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SCHULE IN ZEITEN VON CORONA
Anfang des Jahres wurde Julia Frank Vorsitzende des Frankfurter Stadtelternbeirates (SEB). Doch Zeit, sich in Ruhe einzuarbeiten, blieb den der Mutter kaum. Denn kurze Zeit später schwappte die Corona-Pandemie nach Europa und zwang Tausende Frankfurter Schüler*innen in den Heimunterricht. Plötzlich war die frisch gewählte SEB-Vorsitzende mit ganz anderen Problemen und Herausforderungen konfrontiert, als jenen, denen sie sich eigentlich widmen wollte.
Die Situation der Eltern war in den letzten Monaten aufgrund des Lockdowns eine sehr schwierige. Wie haben Sie diese erlebt? Die Lockdown-Monate waren für die Eltern eine sehr aufreibende Zeit und gens oft schon um 6 Uhr angefanhortenbildung und Maskenpflicht viele sind an die Grenzen ihrer Begen zu arbeiten, da ich meine Arbeit in festgelegten Bereichen, aber man lastbarkeit geraten. Es lief vollkomfür mehrere Stunden unterbrechen darf nicht vergessen, dass zum Zeitmen unkoordiniert, die Schulleimusste, sobald wir mit dem „Homepunkt des Lockdowns noch nicht getungen und Lehrer*innen sind nicht schooling“ angefangen haben. nügend Belastbares über den Virus oder nur sehr spät mit Informationen und die Verbreitung bekannt war. Besonders kritisch aus heu›› Ich fand es zu Hause cool, weil ich länger tiger Sicht ist zu sehen, dass ausschlafen und die Aufgaben in Ruhe ganze Schülergruppen teilweise nicht mehr angebunmachen konnte, aber ich konnte meine den worden, wie z.B. KinFreunde nicht treffen. ‹‹ Patrick (10) der, die keine Endgeräte oder Internet zu Hause haben oder die Kinder mit versorgt worden und konnten so naBildung versus Gesundheit. War Förderbedarf. Hier hat die Bildungstürlich auch den Schüler*innen und die Schließung der Schulen und gerechtigkeit stark gelitten und hier uns Eltern keine ausreichenden und Kitas aus Ihrer Sicht wirklich notmuss dringend gehandelt werden. für alle Schülergruppen angemeswendig? Welche Alternativen wäGerade die Kinder mit Förderbesenen Lösungen bieten. Ich selbst ren vorstellbar gewesen? Aus darf müssen wir jetzt im Auge haben, war mit meinen Kindern sieben Woheutiger Sicht kann man sicherdenn hier ist jeder Fall verschieden chen zu Hause isoliert und habe morlich Alternativen aufzählen, wie Kound es muss unbedingt individuell
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WENN DAS LACHEN VERGEHT Schule in Zeiten von Corona
Kitas und Schulen schlossen von heute auf morgen. Studieren nur noch online. Letzteres klappte gut, als im März der Lockdown ausgerufen wurde. In den Schulen allerdings war eine lange vernachlässigte Problemstellung zu spüren, die mangelnde Digitalisierung. Nun haben die Schulen wieder geöffnet. FRIZZ Das Magazin sprach mit der Vorsitzenden des Stadtelternbeirats, Julia Frank, um die derzeitige Situation in den Schulen zu beleuchten.
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›› Interview: Heidi Zehentner
auf die Schüler*nnen und ihre Situation eingegangen werden.
Ein großer Kritikpunkt an Lehrer *innen und Schulen war die mangelnde digitale Zusammenarbeit mit den Schüler*innen. Was könnte der Grund hierfür sein? Ich halte die pauschale Kritik an den Lehrer*innen hier grundsätzlich für unangebracht. Es gibt gewiss „schwarze Schafe“, die untergetaucht sind und die Schüler*innen weitestgehend im Stich gelassen haben, aber der Großteil der Lehrer*innen hat alles in ihrem Bereich mögliche getan, um den Unterricht am Laufen zu halten. Es gibt auch viele Beispiele von Lehrkräften, die Tag und Nacht gearbeitet haben, um ganze Schulen von heute auf morgen digital anzubinden und alle Schüler*innen in Schulportal, Moodle, Teams etc. einzupflegen. Die Kritik hierbei muss daher in Richtung Landes- und Stadtpolitik gehen. Weder technische Ausrüstung noch pädagogische Konzepte standen – und stehen – den Schulen zur Verfügung. Die Pandemie zeigt somit ganz klar die Versäumnisse der letzten Jahre auf.
Stichpunkt Digitalisierung: Was muss passieren, um nicht nur bei ähnlichen Szenarien, wie sie uns das Coronavirus aufgezwungen hat, Bildung auch zuhause zu gewährleisten? Die Digitalisierung hat Deutschland um viele Jahre verschlafen und die Stadt Frankfurt ist bis heute nicht aufgewacht. Wir diskutieren seit Monaten mit dem Bildungsdezernat über das Umsetzen der WLAN-Anschlüsse für alle Schulen und hören immer weitere Ausreden, warum dies nicht innerhalb der nächsten zwölf Monate erfolgen kann. In anderen Städten/Bundesländern wird das „outgesourced“ und die Stadt Frankfurt versucht dies, mit ein paar Leuten im Amt umzusetzen. Warum können wir nicht in einem Schritt komplett alle Schulen ausschreiben und das professionell von außen inklusive Wartungsvertrag umsetzen lassen? Wenn die Stadt das selbst macht, freue ich mich schon auf die Wartungsverzögerung, wenn mal etwas nicht funktioniert. Ähnliches gilt für die digitale Ausstattung. Andere Kreise und Städte in Hessen haben neben Desktops und Laptops auch Tablets für den Unterricht angeschafft. Dies wird den Frankfurter Schulen verweigert. Gerade die Lehrer*innen aus dem naturwissenschaftlichen Bereich bevorzugen aber diese Geräte, da man viel flexibler im Unterricht arbeiten kann.
Nun sind die Schulen wieder geöffnet. Welche Maßnahmen zum Schutz von Lernenden und Lehrenden wurden unternommen und reichen diese aus Ihrer Sicht aus? Die Schulen haben sich bestmöglich durch Hygienekonzepte vorbereitet, aber es obliegt der oder dem Einzelnen, inwiefern diese Konzepte eingehalten werden können. Auch hier zeigt die Pandemie die Versäumnisse der letzten Jahre auf. Der Sanierungsstau macht manches gut durchdachte Konzept zunichte. Nachbessern muss man hier auf jeden Fall an einigen Schulen. Fenster, die sich nicht öffnen lassen, verhindern die vorgeschriebenen Stoßlüftungen. Allerdings lässt sich auch hier kurzfristig nur schwer Einfluss nehmen und gerade die zweiwöchige Maskenpflicht war als Thema bei einigen Eltern sehr emotional besetzt. Was würden Sie sich als Fürsprecherin der Frankfurter Eltern, aber auch als Mutter von der Stadtregierung wünschen, um die Situation in den Schulen einfacher und sicherer zu machen? WLAN-Umsetzung hier, jetzt und heute und nicht erst 2024. Das Thema muss bis Ende 2021 abgeschlossen sein. Bereitstellung von pädagogischen Konzepten – abgestimmt auf die Bedürfnisse der einzelnen Schulen. Professionelle Unterstützung der Schulgemeinden von außen. Lehrer*innen sollen in erster Linie ihre Zeit und Energie für qualitativ hochwertigen Unterricht, sowohl Präsenz- als auch Fernunterricht, verwenden und nicht als „IT-Hilfskräfte“ missbraucht werden. Schulleitungen, Lehrer*innen, Schüler*innen und Eltern frühzeitig mit verlässlichen und fundierten Informationen versorgen. Das lief nach den Ferien von Seiten der Stadt schon viel besser, da muss das Land allerdings noch etwas nacharbeiten.
Julia Frank
Geboren 1975 in Frankfurt und Mutter zweier Söhne. Nach Abbruch eines VWL-Studiums an der Goethe-Uni arbeitet sie seit Ende der 1990er als Konzertveranstalterin/Bookerin. Seit 2018 ist Julia Frank im Stadtelternbeirat tätig und seit Februar 2020 Vorsitzende des Frankfurter Stadtelternbeirats.