16 Mitte Streets
Mitte Streets 17
Ähnlich wie Geheimakten werden die Stücke junger Autoren beim „Stückemarkt“ behandelt: Die Namen der Schreiber werden auf dem Cover
Showcase und Talentschmiede zugleich – für viele Teilnehmer geht es danach schnell nach oben und sie sind bald schon kein Geheimtipp mehr.
© Alessandro Della Bella
Theater, Top Secret... Text Martin Steinmetz Translation P. 41
dann ihre Favoriten auswählen. Jedes Jahr ist der „Berliner Stückemarkt“
© Remo Eisner © Benjamin Krieg
© Sascha Kokot
© Kuba Bakowski
© H.U.Bauer
© Bettina Knoth
geschwärzt, bevor ihre Texte auf den Tischen der Jurymitglieder landen, die
„Unser Hauptanliegen ist, dass die Autoren nachhaltig gefördert und dass sie vor allem auch gespielt werden“, sagt Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarktes. Oft werden Autoren von Intendanten und Theatermachern im ganzen Land angeworben, auch von Bühnen in Österreich und der Schweiz. Nicht die Biografie der Autoren sei für die Jury entscheidend, sondern die Kraft ihrer Texte, sagen die Macher des Wettbewerbs, der seit 1978 fester Bestandteil des Berliner Theatertreffens ist. Dieses Jahr lassen renommierte Dramaturgen und Schauspieler fünf von 350 eingereichten Stücken in szenischen Lesungen vor dem Publikum lebendig werden. Wenn im Saal das Licht gedimmt wird und die Schauspieler mit der Lesung beginnen, geht es doch anders zu als im regulären Theater, sehr viel organischer und direkter. Denn das ist schließlich das Konzept. „Für uns ist das oft eine Mutfrage. Wenn ein Theater sagt, wir führen ein Stück auf, dann ist das meist ein langer Prozess. Beim Stückemarkt ist es so, dass wir das Stück gut finden und es deshalb auch in Szene setzen möchten“, sagt die 34-jährige Theatermacherin. Als nächstes wird nach Regisseuren und Schauspielern Ausschau gehalten, die involviert werden könnten. „Wir bauen uns sozusagen ausgehend vom Stück das Szenario drum herum“, sagt die Leiterin. Ein Sprungbrett, das oft die Welt bedeutet. Das Konzept scheint zu fruchten, denn immer länger wird die Liste derer, für die der Stückemarkt ein Sprungbrett in die Theaterkarriere ist. Manche Autoren werden nicht nur gespielt, sondern auch als Hausautoren an renommierten Bühnen engagiert, wie etwa Phillip Löhle, der 2007 mit Gospodin beim Stückemarkt dabei war und nun fest für das Maxim Gorki Theater arbeitet. Andere Erfolgsgeschichten sind unter anderem die von Anja Hilling und Oliver Kluck, die seit einiger Zeit die junge deutsche Theaterlandschaft mitgestalten. Es ist eine sehr bunte Mischung aus Stücken, die dieses Jahr in den Lesungen präsentiert werden – die Bühnenstücke sind formal, ästhetisch aber auch inhaltlich sehr unterschiedlich. Dimitrij Gawrisch aus Kiew erzählt in Brachland beispielsweise vom Schicksal zweier junger Männer, die aus einem osteuropäischen Land nach Deutschland kommen,
hier illegal leben und versuchen, Arbeit zu finden. Es ist ein Konfliktstück mit gesellschaftlicher Relevanz. In foreign angst beschreibt Konradin Kunze eine Art Psychothriller im Kopf der Hauptfigur, die in ein Kriegsgebiet reist. Viele seiner Erfahrungen hält der Protagonist mit seiner Videokamera fest. Spannend ist das Stück vor allem, weil im Verlauf der Geschichte unklar bleibt, ob das Beschriebene Realität oder Hirngespinst ist. Eine Familie, die daran zerbricht, dass ihre Mitglieder sich nicht gegenseitig helfen, aber eigentlich aufeinander angewiesen sind, ist außerdem Thema. Die Geschichte nimmt Mario Salazar als Gerüst für sein Stück Alles Gold was glänzt, bei dem der Leser oft nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll. Der 30-jährige Salazar wuchs in Prenzlauer Berg auf, lebte in Frankreich und Argentinien. Zur Spielzeit 2008/2009 arbeitete er als Hospitant bei der Aufführung von Rummelplatz am Gorki-Theater, inszeniert von Armin Petras. Zu dem Zeitpunkt wurde er richtig von der Theaterwelt gepackt, sagt er mit breitem Grinsen. „Das Schöne am Theater und das Schöne am Stückemarkt ist, dass man den Text sehen darf“, sagt Salazar. „Wenn der Text im Buch und ganz für sich bleibt, hat das natürlich auch seinen Reiz, weil man seine eigenen Gedanken dazu entwickelt. Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wenn man die Bilder aus seinem Kopf in Bewegung bringen kann.“ So 08. Mai, 19:30 Uhr, BRACHLAND von Dmitrij Gawrisch, 9 Euro, Szenische Einrichtung Stephan Kimmig, Mi 11. Mai, 18:30 Uhr, FOREIGN ANGST von Konradin Kunze , 9 Euro, Szenische Einrichtung Friederike Heller, Do 19. Mai, 21:00 Uhr, ALLES GOLD WAS GLÄNZT von Mario Salazar, 9 Euro, Szenische Einrichtung Florian Fiedler. Weitere Informationen zum gesamten Spielplan des Stückemarkts sowie zum Programm des Theatertreffens mit Public Viewings unter www.theatertreffen-berlin.de oder unter 030 – 25 48 91 00.
16 Mitte Streets
Mitte Streets 17
Ähnlich wie Geheimakten werden die Stücke junger Autoren beim „Stückemarkt“ behandelt: Die Namen der Schreiber werden auf dem Cover
Showcase und Talentschmiede zugleich – für viele Teilnehmer geht es danach schnell nach oben und sie sind bald schon kein Geheimtipp mehr.
© Alessandro Della Bella
Theater, Top Secret... Text Martin Steinmetz Translation P. 41
dann ihre Favoriten auswählen. Jedes Jahr ist der „Berliner Stückemarkt“
© Remo Eisner © Benjamin Krieg
© Sascha Kokot
© Kuba Bakowski
© H.U.Bauer
© Bettina Knoth
geschwärzt, bevor ihre Texte auf den Tischen der Jurymitglieder landen, die
„Unser Hauptanliegen ist, dass die Autoren nachhaltig gefördert und dass sie vor allem auch gespielt werden“, sagt Yvonne Büdenhölzer, Leiterin des Stückemarktes. Oft werden Autoren von Intendanten und Theatermachern im ganzen Land angeworben, auch von Bühnen in Österreich und der Schweiz. Nicht die Biografie der Autoren sei für die Jury entscheidend, sondern die Kraft ihrer Texte, sagen die Macher des Wettbewerbs, der seit 1978 fester Bestandteil des Berliner Theatertreffens ist. Dieses Jahr lassen renommierte Dramaturgen und Schauspieler fünf von 350 eingereichten Stücken in szenischen Lesungen vor dem Publikum lebendig werden. Wenn im Saal das Licht gedimmt wird und die Schauspieler mit der Lesung beginnen, geht es doch anders zu als im regulären Theater, sehr viel organischer und direkter. Denn das ist schließlich das Konzept. „Für uns ist das oft eine Mutfrage. Wenn ein Theater sagt, wir führen ein Stück auf, dann ist das meist ein langer Prozess. Beim Stückemarkt ist es so, dass wir das Stück gut finden und es deshalb auch in Szene setzen möchten“, sagt die 34-jährige Theatermacherin. Als nächstes wird nach Regisseuren und Schauspielern Ausschau gehalten, die involviert werden könnten. „Wir bauen uns sozusagen ausgehend vom Stück das Szenario drum herum“, sagt die Leiterin. Ein Sprungbrett, das oft die Welt bedeutet. Das Konzept scheint zu fruchten, denn immer länger wird die Liste derer, für die der Stückemarkt ein Sprungbrett in die Theaterkarriere ist. Manche Autoren werden nicht nur gespielt, sondern auch als Hausautoren an renommierten Bühnen engagiert, wie etwa Phillip Löhle, der 2007 mit Gospodin beim Stückemarkt dabei war und nun fest für das Maxim Gorki Theater arbeitet. Andere Erfolgsgeschichten sind unter anderem die von Anja Hilling und Oliver Kluck, die seit einiger Zeit die junge deutsche Theaterlandschaft mitgestalten. Es ist eine sehr bunte Mischung aus Stücken, die dieses Jahr in den Lesungen präsentiert werden – die Bühnenstücke sind formal, ästhetisch aber auch inhaltlich sehr unterschiedlich. Dimitrij Gawrisch aus Kiew erzählt in Brachland beispielsweise vom Schicksal zweier junger Männer, die aus einem osteuropäischen Land nach Deutschland kommen,
hier illegal leben und versuchen, Arbeit zu finden. Es ist ein Konfliktstück mit gesellschaftlicher Relevanz. In foreign angst beschreibt Konradin Kunze eine Art Psychothriller im Kopf der Hauptfigur, die in ein Kriegsgebiet reist. Viele seiner Erfahrungen hält der Protagonist mit seiner Videokamera fest. Spannend ist das Stück vor allem, weil im Verlauf der Geschichte unklar bleibt, ob das Beschriebene Realität oder Hirngespinst ist. Eine Familie, die daran zerbricht, dass ihre Mitglieder sich nicht gegenseitig helfen, aber eigentlich aufeinander angewiesen sind, ist außerdem Thema. Die Geschichte nimmt Mario Salazar als Gerüst für sein Stück Alles Gold was glänzt, bei dem der Leser oft nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll. Der 30-jährige Salazar wuchs in Prenzlauer Berg auf, lebte in Frankreich und Argentinien. Zur Spielzeit 2008/2009 arbeitete er als Hospitant bei der Aufführung von Rummelplatz am Gorki-Theater, inszeniert von Armin Petras. Zu dem Zeitpunkt wurde er richtig von der Theaterwelt gepackt, sagt er mit breitem Grinsen. „Das Schöne am Theater und das Schöne am Stückemarkt ist, dass man den Text sehen darf“, sagt Salazar. „Wenn der Text im Buch und ganz für sich bleibt, hat das natürlich auch seinen Reiz, weil man seine eigenen Gedanken dazu entwickelt. Trotzdem finde ich es immer wieder spannend, wenn man die Bilder aus seinem Kopf in Bewegung bringen kann.“ So 08. Mai, 19:30 Uhr, BRACHLAND von Dmitrij Gawrisch, 9 Euro, Szenische Einrichtung Stephan Kimmig, Mi 11. Mai, 18:30 Uhr, FOREIGN ANGST von Konradin Kunze , 9 Euro, Szenische Einrichtung Friederike Heller, Do 19. Mai, 21:00 Uhr, ALLES GOLD WAS GLÄNZT von Mario Salazar, 9 Euro, Szenische Einrichtung Florian Fiedler. Weitere Informationen zum gesamten Spielplan des Stückemarkts sowie zum Programm des Theatertreffens mit Public Viewings unter www.theatertreffen-berlin.de oder unter 030 – 25 48 91 00.
30 Kieztalk
Interview mit Stephan Erfurt C/O Berlin Text Martin Steinmetz Translation P. 42
Zehn Jahre C/O Berlin - zehn Fragen an Stephan Erfurt, Mitbegründer des „Forum for Visual Dialogues“
Kieztalk 31
Zukunftsangst ist Stephan Erfurt nicht anzumerken. Und das, obwohl die renommierte Galerie C/O die jetzigen Ausstellungsräume im ehemaligen Postfuhramt in Mitte verlassen muss. Eine Gruppe Investoren will das Gebäude in ein Hotel mit Shopping Center umwandeln. Voraussichtlich müssen bis Ende März 2011 alle Bilder und Bücher sowie das Ausstellungsmobiliar für den Umzug verpackt sein. Wo die Reise hingehen soll, ist momentan noch ungewiss. Großformatige Fotodrucke hängen an den Wänden des Konferenzraumes im ersten Stock des Gebäudes aus der Kaiserzeit. Unter anderem auch der Entwurf für einen filigran wirkenden Glasbau im Monbijoupark, wo das „Forum für visuelle Dialoge“ ab Ende 2012 zu Hause sein könnte. Zum Interviewtermin mit MitteSchön trägt der C/O-Gründer und Kulturmanager Stephan Erfurt einen blau-grauen Anzug, um seinen Hals hat er einen türkisen Schal gewickelt. Sein Smartphone liegt vor ihm auf dem Tisch, daneben stehen ein paar leere Gläser, die von der Eröffnungsparty für Peter Lindberghs Ausstellung übrig geblieben sind. Im zehnten Jahr von C/O Berlin zeigt der Modefotograf mit „On Street“ seine Eindrücke von den Straßen New Yorks, Paris und Berlins. Eines der größten Highlights der letzten Jahre war die Annie Leibovitz- Ausstellung 2009, die mehr als 110.000 Besucher in das historische Gebäude an der Ecke Oranienburger Straße / Tucholskystraße lockte. Zusammen mit seinem Team hat Erfurt die Arbeiten international renommierter Fotografen nach Berlin geholt. Zuletzt die Aufnahmen der Fotoagentur Magnum und vor einigen Jahren die U2-Portraits von Anton Corbijn, der 2007 mit „Control“ und aktuell mit „The American“ seine Kamerakunst auf die Kinoleinwand gebracht hat. Fotografen von internationalem Rang sollen auch in den kommenden zehn Jahren bei C/O Berlin zu sehen sein, sagt Erfurt selbstsicher. Wie haben Sie die Anfangszeit von C/O Berlin vor zehn Jahren erlebt? War das eine abenteuerliche, auch unsichere Zeit? Sicher, es war sehr aufregend - immer wieder ist man auf die Nase gefallen. Doch wir sind einfach wieder aufgestanden und haben weitergemacht, weil wir an unsere Idee geglaubt haben: ein lebendiges Zentrum für Fotografie zu schaffen, eine Plattform, wo sich Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen von Fotografie inspirieren lassen können. Natürlich gab es viele Höhen und Tiefen. Wir waren im Jahr 2004 fast Pleite. Da machte Gilles Peress eine große Arbeit 15 Jahre nach dem Mauerfall. Diese Ausstellung wurde speziell für uns produziert. Dabei waren die Produktionskosten letztendlich drei Mal so hoch wie erwartet, und die Ausstellung wurde auf einmal 100.000 Euro teurer. Das hätte uns dann fast den Kopf gekostet. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von den neuen Investoren informiert wurden, dass das Postfuhramt nicht mehr zur Verfügung steht? Natürlich war das ein Schock, weil es so kurzfristig und unerwartet kam. Wir wussten immer, dass wir irgendwann ausziehen müssen, doch gab es mit den ehemaligen Eigentümern ein Abkommen, dass es eine Vorlaufzeit von 18 Monaten geben sollte.
Die neuen Eigentümer hätten uns allerdings gerne schon bis zum 1. August aus dem Gebäude gehabt, wie sie sagten. Die Parkplätze sind schon leer und die Kleinmieter sind auch schon aus dem Postfuhramt verschwunden. Es gibt jetzt nur noch den Rodeo Club und C/O Berlin. Hatten Sie damit gerechnet, dass die Ausstellungsfläche im Postfuhramt keine Lösung auf Dauer sein kann? Wir hatten am Anfang die Hoffnung, dass es eine dauerhafte Lösung sein würde. Es gab konkrete Pläne, dass im Innenhof zwei Hallen für Kultur entstehen sollten. Eine Halle für das Vitra Design Museum und eine Halle für uns. Das war mit den ehemaligen Eigentümern so abgesprochen, und mein Partner Ingo Pott war auch als ausführender Architekt für das Projekt vorgesehen. Dann kam die Immobilienkrise, die Alteigentümer brauchten Geld und haben das Postfuhramt an die Elad-Gruppe verkauft, die nun ihre eigenen Pläne mit dem Gebäude hat. Die Pläne für einen möglichen neuen Standort im Monbijoupark wurden auch von Ihrem Partner Ingo Pott entworfen. Was soll der neue C/O-Standort bieten? Die ehemaligen Ateliers der Kunsthochschule Weißensee im Monbijoupark sind nicht unser einziger Vorschlag für einen neuen Standort, aber unser Favorit. Wir haben uns natürlich auch Alternativ-Standorte angesehen – unter anderem in der Oranienburger Straße und in der Auguststraße. Eins ist sicher, wir wollen in diesem Bezirk bleiben: Wir sind ein Kind von Mitte. Wir finanzieren uns zu 65% über den Eintritt. Daher müssen wir an die Besucherströme angeschlossen sein, sonst sind wir genauso schnell auf öffentliche Gelder angewiesen wie alle anderen Institutionen. Letztendlich ist es die größte Befriedigung, wenn möglichst viele Leute die Arbeit sehen, die man selbst macht. Niemand arbeitet gerne in die Schublade. Was genau haben Sie im Monbijoupark vor? Das Konzept ist eine Art „Serpentine Gallery“ in Berlin. Man verbindet das steinerne Museumsviertel durch ein transparentes Gebäude mit einer sehr vielfältigen Galerieszene. Dort stehen derzeit noch alte Gebäude von der Kunsthochschule Weißensee, die alle abgerissen werden sollen. Man könnte zwei der Gebäude stehen lassen und daraus eine große, lichte Halle bauen. Vor allem möchten wir auch den unterirdischen Bunker als Ausstellungshalle nutzen, da er sonst sehr kostenaufwendig abgerissen werden müsste. Wir sind uns bewusst, dass sich diese Pläne politisch sehr schwer durchsetzen lassen, weil es Bürgerinitiativen gibt und auch einen Beschluss des Bezirkes über die Begrünung des Parks. Trotzdem glauben wir, dass man offen darüber diskutieren kann. Wir wollen mit diesem Plan zeigen, dass wir in die Zukunft denken.
32 Kieztalk
„Wir befinden uns momentan in einer sehr wichtigen Phase. Jeder Umzug war bisher eine Steigerung. Es war nie etwas Negatives, sondern immer konstruktiv. Wir wollen immer eine Stufe größer, ein bisschen professioneller werden.“
Wie würden Sie den neuen Standort finanzieren, wollen Sie öffentliche Finanzierungsmittel beantragen? Wir haben vier Mal eine Projektförderung vom Hauptstadtkulturfonds bekommen, aber sonst nie öffentliche Gelder beansprucht. Wir glauben, dass Berlin uns viel gegeben hat, wir aber mittlerweile auch einiges an die Bewohner und Besucher zurückgegeben haben. Wir hoffen auf eine einmalige finanzielle Förderung für das neue Haus. Wir sind natürlich bereit, in das Projekt mit Eigenkapital zu gehen, aber ob wir das komplett tragen könnten, wage ich zu bezweifeln. Die Leibovitz-Ausstellung letztes Jahr war ein großer Erfolg für Sie – war das ein Meilenstein in der Entwicklung von C/O Berlin? Wenn sich eine Fotografin wie Annie Leibovitz für ein Haus wie unseres entscheidet, ist das etwas ganz Besonderes. Hinzu kommt, dass man sich im Fall von Annie Leibovitz als Aussteller gar nicht um eine Ausstellung bewerben kann. Sie schickt persönlich ihre Koordinatorenteams in verschiedene Metropolen, um einen geeigneten Ausstellungsort zu finden. Deshalb war das ein Ritterschlag für uns. Sie haben seit kurzem auch mehr Sponsoren, die Ihre Arbeit unterstützen... Ironischerweise entwickelt sich das Sponsoring richtig gut und zwar in dem Moment, wo uns das Dach über dem Kopf wegzubrechen droht. Eigentlich ein bisschen zu spät, aber in diesem Jahr war es zum ersten Mal so, dass Sponsoren auf uns zukamen, ohne dass wir auf die Suche gehen mussten. Viele Projekte scheitern, weil man einfach zu wenig Zeit hat, das Geld nicht reicht oder aber weil die Macher sich zerstreiten und so Projekte nicht zustande kommen. Bei uns ist es Gott sei Dank nicht so. Meine Partner Marc Narosca, Ingo Pott und ich sind heute noch enger
befreundet als damals, weil wir zusammen durch dick und dünn gegangen sind. Sie sind Fotograf – haben Sie überhaupt noch Zeit, selbst eine Kamera in die Hand zu nehmen? Ich hab so gut wie keine Zeit mehr. Es ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Wir sind jetzt ein kleines Kulturunternehmen mit mehr als 40 Angestellten, und ich habe einen sehr vielfältigen Verantwortungsbereich. Früher habe ich viel für das F.A.Z. Magazin fotografiert und unter anderem den Bau der Reichstagskuppel dokumentiert. Mit einer Baugondel bin ich auch mal den Fernsehturm hochgefahren – das war eine einmalige Gelegenheit, weil dort die analogen Antennen gegen digitale ausgetauscht wurden. Ich würde schätzen, dass das Fotografieren nur noch fünf Prozent meiner Zeit ausmacht. Das ist gar nicht anders machbar. Wie stellen Sie sich die nächsten zehn Jahre vor? Wir wollen immer ein Stück größer, ein bisschen professioneller werden. Wir haben einiges in petto, aber im Moment wird alles von der Standortsuche überschattet – deshalb lastet ein gewisser Druck auf uns. Wir müssen das innerhalb kürzester Zeit über die Bühne bringen, denn ich habe jetzt schon für eine Arnold Newman Retrospektive unterschrieben, die 2012 nach Berlin kommen soll. Wir wissen natürlich noch nicht genau, wo wir dann sein werden, werden aber alles daran setzen, dass wir bis dahin einen durchgehenden Betrieb haben. Das Wichtigste ist aber, nicht mehr zum Spielball von Investoren zu werden, sondern eine langfristige Sicherung für C/O Berlin zu finden. Dazu legen wir jetzt den Grundstein. Wir befinden uns momentan in einer sehr wichtigen Phase. Jeder Umzug war bisher eine Steigerung. Es war nie etwas Negatives, sondern immer konstruktiv.
Kulturgut 31
Bilder aus der Traumfabrik Text Martin Steinmetz Fotos The Impossible Project Translation P. 43
Sommer 2008 – Die Maschinen in der Fabrikhalle sind ausgeschaltet, und der Konferenzraum steht leer. Das großflächige Fabrikareal ähnelt einer Geisterstadt. Ein Telefon hängt an der Wand im Gebäude A, und auf der Fensterbank im ersten Stock steht eine Plastikgießkanne. Daneben ein Kaktus, auf den die Sonne scheint. Kein Mensch ist zu sehen.
Von links: Mikael Kennedy, Patrick Winfield, Tim Mantoani
32 Kulturgut
Diese und andere Bilder aus der stillgelegten Polaroid-Fabrik in Holland hielt der Österreicher Florian Kaps vor drei Jahren mit seiner Sofortbildkamera fest. Nach seinem ersten Besuch in Enschede tauchten die Eindrücke auch nachts in seinem Traum auf. „Ich war verzaubert von diesem Ort und seinem Ambiente. Selbst im Traum hatten die Bilder aus der Fabrik die Farben und die Grobkörnigkeit alter Polaroid-Bilder“, sagt Kaps heute. Daraus entstand The Impossible Project. Durch das Projekt bewahrte der 42-jährige einen Teil der Traumfabrik vor der Demontage und rettete so ein Stück Fotogeschichte. Auf der letzten Belegschaftsfeier vor dem Aus traf er auf den Produktionsleiter von Polaroid, André Bosman, der eigentlich die Demontage der Maschinen beaufsichtigen sollte. „Ich hatte schon lange Gespräche mit dem Polaroid-Management geführt, um zu sehen, ob sich in letzter Minute doch noch was machen ließe“, erinnert sich Kaps. Also machten Bosman und Kaps gemeinsame Sache und fanden in wenigen Wochen neue Investoren, um einen Teil des stillgelegten Industriekomplexes anzumieten. Danach konnte die Produktion der Vintage-Foto-Filme an Maschinen aus den 70er Jahren weitergehen, allerdings mit neuen Komponenten.
Neue Sofortbild-Ära
Kunst
Das scheinbar Unmögliche wurde Wirklichkeit, der Traum Realität. Bei der Namensgebung griffen die Foto-Visionäre auf ein Zitat des Physikers Edwin Land zurück, der als Mastermind des Sofortbildes gilt. Denn der US-Amerikaner entwickelte 1972 das SX70-System, mit dem sich innerhalb von 10 Sekunden fünf Bilder belichten ließen, die dann wenige Minuten später entwickelt aus der Kamera herausschossen.
Seine Leidenschaft für die wohl analogste Art der Fotografie entdeckte der Österreicher vor ein paar Jahren und gründete daraufhin das Online-Netzwerk polanoid, eröffnete danach auch ein Geschäft für Polaroid-Filme und Equipment. Das Business mit den Schnellbildern läuft: 2010 verkaufte Impossible mehr als 500.000 Filmpackungen weltweit, hergestellt von 36 ehemaligen Polaroid-Mitarbeitern. Momentan versorgt Impossible Schnappschuss-Fans mit der zweiten Generation der so genannten monochromen SilverShade-Filme und seit kurzem mit dem ersten eigenen Farbfilm.
Dass sich mittlerweile auf jedem Smartphone Polaroid-ähnliche Fotos machen lassen, sieht der Kopf des Impossible Project als Zeichen, dass das Sofortbild-Revival in vollem Gang ist. „Polaroid ist die Mutter aller Schnappschüsse und hat den Menschen ein neues Gefühl von Freiheit gegeben. Wir wollen weiter daran arbeiten und sicherstellen, dass diese Art der Fotografie nicht ausstirbt“, sagt Kaps. The Impossible Project vergleiche sich darum gerne mit der Schallplatte. Denn auch im digitalen Zeitalter seien bei vielen Reiz und Faszination für analoge Medien groß. „Das liegt daran, dass ein selbst gemachtes, selbst entwickeltes Foto auch sehr viel Soziales, Historisches und Kulturelles in sich trägt“, sagt Kaps.
Doch es ist den Machern wichtig, dass das Projekt nicht in erster Linie als Geschäft angesehen wird. Die Fotokunst hat ihren festen Platz in der Unternehmens-Philosophie. Darum werden Künstler und Fotografen umsonst mit Filmen versorgt – die darauf festgehaltenen Bilder werden Teil der Impossible Collection, einem wachsenden Archiv, mit dem Material für weltweite Ausstellungen gesammelt wird. Für dieses Jahr stehen die Produktion einer Impossible-Kamera auf dem Programmm und eine neue Serie Bilder aus der Traumfabrik. International derzeit zu sehen – Impossible Collection: Impossible Project Space, New York Impossible Project Space, Westlicht, Wien, ab 19. Juni
30 Mitte Streets
Urbanes Gewebe Rundgang durch eine historische Fabrik, die die Modewelt über Jahrzehnte hinweg belieferte Text Martin Steinmetz Fotos Helga Paris, Moritz Weber Translation P. 41
Noch letztes Jahr lag Rauch in der Luft, Partyvolk tanzte ausgelassen, und Bands sprangen auf der Bühne herum. Mittlerweile stehen im ehemaligen Magnet Club in der Greifswalder Straße Kisten gefüllt mit Öko-Obst und Gemüse. Mütter kaufen ihren quengelnden Kindern Sesamsnacks, und vor der Kasse begutachten Einkäufer das Angebot der Woche. Auch die Eröffnung eines Bio-Supermarktes in einem historischen Gebäude ist Teil einer Ereigniskette – ein weiteres Puzzlestück in der Geschichte dieser Stadt. Ein ständiges Aufbauen und Abbauen, Kommen und Gehen sind Teil der städtischen Entwicklung, besonders in diesem Teil Berlins. Osteuropa-Schick für Quelle So war das Gebäude Greifswalder Straße 212/213 jahrzehntelang ein Knotenpunkt für die deutsche Mode-Industrie – nur wenige Jahrzehnte vor dem Aufkommen von Biomärkten und auch vor der Eröffnung des Magnet Clubs. Auf der ehemaligen Bühne im Magnet stolzierten Anfang der 1990er Jahre noch Models auf und ab. Sie trugen neue Designs von Joop und Daniel Hechter, die sie Großeinkäufern präsentierten. Die Kleider wurden in einem der Fabrikgebäude im Hinterhof für Greiber Mode GmbH produziert. Ein Klingelschild der Firma gibt es längst nicht mehr, auch keinen Briefkasten. Heute gehören die ehemaligen Indust-
rieräume einem britischen Investor, der sie als Bürolofts vermietet. Doch besonders vor der Wende wurde der vierstöckige Gebäudekomplex fast vollständig von der Modeproduktion eingenommen. Für die VEB Treff-Modelle arbeiteten ab 1955 einige hundert Frauen, vorwiegend an Mänteln, Röcken und Hosen. Sie waren in ihrer Zeit „Heldinnen der Arbeit“ und wurden von SED-Funktionären für „ausgezeichnete Qualitätsarbeit“ gelobt. Die begehrten Modestücke entstanden in den oberen Etagen der Fabrik, im zweiten Hinterhof links. Treff-Modelle lieferte in Ostblock-Staaten, fertigte Auftragsmuster für das Modeinstitut der DDR und versorgte unter anderem auch das westdeutsche Versandhaus Quelle. Ost-Berliner Zollbeamte waren zur Kont-
rolle vor Ort. Sie begutachteten die Ware und gingen sicher, dass die Textilien für Quelle vorschriftsmäßig in die Laster aus der BRD verladen wurden. Noch bis nach der Wende nähten an diesem Standort jeden Tag knapp 400 Beschäftigte.
Geschichte wird lebendig Im Erdgeschoß des Gebäudes war zu TreffModelle-Zeiten das Stofflager – noch bis vor kurzem wurde dieser Raum vom Theater Eigenreich e.V. genutzt. Jetzt ist das Eigenreich auf der Suche nach neuen Räumen. Im Herbst 2010 wurde der bewegten Geschichte des Gebäudes mit einem Theaterstück ein kulturgeschichtliches Denkmal
Mitte Nights 31
gesetzt. Im Stück wurde auch erwähnt, dass das Gebäude im Zweiten Weltkrieg zur Produktion von Wehrmachtsuniformen genutzt wurde. „Die Geschichte des Gebäudes hat sehr viele Facetten – wir wollten unsere Abschlussveranstaltung zum Anlass nehmen, diese spannende Geschichte zu erzählen“, sagt Verena Drosner vom Eigenreich, die das Stück zusammen mit Robert Wagner schrieb. Die Treff-Modelle-Frauen spielten im Stück eine wichtige Rolle: In geblümten Schürzen steppten drei Tänzerinnen der Gruppe Die Elektroschuhe über den staubigen Fabrikboden, traten als lebensfrohe Näherinnen auf. Eine der Tänzerinnen, Katja Scholz, lebt seit mehreren Jahren in Berlin. „Ich komme selbst aus der DDR und deshalb war das Stück für mich sehr wichtig“, sagt sie. „Wir wollten diese Geschichte einem Publikum nahe bringen, das sich damit noch nicht auseinander gesetzt hat“, sagt die 34-jährige. Die Tanz-Performance wurde in einem kahlen Industrieraum vorgeführt, der durch mehrere Pfeiler geteilt war. Zur nahtlosen Choreografie liefen DDR-Schlager und Popsongs aus einem Retro-Radio. An den Wänden hingen großformatige Foto-Portraits von Arbeiterinnen, die für die Treff-Modelle einst an den Produktionstischen saßen.
Der Fabrikalltag: auf Fotos festgehalten Die Aufnahmen stammten von der OstBerliner Fotografin Helga Paris. Paris selbst war in den 1960er Jahren im VEB Treff-Modelle als Praktikantin angestellt – fast 25 Jahre später kehrte sie in die Fabrik zurück und portraitierte die Frauen mit ihrer Kamera.
Auch die Aufführung des Theaterstückes hat Paris miterlebt – die Erinnerung soll sie sehr gerührt haben. „Es hat sich in diesem Gebäude ständig etwas Neues entwickelt“, sagt Theatermacherin Drosner. Zuletzt seien die Performer und Theaterleute gezwungen worden, das Eigenreich aufzugeben. „Wir fühlen uns deshalb als Teil dieser historischen Ereigniskette. Die Greifswalder Straße hat so einen extremen Wandel durchgemacht. Nach dem VEB Treff-Modellen und der Greiber Mode GmbH war vor dem Haus eine Partymeile – man zog von Club zu Club. Es war immer sehr viel los, und es gab viele Flaschensammler." Doch auch davon sei heute nichts mehr zu sehen, sagt sie. Fotos der Treff-Modelle finden sich im Bildband „Helga Paris – Fotografien Photographs“, Holzwarth Publications www.eigenreich-berlin.de www.die-elektroschuhe.de
34 Mitte Streets
Restauranttipp: Schwarze Pumpe Text Martin Steinmetz
Bilder Semir Chouaibi Translation P. 44
Um die Schwarze Pumpe ranken sich Legenden: sie ist nicht nur eine Nachbarschaftskneipe an der Grenze zwischen Mitte und Prenzlauer Berg, sondern auch ein Dorf, nicht weit von Cottbus, in dem jahrzehntelang Braunkohle abgebaut wurde. „Der Name hat mich schon immer fasziniert“, sagt Wirt und Eigentümer Peter Lorentz.
Die Dekoration spiegelt genau diese Faszination wieder: Die Atmosphäre hat ihren sehr eigenen, leicht abgewetzten Charme – Herr Lehmann meets Monsieur Hulot. An den Wänden des Cafés in der Choriner Straße haben sich TagebauMemorabilia angesammelt, unter anderem ein Bergwerksplan und ein Blechschild vom Bahnsteig des Dorfes Schwarze Pumpe. Die Barhocker bestehen aus zusammengeschweißten Rohren, die mit industriellen Meßgeräten verziert sind. Von der Decke hängen zwei grüne Ventilatoren und eine schwere Bronzelampe, am Eingang zur Küche steht eine Kinositzbank. Auf der wechselnden Tageskarte finden Gäste die Klassiker der deutschen Küche: Pellkartoffeln mit Quark, knusprige Spätzle, Matjes-Filets oder Hefeklöße mit Johannisbeeren. Viele der Zutaten kommen vom Land, und Steffen Fuchs, stiller Teilhaber der Kneipe, bringt gelegentlich Steinpilze und selbstgemachten Honig vorbei. Der Wirt möchte bodenständiges Essen anbieten, denn das passt schließlich zum Konzept. Die Schwarze Pumpe ist eines der wenigen Lokale in Mitte, in denen es bewusst kein WiFi gibt. „Wir sind für viele Besucher ein zweites Wohnzimmer. Die Leute, die zu uns kommen, wollen sich von Angesicht zu Angesicht unterhalten.
Kommunikation ist in meiner Kneipe das Wichtigste“, sagt Lorentz. Die Schwarze Pumpe gibt es seit 1993. Seit der Eröffnung haben auch einige prominente MitteBewohner am Tresen gesessen: der Schauspieler Ben Becker, der Regisseur Tom Tykwer, der New Wave Musiker Joe Jackson und das Duo von 2raumwohnung. Der gebürtige Berliner Lorentz wohnt seit 30 Jahren in Mitte und hat viel Veränderung miterlebt, klagt aber nicht über die häufig diskutierte Gentrifizierung. Die Gegend sei bürgerlicher und bodenständiger geworden, etwas ruhiger vielleicht. „Am Anfang habe ich hier noch sehr typische Mitte-Bewohner gesehen, zum Beispiel eine alte Oma mit rotgefärbten Haaren und die dicke Verkäuferin, die jahrzehntelang bei Kaiser’s an der Kasse saß“, erinnert er sich. Die Punks und Studenten seien mit der Zeit nach Friedrichshain und Kreuzberg abgewandert. Jetzt gehören auch internationale Touristen und Kreative aus anderen deutschen Städten zur Klientel der Schwarzen Pumpe. „Wir sind eine Institution im Kiez, und die Gäste haben uns dazu gemacht“, sagt er und zapft ein helles Bier.
Restaurant Schwarze Pumpe Choriner Straße. 76 Täglich 11 bis 1 Uhr Wechselnde Tageskarte (auch vegetarische Gerichte) Sonntagsbrunch (4,50 � pro Person) große Auswahl an Spirituosen, Rosen-Bier aus Thüringen, hessischer Apfelwein. Übernachtung im Studio Schwarze Pumpe im Nachbarhaus: ein Doppelzimmer kostet 50 � pro Nacht. www.schwarzepumpe-berlin.de
Mitte Streets 35
Chili Con Carne Für zehn Personen
Zutaten:
Gewürze:
1,5 kg Hackfleisch vom Rind 750 g Zwiebeln 500 g Paprika 500 g geschnittene Tomaten 500 g Kidneybohnen 125 g Mais 1 kg passierte Tomaten 3-4 Knoblauchzehen 4-5 kleine Chilischoten
Salz Pfeffer Paprikapulver (rosenscharf) Zucker Kreuzkümmel (Cumin), Lorbeer, Piment
Zubereitung: Hackfleisch scharf anbraten. Paprika und Zwiebeln in Streifen schneiden und zum Fleisch hinzugeben. Geschälte und passierte Tomaten hinzufügen und leicht einkochen lassen. Nach Geschmack Knoblauch, Chili und Gewürze hinzugeben. Kidneybohnen und Mais abspülen, zum Chili geben und gut vermischen. Chili ca. ein bis zwei Stunden kochen lassen oder bei mittlerer Hitze zwei Stunden im Ofen backen (gelegentlich umrühren).
HAUSBOOTE
HAUSBOOTE
Unten am Fluss 50 Hausboote gibt es in Berlin. 12 davon sind auf der Suche nach einem neuen Liegeplatz, ihre Nutzungsvereinbarungen wurden nicht verlängert. Ob sie fündig werden, ist äußerst ungewiss Text: Martin Steinmetz, Fotos: Britney Anne Majure
Mitten in der Stadt und doch draußen: Das „Enfant Terrible“ in Treptow, der Flur Christian Lilges und das Nachbarboot von Matthias Wahls „Ursula“
38 zitty 20-2010 | 23. SEPTEMBER - 6. OKTOBER
Es ist eine sehr eigene Art zu leben, auf die der Spaziergänger vom Ufer in Treptow blickt: Auf einem Boot stehen Gartenzwerge und Spitzenvorhänge hängen in den Luken. Wenn die Wellen stärker werden, nicken Dackel aus Kunststoff mit dem Kopf, während auf dem benachbarten Steg ein Dobermann wacht. Hier wohnen Lehrer neben Bildhauern neben Mechanikern neben Arbeitslosen. Bug an Bug liegen ihre Boote, sie tragen Namen wie „Heiterkeit“, „Enfant Terrible“, „Risiko“ oder „Leierkasten“. Was ihre Besitzer vereint ist die Liebe zum Wasser. Den Blick darüber gleiten zu lassen, die Möglichkeit, nur die Tür zu öffnen und schon in der Natur zu sein. In der Stadt und doch abseits. Für die wenigsten Hausbootbewohner ist ein Leben in einer normalen Stadtwohnung noch vorstellbar. „Wer erst einmal auf dem Wasser lebt, der will nicht mehr weg“, sagt Sylvi Finger. Sie ist Psychologin, 40 Jahre, seit neun Jahren lebt sie auf „Alfred“, eines von 12 Booten, die an einer Anlegestelle am Treptower Park der Stern- und Kreisschifffahrt liegen. Doch „Alfred“ muss weg, genauso wie seine elf Nachbarn auch, und zwar besser heute als morgen. Es ist zehn Jahre her, da legte das erste Hausboot an diesem Ort an. „Seitdem hat es nie Probleme gegeben, weder mit den Ämtern, noch mit der Stern- und Kreisschifffahrt“, beteuert Andrea Schöneich, eine weitere Hausbootbesitzerin. Umso härter traf es die Bewohner, als sie im März dieses Jahres Post von der Stern und Kreisschifffahrt erhielten. Es werde keine weitere Verlängerung der Nutzungsvereinbarung mit dem Schifffahrtsunternehmen geben, stand in dem Schreiben. Bis dato durften die Bewohner
die Anlegestellen nutzen – das Abkommen wurde halbjährlich verlängert. Nun kam die Aufforderung, das Gelände bis Ende Juni zu verlassen und sich einen neuen Liegeplatz zu suchen. Ein Grund wurde nicht angegeben, erst kürzlich erfuhren die Bewohner über die Medien, dass die Stern- und Kreisschifffahrt die Stege von nun an selbst nutzen wolle. Im vergangenen Monat kam ein weiterer Brief, diesmal vom Anwalt der Schifffahrtsgesellschaft. Darin stand: Man habe einen Antrag auf Zwangsräumung des Geländes eingereicht, unter anderem beim Amtsgericht Treptow-Köpenick. „Zwangsräumung ist eine Maßnahme, die bei Verweigerung durchgeführt wird. Wir verweigern uns aber nicht und sind durchaus bereit, anderswo hinzuziehen,“ sagt Andrea Schöneich. Sie wissen nur nicht wohin, weil es in Berlin keine entsprechenden Liegeplätze gibt. Insgesamt gibt es rund 50 Hausboote in Berlin. Etwa die Hälfte sind beim Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) gemeldet, die Boote am Treptower Park gehören nicht dazu. Laut Evelyn Maria Bodenmeier vom WSA werden Boote ohne offizielle Genehmigung von der Wasserschutzpolizei geduldet. Beim WSA bezeichnet man dies als „temporäre Wohnverhältnisse auf dem Wasser“. Bodenmeier zufolge würden sich immer mehr Berliner für das Leben auf dem Wasser interessieren. Dass man die Nachfrage nicht bedienen könne, liegt ihr zufolge daran, dass es in Berlin, ganz im Gegensatz zu Amsterdam oder London, einfach kaum geeignete Liegeplätze gibt. Das sieht Christian Elissavits Lilge anders. Der 41-jährige Kunsttischler muss zwar nicht um seinen Liegeplatz bangen, seine „Müritz“ liegt am „Kolk“, einem geschützten Wasser-
streifen in der Nähe der Schleuse Plötzensee und ist ganz offiziell beim WSA gemeldet, dennoch hofft er auf mehr Verständnis seitens des Senats. In Hamburg hätte man erkannt, dass Hausboote eine kulturelle Bereicherung sein können, dass sie das Stadtbild verschönern-, sogar Touristen anziehen können. Und so schrieb die Hansestadt neue Liegeplätze aus. „Berlin hat fast so viel Wasserfläche wie Venedig, trotzdem gibt es relativ wenig Hausboote“, sagt Lilge. Er würde es begrüßen, wenn auch der Berliner Senat die Vorteile von Hausbooten erkennen würde. Lilge steht auf Deck seiner „Müritz“ vor der orangefarbenen Eingangstür, die Abendsonne spiegelt sich auf dem Wasser. Lilge spricht von dem Wunsch nach mehr Zusammenarbeit zwischen dem Berliner Senat, dem WSA, den Bezirksämtern, den Hausbootbesitzern und den Anwärtern auf Liegeplätze. „Dabei geht es darum, Menschen eine andere Art des Lebens zu ermöglichen.“ Was macht das Leben auf dem Wasser so attraktiv? „Für mich ist Atmosphäre unglaublich wichtig“, sagt Lilge, seine „Müritz“ ist für ihn ein Rückzugsort, hier würde er Ruhe finden, nachdem er unter der Woche viel Zeit in seiner Tischlerei in Charlottenburg verbracht hat. Der schönste Ort ist für ihn die lichtdurchflutete Wohnküche mit Holzparkett und Ofen – besonders im Winter sei es hier irrsinnig gemütlich, sagt er. Ursprünglich wollte Lilge in einer Fabriketage wohnen und dort seine Tischlerei betreiben. Nur einen passenden Raum fand er nicht, die Mietpreise waren für ihn unerschwinglich. Er stieß auf die „Müritz“, diese stammt aus DDR-Zeiten, was er hier zahlt, W 23. SEPTEMBER - 6. OKTOBER | zitty 20-2010
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HAUSBOOTE
HAUSBOOTE
Unten am Fluss 50 Hausboote gibt es in Berlin. 12 davon sind auf der Suche nach einem neuen Liegeplatz, ihre Nutzungsvereinbarungen wurden nicht verlängert. Ob sie fündig werden, ist äußerst ungewiss Text: Martin Steinmetz, Fotos: Britney Anne Majure
Mitten in der Stadt und doch draußen: Das „Enfant Terrible“ in Treptow, der Flur Christian Lilges und das Nachbarboot von Matthias Wahls „Ursula“
38 zitty 20-2010 | 23. SEPTEMBER - 6. OKTOBER
Es ist eine sehr eigene Art zu leben, auf die der Spaziergänger vom Ufer in Treptow blickt: Auf einem Boot stehen Gartenzwerge und Spitzenvorhänge hängen in den Luken. Wenn die Wellen stärker werden, nicken Dackel aus Kunststoff mit dem Kopf, während auf dem benachbarten Steg ein Dobermann wacht. Hier wohnen Lehrer neben Bildhauern neben Mechanikern neben Arbeitslosen. Bug an Bug liegen ihre Boote, sie tragen Namen wie „Heiterkeit“, „Enfant Terrible“, „Risiko“ oder „Leierkasten“. Was ihre Besitzer vereint ist die Liebe zum Wasser. Den Blick darüber gleiten zu lassen, die Möglichkeit, nur die Tür zu öffnen und schon in der Natur zu sein. In der Stadt und doch abseits. Für die wenigsten Hausbootbewohner ist ein Leben in einer normalen Stadtwohnung noch vorstellbar. „Wer erst einmal auf dem Wasser lebt, der will nicht mehr weg“, sagt Sylvi Finger. Sie ist Psychologin, 40 Jahre, seit neun Jahren lebt sie auf „Alfred“, eines von 12 Booten, die an einer Anlegestelle am Treptower Park der Stern- und Kreisschifffahrt liegen. Doch „Alfred“ muss weg, genauso wie seine elf Nachbarn auch, und zwar besser heute als morgen. Es ist zehn Jahre her, da legte das erste Hausboot an diesem Ort an. „Seitdem hat es nie Probleme gegeben, weder mit den Ämtern, noch mit der Stern- und Kreisschifffahrt“, beteuert Andrea Schöneich, eine weitere Hausbootbesitzerin. Umso härter traf es die Bewohner, als sie im März dieses Jahres Post von der Stern und Kreisschifffahrt erhielten. Es werde keine weitere Verlängerung der Nutzungsvereinbarung mit dem Schifffahrtsunternehmen geben, stand in dem Schreiben. Bis dato durften die Bewohner
die Anlegestellen nutzen – das Abkommen wurde halbjährlich verlängert. Nun kam die Aufforderung, das Gelände bis Ende Juni zu verlassen und sich einen neuen Liegeplatz zu suchen. Ein Grund wurde nicht angegeben, erst kürzlich erfuhren die Bewohner über die Medien, dass die Stern- und Kreisschifffahrt die Stege von nun an selbst nutzen wolle. Im vergangenen Monat kam ein weiterer Brief, diesmal vom Anwalt der Schifffahrtsgesellschaft. Darin stand: Man habe einen Antrag auf Zwangsräumung des Geländes eingereicht, unter anderem beim Amtsgericht Treptow-Köpenick. „Zwangsräumung ist eine Maßnahme, die bei Verweigerung durchgeführt wird. Wir verweigern uns aber nicht und sind durchaus bereit, anderswo hinzuziehen,“ sagt Andrea Schöneich. Sie wissen nur nicht wohin, weil es in Berlin keine entsprechenden Liegeplätze gibt. Insgesamt gibt es rund 50 Hausboote in Berlin. Etwa die Hälfte sind beim Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) gemeldet, die Boote am Treptower Park gehören nicht dazu. Laut Evelyn Maria Bodenmeier vom WSA werden Boote ohne offizielle Genehmigung von der Wasserschutzpolizei geduldet. Beim WSA bezeichnet man dies als „temporäre Wohnverhältnisse auf dem Wasser“. Bodenmeier zufolge würden sich immer mehr Berliner für das Leben auf dem Wasser interessieren. Dass man die Nachfrage nicht bedienen könne, liegt ihr zufolge daran, dass es in Berlin, ganz im Gegensatz zu Amsterdam oder London, einfach kaum geeignete Liegeplätze gibt. Das sieht Christian Elissavits Lilge anders. Der 41-jährige Kunsttischler muss zwar nicht um seinen Liegeplatz bangen, seine „Müritz“ liegt am „Kolk“, einem geschützten Wasser-
streifen in der Nähe der Schleuse Plötzensee und ist ganz offiziell beim WSA gemeldet, dennoch hofft er auf mehr Verständnis seitens des Senats. In Hamburg hätte man erkannt, dass Hausboote eine kulturelle Bereicherung sein können, dass sie das Stadtbild verschönern-, sogar Touristen anziehen können. Und so schrieb die Hansestadt neue Liegeplätze aus. „Berlin hat fast so viel Wasserfläche wie Venedig, trotzdem gibt es relativ wenig Hausboote“, sagt Lilge. Er würde es begrüßen, wenn auch der Berliner Senat die Vorteile von Hausbooten erkennen würde. Lilge steht auf Deck seiner „Müritz“ vor der orangefarbenen Eingangstür, die Abendsonne spiegelt sich auf dem Wasser. Lilge spricht von dem Wunsch nach mehr Zusammenarbeit zwischen dem Berliner Senat, dem WSA, den Bezirksämtern, den Hausbootbesitzern und den Anwärtern auf Liegeplätze. „Dabei geht es darum, Menschen eine andere Art des Lebens zu ermöglichen.“ Was macht das Leben auf dem Wasser so attraktiv? „Für mich ist Atmosphäre unglaublich wichtig“, sagt Lilge, seine „Müritz“ ist für ihn ein Rückzugsort, hier würde er Ruhe finden, nachdem er unter der Woche viel Zeit in seiner Tischlerei in Charlottenburg verbracht hat. Der schönste Ort ist für ihn die lichtdurchflutete Wohnküche mit Holzparkett und Ofen – besonders im Winter sei es hier irrsinnig gemütlich, sagt er. Ursprünglich wollte Lilge in einer Fabriketage wohnen und dort seine Tischlerei betreiben. Nur einen passenden Raum fand er nicht, die Mietpreise waren für ihn unerschwinglich. Er stieß auf die „Müritz“, diese stammt aus DDR-Zeiten, was er hier zahlt, W 23. SEPTEMBER - 6. OKTOBER | zitty 20-2010
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HAUSBOOTE
30.09.
0. September, 2 @Berghain Sabrina Janesch liest au man ihr »Katzenberge«
©Milena Schlösser
Christian Lilge auf seiner „Müritz ...
für A Eintritt : 6 Euro / 5 Euro g) un (bei Vorabreservier er marketing@zittyy.de Matthias Kalle
en
www.zitty.de/live/
will er nicht verraten, nur so viel: Genauso wie bei normalen Stadtwohnungen variieren die Preise für die Liegeplätze je nach Lage stark. Zusammen mit seiner Freundin Eva wohnt er nicht im Rumpf des Schiffes, wie viele seiner Nachbarn, sondern in einem Holzhaus, das auf dem Schwimmköper des Bootes gebaut wurde – ein bisschen wie auf der Arche Noah. Viele der Möbel im Wohnraum hat der Tischler selbst gefertigt. Zum Beispiel den langen Esstisch aus hellem Ahornholz, auf dem morgens bunte Tassen mit dampfendem Kaffee stehen. „Wir können hier viel freier leben als mitten in der Stadt. Sofort ist man draußen in der Natur. Hausboote sind ganz sicher etwas für Individualisten“, sagt er. Ein paar Schiffe weiter wohnt ein weiterer Individualist. Sein Name: Matthias Wahl. Der 47-jährige Bauklempner und gebürtige Neuköllner mit Schnurrbart und dunkelrotem Fleece-Pulli ist seit fast zehn Jahren auf dem Wasser zu Hause. Ursprünglich wollte er einen ausrangierten BVGBus umbauen und darin wohnen. Doch während eines Paris-Urlaubs spazierte er an der Seine entlang, er sah die Boote und war fasziniert von dieser Art des Lebens. Das war 2002. Seitdem ist die „Ursula“ sein Zuhause. In seiner geräumigen Wohnküche unter Deck hängt eine Schiffsglocke an der Wand, und ein Holzofen spendet wohlige Wärme. Gelassen blickt Wahl über das dunkle Wasser des Westhafenkanals in Moabit. Der „Kolk“ ist neben den Hausbootanlegestellen am Tiergarten und in Stralau eine der größten Berlins. Viele Menschen glauben, Hausbootkapitäne könnten jederzeit die Anker lichten und zu neuen Ufern aufbrechen. Doch so einfach ist das
... nahe der Schleuse Plötzensee
nicht. Tatsächlich haben die meisten Hausboote keine Motoren. Sie liegen still auf dem Wasser, werden alle paar Jahre von einem Transporterschiff gezogen oder geschoben, wenn der Kahn zur Überholung in die Werft muss. „Das Leben auf dem Wasser liegt mir – ich mag die Geräusche nachts vor dem Einschlafen“, sagt Wahl, „man hört das Wasser. Oder auch ein Pochen, Kratzen oder Knarren. Oft ist es ein Blässhuhn oder eine Ente, die das Grünzeug vom Boot abknabbert. Man lebt mitten in der Natur.“ Auf einem Stück schwimmender Geschichte hat Christian Lilge sich mit seiner Frau eingerichtet: Die „Ursula“ ging 1916 als Industriekahn vom Stapel und wurde bis in die 60er Jahre als Getreideschiff genutzt. Stück für Stück riss er Wände heraus und baute den Wohnraum um. Wie bei vielen Hausbootbesitzern ist das Werkeln am Eigenheim ein niemals endendes Projekt. Denn: Wer auf einem Hausboot wohnt, muss vor allem Zeit in den Ausbau seines Domizils investieren. Trotzdem leben Hausbootbewohner nicht in einer abgeschottenen Welt. Der Postbote bringt Rechnungen, der Müll muss vor die Tür, wie in einer ganz normalen Stadtwohnung auch. Man lebt nur ein wenig außerhalb. Als „gated community“, die sich von der Außenwelt abwendet, wollen sich die Hausbootbewohner keinesfalls verstanden wissen. Auch die Bewohner am Treptower Park nicht, die derzeit auf öffentliche Unterstützung hoffen. Sie haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, einen neuen Liegeplatz zu finden. Wer einen Vorschlag hat, soll einfach vorbeikommen und an der Tür klopfen. S
KÖ P E N I C K E R S T R A S S E 1 8 - 2 0 | 1 0 9 9 7 B E R L I N in KREUZBERG | MO. - FR. 11 - 19 UHR SA. 11 - 18 UHR w w w. e x i l - w o h n m a g a z i n . d e
Männer mit HIV-Infektion gesucht Für die Teilnahme an einer klinischen Studie zur Untersuchung eines neuen Medikamentes suchen wir männliche Patienten im Alter von 18-55 Jahren mit HIV-Infektion. Voraussetzung: bisher keine HIV-Therapie, eine frühere Kurzbehandlung von max. 8 Wochen ist erlaubt.
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e Evening Post LANCASHIRE
Chorley
lep.co.uk
VICTORY SALUTE: Barack Obama and wife Michelle in Chicago after delivering his speech
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WEDNESDAY, NOVEMBER 5, 2008
40p
Historic victory for Obama
BARACK Obama was today elected as the first black president of the United States. His era-changing victory came as he swept a series of key battleground states, winning Virginia, Pennsylvania and Ohio. The 47-year-old senator pledged to be a president of all Americans and vowed to overcome challenges which were “the greatest of our lifetime,” including two wars, a global economic crisis and a planet in peril.
“I promise you, we as a people will get there,” he said. Cheered on by an estimated 250,000 supporters in Chicago’s Grant Park, Mr Obama took to a stage lined with US flags with his wife Michelle and young daughters Malia, 10, and Sasha, seven, at his side. Delivering his message of hope and unity, Mr Obama said:“The new dawn of America leadership is at hand. To those who would tear the world ● Turn to Page 6
MOTHER IN DRUGARREST Chorley pair ‘caught with £100,000 of cocaine in US’
TWO people from Chorley, including a young mum, have been arrested in the USA after being allegedly caught with almost £100,000 worth of cocaine at an airport.
If convicted of smuggling offences, Louise Marsden, 22, and a 27-yearold, identified by the authorities in the US as Daniel Lee, could serve a jail sentence of between five and 40 years.
FEDERAL PROSECUTION? Louise Marsden, who was allegedly caught with drugs worth almost £100,000
The pair were stopped by customs officials at New York’s JFK Airport who allegedly found the Class A drugs in their luggage. The pair are in custody at the Metropolitan Detention Centre in Brooklyn, but have not been charged. Neither has entered a plea. The young mum-of-one, of Seymour Street, was on her way back to the UK from Port of Spain in Trinidad with her three-year-old daughter when she was stopped. According to sources she was walking separately to Mr Lee. According to Lucille Cirollo, of Customs and Border Protection, a search of her luggage allegedly found 1,077 grams of cocaine in trousers that were in her suitcase.
by Martin Steinmetz martin.steinmetz@lep.co.uk Her daughter has since returned to England. Mr Lee was arrested by Customs and Border Protection (CBP) officers after a routine inspection of his luggage allegedly found 1,087 grams of cocaine. A spokesman said the ICE and the US Attorney’s office were pursuing federal prosecutions. The pair were arrested on October 21 and according to the US Attorney’s Office, the authorities have 30 days to bring any charges. The spokesman said neither defendant had pleaded guilty and would remain at Brooklyn’s Metropolitan Detention Centre indefinitely. Louise’s court-appointed lawyer Justine Harris declined to comment. However Mr Lee’s legal representative Jeremy Orden did speak and has visited his client. He told the Evening Post: “Under the circumstances he is holding up well. I’m working on his case.” Louise’s devastated mum Cheryl Barlow, 40, said: “It felt like my world came crashing down when I got the call from New York to say what had happened. “It’s a horrible feeling knowing that ● Turn to Page 14
YOUVOTE:DoestheGovernmentdoenoughtotacklecrime?SeePage5
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lep.co.uk
Evening Post, Wednesday, June 20, 2007
THE SKY’S ALIVE!
Is the truth out there? Or here? ... Do you have you a wacky story to tell? Contact Claire Hill via the newsdesk on 01772 838103 or e-mail: lep.newsdesk@lep.co.uk. Alternatively, you can write to Claire c/o Newsdesk, Lancashire Evening Post, Oliver's Place, Fulwood, Preston, PR2 9ZA
SEE THE LATEST WEIRD WORLD TOMORROW IN YOUR POST AND ONLINE AT lep.co.uk
I can’t watch football – the thrill could kill me Danger heart condition means Jim can’t follow his team
by Martin Steinmetz martin.steinmetz@lep.co.uk
RESIDENTS living in the south of Penwortham will have a chance to meet their newly elected councillors when their local area committee meets. The meeting will take place at the community centre, Kingsfold Drive, tomorrow from 7pm. Everyone is welcome.
Ten years ago Jim Coan, 46, of Ulnes Walton Lane, Ulnes Walton, near Leyland, was diagnosed with heart rhythm disturbance which knocks him unconscious when he gets too excited.
THE BLUES: Jim Coan can’t watch his favourite footballers such as Steven Gerrard, inset with it and you’re in danger of getting a black out, so I can’t watch any of the matches “I still take an active interest in what Liverpool are up to but it’s not the same as watching the whole game. “I’ve always been a very active ● Atrial Fibrillation is the most common heart rhythm disturbance. ● It affects around 500,000 people in the UK. ● With a correct diagnosis and advances in cardiac technologies, patients can remain active and healthy. ● Most heart rhythm disturbances that arise from the
person and played football and badminton and I also did parachute jumps but I’ve had to change my whole life around.” Jim was trying to get the right treatment for years after being diagnosed with Atrial Fibrilation following his first black out in a
FACTFILE
top of the heart are troublesome but not life-threatening. ● Those coming from the bottom of the heart are lifethreatening. ● Many arrhythmias can be completely cured by keyhole techniques.
swimming pool at a Liverpool scuba diving club. He is on beta blockers and had a pacemaker fitted, but it was not until it was replaced with an Implantable Cardioverter Defibrillator two years ago that the black outs were brought under control. Jim was not able to drive until he could claim his licence back after medical tests eight months ago, and now he is campaigning to clear up misconceptions about heart conditions. Jim, who works as a stocks control manager at a Bolton firm, said: “I still have light-headed moments almost daily but I don’t experience black outs like I used to.” ● For more information see www.aral.org.uk
Chance to quit smoking the Easyway
FIT TO QUIT: Mark Keen
A TRIAL date has been set for a man who denies being in control of a vehicle while unfit to drive. Martin Michael Marlow, 28, from Martinfield Road, Penwortham, had earlier pleaded not guilty to the charge at Preston Magistrates Court. The case was adjourned until September 18. The charge relates to an incident in Preston on February 17.
Residents to hold talks
A FOOTBALL fan from Leyland has missed seeing a decade of footballing triumph and tribulation because of a dangerous medical condition.
As a result, he has not seen a single kick of a game involving Liverpool FC for the last decade. He missed nail-biting games like this year’s Champions’ League Final defeat against AC Milan. He missed the victory in the same tie in 2005. He missed the UEFA Cup win in 2001, and he missed the FA Cup victory against West Ham last year. But the Reds supporter, who used to be a keen parachutist and scuba diver, says the condition has not killed his passion for the beautiful game and he occasionally watches match highlights on TV. He said: “If you are a football fan you can’t just sit there and watch the game, you want to get involved and you jump up and down and support your team the best you can. “When it gets to that level of excitement your heart can’t deal
NEWSBRIEF Trial date set for driver
AS the country braces itself for the introduction of the Smoking Ban here’s the opportunity for YOU to give up cigarettes for good. On Sunday July 1 – the day the ban begins – we have two places on an Easyway Stop Smoking course FREE to readers. The courses, worth £220, come with a 90% success rate, last five hours, and are run by former local radio presenter and Evening Post columnist
Mark Keen. Mark uses the method pioneered by Allen Carr, and backed by Richard Branson and Anthony Hopkins. “Even as an ex-smoker,” says Mark, “I have learned a lot in the two years I have been running the courses. I have learned that smoking is not a physical problem, it’s a psychological one. I have learned that potions, patches and pills treat the symptom, not the cause. If you are serious about quitting smoking, there are two
places reserved for readers for Mark’s session in Preston on the afternoon of Sunday July 1. You will be joined by other quitting hopefuls including Evening Post staff members, who will track your progress. E-mail mark@easywaylancashire.co.uk or express your interest on 01772 739849. All unsuccessful applicants will be offered a session with a third off the price.To find out more check out www.easywaylancashire.co.uk
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News
prestontoday.net
Evening Post, Thursday, November 10, 2005
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IT was amurder of suchbrutality it shookLancashireandnow thenotorious Handless Corpse casehas been revistedinanew exhibition.Martin Steinmetzlooks backon thegrizzly crime whichput aChorley quarry in themedia spotlight for all the wrong reasons GRISLY: Left, Halfpenny Lane, the road leading to Eccleston Delph where, right, Marty Johnstone was killed by Andrew Maher
Lancashire’s very own
Goodfellas... I
T was more than 26 years ago that divers discovered the mutilated body of a man in a remote quarry at Heskin near Chorley which led to one of the biggest murder inquiries by Lancashire Constabulary, spanning the globe. The crime exhibition at Samlesbury Hall reveals that, as well as the corpse being handless, the murder victim’s face had been disfigured and he had been shot in the head. The man sustained deep axe wounds to his stomach and his body had been weighted down with stuffed coal bags. People across Lancashire were shocked by the gangland style execution and had not expected something that cruel to happen so close to home. Arthur Marshall, 58, is one of the retired police divers who clearly remembers the probe into the mysterious murder of ‘the handless corpse’. He took part in the painstaking procedure to bring the body to the water’s surface at Eccleston Delph so forensic scientists could examine it. He remembers: “It was another routine job when it started out. We got a call that two divers had found a body in the delph. We had reports of all sorts of horror stories and when we went down there it was obvious they were true. His body was weighted down by coal bags filled with a car jack and the old 56 kilo weights, bolt
HITMAN: Andrew Maher jacks and various other things. We used reels and strong men to get him into our dinghy. “We saw he had no hands and held him up when we rowed to the shore. Everybody there had no idea how big a case it was going to be. Nobody would have expected it to happen where it happened. The sleepy village image was just blown right out of the water.” After the discovery, police sergeants jetted across the globe to unpick the various chains in the deadly heroin smuggling ring operating mainly in South East Asia, New Zealand, Australia and Britain. There was a lot of media interest in the brutal murder and 90 officers worked tirelessly urging the public to
help find the killers. Thanks to confidential statements from two local women, detectives were able to identify the man as New Zealand drug dealer Christopher Martin Johnstone – also nicknamed ‘Mr Asia’ or ‘Marty’ in underworld circles. As the investigation took its course, the constabulary got a gruelling insight into the drug underworld, frighteningly close to the plot of mob films such as ‘Goodfellas’ and ‘The French Connection’. It became apparent ‘Marty’ Johnstone had used his menswear business in Auckland as a front to make drug runs back and forth to Thailand, starting in the early 1970s. He became friends with Leyland man Andy Maher who, by 1978, was paying associates to move drugs and money in and out of Britain. Soon both men got involved with ruthless underworld boss Alexander Sinclair, also known as Terry Clark, who allegedly wanted to be known as the ‘Al Capone of New Zealand’. And ‘Marty’ Johnstone was lured to his death after he was told a drug deal in Scotland had gone wrong. But the true story was that one of the women used as drug mules was found to be carrying heroin hidden beneath underwear and children’s toys on a return flight from Thailand. Although he was his partner in crime,
Maher took orders from his gangmaster boss and shot Johnstone on the A6 north of Lancaster. After cutting off his hands in his garage in Leyland, Maher then tipped his friend’s body from a cliff top into the dark waters of the Eccleston Delph where he hoped it would vanish forever – instead it landed on a ledge just 25 feet below. It turned out to be a mistake with serious consequences, paving the way for Lancashire police capturing Sinclair and his loyal henchmen. On October 30 at 7.30am, officers burst into Sinclair’s luxury flat in London and arrested him and his glamorous lawyer girlfriend at gunpoint. Only later it became clear that the ruthless man at the top of the Kiwi Connection had ordered the killings of at least 10 others during the 1970s. At the time of his arrest, he had accumulated more than £390m from his seedy operation. In 1980, a trial held at Lancaster Crown Court eventually saw 12 people convicted with more than 130 witnesses from around the globe giving evidence. At the time, judge Mrs Justice Heilbron said the constabulary’s Det Supt Ray Rimmer and his team deserved praise for their ‘brilliant, painstaking and successful investigation’. In 1983, Sinclair died of a heart attack
in Pankhurst Prison, having served four years of his 20-year sentence. When officers in Lancashire heard of his death, they feared he may have escaped and that his body could have been replaced with someone else’s. But they found the gangster responsible for swamping the streets of South East Asia, Britain, New Zealand and Australia with drugs was indeed dead. Lancashire’s officers had left a drugs empire in ruins, even making heroin vanish from the streets of New Zealand for some time. Today, police look back on the downfall of one of the world’s biggest drug syndicates unfolding from a sinister death in a quiet village and still describe it as ‘the most far-reaching criminal case the constabulary has ever dealt with’. Mr Asia’s millions are still sought by police in five countries who believe his earnings are stashed away in safety deposit boxes, bank accounts and property under false names. Four years ago, Eccleston Delph was drained and 250 rusty cars were recovered. Mr Asia’s handless corpse could have been lying among them, had it not been found on that cold autumn morning 26 years ago. The exhibition featuring the case of the handless corpse is now on display at the Lancashire Police Museum at Samlesbury Hall.
Testing, testingat one, two, three...enough’s enough!!! P Margaret Morrissey OBE National Confederation of Parent Teacher Associations.
In my view
arents supported the introduction of the National Curriculum and have continued to see the benefits it has brought to schools. They were not so enthusiastic when league tables were proposed and, through the National Confederation of Parent Teacher Associations, raised concerns this could cause stress and unnecessary competition while not supporting learning. Government still forged ahead and subsequently introduced SATs for all ages. A recent National Confederation of Parent Teacher Associations survey showed the majority of par-
ents now want to remove SATs for seven-year-olds because of the stress for children and teachers. League tables have become a tool for choosing a school and another stress and burden for teachers, sometimes detracting from the rich curriculum they could be giving children if they were not ever mindful of tests. So it is with real concern we read of the National Curriculum being extended to nought to three-yearolds. If there is a curriculum, then it must be tested and inspected by Ofsted. Do we really want to test zero to three-year-olds to brand some children as failing from
birth? Parents know children progress at different rates and this is particularly so for babies. NCPTA welcomes parts of the Childcare Bill announcement by Beverly Hughes. We welcome more day nursery provision, we welcome a framework. Parents need to know their children are being well cared for in a safe environment by staff who are well-trained and able to stimulate the youngsters. What we do not welcome is the part within the Bill to start a curriculum for our children from the moment they leave the maternity ward, which may lead to formalised learning and testing.
Government has already, despite promises this would not happen, formalised education for fouryear-olds. In the words of a young mother who e-mailed me today: ‘I have a young daughter at school and I am an active member of our PTA. Our school has a new nursery unit taking children from three-yearsold for half day sessions and basically treats them like reception or year one children, all work and little play. ‘They are expected to go to full school assembly and be silent for 30 minutes and much more. This is not unusual, it is happening across the country’.
She, like many other parents no doubt, is alarmed that by 2010 the government expects all parents of three to 14-year-olds to have access to a year-round childcare place from 8am to 6pm and it further concerned me today to read about ‘educating’ babies and toddlers. There will be many parents who will welcome this but equally recognise the difference between childcare and education with a formal curriculum. Children need time for a carefree childhood and play. Given this, the vast majority start school well adjusted and ready to learn.