Spiel mir das Lead vom Neukunden

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Illustration: Roman Kulon


Spiel mir das Lead vom Neukunden Berater

Spiel mir das Lead vom Neukunden Der Handel mit Leads soll das Vermittlungsgeschäft vereinfachen. So die Theorie. Doch Makler sollten einige Kriterien beachten, damit unterm Strich auch ein wirtschaftlicher Mehrwert entsteht.

Heutzutage geht kein Makler mehr von Tür zu Tür, um Neukunden zu akquirieren. Und auch ausschließlich auf Empfehlungen zu setzen wird zunehmend schwieriger. Da versprechen Datensätze von Interessenten an konkreten Finanz- und Versicherungslösungen (Leads) einen lukrativen Weg zum Neugeschäft. Finanz- und Versicherungsprodukte stellen den überwiegenden Gegenstand des Leadgeschäfts dar. Vor allem hier zeigen Kunden durch Kürzungen im Sozialsystem, Patchwork-Lebensläufe und den Tarifdschungel des Marktes ein erhöhtes Bedürfnis, über neue Produkte aufgeklärt zu werden. Sie informieren sich überwiegend über Suchanfragen im Internet und bekunden damit ihr Interesse. Dabei geben die Suchenden teilweise sensible Daten über sich und ihre Motivation zum Produkt preis. Und diese Daten haben Potenzial. Das Geschäft mit den Leads wächst. Zur Anzahl der Lieferanten existieren keine genauen Angaben. 2009 waren es etwa 40 bis 50 Anbieter und in den letzten zwei Jahren gab es viele Neuzugänge. „Es erscheinen immer wieder neue Marktteilnehmer, die nach kurzer Zeit verschwinden. Die Fluktuation ist groß und besteht vornehmlich bei den kleineren Anbietern. Die größeren stabilen Firmen vermitteln vermutlich 70 bis 80 Prozent der Leads“, berichtet Daniel Hoffmann, Gründer und Vorstand der Finanzen.de AG. Der Markt gestaltet sich relativ intransparent. Die Vorgehensweise der Anbieter zur Datengewinnung ebenfalls. Die Probleme in der Branche sind auch Ralph Wegner, Inhaber unter anderem von Financeway und der 8 Stars Capital GmbH, bekannt. Er ist überzeugt, dass Leadanbieter nur durch Fairness längerfristig im Geschäft bleiben. Vor allem Makler, die mit dem Gedanken spielen, Datensätze in größeren Mengen zu procontra

erwerben oder längerfristige Verträge mit einem Anbieter einzugehen, sollten sich vorab informieren. Qualität. Sabrina Dohlich kennt beide Seiten. Vor der Gründung von FSC24 - Finance Service Center war sie im Vertrieb und im Makler-Support tätig. Heute betreut sie Makler im PKV-Vertrieb und bezieht selbst Baufinanzierungs-Leads. So auch Wegner: Vor dem Leadgeschäft hat er unter anderem von 2003 bis 2005 für Financescout24 gearbeitet. Beide sind sich darin einig, dass die Erwartung „Jeder Lead ein Vertragsabschluss“ illusorisch sei. Zudem bedürfe es beim Vermittlungsgeschäft der Beratungs-

Ablauf des Leadgeschäfts Platzhalter für Infografik Ein Blindtext, Skizziert am Beispiel sie zu knechten, einer Datensatzbörse, sie alle zu finden, die Leads insüber Layout Online-Verbraucherportale zu setzten und ewig zu binden generiert

1. Verbraucher suchen Versicherungs- und Finanz­lösungen über das Internet.

2. Sie tragen ihre Daten in ein Online-Formular ein. Die Angaben gelangen zu einer Datensatzbörse.

3. Makler und Berater kaufen die Daten von der Leadfirma.

4. Sie kontaktieren die Verbraucher zwecks einer Beratung, mit dem Ziel eines Vertragsabschlusses. Quelle: procontra_eigene Darstellung

kompetenz. Damit das Leadgeschäft nicht zum Minusgeschäft wird, sollten gewisse Qualitätsstandards für die Datensätze gelten. Ein bedeutendes Qualitätsmerkmal bildet die Aktualität. „Die Kunden bringen oft Vorkenntnisse mit. Sie wissen ganz genau, was sie möchten und was sie für ein Produkt ausgeben können. Meistens nehmen sie die Suche selbst in die Hand“, bemerkt Wegner. Wird ein Lead zu spät geliefert, kann der Kunde bereits eine andere Lösung ermittelt haben. „Konsumenten, die etwa nach einer Krankenversicherung im Internet suchen, finden oft nicht sofort die passende Lösung und stellen mehrere Anfragen. Die Lieferanten sollten die Daten daher sehr zeitnah an die Berater weiterleiten“, bestätigt auch Hoffmann. Zu beachten ist ferner die Ausschließlichkeit: Anfragen, die an mehrere Berater zugleich vermittelt werden, schmälern die Abschlusschancen. Hier gilt dann: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Interessengrad. Weiterhin ist das Interesse der Kunden ausschlaggebend: „Für die Leadqualität spielt es eine Rolle, ob die Kunden sich in einem aktiven Suchprozess befinden oder nur eine Anregung zum Versicherungsabschluss erhalten.“ Hier kommt es auf die Art der Leadgenerierung an. Lieferanten können Datensätze über OnlinePortale, Newsletter, Mails, Inserate, Werbung, Radio- und Fernsehsendungen, auf Messen und so weiter gewinnen. Probleme sind hierbei nicht auszuschließen: „Da die Leadqualität vor dem Kauf nicht genau einschätzbar ist, gibt es viele schwarze Schafe, die beispielsweise ihre Leads über Callcenter generieren“, weiß Hoffmann. „Manchmal stammen Leads aus fragwürdigen Werbeaussagen oder sind nicht ausreichend verifiziert“, ergänzt Dohlich. Kundenkontakte ohne klare Herkunft sind also 61


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Sabrina Dohlich, FSC24 - Finance Service Center

„Die Erwartung ‚Jeder Lead ein Vertragsabschluss‘ ist illusorisch.“

nicht zu empfehlen. Solange Anbieter nicht offenlegen, woher ihre Daten stammen, sollten Makler Abstand nehmen. Am vorteilhaftesten sind Leads, die dort entstehen, wo ein Bedarf herrscht, etwa BU-Leads, die von einem Infoportal zu BU-Versicherungen stammen.

Inhalte. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Informationen, die ein Lead enthält: Je umfangreicher die Angaben, desto aussichtsreicher ist die Vermittlung. Diesen Kontext bezeugt auch der unabhängige Berliner Finanz- und Versicherungsmakler Frank Kelvin*. Er beanstandet die „schwankende Qualität“ der Datensätze sowie die „generell ungünstigen Vertragsbedingungen“. „Oft sind schlechte Datensätze dabei, die man nicht reklamieren kann. So kann man keinen Lead stornieren, bei dem der Kunde nicht erreichbar ist oder sich nur mal informieren wollte.“ Dennoch setzt Kelvin seit über zehn Jahren auf Leads. „Nur auf Empfehlungen zu Qualitätskriterien im Überblick arbeiten funktioniert nicht“, ist er überzeugt. Aktualität Je ausführlicher Datensätze vorFrühzeitige Übermittlung der Datensätze qualifiziert und eventuell vorteran die Berater miniert sind, desto höher ist die Abschlusschance. Aber der Preis Ausschließlichkeit pro Lead steigt ebenfalls mit der Einmalige Ausgabe der Daten Qualifizierung. Die Entscheidung, Art der Leadgenerierung für bessere Geschäftsmöglichkeiten Generierung der Daten über produktaffine und weniger Aufwand mehr auszuMedien geben oder sich mit weniger qualifizierten Angaben für den kleineren Angaben pro Lead Geldbeutel zu arrangieren, obliegt Umfassende Kundendaten und Angaben den einzelnen Beratern. Allerdings zum Produktwunsch ist von Leads abzuraten, die kaum Verifizierung der Angaben bis gar nicht verifiziert sind. Eine Verifizierung der Personendaten und KunInvestition in Scherzabfragen, denwünsche vor der Weiterleitung falsche Adressen, Daten nicht existenter Personen und so weiter kos­ ten in der Regel nur Zeit und Geld und bringt kaum Neugeschäft. Makler berichten ... „Wir haben probeweise 50 BU-Leads gekauft. Innerhalb dieser kritischen Sparte ist der Aufwand hoch. Im Schnitt geht einer von 20 Anträgen durch. Zusätzlich schmälern die Kosten für die Leads, bei denen kein Abschluss erfolgt, die Einnahmen“, berichtet Michael Konrad, Anlage- und Versicherungsvermittler der Hofmann & Hiergeist GmbH aus München. Sein Fazit: „In unserem Geschäft fährt man besser mit Empfehlungen.“

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Maciej Krolikowski, Finanz- und Versicherungsmakler aus Berlin, sieht das ähnlich. Seit 1999 bezieht er keine Leads mehr, da es sich unterm Strich nicht rechne. Wladimir Simonov, Honorarberater für PKV, BU und Altersvorsorge aus Landshut, merkt kritisch an: „Am Markt ist es schwer, gute Qualität bei Leads zu finden, und diese kostet Geld. Je mehr man ausgibt, desto höher ist der Druck zum Abschluss zu gelangen, damit die Courtage die Kosten deckt.“ Doch wirtschaftlicher Druck ist gerade bei sensiblen Themen wie PKV oder BU nicht angebracht, da Interessenkonflikte zwischen Kunden- und Maklerwunsch erwachsen können. Nach einigen Experimenten mit Leads hat Simonov entschieden: „Leads kaufe ich lediglich als Beimischung und nur für die Krankenzusatzsparten. Meine Kundenfindung erfolgt ansonsten über Empfehlungen und Social Media.“ Seine Erfahrungen bewertet Dohlich insgesamt positiv: „Generell kommt es auf die Beratungsfähigkeiten des einzelnen Maklers an. Aber mit etwas Aufwand und der richtigen Anbieterwahl ist es möglich, mit Leads einen guten Return on Investment zu erzielen.“ Die nötige Fachkompetenz vorausgesetzt, rühren die abweichenden Erfahrungswerte aus den unterschiedlichen Zeiträumen der Leadaktivität und den Produktsparten. Essenziell ist nicht zuletzt die Beschaffenheit der Datensätze. Bevor Makler nun anfangen, ihre Strategie zur Neukundengewinnung komplett auf das Leadgeschäft auszurichten, sollten sie also einiges beachten: Wie und woraus werden die Datensätze gewonnen? Welchen Vertragsbedingungen unterwirft sich der Makler beim Anbieter? Und vor allem: Welche Qualität haben die Datensätze? „Leadanbieter können den Beratern den oft aufwendigen Prozess der Neukundenakquise abnehmen“, so Hoffmann. Doch die Abschlussquote bei diesen potenziellen Neukunden sollte realistisch eingeschätzt und entsprechend kalkuliert werden. Im Idealfall kann die Qualität der Daten vorab in kleinen Mengen zu einem überschaubaren Preis getestet werden. Stimmen diese Kriterien, so stellen Leads neben Empfehlungen eine weitere sinnvolle Beimischung im Marketingmix zur Neukundenakquise dar. jgr

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