine

Monteverdis Marienvesper ist eines der zentralen Werke des Frühbarock und eines der von der historischen Aufführungspraxis am meisten beachteten Stücke. Daher ist es umso erstaunlicher, dass die letzte Aufführung des Freiburger Barockorchesters nun über 25 Jahre zurückliegt: Silvester 1990! Das MonteverdiJubiläumsjahr 2017 gibt uns nun die Gelegenheit, diese Enthaltsamkeit zu durchbrechen und mit dem erstklassigen belgischen Vokalensemble Vox Luminis eine Reihe feierlicher Konzerte zu geben.

Claudio Monteverdi ist ein Komponist des Übergangs. Seine Madrigalbücher setzen einen markanten Schlusspunkt der Musikkultur der Renaissance, gleichzeitig entwickelte er eine Form des dramatischen Sologesangs, die Grundlage der Barockmusik werden sollte. Cl. Monteverdi Vespro della Beata vergine da concerto composta sopra canti firmi (1610) Vox Luminis Freiburger BarockConsort Lionel Meunier Bass und Leitung

10. Mai 2017 | 20 Uhr

Freiburg, Konzerthaus | Rolf-Böhme-Saal 11. Mai 2017 | 20 Uhr

Stuttgart, Liederhalle | Mozartsaal 12. Mai 2017 | 20 Uhr

Berlin, Philharmonie | Kammermusiksaal

14. Mai 2017 | 20 Uhr

London (GB), St. John’s Smith Square (London Festival of Baroque Music) 16. Mai 2017 | 20 Uhr

Chipping Campden (GB), International Music Festival 17. Mai 2017 | 20 Uhr

England

13. Mai 2017 | 20 Uhr

18. Mai 2017 | 20 Uhr

Köln, Philharmonie

England

Monteverdi wurde am 15. Mai 1567 in der norditalienischen Kleinstadt Cremona, 80 km südöstlich von Mailand getauft; im Mai 2017 feiern wir also seinen 450. Geburtstag. Das Freiburger BarockConsort begeht dieses Jubiläum mit der Aufführung eines seiner eindrucksvollsten Werke: die „Vespro della Beata Vergine“, die Marienvesper. Sie ist Papst Paul V. gewidmet, nicht ohne Kalkül, denn es zog den Hofkomponisten der Gonzagas von Mantua nach Rom, wo er sich vermutlich um ein Kirchenamt bewarb. Die Marienvesper vereinigt traditionelle kirchenmusikalische Momente mit zu ihrer Zeit hochmodernen, geradezu avantgardistischen Elementen. So treten zwischen die liturgischen Abschnitte Invitatorium, Psalm, Hymnus und Magnificat vokalsolistische Concerti im neuen Stil des frühen 17. Jahrhunderts. Insgesamt verschmelzen kontrapunktische Techniken mit affektgeladenen Wort- und Textausdeutungen, die deutlich in Richtung Oper weisen. Über die genaue Anordnung, Besetzung und innere Dramaturgie des Stücks herrscht in der Musikwissenschaft Uneinigkeit, schon allein deshalb, weil Monteverdi selbst zwei stark voneinander abweichende Fassungen erstellte. Jede Aufführung ist somit mit diversen Entscheidungen durch die Interpreten verbunden. Die Marienvesper war daher seit ihrer Wiederbelegung in den 1950er Jahren

zentraler Bezugspunkt und Experimentierfeld der historischen Aufführungspraxis, die dem Spieler mehr Freiheiten, aber dadurch auch mehr Verantwortung einräumt. Das Freiburger BarockConsort tut sich für die Konzertreihe mit Stationen in Deutschland und England mit dem belgischen Vokalensemble Vox Luminis unter der Leitung des Bassisten Lionel Meunier zusammen. Die 2004 gegründete Gesangsformation ist spezialisiert auf die Musik des Frühbarocks. Die CD-Einspielungen u. a. der „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz und der „Sacrae Cantiones“ von Samuel Scheidt wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ein idealer Partner des Consorts also. Geschätzt werden die Sänger neben der außerordentlichen Qualität der Einzelstimmen insbesondere auch für den klaren und homogen ausbalancierten Ensembleklang: „Die Sänger und Instrumentalisten von Vox Luminis kongruieren wie sonst kaum eine solche Gruppe. Intonation scheint nie ein Problem, gemeinsames Deklamieren ebenso wenig. Begeisternd auch die schiere Schönheit der Stimmen in allen Registern. Alles zusammen bedingt jenes beglückende ‚Einrasten‘ auf vertikaler Ebene, das Alte Musik zu einem mitreißenden Erlebnis machen kann, wenn es funktioniert – und das ist in dieser Vollkommenheit nicht allzu häufig“ (Michael Wersin, Rondo-Magazin). Dies sind doch allerbeste Voraussetzungen für ein gelingendes Geburtstagskonzert, das zugleich den Saison-abschluss in Freiburg, Berlin und Stuttgart bildet!

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Louwrens Langevoort zum 60. 28. Mai 2017 | 18 Uhr

Köln, Philharmonie

J.-Ph. Rameau Suite aus „Zoroastre“ W. A. Mozart Konzertarie „Ch’io mi scordi di te?“ KV 505 „Thamos, König in Ägypten“ KV 345 [336a] H. Parra Sonnet XX (2017). Konzertarie für Tenor und Orchester Kompositionsauftrag der KölnMusik Uraufführung Anna Lucia Richter Sopran Gaelle Arquez Alt Julian Prégardien Tenor Tareq Nazmi Bass Sebastian Wienand Cembalo Collegium Vocale Gent Freiburger Barockorchester Jérémie Rhorer Leitung

Seit über 20 Jahren gastiert das Freiburger Barockorchester regelmäßig in der Kölner Philharmonie. Köln ist neben Freiburg, Berlin und Stuttgart in Deutschland einer der Hauptkonzertorte des Orchesters geworden. Nun wird der Intendant der Kölner Philharmonie Louwrens Langevoort 60 Jahre alt. Keine Frage, dass das FBO sich mit einem Konzert in die Reihe der Gratulanten stellt und sich für die gute Zusammenarbeit bedankt!

Louwrens Langevoort ist ein Mann von Bildung und Geschmack. Wer mit ihm zu tun hatte, kennt sein freundliches Wesen und seinen wachen Geist. Er ist ein absoluter Kenner des Opernrepertoires und -betriebs. Nach Abschluss seines Jurastudiums entschied er sich gegen eine juristische Karriere und wurde 1981 Dramaturg für Öffentlichkeitsarbeit und später Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros am Brüsseler Théâtre Royal de la Monnaie bei Gerard Mortier. Es folgten Tätigkeiten bei dem Label Philips Classics, bei den Salzburger Festspielen, an den Opern Leipzig und Köln. Ungewöhnlich und spannend stellt man sich auch seine Arbeit für die Nationale Reisopera der Niederlande ab 1994 vor. Diese „wandernde“ Operncompagnie hat keinen festen Spielort, sondern gastiert mit verschiedenen Produktionen und ca. 100 Vorstellungen pro Saison in den wichtigsten Niederländischen Städten. Die Verbindung von Alt und Neu liegt Langevoort am Herzen, was er als Intendant der Hamburgischen Staatsoper seit 2000 zu einem inhaltlichen Schwerpunkt machte. Hier, an der ehemaligen Oper am Gänsemarkt, wo Keiser, Händel und Mattheson ein und aus gingen, installierte er 2001 einen überaus erfolgreichen Zyklus von Barockopern. 2005 dann wechselte er zur Kölner Philharmonie und verlängerte seinen Vertrag bereits zum zweiten Mal. Bis 2020 also wird der Niederländer die Geschicke dieses Hauses mit seinen über 400 Konzerten und ca. 600.000 Besuchern pro Jahr leiten. Das Geburtstagsprogramm für Langevoort hat natürlich den Charakter eines Wunschkonzerts. Langevoort bringt seine Wertschätzung des FBO zum Ausdruck, indem er sich einen Teil seiner Lieblingsstücke gewünscht hat: Barockoper – eine Suite aus Rameaus „Zoroastre“. Rameau ist ein Komponist,

für den sich Langevoort seit Beginn seiner Laufbahn einsetzt. Das Stück ist die vierte Tragédie en musique des Komponisten und greift – ähnlich wie Mozarts „Zauberflöte“ vier Jahrzehnte später – aufklärerische und freimaurerische Gedanken auf. Klassischer Gesang – eine herausragende Konzertarie von Mozart. „Ch'io mi scordi di te? ... Non temer, amato bene“ hat Mozart 1786 für die englische Sopranistin und die Susanna im „Figaro“ Nancy Storace komponiert. Klassische Bühnenmusik – Mozarts Kompositionen zu dem Schauspiel „Thamos, König von Ägypten“ stammen von 1773 und sollten die Uraufführung des heroischen Dramas von Tobias Philipp Freiherr von Gebler, einem ebenfalls freimaurerisch gesinnten österreichischen Staatsmann, begleiten. Die Premiere fand dann ohne Mozarts Musik statt. Heute ist man sich einig, dass es umgekehrt besser ist: lieber die Musik ohne das Theaterstück. Neue Musik – Der katalanische Komponist Hèctor Parra wurde von KölnMusik beauftragt, ein neues Stück zu schreiben. Mit dem Sonnet XX nach William Shakespeare, passenderweise ebenfalls einer Konzertarie, erleben wir also zusätzlich eine Uraufführung. Zu dem Festkonzert gesellen sich weitere illustre Gäste und Freunde des FBO: Die Sängerinnen und Sänger Anna Lucia Richter, Gaelle Arquez, Julian Prégardien und Tareq Nazmi, der Tasteninstrumentalist Sebastian Wienand und das Collegium Vocale Gent. Die Leitung übernimmt Jérémie Rhorer, der bereits in Aix-en-Provence vor dem FBO steht, um „Così fan tutte“ zu dirigieren. Prosit, lieber Louwrens Langevoort!

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Frühe Reife, späte Jugend Mozartfest Würzburg 2. Juni 2017 | 20 Uhr

Würzburg, Residenz 3. Juni 2017 | 20 Uhr

Würzburg, Residenz

Das Freiburger Barockorchester spielt das Eröffnungskonzert des Mozartfests Würzburg 2017. Die Motto-Frage des Festivals „Was ist Reife?“ beantwortet das Programm „Frühe Reife, späte Jugend“. Es präsentiert den früh vollendeten, ewig jugendlichen Mozart in Stücken vokaler und instrumentaler Art. Dabei sollen durchaus Kontraste sichtbar werden: zwischen Gesang und Sinfonie, Oper und Gesellschaftstanz, barocker Tradition und klassischer Gegenwart, und schließlich zwischen dem ausladend dramatischen Mozart in seiner Jugend und dem minimalistischen Mozart der späten Kontratänze. J. Haydn Sinfonie D-Dur Hob. I:70 W. A. Mozart „Lungi da te mio bene“, Arie des Sifare aus „Mitridate, re di Ponto“ KV 87 (74a) 5 Kontretänze KV 609 „Aer tranquillo e dì sereni“, Arie des Aminta aus „Il re pastore“ KV 208 „Exsultate, jubilate“ KV 165 Motette für Sopran und Orchester „Prager“ Sinfonie D-Dur KV 504 Christiane Karg Sopran Freiburger Barockorchester Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

Mozart bewegte sich sehr früh schon sicher in den Konventionen aller musikalischen Gattungen seiner Zeit. Die EuropaReisen in seiner Kindheit ließen ihn herumkommen und diverse Genres genau kennen lernen. Es steckt daher noch recht viel Barock in Mozarts frühen dramatischen Kompositionen wie in der 1770 entstandenen Opera Seria „Mitridate, re di Ponto“, die im Geburtsland der Oper Italien, genauer in Mailand, uraufgeführt wurde. So ist die Rolle des jungen Liebhabers dieses Stücks, Sifare, auch für eine Kastratenstimme geschrieben, wie es in der Barockoper üblich war. Ebenso verhält es sich mit der Rolle des Aminta aus der 1775 entstandenen „Serenata“ „Il re pastore“ (Der König als Hirte) und beim Solopart der geistlichen Motette „Exsultate, jubilate“. Letztere wurde durch den Mailänder „Primo uomo“ in Mozarts Oper „Lucio Silla“, den Kastraten Venanzio Rauzzini, uraufgeführt.

dramatischer und – wie im „Don Giovanni“ – düsterer Ton eigen ist. Der zweite Satz „Andante“ zitiert zudem sogar die Don Ottavio-Arie „Dalla sua pace“. Joseph Haydns Sinfonie Nr. 70 eröffnet das Konzert. Auch sie legt eine dramatische Gangart ein, indem sie die Gegensätze von Dur und Moll, polyphon und melodiebetont, „gelehrt“ und „galant“ hart gegeneinander ausspielt. Nicht zufällig wohl wurde sie höchstwahrscheinlich zum Festakt der Grundsteinlegung des neuen Opernhauses auf Schloss Esterhazy 1779 komponiert.

Die Kontretänze KV 609 dokumentieren Mozarts sehr späte Beschäftigung (1787 oder gar 1791) mit einer eher kleinformatigen und „einfachen“ Art des Gesellschaftstanzes. Den Namen „Gegentanz“ trägt er deshalb, weil in der Grundaufstellung sich die Tänzer paarweise gegenüber stehen. Äußerst beliebt war er in England, wo etwa John Playford 1650 eine umfangreiche Sammlung von „Country Dances“ herausgab. Mozarts exquisite Miniaturen schlagen nicht allein deshalb eine Brücke zur Oper, weil im zeitgleich entstandenen „Don Giovanni“ das Tanzen zur Unterhaltung auf der Bühne eine wesentliche Rolle spielt, sondern weil das erste Stück aus KV 609 eine Bearbeitung der Figaro-Arie „Non più andrai“ darstellt. Die „Prager“ Sinfonie, ein sicherlich reifes Meisterstück, lässt die beiden ebenfalls in Prag mit Erfolg gespielten Da-Ponte-Opern insofern nachhallen, als ihr ein auffällig 43 42


Johannespassion in Leipzig Bachfest Leipzig 16. Juni 2017 | 20 Uhr

Leipzig, Thomaskirche

J. S. Bach Johannespassion BWV 245 (4. Fassung 1749) Dorothee Mields Sopran Benno Schachtner Alt Daniel Johannsen Tenor (Evangelist) Martin Petzold Tenor (Arien) Tobias Berndt Bass (Jesus) Andreas Scheibner Bass (Pilatus) Thomanerchor Leipzig Freiburger Barockorchester Thomaskantor Gotthold Schwarz Dirigent

Mit dem neuen Thomaskantor führt das Freiburger Barockorchester die späteste Fassung der Johannespassion des „alten“ Thomaskantors Bach auf. Der Thomanerchor und die namhaften Gesangsolisten Dorothee Mields, der Countertenor Benno Schachtner, Daniel Johannsen, Martin Petzold, Tobias Berndt und Andreas Scheibner stimmen beim traditionsreichen Bachfest ein. Im Mittelpunkt des Musikfests steht die Auseinandersetzung Bachs mit dem Reformator Martin Luther, ohne den es keinen Thomanerchor und keine Bach’sche Johannespassion gegeben hätte.

Der neue Thomaskantor ist zugleich ein alter Bekannter. Gotthold Schwarz wurde 1952 in der DDR geboren, war selbst Thomaner und machte zunächst eine Ausbildung zum Buchhändler, weil er zum Studium nicht zugelassen wurde, da sein Vater Kirchenmusiker war. Dann konnte er doch in Dresden und Leipzig Musik studieren: Kirchenmusik, Gesang, Orgel und Dirigieren. Es folgten eine rege Solistentätigkeit als Sänger (Bass-Bariton), die Gründung mehrerer Alte-Musik-Ensembles wie Concerto vocale Leipzig (gegründet 1984) und das Sächsische Barockorchester (gegründet 1989/1990) sowie stimmbildnerische Tätigkeiten für „seinen“ Thomanerchor. International arbeitete er mit Philippe Herreweghe, John Eliot Gardiner und vielen anderen Größen und Ensembles der historischen Aufführungspraxis zusammen. Als sein Vorgänger Georg Christoph Biller 2015 sein Amt nach 22 Jahren niederlegte, übernahm Schwarz interimistisch diese Aufgabe. Die Findungskommission stellte ihn zunächst nicht als Kandidaten auf, schlug ihn aber doch überraschend zur Wahl vor: „Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht“, kommentiert Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. Mit Schwarz und den Thomanerknaben wird das Freiburger Barockorchester Bachs „Johannespassion“ aufführen. Von diesem 1724 uraufgeführten Stück – Bachs erster der fünf in seinem Nekrolog genannten großen Passionen – gibt es keine definitive Fassung, sondern vier verschiedene zum Teil erheblich voneinander abweichende. Die heute zumeist aufgeführte Version ist die Mischung einer unvollendeten Neufassung, die Bach Ende der 1730er-Jahre in Angriff nahm, und einer Fassung von 1749. Bei unserem Konzert wollen wir nun diese vierte und letzte Fassung von 1749 zur Aufführung bringen.

Sie entspricht im Wesentlichen wieder der Struktur der allerersten von 1724, ist jedoch im instrumentalen Bereich deutlich erweitert. Zudem sind einige der freien Arientexte tiefgreifend umgedichtet, so dass sich stellenweise ein ganz neuer Text-Musik-Bezug ergibt. Das Konzert findet im Rahmen des Bachfests Leipzig statt, das 2017 unter dem Motto „Ein schoen new Lied“ Bachs Luther-Rezeption in den Vordergrund rückt. Luther war nicht nur ein Freund der Musik, er wusste auch um die große Wirkung und damit um das identifikatorische Potenzial, das die Musik im Rahmen seiner Reformationsbewegung entfalten würde. Die Musikpflege nimmt in protestantischen Kirchen und Gemeinden daher eine besonders hervorgehobene Stellung ein, wie schließlich auch das Wirken Bachs als Thomaskantor eindrucksvoll demonstriert. Die Johannespassion wandelt insofern auf Luthers Spuren, als das Johannesevangelium in der Übersetzung Martin Luthers den Kern ihres Textes bildet. Dies gilt insbesondere für den Bericht des Evangelisten. Dazu kommen noch einzelne Choräle, deren Text ebenfalls aus Luthers Feder stammen, wie „Dein Will gescheh, Herr Gott, zugleich“ (Nr. 5). Da man sicherlich behaupten kann, dass es ohne Luther und die Reformation ein solches Werk wie die Johannespassion nicht gegeben hätte, ist dies doch ein Grund genug, mit der Aufführung des großen Theologen zu gedenken, ganz gleich, ob man einer anderen Konfession angehört oder sich gar als unreligiös empfindet – hier gilt’s der Kunst.

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IMPRESSUM Herausgeber: Freiburger Barockorchester GbR Hans-Georg Kaiser, Intendant und Geschäftsführer Telefon: +49 761 7 05 76-0 Telefax: +49 761 7 05 76-50 info@barockorchester.de www.barockorchester.de Redaktion und Texte: Dr. Gregor Herzfeld Gestaltung und Satz: Herbert P. Löhle | www.triathlondesign.com Fotos: Roland Halbe (Titelbild); Annelies van der Vegt; Stefan Lippert (S. 6 unten, 8, 9, 10 unten, 13, 14, 16-18, 22, 26, 29, 32); Robert Mintzes (S. 8); Simon Fowler (S. 20); Holger Schneider (S. 27); Marco Borggreve (S. 30); Ola Renska (S. 38); Jörn Neumann (S. 40 oben); Matthias Muff (S. 40 unten); Wikicommons (S. 44) Druck: schwarz auf weiss, Freiburg, www.sawdruck.de


Freiburger Barockorchester GbR Ensemblehaus Schützenallee 72 79102 Freiburg Telefon: +49 761 7 05 76-0 Telefax: +49 761 7 05 76-50 info@barockorchester.de www.barockorchester.de


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