am Beispiel einer Nichtregierungsorganisation
Digital Storytelling
Digital Storytelling
am Beispiel einer Nichtregierungsorganisation
Inhalt
Einleitung
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1.1 Aufgabe und Voraussetzungen 1.1.1 Aufgabenstellung 1.1.2 Ausgangslage
1.2 Zielformulierung des Kooperationspartners 1.3 Kooperation 1.4 Thesen 1.5 Motivation
Der filmische Ansatz
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2.1 Der Mensch liebt persönliche Geschichten 2.1.1 Definition
2.2 Der Beginn des digitalen Geschichtenerzählens 2.2.1 Die Entstehung des Digital Storytelling 2.2.2 Digital Storytelling für alle 2.2.3 Grundlagen des Digital Storytellings
2.3 Digital Storytelling in der Lernpädagogik 2.3.1 Digitale Medien im amerikanischen Schulunterricht
2.4 Entwicklung des Internets und Digital Storytelling 2.4.1 Mehr Nutzer-Interaktivität durch das Web 2.0 2.4.2 YouTube 2.4.3 Skalierbare Internetplattformen 2.4.4 Bedeutung von YouTube für das Digital Storytelling 2.4.5 Neue Interaktions- und Erzählformen durch Social Media
2.5 Transmedia Storytelling 2.5.1 Neue Medienkanäle für transmediales Erzählen 2.5.2 Detektivarbeit in Transmedia-Kampagnen 2.5.3 Schwarmintelligenz vs. Schwarmdummheit 2.5.4 Kundenbindung durch Transmedia Storytelling
Inhalt
2.6 Zusammenfassung
Webbasiertes Storytelling
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3.1 Einleitung 3.1.1 Entwicklungen im digitalen Zeitalter 3.1.2 Wachsende Bereitschaft zum digitalisierten Nutzungsverhalten 3.1.3 Vorgehensweise
3.2 Editorial Storytelling 3.2.1 Punched Out 3.2.2 Die New York Times 3.2.3 Snow Fall 3.2.4 Der Stil der New York Times 3.2.5 Snapchat Discover 3.2.6 Zusammenfassung
3.3 Digital Storytelling im Brand und Product-Bereich 3.3.1 Einleitung 3.3.2 Spotify-Jahresrückblick 3.3.3 Bang & Olufsen 3.3.4 The Young Pope
3.4 Storytelling-Hybride: Zwischen Editorial und Brand Storytelling 3.4.1 Don’t look away 3.4.2 Eskapismus
3.5 Zusammenfassung
Neuer Definitionsansatz 4.1 Einleitung
4.2 Definitionsansatz des heutigen Digital Storytelling 4.3 Erzählstrukturen 4.3.1 Lineares Storytelling 4.3.2 Non-lineares Storytelling 4.3.3 Grundsätze des non-linearen Geschichtenerzählens 4.3.4 Spannung als Erfolgsfaktor 4.3.5 Verarbeitung von Geschichten
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4.4 Interaktivität 4.4.1 Modulbausteine für Multimedia-Webseiten
4.5 Webbasierte Dokumentationen 4.6 Mobile Storytelling 4.6.1 Snapchat Stories 4.6.2 Live-Videos 4.6.3 Facebook Canvas
Digital Storytelling für NPOs
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5.1 Einleitung 5.2 #Menschlichkeit steht dir am Besten 5.2.1 Kampagnenseite 5.2.2 Bewertung
5.3 This Is Our Future 5.3.1 Kampagnenseite 5.3.2 Interactive Story 5.3.3 Bewertung
5.4 One Warm Winter 5.4.1 Kampagnenseite 5.4.2 Bewertung
5.5 #LastSelfie 5.5.1 Kampagne 5.5.2 Bewertung
5.6 Virtual Reality 5.6.1 Charity Water 5.6.2 UNVR 5.6.3 Bewertung
5.7 Zusammenfassung
Empirische Forschung
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6.1 Forschungsdesign
Inhalt
6.2 Internetrecherche
6.2.1 Ă–ffentliche Wahrnehmung 6.2.2 Corporate Website 6.2.3 Soziale Medien 6.2.4 Zusammenfassung
6.3 Experteninterview 6.3.1 Vorgehensweise 6.3.2 Interview-Leitfaden 6.3.3 Darstellung der Ergebnisse 6.3.4 Interpretation der Ergebnisse 6.3.5 Ergebnisse im Vergleich mit aktuellen Forschungen
6.4 Qualitative Umfrage 6.4.1 Vorgehensweise 6.4.2 Darstellung der Ergebnisse 6.4.3 Interpretation der Ergebnisse
6.5 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse
Praxisprojekt 7.1 Einleitung 7.2 Anforderungen 7.3 Kampagnenidee 7.4 Wireframes 7.5 Startseite VcA 7.6 Interaktive Story 7.7 Social Media
Literaturverzeichnis Internetquellen Abbildungsverzeichnis Anhang
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„Storytelling has always been an important way of embodying knowledge, but it‘s especially valuable today.“ - Dana Atchley
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Einleiutng
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Aufgabe und Voraussetzungen 1. 1
Aufgabenstellung 1. 1. 1
Die Aufgabe dieser Arbeit ist die wissenschaftliche und konzep-
tionelle Ausarbeitung eines Gestaltungskonzepts für die Webseite einer Non-Profit-Organisation mit Schwerpunkt auf dem Gestaltungsansatz „Digital Storytelling“ bei der Umsetzung. Dabei wird zunächst der Begriff Digital Storytelling wissenschaftlich untersucht, sowie seine Entstehung und Entwicklung beschrieben. Diese Ergebnisse fließen jederzeit in die Arbeit ein. Maßgebende Standards und die Erkenntnisse der gezeigten Webseiten mit Schwerpunkt Digital Storytelling, werden dann am Beispiel der Webseite des Wasserhilfsprojekts „Viva con Agua de Sankt Pauli e.V.“ angewendet. Das Ergebnis der Arbeit soll ein ganzheitliches Gestaltungskonzepts darstellen, das zum einen den aktuellen Anforderungen webbasierter Digital Storytelling-Webseiten gerecht wird und zum anderen der Organisation Viva con Agua die Möglichkeit gibt, langfristig neue Spender zu generieren und den großen Stamm an ehrenamtlichen Mitgliedern zu halten und zu erweitern.
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Einleitung
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Ausgangslage 1. 1. 2
Das ist Viva con Agua Viva con Agua (VcA) ist eine Non-Pro-
fit-Organisation, die sich seit 2006 dafür einsetzt, dass Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern mit sauberem Trinkwasser versorgt werden und ihnen bessere Sanitär- und Hygienebedingungen zur Verfügung gestellt werden. Im Fokus der Organisation steht Spaß und Freude beim Spendensammeln miteinander zu verbinden (vgl. 6.3.3). Dafür haben sie ganz neue Wege und Möglichkeiten kreiert, um besonders junge Zielgruppen zu gewinnen: Auf Sport-, Musik- und Kunstveranstaltungen sammeln sie Spendengelder, die zu großen Teilen an die Hilfsorganisation „Welthungerhilfe“ weitergeleitet werden, um auf verschiedenen Kontinenten Wasserhilfsprojekte zu realisieren. VcA kann dabei auf viele freiwillige, vor allem junge Mitarbeiter bauen. Momentan unterstützen über 12.000 (vgl. 6.2.1) ehrenamtliche Helfer und Helferinnen die Inlands- und Auslandsprojekte. Weitere Spendengelder werden seit 2010 durch den Verkauf von Mineralwasser generiert. Im Jahr 2016 verkaufte VcA über 18 Millionen Flaschen ihres Wassers (vgl. 6.2.1).
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Abb. 2: Webseite von Viva con Agua
Ein veralteter Onlineauftritt von VcA Die Corporate Website von VcA ist mit aktuell ca. 2.100 Zugriffen am Tag (vgl. 6.3.3) eine bedeutende Anlaufstelle für potenzielle Spender. Momentan wirkt sie unstrukturiert, nicht besonders nutzerfreundlich und gestalerisch veraltet. Dies führt dazu, dass über die Hälfte der Startseiten-Besucher die Seite direkt wieder verlassen (vgl. 6.3.3). Weiterhin fällt auf, dass das verbindende Thema der Organisation Spaß und Freude auf der Webseite kaum zur Geltung kommt. Dabei ließe sich hier sehr gut an die einzigartige Geschichte und die nachhaltigen Was-
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Einleitung
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serhilfsprojekte der Organisation anknüpfen. Auch, die Möglichkeit zu spenden, wird auf der Webseite viel zu bescheiden thematisiert - Ein Spendenformular findet man erst am untersten Ende der Startseite. Die Integration von Social Media sucht man vergeblich. Es lässt sich sagen, dass die Webseite aktuell keinen Standards gerecht wird - weder inhaltlich, noch gestalterisch. VcA begründet die aktuelle Situation mit technischen Restriktionen: Durch ein veraltetes Content-Management-System lassen sich höchstens inhaltliche Änderungen vornehmen (vgl. 6.3.3). Dass die Webseite seit längerem keiner grundlegenden Überarbeitung unterzogen wurde, liegt daran, dass, wie bei vielen Non-Profit-Organisationen, die Verwaltungskosten und das Marketingbudget möglichst klein gehalten werden, damit die Spendengelder direkt in die Projekte fließen (vgl. 6.3.3). Langfristig (ca. 2018) plane VcA jedoch eine ausführliche Bearbeitung der Webseite in Form eines Relaunch (vgl. 6.3.3).
Zielformulierung des Kooperationspartners 1. 2
Das Hauptziel von VcA ist es, neue Spender zu generieren (6.3.3). Zudem soll auf der Webseite in Zukunft mehr Transparenz zu den Spendeneinnahmen und zur Verwendung und Verfolgung der Gelder kommuniziert werden.
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Durch eine enorme Umsatzsteigerung beim Verkauf von VcA-Mineralwasser in den letzten Jahren, wurde das Unternehmen zwar immer bekannter, jedoch wurde die Lücke zwischen den Personen, denen VcA als gemeinnützige Organisation bekannt ist und denen, die ausschließlich die Mineralwassermarke VcA aus der Gastronomie und dem Getränkehandel kennen, immer größer. Deshalb liegt ein Schwerpunkt für die Generierung von Spendengeldern (Fundraising) in einer aktiven Aufklärung über die Projekte hinter der Wassermarke VcA.
Kooperation 1. 3
Nach Absprache mit dem Marketing-Team von VcA war eine konsequente Betreuung der Arbeit wegen der zuvor erwähnten, fehlenden Arbeitskapazitäten nicht möglich. Die Kommunikation begrenzte sich auf den Austausch über einige E-Mails und zwe i ausführliche Telefonate, von denen eines als Experteninterview in die Forschungsergebnisse einfließt. Die Arbeit stellt am Ende ein eigenständig erarbeitetes Konzept dar, bei dem Informationen und Erkenntnisse sowie die Anforderungen der Organisation an einen neuen Onlineauftritt, zur Kenntnis genommen und im Rahmen des Möglichen, mit den eigenen Ideen und Maßnahmen zusammengebracht werden. VcA ist also kein klassischer Kunde, sondern in diesem Fall ein Kooperationspartner, der jederzeit und unentgeltlich auf die Ergebnisse zurückgreifen kann.
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Einleitung
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Thesen 1. 4
Aus einer kurzen Marktanalyse und Betrachtung aktueller Digital-Trends allgemein und im Non-Profit-Sektor, ergeben sich folgende Thesen. These l. Die User-Experience einer persönlichen und wirkungsvoll gestalteten Webseite mit Schwerpunkt Digital Storytelling, kann die Kundenbindung und Bekanntheit einer Non-Profit-Organisation bedeutend steigern. These ll. Viele der möglichen Zielgruppe kennen nur das Mineralwasserprodukt von Veranstaltungen oder aus dem offenen Verkauf und Gastronomie, jedoch nicht die einzigartige Geschichte, die besonderen Aktionen und Projekte, die hinter dem Mineralwasser stehen und die Hauptaufgabe von VcA sind. These lll. Eine nahtlose User Experience über alle Endgeräte hinweg sowie ein gelungenes Auftreten im Social Media-Bereich, werden für Non-Profit-Organisationen immer wichtiger, da in Zukunft immer mehr online gespendet wird und jüngere Spender gewonnen werden müssen.
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Motivation 1. 5
Momentan nutzen viele etablierte Großunternehmen Digital Storytelling für ihr Marketing, in dem sie Geschichten rund um Produkte erzählen. Ein gutes Beispiel für „Brand Storytelling“ (vgl. 3.3) ist der Hersteller für Unterhaltungselektronik „Bang & Olufsen“ (vgl. 3.3.3). Das dänische Unternehmen setzt dabei auf hohe Produktqualität und emotionale Kundenbindung: Vor allem die innovativen Lautsprechersysteme und Kopfhörer präsentieren sie auf wirkungsvollen, preisgekrönten Webseiten (Webby), die oft persönlich und interaktiv sind. Beispiele wie diese, können der Anstoß für die Arbeit und den Einsatz von Digital Storytelling sein. Ziel der Themenfindung für diese Arbeit war es jedoch, ein Thema zu auszuwählen, das die Wirkung von Digital Storytelling nicht für kommerzielle Zwecke nutzt. Digital Storytelling hat das Potenzial, besondere Erlebnisse für den Nutzer zu erschaffen (vgl. 2.1) und Menschen zu mobilisieren (vgl. 2.5.5). Diese Potenziale sollten Non-Profit-Organisationen nicht vorenthalten bleiben, die auf eine werteorientierte Kunden- bzw. Mitgliederbindung setzen. Für diese Arbeit sollen die Ausdrucksstärke und Kraft des digitalen Geschichtenerzählens dazu dienen, eine Organisation zu unterstützen, die zum einen bestimmte Werte vertritt (zum Beispiel soziale Gerechtigkeit) und zum anderen nicht die Möglichkeiten eines Großunternehmens in
den Bereichen Werbung & Außendarstellung hat.
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Einleitung
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Denn wie in 1.1.2 erwähnt, versuchen Non-Profit-Organisationen, wie VcA grundsätzlich Verwaltungs- und Werbebudgets klein zu halten. Durch die daraus resultierenden geringen Arbeits- und Finanzkapazitäten hat VcA nur begrenzte Möglichkeiten, sich im Bereich Marketing und Außendarstellung auch in Zukunft stärker zu engagieren. Man ist in vielen Bereichen auf die Dienste von Freiwilligen angewiesen. Darum ist die Wahl, einen gemeinnützigen Verein zu unterstützen, leicht gefallen.
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Der filmische Ansatz
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Der Mensch liebt persönliche Geschichten 2. 1
Um den Begriff Digital Storytelling zu definieren, muss man zunächst das „Storytelling“, also das Geschichtenerzählen, genauer untersuchen und weit in der Geschichte der Menschheit zurückgehen. Denn das Geschichtenerzählen ist älter als unsere eigene Sprache: Bilder, Laute, Zeichnungen im Sand. Seit dem wir denken können, teilen wir unsere Erfahrungen mit anderen, indem wir sie in verschiedenster Form dokumentieren (Herbst und Musiolik, 2016). Im besten Fall verpacken wir sie in aufregenden Geschichten, denen wir gespannt am Lagerfeuer, im Kino oder in Büchern folgen. Diese spannenden Geschichten sind Erfahrungen anderer, die wir als besondere Erlebnisse wahrnehmen und die in unserem Gedächtnis bleiben - wenn sie denn gut sind. Dann „leiden wir mit den Opfern, fiebern mit den Helden und lieben mit den Liebenden“ (Herbst and Musiolik, 2016, S.6). Vor allem aber, erinnern wir uns an gute Geschichten. Denn das Storytelling hat das einzigartige Potenzial, den Zuschauer durch Emotionen in seinen Bann zu ziehen und ihn dadurch nachhaltig zu prägen. Aus diesem Grund lieben wir gute Geschichten. Dabei sind die Inhalte seither die selben - einzig die Erzählweise hat sich durch die fortschreitende Sozialisierung und Digitalisierung verändert und weiterentwickelt (Herbst and Musiolik). Die Entwicklung alter (vgl. 2) und
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Filmischer Ansatz
neuer Erzählweisen (vgl. 3, 4, 5) wird im Folgenden erläutert.
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Definition 2. 1. 1
Der Gestaltungsansatz Digital Storytelling knüpft an die alte und
wirkungsvolle Tradition des Geschichtenerzählens an. Grundsätzlich beschreibt der Begriff das digitale Geschichtenerzählen, bei dem verschiedene Medienelemente wie Texte, Bilder/Fotos, Illustrationen, Bewegtbilder, Grafiken, Animationen und Effekte, Sounds oder gesprochenes Wort ein multimediales Gesamtprojekt ergeben (Herbst und Musiolik). Zur Definition des Digital Storytelling wird kann die Definiton von oftmals folgendes Zitat von Leslie Rule (2010) herangezogen:
„Das Digital Storytelling ist die moderne Art des mittelalterlichen Brauchs des Geschichtenerzählens. Digitale Geschichten erlangen ihre Kraft durch zusammengestellte Bilder, Musik, Texte und Voice-over, die durch Tiefe und Lebhaftigkeit die Charaktere, Situationen, Erfahrungen und Einblicke die Geschichte prägen. Teilt eure Geschichten digital.“ (S.56)
Der Beginn des digitalen Geschichtenerzählens 2. 2
Die Entstehung des Digital Storytelling 2. 2. 1
Der Begriff fand 1990 mit der Dokumentation „The Civil War“ von
Ken Burns das erste Mal Verwendung (Reading Rockets, o.J.). Bei der elf-stündigen Dokumentationsreihe über den amerikanischen Bürgerkrieg benutzte der Dokumentarfilmer insgesamt 16.000 zeitgenössische
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Fotografien, Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und Zeitungsartikel (PBS, o.J.). Dabei verwendete er verschiedene Schwenk- (panning) und Vergrößerungsbewegungen (Zoom), um die Standbilder für den Zuschauer zum Leben zu erwecken. Die durch Burns bekannt gewordene Technik ist heute unter dem „Ken-Burns-Effekt“ bekannt (Apple, o.j.). Die Erzählung und die im Film vorkommenden Voice-Over, werden unter anderem von bekannten Schauspielern eingesprochen und auch die eingesetzte Filmmusik wirkt sehr authentisch, da sie größtenteils aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs stammt (PBS). Das Werk gilt als Startschuss der Digital Storytelling-Ära: Unter anderem nannte das „Real Screen Magazine“ das Projekt zu diesem Zeitpunkt die „einflussreichste Dokumentation aller Zeiten“ (PBS). Ken Burns schaffte es damals, mit seiner einzigartigen Technik, Fotografien zum Leben zu erwecken. Er gilt deshalb als einer der großen Vorbilder und Wegweiser des heutigen Digital Storytelling (Lambert, 2010).
Digital Storytelling für alle 2. 2. 2
Die Definition des Digital Storytelling von Leslie Rule kündigt an,
was der Begriff zu Beginn ursprünglich darstellte: Eine Erzähltechnik, mit der jeder Mensch seine eigenen persönlichen Geschichten digital entwickeln und teilen sollte (Storycenter, o.j.). Da jedoch Anfang der
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Filmischer Ansatz
1990er Jahre das Equipment für die Produktion digitaler Geschichten
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noch sehr teuer war, blieb vielen die Möglichkeit verwehrt, eigene Geschichten selbst zu produzieren (Storycenter). Um diesen Zustand zu ändern, wurde 1994 an der University of California at Berkeley das „San Francisco Digital Media Center“ gegründet (Storycenter). Zusammen mit dem früheren Theater-Produzenten Joe Lambert und seiner Frau Nina Mullen, wollte der Videoproduzent und -künstler Dana Atchley der breiten Masse das Kreieren digitaler Geschichten zugänglich machen. Dabei kamen ihnen die Entwicklung neuer Technologien und einfach zu bedienendes Equipment im Bereich der Videoproduktion entgegen (Storycenter). Schon vor der Gründung des San Francisco Digital Media Center machten sie die Erfahrung, dass die Menschen ohne jegliche Vorkenntnisse im Multimediabereich in der Lage waren mit Hilfe neuer digitaler Medien persönliche und mitreißende Geschichten zu produzieren (Storycenter). Sie stellten den Studierenden die Technik zur Erstellung und Realisierung der „Digital Stories“ zur Verfügung. In Workshops lernten die Teilnehmer das Erzählen und Produzieren von digitalen Kurzgeschichten. 1998 zog das „San Francisco Digital Media Center“ als „Center for Digital Storytelling“ (später „Storycenter“, Storycenter) nach Berkeley um und hat seitdem nach eigenen Angaben über 15.000 Menschen im Bereich „Storytelling“ unterrichtet und mit 1.000 Organisationen zusammengearbeitet (Lambert, 2012).
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Grundlagen des Digital Storytellings 2. 2. 3
Der Workshop setzt sich dabei unter anderem aus kreativem
Schreiben und dem Erlernen neuer digitaler Software (EUODS, o.j.) zusammen. Für diejenigen, die nicht direkt am Workshop teilnehmen konnten, stellt Lambert auf der Webseite des Storycenters das „Digital Storytelling Cookbook“ zum Download zur Verfügung (Lambert, 2010). Dort werden Techniken und Anleitungen für das Kreieren der von Digital Stories veröffentlicht. In dem 2010 aktualisierten Leitfaden „Digital Storytelling Cookbook“ hält Joe Lambert ein Modell mit sieben zentralen Punkten für das Gestalten effektiver Digital Stories fest („7 Steps of Digital Storytelling“, Lambert, 2010, S.14): „Step 1 Owning Your Insights“ Bedeutung der Geschichte bewusst machen (S.9) Die Storyteller sollen sich zunächst überlegen, welche Geschichte sie erzählen wollen und was sie ihnen bedeutet. „Step 2: Owning Your Emotions“ Bewusstmachung der Emotionen, die sie vermitteln möchten. (S.12) Dieser Schritt beinhaltet die Identifizierung der gewünschten Emotionen, die der Erzähler in seiner Geschichte transportieren möchte und
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Filmischer Ansatz
wie er sie vermitteln will.
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„Step 3: Finding The Moment“ Identifizierung des entscheidenden Augenblicks (S.12) Nach Findung der Emotionen, gilt es den einen Moment zu finden, der charakteristisch für die Bedeutung und den Wandel der Geschichte steht. „Step 4: Seeing Your Story“ Auswahl von Bildmaterial (S.15) Bei der Auswahl des passenden Bildmaterials, empfiehlt Joe Lambert, solche Bilder zu wählen, die der Vorstellung möglichst nahe kommen, die entsteht, wenn die Geschichte vor dem inneren Auge abgerufen wird. „Step 5: Hearing Your Story Auswahl des Sounds (S.18) Der Einsatz von einer Erzählerstimme oder Musik, soll die Dramatik und Stimmung der Geschichte verstärken. Dabei kann vor allem die Persönlichkeit der Erzählerstimme des Autors den Film prägen. „Step 6: Assembling Your Story“ Zusammenführen der verschiedenen Medien zu einer digitalen Kurzgeschichte (S.20) In diesem Schritt wird die Struktur und Dramaturgie des Films festgelegt. Der Autor muss sich fragen: Wie und wo werden die Höhen und Tiefen und der entscheidende Augenblick der Geschichte eingesetzt?
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„Step 7: Sharing Your Story“ Verbreitung der eigenen Digital Story (S.23) Nach der Bearbeitung des Films, sollte sich Zeit genommen und reflektiert werden, ob das fertige Filmprojekt noch den eigenen, ursprünglichen Anforderungen und Erwartungen gerecht wird. Dabei wird geprüft, ob der Film weiterhin zum ausgewählten Publikum passt und ob er die Absichten der Originalidee widerspiegelt. Zuletzt muss sich der Produzent und Autor für die Präsentationsart seiner Arbeit entscheiden (s.23). Neben den ausführlich beschriebenen Produktionstechniken, legen Lambert und sein Team einen inhaltlichen Rahmen für die Arbeiten fest: Dabei sollte die Wortanzahl der Geschichte zwischen 250-375 liegen und nicht mehr als 20 Bild- bzw. Videoinhalte verwendet werden (S.21). Diese Begrenzung soll den Storytellern helfen, sich zum einen auf ihre Kernaussage zu fokussieren und zum anderen, ihr Zeitmanagement zu organisieren (S.21).
Der Pionier Dana Atchley 2. 2. 4
Das Storycenter war von Beginn an geprägt von der Arbeit Dana
Atchley’s, insbesondere von seiner autobiografischen und interaktiven Bühnen-Show „Next Exit“, die er zusammen mit Joe Lambert produzierte (Erstaufführung, 1991, Woo, 2000). Der damalige Performancekünstler
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Filmischer Ansatz
saß dabei auf einer Bühne und erzählte ausgewählte Geschichten aus
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seinem Leben und von seiner Familie. Die insgesamt 70 Kurzgeschichten, die während der Show auf einer großen Leinwand projiziert wurden, beinhalteten Material aus 150 Jahren Familienarchiv (Woo). Für die Geschichten in Form von Videos, setzte Atchley insgesamt 24 Medienformate, von alten Familienfotos bis zu digitalen Videoinhalten, ein. Mithilfe von Adobe Photoshop, Adobe Premiere and Adobe After Effects1 setzte er die verschiedenen Medienelemente zusammen und produzierte daraus einzelne Videos, die jeweils eine Geschichte aus seinem Leben präsentierten (Artscope, 2011). Jeder seiner Auftritte war mehr oder weniger improvisiert, da Atchley immer nur einzelne Geschichten in unterschiedlicher Reihenfolge erzählte. Dadurch wurde jeder seiner Auftritte einzigartig. Für Atchley war das Besondere an der Show die frei kombinierbare Erzählstruktur, die nur durch das digitale Medium ermöglicht wurde. Eine, der Geschichten bewegte den damaligen Vorsitzenden von Coca Cola 1991 so sehr, dass er ihn offiziell als „Digital Storyteller“ für sein Unternehmen anwarb (Woo). Atchley entwarf später das „Digital Storytelling Theater“ in der „World of Coca-Cola“ in Las Vegas. Im Laufe der Zeit wurde er von weiteren Großunternehmen wie Apple (Glaser, 2013) und PricewaterhouseCoopers (Woo) engagiert, um Geschichten über die Unternehmen und deren Produkte zu erzählen.
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Adobe: Software-Hersteller für Kreativprogramme (Adobe, o.j.)
„Digital Stories are sonnets from the heart.“
Vor allem aber kreierte er mit „Next Exit“ eine durch digitale Medien unterstützte Re-Interpretation des klassischen, mittelalterlichen Geschichtenerzählens, womit Atchley einen Grundstein für das Storycenter und die Verbreitung von kommerzieller Produktion, persönlicher, autobiografischer und digitaler Geschichten legte.
„Storytelling definiert, wer wir sind - gesellschaftlich und individuell. Storytelling definiert, was wir mögen, wohin wir gehen und woher wir kommen. Storytelling war schon immer ein Weg, um Wissen zu verkörpern - Es war jedoch noch nie wertvoller als heute. Unsere Gesellschaft ist so multikulturell und vielseitig geworden, dass wir manchmal den Überblick über die Besonderheiten von Kultur und Glaube verlieren. Geschichten helfen uns, sich an sie zu erinnern.” (Atchley, o.j)
Von Berkeley ins britische Fernsehen Im Rahmen einer Recherche für die „School of Journalism, Media and Cultural Studies at Cardiff University“ besuchte der damalige Fotograf und Autor Daniel Meadows im Jahr 2000 das Storycenter in Kalifornien. Er war davon begeistert, wie Lambert and Atchley die Workshops führten und die Teilnehmer ohne technische Vorkenntnisse ihre eigenen digitalen Geschichten kreierten (Meadows, Photobus, o.j.).
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Für Meadows war die wertvollste Erkenntnis, dass Geschichten digital nun nicht mehr nur von Profis, sondern von jedem, der sich dafür interessiert, erzählt und geteilt werden konnten (EUODS). Er selbst bezeichnete digitale Geschichten als „Multimedia-Sonette aus den Herzen [der Menschen]“ (EUODS). Mit dem Wissen aus den Workshops in Berkeley, machte sich Meadows mit Kollegen der Cardiff University auf, um dem walisischem Fernsehsender „BBC Wales“ ein Konzept vorzuschlagen, das Digital Storytelling ins Fernsehprogramm bringen sollte (Meadows, Photobus): In der Serie „Capture Wales“ erzählen einheimische Waliser in selbst produzierten Kurzfilmen ihre Geschichten (Meadows, BBC, o.j.). Dabei fuhr Daniel Meadows mit seinem Team quer durch Wales und veranstaltete im ganzen Land Workshops zum Thema Digital Storytelling. Die walisischen Teilnehmer, die bis dahin nur Teil des Publikums waren, lernten das Produzieren von Digital Stories. Zwischen 2001 und 2008 entstanden so hunderte digitale Kurzgeschichten, die im Fernsehen und auf der Web-
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Filmischer Ansatz
seite von BBC Wales veröffentlicht wurden (docubase).
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Digital Storytelling in der Lernpädagogik 2. 3
Digitale Medien im amerikanischen Schulunterricht 2. 3. 1
2002 wurde im Rahmen des Bildungsgesetzes „No Child Left
Behind Act“ (NCLB) in den USA ein neues Programm beschlossen, das vor allem lernschwachen Schülern die Möglichkeit geben sollte, die freie Schulzeit mit verschiedenen Lern- und Freizeitangeboten zu verbringen (James-Burdumy, Dynarski und Deke, 2007). Ein Schwerpunkt bei diesem Angebot liegt auf dem Erlernen und dem Umgang mit Computern. Zwischen 2002 und 2007 investierte die US-amerikanische Regierung über 11 Milliarden Dollar in die 21st Century Community Learning Centers (James-Burdumy, Dynarski und Deke). Im Jahr 2007 führte jedoch eine Studie zu heftigen Diskussionen in den Medien: Die Studie sagte aus, dass der Einsatz von digitalen Medien keinen signifikanten positiven Effekt auf den Lernfortschritt der Schüler hatte (eSchool News Staff and Wire Servce Reports, 2007). Verfechter der Bildungstechnologie wehrten sich dagegen und kritisierten die mangelnde Unterstützung und Vorbereitung für die Lehrer. Denn die Studie hatte auch ergeben, dass nach Angaben der Lehrer, ihr Selbstvertrauen im Umgang mit den neuen Medien nach nur kurzen Schulungen zum Anfang des Schuljahres, deutlich sank (eSchool News Staff and Wire Servce Reports). Dazu kam, dass Schulen für sich selbst
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entschieden, die Technik nicht so in Anspruch zu nehmen, wie es das Bildungsprogramm für sie vorgesehen hatte und bereitgestellte Kapazitäten kaum ausgenutzt wurden. Für die Experten waren die ausbleibenden Erfolge im Lernbereich die logische Folge (Robin, 2008). Digital Storytelling soll Kreativität und Selbstreflexion schulen Der Bildungsexperte Bernard R. Robin verteidigt den Einsatz digitaler Medien in Schulräumen und zählt Digital Storytelling zu einer der wichtigsten Maßnahmen bei der Erziehung jüngerer Generationen im Umgang mit neuen Technologien (Robin, 2008). Er nannte Digital Storytelling „ein erzieherisches Instrument“, mit dem Lehrer die Möglichkeit haben, Inhalte einfacher zu vermitteln und so die Aufmerksamkeit der Schüler besser einzufangen. Denn Forschungen haben ergeben, dass Bilder in Verbindung mit Texten, das Verständnis der Schüler für die Lerninhalte nicht nur verbessert, sondern auch beschleunigt (Robin, 2008). Digital Storytelling eigne sich aufgrund des Zusammenspiels verschiedener Medienelemente besonders gut für dieses Format der Informationsvermittlung, so Robin (2008). Vor allem thematisch anspruchsvolle Inhalte ließen sich durch den Einsatz von Digital Storytelling verständlich machen. Die wichtigsten Eigenschaften des digitalen Geschichtenerzählens im Unterricht kommen jedoch erst zum Vorschein, wenn die Schüler ihre
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Filmischer Ansatz
eigenen Digital Stories produzieren (Robin, 2008). Diese schulen die Fä-
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Abb. 5: The convergence of digital storytelling in education.
higkeit der Kommunikation und Diskussion - auch in größeren Runden. Beim Gestalten der Geschichten lernen sie zudem einen selbstverständlichen Umgang mit den neuen Medien und Informationen zu vermitteln. Für das Erzählen von Digital Stories eignen sich verschiedene Formate (Tidbits, 2015), die vielseitige Wirkungsweisen (vgl. Abb. 5) auf die Schüler haben. „Personal Narratives“ sind digitale Erzählungen, die auf dem Ansatz des Storycenters beruhen und vor allem persönliche Geschichten beinhalten, die aus Sicht des Ich-Erzählers produziert werden (Tidbits). Sie sammeln Medieinhalte, die ihrer Meinung nach die Geschichte
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am besten ausdrücken und bringen sie in die richtige Reihenfolge. Bei diesem Format lernen die Schüler nicht nur die Auseinandersetzung mit sich selbst (Alexander, 2011) - durch das Feedback anderer Schüler lernen sie, mit neuen Perspektiven umzugehen und diese zu reflektieren. Neben vielen Vorteilen auch Nachteile Trotz der positiven Effekte, die das Kreieren eigener Geschichten mit sich bringt, gibt es im Gestaltungsprozess auch immer wieder Hindernisse (Tidbits): Ein vorgegebenes Zeitlimit, dass sich durch die Unterrichtszeit ergibt und unterschiedliches Arbeitstempo der Schüler können kollidieren (Tidbits). Auch nicht alle recherchierten Inhalte sind frei verfügbar. Dadurch kann die Suche nach den benötigten Inhalten mitunter mühsam und zeitraubend sein.
Entwicklung des Internets und Digital Storytelling 2. 4
Mehr Nutzer-Interaktivität durch das Web 2.0 2. 4. 1
Noch in den frühen 2000er Jahren hatte die Wirtschaft mit den
Folgen der vorangegangen Wirtschaftskrise zu kämpfen (Borchers, 2010). Dennoch erfuhr die Verbreitung des Internets mit der Jahrhundertwende den nächsten Boom: Von Dezember 2000 bis Dezember 2003
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Filmischer Ansatz
verdoppelte sich die Zahl der Internetnutzer noch einmal auf knapp 719
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Millionen Nutzer (IWC, n.d.). Anfang 2005 hatte jeder siebte Mensch auf der Erde Zugang zum Internet. Der rasante Anstieg der Nutzerzahlen brachte Anfang der 2000er Jahre eine erkennbare Veränderung rund um das Internet mit sich: Unter dem Begriff Web 2.0 versteht man ein aktiveres Nutzungsverhalten der bisher größtenteils passiven Internetnutzer sowie eine konsequente Ausschöpfung der Möglichkeiten des Internets. In der Praxis bedeutete das, dass sich das Internet von seinem ursprünglichen Nutzen als reine Informationsplattform löste, indem sich unter anderem die Nutzer die Grundlagen der nötigen Werkzeuge zur Umsetzung einer eigenen Webseite und deren Inhalte aneigneten. Das Internet entwickelte sich durch diese Partizipation der Nutzer zu einer „von allen produktiv nutzbaren Plattform“, weshalb man auch von einer „Demokratisierung des Netzes“ spricht (Lackes, n.d.). Durch den inflationären Gebrauch des Begriffs „Web 2.0“ gilt es dabei zu unterscheiden, welche Plattformen den wahren Partizipationsgedanken verfolgen und welchen nicht (Ito, 2006). YouTube gelte laut Experten (Ito) deshalb nicht als Web 2.0-Unternehmen, da Nutzer zwar Videos hochladen und teilen können, jedoch im Gegensatz zur Fotodatenbank Flickr nicht herunterladen können und somit der klassische Gedanke einer Plattform, an der alle teilhaben können, nicht erfüllt wird.
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„Eine Seite, die echtes Teilen [von Inhalten] erlaubt, versucht nicht die ultimative Kontrolle über die Inhalte zu behalten, die sie bereitstellt. Eine solche Seite würde erlauben, dass Nutzer die Inhalte so verschieben, wie sie es möchten.“ (Carr, 2006)
YouTube 2. 4. 2
YouTube ermöglichte ungefähr vier Jahre nach Ausstrahlung der
ersten Folge „Capture Wales“ im britischen Fernsehen, als erste Video-Sharing-Plattform, das Hochladen von eigenen Videos im Internet (Kosoff, 2015). Von heute auf morgen war es nun jedem Menschen mit Internetzugang möglich, ein Millionenpublikum zu erreichen (Berchem, 2006). Mit dem schnellen Wachstum von YouTube wuchs der Markt für narrative Inhalte. Amateurfilmer und Drehbuchautoren begannen, YouTube zum Ausprobieren und Experimentieren zu nutzen (The Creative Cloud Team, 2016). Schnell erfreute sich die Plattform unter Videoproduzenten großer Beliebtheit, da sie die perfekte Möglichkeit darstellte, ihre Werke einer großen Community vorzuführen und bewerten zu lassen (Carr). Mit dem kostenlosen Distributionskanal für eigene digitale Geschichten, war der Durchbruch für die Etablierung des Digital Storytelling geschaf-
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Filmischer Ansatz
fen (als filmischer Ansatz).
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Skalierbare Internetplattformen 2. 4. 3
Der digitale Fortschritt und die sich ständig verändernden Markt-
bedingungen erfordern,, dass Internetplattformen wie YouTube oder Facebook ständig an Verbesserungen und Innovationen arbeiten. Gepaart mit neuen Technologien entwickeln sich noch nie dagewesene Services und „Features“-(Eigenschaften) vor allem aus den Bedürfnissen der Nutzer. Im Juni 2010, führte die Plattform den „YouTube Video Editor“ ein, der es nun erlaubte, direkt auf der YouTube-Webseite Inhalte zu kürzen, Musik hinzuzufügen und einzelne Videos zu einem längeren Video zusammen zu zustellen (Jarboe, 2012). Mit nur einem Klick konnte das Video danach auf der Plattform geteilt werden. Weitere Features waren das Einführen von Videos in 4K-Qualität (Jarboe) und die Möglichkeit, mit verschiedenen Tools wie Xtranormal, Stupeflix and GoAnimate eigene Cartoons und Slideshows zu gestalten.
Bedeutung von YouTube für das Digital Storytelling 2. 4. 4
Es stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis der rasante Auf-
stieg von YouTube zum Ansatz des Digital Storytelling steht. Zunächst bot YouTube als erste, bedeutende Internet-Videoplattform potenziellen “Storytellern” die Möglichkeit, ihr selbst produziertes Filmmaterial einem breiten Publikum zu präsentieren.
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Zwar ersetzt YouTube nicht den anleitenden Produktionsprozess des Digital Storytelling, den Joe Lambert und das Storycenter in Kalifornien lehrten, jedoch standen die selbst produzierten und persönlichen Geschichten nun einer breiten Masse beliebiger Inhalte gegenüber, in der sie drohten unterzugehen. Denn die Begeisterung um YouTube führte zu einem „Boom“ an Video-Uploads. Dementsprechend willkürlich und qualitativ überschaubar waren und sind bis heute der Großteil der hochgeladenen Videos bei YouTube. Man kann deshalb festhalten, dass die Einzigartigkeit, mit der man das Produzieren digitaler Geschichten in den 1990er Jahren verband, sicherlich unter der neuen „Freiheit des Teilens“ durch YouTube gelitten hat.
Neue Interaktions- und Erzählformen durch Social Media 2. 4. 5
Neue Ansätze ergaben sich zudem durch die aufstrebenden so-
zialen Netzwerke wie Facebook. Sie erlaubten Unternehmen nun den Austausch und die Interaktion mit dem Publikum. Im Web 2.0 führte User-generated Content, also Inhalte, die von Nutzern erstellt wurden und eine organische Reichweite, also die unbezahlte Verbreitung von Inhalten, zu einer stärkeren Rolle der Nutzer: Sie entwickelten nun eigene digitale Inhalte unter anderem in Blogs und auf Webseiten sowie in sozialen Netzwerken beispielsweise in Form von Kommentaren, Kun-
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Filmischer Ansatz
denrezensionen oder Lexikoneinträgen (Wyngaarden et al., 2016)
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Die neue Rolle der Nutzer bzw. Kunden brachte auch Nachteile mit sich, da die Prosumenten (Produzent und Konsument in einer Personen) nun in der Lage waren, sich vor allem in Form von Kommentaren beispielsweise zu sogenannten „Shitstorms“2 zusammenzutun und so das Image einer Marke nachhaltig zu beschädigen.
Transmedia Storytelling 2. 5
Neue Medienkanäle für transmediales Erzählen 2. 5. 1
Das transmediale Geschichtenerzählen, dessen Begriff in dieser
Arbeit gleichbedeutend mit dem crossmedialen Geschichtenerzählen behandelt wird, geht oft Hand in Hand mit Digital Storytelling. Durch die dehnbare und somit interpretationsfähige Begriffsdefiniton „Digital Storytelling“ wird der Begriff „Transmedia Storytelling“ teilweise fehlinterpretiert und fälschlicherweise mit dem Digital Storytelling gleichgesetzt. Hierzu die Definition von Henry Jenkins (2007):
„Transmediales Geschichtenerzählen beschreibt einen Prozess, bei dem bedeutende Elemente einer Fiktion systematisch über mehrere Ausspielkanäle gestreut werden, um ein ganzheitliches Entertainment-Erlebnis entstehen zu lassen.“ Als Faktor einer steigenden Medienkonvergenz (Koschnik, 2011), dem Zusammenwachsen verschiedener Medien bzw. Kommunikationskanäle,
41 2 Sturm der Entrüstung in einem Kommunikationsmedium des Internets, der zum Teil mit beleidigenden Äußerungen einhergeht (Duden, n.d.)
beschreibt Transmedia Storytelling demnach das Erzählen über verschiedene Medienkanäle, die digital und analog sein können. Das bedeutet, dass Digital Storytelling nur einen Teil des Transmedia Storytelling sein kann, aber es nicht komplett einnimmt. Die Erzählwelt transmedialer Geschichten schafft im Gegensatz zum Digital Storytelling durch den Einsatz analoger Mittel noch größere Dimensionen, die oft auf eine Vermischung zwischen Realität und Fiktion abzielen (Dailymotion, n.d.). Bis zum Durchbruch des Internets Ende der 1990er Jahre entschied sich die Wahl der Ausspielkanäle im Prinzip von selbst: Bücher und Texte, Fernsehen und Radio. Die Aufnahme des Internets in das Medienangebot hatte große Auswirkungen auf die Erzählweisen und -welten transmedialer Geschichten.
Detektivarbeit in Transmedia-Kampagnen 2. 5. 2
Bei transmedialen Projekten werden häufig TV-Serie/-Film oder
Kinofilm zusammen mit Webspecials oder parallel stattfindenden LiveEvents (Dailymotion) kombiniert. Dieses Spielformat wird „Alternate Reality Game“ bezeichnet, bei dem die Rezipienten oft in die Rolle des Detektivs bzw. Entdeckers schlüpfen und Hinweisen folgen müssen, die auf den verschiedenen Medienkanälen oder in realen Szenarien versteckt werden (Dailymotion). Dabei geben fiktive Charaktere, Webseiten und Firmen dem Rezipienten das Gefühl, sich in einem realen Umfeld zu
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Filmischer Ansatz
befinden.
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Alternate Reality Games (ARG) können als komplexeste und sowie produktionsaufwendigste Art des Transmedia Storytelling bezeichnet werden. Eines der bekanntesten Beispiele für das damals neue Spielformat war das weltweite Onlinespiel „The Lost Experience“ zur TV-Serie „Lost“, bei der Überlebende eines Flugzeugabsturzes auf einer menschenleeren Insel überleben mussten (2006). Das ARG beschäftigte sich mit den Hintergründen der Serie und einem frei erfundenen mysteriösen Unternehmen. Die Spieler folgten verschiedenen Hinweisen, die je nach Kontinent variierten, so dass sie sich über Blogs und Foren virtuell austauschen mussten (Lostpedia, n.d.).
Schwarmintelligenz vs. Schwarmdummheit 2. 5. 3
In diesem Zusammenhang wird oft der Begriff „Kollektive Intelli-
genz“, auch „Schwarmintelligenz“ genannt, verwendet (Schimmelpfennig, 2014). Der Begriff beschreibt einen Prozess, „in dem eine Gruppe Fähigkeiten und Eigenschaften erlangt, die die einfache Addition der Fähigkeiten aller beteiligten Individuen weit übersteigt“ (Hermann Koch and Andreas Ballhaus, n.d.). Dabei gilt es zwischen Schwarmintelligenz und dem Schwarmverhalten zu unterscheiden: So kann das Zusammenführen verschiedener Meinungen auch negative Folgen haben, indem man das eigene Verhalten aufgrund der Meinung anderer anpasst. Dieses Phänomen wird auch als Schwarmdummheit bezeichnet (Dambeck, 2011).
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Im Fall The Lost Experience hat der Austausch der Spieler dazu geführt, dass das eigene Wissen geteilt und mit dem Wissen anderer ergänzt wurde, um die Rätsel des ARG zu lösen. In Bezug auf The Lost Experience trifft der Begriff Schwarmintelligenz vermutlich zu, denn wie Verhaltensbiologen sagen, setzt die Schwarmintelligenz voraus, dass „Individuen unabhängig voneinander Informationen sammeln müssen und diese in sozialen Interaktionen verarbeiten und zusammenführen“ (Schimmelpfennig).
Kundenbindung durch Transmedia Storytelling 2. 5. 4
Ein ARG alleine zu bewältigen liegt nicht in der Sache der Natur,
da die Erzähltwelten teilweise enorm komplex sind und die Spieler auf den Austausch untereinander angewiesen sind (Barton and Lampley, 2013). Das gemeinsame und leidenschaftliche Lösen der Aufgaben hat ein enormes Potenzial zur Stärkung der eigenen Fanbase. Im Fall The Lost Experience haben die Autoren das Spiel so gestaltet, dass auch Spieler teilnehmen konnten, die die Serie bisher nicht kannten (Lostpedia). Die Mobilisierung der Massen spiegelt sich wiederum in den Medien wieder, die dieses Thema aufgreifen und organisch bewerben. So auch in dem ARG „Why so serious?“ zum Kinofilm der Batman-Serie „The Dark Night“ (Dailymotion). In einer der spektakulären viralen Marketingkampagne, die im Mai 2007
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Filmischer Ansatz
startete, knapp ein Jahr vor dem amerikanischen Kinostart von „The
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Dark Knight“, schaffte es die Kampagne, zehn Millionen Spieler aus 75 Ländern für das Spiel zu mobilisieren (Dailymotion). Auch hier kam ein ARG zum Einsatz, das die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen ließ (Beck, 2009): Die Spieler erhielten E-Mails und Telefonanrufe. Neben verschiedenen Live-Events, wie zum Beispiel einer Demonstration für den Film-Staatsanwalt „Harvey Dent“, umfasste das Spektrum an eingesetzten Medien zudem Blogs, Webseiten, Printmedien, interaktive Spiele, Videos und Sammlerstücke .
Abb. 6 & 7: Screenshots aus der Kampagne „Why so serious?“
Die positive Auswirkung der Kampagne wurde spätestens durch den schnellsten Kartenvorverkauf der Geschichte bestätigt (Dailymotion). Hunderte Fans pilgerten zu der Filmpremiere in New York und wurden mit einem übergroßen „Badsignal“ belohnt, das auf ein Hochhaus projiziert wurde.
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Zusammenfassung 2. 6
Drei prägende Akteure für ein digitales Geschichtenerzählen Das Problem des teuren Equipments, das man in den 1990er Jahren zum Produzieren digitaler Geschichten benötigte, führte dazu, dass sich einige Einzelne, allen voran Dana Atchley und Joe Lambert dafür engagierten, Menschen zusammenzubringen, ihnen Technik bereit stellten und das Kreieren persönlicher Digital Stories möglich machten. Noch heute werden auf der ganzen Welt Workshops zum Thema Digital Storytelling gehalten, die auf den Lernprinzipien des Storycenters beruhen (Grimme-Institut Gesellschaft für Medien, Bildung und Kultur GmbH, 2013). Das Verbinden von verschiedenen Medienelementen wurde bereits vor 27 Jahren in der Dokumentation „The Civil War“ von Ken Burns aufgegriffen und mit dem sog. Ken-Burns-Effekt, der Fotografien zum Leben erwecken ließ, revolutioniert. Die Technik findet heute nicht nur immer noch Verwendung, sondern wird adaptiert und mit Hilfe neuer Technologien weiterentwickelt (vgl. 4.4.1). Neben technologischen Entwicklungen wie der Kommerzialisierung des Internets, sorgten Anfang der 2000er Jahre Wegbereiter wie Daniel Meadows für eine ständige Weiterentwicklung des filmischen Ansatzes des Digital Storytelling. Mit dem Start von YouTube verlagerte sich das Digital Storytelling zunehmen auf das Internet. Aus Marketingsicht entwickelten sich mit YouTube zudem neue Formate und Möglichkeiten für
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Filmischer Ansatz
das transmediale, konvergente Erzählen.
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Das Transmedia Storytelling nahm neue Ausmaße an. Die Dynamik und Erweiterung der Erzählwelten von ARGs entwickelte von allen transmedialen Modellen wohl das größte Potenzial für die Markenidentifizierung von Kunden. Das interaktive Spielformat beweist auch, dass die Partizipation, also die aktive Einbeziehung und Teilnahme des Publikums, eine ungeahnte Strahlkraft sowie ein bemerkenswertes Mobilisierungspotenzial zur Folge haben kann.
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Webbasiertes Storytelling
Einleitung 3. 1
Entwicklungen im digitalen Zeitalter 3. 1. 1
Die rasanten technologischen Entwicklungen, besonders in der
Medienindustrie, haben ein noch nie da gewesenes Ausmaß an gesellschaftlichen Veränderungen und im Mediennutzungsverhalten angenommen. Brauchte das Fernsehen noch mehrere Jahrzehnte, um sich als Medium eine dominante Marktstellung zu erarbeiten, brauchte das Smartphone dafür nur wenige Jahre (Wyngaarden et al., 2016). Neue aufstrebende Unternehmen schafften es in kurzer Zeit, sich an der Marktspitze zu etablieren. Die Applikation (App) „Snapchat“ wurde innerhalb von nicht einmal sechs Jahren, fester Bestandteil des Alltags von Smartphone-Besitzern und ein milliardenschweres Unternehmen mit weiter wachsender Reichweite (Stevenson, 2016). Der technologische Fortschritt begründet die Geschwindigkeit, mit der Unternehmen und Services in immer kürzeren Entwicklungszyklen umgesetzt und implementiert werden. Dabei beschreiben diese Entwicklungen keine Phase und auch keine Trends, die irgendwann drohen auszulaufen. Wir befinden uns in einer Entwicklung in der digitalen Kommunikation, die auch weiterhin einen kontinuierlichen, gesellschaftlichen Wandel mit sich zieht (Wyngaarden et al., 2016).
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Webbasiertes Storytelling
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Es bedarf einer großen Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft, gerade für ältere Generationen, die noch mit analogen Medien aufgewachsen sind, mit den heutigen Entwicklungen Schritt zu halten. Die noch vor Jahren scheinbar überdramatisierten, fiktionalen Zukunftsvisionen aus den Filmen der 80er- und 90er-Jahren sind Realität geworden (Brücken, 2014). Wir schweben auf „Hoverboards“ über dem Wasser und lassen unsere Rollläden per App herunterfahren. Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch und einige von uns fühlen sich wahrscheinlich zurecht von ihr bedroht. Inwiefern ist sie noch steuerbar, wenn sie irgendwann so weit entwickelt ist, dass Roboter autark „denken“ können? Erledigen diese Roboter dann unsere Job? Worin gipfelt das Ganze, wenn die Entwicklung dieses rasante Tempo beibehält? Dies sind Fragen, mit denen sich die Gesellschaft heutzutage auseinandersetzen muss. Zur Beruhigung der Kritiker trägt allerdings bei, dass zukunftsorientierte Projekte, die noch nicht wirklich ausgereift waren, relativ früh und kläglich scheitern mussten: 2016 ließ sich Microsoft’s Chatbot „Tay“3 von der Twitter-Community innerhalb eines Tages zum Nationalsozialisten und Sexisten umerziehen und selbstfahrende Autos vom Fahrdienst „Uber“ ignorierten bei Testfahrten rote Ampeln (Anna Steiner, 2016) . Die Entwicklung der Technologie ist zwar rasant, aber noch fehlerhaft.
51 3 Chatbot: Programme, die automatisiert mit Nutzern kommunizieren können (The Red Bulletin, n.d.)
In den kommenden Jahren werden weitere, einschneidende Veränderungen in unserem Alltags- und Berufsleben auf uns warten. Ob sich die durch die Digitalisierung entstandenen Veränderungen in unserem Leben größtenteils positiv oder negativ ausgewirkt haben, lässt sich nicht pauschal sagen. Die Diskussion über Persönlichkeitsrechte und Datenschutz wird weiter anhalten . Was das digitale Geschichtenerzählen betrifft, so kommt die Digitalisierung und die höheren technischen Standards den „Storytellern“ zugute, wie die Untersuchung im folgenden Kapitel zeigt.
Wachsende Bereitschaft zum digitalisierten Nutzungsverhalten 3. 1. 2
Der technologische Fortschritt beeinflusst längst unseren Alltag.
Ein interessanter Aspekt ist der Umgang und die Akzeptanz der verschiedenen Generationen im Zusammenhang mit dem Mediennutzungsverhalten. Während die Generationen Y (1985 von 1999), oft auch als „Millenials“ bezeichnet, und Z (etwa 2000 bis 2015) als „Digital Natives“ größtenteils in einer digitalisierten Welt aufgewachsen sind, haben die Generationen der „1968er“ (geboren 1945 bis 1955) und der „Babyboomer“ (1955 bis 1969), als „Digital Immigrants“ (Gründerszene Magazin, n.d.) den Wandel von einer „analogen Realität“ zum digitalisierten Alltag noch selbst erlebt und teilweise sogar mitgestaltet.
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Webbasiertes Storytelling
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Die Einstufung durch das Geburtsjahr und ein damit verbundenes Gleichsetzen des Alters mit der Medienaffinität wird jedoch kritisch gesehen: Medienforscher weisen darauf hin, dass nicht jeder der Generation Y und Z die technischen Fertigkeiten der Definition eines Digital Native aufweist (Palfrey, 2007). Aus dem gleichen Grund steht die Verwendung der Bezeichnung Digital Immigrant in der Kritik, da es älteren Menschen nicht automatisch verwehrt ist, einen selbstverständlichen Umgang mit digitalen Medien zu lernen (Wampfler, 2014). Statt des Alters, sollte der Umgang mit den heutigen Medien und der Technik die Begriffe „Digital Native“ und „Digital Immigrant“ prägen, so die Forscher.
Vorgehensweise 3. 1. 3
Um State of the Art und die visionären Ansätze des heutigen
Digital Storytelling zu verstehen, macht es Sinn, die jüngsten Trends zu untersuchen und zu zeigen, wie sich das Storytelling seit The Civil War von 1990 verändert hat. Dazu wird zunächst darauf eingegangen, wie die Entwicklungen im Online-Journalismus das interaktive Digital Storytelling maßgeblich geprägt haben. Zudem werden weitere Beispiele aus anderen Branchen hinzugenommen, die mit ausgezeichneten Benchmark-Webseiten Ansätze für neue Formen des Digital Storytelling liefern.
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“I’m going to kill you,” the player said.
Punched Out „Punched Out“ ist eine investigative Geschichte, die die Lebensgeschichte und den Tod von Derek Boogaard erzählt, sich mit den chronischen Hirnschäden von Eishockeyspielern auseinandersetzt und in Form eines dreiteiligen Ar55
tikel bzw. eines interaktivem Video produziert wurde.
Editorial Storytelling 3. 2
Punched Out 3. 2. 1
2011: Der amerikanische Eishockeyprofi Derek Boogaard (28),
Spitzname „The Bogeyman“, wird tot in seinem Apartment gefunden. Als Eishockeyspieler wurde er als „Enforcer“ bei Prügeleien auf dem Spielfeld vorgeschickt, um Faustkämpfe mit gegnerischen Spielern auszutragen (Oldörp, 2011). 182 Kämpfe in seiner Karriere haben neben einer Medikamentensucht zur Nervenkrankheit CTE (Chronisch traumatische Enzephalopathie, (Oldörp) geführt, die eine generative Hirnschändigung beschreibt (Coen, 2016) und durch mehrfache Gehirnerschütterungen verursacht wird. Der Tod von Derek Boogaard ist der bis dahin dritte Todesfall in der amerikanischen Eishockeyliga (NHL) durch CTE. Ein Team der New York Times produzierte für den Artikel ein neues Multimedia-Format, das mit dem Einsatz verschiedener Medieninhalte eine neue Art vom webbasiertem Digital Storytelling darstellte (Branch, 2011). Im ersten Kapitel „Derek Boogaard: A Boy Learns to Brawl“ erzählt der Autor John Branch, wie Boogaard und sein Vater stundenlang durch die menschenleere, dunkle Einöde Kanadas zu sämtlichen Eishockey- und Boxtrainings fuhren. Detailreich, aber nicht ausschweifend, beinhalten die sieben Seiten des Artikels Boogaard‘s Weg in die höchste amerikanische Eishockeyliga.
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Webbasiertes Storytelling
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Branchs Erzählweise ähnelt dabei mehr der eines Romanautors als einem Zeitungsreporter. Unterstützt wird die Erzählung durch den Einsatz von Hyperlinks im Text, bei denen sich durch das Anklicken verschiedene Medieninhalte wie Fotos, Foto-Slideshows oder Videosequenzen in einem zusätzlichen Overlay-Fenster öffnen . Der Text umfließt dabei rechts eine Spalte mit weiteren Inhalten, die die Erzählung vom Heranwachsen Boogaard’s (Bildergalerien) unter-
Abb. 9: Handschrift Derek Boogaard
stützen. Darunter auch ein Dokument mit seinen vollständigen Notizen über seine Kindheit und seiner Einstellung zum Eishockey: Die intimen Tagebucheinträge sind wohl der Schlüssel zu dem erfolgreichen Storytelling des Artikels. Sie liefern dem Autor und später den Nutzern einen Einblick in die Kindheit des tragisch verstorbenen Eishockey-Spielers, da sie neben der objektiven Sichtweise des Autors, auch die emotionalen Eindrücke des Protagonisten dokumentieren.
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Abb. 11: Interaktives Video, Punched Out
Interaktives Video fßr eine intensive Multimedia-Erfahrung Parallel zum Artikel haben die Autoren um John Branch, zusammen mit einem Team von Multimediajournalisten, die Geschichte in drei interaktiven Videos zu den jeweiligen Kapiteln auf bereitet: Die Videos werden von einer Erzählerstimme begleitet. Unter dem Videofenster erscheinen nach und nach Zusatzinhalte, die passend zur aktuellen Sequenz des Videos erscheinen und aufgerufen werden kÜnnen. Technisch sind die weiteren Angebote perfekt integriert: Beim Anklicken stoppt das Video und der Nutzer kann sich die Zusatzinhalte in Ruhe an-
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Webbasiertes Storytelling
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schauen. Mit einem Klick auf den Button „Return to Video“ gelangt man wieder direkt zurück zum Video, das dann automatisch weiterläuft und der „Return to Video“-Funktion. Das zweite Kapitel handelt von Boogaard’s Karriere als NHL-Profi, das seinen Aufstieg zum gefürchtetsten Enforcer der Liga und den tiefen Fall in die Medikamentensucht erzählt. Dabei wird kritisch auf die brutale Tradition der Faustkämpfe im Eishockey eingegangen. Ein weiterer Videoinhalt („Anatomy of a fight“) erklärt ausführlich, wie die Faustkämpfe zustande kommen und sich die Spieler während des Kampfs verhalten müssen, um zu gewinnen. Als Nutzer taucht man dabei tief in die Leiden eines NHL-Enforcers ein: Zu Anfang von den Fans gefeiert und von den Gegnern gefürchtet, werden dann immer mehr körperliche Probleme erkennbar. Neben Operationen helfen Schmerzmittel den Spielern, weiterzumachen und sich für ein ruhmreiches Leben als Millionär Tag für Tag den Torturen und Schmerzen auszusetzen, die schließlich zu psychischen Problemen und Veränderungen der Persönlichkeit führen. Im letzten Kapitel erzählt Branch, wie der längst medikamentensüchtige Boogaard zu einem der größten NHL-Teams nach New York wechselt und sich - sozial isoliert - erneut in eine Entzugsklinik einweisen lässt. Kurze Zeit später stirbt er an den Folgen einer Tabletten-Überdosis im Schlaf.
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3D-Grafik zeigt Gehirn des Eishockeyspielers Neben der umfassenden Dokumentation Boogaard’s Leben und der Todesumstände, beinhaltet das dritte Kapitel von Punched Out die ausführliche Forschung an Boogaards und weiteren Gehirnen von an CTE-erkrankten und verstorbenen Spielern. Dabei zeigen Bilder von seinem Gehirn in 3D-Ansichten, wie sich die Hirnschäden im Gehirn verbreitet haben. Spätestens durch den Einsatz von teure, aufwendigen bildgebenden Verfahren, wird dem Nutzer bewusst, wie viel Arbeit Branch und sein Team in die Produktion des Artikels gesteckt haben müssen. Hintergründe zur Produktion Die Produktion des gesamten Projekts betrug sechs Monate (Branch). Zu Recherchezwecken fuhr das Team nach Kanada, in Boogaards Heimatort, führte Interviews mit Familienangehörigen und setzte sich im Zusammenhang mit den Hirnschäden ausführlich mit der Krankheit CTE auseinander. Als man die nötigen Informationen vor Ort gesammelt hatte, dauerte es weitere drei Monate bis zur Umsetzung des Projekts (Hansen, 2014). Emotionen der Geschichte Für den Betrachter wird Boogaard als Hauptprotagonist deshalb so interessant, weil viele Hintergrundinformationen über seine Privatleben postum eine komplett andere Seite von ihm zeigen, als die, die er auf dem Spielfeld präsentierte. Was die Ge-
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Webbasiertes Storytelling
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schichte weiterhin so stark macht, ist die wendungsreiche Karriere des Kanadiers. Die dramatische Entwicklung Boogaards - vom vereinsamten Jugendlichen zu einem der beliebtesten und gefürchtetsten Eishockeyspieler der Liga bis zum Absturz als sozial isolierter Drogenabhängiger - weckt zwangsläufig Empathie bei den Nutzern. Man bekommt den Eindruck, dass sich der komplexe Themensachverhalt rund um Boogaard und das spezielle Problem des an CTE erkrankten Eishockeyspielers erst durch die hinzugefügten Medieninhalte und die Verlagerung auf interaktive Videos, ganzheitlich abbilden ließ. Inhaltliche und technische Umsetzung Bei der Umsetzung sind einige Schwachstellen der Usability nicht zu übersehen: So stellt sich für den Nutzer zu Beginn die Frage, ob er sich zwischen dem klassischen Textartikel und den Videos entscheiden muss. Dabei doppeln sich viele Inhalte in den Zusatzmedien Das wirkt inkonsequent und es scheint, dass die Geschichte für zwei unterschiedliche Rezeptionswege konzipiert wurde. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass die drei Kapitel der Multimedia-Text-Variante und die Kapitel in Videoform jeweils unterschiedlich benannt werden, was auf den Nutzer verwirrend wirken könnte: Wenn die beiden Ausspielwege äquivalent sind, warum heißen sie dann unterschiedlich?
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Des Weiteren hätte die Integration der Zusatzinhalte in der Multimedia-Text-Variante noch effektiver gestaltet werden können, indem sie direkt in den Fließtext integriert worden wären, anstatt sie durch die Hyperlinks/Overlays visuell vom Text zu trennen. Dies birgt die Gefahr, dass der Nutzer zu sehr aus dem Lesefluss der Geschichte gerissen wird. Dennoch ist der Weg, dass Leser selbstbestimmt Inhalte abrufen können und sich durch ihre Interaktion stärker mit der Story verbunden fühlen als beim passiven Konsumieren, ein Meilenstein im Online-Journalismus. Vorstoß in die neue Erzählform Die New York Times betrat mit einem neuen Format ein unerprobtes, interdisziplinäres Arbeitsfeld. Dieses Projekt gilt im Nachhinein als Startschuss für eine neue Ära des Digital Storytelling im Journalismus und wurde 2012 Finalist für den Pulitzer Preises (Pulitzer, n.d.). Die dreiteilige Dokumentation wurde außerdem auf YouTube veröffentlicht und bis heute weit über eine halbe Million Mal angesehen. Es bleibt dennoch festzuhalten, dass dieses innovative Multimedia-Projekt eine lange Produktionszeit und dementsprechend vermutlich teure Produktionskosten forderte. Außerdem machte sich die Unerfahrenheit in diesem neuen Bereich in der Umsetzung bemerkbar, indem der Nutzer nicht ausreichend und transparent über die verschiedenen Nutzungswege der Geschichte informiert wurden.
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Webbasiertes Storytelling
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Die New York Times 3. 2. 2
Im Folgenden wird die Vorreiterstellung und die ständige Wei-
terentwicklung der New York Times (NYT) aufgeführt, die durch wegweisende Projekte die Grundlagen für das Digital Storytelling branchenübergreifend nachhaltig immer wieder neu beeinflusst und geprägt hat. Der digitale Transformationsprozess Die Multimediageschichte Punched Out steht dabei stellvertretend für den ersten großen Schritt eines digitalen Transformationsprozesses, der spätestens seit der Finanzkrise stattfand (Snyder, 2017). Zwischen 2005 und 2010 machte das Unternehmen bei den Werbeeinnahmen der Printauflage 600 Millionen Dollar Verlust. Durch die Finanzkrise war es für viele nur eine Frage der Zeit, bis die NYT bankrott ginge. Zunächst konnte sich das Zeitungsunternehmen finanziell retten, doch der nächste empfindliche Schlag gegen die NYT folgte: Der interne, vertrauliche „Innovation Report“ wurde veröffentlicht und war für alle Menschen und vor allem Mitarbeiter zugänglich. Innovation Report Der sogenannte „Innovation Report“ beinhaltete unter anderem, wie sehr sich viele traditionell geprägte Zeitungsredakteure gegen die neuen digitalen Formen des (Online-)Journalismus wehrten. Durch die Veröffentlichung des Reports musste zwangsläufig ein drastisches Umdenken zu einer größeren Digitalkompetenz- und
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offenheit in den Redaktionen sowie ein größeres Digitalangebot her. Dafür wurde 2011 ein Bezahlsystem in Form von Onlineabonnements eingeführt. Die NYT sah sich zudem anderer Konkurrenz ausgesetzt, als sie durch aufstrebende Onlineplattformen wie „BuzzFeed“ oder „Vice“ mit neuen Formen des Unterhaltungsjournalismus, um einige Leser gebracht wurden (Snyder). Die NYT musste anerkennen, dass die Generierung von Werbeeinahmen nur über die Erweiterung des Serviceangebots möglich war. Implementierung neuer Arbeitsformen Aus diesem Grund entstand 2013 die sogenannte „Beta“-Gruppe (Mullin, 2016), die sich in der Arbeitsweise komplett von der klassischen, gewohnten Art der NYT unterschied: In interdisziplinären Teams arbeiteten Programmierer, Produktmanager und Designer Seite an Seite mit den Autoren. Zusammen entwickelten sie neben mobilen Applikationen für neue Kanäle der NYT, auch neue Formate für das Digital Storytelling. Dabei hatten sie freie Hand, was das Experimentieren mit neuer Software und Technologien wie zum Beispiel Virtual Reality4oder künstlicher Intelligenz (AI: Artificial Intelligence) betraf. Der neue Weg des Unternehmens wurde durch die Erfolgszahlen bestätigt: Durch vorwiegend Onlineabonnements wurden die Einnahmen bis 2016 mehr als verdoppelt (500 Millionen Dollar, Snyder). Die bemer-
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Webbasiertes Storytelling
64 4 Virtuelle Realität: Eine vom Computer geschaffene Welt ohne reale Ge genstände, in die der Betrachter eintauchen, sich in ihr bewegen und seine Fantasien und Vorstellungen umsetzen kann (Itwissen.info, o. J.)
kenswerte positive Entwicklung der Einnahmen, verdankt die NYT unter anderem dem Einsatz und der Produktion aufwendiger Multimediawebseiten, die das Bezahlsystem rechtfertigten. Im amerikanischen Wahljahr erreichte die NYT zuletzt bis zu 200.000 Onlineabonnements.
Snow Fall 3. 2. 3
Im Februar 2012 machte sich eine Gruppe professioneller Skifah-
rer auf, um den Cowboy Mountain im Nordwesten der USA zu befahren. Sie entschieden sich für die riskante Freeskiing-Abfahrt „Tunnel Creek“, als sich kurz darauf eine Lawine auslöste und vier der 16 Extremsportler unter sich begrub (Branch, 2012). Eine Skifahrerin überlebte dank eines Airbags. Nachdem diese Geschichte zunächst nur in einem „gewöhnlichen“ Artikel auf dem Titelblatt der New York Times erschien, entschloss sich ein Team um John Branch für die Auf bereitung der Geschichte im Multimedia-Format. Sie bildeten daraufhin eine Gruppe aus elf Autoren, Grafikdesignern, Programmierern und Videoproduzenten (Duenes, 2013) und entwickelten in den folgenden sechs Monaten die nächste bahnbrechende Multimedia-Geschichte. Arbeitsweise des interdisziplinären Teams Zunächst wurde sich als Team darauf geeinigt, die Medieninhalte aktiv in den Text zu integrieren, anstatt wie bei Punched Out extra anklickbare Zusatzinhalte bereitzu-
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stellen. Das Team verfolgte von Anfang an den Ansatz, eine ganzheitliche Geschichte aus verschiedenen Quellen zu erzählen, ohne sie zu unterbrechen (Duenes). Um dies zu gewährleisten, entschied man sich hier zu einer engen Zusammenarbeit zwischen den Autoren und Produzenten. Man hatte gelernt, dass kein homogenes Ergebnis erzielt wird, wenn man unterschiedliches Material einfach zusammenträgt und dann versucht, es sinnvoll miteinander zu verbinden. So wurde seitens des Teams viel experimentiert, um ein schlüssiges Gesamtkonzept zu entwickeln: Ideen wurden früh in grob programmierten Prototypes getestet und darüber abgestimmt, auf welche Art und Weise die Grafiken und Videos in das Narrative eingebaut werden sollten. Die vielen Testläufe brachten sie dabei immer näher an das gewünschte Ziel und schließlich zu einer wegweisenden User-Experience (Duenes). Die Schwierigkeit lag vor allem darin, das richtige Erzähltempo zu finden und gleichzeitig nicht den Fokus auf dem Schwerpunkt des „Lesens“ zu verlieren. Das übergeordnete Ziel war dabei, die Spannung langsam aufzubauen, ohne zu langweilen oder zu überfordern. Dazu wurden dem Nutzer, durch die integrierten Bewegtbilder wie Videos und Animationen, Pausen beim Lesen ermöglicht. Die Pausen sollten den Leser nicht ablenken, sondern auch emotional tiefer in die Geschichte eintauchen lassen. Dabei wurde bei den eingesetzten Grafiken auch großer Wert auf eine einheitliche Farbgestaltung gelegt, um den visuellen Flow nicht zu unterbrechen.
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Webbasiertes Storytelling
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Umsetzung von Snow Fall Die Webseite ist in sechs verschiedene Kapitel aufgeteilt, die zunächst das Gebirge und die Vorbereitungen der riskanten Abfahrt beschreiben. Auf der Startseite des Artikels wiederholt (loopen) sich im Bühnenbereich (Stage) ein Video von einem rauen Schneesturm mit dem Titel „Snow Fall: The Avalanche at Tunnel Creek“. Das Video vermittelt direkt zum Einstieg die kalte, tödliche Atmosphäre der Geschichte. Wichtig ist hier der Einsatz von Bewegtbild, durch die der Schneesturm erst lebendig wird. Inhaltlich steigt die Geschichte direkt mit der Lawinenkatastrophe und dem tödlichem Ausgang ein. Beim Runterscrollen erscheint ein im Text eingebettetes Video, in dem die Überlebende Elyse Saugstadt in einem Interviewausschnitt von der Todesangst in der Lawine erzählt. Das Video ist über einen Hyperlink im Text markiert, jedoch immer sichtbar. Der Hyperlink markiert hier die Zugehörigkeit von Textstelle und Medieninhalt. Durch einen Klick auf den Hyperlink spielt das Video ab und dient so als praktisches Steuerelement. Außerdem wird geschickt auf das Video aufmerksam gemacht, in dem es anfangs transparent dargestellt wird - im Viewport, dem sichtbaren Bereich der Webseite, erscheint es mit hundert Prozent Deckkraft (Fade-In). Im Gegensatz zum Video finden beim fortlaufenden Text keine Übergänge statt, wodurch die Zusatzelemente betont werden und die Seite allgemein dynamischer wirkt.
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Abb. 12: 3D-Animation in Snow Fall
User Experience Nachdem der Nutzer in die Dramatik des Themas eingeleitet wurde, wird nun das Gebirge, in dem sich die Lawine löste, gezeigt. In einer atemberaubenden 3D-Fahrt, „fliegt“ man als Nutzer durch das Gebirge zum Ort der Katastrophe: „Tunnel Creek“. Erstaunlicherweise braucht das eingebettete Video keine Ladezeit und läuft automatisch ab, wenn man sich zu dem entscheiden Startpunkt des Videos herunter gescrollt hat. Der Nutzer wird somit in bestmöglicher visueller Form an den Ort des Geschehens herangeführt.
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Webbasiertes Storytelling
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Im ersten Kapitel werden zudem nach und nach die Skiprofis als Protagonisten der Geschichte vorgestellt. Dazu sind die Namen der einzelnen Personen als Hyperlink markiert, die wiederum auf Informationen zu den Personen in der rechten Spalte verweisen. Bei einem Klick auf die jeweiligen Teilnehmer öffnet sich eine Fotoslideshow, die in kurzen Textabschnitten die Protagonisten vorstellt. Bevor man am Ende der Seite ankommt, zeigt eine grafische Simulation den Schneesturm, der später die Lawine auslösen soll. In diesem Stil führen Branch und sein Team den Nutzer durch die sechs Kapitel, die neben den Vorbereitungen für die Abfahrt, den Ausbruch der Lawine sowie die Bergung und den dramatischen Tod der drei Skifahrer dokumentiert. Im letzten Kapitel wird außerdem die Situation der Witwen der verstorben Männer thematisiert. Umfangreicher Einsatz von Medienelementen Das Projekt Snow Fall ist gespickt von einem vielseitigen Einsatz von Medieninhalten. Diese sind neben den genannten 3D-Animationen, weitere Interviewsequenzen mit den Überlebenden, Hinterbliebenen und Meteorologen sowie 3D-Grafiken, wie zum Beispiel einer kurzen, einfachen Animation am Textrand, die zeigt, wie der moderne Ski-Airbag funktioniert hat, der die Überlebende Elyse Saugstadt rettete. Weitere Inhalte waren Bildcollagen und Audioaufnahmen von den dramatischen Notrufen der Skifahrer bei der Polizei. Die Produzenten konnten zudem die Aufnahmen, die einige
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Fahrer mit ihren Mini-Kameras machten, die an ihrer Kleidung befestigt waren und nah am Geschehen filmten, nutzen. Sie geben einen authentischen Einblick in die Situationen im und nach dem Unglück. Der Schwerpunkt der Geschichte liegt auf der interaktiven Beschreibung der Abfahrt der Gruppe kurz vor dem Ausbruch der Lawine: Sie zeigt, wie die Routen der Gruppenmitglieder auseinander gingen. Dabei verschiebt sich der Text auf die linke Seite Abb. 13: Parallax-Effekt
und macht Platz für eine Grafik, die nach und nach die einzelnen Routen aufzeigt.
Nicht nur an dieser Stelle setzt das Produktionsteam auf einen sogenannten Parallax-Effekt, bei dem sich Inhalte von Webseiten mit einem unterschiedlichen Tempo bewegen (OnPage.org, n.d.). In diesem Fall bleibt die Grafik der Abfahrt im Hintergrund fest verankert, während der Text sich weiter nach unten scrollen lässt. Während sich der Nutzer den Text durchliest, finden im Hintergrund passend zur Textstelle Animationen statt, die den Verlauf der Abfahrt visualisieren. Veränderungen der Route finden genau dann statt, wenn der Leser mit einem Textabschnitt fertig ist. Dadurch wird der Lesefluss nicht unterbrochen. Für das Scrollverhalten der Webseite orientierten sich die Webdesigner von Snow Fall an der Webseite „Glitter in the Dark“ vom Musik-Magazin „Pitchfork“ als Vorlage (Stiehl, 2013).
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Webbasiertes Storytelling
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Bewertung Neben der erneut hervorragenden Erzählweise von John Branch wird Snow Fall vor allem für die ausgeprägte Nutzererfahrung gelobt, bei der Text und unterstützende Medieninhalte nahtlos ineinander greifen (Nytimes.com, 2011). Mit diesem Projekt schaffte es die NYT nach Punched Out das Digital Storytelling im Editorialbereich mit einem größeren und stärkeren Fokus auf Design und Interaktivität auf die nächste Ebene zu bringen. Das vertikale „Scrollen“ könnte zudem als gelungene Metapher für die Lawine gedeutet werden. Vor allem wurde eine ganzheitliche Nutzererfahrung geschaffen, die erst möglich gemacht wurde, weil das Multimediaprojekt außerhalb des Content-Management-Systems (CMS) der NYT entwickelt und produziert werden konnte. Dadurch ergaben sich keine technischen Einschränkungen für die Umsetzung. Die lange Produktionszeit wurde von Branch dadurch begründet, dass andere gesellschaftliche Ereignisse im Jahr 2012 Vorrang vor der Produktion von Snow Fall hatten (Duenes). Trotzdem zeigt sich auch hier wieder, welch immenser Aufwand hinter derartigen Multimediaprojekten steckt. In den sechs Tagen nach dem Veröffentlichung (Launch) der Webseite besuchten 2,9 Millionen Nutzer die Seite, wovon ungefähr ein Drittel (Romenesko, 2012) neue Besucher der NYT-Seiten waren. Die durchschnittliche Verweildauer der User lag dabei um die zwölf Minuten, was verhältnismäßig lange ist (Sullivan, 2012).
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Editorial Storytelling
Der Einfluss von Snow Fall auf den Onlinejournalismus Der Begriff Snow Fall wurde durch seine Popularität zum Synonym in der Branche für die neue Art des Editorial Storytelling (Rabaino, 2013). Die Begeisterung war bei den Nutzern und in der Presse gleichermaßen groß, weshalb in den Medien darüber diskutiert wurde, was Snow Fall für die Zukunft des Online-Journalismus bedeutet und inwiefern das Projekt als Vorlage für andere Nachrichtenwebseiten dienen könnte (Thompson, 2012). Andere Stimmen glauben, dass es aufgrund der hohen Produktionszeit und -kosten nicht realistisch sei, Multimedia Storytelling in dieser Form in die tägliche Berichterstattung einzubinden (Thompson).
Der Stil der New York Times 3. 2. 4
Bis heute hat die NYT unzählige Multimediastories produziert
und das Format in sämtlichen Rubriken angewendet. Dabei wurden mitunter neue interaktive Medienformate für das Geschichtenerzählen etabliert. Geografische Aspekte werden durch die Visualisierung von Karten (Fountain, 2016) verständlich gemacht und Zahlen über Infografiken, die oft animiert sind, erklärt (Datenjournalismus). Bei persönlichen Geschichten wird häufig ein Schwerpunkt auf hochwertige Fotografien und Videos gelegt. Dabei zeigt sich, dass sich der multimediale Einsatz des neuen Formats für nahezu jeden journalistischen Bereich eignet und individuell anwendbar ist.
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Einfluss der New York Times Die Arbeit der NYT hat den gesamten Onlinejournalismus nachhaltig geprägt: Konkurrenten haben bereits den Stil der New York Times adaptiert und zu einem Standardformat von Onlineartikeln mitgeprägt (vgl. Abb 14). Die Huffington Post beispielsweise, gründete 2015 erfolgreich eine eigene Online-Redaktion, die unter dem Namen „Highline“ multimediale Artikel produzieren (Publishing Executive, 2016). Highline experimentiert dabei von von Beginn an mit neuen Medien (VR) und konnte die Leser so für ihre neuen Artikel-Formate begeistern. Im deutschsprachigen Raum ist unter anderem die „Zeit Online“ führend in der Produktion von Multimediastories. 2013 brachte sie ein Multimediaspezial zum 100-jährigen Geburtstag der „Tour de France“ heraus, das als erstes prominentes, deutsches Mulitmediaprojekt vergleichbar mit Snow Fall gilt. Unerreichte Qualität Zwar erinnern Webseiten von anderen Onlinepublishern in der Machart an die Projekte der NYT, man muss an dieser Stelle jedoch betonen, dass im Vergleich zu anderen Webseiten in der technischen Umsetzung kaum eine Perfektion wie bei der NYT zu finden ist. Sie haben es geschafft, die komplexen Multimediageschichten nahtlos auf mobile Endgeräte zu übertragen und eine ähnliche User Experience zu bieten, die höchstens durch die Bildschirmgröße der Desktopversion an Intensität verliert. Übergänge sind fließend und selbst 3D-Animationen lassen sich auf dem Smartphone ansehen. Die Lösun-
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gen der NYT, sind trotz Einschränkungen durch ein anderes Bildschirmformat und Steuerungssystem (Touch), positiv zu bewerten. Inzwischen finden relativ neue Technologien, wie Virtual Reality und künstliche Intelligenz Anwendung in den Digital Stories oder ähnlichen Projekten der NYT . Seit 2015 produziert die NYT auch digitale Geschichten für die eigene Virtual Reality App „NYT VR“ (Nytimes.com, n.d.). Fazit zur New York Times Die NYT hat „als beste Zeitung der Welt“ (Fleetwood, 2014) eine große Vorreiterstellung für die allgemeine Entwicklung des Digital Storytelling übernommen und gilt auch als Inspiration für Anwendungsbeispiele des Digital Storytelling in anderen Branchen. Dabei geht es nicht nur um die technische Umsetzung, die sich auf andere Themen, wie zum NPO- (Non-Profit-) und zur Nachhaltigkeitsarbeit, übertragen lässt. Dadurch, dass die Multimediaprojekte der NYT fast immer persönliche bzw. emotionale Aspekte vor wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Hintergründen beinhalten, ist der Stil des Storytellings der NYT keinesfalls eine Methodik, die nur dem Editorial Storytelling vorbehalten bleiben sollte. Vielmehr zeigt der Erfolg, dass sich persönliche Geschichten mit inhaltlichem Mehrwert in allen Bereichen gestalten lassen können.
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Inzwischen fördern Self-Publishing-Plattformen , wie „Atavist“ oder „Medium“, das Kreieren eigener Longform- und Multimediageschichten (The Freelancer, n.d.). Atavist stellt eine Art Baukastensystem zur Verfügung, über das der Nutzer (Autor) seine Artikel multimedial auf bereiten und individuell gestalten kann.
Snapchat Discover 3. 2. 5
Mit dem Aufstieg der App Snapchat wurden weitere Optionen
geschaffen, digitale Geschichten zu produzieren (vgl. 4.6.1). Im Januar 2015 veröffentlichte Snapchat das „Feature“ „Discover“: In diesem Bereich der App wurde zwölf Onlinepublishern die Möglichkeit gegeben, regelmäßig digitale Kurzgeschichten auf ihrem Discover-Kanal bereitzustellen, der im Gegensatz zu den anderes Features der App, keinen zeitlichen Restriktionen unterliegt, zu publizieren. Die Anbieter, die sich auf Discover präsentieren, schätzen unter anderem die Gestaltungsfreiheit ihres Kanals (Jakubetz, 2016): Es wird viel Wert auf eine kreative Gestaltung der Header-Videos der Beiträge gelegt, die neben der GestensteuAbb. 15: Snapchat Discover
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Abb. 16: Snapchat (rechts) Vorreiter für CNN Politcs (mitte) und Airbnb Experiences
erung vor allem jüngere Nutzer, die ein ausgeprägtes Verständnis für die Steuerung von Snapchat haben, ansprechen soll. Durch einen längeren Tap auf einen Inhalt, lassen sich Beiträge schneller als sonst irgendwo teilen (Jakubetz). Einzelne Features wie die Stories-Funktion, die allgemeine Navigation von Snapchat und der Stil von Discover wurde in der Folge immer öfter kopiert, zu sehen in den Apps von „Airbnb“ und „CNN Politics“ (vgl. Abb. 16).
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Neue Möglichkeiten für das Erreichen jüngerer Zielgruppen Der Großteil der Publisher auf Snapchat Discover machten neben TV-Sendern wie Comedy Central, ESPN und National Geographic und Anbietern aus anderen Branchen, vor allem aus dem Editorial-Bereich aus. Während CNN, Vice und Daily Mail noch immer im Portfolio von Discover auftauchen, wurde mit anderen Anbietern wie Yahoo! News die Partnerschaft beendet. Das Ende von Yahoo! News auf Snapchat steht sinnbildlich für das konsequente Verfolgen eines neuen Storytelling-Ansatzs von Snapchat: Der Kanal von Yahoo! News wurde nach kurzer Zeit von Discover entfernt, da die Präsentation der Beiträge nicht zeitgemäß umgesetzt wurden: Eine Nachrichtensprecherin saß im klassischen Stil an einem Tisch und sprach in die Kamera sprach . Yahoo! News wurde von BuzzFeed ersetzt, deren Kanal im September 2015 über ein Fünftel des gesamten Datenverkehrs auf Snapchat Discover betrug (MOHAN, 2015). Renommierte deutsche Medienhäuser wehren sich derzeit noch gegen eine Zusammenarbeit mit Snapchat Discover. Als Gründe werden mangelnde Transparenz von Umsätzen und Nutzerreichweiten sowie zu hohe Abgaben von Einnahmen an Snapchat angegeben (Burgard-Arp and Burgard-Arp, 2014).
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Zusammenfassung 3. 2. 6
Das Zeitungssterben im Print hält weiter an. Gleichzeitig müs-
sen sich die Onlineredaktionen neuen Konkurrenten stellen, die mit Spaß-Journalismus (Vice, BuzzFeed) und Geschichten von Amateurautoren (Atavist, Medium) gestandenen Zeitungsunternehmen ernsthaft die Stirn bieten. Das Multimedia Storytelling hat sich indes als neue Form des Geschichtenerzählens im Editorialbereich etabliert. Dabei gilt es, in einem neuen Arbeitsfeld, in dem Journalisten wie Autoren mit Produzenten, Designern und Projektmanagern interdisziplinär an komplexen Projekten zusammenarbeiten, konvergente Geschichten durch neue interaktive Features stetig weiterzuentwickeln. Aufgabe ist es, dass die Qualität der finanziell und zeitaufwendigen Produktionen nicht unter der Reduzierung der Produktionskosten leidet. Es sollten viel mehr neue Standards in der Arbeitsweise definiert werden, die Abläufe auf kurzen Wegen zwischen den einzelnen Disziplinen möglich machen. Die New York Times war mit der Implementierung der Beta Group 2013 Vorreiter.
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Digital Storytelling im Brand und Product-Bereich 3. 3
Einleitung 3. 3. 1
Digitale Stories rund um Unternehmen und Produkte
Die Auf bereitung von Webseiten mit multimedialen Inhalten wurde im Editorialbereich perfektioniert. Digital Storytelling-Ansätze, mit ähnlich hoher technischer Qualität, werden zudem seit längerem auch in anderen Branchen eingesetzt (vgl. 3.2.3, Glitter in the Dark). Digital Storytelling ist längst ein unverzichtbarer Teil der Unternehmenskommunikation: innerhalb digitaler, transmedialer Kampagnen ist der Ansatz des Digital Storytelling fester Bestandteil des Corporate Storytelling (vgl. 3.3.3), also dem Geschichtenerzählen rund um die Historie der Macher und Projekte von Unternehmen sowie vom Brand Storytelling, dem Erzählen von Geschichten rund um Produkte. Für die Vermarktung von Produkten, kommen dabei verschiedene Modelle zum Einsatz, die zum Teil Editorial Storytelling mit Produktplatzierungen verbinden. Vor allem wird der persönliche Aspekt des Digital Storytelling von Unternehmen genutzt, um die Kundenbindung zu erhöhen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Jahresrückblick von „Spotify“ 2015.
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Abb. 17: Spotify „Year in Music“
Spotify-Jahresrückblick 3. 3. 2
Spotify ist ein schwedischer Musik-Streamingdienst, über den
Menschen in über 60 Ländern auf der Welt Musik streamen können (Spotify, n.d.). Im Dezember 2015 veröffentlichte Spotify den personalisierten Jahresrückblick „Year in Music“ (Team Spotify, n.d.): Auf der vielfach ausgezeichneten (Stink Studios, n.d.) Kampagnenwebseite erhalten die Nutzer sämtliche Informationen über die Musik, die sie 2015 gehört haben. Dabei begibt sich der Nutzer auf eine auditive Reise durch “sein” vergangenes Jahr, parallel kombiniert mit weltweiten Trends.
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Emotionale Verbindung von Musik und “Scrollytelling” Für die persönliche Anpassung und Analyse des Nutzungsverhalten, müssen sich die Abonnenten zunächst bei Spotify anmelden. Danach kann der User sich virtuell durch die verschiedenen Monate scrollen und die Lieblingslieder werden abgespielt. Dabei ist bemerkenswert, inwiefern der persönliche Aspekt des Storytelling zum Tragen kommt: Zu vielen Musikstücken hat der Nutzer eine emotionale Verbindung, die ihn je nach Erinnerung zur damaligen Situation zurückblicken und „nachfühlen“ lassen. Weiterhin werden einzelne Fakten präsentiert, wie zum Beispiel die Gesamtzeit und Anzahl abgespielter Musik sowie Lieblingsinterpreten und „Ohrwürmer“ des letzten Jahres. Die Gestaltung war dabei durch die typischen Farbverläufe des Corporate Designs von Spotify geprägt. Durch den Einsatz von Animation wirkt die Webseite Abb. 18: Lieblingslieder in „Year in Music“
sehr lebendig. Einzelne Designelemente fließen ineinander, schneiden andere an
oder überdecken sie. Das dynamische Erscheinungsbild passt sehr gut zum beweglichen Storytelling und macht Year in Music zu einem gestalterischen und inhaltlich großartigen Onlineevent.
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Die Nutzer hatten die Möglichkeit, ihren Jahresrückblick zu teilen. Die Posts (Beiträge) der Nutzer wurden dabei automatisch nach ihrem Musikgeschmack individualisiert was den Persönlichkeitsfaktor der Kampagne noch einmal erhöhte. Die Begeisterung der User drückte sich in der Zahl der individuellen „Shares“ aus: Insgesamt wurde Year in Music über 500.000 mal geteilt. Neben der Webseite wurde im Rahmen der Kampagne auch durch Plakate und Webbanner aufmerksam gemacht (Stink Studios, n.d.).
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Abb. 19: Feedback auf Twitter
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Bang & Olufsen 3. 3. 3
Wie bereits in der Einleitung erwähnt (vgl.
1.4), nutzt Bang & Olufsen als Hersteller von Unterhaltungselektronik den intensiven Einsatz von Digital Storytelling für die Präsentation von Produkten und Unternehmenskommunikation. Produkte richtig inszenieren Die Corporate Website von Bang & Olufsen besticht durch Übersichtlichkeit und Klarheit. Über Sprungmarken kann man auf den Produktseiten zu den verschiedenen Features des Geräts „springen“ (vgl. Abb 19, Nr. 1). Durch die qualitativ hochwertigen Foto- und Videoinhalte und interaktiven Features, bekommt der User ein Gefühl für die Qualität der Produkte. Bei der Soundanlage „BeoSound 35“ kann z.B. per „Drag & Drop“-einen Button horizontal nach rechts ziehen, wodurch der Lautsprecher immer stärker sichtbar wird (vgl. Abb. 20, Nr. 2).
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Abb. 20: Landinpage BeoSound 35
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Durch einzelne Buttons (vgl. Abb. 21, Nr.
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2) lässt sich dann die vordere Lautsprecherverkleidung entfernen und man erhält weitere Informationen, wenn man auf das „rohe“ Lautsprechersystem schaut (vgl. Abb. 21, Nr. 3). Es sind besonders die kleinen Details, die
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den Onlineauftritt so besonders machen: Wenn man sich zum Beispiel auf der Webseite durch Scrollen von einem Videoinhalt entfernt, wird die Musik leiser, bis sie ganz ausgeht, wenn das Video nicht mehr sichtbar ist.Dadurch wird in dem zweidimensi-
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onalen Raum der Webseite, durch Klänge eine Art Räumlichkeit erschaffen. Zusätzlich wird der Fokus jederzeit auf den aktuellen Viewport gesetzt, indem Inhalte erst im Viewport erscheinen, wenn der entsprechende Bereich auf der Seite erreicht ist. Bis dahin bleiben Inhalte versteckt, die sich sonst im Anschnitt befinden würden.
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Abb. 21: Interaktion BeoSound 35
Abb. 22: Produkt-Webseite „H4 Unfiltered“
Kampagnen-Landingpage „Unfiltered“ Für die Vermarktung portabler Produkte wie zum Beispiel der „Beoplay“-Serie werden ähnlich wie auf der Corporate Website die Produkte im Onlineshop von Bang & Olufsen inszeniert. Im Vergleich zur Corporate Website steckt noch mehr Aufwand in der technischen Umsetzung. Dabei sticht die Landingpage des Kopfhörers „Beoplay H4“ besonders heraus (vgl. Abb 22): In kurzen Videosequenzen wird der Lifestyle von drei Protagonisten (Skater, Künstlerin & Aktivist) gezeigt. Die Bewegtbilder sind in der Ästhetik von Musikvideos gedreht und verstärken so den Bezug zu den Kopfhörern.
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Die Kampagne „Unfiltered - Stories about life without no filters“ scrollt sich der Nutzer horizontal durch die Geschichten. Hier hat das Scrollen nicht wie üblich den Effekt, dass man sich parallel zum Mauspad bewegt, sondern die gesamte Kampagnenwebseite horizontal verläuft. Nach der Einleitung zu dem Kopfhörerprodukt, folgt die erste visuelle Geschichte zu einem kalifornischen Skater. Dazu scrollt man sich durch verschiedene Inhalte, die gewollt ungeordnet platziert sind. Die Typografie überlagert teilweise das eingebettete YouTube-Video. In dem Video erzählt der junge Skater von seiner freiheitsliebenden Lebenseinstellung und dass ihn die Musik bei beim Skaten immer begleitet. Der Auf bau der Geschichten ist immer der gleiche und auch inhaltlich vermitteln sie die gleiche Botschaft: Es gut um die Bedeutung von Musik in ihrem Leben. Im Fall der Künstlerin, erzählt sie von den Kräften, die bei ihr durch die Musik freigesetzt werden und sie trotz Schlafmangel stundenlang weiter arbeiten lassen. Der Stil der Kampagne Unfiltered besticht nicht nur durch eine konsequente Dramaturgie, mit Brand Storytelling sondern auch mit sympathischem Understatement und einer sinnlichen, aber trotzdem modernen Ästhetik. So wird Bang & Olufsen nicht einmal von den Testimonials genannt und das Produkt erscheint nur beiläufig in den Beiträgen. Die Geschichten vermitteln so ein lässiges, glaubwürdiges Lebensgefühl.
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Geschichten rund um die Produkte Ähnliches findet im Bereich „Geschichten“ auf der Corporate Website statt. Dort erzählen Künstler und Entrepreneure in Editorialartikeln, über Design und ihr Leben (vgl. Abb. 23). Geschickt verpackt werden hier Produkte in den offenbar privaten Räumlichkeiten untergebracht und fotografisch inszeniert. Dabei werden die Produktnamen abermals nicht erwähnt. Hier findet eine subtile, rein visuelle Markenkommunikation statt, die den Eindruck machen soll, es ginge in den Artikeln hauptsächlich um die Protagonisten der Geschichten. Bewertung Bang & Olufsen Der digitale Auftritt von Bang & Olufsen ist ein hervorragendes Beispiel für authentisches Brand Storytelling, das außerdem eine bemerkenswerte User Experience über alle Endgeräte hinweg bietet. Der Mix aus aufwendiger Visualisierung der Produkte,
Abb. 23: Geschichten rund um Produkte
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der Integration von Nutzergeschichten und die hochwertig produzierten Filme, wirken glaubwürdig. Die Webseiten spiegeln konsequent die Innovation und Hochwertigkeit der Produkte wider und integrieren den Nutzer durch Interaktivität in dieser attraktiven Produkt- und Lebenswelt.
The Young Pope 3. 3. 4
Als erster Amerikaner und als jüngster überhaupt, ist der Haupt-
protagonist Lenny Belardo in der TV-Serie The Young Pope, das Amt des Papstes inne (HBO, 2016). Dabei ist der technikversierte und rauchende Papst in seinem Amt zwischen zwischen Moderne und Tradition hinund hergerissen. Das Thema des außergewöhnlich modernen Papstes wurde im Webspecial “AiMEN” aufgegriffen und mit Hilfe von der künstlichen Intelligenz “Watson” von IBM (Software-Unternehmen) umgesetzt: Die AI-Technik wird als Bot (vgl. 3.1.1) eingesetzt, der nicht nur alle 39.000 Verse der Bibel kennt, sondern auf Nutzerbeiträge in den sozialen Netzwerken (Twitter, Facebook, YouTube, Dailymotion) mit “ratgebenden” Versen in Form von Kommentare reagiert.
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Auf der Webseite sieht man den Bot in
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Echtzeit “arbeiten”: Eine interaktive Blase stellt die Beiträge der sozialen Netzwerken dar. In der Blase farblich markiert (vgl. Abb. 24, Nr. 1), werden in einem Fenster aktuelle Reaktionen auf die Nutzerbeiträge eingeblendet . Bis April 2017 hat die Webseite bereits fast 4,5 Millionen Social-Media-Posts analysiert, antwortete eine Millionen mal auf Beiträge
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und erreichte somit 4 Millionen Nutzer. Über den Kanalnamen und die Hashtags5 in den Reaktionen des “Papstes” gelangen die Nutzer wiederum auf Seiten der Serie. Das Abb. 24: Webseite „AiMEN“
Projekt stellt eine bemerkenswerte Vorgehensweise (AI) für die Generierung von Aufmerksamkeit dar (Natividad, 2017).
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90 5 Hashtag: Mittels des Rautenzeichens markiert er potentieller Suchbegriffe (Gründerszene Magazin, o. J.)
Abb. 25: Tidal „Chains“
Storytelling-Hybride: Zwischen Editorial und Brand Storytelling 3. 4
Don’t look away 3. 4. 1
Der Musik-Streamingdienst „Tidal“ thematisiert in der Kampagne
„#Chains #DontLookAway“ die Brutalität der US-amerikanischen Polizei an afroamerikanischen Bürgern sowie rassistisch motivierte Morde, die in der Gesellschaft nahezu keine Beachtung finden.
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Auf der Webseite wird man zunächst aufgefordert, seine integrierte Webcam am Computer zu aktivieren (vgl. Abb 26). Eine Gesichterkennungs-Software „scannt“ über die Webcam das Gesicht des Nutzers und erkennt so, ob der Nutzer auch wirklich Abb. 26: Gesichtserkennung in auf „Chains“
zuschaut.
Startet man das Programm, beginnt ein Lied des amerikanischen RnB-Künstlers „Usher“ und es erscheint das Porträtfoto eines farbigen Jungen. Ein Text legt sich über das Bild und erklärt, dass der 17-Jährige Trayvon Martin (vgl. Abb 27) unbewaffnet niedergeschossen wurde, weil er von einem Nachbar für einen Kriminellen gehalten wurde. Sieben weitere Personen mit ähnlichem Schicksal folgen. In dem Moment, indem man die Augen von der Geschichte abwendet, stoppen die Inhalte und es erscheint ein Text: „Don’t look away!“ (Schau nicht weg“). Die Kampagne zeigt unter anderem, welche Möglichkeiten in der Hardware von Laptops und mobilen Endgeräten stecken: Der Nutzer muss auf der Webseite den Web-Browser nicht einmal verlassen und gibt automatisch sein Einverständnis, die Webcam zu aktivieren. Zudem lässt sich das Webspecial auch in andere Webseiten einbetten, ohne an Funktionen und Umfang zu verlieren (Rosenfield, o. J.).
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Abb. 27: Ausschnitt „Eskapismus“
Eskapismus 3. 4. 2
„Eskapismus“ ist ein Webspecial sowie Film von dem Magazin
„110%“, das den Aufstieg des Bergs Dachstein erzählt und dabei durch Hyperlinks und Buttons auf Produkte rund um das Skifahren verlinkt und diese bewirbt (vgl. Abb 27). Der Auf bau der Kampagnenwebseite ist dabei sehr dynamisch. Die einzelnen Medienelemente wirken hochwertig gestaltet, geben jedoch funktional und inhaltlich nicht viel her: Die einzelnen Bausteine verfügen zwar über Interaktionselemente, jedoch haben die Resultate der Interaktionen oft keinen Mehrwert für den Nutzer.
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Die verwendeten Tonaufnahmen und Videos, in denen so gut wie gar nicht gesprochen wird, verfügen über keine Höhen und Tiefen. Stattdessen „plätschern“ die Videos vor sich hin und verfolgen nur einen einzigen Ansatz, die markierten Produkte zu vermarkten. Dementsprechend „flach“ und oberflächlich wirkt die Erzählweise. Eskapismus ist ein gutes Beispiel dafür, dass der vielseitige Einsatz von Medienelementen nicht ausreicht, um eine ansprechende User Experience zu bieten. Vielmehr sollten Medienelemente sich nach einer Geschichte richten, die eine echte Botschaft vermitteln. Erst dann können Medienelemente sinnvoll hinzugefügt werden.
Zusammenfassung 3. 5
Nachdem das Digital Storytelling vom Journalismus vorangetrieben wurde (vgl. 3.2.6), steht der Gedanke heute im Fokus der Markenkommunikation (vgl. 3.3.3). Um Geschichten digital zu erzählen, haben sich inzwischen viele neue Formate und Ausspielwege entwickelt (vgl. 3.2.5, 3.4.1). Außerdem bieten sich durch künstliche Intelligenz (vgl. 3.3.4) und Virtual Reality (vgl. 3.2.2) neue personenbezogene und hyperreale Formen und Erlebniswelten für das Digital Storytelling.
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Dabei gilt es die Gesetzmäßigkeiten und Funktionen von Kanälen, Medien und Darstellungsformen zu berücksichtigen und Geschichten dementsprechend für die gewünschten Zielgruppen zu konzipieren. Außerdem bleibt festzuhalten, dass die Geschichte selbst immer Ausgangspunkt für Digital Storytelling ist. Mit ihrer Botschaft und Dramaturgie steht und fällt die Aufmerksamkeit von Nutzern und Kunden (vgl. 3.4.2).
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Neuer Definitionsansatz
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Einleitung 4. 1
Während durch den digitalen Fortschritt immer mehr Erzählformen entstehen, sind die Inhalte unserer Geschichten immer noch die selben (Herbst und Musiolik): Auf Webseiten, in sozialen Netzwerken, auf Blogs und Videoplattformen dokumentieren und teilen wir Freude und Spaß, ebenso wie Trauer oder Mitgefühl. Doch die Ansätze des Digital Storytellings haben sich in zwei grundverschiedene Richtungen entwickelt. Der rein filmische Ansatz des Storycenters reicht heutzutage wegen der Diversität digitaler Medien und deren vielfältigen Eigenschaften nicht mehr aus. Zwar kann der Leitfaden immer wieder Basis für die Entwicklung von digitalen Geschichten herangezogen werden, aber da sich der originäre Ansatz des Digital Storytelling ausschließlich auf das Kreieren von persönlichen Geschichten des Autors bezieht, ist diese Anleitung des Digital Storytelling in der Markenkommunikation nicht mehr in dieser Form anwendbar.
Definitionsansatz des heutigen Digital Storytelling 4. 2
Die vielen, neuen Anwendungsgebiete haben dazu geführt, dass sich die ursprüngliche Definition des Digital Storytelling (vgl. 2.2.3) heute nicht mehr ausschließlich auf das Medium Video beziehen lässt. Heu-
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Neudefinition
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te wird die crossmediale Anwendung von Storytelling über einen oder verschiedene digitale Kanäle produziert, wobei die Auswahl der Kanäle individuell abhängig vom jeweiligen Projekt ist. Im Gegensatz zur Theorie und Praxis des Storycenters ist mit dem heutigen Digital Storytelling kein anleitender Ansatz gemeint. Vielmehr kommt dem Begriff eine viel allgemeinere Bedeutung zu: Charakteristisch für das neue Digital Storytelling ist ein Geschichtenerzählen in verschiedenen Medienkanäle (Herbst und Musiolik), bei dem die Geschichte als zentraler Leitfaden dient und in den ausgewählten Medienkanälen in unterschiedlichen Formen präsentiert wird. Als weiterer Geltungsbereich gilt, wenn ein Medienkanal verschiedene Medienelemente zum Erzählen einer digitalen Geschichte beinhaltet (Herbst und Musiolik). Wichtig ist hierbei die Geschichte, denn ohne sie sind multimediale Projekte nicht als Digital Storytelling zu bezeichnen. Im Gegensatz zur Ursprungsform des Digital Storytelling ist eine interaktive Einbindung des Publikums nicht mehr wegzudenken. Während der passive Zuschauer der Digital Storys des Storycenters an die lineare Erzählweise der Autoren gebunden war, kann der Nutzer heute selbst Teil der Geschichten werden und die Erzählstruktur beeinflussen und mitgestalten (vgl. 4.4).
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Erzählstrukturen Die heutigen technischen Voraussetzungen bieten viele, neue
4. 3
Möglichkeiten, um Inhalte zu vermitteln und Geschichten zu visualisieren. Das Beispiel der Eskapismus-Webseite zeigt, dass eine professionell gestaltete Multimediawebseite, nicht das Geschichtenerzählen ersetzt, wenn die Botschaft bzw. Dramaturgie fehlt (Herbst und Musiolik). Dabei unterscheiden sich Geschichten in lineare und non-lineare Erzählstrukturen.
Lineares Storytelling 4. 3. 1
Man kann sich den linearen Ansatz des Geschichtenerzählens als
durchgehende Linie vorstellen, bei der die Handlungen einem chronologischen, aufeinander auf bauenden Verlauf folgen (van der Westhuizen, o. J.). Diese klassische Erzählstruktur, die in der Literatur und im Journalismus angewendet wird, findet man auch auf Webseiten und Blogs, bei denen man sich von oben nach unten durch den Inhalt bewegt (Herbst und Musiolik).
Abb. 29: Lineares Storytelling
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Dies hat neben einer steuerbaren Dramaturgie den Vorteil, dass Geschichten unkompliziert konsumiert werden können und der Nutzer nicht mit Reizen überflutet wird (Barth, o. J.). Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass der Nutzer sich nicht genug angesprochen fühlt und dadurch keine persönliche Interaktion mit der Geschichte erlebt (Barth).
Non-lineares Storytelling 4. 3. 2
Die Non-Linearität beschreibt alle anderen Formen des Storytel-
lings. Sie sind nicht an eine zeitliche Reihenfolge gebunden und zeichnen sich in der Regel durch eine intensive Interaktion aus, wie sie in den transmedialen Beispielen der ARGs (vgl. 2.5.3) vorgestellt wurden. Die Reihenfolge der Ereignisse kann dabei neu geordnet werden oder durch Unterbrechungen, Abkürzungen und Quereinstiege sowie Nebenhandlungen ans Ziel führen (Barth). Nicht nur die non-linearen Erzählstrukturen sind vielschichtig - auch die Abgrenzung der verschiedenen Ansätze untereinander sind teilweise sehr komplex. Im Folgenden werden vor allem Erzählstrukturen untersucht, die für das Digital Storytelling auf Webseiten geeignet sind bzw. als anwendungsfreundlich gelten.
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Parallele Erzählstruktur Bei dieser eher linearen Form können einzelne Teile der Geschichte nebeneinander für sich stehen, laufen aber an relevanten Punkten bzw. spätestens am Ende der Geschichte wieder zusammen (Barth).
Abb. 30: Parallele Erzählstruktur
Die parallele Erzählstruktur ist aus Episodenspielfilmen bekannt: Entweder werden voneinander unabhängige Ereignisse parallel erzählt und durch ein übergeordnetes Thema zusammengehalten oder sie laufen am Ende des Film zusammen, wobei sich in diesem Moment die Verbindung der verschiedenen Ereignisse erklärt. Konzentrische Erzählstruktur Ausgehend von einem zentralen “Knotenpunkt”, kann sich der Nutzer systematisch in tiefergehende Ebenen begeben (Barth). Dadurch lassen sich mehrere Themen gleichzeitig abbilden und über den Knotenpunkt steuern. Die Auswahl der Themenpfade sollte dabei qualitativ und nicht quantitativ gewählt werden, damit der Nutzer nicht mit Inhalten überladen wird.
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Neudefinition
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Abb. 31: Konzentrische Erzählstruktur
Elastische Erzählstruktur Das elastische Erzählstrukturmodell ist dem Auf bau von linearen Geschichten ähnlich und wurde zum Beispiel in Snow Fall eingesetzt: Die Hauptgeschichte wird linear erzählt und bietet immer wieder Abzweigungen, die zum Hauptstrang der Geschichte zurückführen (Barth).
Abb. 32: Elastische Erzählstruktur
Durch die Nähe zum linearen Modell, verfügt diese Erzählstruktur über eine starke Dramaturgie und kann gleichzeitig durch Interaktion angereichert werden. Denn sie stellt im Gegensatz zur linearen Erzählstruk-
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tur eine individuelle Möglichkeit dar, wie der Nutzer die Geschichte konsumieren kann: Der grobe Verlauf der Geschichte ist durch den Autor vorgegeben, der Nutzer kann jedoch selbst entscheiden, welche Abzweigungen er nutzt und so seinen Weg durch die Geschichte mitbestimmen. Die Anforderung an dieses Erzählmodell liegt vor allem in einer übersichtlichen und einfachen Navigation, die den Nutzer immer wieder zum zentralen Erzählstrang der Geschichte zurückführt. Außerdem sollten die Abzweigungen und deren Inhalte keine Ablenkung darstellen, sondern die Geschichte sinnvoll und angemessen unterstützen.
Grundsätze des non-linearen Geschichtenerzählens 4. 3. 3
Die Navigation zwischen den einzelnen Pfaden der Erzählstruktu-
ren ist ein entscheidender Erfolgsfaktor von non-linearen Erzählungen (Herbst und Musiolik). Sollte der Nutzer einmal die Orientierung verlieren, ist die Gefahr groß, dass er die Lust an der Geschichte verliert und abbricht. Deshalb muss man sich vor Augen führen, dass komplexe Erzählstrukturen auch eine komplizierte Nutzerführung mit sich bringen, die gleichzeitig einfach zu verstehen und anwendbar ist. Neben der Navigation sollte auch die Auswahl der Erzählpfade gut durchdacht sein. Grundsätzlich sollte die sinnvolle Auswahl an Ausspielkanälen vom Inhalt der Geschichte abhängen und nicht umgekehrt
4
Neudefinition
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(Wyngaarden et al., 2016). Plattformen sollten nicht auf Grundlage von allgemeinen Trends ausgewählt werden. Vor allem dann nicht, wenn sich dort keine, der gewünschten Zielgruppen aufhalten und der Kanal dem Storytelling keinen Mehrwert bietet (Wyngaarden et al.). Für das Festlegen des Umfangs der Geschichte und die zu wählenden Medienkanälen, eignet sich der folgende Leitsatz von Christina Maria Schollerer (Story Now, 2016, S.32):
„Je innovativer und komplexer die Erzählstrukturen und involvierten Plattformen - also das „Telling“ - sind, desto klassischer sollte die Geschichte - die „Story“ - sein.“ Weiter fügt sie an, dass gerade bei transmedialen Projekten der „Faktor des Bekannten“ für das Publikum ein starker Anknüpfungspunkt sein kann. Das heißt, dass der Nutzer am leichtesten Sympathien und Empathie für Situation entwickeln kann, wenn sie für ihn nachvollziehbar sind, weil sie ihm bekannt sind oder er sie schon erlebt hat.
Spannung als Erfolgsfaktor 4. 3. 4
Die Erzeugung von Spannung ist essentiell für den Erfolg einer
Geschichte (Wyngaarden et al., 2016). Sie beschreibt eine Gemütsbewegung, bei der wir Aufregung als ein positives Gefühl wahrnehmen (Herbst und Musiolik). Spannung kann beim Publikum durch Unsicher-
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heit und Erwartungen erzeugt werden (Herbst und Musiolik). Dabei hoffen wir insgeheim, dass unser positives Weltbild bestätigt wird, indem das Gute siegt. Spannung kann auch durch Konflikte entstehen. Sie stehen am Anfang der sogenannten Heldenreise nach J. Campbell (Wagner, 2014). Sie beschreibt das Muster der Heldwerdung und Charakterentwicklung der Hauptfigur und ihren Weg vom Konflikt über die erste Prüfung zum Besiegen des Bösen. Die Heldenreise ist ein unendlich variables Erzählmuster - unabhängig von kulturellen Hintergründen -, das auf der ganzen Welt verstanden wird (Wagner). Die Spannung steht exemplarisch für die einzigartigen Eigenschaften des Storytelling: Durch die Erzeugung von Spannung schaffen es Geschichten, das Bewusst- und Unterbewusstsein der Nutzer zu aktivieren und sie so emotional an Geschichten zu binden. Zwar entscheidet der Mensch anhand von Fakten, aber Tatsache ist jedoch auch, dass langfristige Kundenbeziehungen durch emotionale Bindung entstehen (Herbst und Musiolik).
Verarbeitung von Geschichten 4. 3. 5
Der Einfluss von Geschichten auf den Menschen und somit auf
die Beziehung zwischen Marken und Kunden, sind physiologisch bzw. neurologisch erklärbar. Gegenüber Fakten verarbeiten wir Geschichten
4
Neudefinition
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Abb. 33: Fakten vs. Geschichten
anders im Gehirn, indem weitaus mehr Hirnregionen aktiviert werden, als wenn wir reine Fakten hören und sehen (Jäger, 2016). Neben der Aktivierung des assoziativen Denkens, werden auch die sogenannten Spiegelneuronen aktiv (Jäger), die für das Empfinden von Empathie verantwortlich sind. Sie lassen uns nachvollziehen, mit Protagonisten mitfühlen und Geschichten emotional miterleben. Besonders komplexe Themen lassen sich am besten als Geschichte erzählen. Weil sie im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden, können wir uns im Gegensatz zu Fakten, leichter an sie erinnern (Jäger).
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Interaktivität In Bezug auf den Digital Storytelling-Gedanken, bietet die
4. 4
„Mensch-Maschine-Interaktion“ vielschichtige Möglichkeiten für den Nutzer, aktiv mit einer Webseite in Kontakt zu treten (Herbst und Musiolik). Dabei trifft der Nutzer eigene Entscheidungen, zum Beispiel, wenn er Karteninhalte erkundet und sich durch eine interaktive Zeitleiste bewegt. Auf diese Art und Weise lässt sich sogar die Haptik von Produkten erlebbar machen (vgl. 3.3.3). Webseiten leben von Medienelementen, die im Code der Seite integriert und animiert werden können. Das Spektrum an Medienelementen wird durch die Entwicklung von neuen Formaten, wie zum dem Beispiel 360-Grad-Videos, immer größer und unübersichtlicher. Ihre interaktiven Eigenschaften sind dabei teilweise sehr unterschiedlich bzw. noch nicht vorhanden. Dabei folgen die Elemente verschiedenen Funktionen und lassen sich unterschiedlich einsetzen.
Modulbausteine für Multimedia-Webseiten 4. 4. 1
1. Text Oft kommt Text als Medium zur Informationsübermittlung zum Einsatz, seltener als eigenes Medienelement. Als Ausnahme ist der Hyperlink zu nennen, der ohne weitere Elemente ein eigenständiges Funktionsobjekt bildet (vgl. 3.2.1).
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Im Editorialbereich wird er außerdem gerne in Modulen eingesetzt, die zeitliche Ereignisse kompakt zusammenfassen und Inhalte weiter vertiefen. Dabei klickt sich der Nutzer von einem Textbaustein zum nächsten (Herbst, 2014). 2. Fotografie & Illustration Ausdrucksstarke, großflächige Bilder wurden durch den Aufstieg des Flat-Designs (2013) im Webdesign in den letzten Jahren immer öfter eingesetzt (Zaglov, 2013). Bilder in jeder Form haben den Vorteil, dass sie bis zu 60.000 mal schneller als Texte im Gehirn verarbeitet werden können (Herbst). Auf Digital Storytelling-Webseiten können sie die Stimmung einer Geschichte transportieren und großflächig abbilden. Dabei werden sie oft als Hintergrund des Bühnenbereichs eingebunden oder als Collage angeordnet, die längere Fließtexte auflockern und dem Leser eine Pause beim Lesen ermöglichen. Je nach Themeninhalt, kann der Gestaltungsschwerpunkt auch auf der Illustration liegen. Gerade bei fiktionalen oder historischen Geschichten, bei denen es themenbedingt an verfügbaren Fotomaterial mangelt, kommt die Illustration oft zum Einsatz. 3. Interaktive Bildergalerie/Zeitleiste Die Zeitleiste ist ein beliebtes Webseiten-Modul, das durch weitere Elemente, wie Audio-Inhalte und Texte interaktiv erweitert werden.
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Zeitleisten, bei denen der Nutzer chronologisch durch Ereignisse „springt“, können die zeitliche Abfolge von Geschichten übersichtlich zusammenfassen. Sie haben die gleiche Funktionsweise, wie interaktive Bildergalerien, nur dass hier statt dem Bildformat, eine Zeitachse als Orientierung dient. 4. Audioinhalte Digital Storytelling-Webseiten integrieren gern Musik und Klänge. Sie können die Atmosphäre und Spannung einer Geschichte unterstützen, lassen sich als Audioinhalte, wie zum Beispiel originale Telefonaufnahmen oder Geräusche aus der Tierwelt, einbetten oder zusammen mit Animationen Interaktionen bilden. 5. Bewegtbilder Cinemagraph Cinemagraphs (Cinemagramm) sind Standbilder, meist Fotografien, bei denen ein oder mehrere Elemente des Bildes animiert werden (vgl. Flock, 2011). Sie sind relativ aufwendig zu produzieren, können aber einen wirkungsvollen Effekt bieten. Videoinhalte Oft werden Videos mit unveränderten Kamerapositionen, die wie die Cinemagraphs in Dauerschleife (Loop) abgespielt werden, für Cinemagraphs gehalten. Gerade für Fernaufnahmen eignet sich dieses Format besser, da Bewegungen in der Ferne nur schwer erkennbar sind und der Hintergrund dadurch ruhig wirkt. Sie sind einfacher zu produ-
4
Neudefinition
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zieren und haben fast den gleichen Effekt. Beide Formate lassen sich als Videoformat und als GIF-Format einbetten (vgl. Flock). Neben der Bedeutung von Videoinhalten, hat sich durch hochauflösende Aufnahmen in 4K und 8K auch die Qualität enorm gesteigert, (Mac Life, 2017). Durch besser Auflösungen von Smartphonekameras und verhältnismäßig günstige Preise von Drohnen sind dabei gerade Amateuraufnahmen hochwertiger geworden. Drohnenbilder eignen sich zum Abbilden von Szenerien wie Landschaften und Städten. Durch Drohnenaufnahmen werden in Dokumentationsformaten zum Beispiel Bilder der Zerstörung oder Veränderungen der Natur umfangreich veranschaulicht. Durch die im Code hinterlegte Funktion „Autoplay“ (W3schools, o. J.) laufen Videoinhalte direkt an, wenn der Nutzer auf die Seite kommt oder einen bestimmten Bereich auf der Seite erreicht hat. Die Funktion wird öfter für atmosphärische Videos im Hintergrund verwendet. Virtual Reality bzw. 360-Grad-Film Das momentan Medienformat mit wohl größten Interaktion entfaltet sein größtes Potenzial durch die Verwendung mit Smartphones, die durch Hardware, wie zum Beispiel VR-Brillen ein noch immersiveres Erlebnis bieten: Dabei bewegt sich der Nutzer durch Körperbewegungen in virtuellen Umgebungen, wie zum Beispiel in einem Kriegsgebiet (vgl. 3.2.4).
111
Auf Webseiten werden sie als 360-Grad-Videos eingebunden, bei denen sich der Nutzer durch Bewegungen mit dem Mauscursor (Drag and Drop) horizontal und vertikal um seine eigene Achse bewegen kann. Im Gegensatz zu VR-Brillen, bewegt man sich nicht selbst in einer Umgebung, sondern bewegt die Umgebung um sich selbst. 6. Animationen und Effekte Durch programmierte Effekte bieten sich die besten und umfangreichsten Interaktionsmöglichkeiten im Webdesign. Angefangen mit einfachen Hover-Animationen, entstehen kleine, aber wirkungsvolle Interaktionen. Bei dem Parallax-Effekt werden Webseitenelemente in unterschiedlichen Geschwindigkeiten animiert, wodurch beim Nutzer ein Gefühl von Tiefe entsteht. Als Weiterentwicklung des Ken-Burns-Effekt, kann der 2.5D Parallax-Effekt gesehen werden, bei dem in Fotos hineingezoomt wird und durch Animation ausgeschnittener Bildelemente eine scheinbare Dreidimensionalität erzeugt wird (Hongkiat, o. J.). In der Programmierung wird es gleichermaßen spannend und aufwendig, wenn es darum geht, Daten zu visualisieren (vgl. 3.3.4). Interaktive Infografiken können mit einfachen Animationen und Effekten komplexe Daten und Fakten verständlich machen. Gleiches gilt für die Visualisierung von Karten, bei denen zum Beispiel geographische Veränderungen oder Schauplätze von Geschichten dargestellt werden (vgl. 3.2.3).
4
Neudefinition
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Webbasierte Dokumentationen 4. 5
Der Begriff „Webdoku“, auch Webreportage genannt (Barth, o. J.), beschreibt eine interaktive journalistische Erzählform im Internet. Ähnlich wie bei Multimedia Storytelling-Webseiten im Editorial-Bereich, zeichnen sie sich durch das Zusammenspiel von Text-, Fotografie-, Video- und Audio-Inhalten aus, werden aber noch zum größten Teil non-linear erzählt. Webdokus sind hauptsächlich Filme, mit konzentrischen bzw. elastischen Erzählstrukturen. Oft werden dabei Dokumentationen in verschiedene Themenabschnitte eingeteilt, die der Nutzer über ein zentrales Menü auswählen kann. Das Format Webdoku kam das erste mal 2005 zum Einsatz und wurde seither vom deutsch-französischen Fernsehsender „Arte“ maßgeblich geprägt (vgl. Abb 34). Die Themen dieser Webspecials sind meist investigativ und werden parallel zu Reportagen und Serien produziert – kön-
Abb. 34: Menüführung „Argentinien. Das schönste Land der Welt.“
nen aber auch für sich allein stehen.
Prison Valley Als Meilenstein der Entwicklung von Webreportagen ist das Projekt „Prison Valley“ (2010) zu nennen, das Einblick hinter die Kulissen der amerikanischen „Gefängnisindustrie“ in Colorado (USA) gibt. In dem Tal Prison Valley lagen zum Zeitpunkt der Produktion insgesamt
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Abb. 35: Hinweissuche in „Prison Valley“
13 Haftanstalten mit 7.731 Gefängnisinsassen (Arte, 2010). Nachdem der Nutzer virtuell im Hotel eingecheckt hat, muss er die Umgebung nach Hinweisen absuchen (vgl. Abb 35) und ihnen folgen. Dabei trifft er auf Polizisten, Gefängniswärter und einen Journalisten. In entscheidenden Momenten der Geschichte, kann der Nutzer sich mit der Community sowie mit Charakteren der Geschichte live über die Webseite und E-Mails austauschen. Im Vergleich zu Multimedia Storytelling-Webseiten wie Snow Fall, findet hier ein noch stärkerer Einfluss des Nutzers auf den Verlauf der
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Neudefinition
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Geschichte statt, indem jede seiner Entscheidungen direkt die Erzählstrukur verändert. Gelobt wird die Reportage zudem für eine Gelungene Mischung aus der linearen Erzählweise und den interaktiven Elementen (Barth, o. J.). Dadurch erzielte das Format eine hohe Reichweite und wurde von knapp 20% der Nutzer bis zum Schluss gesehen. Die Produktionszeit von Prison Valley soll bei neun Monaten gelegen haben mit einem Budget von 240.000 Euro (Barth). Prison Valley zeigt, wie Webreportagen erfolgreich funktionieren können. Die Produktionskosten sind durch große Teams und hohen Programmieraufwand allerdings ähnlich hoch wie bei Multimedia Storytelling-Webseiten (Barth). Zudem besitzen die umfangreichen Webreportagen oft lange Ladezeiten, was den Arbeitsspeicher des Computers extrem beanspruchten kann. Bewertung der Webdokus Es ist grundsätzlich fraglich, ob das Format Webdoku jemals den großen Durchbruch schaffen wird. Die langen Filmformate ähneln eher einem TV-Format. Der User findet sich teilweise in einem Nutzungsmodus zwischen „lean-back“ (entspannt und passiv) und „lean-forward“ (beteiligt, aktiv) wieder. Um dagegen zu wirken, werden neue Formate mit interaktiven Schwerpunkten entwickelt, wie zum Beispiel das Arte-Projekt „Refugees“. Bei dem Online-Game wird der Nutzer selbst zum Reporter und muss eigene Nachrichten-Beiträge zusammenstellen und schneiden (Arte, 2015).
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Abb. 36: v.l. Snapchat, Facebook Live Video und Facebook Canvas Ad
Mobile Storytelling 4. 6
Snapchat Stories 4. 6. 1
Snapchat hat das Mobile Storytelling revolutioniert: Die unkon-
ventionelle Gestaltung von Snapchat hat dazu geführt, dass die Menschen im digitalen Zeitalter anders miteinander kommunizieren. Zunächst gab es mit dem Versenden von „Snaps“, denen neben Fotos und Videos als Hauptbestandteil, „handgemalter“ Text und weitere Editiermöglichkeiten hinzugefügt werden können, die Möglichkeit, Medienelemente zu verschicken, die sich nach einigen Sekunden selbst löschen.
4
Neudefinition
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Die Chat-Bereiche von Facebook (Messenger) und vom Apple Betriebsprogramm iOS („iMessage) haben inzwischen ähnliche Features eingeführt, die den Austausch von Nachrichten beweglicher und interaktiver machen (Liberatore, 2017; Statt, 2016). Man könnte diese neue, visuelle Form der Kommunikation als Micro Storytelling beschreiben, da aus Textnachrichten (bewegte) Bilder werden, denen wir durch unsere persönliche Gestaltung größere und individuelle Aussagekraft verleihen. Snapchat fügte Ende 2013 die Stories-Funktion (Moreau, 2017) hinzu, bei denen die einzelne Snaps zu Kurzgeschichten aneinander gefügt werden und mit der Community geteilt werden können. Vergänglichkeit als Mehrwert Die Nutzer schätzen die App für ihre Unkompliziertheit. Durch die Vergänglichkeit der Inhalte, fühlen sich Nutzer befreiter, Inhalte zu teilen (Solon, 2017). Gegenüber Facebook und Instagram, wird bei Snapchat auf Spontanität und Authentizität, statt auf Perfektion (Filter) gesetzt. Beiträge werden dabei spontan verschickt werden und können nicht bewertet werden. Neben einer neuen Form der Kommunikation unter Nutzern, kann hier auch eine persönliche Markenkommunikation stattfinden: Die Storys-Funktion bietet Unternehmen, Einblicke in Projekte zu teilen. Gegenüber traditioneller Markenkommunikation, die auf eine perfekte Produktinszenierung abzielt, können hier persönliche Anknüpfungspunkte mit Unternehmen und Mitarbeitern geschaffen werden (Bannour, 2016).
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Wahlkampf über Snapchat Auch in der Politik wird Snapchat eingesetzt, um jüngere Wähler zu erreichen, gesehen im amerikanischen (Süddeutsche.de, 2016) und französischen Präsidentschaftswahlkampf (Schade, 2017). Zunächst setzte der Demokrat Bernie Sander die Geofilter6 bei den US-Vorwahlen 2016 erfolgreich ein, vor allem junge Wähler zu mobilisieren (Süddeutsche.de, 2016). Auch Donald Trump und Hillary Clinton nutzten später die Geofilter und die Stories-Funktion - jedoch vor allem, um sich gegenseitig zu verspotten (SüdAbb. 37: Geofilter Bernie Sanders
deutsche.de).
Live-Videos 4. 6. 2
Neben den Stories haben Facebook, Instagram, YouTube
(YouNow) und Snapchat die Funktion „Live-Videos“ voraus: Sie ermöglichen den Nutzer Livestreams von mobile Endgeräten. Sie sind ein interessanter Ansatz für das Digital Storytelling: Sie bieten Möglichkeiten, Veranstaltungen hautnah zu dokumentieren und eine Austauschplattform mit den Nutzern, die den Livestream in Echtzeit kommentieren können. Ähnlich, wie die Stories-Funktion von Snapchat, bieten Live-Videos eine persönliche Darstellungsform für Brand Storytelling.
4
Neudefinition
118 6 Geofilter: Ortsabhängige Foto- und Video-Filter von Snapchat (Süddeutsche.de, 2016)
Abb. 38: Facebook Canvas Ad
Facebook CanvasAd 4. 6. 3
Social Media-Werbeformate, wie zum Beispiel „Facebook Canvas“,
ermöglichen inzwischen einfaches und gutes Storytelling, um für Unternehmen zu werben oder Produkte zu vermarkten (Facebook, 2017). Facebook-Canvas wurde ausschließlich für den Facebook-Feed von mobilen Endgeräten konzipiert. Über den Editor lassen sich einzelne Bausteine einfügen und zu einem Mini-Storytelling-Format zusammensetzen. Inzwischen ist sogar die Einbindung von 360-Grad Videos möglich.
119
5
Digital Storytelling fĂźr NPOs
3
Webbasiertes Storytelling
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Einleitung 5. 1
Der Begriff Non-Profit-Organisation (NPO), auch NGO (Nichtregierungsorganisation) genannt, lässt sich im Allgemeinen durch einen gemeinnützigen Zweck und einer nicht gewinnbringenden Ausrichtung definieren. Vorgehensweise Die Recherche zu Non-Profit-Organisationen stellt einen Querschnitt aktueller Designansätze mit dem Schwerpunkt Digital Storytelling dar. Die vorgestellten NPOs und Kampagnen sind nicht nur auf den humanitären Sektor (VcA) im Non-Profit-Bereich bezogen. Es verbindet sie jedoch alle der karitative Gedanke und die selbe aktuelle Herausforderung: Wie generieren wir Online-Spenden im digitalen Zeitalter? Bei der Auswahl der Webseiten spielen unterschiedliche Kriterien eine Rolle: Welche Organisationen integriert Digital Stories in ihre Webseiten? Wie ist dabei die Usability und die User Experience? Wie werden Spenden-Module integriert? Wer geht neue Wege, um Spenden zu generieren? Was funktioniert nicht auf NPO-Webseiten? Wie können die Inhalte mit innovativen Features, aber dennoch glaubwürdig und seriös transportiert werden? Auch die visuelle Vermittlung von Werten spielt
5
Digital Storytelling für NPOs
eine Rolle und wie sie sich in der Gestaltung widerspiegeln.
122
Abb. 40: Kampagnenseite zu #Menschlichkeit steht dir am Besten
#Menschlichkeit steht dir am Besten 5. 2
Zur Fashion Week in Berlin (Januar 2017) veröffentlichte die Spendenplattform betterplace.org in Zusammenarbeit mit einer Werbeagentur die fiktive Bekleidungsmarke „Epic Escape“ und bewarb sie über Plakatwerbungen und in den sozialen Netzwerken (Presseportal). Die Werbung verlinkt auf eine Webseite mit dem Slogan „Menschlichkeit steht Dir am Besten“, auf der tatsächlich eine Kampagne als Spendenprojekt für Flüchtlinge in Deutschland präsentiert wird.
123
1
Kampagnenseite 2
5. 2. 1
Auf der Kampagnenseite (Onepager) wer-
den im oberen Bereich deutsche Prominente gezeigt, die die Aktion unterstützen (vgl. Abb 41, Nr. 1). Danach folgt ein Video-Loop (vgl. Abb 41, Nr.
3
2) - An dieser Stelle wird erstmals das Thema der Kampagne „Flüchtlingshilfe“ angekündigt: Im Stil eines Fashionables, werden die Protagonisten der Kampagne gezeigt sowie Fakten und Zahlen zum Syrienkrieg eingeblendet. Die Farben sind dabei grell und laut. Das Video dient als eine Art Teaser auf die folgenden Beiträge. Dem Nutzer wird durch die Erzählweise langsam bewusst, dass es sich hier nicht um eine Fashion-Marke handelt. Im nächsten Abschnitt (vgl. Abb 41, Nr. 3) werden die Geschichten von sechs syrischen Flüchtlingen eingeleitet und Sinn und Zweck der Kampagne beschrieben. Scrollt man weiter herunter, erscheint die erste Geschichte: Ein großes Bild zeigt den oder die Protagonisten/Protagonistin der jeweiligen Geschichte. Übergroße Überschriften der Abschnitte leiten das Thema der Geschichte ein - „5 Angehörige im Syrienkrieg verloren“ oder „62 Minuten Bombenangriff in der Uni überlebt“.
5
Digital Storytelling für NPOs
Abb. 41: #MSDAB
124
Persönliche Geschichten Die einzelnen Geschichten sind dabei nur thematisch angeschnitten - über den Button „Weiterlesen“ wird der ganze Text der Geschichte eingeblendet (vgl. Abb 42), in denen die Flüchtlinge von ihren persönlichen Erfahrungen im Krieg und der Reise nach Deutschland erzählen. Design Die Gestaltung der Webseite ist durch die Verwendung großer Typografie und eines Parallax-Effekts dynamisch und zeitgemäß. Durch eine benutzerfreundliche Bedienung und den fließenden Übergang zu den Geschichten, findet sich der Nutzer sofort zurecht und weiß, worum es geht. Im unteren Bereich der Webseite werden die Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Nutzer können sich dabei entscheiden, ob sie spenden möchten, den Kampagnen-Pullover kaufen oder die Kampagne in den sozialen Netzwerken teilen. Außerdem werden sie im Webseiten-Header angezeigt und sind auch beim Scrollen immer sichtbar.
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Abb. 42: Geschichte von #MSDAB
Bewertung 5. 2. 2
Die Spendengelder der Kampagne werden von betterplace.org
auf über 500 verschiedene Projekte zur Flüchtlingshilfe verteilt, die insgesamt schon knapp sechs Millionen Euro (Stand 24.04.2017) generiert haben. Die Art und Weise, wie die Kampagne durch eine Irreführung der Nutzer (Kunden) Aufmerksamkeit erzeugt hat, ist bemerkenswert. Die Kampagne schafft es mit einem selbstbewussten Umgang mit dem Thema „Flüchtlinge in Deutschland“, potenziellen Spendern die Flüchtlingsproblematik über persönliche, emotionale Geschichten verständlich und
5
Digital Storytelling für NPOs
nachvollziehbar zu machen und scheint erfolgversprechend.
126
Abb. 43: „The Nature Conservancy“
This Is Our Future 5. 3
„The Nature Conservancy“ ist eine, der ältesten und größten Naturschutzorganisation mit über einer Millionen Mitglieder weltweit (Nature Conservancy, o.J.). In den USA agieren die Unterorganisationen der 50 Staaten unabhängig an lokalen und internationalen Naturschutzprojekten (Nature Conservancy). Im Folgenden wird die Kampagne „This Is Our Future“ der The Nature Conservancy in Kalifornien beschrieben.
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Kampagnenseite
1
5. 3. 1
„This Is Our Future“ ist eine viertei-
lige Kampagne, wobei die einzelnen vier Teile der Kampagne zeitlich aufeinander folgen. Ende 2016 startete mit „Transfor2
ming the Last Tuna Stronghold“ der erste Teil. Das Ziel ist, die digitale Überwachung des Thunfischfangs im Pazifik, gegen die Überfischung von Thunfisch. Für das Kampagnenziel von 250.000 US-Dollar, sollen vor allem junge, erfolgreiche Großspender aus dem Silicon Valley angesprochen wer-
3
den (Enso.co, 2016). Über eine Startseite des Onepager gelangt man durch vertikales scrollen oder durch Sprungmarken zu den fünf Bereichen der Kampagne. Im oberen Bereich wiederholt sich ein Video (vgl. Abb 44, Nr. 1), dass allgemeine, aber wirkungsvolle Bilder der Naturschutzarbeit der Organisation zeigt. Im ersten Kapitel wird zunächst kurz und knapp der Ansatz der Organisation beschrieben,
Abb. 44: Startseite
5
Digital Storytelling für NPOs
(vgl. Abb 44, Nr. 2) ehe weiter unten der
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Fokus auf den zentralen Bereich der Kampagne gelegt wird (vgl. Abb 44, Nr.3): In einem großzügigen Teaser sieht der Nutzer sofort, worum es geht, wie viel die Kampagne an Spendengelder generieren soll und wie viel bisher erreicht wurde. Dieser Bereich wird von zwei weiteren Teasern unterstützt, die zu eine interaktiven Geschichte und einem VR-Film führen. Design Das Design ist ansprechend und modern, wirkt aber etwas kühl. Aufgrund der Farbigkeit und des klaren Looks, könnte man auf den ersten Blick meinen, es handele sich um eine Unternehmens-Webseite (vgl. 3.3.3). Der Stil der Webseite ist durch die technik- und design-affine Zielgruppe begründet (Enso.co). Neben der Verbindung des Silicon Valley-Gedankens und dem Naturschutz, soll der Storytelling-Ansatz der Kampagne die „kalifornischen Leader“ (Enso.co, 2016) überzeugen.
Interactive Story 5. 3. 2
Die „Interactive Story“ (vgl. Abb 45) beginnt im typischen Stil
von Multimediaeebseiten mit einem großen Foto von einem vermutlich illegalen Fischer-Boot und dem Titel (vgl. Abb 45, Nr. 1). Im Hintergrund läuft melancholische, fast schon bedrohliche Musik. Neben der Stärke der Bilder und der Klänge, liegt der Text hier auf einem dunkelblauen Hintergrund, der das Meer assoziiert und der der Seite Tiefe verleiht. So taucht man in eine ganz eigene Welt.
129
1
Der Text ist in fünf Kapitel eingeteilt, die man durch vertikales Scrollen oder durch den Sprung 2
über den Header-Bereich erreicht. Es wird das Ausmaß der Überfischung auch für andere Tierarten - in den Fischernetzen verfan-
3
gen sich Haie und Schildkröten (vgl. Abb 45, Nr. 3) - und das Ökosystem des Pazifik rund um die Inselgruppe Palau gezeigt. Dazu erzählen Fischer und andere Protagonisten in Videos von ihren Erfahrungen und Problemen. Weiterhin wird das Ziel der Kampagne erklärt, bei dem Kameras auf den Booten installiert werden. Die Bilder der Kameras sollen dann von einer AI-Software ausgewertet werden und so den Thunfischfang überwachen. Auffällig ist der gezielte Umgang mit der Spendenauffordung: Am Anfang von jedem Kapitel wird in einem Übersichtsmodul der Kampagnenstatus angezeigt (vgl. Abb 45, Nr. 2). Am rechten unteren Rand des Viewports befindet sich zudem ein Button „Take Action“, über den man direkt, ohne das Laden einer neuen Seite, zu einem Spendenformular geleitet wird.
5
Digital Storytelling für NPOs
Abb. 45: Interactive Story
130
Ein gutes Beispiel für die gelungene Integration, um online Spenden zu generieren. Umsetzung Die technische Umsetzung der Seite ist vorbildlich: Das Fenster mit den Audioinhalten ist genauso groß wie das Fenster vom Fließtext und lenkt nicht vom Hauptstrang ab. Klickt man ein Video an, stoppen die melancholischen Klänge. Die Bildergalerien sind interaktiv, wobei die Fotos auf Mausbewegungen reagieren und sich in unterschiedliche Positionen lenken lassen: Eine einfache Interaktion, wodurch Bildinhalte für den Nutzer sichtbar werden. Einen interessanten Ansatz stellt auch die Kombination von einer Interviewsequenz als Audiospur zu einzelnen Fotos der Bildergalerie dar. Der Stil der Interactive Story erinnert durch den zentrierten Fließtext, die additiven Inhalte und die elastische Erzählstruktur, bei der immer wieder tiefergehende Inhalte angeboten werden, an den Editorialstil der New York Times (vgl. 3.2.2). Bemerkenswert ist auch die responsive Version für mobile Endgeräte, bei denen die Einbindung der Spendenakquise genau so optimal funktioniert wie auf der Desktop-Version.
Abb. 46: Spendenformular mobil
131
Bewertung 5. 3. 3
Die zweite Option für eine Interaktion, wird an dieser Stel-
le vernachlässigt: Zwar ist die „VR-Experience“ aufwendig produziert (3D-Rendering), jedoch wirkt sie, wie die Kampagnen-Startseite, etwas steril und unpersönlich. Der Bereich der interaktiven Geschichte wirkt lebendiger und gibt Einblick in die Thematik und die Lösungsvorschläge der Kampagne. Die Länge der Interactive Story von knapp 6.000 Wörtern könnte zum Nachteil für die Spendenbereitschaft geworden sein bzw. werden. Zwar möchten sich Großspender ausführlich über Investitionsmöglichkeiten wie zum Beispiel einer Spende für The Nature Conservancy informieren, doch es ist fraglich, ob sie die Geduld auf bringen, dafür den gesamten Artikel durchzuarbeiten. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass die im Oktober 2016 gestartete Kampagne bisher gerade einmal ein Siebtel der avisierten Spendensumme eingenommen hat (Stand: 26.04.2017). Festzuhalten bleibt, dass die interaktive Geschichte einige interessante Features bietet (Bildergalerie, Sound), die ausbaufähig sind. Ansonsten wirkt die Webseite etwas “übergestaltet” und selbst für die technikver-
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Digital Storytelling für NPOs
sierte Zielgruppe des Silicon Valley vermutlich zu unpersönlich.
132
Abb. 47: Kampagne „One Warm Winter“
One Warm Winter 5. 4
One Warm Winter ist eine Aufklärungskampagne der Werbeagentur DOJO und der Berliner-Brandenburger Obdachlosenzeitung “Strassenfeger” (Onewarmwinter.org, 2016). Ünterstüzt wird die Kampagne von deutschen Prominenten, die sich als Testimonials zur Verfügung gestellt haben. Das Ziel der Kampagne ist einfache Lösungswege aufzuzeigen und die Akzeptanz für obdachlose Menschen in unsere Gesellschaft zu erhöhen (Onewarmwinter.org).
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Kampagnenseite
1
5. 4. 1 2
Die Startseite besteht hauptsächlich
aus dem prominent gespielten Spendenmodul (vgl. Abb 48, Nr. 1) und einem Social Hub7 im unteren Bereich der Seite (vgl. Abb
2
48, Nr. 2). Über den Hashtag #onewarmwinter können Unterstützer ihre Beiträge verlinken und erscheinen so im Social Hub. Die gesamte Kampagnenseite ist übersichtlich: Sie umfasst neben Informationen zu der Aktion und der Verlinkung zum Spendenshop auch einen weiteren Bereich, in dem die prominenten Unterstützer vorgestellt werden (Onewarmwinter.org). Spendenmodul Im Mittelpunkt der Webseite steht das Spendenmodul: Man sieht die Abbildung eines (offensichtlich) obAbb. 48: Kampagnenseite
dachlosen Mannes, der eine Winterjacke trägt, die gerade schließt. Neben ihm sieht einen offenen übergroßen Reißverschluss. Der Ausgangspunkt für eine Spende liegt
5
Digital Storytelling für NPOs
bei einem Euro.
134 7 Social Media Hub: zentrale Anwendung bezeichnet, die Aktivitäten aus verschiedenen Social-Media-Kanälen zusammenführt (OnPage.org, o. J.)
Zieht man den Reißverschluss nach oben (vgl.
1
Abb 48) , schließt sich nicht nur der übergroße Reißverschluss, sondern auch die Jacke des Obdachlosen. Die Animation - bis zum maximalen Spendenbetrag von 30 Euro - ist bemerkenswert fließend. 2
Bewertung 5. 4. 2
Das interaktive Spendenmodul stellt
einen vielversprechenden Ansatz für eine neue Art von Online-Spenden dar. Man könnte dieses Format auch als Micro-Storytelling definieren: Die Darstellung des obdachlosen
Abb. 49: Interaktivität des Spendenmoduls
Mannes mit offener Winterjacke dient als Metapher für den Ausgangspunkt der Geschichte, in der er ohne jegliche Hilfe (Spende) auf der Straße frieren würde und krank werden könnte. Mit Hilfe des Nutzers wird dieser Zustand positiv verändert. Die Jacke schließt sich mit Erhöhung des Spendenbetrags immer weiter und steht für den positiven Ausgang seiner Geschichte. Dieses besondere Spendenmodul visualisiert eindringlich, inwiefern die Spende der bedürftigen Person hilft. Weiterhin erfreut sich der Nutzer u.U. an der Interaktion des Features und wird dadurch noch mehr motiviert, zu spenden.
135
Abb. 50: Kampagne „#LastSelfie“ auf Snapchat
#LastSelfie Der World Wide Fund (WWF) ist eine der größten Natur- und
5. 5
Umweltschutzorganisationen der Welt und setzt sich unter anderem für den Artenschutz von Tieren ein (WWF, o. J.). Um auch jüngere Zielgruppen, wie Millenials zu erreichen, wurde 2014 in der Kampagne #LastSelfie Snapchat als Distributionskanal eingesetzt.
Kampagne 5. 5. 1
Über ihren Snapchataccount versendete die Organisation Bilder
5
Digital Storytelling für NPOs
vom Aussterben bedrohter Tiere, die sich nach ihrem Erscheinen selbst
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löschen. Durch das Zeitlimit der versendeten Bilder, sieht man die Tiere vor den eigenen Augen verschwinden, was als Metapher für das Aussterben der Tiere steht, wenn nichts dagegen unternommen wird (#LastSelfie, 2014). Sie fügten Slogans hinzu, die sich auf die Vergänglichkeit der Snaps (vgl. 4.6.1), ebenso wie auf das Verschwinden der Tierarten übertragen lassen (vgl. Abb. 50). Auch die beliebte „Selfiekultur“8 von Snapchat spiegelte sich so in der Kampagne wider.
Bewertung 5. 5. 2
Bereits innerhalb von drei Tagen nach dem Start der Kampagne,
hatte der WWF sein bisheriges, monatliches Spendenziel erreicht. Die Kampagne wurde außerdem von über 40.000 Twitter-Nutzern in der ersten Woche gepostet, wodurch insgesamt 120 Millionen Twitter-Nutzer erreicht wurden (#LastSelfie, 2014). Das macht die Hälfte aller Nutzer von Twitter aus und sorgte für Aufmerksamkeit auf der ganzen Welt. Allein in den ersten acht Stunden, wurde #LastSelfie von 6 Millionen Twitter-Nutzern gesehen. Der WWF hat es mit einer relativ simplen Idee, aber intelligenten Einsatz von Social Media, geschafft, eine bemerkenswerte Aufmerksamkeit auf ein NPO zu schaffen. #LastSelfie ist auch beispielhaft für das Erreichen junger Zielgruppen, die sich inzwischen zu großen Teilen bei Snapchat aufhalten (Solon, 2017).
137 8 Selfie: mit der Kamera (Smartphone, Tablet) aufgenommenes Selbst porträt einer oder mehrerer Personen (Duden, o. J.)
Virtual Reality Der Einsatz von Virtual Reality ist derzeit in der Markenkommu-
5. 6
nikation auf dem Vormarsch, da sich VR-Filme lassen inzwischen verhältnismäßig günstig produzieren lassen (Janssen, 2016). Um persönliche Geschichten zu erzählen, kommt VR immer öfter zum Einsatz (vgl. 5.3.3, 5.6.1) und hat sich dabei zu einer besonderen Erlebniswelt entwickelt, da sich der Nutzer mitten im Geschehen bewegen kann. Im Folgenden wird erläutert, inwiefern VR in der Markenkommunikation von NPOs zum Einsatz kam und welche Auswirkungen die Anwendung von VR auf das Spendenverhalten der Menschen hatte.
Charity Water 5. 6. 1
Charity Water ist eine NPO, die sich, wie VcA, mit dem Thema
Wasserversorgung beschäftigt und bereits 5,6 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt hat (vgl. Charitywater.org, o. J.). Die Organisation produzierte mit der VR-Filmproduktion „Here be Dragons“ einen knapp neun-minütigen VR-Film, in dem der Zuschauer eine 13-Jährige Äthiopierin bei einem ihrer langen Gängen zur Wasserquelle begleitet. Man sieht (vgl. Abb. 51), wie die junge Selam noch vor Sonnenaufgang kilometerweit bis zu 25 Liter Wasser schleppt und wie durch das verschmutzte Wasser viele in ihrer Umgebung krank wurden. Außerdem
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Digital Storytelling für NPOs
muss sie nach dem Tod ihrer Mutter auf ihre Geschwister aufpassen, die
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Abb. 51: VR-Projekt „The Source“
Familie bekochen und trotzdem pünktlich in der Schule sein. Die eindringliche VR-Dokumentation endet, als die Baufahrzeuge anrücken, um einen Brunnen, der das Dorf mit Wasser versorgen soll, zu bauen. Die Geschichte ist einfach zu konsumieren. Während der Erzählung hat man, wie in VR-Filmen üblich, die Möglichkeit, die Umgebung zu erkunden und die Problematik in einem größeren Zusammenhang zu sehen. Für die Organisation ist die User Experience der VR-Filme so besonders, weil die Nutzer die Inhalte erleben und „wirklich das Gefühl hatten, in Äthiopien gewesen zu sein“ (Burmeister, 2016, 3:29 Min.).
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Abb. 52: VR-Projekt „Clouds Over Sidra“
UNVR 5. 6. 2
Als führende VR-Filmproduktionsfirma, hat Here Be Dragons
(ehemals Vrse) unter anderem schon mit der New York Times und den größten Filmverleihern der USA (here be Dragons) zusammengearbeitet. Weiterhin haben sie seit 2015 inzwischen fünf VR-Filme für die United Nations (UN) (erklären) produziert (wired), die demnächst mit der App UNVR präsentiert werden. Die UN hat VR u.a. auf verschiedenen Spendenveranstaltungen einge-
5
Digital Storytelling für NPOs
setzt und die Besucher konnten sich vor Ort mit VR-Brillen die Filme
140
zeigen lassen (Watercutter, 2016). Bei den diesen Veranstaltungen wurde ein signifikanter Anstieg der Spendeneinnahmen festgestellt (Watercutter). Auch andere NPOs, wie zum Beispiel Amnesty International und Greenpeace, nutzen inzwischen VR. Dabei berichtet Amnesty International von einem Anstieg der Spendenbeteiligung von 16%, nachdem sie VR eingsetzt hatten (Watercutter). Die UN nutzte VR zudem als Werkzeug zur Vermittlung von Verständnis im Nahostkonflikt: Israelis wurden in Tel-Aviv (Israel) auf der Straße mit VR-Brillen ausgestattet und bekamen so virtuellen Zugang zum Leben der benachbarten Palästinenser. Die Intention war es, die Menschen näher zusammenzubringen, indem sie sich in der Welt, die für sie sonst nicht zugänglich ist, bewegen können (Watercutter).
Bewertung 5. 6. 3
VR lässt Orte begehbar machen und Leute zusammenbringen.
Das als Immersion bezeichnete Eintauchen in eine virtuelle Welt (Kühl, 2014), wird von den Produzenten „als bestes Mittel“ angepriesen, „um eine Thematik wirklich erlebbar zu machen“ (Watercutter, zitiert nach Mochizuki, 2016). Jedoch zeigen die verschiedenen Wahrnehmungsmöglichkeiten große Unterschiede in der User Experience: Als Desktop-Version in Form eines 360-Grad Videos, gesteuert durch die Maus oder als ganzheitlich Erfah-
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rung in der App in Kombination mit VR-Brillen. Nicht nur, dass die Steuerung bei VR-Brillen gegenüber der Desktop-Version den echten Körperbewegungen und Wendungen gleichkommen, die als 360-GradFilm eingebundenes Video auf Webseiten Abb. 53: VR im Desktop-Browser
wirken oft perspektivisch verzerrt (vgl. Abb. 53), wodurch diese Variante weiter an Subs-
tanz verliert und weniger realistisch wirkt. Weiterhin stellt sich die Frage, inwiefern VR-Filme eine echte Kundenbindung erzeugen können oder, ob die oftmals sehr ergreifenden und emotionalen Inhalte der Videos, nur zu einem kurzzeitigen Mitgefühl führen, das sich nur temporär positiv in dem Spendenverhalten der Leute widerspiegelt (vgl. 5.6.2). Dies müsste noch langfristig erforscht werden (Watercutter). Nichtsdestotrotz ist der bisher nachgewiesene Effekt auf die Spendenbereitschaft der Nutzer sehr bemerkenswert und ein weiteres, positives Beispiel dafür, dass Digital Storytelling in jedem Bereich erfolgreich anwendbar ist.
Zusammenfassung 5. 7
Ein Blick auf das digitale Auftreten von gemeinnützigen Organisationen zeigt, dass der Digital Storytelling-Ansatz zwar in Einzelfällen
5
Digital Storytelling für NPOs
angewendet wird, jedoch längst nicht so weit verbreitet ist, wie in der
142
Markenkommunikation von kommerziellen Unternehmen (vgl. 3., 4.). Dabei bieten sich besonders in dieser Branche vielversprechende Möglichkeiten, durch eine Geschichten und eine persönliche Ansprache (vgl. 5.2.1 und 5.4.1) einen nachhaltigen Bezug zu Projekten und der Philosophie der Organisationen, zu schaffen, wie das Beispiel der UN zeigt. Die Social Media-Plattformen, die heute vermutlich der bevorzugte Aufenthaltsort aller Internetnutzer sind, eignen sich durch die schnelle Verbreitung und hohe Reichweite vor für die Erzeugung von Aufmerksamkeit (vgl. 5.5.1): Social Media bietet die einzigartige Möglichkeit, durch eigene Beiträge kostenlos Eigenwerbung zu betreiben und so ganz organisch viele potenzielle Spender zu erreichen.
143
6
Empirische Forschung
5
Digital Storytelling fĂźr NPOs
145
Forschungsdesign Die vorangegangen Beispiele der Webseiten (exkl. Eskapismus)
6. 1
zeigen bereits, dass der gelungene Einsatz von Digital Storytelling positive Auswirkungen auf Nutzer- bzw. Kundenbeziehungen haben kann. Ziel der folgenden empirischen Analyse ist es, die in 1.4 formulierten Thesen in Frage zu stellen bzw. zu belegen. Aufgrund von recherchierten Daten zu VcA, werden Fragen für das Experteninterview formuliert. Die Ergebnisse des Interviews und eine intensive Internetrecherche über das aktuelle digitale Auftreten von Non-Profit-Organisation dienen als Grundlage für eine qualitative Umfrage. Dabei werden Nutzungsdaten und Informationen zum Spendenverhalten erfasst. Außerdem sollen bereits erarbeitete Designansätze bewertet werden. Aus den Resultaten dieser Forschung lassen sich im nächsten Schritt konkrete Maßnahmen für das Praxisprojekt ableiten und in Kapitel sechs anwenden.
Internetrecherche Als Grundlage für das Experteninterview, wurde eine Internetre-
6. 2
cherche durchgeführt. Dazu wurde die öffentliche Wahrnehmung, die Corporate Webseite und der Auftritt in den sozialen Netzwerken analy-
6
Empirische Forschung
siert.
146
Öffentliche Wahrnehmung 6. 2. 1
VcA wurde 2005 von dem Ex-Profifußballer Benjamin Adrion ge-
gründet: Bei einem Trainingsaufenthalt mit seinem Fußballverein FC St. Pauli auf Kuba, wurde er auf die schlechte Trinkwasserversorgung und mangelnden Hygienezustände aufmerksam (Sobiella, 2005). Seine Idee: In Deutschland Spendensammeln mit Lebensfreude und Spaß. Dazu mobilisiert er Leute weit über Deutschland hinaus - inzwischen auch in Österreich, der Schweiz und den Niederlanden (Vivaconagua.org, o. J.). Bemerkenswerter Support In Deutschland unterstützen knapp 12.000 freiwillige Mitarbeiter (Vivaconagua.org, o. J.) die Organisation auf Konzerten und Festival und durch eigene Spendenaktionen. Das gesammelte Geld wird an die Welthungerhilfe weitergeleitet, die wiederum nachhaltige Wasserprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern umsetzt. So konnte bis heute 200.000 Menschen Zugang zu frischem, sauberem Wasser ermöglicht werden (Vivaconagua.org, o. J.). Mit Hilfe von Kunst und Kultur und einem großen Spaßfaktor hat es VcA geschafft, eine junge Zielgruppe zu erreichen, die unter anderem aktiv in 4.000 sogenannten Netzwerken mitarbeiten. Die lokalen Netzwerke sind auf der einen Seite gut organisiert (Kubsova, 2016) und haben auf der anderen Seite höchste Gestaltungsfreiheit bei ihren Aktionen: „Je mehr du jemandem die Gestaltung überlässt, je mehr er formen kann, desto stärker bindet er sich an die Marke“, so Adrion (Kubsova).
147
Der Community-Gedanke ist ein entscheidender Erfolgsfaktor von VcA. Das Gefühl, Teil dieser innovativen und lebensfrohen Organisation zu sein, steht auch im Mittelpunkt der Kommunikation. VcA ist Vorbild für eine ganz neue Spendergeneration und hat mit seinem Team Entwicklungshilfe neu geschrieben. Durch die engen Kontakte zum FC St. Pauli und zur deutschen Musikszene, hat Adrion ein Projekt aufgebaut, dass keine Zweifel - wie bei vielen anderen NPOs, die durch großes Verwaltungsapparate immer wieder kritisiert werden - an dem guten Zweck des Unternehmens lassen. Die Organisation wird von den beteiligten Künstlern und Sportlern für ihre frisches, zeitgemäßes Auftreten genauso geschätzt, wie für ihr Engagement, bei dem “Hilfe zur Selbsthilfe” im Mittelpunkt steht. VcA ist ganz neue Wege gegangen, um Spenden zu generieren: Becherpfandaktion auf Festivals9, eigene Kunstaktionen, wie die Millerntoy Gallery, Spendenläufe u.v.m. Zuletzt bekam die Organisation für ihr soziales Engagement einen Ehrenpreis bei der Musik-Preisverleihung „Echo“ (Vivaconagua.org, 2017.). Der Bekanntheitsgrad von VcA wächst momentan stetig. Mineralwasserverkauf wächst Das spiegelt sich auch im Verkauf des Mineralwasser wider, das VcA seit 2010 durch eine ausgegliederte GmbH vertreibt und damit weitere Spenden einnimmt: 2016 verkaufte
6
Empirische Forschung
die Organisation über 18 Millionen Flaschen Mineralwasser. Der steigen-
148 9 Becherpfandaktionen von VcA: Freiweillige Mitarbeiter von VcA sam meln Pfandbecher auf Konzerten, Festival o.ä. ein, deren Erlös direkt an die Organisation weitergeleitet wird (Kubsova, 2016).
de Verkauf wird unter anderem damit begründet, dass die Organisation von immer mehr Gastronomen angesprochen werden, die ihr Mineralwasser vertreiben wollen (Kubsova, 2016), „sich wahrscheinlich einen Image-Vorteil davon versprechen“, so Adrion. Dabei stellt sich die Frage, ob durch den steigenden Verkauf, nicht immer mehr ein Ungleichgewicht zwischen den Menschen, die VcA lediglich als Verkäufer von Mineralwasser wahrnehmen, entsteht und denen, die VcA als Hilfsorganisation kennengelernt haben (Grabbe, 2016). Diese Annahme gilt es im Experteninterview mit VcA zu prüfen. Es gilt nun, neue Ansätze zu finden, die besondere und einzigartige Geschichte in Verbindung mit der steigenden Popularität, weiter bekannt zu machen und das innovative Modell von VcA “imagegerecht” zu präsentieren.
149
Corporate Website 6. 2. 2 1
Der Online-Auftritt von VcA umfasst
neben verschiedenen Kanälen in den sozialen Netzwerken, mehrere projektbezogene Webseiten sowie eine zentrale Corporate
2
Website: www.vivaconagua.org. Wie in 1.1.2 bereits erwähnt, sind die Probleme der Corporate Website offensichtlich: Auf der Startseite ist auf den ersten Blick nicht klar zu erkennen, worum es hier geht. Inhalte werden mit beliebigen Abständen platziert (vgl. Abb. 55, Nr. 2). Das Layout wirkt unübersichtlich und folgt keinem
3
Gestaltungsraster. Dabei scheint sich das Layout an die Größe der Inhalte anzupassen und nicht umgekehrt. Das Verhältnis von Bild und Text wirkt nicht harmonisch - besonders, wenn den Texten Bilder gegenüberstehen, die sich über die gesamte Breite des Contentrahmens aufziehen. Die Bildsprache ist dabei vorwiegend
Abb. 55: VcA-Startseite
positiv (vgl. Abb. 55), jedoch ohne ein klares
6
Empirische Forschung
Darstellungskonzept (z. B. Farbgebung).
150
Das Online-Angebot soll informieren und die Freude am Spenden vermitteln, doch das inkonsistente Design und die großen Textanteile wirken sich hier eher negativ auf die Benutzerfreundlichkeit (Usability) aus. Die Social Media von VcA sind zwar im Seiten-Header aufgelistet, Inhalte der Plattformen sind dagegen nicht auf der Seite zu finden. Der Informationsgedanke überstrahlt ebenfalls das Spendenthema: Statt eines Hinweises auf das vorhandene Spendenmodul (vgl. Abb. 55, Nr, 3), beispielsweise in Form eines „Teasers“ oder einer direkten Integration in den Viewport der Startseite (vgl. 5.3), findet man das Spendenmodul erst am unteren Ende der Startseite. Ähnlich unübersichtlich ist der Bereich „Spenden & Unterstützen“, bei dem der Nutzer aus fünf unterschiedliche Möglichkeiten zu spenden auswählen kann. Werte Das Thema Glaubwürdigkeit, lässt sich in Bezug auf die Corporate Webseite kaum bewerten. Eine lebensfrohe Tonalität würde trotz genannter Defizite für eine vertrauenswürdige Organisation sprechen. Ebenfalls positiv zu erwähnen ist die Anwendung der Seite für mobile Endgeräte. Aber auch hier stößt Webseitengestaltung durch die beschränkten technischen Möglichkeiten an ihre Grenzen. Zudem fällt auf, dass auf der Startseite - im Gegensatz zu anderen Non-Profit-Organisationen - kein direkter Zugang zum Online-Spendenformular vorhanden ist.
151
Sowohl die Freude und der Elan der Freiwilligenarbeit als auch der starke Gemeinschaftsgedanke, der die Organisation charakterisiert, wird nur bedingt über die Webseite kommuniziert. Dies ist mitunter dadurch zu begründen, dass auf der Webseite keine Einbindung der Social-Media-Kanäle stattfindet.
1
Die einzigartige Enstehungsgeschichte von VcA, für die Benjamin Adrion seine Fußballkarriere aufgegeben hat, wird in einer Liste unter dem Punkt „Über Uns“ zusammengeAbb. 56: Bereich „Über Uns“
fasst (vgl. Abb. 56). Bewertung Zusammengefasst ist der aktuelle Stand der Corporate Website von VcA vor allem eine Informations-Webseite, bei der kaum die emotionale Auf bereitung zur Geschichte von VcA und den Wasserhilfsprojekten stattfindet. Zudem ist sie unübersichtlich und in vielerlei Hinsicht veraltet ist. Der Community-Gedanke wird in Ansätzen gezeigt, geht aber in der Sei-
6
Empirische Forschung
tenstruktur unter.
152
Soziale Medien 6. 2. 3
Facebook VcA präsentiert sich in den sozialen Netzwerken
wie Facebook und Instagram. Die Zahl der Follower (Abonnenten) der zentralen deutschen Facebook-Seite liegt bei knapp 69.000 (Facebook. com, 2017). Im Vergleich zu anderen Organisationen (vgl. Altruja, 2016) und angesichts der Größe von VcA (14 Festangestellte), ist diese Zahl überdurchschnittlich hoch (Altruja). Die Ansprache an das Publikum ist per Du und leger. In den Beiträgen werden Bilder zu aktuellen Projekte, kommende Events, Erwähnungen in Presse und Medien sowie Danksagungen für Spendenaktionen veröffentlicht (Facebook.com). In die Facebook-Seite ist zudem ein direkter Zugang zum Spenden und für eine Mitgliedschaft integriert. Die Reaktionen auf die Posts liegen im Schnitt im zwei- bis dreistelligen Bereich. Das User Engagement10 liegt mit 0,52% (Fanpagekarma. com, 2017) im unteren Durchschnitt und ist ausbaufähig. Der Mix aus unterschiedlichen Beiträge ist gut. Vor allem emotionale und humorvolle Beiträge sorgen für hohe Reaktionszahlen im vierstelligen Bereich. Instagram Ähnlich wie bei Facebook ist VcA auf Instagram mit mehreren Kanälen vertreten. Der Hauptkanal “vivaconagua” hat über 17.000 Follower und liegt über dem Durchschnitt in Hinblick auf Interaktion und Engagement der Nutzer (Fanpagekarma.com).
153 10 User Engagement: Summe aller Aktionen und Interaktionen des Nutzers (DigitalWiki, o. J.).
Die Reaktionszahlen sind dabei konstanter, als bei Facebook. Dies könnte daran liegen, dass sich hier die Nutzer auf die Formate Bild und Video einstellen können, im Gegensatz zu Facebook, wo eine große Durchmischung von anderen Beiträgsformaten herrscht Abb. 57: Hohe Foto-Qualität auf Instagram
(Presse, Veranstaltung, etc.). Die gute Qualität der Bilder (vgl. Abb. 57) kommt hier si-
cherlich unterstützend dazu. Dabei begleiten oft professionelle Fotografen die Projekte von VcA.
Zusammenfassung 6. 2. 4
Nach ausführlicher Betrachtung der digitalen Kanäle von VcA,
bekommt man den Eindruck, dass der Fokus der digitalen Markenkommunikation vor allem auf den Social Media-Kanälen liegt. Die Webseite fällt dagegen ab. Die aktuelle Situation der Social Media-Kanäle bietet eine gute Grundlage, um Aufmerksamkeit für die Webseite zu generieren und Potenzial für eine Integration in Kampagnenideen. Die durchweg positiven Meinungen in der Presse (vgl. 6.2.1) bestätigen die außergewöhnliche Arbeit von VcA. Auch die Partner scheinen die Arbeit mit VcA sehr zu schätzen, wie W. Hofmann von der Welthungerhilfe bestätigt, der VcA für sein Netzwerk bewundert: „Uns gibt es jetzt seit 60 Jah-
6
Empirische Forschung
ren, aber so was wie die hatten wir noch nicht gesehen“ (Kubsova, 2016).
154
Weiterhin konnten keine direkten Konkurrenten im Wettbewerb ausgemacht werden. Im Spendenmarkt gibt es in der Regel kein Produkt oder keinen Service, mit dem man sich von anderen Wettbewerbern abgrenzen könnte. Viel mehr will man durch die Vermittlung von Werten die Spender überzeugen, das eigene Projekt zu unterstützen. Neben der großen Unterstützung vieler deutscher und internationaler Künstler und Prominente (Kubsova), hat VcA vor allem durch den gestiegenen Mineralwasserverkauf seinen Bekanntheitsgrad gesteigert, was von der Organisation auch problematisch gesehen wird - Offenbar wissen viele der Käufer nicht, was hinter der Organisation steht, wodurch VcA zwar als Marke bekannter wird, aber nicht als Hilfsorganisation. Diese Erkenntnis ist ein wesentlicher Aspekt für die folgende Forschung, der auch im Experteninterview und in der qualitativen Umfrage überprüft wird.
Experteninterview 6. 3
Zweck des Experteninterviews mit dem Kooperationspartner ist es, die Überprüfung und Ergänzung der bisherigen Erkenntnisse aus der Internetrecherche. Ferner ist das Ziel die Prüfung von These ll. und eine Tendenz zu These lll. abzuleiten, die später konkret in einer qualitativen Umfrage untersucht wird (vgl. 6.4).
155
Vorgehensweise 6. 3. 1
In einer früheren Kontaktaufnahme mit der Organisation Anfang
Dezember 2016, wurde die Bereitschaft für eine Kooperation dieser Arbeit, wenn auch in einem geringen Umfang, signalisiert. Das Gespräch wurde mit dem Leiter Marketing & Fundraising, Moritz Meier, per Telefon durchgeführt. Herr Meier ist seit 2011 hauptverantwortlich für das Marketing von VcA zuständig und leitet unter anderem sämtliche digitalen Prozesse, inklusive Spendenaktionen auf der Fundraising-Plattform betterplace.org. Im Vorfeld erhielt Herr Meier bereits einen Fragebogen. Nach diesem Interview wurden es transkribiert, um es mit Herrn Meier vor der Veröffentlichung abzustimmen.
Interview-Leitfaden 6. 3. 2
Der folgende Leitfaden für das Interview beruht auf den bisher
gemachten Erkenntnissen aus der Internetrecherche zu VcA: 1. Eröffnung Allgemeine Fragen zum Hintergrund des Interviewpartners, zur Veröffentlichung der Interview-Inhalte. 2. Informationen zur Organisation
6
Empirische Forschung
Fragen zur Arbeitsweise, Einordnung der Organisationsgröße und Mit-
156
telverwendung für ein besseres Verständnis für die Arbeit und das Organisationsmodell von VcA. 3. Image & Transparenz Einschätzung zum Problem des erhöhten Mineralwasserverkaufs und dem damit verbundenen Bekanntheitsgrad von VcA als Mineralwassermarke in Hinblick auf These lll. 4. Informationen zur Webseite Erfragen von aktuellen Zugriffs- und Nutzungszahlen der Webseite. Des weiteren Einschätzung aktueller Probleme resultierend aus dem veralteten Zustand der Webseite 5. Herausforderungen Ermittlung von Wettbewerbern und tendenzielle Einschätzung zur Entwicklung des Online-Spendenmarkts hinsichtlich These lll. 6. Aufgaben- und Zielstellungen Fragen zum Abgleichen der Aufgaben- und Zielstellung. Definition von Haupt- und Unterzielen. 7. Zielgruppen Ermittlung der verschiedenen Zielgruppen und konkrete Fragen zum demographischen Hintergrund der Hauptzielgruppe.
157
Darstellung der Ergebnisse 6. 3. 3
An dieser Stelle werden zunächst die Ergebnisse zu den einzelnen
Interview-Schwerpunkten zusammengefasst. Danach folgt eine Interpretation der Ergebnisse, die mit den formulierten Thesen abgeglichen werden. Geschäftsmodell und Mittelverwendung VcA ist inzwischen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden aktiv. In Deutschland teilt sich die Organisation in den gemeinnützige VcA de Sankt Pauli e.V., die VcA Stiftung und die VcA GmbH auf, die das Mineralwasser vertreibt. Von den 82 % der generierten Spendengelder, fließen 64 % größtenteils an die Welthungerhilfe, die die Wasserhilfsprojekte in den Entwicklungs- und Schwellenländern realisiert. Werte & Arbeitsweise VcA versteht sich selbst als offenes Netzwerk, bei dem jeder aktiv mitgestalten und seine Ideen einbringen kann. Die Arbeit des Spendensammeln verbindet die Organisation mit Spaß, Lebensfreude und Humor. Image Dabei kommt über die Hälfte der Menschen über das Mineralwasser mit VcA in Kontakt. Das Etikett des Mineralwasser dient u.a. zur Information und Aufklärung. In dieser Hinsicht entwickelt die Organisation momentan Ideen, um das Etikett effizient als eine Art Informa-
6
Empirische Forschung
tions-Flyer zu gestalten.
158
Als Grund für die enorme Steigerung des Wasserverkaufs, fügte Herr Meier an, dass neben der erhöhten Nachfrage der Gastronomen, die sich einen Imagegewinn versprechen (vgl. 6.2.1), es den Menschen leicht fiele, sich bei Konsumprodukten für ein Produkt zu entscheiden, dass gemeinnützige Zwecke verfolgt. Ergebnisse zur Webseite Die Zugriffszahlen der Webseite von VcA stiegen im Vergleich zu 2016 um ca. 40%. Dabei liegt die Zahl der Besucher bei ca. 2.100 pro Tag. Knapp 70% erreichten die Webseite durch eine Direkteingabe der Domain. 20% kamen über Suchmaschinen und 10% über andere Webseiten (inkl. Social Media) auf die Homepage. Momentan verlassen 53% die Webseite schon nach nur einer gesehen Seite wieder (Absprungsrate/Bounce Rate). Das läge unter anderem daran, dass noch viele alte Unterseiten von VcA online sind. Langfristig ist das Ziel, die Absprungsrate auf unter 50% zu bekommen. Die gestaltungstechnischen Defizite werden durch ein veraltetes Content-Management-System begründet, dass kaum eine Aktualisierung und Anpassung der Gestaltung zulässt. Anfang bis Mitte 2018 plane man eine komplette Überarbeitung der VcA-Webseite. Das Generieren von Online-Spenden sieht man als wesentlichen Schwerpunkt, da digitale Medien immer wichtiger werden würden. 2016 wurden
159
210.000€ über Online-Spenden eingenommen11 , die durch die eigene Webseite und Fundraising-Aktionen der Plattform betterplace.org generiert wurden. Allerdings ist das Verhältnis von Webseitenbesuchern und denen, die am Ende auch spendeten relativ gering. Herausforderungen Die Annahme über den Erfolgsfaktoren bzw. Konkurrenz im Wettbewerb des Spendenmarkts wurde bestätigt: Als humanitäre Hilfsorganisation, ist VcA beim Sammeln von Spenden von gesellschaftlichen (Flüchtlingskrise) und naturbedingten Ereignissen bzw. -katastrophen abhängig, da dann Spenden vermehrt an Organisationen gehen, die tagesaktuelle Projekte unterstützen. Auch das Konsumverhalten der Spender spielt eine Rolle, wobei sie sich oft zwischen einer neuen Anschaffung und einer Spende entscheiden müssen. Bei der Frage zum zukünftigen Spendenmarkt, sieht Herr Meier eine große Chance für VcA im Online-Bereich. Außerdem vermutet er, dass in Zukunft immer mehr online gespendet wird. An der täglichen Arbeit des Spendensammelns und der Spendenaktionen soll das jedoch nichts ändern. Man möchte auch in Zukunft vor allem mit Leuten direkt vor Ort zusammenarbeiten. Aufgaben- und Ziele Das Hauptziel an einen neuen Onlineauftritt ist die Generierung von Spenden. Dazu soll auf der Webseite eine stärkere
6
Empirische Forschung
Integration und Vernetzung mit den sozialen Netzwerken stattfinden.
160 11 Gesamtzahl der Spendeneinnahmen unterlagen zum Zeitpunkt der Arbeit noch der Geheimhaltung, 2015 lag der Umsatz bei knapp 1,1 Mio. Euro
Die Webseite soll als Aushängeschild der Organisation Transparenz und Aufklärung bieten und durch eine positive Gestaltung die Lebensfreude von VcA vermitteln. Dadurch soll neben den Online-Spenden die Mitgliederzahl erhöht und die aktuelle Community gestärkt werden. Im Mittelpunkt der Webseite soll die einzigartige und besondere Art und Weise, wie und wo VcA Spenden sammelt stehen: VcA verbindet Spaß und Lebensfreude mit gemeinnütziger Arbeit und arbeitet mit Musikern und Künstlern genau so gerne zusammen wie mit jungen, freiwilligen Mitarbeitern. Der Community-Gedanke ist einer der wichtigsten Werte der Organisation und soll als Leitbild der neuen Webseite dienen. Zielgruppen Die Zielgruppen von VcA unterteilen sich vor allem in Geld- und Zeitspender (freiwillige Mitarbeiter). Bei Online-Spenden möchte man berufstätige Einzelspender (Geldspender) im Alter zwischen 35 und 45 Jahren ansprechen. Dabei ist es das Ziel, die jährliche, durchschnittliche Spendensumme der Deutschen von 150 Euro zu erreichen. Auch jüngere Spender möchte man langfristig motivieren, Geld zu Spenden. Dabei richte man sich jedoch primär mehr an Berufstätige als an Studenten und Auszubildende, die noch kein geregeltes Einkommen haben.
161
Interpretation der Ergebnisse 6. 3. 4
Das Experteninterview gab weitreichende Einblicke in das Ar-
beitsfeld von VcA. Dabei konnten Ergebnisse der Internetrecherche bestätigt werden (Wettbewerber) und die Thesen ll. und lll. hinterfragt bzw. belegt werden: Herr Meier bestätigte die Annahme, dass der steigende Wasserverkauf (18 Millionen verkaufte Wasserflaschen) dazu führt, dass VcA mehr und mehr als Wasseranbieter und nicht als Hilfsorganisation wahrgenommen wird. Bei der Gesamtbetrachtung sieht man, dass VcA eine sehr positive öffentliche Wahrnehmung genießt. Die Erlöse steigern sich von Jahr zu Jahr (vgl. Viva con Agua de Sankt Pauli e.V., 2016) und durch die kreative Diversität der Projekte im In- und Ausland, entwickelt sich die Organisation stetig weiter. Dies hat zur einer erhöhten Aufmerksamkeit geführt, die sich jüngst in der Zahl der Webseitenzugriffe widerspiegelte: Über 60.000 Zugriffe im Monat (Q1, Hochrechnung, vgl. 6.2.4) stellen im Verhältnis zu ähnlich großen NPOs eine immens hohe Zahl da (Altruja 2016). Es lässt sich festhalten, dass sich ein Problem durch die unterschiedliche Wahrnehmung und Kenntnis der Konsumenten des Mineralwassers und der Menschen, die die Arbeit und die Geschichte von VcA kennen, entwickelt hat. Dieses Missverhältnis zu korrigieren und zu kommunizieren
6
Empirische Forschung
ist momenta die größte Herausforderung in der Markenkommunikation.
162
Des weiteren ist man sich einig, dass Online-Spenden in Zukunft eine immer wichtigere Rolle einnehmen wird. An dieser Stelle (vgl. 6.3.5) werden verschiedene Studien zum Online-Spenden herangezogen, um die von Herrn Meier bestätigte Annahme der These lll. weiter zu stärken bzw. zu hinterfragen.
Ergebnisse im Vergleich mit aktuellen Forschungen 6. 3. 5
Altruja ist eine Dienstleistungsplattform, die verschiedene An-
wendungen für das Spendensammeln im Internet (Online-Fundraising) bietet (Altruja, 2016). In der “Online-Fundraising-Studie 2016“ befragte Altruja 1638 Organisationen aus dem DACH-Raum zum Online-Spenden. Momentan generieren gerade mal 14% der befragten deutschen Organisationen den Hauptteil ihrer Spenden über das Internet. Bei der Hälfte der Befragten machten die online generierten Spendeneinnahmen zwischen 0 und 4% aus. Dass dieser Anteil momentan noch gering ist, begründen die Teilnehmer vor allem durch mangelnde Arbeits- bzw. Zeitkapazitäten, was ebenfalls im VcA (vgl. 1.5) der Fall ist. Laut der Studie, glauben 35% der befragten Organisationen aus Deutschland, dass Online-Spenden enorm relevant werden. Im Gesamtergebnis bedeutet das, dass Online-Spenden zusammen mit Förderungen, zweit- bzw. drittwichtigster Kanal zum Spendensammeln wird. Außerdem sind die Spenden direkt über die Webseite mit Abstand der
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beliebteste Weg für das Spenden im Internet, was die Annahme der zukünftigen Wichtigkeit von Online-Spenden (Vgl., 1.4, These lll.) weiterhin stärkt und das Bestreben von VcA für einen neuen Online-Auftritt festigen sollte.
Qualitative Umfrage Erkenntnisse aus dem Experteninterview zur aktuellen Heraus-
6. 4
forderung (Image) und der Zukunft im Online-Spendenmarkt, werden hier qualitativ in Form einer Umfrage getestet. Die Befragung soll Aufschluss über das Internet-Nutzungsverhalten und zur Spendenbereitschaft geben. Außerdem werden die in Kapitel vie analysierten Storytelling-Ansätze der NPO-Webseiten mit anderen verglichen, um so weiteren Aufschluss über die Wichtigkeit von Digital Storytelling im NPO-Bereich zu bekommen.
Vorgehensweise 6. 4. 1
Aufbau und Beteiligung Innerhalb vom 28.03.2017 bis zum
13.04.2017 haben insgesamt 61 Personen an der Online-Umfrage teilgenommen, von denen 48 Personen per E-Mail und 13 über Facebook erreicht wurden. Von den 61 Personen haben 44 die Umfrage vollständig beantwortet (bis auf freiwillige Fragen). Nur diese wurden bei der Auswertung berücksichtigt. Die Umfrage wurde mit dem Umfrage-Tool
6
Empirische Forschung
„SurveyMonkey“ durchgeführt.
164
Ziele der Umfrage In Hinblick auf These l. (vgl. 1.4) , solll die Umfrage in erster Linie Erkenntnisse über die ausgewählten Webseiten bringen, wobei die Wirksamkeit von Digital Storytelling getestet wird. Außerdem sollen Fragen zum Spendenverhalten
Abb. 58: Vorschaubild der Umfrage
weiteren Aufschluss über die Hauptzielgruppe für Online-Spenden (Geldspender, vgl. 6.3.3) geben und die Image-Problematik (vgl. These ll., 1.4), also den Kenntnisstand über die Arbeit der Organisation. Die in 6.3.3 und 6.3.5 belegte Tendenz zu einer größer werdenden Wichtigkeit von Online-Fundraising (vgl. These ll., 1.4), soll durch Meinungen der Befragten belegt bzw. in Frage gestellt werden. Die Verjüngung der Spender ist ein langfristiges Ziel (vgl. 6.3.3) von VcA. Im Hinblick auf die Umfrage wurde dazu die Altersgrenze auf 18 Jahre heruntergesetzt. Aufbau 1. Demografie Zur demografischen Einordnung der Teilnehmer wurden zunächst Geschlecht, Alter und Beschäftigungsstatus abgefragt und zu welcher Lebenseinstellung sie tendieren.
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2. Internetverhalten Zur weiteren Einordnung der Person und Einschätzung zur Wichtigkeit von Social Media gegenüber klassischen Webseiten, wurden Fragen zum täglichen Zeitaufwand und Aufenthaltsort im Internet gestellt. In Hinblick auf die Bedeutung mobiler Endgeräte wurden die Teilnehmer zudem zu ihrer bevorzugten Device-Nutzung befragt. 3. NPOs Im Vergleich zu VcA ist ein Blick auf den Bekanntheitsgrad von anderen Organisation empfehlenswert. Dabei steht im Vordergrund, welche Werte der beliebtesten NPOs für die Teilnehmer entscheidend sind. 4. Spendenverhalten Hier wird untersucht, wie groß die Spendenbereitschaft grundsätzlich ist und inwiefern sie sich im Altersunterschied der Teilnehmer bemerkbar macht. Die Teilnehmer werden befragt, wie für sie der Spendenmarkt der Zukunft aussieht und welche Kanäle sie bevorzugen bzw. was sie zum Spenden motivieren könnte. 5. Viva con Agua Fragen zu VcA sollen weitere Erkenntnisse zur Image-Problematik (6.3.3) bringen. Außerdem werden hier die Berührungspunkte zwischen den Probanden und der Organisation erfragt, um die aktuelle Bedeutung der VcA-Webseite und die Kanäle der sozialen Medien als Anlaufstelle von
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Empirische Forschung
Interessenten zu prüfen.
166
6. Bewertung NPO-Webseiten Der letzte Teil der Umfrage stellt den zentralen Punkt der Umfrage dar: Den Teilnehmern werden vier Webseiten gezeigt, die sie auf Inhalt/Informationsgehalt, Tonalität, Vertrauens- und Glaubwürdigkeit und die User Experience bewerten sollen (1 bis 5 Sterne). Dabei wurden bewusst Webseiten mit Storytelling-Schwerpunkten, wie die Kampagnen-Webseiten von One Warm Winter und #Menschlichkeit steht dir am Besten (vgl. 5.2, 5.4) eingesetzt und Webseiten gegenübergestellt, die nach außen hin, Ansätze des Digital Storytelling verfolgen, jedoch über keine verbindende Geschichte und Persönlichkeit verfügen. Die Teilnehmer sollen danach sagen, ob sie sich vorstellen können, eine der Seiten weiterzuempfehlen und diese Wahl begründen. Da die Umfrage mit 23 Fragen, inklusive der Webseiten-Bewertung, relativ umfangreich war und die Befragten aktiv bis zur letzten Frage an der Umfrage teilnehmen sollten, wurden an einigen Stellen, wo es sinnvoll schien, freiwillige Fragen eingebaut.
Darstellung der Ergebnisse 6. 4. 2
Für die Auswertung der Umfrage wurden die Teilnehmer in die
zwei Zielgruppen von VcA unterteilt. Dazu wurden jeweils die Befragten im Alter von 18 bis 29 Jahren zur jüngeren Zielgruppe (Nebenzielgruppe: Supporter und potenzielle Geldspender) und die 30- bis 45-Jährigen
167
(und älter) als Hauptzielgruppe (Geldspender) zusammengefasst. Außerdem wurde die Hauptzielgruppe um fünf Jahre heruntergesetzt (30 Jahre), da die Zielgruppe von VcA vom Alter, etwas eng gefasst schien (35 bis 45 Jahre). Die Fragen werden mit einem „F“ und der Fragenummer (Bsp.: F1) abgekürzt und verweisen auf die vollständige Umfrage im Anhang. Demografie und Internet-Nutzungsverhalten An der Umfrage nahmen insgesamt 44 Personen teil, die zu 55% weiblich und zu 45% männlich waren (vgl. F1). Auch in den beiden Zielgruppen waren die Geschlechter ähnlich ausgeglichen verteilt. Die Nebenzielgruppe bestand dabei größtenteils aus 24 bis 29-jährigen (vgl. F2, 15 von 17 Personen), während bis auf zwei Personen der Hauptzielgruppe die Befragten zwischen 30 und 45 Jahre alt waren (25 von 27). Im Schnitt lag das Alter aller Beteiligten im Wertebereich 30 bis 35 Jahre. Insgesamt arbeiten drei Viertel der Befragten mehr als 20 Stunden die Woche, wobei - wie aufgrund des Alters zu erwarten war - sich der Großteil von 92% der Hauptzielgruppe und mehr als die Hälfte der Nebenzielgruppe, in einer Teil- oder Vollzeitbeschäftigung mit mindestens 20 Stunden befanden (vgl. F3). Knapp 40% der Nebenzielgruppe studierte zum Zeitpunkt der Umfrage.
6
Empirische Forschung
Bei der Befragung zum häufigsten Aufenthaltsort und der täglichen
168
Verweildauer (vgl. F6, F5) im Internet, unterschieden sich die Zielgruppen nur geringfügig voneinander. Dabei lag der Schnitt der täglichen Internetnutzung bei drei Stunden. In beiden Zielgruppen bewegt sich über die Hälfte vor allem auf den Seiten der sozialen Netzwerke. Jeweils knapp ein Drittel geht gezielt auf Webseiten. Die Nebenzielgruppe ist dabei vor allem abends (53%) bzw. am frühen Abend (29%) aktiv (vgl F7). Knapp die Hälfte der Hauptzielgruppe ist ebenfalls abends am aktivsten (46%). Die Hälfte der Hauptzielgruppe nutzt dafür vorwiegend den Laptop (Computer), während 41% am häufigsten das Smartphone und 2% das Tablet nutzen (vgl. F8). Bei der jüngeren Nebenzielgruppe greifen ungefähr zwei von drei Personen am häufigsten zum Smartphone. Das Tablet wird von keinem der Nebenzielgruppe als bevorzugtes Device genannt. NPOs Jeder der Hauptzielgruppe kennt die Non-Profit-Organisationen Unicef und Greenpeace (vgl. F9), wobei fast bei jedem NPO der Kenntnisstand größer ist als bei der Nebenzielgruppe. Mindestens 80% der Jüngeren kennen vor allem die großen NPOs Unicef, Amnesty International und Greenpeace, wobei 40% Unicef von allen gezeigten Organisationen am ansprechendsten fanden (vgl. F10). Bei der Hauptzielgruppe verteilen sich die Prozentzahlen auf alle NPOs bzw. Kampagnen, bis auf die Kampagne #Menschlichkeit steht dir am Besten (#MSDAB), was wohl unter anderem an dem geringen Bekanntheitsgrad liegt: Insgesamt haben nur sechs von 44 Teilnehmern von der Kampagne gehört (vgl. F9).
169
Das grundsätzliche Vertrauen der Zielgruppen in NPOs ist mäßig und liegt im Schnitt bei 60-70% (vgl. F12). Außerdem sagte kein Teilnehmer aus, dass er NPOs grundsätzlich voll und ganz vertraue. Interessant ist hier vor allem die unterschiedliche Bewertung der Wichtigkeit bestimmter Organisationswerte (vgl. F13). Während die meisten beider Zielgruppen finden, dass Transparenz und Glaubwürdigkeit/ Vertrauenswürdigkeit mitunter die wichtigsten Werte von NPOs sind, unterscheiden sich beide Zielgruppen vor allem im Punkt „Ernsthaftigkeit und Seriosität“: 63% der Hauptzielgruppe sehen unter anderem Ernsthaftigkeit & Seriosität als die wichtigsten Werte von NPOs. Bei der jüngeren Nebenzielgruppe sieht das nur jeder Dritte so. Spendenverhalten/-bereitschaft Während 15% der Hauptzielgruppe angeben, grundsätzlich nicht spendenbereit zu sein, sagte fast jeder der Nebenzielgruppe (16/17 Personen), dass er bereit wäre zu spenden - vorausgesetzt das Projekt ist überzeugend (vgl. F14). Bei der Hauptzielgruppe bevorzugt der Großteil (63%) Online-Spenden (vgl. F16). Zwar ist dieser Spendenkanal auch für die meisten der Jüngeren die erste Wahl (29%), jedoch verteilen sich hier die Werte auch auf die anderen Spendenmöglichkeiten, wie zum Beispiel Freiwilligenarbeit
6
Empirische Forschung
(24%).
170
Was die Zukunft angeht, ist sich dich Mehrheit einig (70% bzw. 59%), dass die Online-Spenden in jeglicher Form, das bevorzugte Spendentool der Zukunft wird (vgl. F15). Außerdem glaubt jeder Dritte, dass Freiwilligenarbeit und jeder Vierte, dass Bargeld-Spenden in Zukunft sehr relevant bleiben. Auf die freiwillige Beantwortung der Frage, ob den Teilnehmern etwas einfiele, was sie zum Online-Spenden motivieren würde oder was allgemein das Prozedere vereinfachen könnte (vgl. F17), wünschten sich 50% der Hauptzielgruppe einen noch einfacheren Spendenprozess. Außerdem spielen Faktoren, wie zum Beispiel die Zweckgebundenheit des Geldes und die Möglichkeit, schnell und einfach auch kleine Beträge spenden zu können, eine Rolle. Viva con Agua Der Anteil der Teilnehmer, die VcA kennen (vgl. F18), ist bei beiden Zielgruppen fast deckungsgleich (62% und 59%). Dabei ist den Teilnehmern VcA aus vielen unterschiedlichen Gründen bekannt unter anderem kennen ein Viertel aller Befragten nur das Mineralwasser, während 18% durch Mund-zu-Mund-Propaganda und nur 7% über die sozialen Netzwerke von der Organisation erfahren haben (vgl. F19). An welchen Orten die beiden Zielgruppen Berührungspunkte (Touchpoints) mit VcA haben oder hatten, ist indes vollkommen unterschiedlich (vgl. F20): Während 81% der Hauptzielgruppe das Mineralwasser als den
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häufigsten Touchpoint angeben, kommt die Nebenzielgruppe vor allem durch die Projekte, Festivals oder andere Events mit der Organisation in Kontakt. Die Personen, die VcA bereits unterstützt haben, nannten vor allem die außergewöhnliche Idee und die nachhaltigen Projekte als Beweggründe (vgl. F21). Bewertung NPO-Webseiten Die Ergebnisse der Webseitenbewertung sind bei beiden Zielgruppen fast deckungsgleich und erzielen die selben Durchschnittswerte (vgl. F22). Dabei fällt die Webseite der Kampagne One Warm Winter in allen Bereich der Bewertung ab (durchschnittlich drei Sterne). Interessant ist jedoch, dass, obwohl die Beantwortung der Frage freiwillig war, immerhin 28% (insgesamt) die Webseite dennoch weiterempfehlen würden. Bei beiden Zielgruppen erklären sich die meisten Teilnehmer bei der Online-Kampagne #MSDAB spendenbereit oder würden sie weiterempfehlen (vgl. F23, 53% bzw. 67%). Die Teilnehmer begründen ihre Wahl dabei unterschiedlich: Die Aktualität der Kampagne spielt eine ebenso große Rolle wie das Gesamtpaket sowie eine gute Aufmachung, die für eine gute Struktur der Organisation spreche. Ein Teilnehmer gab auch an, dass für ihn das Storytelling und die Botschaft bedeutsamer wäre als
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Empirische Forschung
der Webauftritt an sich.
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Interpretation der Ergebnisse 6. 4. 3
Im Hinblick auf die leitende Forschungsthese (vgl. 1.4, These l.),
dass die User-Experience einer persönlichen und wirkungsvoll gestalteten Digital Storytelling-Webseite die Kundenbindung und die Bekanntheit einer Non-Profit-Organisation bedeutend steigern, wurde insofern belegt, dass die meisten der Befragten, sich bei der Kampagnen-Webseite #MSDAB spendenbereit erklärten bzw. sie weiterempfehlen würden und das, obwohl nur nur 6 von 44 Teilnehmern zu Beginn der Umfrage die Kampagne kannten. Dies belegt, wie viel Einfluss die Webseite eines NPOs auf potenzielle Spender haben kann, wenn der Digitalauftritt überzeugend ist. Nicht nur über die Hälfte der Befragten würden die Webseite weiterempfehlen, sondern der Großteil hat seine Wahl damit begründet, dass die Persönlichkeit der Geschichten sie dazu bewegt hatte. Zwar ist die Anzahl der Antworten (der Begründung für pro #MSDAB) vermutlich nicht ausreichend repräsentativ für die Belegung von These l. - Die Ergebnisse zeigen jedoch eine klare Tendenz, dass Digital Storytelling ein enormes Potenzial hat, Nutzer zu begeistern und als Spender zu gewinnen. Die restlichen Teilnehmer begründeten ihre Wahl durch die Aktualität des Themas, was die Aussage von Herrn Meier im Experteninterview betätigt (vgl. 6.3.3), dass sich tagesaktuelle Themen im Spendenverhalten der Nutzer widerspiegeln würden.
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Die Ergebnisse zeigen auch, dass eine gute Umsetzung der Webseite nicht ausreicht, um Nutzer zum Spenden zu überzeugen (siehe Coffee Circle), sondern mit der inhaltlichen Qualität, wie zum Beispiel in Form einer erkennbaren Vision oder einer übergeordneten Geschichte einhergehen muss (vgl. 3.5). Im Fall der Webseite von #MSDAB stimmen beide Faktoren, wodurch man die Befragten begeistern konnte. Dazu lässt sich außerdem festhalten, dass die Ergebnisse zu #MSDAB, die neurowissenschaftlich belegte Annahme (vgl. 4.3.5) bekräftigen, dass Geschichten grundsätzlich besser verarbeitet werden können und länger im Gedächtnis bleiben. Zwei Nutzer merkten zudem explizit an, dass sie es stört, bei der Webseite des Coffee Circle immer wieder zu externen Seiten verlinkt zu werden. Dadurch hätten sie das Gefühl gehabt, auf zwei verschiedenen Webseiten gleichzeitig unterwegs gewesen zu sein. Die Aussagen sind ein klares Indiz dafür, dass die räumliche und visuelle Integration von Webspecials bzw. Kampagnen-Webseiten in den „Kosmos“ der Homepage integriert werden müssen, um einen in sich geschlossenen Eindruck zu erwecken. Es zeigt sich außerdem, dass die Zielgruppen teilweise verschiedene Ansprüche an die Werte von NPOs haben: Während die Werte Glaubwürdigkeit bzw.Vertrauenswürdigkeit, Transparenz und eine erkennbare Vision beide Zielgruppen als Voraussetzung sehen, legt die Hauptziel-
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Empirische Forschung
gruppe ebenso Wert auf die Ernsthaftigkeit bzw. Seriosität einer NPO. In
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Hinblick auf das Praxisprojekt von VcA (vgl. 7.) gilt es, dies in der visuellen Kommunikation zu berücksichtigt. Die geringe Zahl der Umfrageteilnehmer, die über die sozialen Netzwerke von VcA erfahren haben, ist ausbaufähig. Die Voraussetzungen der Social Media-Kanäle der Organisation (vgl. 6.2.3) bieten hier Potenzial, größere Aufmerksamkeit auf eine Kampagne oder die Webseite VcA zu erzeugen. Die These ll. (vgl. 1.4) konnte indes nicht eindeutig belegt werden, wobei ein Viertel der Befragten (die VcA kannten) angab, die Organisation ausschließlich als Mineralwassermarke wahrgenommen zu haben. Fraglich ist hier wie repräsentativ die Zahlen sind: Bei 18 Millionen verkaufen Wasserflaschen (2016, vgl. 6.2.1) könnte eine quantitative Umfrage möglicherweise mehr Erkenntnis bringen. 70% aller Befragten und 78% der Hauptzielgruppe glauben, dass in Zukunft vor allem über Spendenformulare und ähnliche Bezahlsysteme direkt auf den Webseiten der NPOs gespendet wird, wodurch die Prognose von These lll. (Vgl. 1.4) erneut bestätigt wird. Besonders die Hauptzielgruppe bevorzugt dieses Online-Spenden (82%) und wünscht sich einen schnellen und einfachen Bezahlprozess, was im Praxisprojekt in Kapitel sieben berücksichtigt werden sollte.
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Besonders die Nebenzielgruppe zeigte sich erstaunlich spendenbereit (16 von 17 Personen) und das, obwohl 41% Studenten ohne sicheres Einkommen waren. Hier bieten sich langfristig erfolgversprechende Möglichkeiten für VcA, auch jüngere Zielgruppen für Geldspenden zu gewinnen. Dabei sollte beachtet werden, dass die Nebenzielgruppe Onlinedienste und -services vor allem über das Smartphone nutzt und ein responsive Webdesign Voraussetzung für einen erfolgreichen Onlineauftritt ist.
Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 6. 5
Die durch die Literaturrecherche begründeten Forschungsthesen (vgl. 1.4) konnten größtenteils belegt werden. Sie dienen als Grundlage für die Konzeption in Kapitel 7. Die Webseite mit dem Schwerpunkt Digital Storytelling (#MSDAB) konnte am meisten Teilnehmer der qualitativen Umfrage begeistern (vgl. 6.4). Obwohl der Großteil der Nutzer, die Kampagne nicht kannten, erklärten sich über die Hälfte am Ende der Umfrage spendenbereit oder will Freunden davon erzählen. Die Webseite überzeugte die Befragten mit einem gelungenen Einsatz von persönlichen Geschichte, einer ansprechenden und modernen Designsprache und beweist die Wichtigkeit von Digital Storytelling in der heutigen Markenkommunikation von
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Non-Profit-Organisationen.
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Die Webseiten-Bewertung der Umfrage hat außerdem bestätigt (vgl. 3.5), dass ein gutes Webdesign nicht allein zu einer höheren Spendenbereitschaft führen kann (vgl. 6.4). Erst durch das Zusammenspiel mit persönlichen Geschichten, können NPO-Webseiten überzeugend auf den Nutzer wirken. Dabei ist der Hauptzielgruppe neben Kernwerten, wie Transparenz und Glaubwürdigkeit, auch eine erkennbare Ernsthaftigkeit bzw. Seriösität wichtig. Die Nebenzielgruppe zeigte bei der Umfrage eine erstaunlich hohe Spendenbereitschaft, die bei weiterer Etablierung von Online-Fundraising, immer wichtiger werden könnte. Dabei ist zu beachten, NPO-Webseiten und -Anwendungen für alle Endgeräte optimiert sein sollten, um alle Zielgruppe optimal bedienen zu können. Durch die Untersuchungsmethoden (vgl. 6.2, 6.3, 6.4) konnte zudem die, neben dem alltäglichen Spendensammeln, aktuell größte Herausforderung der Organisation VcA erforscht und größtenteils belegt werden. Hinweise hatten bei der Internetrecherche darauf gedeutet, dass zwar die Popularität von VcA momentan immer mehr wächst (vgl. 6.2), jedoch im Verhältnis immer weniger Menschen die Hilfsorganisation und die gemeinnützigen Projekte hinter der Mineralwassermarke VcA kennen. Bei der Umfrage bestätigte sich nur tendenziell die Image-Poblematik. Jedoch sollte vor allem die fachkundige Expertenmeinung des Interviewpartners von VcA (vgl. 6.3) als Anhaltspunkt für die Belegung von These ll. dienen.
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Die Forschung konnte, so weit ging, die These belegen: Bis zu 82% der Umfrageteilnehmer glauben, dass Online-Spenden in Zukunft das wichtigste Mittel im Spendenmarkt sein wird. Neben einer Studie zum Online-Fundraising (vgl. 6.3.5), bestätigte auch Herr Meier im Experteninterview, dass den Online-Spendenkanälen immer größer werdende
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Wichtigkeit zukommt.
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Praxisprojekt
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Einleitung 7. 1
Im Folgenden werden aus den Forschungsergebnissen die Anforderungen der Webseiten-Nutzer von VcA abgeleitet. Die Aufgabe ist nun, einen Entwurf zu präsentieren, ein Erscheinungsbild zu erschaffen, das Seriosität und Ernsthaftigkeit der Arbeit kommuniziert (vgl. 6.4.2) und gleichzeitig die Freude, den Spaß der Arbeit von VcA nach außen zu transportieren (vgl. 6.4.2).
Anforderungen 7. 2
Die Anforderungen an die einzelnen Haupt- und Unterzielgruppen sind zum Teil sehr unterschiedlich. Im Allgemeinem galt es für die Gestaltung und Ansprache (Tonality) der Webseite, einen gesunden Mittelweg zu finden, um eine gewissen Lockerheit und zugleich Verantwortungsbewusstsein bzw. Seriösität zu vermitteln. Es wird davon ausgegangen, dass die Webseite die erste Anlaufstelle ist, um sich Informationen zu VcA einzuholen (6.3.3). Hier ist war Aufgabe, Ansätze zu finden, in welcher Form Digital Storytelling für eine transparente und vertrauenswürdige Kommunikation eingesetzt werden kann. Digital Storytelling kann auch in kleinen Formaten, wie dem Micro Storytelling (vgl. 5.4.2) stattfinden. Dabei kann schon durch kleinen Animationen dem Nutzer viel Aufmerksamkeit gebracht werden, in dem er interaktiv in die Benutzeroberfläche mit einbezogen wird.
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Da die Forschung ergeben hat, dass das oberste Ziel einer neuen Webseite für VcA, das Generieren von Online-Spenden ist, musste im Umkehrschluss aus Sicht des Nutzers gedacht werden und Maßnahmen getroffen werden, die das Spenden auf der Webseite so einfach wie möglich gestalten. Neben einem Bereich, der die einzigartige Geschichte und Projekte von VcA im Digital Storytelling-Stil erzählt, lag also ein weiterer Schwerpunkt der Gestaltung also auf einer prominenten, nutzerfreundlichen Einbindung eines Spendenmoduls (vgl. 6.4.2). Im Hinblick auf die langfristige Entwicklung des Online-Spendenmarkts (6.5), sollte eine neuartige Integration von Spenden auf der Webseite, Nutzer zwischen 18 und 45 Jahren gleichermaßen attraktiv sein. Der Spendertyp „Großspender“ wurde in dieser Arbeit nicht weiter thematisiert, da die strategische Ausrichtung von VcA auf der Zielgruppe der Einzelspender (Geldspender) liegt. Das hat den Grund, dass den Großspendern eine viel größere Zahl an Einzelspendern gegenüberstehen. Bei einer Fokussierung auf die Zielgruppe Großspender, wäre die Mehrheit der Spendeneinahmen auf wenige einzelne Personen oder Unternehmen zurückzuführen. Gibt einer der Großspender seine Unterstützung auf, könnte dies gravierende Einfluss auf die gesamten Spendeneinnahmen eines NPOs haben.
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Dennoch helfen die großzügigen Zuwendungen der Großspender selbstverständlich Organisation, weswegen sich auch diese Zielgruppe durch die neue Webseite angesprochen fühlen soll (vgl. 7.5). Die Recherche im Non-Profit-Bereich hat aufgezeigt, das Virtual Reality zu einer echten Alternative geworden ist, um die Spendeneinnahmen zu erhöhen (vgl. 5.6.3). Allerdings begründete VcA die aktuelle Situation der Webseite bereits mit geringen Kapazitäten im Marketingbereich, was eine Implementierung von VR, trotz günstiger werdenden Produktionskosten, in naher Zukunft eher unwahrscheinlich macht. Der Fokus des Praxisprojekts liegt auf einem realitätsnahen Gestaltungsansatz, der dazu beitragen so soll, dass VcA in naher Zukunft die genannten Ziele (vgl. 6.3.3) erfolgreich umsetzen kann.
Kampagnenidee 7. 3
Im Zuge der momentan steigenden Popularität von VcA (vgl. 6.2.1) wurde im Rahmen dieser Arbeit die Aufklärungskampagne „Mehr als nur Wasser“ konzipiert, die es zum Ziel hat, durch persönliche Geschichten und Interaktivität, potenzielle Spender über die Organisation und die Projekte aufzuklären und zum Spenden zu bewegen. Dazu wird im ersten Schritt versucht, über den gut besuchten (vgl. 6.2.3) Social Media-Kanal von Facebook, Aufmerksamkeit für die interak-
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Praxisprojekt
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veKampagnenseite zu generieren. Auch auf der Startseite wird die Kampagne prominent inszeniert, so dass der Nutzer VcA hautnah und interaktiv erleben kann. Das neue Spendenmodul verknüpft Online-Spenden mit Storytelling und soll zudem den Spendenprozess noch einfacher machen.
Wireframes 7. 4
Der konzeptionelle Entwurf von Webseiten lässt sich in Wireframes festhalten. Sie stellen den groben Auf bau und die Struktur der Webseite dar, wobei die Gestaltungs- und Funktionselemente noch keine Rolle spielen. Neben Wireframing-Tools und Gestaltungsprogrammen, können Wireframes zu Beginn auf dem Papier skizziert werden (vgl. Abb 60). Im Rahmen des Gestaltungsentwurf für VcA wurde zunächst die Startseite konzipiert, bei der die Integration der interaktiven Story (vgl. Abb 61, Nr. 1) und des Spendenmoduls (vgl. Abb 61, Nr. 3) im Vordergrund stehen.
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Abb. 60: Paper-Wireframe
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Neben der manuellen Eingabe von Spenden, sollen auch laufende Spenden von betterplace.org (vgl. Abb 61, Nr. 4) verlinkt werden.
2
Weiterhin sollen Inhalte der Sozialen Medi3
en (vgl. Abb 61, Nr. 5) direkt auf der Startseite zu sehen sein und ein direkter Einstieg in die Projekte (vgl. Abb 61, Nr. 2) von Beginn an, möglich sein.
4
Komplettiert wird der Auf bau des Wirefra-
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mes mit den Spendenaktionen im unteren Bereich der Startseite (vgl. Abb 61, Nr. 6).. Da Wireframes vor allem zu Orientierung während der Konzeptionsphase dienen,
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kann es im Laufe eines Projekts dazu kommen, dass sich die Konzeptionsplanung verändert und Ideen wieder verworfen werden. Zum Beispiel findet sich der Bereich „Spendenaktionen“ im im finalen Gestaltungsentwurf der Startseite (vgl. 7.) nicht wieder, da die Startseite kompakt gehalten werden soll. Abb. 61: Wireframe Starts.
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Praxisprojekt
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Abb. 62: Viewport der neuen Startseite
Die neue Startseite 7. 5
Gestaltungslinie Im Viewport der neuen Startseite lassen sich bereits die ersten grundüberarbeiteten Ansätze erkennen (vgl. Abb. ). Das neue Bildkonzept: Der Tropfen aus dem VcA-Logo wird im auf den Seiten von VcA immer wieder aufgegriffen und als Schlüssel-Gestaltungselement (Key Visual, 7.5, Spendenmodul) verwendet. Zudem sollen Hintegrundflächen im Aquarell-Stil zum einen für fließende Übergänge zwischen den einzelnen Webseiten-Bereichen (Sections) und für ein positives Grundgefühl beim Nutzer sorgen. Sie sind in Anlehnung an das Leitmedium „Wasser“ enstanden.
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Bühne Direkt neben dem Logo (vgl. Abb 63, Nr. 1) befindet sich der Spenden-Button, der
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direkt zum Spenden aufrufen soll. Ein groß3
zügig verwendetes Hintergrundbild, das den Musiker „Marteria“ bei einer Projektreise mit einem kenianischen Mädchen zeigt, leitet die interaktive Kampagnenseite „Mehr als nur
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Wasser.“ ein. Weiter unten (vgl. Abb 63, Nr. 2) bieten „Quicklinks“ den Webseiten-Besuchern schnellen Zugriff auf die wichtigsten Inhalte: 5
„Das ist VcA“ bietet kompakte Informationen zu VcA, damit Nutzer und potenzielle Spende direkt wissen, worum es hier geht. „Spendenaktionen“ dient hier als Sprungmarke zum
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Bereich „Meine Spende“. „Für Unternehmen“: Unternehmen, die nach Unterstützungsmöglichkeiten suchen, werden hier auf eine Unterseite weitergeleitet, die die verschiedenen Möglichkeiten für Unterneh7
men beinhaltet: Großspende, Werbespende oder Spendenaktionen, wie zum Beispiel das Firmen-Mineralwasser gegen VcA-Wasser einzutauschen.
Abb. 63: Startseite
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Praxisprojekt
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Meine Spende Im folgenden Bereich der Webseite „Meine Spende“ wird wiederum auf die Möglichkeit zu spenden aufmerksam gemacht. Das Spendenmodul (vgl. Abb 63, Nr. 3) wird in 7.5, Spendenmodul ausführlich beschrieben. Außerdem hat der Nutzer hier die Möglichkeit aktuelle Spendenaktionen auf betterplace.org nachzuverfolgen und zu unterstützen (vgl. Abb 63, Nr. 4). Wasserprojekte Von der Startseite sollte es außerdem möglich sein, direkt zu den Wasserhilfsprojekten der Organisation zu gelangen (vgl. Abb 63, Nr. 5). Als eines, der aktuell größten Projekte dient hier das Projekt in Uganda als Teaser. Ein kurzer Einleitungstext soll die Projektarbeit in Uganda erläutern. Unterstützt wird dieser Bereich von ausdrucksstarker Fotografie im Hintergrund. Social Media und Aktuelles Direkt unter dem Teaser zu den Wasserprojekten, erscheint ein Social Hub (vgl. Abb 63, Nr. 6), der aktuelle Beiträge aus den Social Media-Kanälen von Facebook, Instagram und Twitter zusammenträgt. Im untersten Bereich wurden aktuelle Nachrichten und redaktionell gepflegte Beiträge positioniert (vgl. Abb 63, Nr. 7). Sie lassen sich auch über das „Flyout“-Menü erreichen (vgl. Abb. 64).
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1
2
3
Abb. 64: Interaktion im Flyout-MenĂź
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Praxisprojekt
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Flyout-Navigation Die in der aktuellen Webseite (vgl. 6.2) noch unübersichtliche Webseiten-Navigation verbirgt sich nun hinter eine Hover-Animation, bei der das Menü initial ausgeblendet ist und die Menüpunkte erst sichtbar werden, wenn man mit dem Mauscursor über das Logo fährt bzw. in die unmittelbare Nähe des Logos kommt (vgl. Abb. 64, Nr. 1 & 2). Weiterhin wurde die Seitenstruktur grob überarbeitet, die auf oberster Ebene mit dem Newsroom ergänzt wurde, der Journalisten und Presselvertretern noch einfacheren Zugang zu Material und Ansprechpartnern liefern. Zudem wurde der Bereich „Aktuelles“ weitestgehend ausgelagert (vgl. Abb. 64, Nr. 7), um auf der Startseite mehr Platz für persönliche Geschichten zu schaffen. Der Bereich „Supporten“ fasst nun alle Unterstützungsmöglichkeiten zusammen (bis auf Einzelspenden: Spenden-Button). Der Punkt „Aktiv werden“ wurde auf die zweite Hierarchie-Ebene „verschoben“ und verlinkt nun auf eine Unterseite, die alle Möglichkeiten für „Supporter“ zusammenfasst. Hover-Animation beim Spenden-Button Fährt man mit der Maus über den Spenden-Button (vgl. Abb. 64,Nr. 3), reagiert dieser mit einer kleinen Interaktions-Animation, wobei sich eine Welle „durch“ den Button bewegt. Diese positiv wirkende Interaktion soll den Nutzer überzeugen auf den Button zu klicken und einen Geldbetrag zu spenden.
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Abb. 65: Das Spendenmodul im Detail
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Spendenmodul Das Spendenmodul stellt das Herzstück der neuen Startseite da: Ein kurzer EInleitungstext fasst noch einmal zusammen, wofür VcA steht (vgl. Abb. 65, Nr. 1). Sollte dies nicht reichen, kommt man über den Link „Viva con Agua in 60 Sekunden“ zum (existierenden) Informationsvideo „Was ist drin?“ (vgl. Viva con Agua, 2016), der die Aktivitäten der Organisation kompakt wiedergibt. Auf der rechten Seite sieht man in Form des Keyvisuals (Tropfen) eine Illustration, die in Verbindung mit einem kurzen Text sowie einem Button „Zur Story“ steht: Über die Bedienungsknöpfe „+“ und „-“ oder die manuelle Eingabe in das dunkelblau hinterlegte Feld, lässt sich der Spendenbetrag ändern. Je nach Betrag, passt sich die Illustration und der Teaser bzw. die Geschichte an (vgl. Abb. 65, Nr. 2). Die Geschichten sind Beispiele von Hilfeempfängern, die VcA dokumentiert und in einem Artikel oder kurzer Reportage auf bereitet hat. Der Button „Zur Story“ verlinkt zur jeweiligen Geschichte, die den Nutzer aufzeigen, was mit dem eingegeben Betrag bereits möglich war und was eine vom Nutzer abgegebene Spende ermöglichen würde. Das neue Spendenmodul sorgt für Transparenz, indem dem Nutzer verbindlich wird, was seine Spende für andere Menschen bedeuten kann, wodurch er einen Bezug zum Projekt bekommt.
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Abb. 67: Viewport der Kampagnenseite
Interaktive Story 7. 6
Die Geschichte um Benjamin Adrion ist außergewöhnlich (vgl. 6.2.1): Er beendet seine Fußballkarriere und gründet stattdessen ein NPO. An diesem Punkt beginnt die Interaktive Story (vgl. Abb 66). Ähnlich, wie bei den gezeigten Beispielen in Kapitel drei (Snow Fall) und fünf (This is our Future) bewegt sich der Nutzer vertikal durch eine Multimedia-Geschichte mit sechs Kapitel, bei der immer wieder auf bereitete Geschichten auftauchen, die den Haupterzählstrang (vgl. Abb 66, durchgezogene schwarze Linie) unterstützen und einen tieferen Einblick in die verschiedenen Aspekte der Geschichte liefern sollen (vgl. 4.3.2, Elastische Erzählstruktur).
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Gestaltungsansatz Um sich visuell vom Erscheinungsbild der Startseite abzugren1
zen, kamen bei der Kampagnenseite andere Schriftarten zum Einsatz (vgl. Abb. 67, Nr. 1). Für die Überschriften wurde ein Font im „Pinselstil“ und für den Fließtext ein Serifenfont verwendet. Der Kampagnen-Slogan
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„Mehr als nur Wasser.“ enstand mit dem Hintergrund um die Image-Problematik, bei der vermutet wird, dass viele Menschen nicht
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wissen, was hinter der Mineralwasser-Marke steckt (vgl. 6.5). Einstieg Dem Nutzer wird zunächst signalisiert, dass er zunächst runterscrollen muss, um mit der Geschichte zu beginnen (vgl. 4
Abb. 67, Nr. 1). Im ersten Kapitel “Die Idee“ wurde auf eine unterstützende Geschichte (Sidekick) verzichtet, um den Nutzer in den zu Beginn einen fließenden Einstieg in die Geschichte zu ermöglichen. Die Chronologie aus dem „Über Uns“-Bereich der aktuellen VcA-Webseite(vgl. 6.2.1) wurde aufgelöst und Abb. 67: Einstieg in die Kampagnenseite
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stattdessen wurden die Kapitel thematisch aufgebaut (vgl. Abb. 66).
Abb. 68: Beispiel-„Fact“ aus Kapitel 5
Im Haupterzählstrang wechseln sich Text und unterstützende Elemente regelmäßig ab. Neben Videos, Bildern in Kombination mit Zitaten (vgl. Abb. 67, Nr. 3) und den prominenten Teasern der Sidekicks (vgl. Abb. 67, Nr. 4), werden immer im Laufe der Geschichte immer wieder sogenannte „Facts“ eingebaut (vgl. Abb. 68). Die Facts sind im Stil einer Collage gestaltet und lockern sie die Geradlinigkeit des zentrierten Fließtext auf. Über integrierte Buttons können sie zu Bereichen, wie zum Beispiel dem Jahresbericht verlinken, siehe Abb. 68. Auf diese Art und Weise könnte man Geschäftszahlen in das Digital Storytelling einbauen und für Transparenz sorgen.
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Spannung Die Aufgabe war es, eine Kon-
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zept für die interaktive Story zu kreiren, das zum einen den Nutzer begeistert und gleichzeitig in angemessener Zeit zu konsumieren ist. Zunächst wird mit der Enste-
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hungsgeschichte begonnen, wo zunächst das Bewusstsein für die Problematik der Wasserknappheit in den Entwicklungs- und Schwellenländern geschärft werden soll Danach wird der zentrale GemeinschaftsGedanke beschrieben (vgl. Abb. 66). Die
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Spannung soll mit dem Auf bau der Geschichte steigen und soll ihren Höhepunkt mit den beiden folgenden Kapitel „Alle für Wasser, Wasser für Alle.“ und „VcA Featuring...“ erreichen. 4
Sidekicks Die Sidekicks sollen den Nutzer tiefer in die Thematik der einzelnen Kapitel eindringen lassen (vgl. Abb. 69). Im Kapitel vier wird in dazu die Projektreise nach Uganda mit den Künstlern „Marteria“ und „Maeckes“ nach poträitiert: Mit einem Klick Abb. 69: Auschnitt aus dem Sidekick
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Praxisprojekt
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auf den Teaser (vgl. Abb. 70) gelangt man zur Multimedia-Geschichte, die die beiden
Künstler beim Musik-Videodreh mit ugandischen Künstlern zeigt. Scrollytelling Die Gestaltung der Sidekicks ist ähnlich wie der Haupterzählstrang aufgebaut, allerdings wurden hier Designelemente verändert oder anders angeordnet, damit eine klare Trennung zwischen dem
Abb. 70: Sidekick-Teaser im Haupterzählsrang
zentralen Erzählstrang und den Sidekick statfindet: Das Headerbild (vgl. Abb. 69, Nr. 1) ist schmaler und der Titel steht hier auf dem Bild. Zudem sind die Inhalte zweispaltig angeordnet (vgl. Abb. 69, Nr. 2). Im Bereich unter dem Headerbild, bis zum Musikvideo (vgl. Abb. 69, Nr. 1) wird ein Parallax-Effekt eingesetzt, so dass der Text erheblich schneller scrollt, als die Bilder in der rechten Spalte. Ist das Ende erreicht, erscheint zunächst der Titel des Musikvideos. Abb. 71: Musikvideo im Sidekick
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Abb. 52: VcA im Facebook Canvas-Look
Social Media 7. 7
Wie in 4.6.3 bereits erwähnt, eignet sich das Werbeformat Facebook Canvas für das Mobile Storytelling in den soziale Medien. Über den Editor können die Inhalte der Kampagne „Mehr als nur Wasser.“ eingebaut werden und eine abgespeckte Variante der interaktiven Story abgebildet werden, die wiederum auf die vollumfängliche Kampagnenseite verlinkt.
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Praxisprojekt
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211
Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Kapiteltrenner 1, Kenianischer Junge........................................................ 10 http://www.paulripke.de/photo/kibera-kenia/
Abb. 2 Webseite von Viva con Agua ......................................................................... 14 http://www.vivaconagua.org/
Abb. 3 Kapiteltrenner 2, Ken Burns.......................................................................... 20 http://www.kenburnsprize.com/press/
Abb. 4 Daniel Meadows................................................................................................. 30 http://pro.magnumphotos.com/image/LON28295.html
Abb. 5 The convergence of digital storytelling in education........................... 35 Robin, 2008
Abb. 6 Screenshot aus der Kampagne „Why so serious?“.................................. 45 http://www.dailymotion.com/video/xqq84q_why-so-serious-a-marketing-transmedia-campaign-case-study_shortfilms
Abb. 7 Screenshot aus der Kampagne „Why so serious?“.................................. 45 Abb. 8 Kapiteltrenner 3, Snow Fall..................................................................... 48-49 http://www.nytimes.com/projects/2012/snow-fall/
Abb. 9 Derek Boogaard............................................................................................ 54-55 https://www.nytimes.com/video/sports/100000002879034/punched-out-the-death-of-derek-boogaard.html
Abb. 10 Handschrift Derek Boogaard......................................................................... 57 http://www.nytimes.com/2011/12/04/sports/hockey/derek-boogaard-a-boy-learns-to-brawl.html
Abb. 11 Interaktives Video, Punched Out................................................................. 58 http://www.nytimes.com/interactive/2011/12/04/sports/hockey/boogaard-video.html
Abb. 12 3D-Animation in Snow Fall............................................................................ 68 http://www.nytimes.com/projects/2012/snow-fall/#/?part=tunnel-creek
Abb. 13 Parallax-Effekt................................................................................................... 70 http://www.nytimes.com/projects/2012/snow-fall/#/?part=tunnel-creek
Abb. 14 Editorial Storytelling....................................................................................... 72
Abbildungsverzeichnis
Eigene Gestaltung bzw. Zusammenstellung diverser Web-Templates
212
Abb. 15 Snapchat Discover............................................................................................ 76 Snapchat: Daily Mail (iOS App)
Abb. 16 Snapchat Vorreiter für CNN Politcs und Airbnb Experiences............ 77 Snapchat (iOS App) , CNN Politcs (iOS App), Airbnb (iOS App)
Abb. 17 Spotify „Year in Music“................................................................................... 81 https://www.theverge.com/2015/12/7/9860318/spotify-year-in-music-streaming-2015
Abb. 18 Lieblingslieder in „Year in Music“............................................................... 82 http://www.dailymail.co.uk/sciencetech/article-3349289/Spotify-s-Year-Music-revealssongs-streamed-2015-Tool-shows-favourite-tracks-artists-days-ve-spent-listening-them. html
Abb. 19 Feedback auf Twitter....................................................................................... 83 http://spotifyyearinmusic2015.squarespace.com/
Abb. 20 Landingpage BeoSound 35.............................................................................. 84 http://www.bang-olufsen.com/de/collection/wireless-speaker-systems/beosound-35
Abb. 21 Interaktion BeoSound 35................................................................................ 85 http://www.bang-olufsen.com/de/collection/wireless-speaker-systems/beosound-35
Abb. 22 Produkt-Webseite „H4 Unfiltered“.............................................................. 86 https://www.beoplay.com/landingpages/beoplayh4
Abb. 23 Geschichten rund um Produkte................................................................... 88 http://www.bang-olufsen.com/de/stories
Abb. 24 Webseite „AiMEN“........................................................................................... 90 http://www.aimen.io/en/
Abb. 25 Tidal „Chains“..................................................................................................... 91 https://chains.tidal.com/
Abb. 26 Gesichtserkennung in auf „Chains“............................................................ 92 https://chains.tidal.com/
Abb. 27 Ausschnitt „Eskapismus“................................................................................ 93 http://www.cssdesignawards.com/sites/eskapismus-110-magazin/29968/
Abb. 28 Kapiteltrenner 4, Schritte.............................................................................. 96 Unsplash.com
Abb. 29 Lineares Storytelling.................................................................................... 100 Eigene Gestaltung
213
Abb. 30 Parallele Erzählstruktur.............................................................................. 102 Eigene Gestaltung
Abb. 31 Konzentrische Erzählstruktur.................................................................. 103 Eigene Gestaltung
Abb. 32 Elastische Erzählstruktur........................................................................... 103 Eigene Gestaltung
Abb. 33 Fakten vs. Geschichten................................................................................. 107 http://www.wissenskurator.de/wp-content/uploads/2016/02/aktivierte_hirnregionen.jpg
Abb. 34 Menüführung „Argentinien. Das schönste Land der Welt.“............. 113 http://argentina.arte.tv/de/#/carte-semantique
Abb. 35 Hinweissuche in „Prison Valley“............................................................... 114 prisonvalley.arte.tv
Abb. 36 Snapchat, Facebook Live Video und Facebook Canvas Ad................. 116 Diverse Quellen
Abb. 37 Geofilter Bernie Sanders............................................................................. 118 http://www.disruptiveconversations.com/2016/02/bernie-sanders-advertising-on-snapchat-before-nh-presidential-primary.html
Abb. 38 Facebook Canvas Ad...................................................................................... 119 https://www.youtube.com/watch?v=dPpJ1KXoExI
Abb. 39 Kapiteltrenner 5, Ban Ki-moon mit VR........................................... 120-121 https://d3n8a8pro7vhmx.cloudfront.net/citizenadvisor/pages/37/attachments/original/1434488702/SG_VR_4.JPG?1434488702
Abb. 40 #Menschlichkeit steht dir am Besten..................................................... 123 menschlichkeit.de
Abb. 41 #MSDAB............................................................................................................ 124 menschlichkeit.de
Abb. 42 Geschichte von #MSDAB............................................................................. 125 menschlichkeit.de
Abb. 43 „The Nature Conservancy“.......................................................................... 127 conserveca.org
Abb. 44 Startseite.......................................................................................................... 128
Abbildungsverzeichnis
conserveca.org
214
Abb. 45 Interactive Story............................................................................................ 130 conserveca.org
Abb. 46 Spendenformular mobil............................................................................... 131 conserveca.org
Abb. 47 Kampagne „One Warm Winter“................................................................. 133 onewarmwinter.org
Abb. 48 Kampagnenseite............................................................................................. 134 onewarmwinter.org
Abb. 49 Interaktivität des Spendenmoduls........................................................... 135 onewarmwinter.org
Abb. 50 Kampagne „#LastSelfie“ auf Snapchat.................................................... 136 justforthis.com
Abb. 51 VR-Projekt „The Source“............................................................................. 139 http://test.3dpaint.com/
Abb. 52 VR-Projekt „Clouds Over Sidra“................................................................ 140 http://dragons.org/creators/chris-milk/work/the-united-nations-clouds-over-sidra/
Abb. 53 VR im Desktop-Browser.............................................................................. 142 http://dragons.org/creators/recent-work/work/the-united-nations-my-mothers-wing/
Abb. 54 Kapiteltrenner 6, iPad Mockup.......................................................... 144-145 Eigene Gestaltung
Abb. 55 VcA-Startseite................................................................................................. 150 http://www.vivaconagua.org/
Abb. 56 Bereich „Über Uns“........................................................................................ 152 http://www.vivaconagua.org/ueberuns
Abb. 57 Hohe Foto-Qualität auf Instagram........................................................... 154 https://www.instagram.com/p/BSnrekoB1Fx/?taken-by=vivaconagua&hl=de
Abb. 58 Vorschaubild der Umfrage........................................................................... 165 Eigene Gestaltung
Abb. 59 Kapiteltrenner 7, Marteria................................................................... 180-181 http://www.paulripke.de/photo/kibera-kenia/
215
Abb. 60 Paper-Wireframe............................................................................................ 185 Eigene Gestaltung
Abb. 61 Wireframe Startseite.................................................................................... 186 Eigene Gestaltung
Abb. 62 Viewport der neuen Startseite.................................................................. 187 Eigene Gestaltung
Abb. 63 Startseite in Vollansicht.............................................................................. 188 Eigene Gestaltung
Abb. 64 Interaktion im Flyout-Menü....................................................................... 190 Eigene Gestaltung
Abb. 65 Abb. ??: Das Spendenmodul im Detail.................................................... 192 Eigene Gestaltung
Abb. 66 Interaktive Story mit elastischer Erzählstruktur: ............................ 194 Eigene Gestaltung
Abb. 67 Einstieg in die Kampagnenseite................................................................ 196 Eigene Gestaltung
Abb. 68 Beispiel-„Fact“ aus Kapitel 5....................................................................... 197 Eigene Gestaltung
Abb. 69 Auschnitt aus dem Sidekick........................................................................ 198 Eigene Gestaltung
Abb. 70 Teaser für den Sidekick............................................................................... 199 Eigene Gestaltung
Abb. 71 Musikvideo im Sidekick............................................................................... 199 Eigene Gestaltung
Abb. 72 VcA im Facebook Canvas-Look................................................................... 200
Abbildungsverzeichnis
Eigene Gestaltung
216
Transkription des Experteninterviews 1. Eröffnung Frage 1.1 Fritz Waldhecker: Hallo Moritz, bitte stelle dich doch kurz mit deinem Namen und deinen Aufgaben bei Viva con Agua vor. Moritz Meier: Ich bin seit über fünf Jahren bei Viva con Agua aktiv und bin als Leiter für das Marketing und Fundraising zuständig.
Frage 1.2 FW: Bist Du damit einverstanden, dass a) dieses Gespräch aufgezeichnet und b) die Inhalte im Rahmen meiner Bachelorarbeit veröffentlich werden? MM: Grundsätzlich, ja. Bitte schicke sie mir vor der Veröffentlichung noch einmal vorab zur Abstimmung.
2. Informationen zur Organisation Frage 2.1 FW: Klären wir kurz ein paar allgemeine Fragen zum Geschäftsmodell und zu eurer Mittelverwendung. Wie würdet ihr selbst euer Modell beschreiben und wohin fließen die generierten Spenden-Einnahmen eurer Organisation? MM: Inzwischen handhaben wir das so, dass alle generierten Gelder aus den Spendenaktionen, dem Online-Fundraising und den Lizenzeinnahmen des Mineralwassers, in einen großen Top kommen und von da aus gingen 2016 82% in die Projektarbeit, von denen wiederum 64% in die Auslandsprojekte geflossen sind. Der Großteil davon, geht dabei an die Welthungerhilfe, die unsere Projekte im Ausland umsetzt. Die restlichen 18% wurden in die Verwaltung und Öffentlichkeitsarbeit bzw. Fundraising-Maßnahmen investiert. Des weiteren teilt sich Viva con Agua in den gemeinnützigen Verein Viva con Agua de Sankt Pauli e.V., die Viva con Agua Stiftung und Viva con Agua GmbH auf, die das Mineralwasser vertreibt. Von den Einnahmen des Wasserverkaufs, gehen 20% an den Verein
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und ein Großteil an die Viva con Agua Stiftung. Der Rest geht an Investoren, die neue Geschäftsmodelle, wie „Goldeimer“ entwickeln.
Frage 2.2 FW: Wie würdest du die Werte und Arbeitsweise der Organisation beschreiben? MM: Viva con Agua versteht sich selbst als offenes Netzwerk. Wir versuchen, die tägliche Nachhaltigkeitsarbeit mit Spaß und Humor zu verbinden und lieben die Arbeit mit jungen Menschen, die sich engagieren wollen. Unser Ziel ist es, dass irgendwann jeder auf der Welt Zugang zu sauberen Trinkwasser hat! Inzwischen haben wir eine Basis von 12.000 freiwilligen Mitarbeitern, die uns in Deutschland, der Schweiz, Österreich und jüngst auch in den Niederlanden unterstützen. Darauf sind wir stolz und das wollen wir fortführen. Bei uns gibt es keine Einstiegsbarrieren - jeder kann teilhaben. Ich denke, dieser Community-Gedanke und die Offenheit für Mitgestaltung zeichnet uns aus.
3. Image & Transparenz Frage 3.1 FW: Ich habe kürzlich gelesen, dass der steigende Verkauf eures Mineralwassers dazu geführt hat, dass eine Art Ungleichgewicht entstanden ist, zwischen den Leuten, die euch als junge, verantwortungsvolle Hilfsorganisation kennengelernt haben und denen, die denken, dass Viva con Agua ausschließlich Mineralwasser verkauft und eure Geschichte überhaupt nicht kennen. Ist das wahr? Und wenn ja, plant ihr schon irgendwelche Maßnahmen, um dieses Ungleichgewicht auszugleichen? MM: Ja, das stimmt. Das mit dem Mineralwasser-Verkauf hatten wir so nicht erwartet. 2016 haben wir über 18 Millionen Flaschen Viva con Agua-Wasser verkauft und eigentlich möchten wir ja die Leute dazu bewegen, Leitungswasser zu trinken. Wenn sie dann schon Mineralwasser kaufen, sollte es aber unseres sein. Aber ja, die Situation ist uns bewusst. Wir planen hinsichtlich des Flaschenetiketts auch schon was. Schließlich ist das Etikett beim Mineralwasser, wie ein Flyer zu sehen, den
Experteninterview
man in die Hand gedrückt bekommt.
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Frage 3.2 FW: Wisst ihr, wie ihr zu diesem Wachstum gekommen seid? MM: Die Entscheidung, unser Wasser zu kaufen, fällt den Leuten anscheinend leicht, da über diesen Weg sehr einfach gemeinnützige Unterstützung stattfinden kann - Vorausgesetzt der Kunde weiß, dass unser Wasser auch einen nachhaltigen Zweck hat!
Frage 3.3 FW: Wie sind den generell eure Berührungspunkte mit potenziellen Spendern verteilt? MM: Das lässt sich schwer sagen und nur grob schätzen. Wir glauben, dass etwas weniger als die Hälfte der Menschen, durch alle generischen Touchpoints, also die Webseite, Flyer, Medien und Presse und die Spendenaktionen, auf uns aufmerksam werden. Der Rest findet uns über die Mineralwasser-Merke.
4. Informationen zur Webseite Frage 4.1 FW: Kommen wir zum Online-Auftritt von Viva con Agua. Zunächst einmal würde ich gerne wissen, wie viele Leute pro Tag die Viva con Agua-Homepage besuchen und von welchen anderen Seiten sie auf eure Webseite gelangen? MM: Die Besucherzahl steigt momentan enorm. Im letzten Quartal (Q1/2017) hatten wir über 2.100 Besucher pro Tag, wogegen der Schnitt 2016 bei knapp 1.300 Besuchern pro Tag lag. Die Auswertung zeigt, dass momentan ca. 70% über die Direkteingabe (vivaconagua.org) zu uns kommen, was ein sehr guter Wert ist. 20% erreichen uns über Suchmaschinen und die restlichen 10% über andere Webseiten, inklusive Social Media.
Frage 4.2 FW: Gut, wie sieht es mit der Verweildauer aus - wie hoch ist die Absprungsrate (Bounce-Rate) der Nutzer? MM: Das ist gerade unser Problem. Momentan verlassen 53% unserer Webseiten-Besucher, die Webseite nach einer angesehen Seite wieder. 2016 waren es sogar 57%. Bei unserer Startseite liegt der Wert bei 44%, der hohe Wert von 53% liegt auch daran,
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dass momentan noch viele ältere Unterseiten online sind. Wir wollen den Gesamtwert der Bounce-Rate unter 50% bekommen.
Frage 4.3 FW: Welche Gründe habt ihr dafür ausgemacht? Nachdem ich mir ausführlich eure Seite angeguckt habe, finde ich, dass eure tolle Arbeit und der Community-Gedanke noch viel zu wenig zum Vorschein kommen - Wie siehst du das? MM: Das sehen wir auch so. Hinter der Seite liegt zurzeit noch ein veraltetes Content-Management-System, bei dem sich nur wenig anpassen lässt und bei dem wir so gut wie keine Gestaltung vornehmen können. Wir planen langfristig dieses Thema anzugehen und die Webseite grundlegend zu überarbeiten. Dies wird voraussichtlich Anfang/Mitte 2018 der Fall sein.
Frage 4.4 FW: Wie wichtig ist die Webseite, im Hinblick auf die Generierung von Spenden? MM: Sehr wichtig. Wir sind auf Spenden genau so angewiesen, wie auf die Arbeit von Freiwilligen und natürlich sehen wir auch die Entwicklung und den Trend hin zum Digitalen.
Frage 4.5 FW: Kannst du sagen, wie viel Geld über die Online-Spenden eingenommen wurde und wie die Zahl im Verhältnis zu den Gesamteinnahmen steht? MM: Insgesamt haben 2600 Online-Spenden 210.000€ erzielt, das heißt über die Spendenplattform betterplace.org und über unser Spendenformular. Die Conversion-Rate (Verhältnis zwischen allen Besuchern der Seite und den Besuchern, die am Ende spendeten) lag dabei bei 0,0055% - das ist ausbaufähig.
5. Herausforderungen Frage 5.1
Experteninterview
FW: Bei der Recherche konnte ich auf den ersten Blick keinen echten Wettbewerber
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erkennen, auch, weil es kein Produkt in dem Sinne gibt, durch das man sich von anderen abheben kann. Gibt es für euch direkte Konkurrenten? MM: Tatsächlich sind wir mehr von gesellschaftlichen und naturbedingten Ereignissen abhängig. Zum Beispiel spiegeln sich Umweltkatastrophen oder aktuell die Flüchtlingskrise in der Spendenbereitschaft der Leute wieder. Auch das Konsumverhalten der Leute spielt eine Rolle - Oft entscheiden sich die Leute zwischen einer neuen Anschaffung und einer Spende. Da zählt dann die Überzeugung.
Frage 5.2 FW: Momentan nehmt ihr viel Geld über eure Spendenaktionen ein. Wie siehst du das in der Zukunft? Denkst du Spendenmarkt wird bald vor allem im Internet stattfinden? MM: Wir wollen auch noch in der Zukunft viel vor Ort machen und mit Leute direkten Kontakt suchen. Aber wir sehen im Online-Bereich eine große Chance. Ich glaube, dass hier in den nächsten Jahren eine Verschiebung zum Online-Markt stattfindet.
6. Aufgaben- und Zielstellungen Frage 6.1 FW: Kommen wir zu der Aufgabenstellung bzw. den konkreten Anforderungen an eine neue Webseite. Zunächst einmal, worin siehst du konkrete Schwächen der aktuellen Webseite, die Beschränkungen des CMS mal außen vor gelassen? MM: Wir wollen die Webseite in Zukunft verstärkt nutzen, um Online-Spenden zu generieren. Das ist unser Hauptziel. Dafür wollen wir eine stärkere Verbindung zu den sozialen Netzwerken auf bauen. Langfristig würden wir gerne die Webseite redaktionell pflegen und regelmäßig Inhalte zu unseren Projekten zeigen. Unsere Werte und Arbeit sollen sich in der Webseite widerspiegeln, das heißt, der neue Auftritt muss Spaß machen und Freude verbreiten. Im Non-Profit-Bereich ist die Webseite außerdem immer noch ein wichtiger Anhaltspunkt für Transparenz und Aufklärung. Wir wollen nicht nur unsere Mitglieder halten, sondern unsere Projekte stärker kommunizieren und somit neue Leute für Viva con Agua begeistern!
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Frage 6.2 FW: Gibt es Ansätze, für einen thematischen Schwerpunkt des neuen Digitalauftritts? MM: Das Format der Organisation und die Umsetzung unserer Projekte ist in der Form einzigartig. Die Verbindung aus dem Verein und der Projektarbeit im Ausland, zusammen mit der Viva con Agua GmbH und den Inlandsprojekten aus der Stiftung, wie zum Beispiel der Millerntor Gallery -alles miteinander verknüpft durch soziales Engagement, Musik, Kultur und vor allem Spaß an der Sache- so was hat es bisher noch nicht gegeben.
7. Zielgruppen Frage 7.1 FW: Welche Zielgruppen möchtet ihr in Bezug auf Online-Spenden ansprechen? MM: Grundsätzlich wollen wir auch jüngere Menschen motivieren, Geld zu spenden, wissen aber, dass das oft aufgrund geringer Einkommen als Student oder Auszubildender nicht möglich ist. Das verstehen wir auch absolut. Deshalb bieten wir jüngeren vor allem sich sozial zu engagieren. Bei berufstätigen in diesem Alter sieht das schon wieder anders aus. Gerade, wenn man keinen Zeit hat, sich zu engagieren und über ein Gehalt verfügt, das eine Spende zulässt, möchten wir die junge Zielgruppe für Viva con Agua gewinnen Was die Online-Spenden angeht, visieren wir hier berufstätige Einzelspender an, die ungefähr zwischen 35 und 45 Jahren alt sind. Aktuell spendet der Deutsche im Schnitt 150 Euro pro Jahr. Diesen Betrag soll für Viva con Agua gespendet werden! FW: Moritz, vielen Dank für deine Zeit und die Informationen! Ich hoffe, dass mein Konzept euch gefallen wird und ihr darauf zurückgreift. Für die Zukunft alles Gute!
Experteninterview
MM: Dir auch vielen Dank und viel Erfolg!
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Anhang
Auswertung der qualitativen Umfrage
Qualitative Umfrage
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