WAZ_Sommerausgabe 2018

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Deutschlands größte Regionalzeitung

WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE

„Bella Italia“ an Rhein und Ruhr

Große Verlosung zur WM

Sonderausgabe

Wie Speiseeis gemacht wird Sommer in der Region

Gewinnen Sie einen Neuwagen Seite 20

Unabhängig · www.waz.de · Überparteilich

Ein Titel der FUNKE MEDIENGRUPPE

Freitag, 1. Juni 2018

„Der Berg ruft“ im Gasometer Obe rhausen. Aktiv & Unterwegs FOTO:

KAI KITSCHENBERG

omente“.

Ein exklusives Gericht der “Kochm Entdecken & Genießen

FOTO: INGO OTTO

Die besten Orte fürs WM-Rudelgucken. Freizeit & Events FOTO:

LARS HEIDRICH

Entspannt laufend die Natur entd ecken. Sommer in der Region

FOTO: INGO OTTO

Sonne über dem Revier! Die schönste Jahreszeit ist jetzt Ruhrgebiet. Der Sommer hat in diesem Jahr nicht warten wollen; Wochen schon locken Sonne und üppiges Grün ins Freie. Heute aber hat die vielleicht schönste Jahreszeit tatsächlich „Termin“: Für die Meteorologen ist am 1. Juni Sommeranfang. Grund genug, um Ihnen, liebe Leser, an die-

sem Wochenende eine ganz besondere Zeitung in den Briefkasten zu legen: eine Sonderausgabe der WAZ, voll mit guten Tipps für eine Saison unter freiem Himmel, mit kleinen und großen Geschichten für die Lektüre im Liegestuhl und mit lauter Ideen, die Lust auf Sommer machen.

Waren Sie zum Beispiel schon mal auf der Bislicher Insel? Haben Sie ausprobiert, dass man auf den Industrie-Radwegen der Region auch prima die Laufschuhe schnüren kann? Wussten Sie, dass das Ruhrgebiet neben seinen ganz offensichtlichen Schätzen auch , verborgene hat, die man mit dem Telefon findet?

Sie können in dieser Zeitung auch daheim gemütlich schmökern. Die besten Filmzitate zum Sommer lesen oder von Liedern, die vom Juni erzählen. Natürlich kann diese WAZ nicht ohne das beste Rezept für Sommersalat. Und dieses Jahr nicht ohne Fußball-Weltmeisterschaft. Einen schönen Sommer!


SOMMER IN DER REGION

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Freitag, 1. Juni 2018

Bei Sonnenschein auf Schatzsuche gehen und das mitten im Ruhrgebiet. Kohle? Gold? Beim Geocachen werden Plastikröhrchen oder Tupperdosen gesucht Von Kirsten Gnoth, Fotos: Lars Heidrich Essen/Bottrop. Rostige Industrieanlagen türmen sich vor und hinter mir auf. Stahlgiganten strecken sich dem strahlend blauen Himmel über der Kokerei Zollverein entgegen. Doch ich habe nur Augen für einen kleinen roten Hydranten. Abgenutzt, verwittert, mit blätterndem Lack. Sein Inhalt hat es mir angetan. Im Bauch des Wasserspenders versteckt sich ein Schatz. Ein Cache, um genau zu sein. Geocaching ist eine Art moderne Schatzsuche – für die es keine Piratenkarte braucht, sondern ein GPS-fähiges Smartphone.

„Mein größter Cache war eine ganz normale Garage.“

ter Geocacher hat mein Vater (fast) immer ein Ass im Ärmel. Geschickt fördert er mit einer Teleskopstange den Schatz zutage. Ich drehe das Röhrchen auf und schüttle das Logbuch heraus. Nun müssen wir uns beide noch mit den schatzsuchertauglichen Spitznamen verewigen und den Cache somit als offiziell „gefunden“ markieren. Während ich den Schatz wieder in seinem Versteck verstaue, sucht mein Vater in seinem Handy schon nach dem nächsten. Gar nicht weit von hier ploppt ein neuer Cache auf der virtuellen Karte auf. 800 Meter sind es noch – ungefähr, denn punktgenau führt das GPS die Schatzsucher nicht zum Ziel. Einmal grob die Richtung anpeilen und los geht’s. Jetzt haben wir die

Gelegenheit uns umzusehen. Es geht unter Eisenträgern hindurch und an hohen Schornsteinen vorbei. Das was einst die modernste Kokerei Europas war, ist nun ein stiller Zeitzeuge der Essener Kohle-Kultur. Wir stellen uns vor, wie es war, als die Koksöfen noch brannten und über 1000 Menschen hier täglich ihre Schicht antraten. Plötzlich blinkt eine Nachricht auf dem Handy. Das Ziel ist nah. Der Cache könnte sich überall zwischen den Stahlträgern verstecken. Geduldig tasten wir jeden einzelnen ab – nichts. Also noch mal von vorn. Schließlich klappert etwas, als mein Vater am letzten Stahlträger mit seinen Fingerspitzen entlang gleitet. Die Metalldose steckt in einem, vor neugierigen Blicken geschützten,

Klaus Kaczmarek, Geocacher und Besitzer des Keller-Stores in Essen

Tief unten in diesem Hydranten liegt das Plastikröhrchen – ein sogenannter Cache. Circa 11 500 von ihnen sind allein in Essen versteckt. Caches, das sind Dosen oder Kisten voller kleiner Dinge wie Spielzeug und natürlich dem Logbuch. Ein Heft, in dem sich glückliche Finder eintragen dürfen. Die Pranke meines Vaters passt nicht hinein, und auch ich habe so meine Problemchen. Als waschech-

Zwischenraum. Oft werden die Geocaches von ihrem „Owner“, also dem Besitzer des Schatzes, an besonderen Orten versteckt. Öffnet der Cacher bei der Suche die App, kann er in Informationen zum Fundort schmökern. Diese können wie in Essen Wissenswertes über die Industrie-Kultur vermitteln. Außerdem können Naturschutzgebiete das Ziel der Suche sein. Manchmal sind jedoch ganz persönliche Geschichten mit dem Fundort verknüpft. Immerhin steckt hinter jedem Cache ein Mensch, der mit den Suchern Geschichten und Stationen aus seiner eigenen Kindheit teilen möchte. Ein Baum, auf den der Besitzer als Knirps geklettert ist, eine Straße, in der er gewohnt hat – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Keller-Store und Messe

Kirsten Gnoth (29) sucht mit dem Taschenspiegel Caches auf Zollverein. Ihr Vater Wolfgang (64) prüft mit dem Smartphone, ob die Koordinaten stimmen.

K Der Keller-Store an der Katharinenstraße 1 in Essen hat zwei mal in der Woche geöffnet. Dienstags und donnerstags von 16 bis 19.30 Uhr. Auch Online auf gearforcacher.de können Interessierte stöbern. In diesem Jahr ist Klaus Kaczmarek mit einem eigenen Stand auf der Messe „Spiel“ vertreten. Diese findet vom 25. bis 28. Oktober in der Messe Essen statt.

Die App zeigt dem Suchenden, ob er sich dem Schatz nähert. Den genauen Standort zeigt sie jedoch nicht.

IMPRESSUM WAZ Westdeutsche Allgemeine Zeitung Chefredakteur: Andreas Tyrock Produktmanagement / Redaktion dieser Ausgabe: Frank Grieger (V.i.S.d.P.), Achim Faust, Annika Fischer, Anja Schindler, Peter Toussaint Realisierung: FUNKE Redaktions-Services Carsten Oberste-Kleinbeck (Chef vom Dienst), James Brunt (red. Produktion), Lisa Dießner, (Gestaltung), Marit Langschwager (Foto), Oliver Schäfer (Art Director), Lena Steinkühler (Titel, lenasteinkuehler.com) Verantwortlich für Anzeigen und Verlagsbeilagen: Dennis Prien (V.i.S.d.P.) Verlag: FUNKE Medien NRW GmbH, Friedrichstraße 34-38, 45128 Essen; Tel.: +49(0)201 / 804-0; Registergericht Essen, HRB 26063; Ein Unternehmen der FUNKE Mediengruppe. Geschäftsführer: Thomas Kloß, Ove Saffe, Andreas Schoo, Michael Wüller Druck: Druckzentrum Essen GmbH, Friedrichstr. 34-38, 45128 Essen. Druckzentrum Hagen GmbH, Hohensyburgstr. 67, 58099 Hagen


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SOMMER IN DER REGION

Freitag, 1. Juni 2018

Klaus Kaczmarek aus Essen war selbst ein solcher Owner. Doch mittlerweile hegt der 53-Jährige nur noch einen Schatz. Der hat es dafür aber in sich. Am Gußmannplatz unweit der Grugahalle in Essen betreibt Kaczmarek den kleinen „KellerStore“. Unterhalb des Straßenniveaus verkauft er nützliche Utensilien für Neulinge und eingefleischte Geocacher. „Der Verkauf steht allerdings nicht im Vordergrund. Hier treffen sich die Cacher, um zu quasseln und Tipps auszutauschen.“

Mit dem Auto-Navi begonnen Kaczmarek selbst kann bei diesen Treffen auch so mancherlei Anekdoten zum Besten geben. Vor zehn Jahren packte ihn das Geocaching-Fieber. Damals zog er mit einem Navigationssystem fürs Auto los. „Der Akku von dem Ding war nur leider ruckzuck leer“, erinnert er sich und lacht. Schnell wurde das Navi durch ein GPS-Gerät ersetzt. Die ersten Caches fand er in Hattingen. Nachts zog Klaus Kaczmarek mit Freunden los. Querfeldein stolperte er durch den Wald, blieb im Gestrüpp hängen und hatte die Hosenbeine voller Zecken. Gelohnt hat es sich in jedem Fall. „Es wurden Ufo-Landungen inszeniert. Mit Lichtern und allem. Das sah toll aus.“ Außerdem haben diese Erfahrungen ihn dazu gebracht, am Ball zu bleiben. „Es geht mir um die Gemeinschaft. Zu sehen, wieviel Mühe sich die Menschen geben und wie engagiert sie sind“, lobt er.

„An den Lost-Places genieße ich vor allen Dingen die Ruhe beim Cachen.“ Klaus Kaczmarek hat bereits über 700 Geocaches gefunden

Über 700 Caches hat er in den vergangenen zehn Jahren gefunden. „Das ist nicht viel“, findet er. Klaus Kaczmarek geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität. Regelmäßig fährt er Hunderte von Kilometern quer durch die Bundesrepublik, um sogenannte „Lost Places“, verlassene Orte, zu finden. Leerstehende Bahnhöfe, Zechen, Bunker oder Gebäudekomplexe ziehen ihn an. „Man lernt dort beim Cachen sehr viel über diese Orte. Manchmal kann man sogar noch das Maschinenöl riechen, und das, obwohl die Natur alles langsam zurückerobert. Außerdem genieße ich die Ruhe.“ Die Zeche Zollverein als Geocaching-Revier wäre also genau nach Klaus Kaczmareks Geschmack. Allerdings ruft die Arbeit. Der Keller-Store in Rüttenscheid ist nämlich nur sein Hobby. Hauptberuflich ist er Krankenpfleger – mit Schichtbeginn in einer Stunde.

Klaus Kaczmarek sucht mit der UV-Lampe.

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Suchen, finden, loggen, freuen: Manche Caches sind kniffliger zu bergen als andere. Nützliche Werkzeuge sind immer mit dabei. 1) Die Suche ist bislang erfolglos. Gerade in Industrieanlagen wie auf der Essener Zeche Zollverein können sich die kleinen Schätze überall verstecken. Manche sind magnetisch und werden von ihrem Besitzer an die Stahlträger gepappt. So ziehen also nur mein Vater und ich nach dem kleinen Zwischenstopp am Gußmannplatz weiter. Von einer Stadt mit stillgelegten Zechen geht es in eine andere mit (noch) aktivem Steinkohlebergbau: Bottrop. Allerdings sind nicht die Fördertürme auf Prosper Haniel unser Ziel. Wir wollen dorthin, wo Haniels Erdmassen bleiben. Am Fuße der Halde Beckstraße steigen wir aus dem

2) Ratlos. In welcher Richtung geht es zum nächsten Schatz? An manchen Stellen ist das GPS-Signal gestört und der Kompass im Smartphone springt. 3) Ohne eine Teleskopstange lässt sich das

Auto. Über uns thront, hinter dichten Bäumen gelegen, der Tetraeder. Die 60 Meter hohe Stahlkonstruktion ist, selbst von Weitem, kaum zu übersehen. Der kleine Cache, den wir suchen, gestaltet sich als äußerst hartnäckig. Es könnte alles sein. Ein ausgehöhlter Stein, eine Filmdose oder ein etwa daumennagelgroßer Magnet zum Aufschrauben. Nach langen Minuten und viel Grübelei

Plastikröhrchen nicht aus dem Hydranten ziehen. Nützliche Helfer gehören zur Ausrüstung. 4) Das Logbuch steckt in dem Plastikröhrchen. So schlummert es – vor Wind und Wet-

erinnern wir uns an etwas, das Klaus Kaczmarek bei der Suche immer beherzigt. „Ich frage mich stets ,Was passt hier nicht hin’“, hat der Geocacher gesagt.

Magie am Fuße des Tetraeders Es ist eine Schraube, die nichts zusammenhält. Einmal dran gewackelt, und schon halte ich das gute Stück in der Hand. Ihr Kopf lässt

Ein kleiner Käfer geht auf Weltreise

ter geschützt – in seinem Versteck. 5) Der glückliche Finder darf sich hier mit seinem Geocacher-Spitznamen verewigen und anschließend den Cache online auch als „gefunden“ markieren.

sich einfach abdrehen und beheimatet das Logbuch. Es ist so winzig, dass ich den Papierstreifen mit einer Pinzette herausziehen muss. Das filigrane Greifwerkzeug gehört übrigens zur Grundausrüstung eines Cachers. Nicht nur für das Origamiähnliche Faltwerk, auch gegen Splitter ist sie nützlich. Jetzt noch schnell unterschreiben und den Schatz unbemerkt wieder

verstauen. Gerade an einem belebten Tag ist das nicht leicht. Immer wieder laufen Passanten vorbei. Diese Nicht-Cacher werden in der Szene liebevoll Muggel genannt. Ganz so, wie die Zauberer aus der FantasyWelt rund um Harry Potter ihre nicht-magischen Mitmenschen nennen. Passend: Manchmal gleicht es auch Zauberei, die kniffligen Caches zu finden.

Kleines Cache-Einmaleins

Cachen ist Denksport und Abenteuer für die ganze Familie Essen. Nicht nur Klaus Kaczmarek betreibt mit viel Leidenschaft den kleinen Keller-Laden, auch sein Sohn hilft dort mit. „Geocachen ist etwas für die ganze Familie. Darum geht es, Spaß in der

Gruppe zu haben. Es gibt sogar Caches, die extra für Kinder gemacht sind“, sagt Kaczmarek. Gerade in größeren Dosen oder Kisten kann sich ein Paradies für kleine Sucher verstecken. Cacher hinterlassen den Kindern oft Spielzeug. Einfach am Fundus bedienen, das geht allerdings nicht. „Wenn man etwas herausnimmt, sollte man etwas Gleichwertiges dafür wieder in die Kiste legen“, erklärt der Geocacher. Die Suchenden können jedoch nicht nur auf Spielzeug stoßen, sondern auch auf flinke Käfer. Die sogenannten Travel Bugs, Reise-Käfer, sind flache MetallPlaketten. Der Besitzer

eines solchen „Insekts“ aktiviert den eingravierten Code und legt das gute Stück dann in die Dose. Der nächste glückliche Finder kann den Travel Bug mitnehmen und in seinem nächsten Cache verstauen. So reist die Plakette von Ort zu Ort, von Land zu Land. „Meine sind gerade in Malaysia und Australien unterwegs.“ Das weiß Klaus Kaczmarek so genau, weil er über das Internet die Route seiner Plaketten verfolgen kann. Mit ein bisschen Glück und engagierten Findern landen die reiselustigen Insekten dann irgendwann wieder in Essen. „Finde ich sie hier wieder, gebe ich die Dinger nicht mehr her“, betont Kaczmarek. „Der ideelle Wert ist enorm.“

Traditional Cache

Mystery Cache

Multi-Cache

Der Traditional Cache ist besonders geläufig. Die angebenen GPS-Koordinaten führen den Sucher direkt zum Schatz. Einen „Tradi“ gibt es in unterschiedlichen Größen: Schraubenköpfe an Bänken oder Munitionskisten im Unterholz.

Bevor sich der Cacher auf die Suche nach einem Mystery (einem geheimnisvollen Cache) macht, muss er Rätsel lösen. Oft sind es Codes, die im Vorfeld geknackt werden müssen. Aus diesen Rätseln ergeben sich die eigentlichen Koordinaten.

Der Multi-Cache ist mit einer traditionellen Schnitzeljagd zu vergleichen – auch wenn eingefleischte Cacher das nicht gern hören. Zu einem Multi gehören mehrere Stationen. An jeder müssen Rätsel gelöst werden, um zum nächsten Standort zu kommen.


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SOMMER IN DER REGION

Freitag, 1. Juni 2018 Anzeige

 Von Lars Tenorth, Fotos: Ingo Otto An Rhein und Ruhr. Rhythmisch gleiten wir über den Asphalt. Die Autorin und Biologin Verena Liebers mit Blumenmuster-Mütze, ihr Sport-Partner Thomas und ich laufen entspannt. Im UltraSchlapp-Schritt schlurft Verena Liebers energiesparend Meter für Meter auf dem Springorum-Radweg in Bochum. Sie gibt das Tempo vor. Kaum hebt sie ihre Füße an, schaut sich immer wieder um. Jetzt entdeckt sie rechts Vogelkäfige des Kleingärtnervereins Bochum-Weitmar-Mitte. Plötzlich richtet sich ihr Blick nach oben. Dressierte Tauben fliegen als Kolonne davon. Weiter geht‘s. Das erste Zwischenziel, der Schlosspark Weitmar, ist nicht mehr weit – aber nochmal zum Anfang.

Von Beginn an den gemeinsamen Lauf-Takt finden Gestartet waren wir nahe der Königsstraße, in der Christstraße, mitten im Bochumer Zentrum. Unter dem Motto „Laufen und Entdecken“ sind wir an einem sonnigen FrühAbend aufgebrochen. Unser Weg schlängelt sich durch die Straßen, wir finden einen gemeinsamen Takt. Nun die erste Steigung, Verena, die pinke, rote und blaue Haargummis trägt, versichert: „Es ist nur eine kleine.“ Kleine Zweifel. Aber die 56-Jährige behält Recht.

n des Vfl Bochum

dio ist im Hintergrund das Sta Von der kleinen Halde aus en. enn mit den Lichtmasten zu erk

werk nahm 1961 den Betrieb auf, doch schon 1986 wurde es wieder stillgelegt, die Technik komplett abgebaut. Heute steht dort in der Nähe das Heizkraftwerk. Überall sind hier alte Industrie-Reste zu finden. Zum Beispiel ist eine kleine Halde an der Prinz-Regent-Straße, ein grüner Fleck mit Aussicht auf das Bochumer Exzenterhaus und das Stadion des Vfl Bochum, Teil der Strecke. Am Rand stehen alte Sockel früherer Tage, ein Zeugnis der Industriegeschichte.

„Wenn ich laufe, bin ich komplett beschwerdefrei“

Entspannt

die Welt entdecken Die Autorin Verena Liebers, ihr Sport-Kumpane Thomas und unser Reporter liefen auf der Springorum-Trasse in Bochum-Weitmar. Immer wieder gab es Spannendes zu sehen

Springorum-Radweg ner Esse

Christstraße

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ee Königsall

Situationskomik rund um die Franks Jetzt sind es nur noch wenige Meter. Die Halde, das Kraftwerk und den Kleingärtnerverein haben wir passiert. Die Sonnenstrahlen ebVerena Liebers, Schriftstellerin und Marathonnen uns den Weg, die Trasse haben wir verlasläuferin sen. Vor uns glänzt die Ruine des Hauses Weitmar, ein ehemaliger Adelssitz, im Licht, umgeKurz darauf umarmt sie in Bewegung eine ben von Wasser. Hier grenzen Wiesen an, einientgegenkommende Bekannte, sie grinst da- ge Besucher picknicken, andere spielen bei. Dann haben wir es geschafft, eine Straße Boule, während wir den Rückweg antreten. überquert und erreichen die Springorum- Wenig später verabschiedet sich Triathlet Trasse. Keine Autos mehr weit und breit in Thomas. Die letzten Kilometer auf der Trasse, Sicht. Regelmäßig läuft sie hier, in diesem Jahr und wir haben sehr viel gesehen. Verena trifft schon „über 20 Mal“ wie Verena erzählt. den nächsten Bekannten und grüßt freundMeistens bis zum Schlosspark und zurück, lich. „Ein weiterer Frank“, sagt sie. Frank nennt sie ambitionierte Triathleten, mit denen knapp elf Kilometer, manchmal weiter. sie oft läuft. Wir lachen, ich bin überrascht, wie viele ihrer Freunde und Laufpartner unseren Weg in der Zeit kreuzen. Eine letzte Begegnung, mit einer Obdachlosen, die auf einer Bank sitzt. Verena sagt Guten Tag, keine Reaktion. Wir unterhalten uns kurz ein wenig über sie und ihre mögliche Geschichte, Verena hat immer mal wieder mit ihr gesprochen. Es dauert nicht mehr lang, gleich sind wir am Ziel, im Ultra-Schlapp-Schritt schwingt sich VereThomas und Verena Liebers laufen gern na nochmal auf. Auf e im Schlosspark We sich bei angenehm itmar, der en Temperaturen au ihrer Heimstrecke ist ch zur Entspannung eignet. es kein Problem, im Wald wurde ihr diese Bewegung schon zum Verhängnis. Denn auf unebeOft sei die Strecke nicht so voll, heute ist nen Wegen zugleich schlurfen und sich aber hier viel los. Eltern schieben Kinderwagen ge- durch ein Reh ablenken lassen, ist riskant. mütlich vor sich her, Fußgänger plaudern Durch Stolperfallen hat sie die ein oder andeüber das einladende Wetter. Aber auch Renn- re Schürfwunde davongetragen. Aber sie läuft radfahrer nutzen die Trasse. Immer wieder und läuft immer weiter: „Wenn ich laufe, bin rauschen sie von hinten heran, klingeln, wir ich komplett beschwerdefrei.“ Gerne auch, machen schnell Platz. Und laufen danach wenn es einiges zu entdecken gibt und Freunwieder entspannt, lassen die Augen umher- de ihr unterwegs begegnen. schweifen. An der Springorum-Trasse gibt es Unter dem Suchbegriff Springorum steht einiges zu sehen. Wir passieren mehr auf www.metropoleruhr.de. einen Hühnerkäfig. Nach einer Weile tauchen Überbleibsel des früheren Springorum-Kraftwerks in Weitmar, den Namensgeber für den Weg, vor uns auf. Das ehemalige Steinkohlekraft-

Waldring

Kleingärtnerverein Bochum-Weitmar-Mitte Halde Schlosspark Weitmar

Ehemaliges Steinkohlekraftwerk Weitmar

Schriftstellerin und Marathonläuferin Verena Liebers

Die Emotionen bei extremen Lauferfahrungen nachlesen

K Das neue Buch der Autorin Verena Liebers mit dem Titel „Vom Abenteuer 100 Kilometer zu laufen“ dreht sich um ihre große Leidenschaft und die Extrem-Erfahrung. Viele kleine Geschichten ergänzen sich zu einem großen Lauf-Sammelsurium rund um den Ausdauersport. Verena Liebers erklärt, warum sie dreimal am Stück

jeweils 100 Kilometer gelaufen ist. Dabei gibt sie Einblick in ihre Gefühlswelten und stellt ihre erlebten Emotionen sehr anschaulich und nachvollziehbar dar. Darüber hinaus nennt sie Trainings-Tipps. „Draußen unterwegs zu sein, ist für mich immer ein schönes Erlebnis“, sagt die Autorin, die in Bayern aufgewachsen ist.

1 km

© STEPMAP; OSM, LIZENZ ODBL 1.0

Auch abseits des Springorum-Radweges gibt es schöne und abenteuerliche Strecken. Auf der Halde, nah an der Karl-Friedrich- und Prinz-Regent-Straße, haben wir noch unerwartete Pfade eingeschlagen.

FUNKEGRAFIK NRW: BERTELMANN


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SOMMER IN DER REGION

Freitag, 1. Juni 2018

Guiseppe de Lorenzo ist Inhaber von zwei Eiscafés in Essen, die bereits seit 1954 Teil der Innenstadt sind. Das historische Foto entstand beim Einzug der Deutschen Fußballmeister von Rot-Weiss Essen im Jahr 1955.

HISTORISCHES FOTO: GETTY

Das süße Stück „Bella Italia“ im Ruhrgebiet Handgemachtes Speiseeis aus dem italienischen Café ist nach wie vor ein Renner. Dennoch ist die Tradition in Gefahr Von Markus Grenz, Fotos: Fabian Strauch Essen. Es ist ein süßes Stückchen „Bella Italia“, und nirgendwo in Deutschland wird es mehr geliebt als in NRW: das Speiseeis. Leckermäuler finden die höchste Zahl der Produzenten von kühlen Köstlichkeiten im Westen Deutschlands. Einer von ihnen ist der Essener Guiseppe de Lorenzo. Wie bei vielen seiner Kollegen stammt auch seine Familie aus den Dolomiten – und wie bei den meisten Eismachern im Lande blickt auch sein Betrieb auf eine lange Tradition zurück. Doch die ist bedroht.

„Viele hatten den Traum und sind gescheitert. Aber unser Eis ist besonders, das ist unsere Philosophie.“ Guiseppe de Lorenzo über den „Luxus“, sein Eis selber zu produzieren.

„Ja, so langsam kriegen wir richtig zu tun“, stellt Guiseppe de Lorenzo fest, während es um ihn herum zugeht wie in einem Taubenschlag. Von langsam kann hier, im Eiscafé Toscani in der Essener Innenstadt, im Moment kaum die Rede sein.

In vier Maschinen wird das Speiseeis für das Eiscafé Tocani hergestellt. Immer mehr Betriebe verzichten auf eine eigene Produktion.

Ständig fliegen Kellner mit ihren leeren Tabletts ein, um sie erneut mit prunkvollen Eisbechern beladen zu lassen. Zwar ist es noch Frühling, die Temperaturen sind aber fast so wie im Hochsommer. Auf der Außenterrasse gibt es keine freien Tische mehr. Wer schneller zu ein paar kühlen Kugeln Stracciatella, AmarenaKirsch oder Banane kommen möchte, der reiht sich ein in die Schlange auf dem Bürgersteig vor der Durchreiche.

Nur ein Drittel der Eiscafés hat noch eine eigene Produktion Guiseppe de Lorenzo steht unter Strom, das merkt man ihm an. Immer wieder huschen die Augen im

Eiscafé umher, natürlich will der Chef alles im Blick haben. Schließlich trägt er auch einiges an Verantwortung. Um die 20 Mitarbeiter beschäftigt er in seinen beiden Cafés in der Essener Innenstadt, die Mieten in den Top-Lagen sind alles andere als günstig, zusätzlich gönnt er sich noch den „Luxus“, sein Eis im eigenen Eislabor mit zwei Eiskonditoren selbst zu produzieren. Eine einzige seiner vier Eismaschinen (darin wird die Grundmasse aus Milch und Zucker gefroren und Luft, die das Ganze cremig macht, zugesetzt) kostet neu um die 40 000 Euro. Hinzu kommen fünf Maschinen zur Abtötung der Mikroorganismen, Schockfroster und Kühlschränke. Eine eige-

ne Produktion leistet sich nur noch rund ein Drittel der Eiscafés in Deutschland. „Es ist aufwendig, viele hatten den Traum und sind gescheitert. Aber unser Eis ist besonders, das ist unsere Philosophie, deswegen kommen die Leute wieder“, unterstreicht de Lorenzo. Damit steht der 58-Jährige in bester Familientradition. Schon bei der ersten Welle der Gelatiere, die Ende des 19. Jahrhunderts von Italien aus nach Westeuropa und Amerika schwappte, war seine Familie mit dabei. Nach dem Ersten Weltkrieg zog es die de Lorenzos von Österreich zunächst nach Ostdeutschland, zahllose Berufsgenossen pilgerten damals schon nach Deutschland und ins Ruhrgebiet. Dann kam der Zweite Weltkrieg, und alles ging zu Bruch. Den Krieg verbrachten die de Loren-

zos in Holland, bis die nächste Welle der Eis-Künstler auch sie ins Ruhrgebiet, nach Gelsenkirchen, spülte. „Hier haben viele Menschen gewohnt, und die Nachfrage war enorm“, erläutert Guiseppe de Lorenzo. Zahlreiche angeworbene Fremdarbeiter aus Italien suchten damals in den Eisdielen im Revier ihr kleines Stückchen Heimat, noch viel mehr Deutsche ließen ihre Urlaubserinnerungen an „Bella Italia“ beim Gelatiere um die Ecke aufleben. „Jede größere und auch kleinere Stadt hatte hier ihre italienische Eis-Familie“, so de Lorenzo. Nach Essen kam seine Familie, weil seine Cousine in eine andere „Eis-Dynastie“, die der Toscanis, einheiratete. „Wir haben im Winter ja alle im selben Dorf, in Tai de Cadore, gewohnt“, erinnert sich Guisep-

pe de Lorenzo. Was darin mitschwingt: Die Ursprünge des größten Teils der italienischen Eis-Künstler liegen in zwei benachbarten Tälern in den Dolomiten, dem Cadoreund dem Zoldo-Tal. „Bevor es dort Tourismus gab, musste man für Arbeit auf Wanderschaft gehen. Und so hat sich mit der Zeit eine regelrechte Szene mit Netzwerk herausgebildet“, berichtet der Gelatiere.

„In Italien gibt es kaum mehr ,deutsche’ Eis-Cafés, nur noch Buden.“ Guiseppe de Lorenzo erklärt, wie es um die Eis-Szene in seinem Heimatland bestellt ist.

In den 1970er-Jahren wurde Guiseppes Vater, Giacomo de Lorenzo, Partner der Toscanis, die sich seit 1954 erfolgreich in der Essener Innenstadt etabliert hatten. Gemeinsam expandierte man nach Mülheim, Bocholt oder Göppingen. Und als sich Toscani Senior in den Ruhestand verabschiedete, übernahmen die de Lorenzos. Zwischenzeitlich führte die Familie auch Eis-Cafés in Italien selbst, in Padua und Venedig. Mittlerweile konzentriert man sich ganz auf die Essener Standorte. „In Italien gibt es kaum mehr ,deutsche’ Eis-Cafés, nur noch Buden“, erläutert de Lorenzo.

Verkauf aus den Fenstern der Gelatiere-Wohnungen

K Im Jahr 1865 soll der erste Eismacher aus dem Dorf Zoppè die Cadore nach Wien ausgewandert sein. Hier erhielt er die Genehmigung, im Vergnügungspark Prater aus einem Wagen heraus sein Eis zu verkaufen. K Der Begriff „Eisdiele“, gerade

Der 58-jährige Guiseppe de Lorenzo stammt aus einer Familie mit langer Gelatiere-Tradition.

im Ruhrgebiet verbreitet, stammt aus der Zeit, als die Eisverkäufer noch ihre Ware aus den Fenstern ihrer Wohnungen verkauften. Damit die Kunden heranreichten, wurden Dielen darunter verlegt.

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SOMMER IN DER REGION

 Und auch in Deutschland geht die italienische Eiskunst langsam aber stetig zurück, obwohl die Nachfrage laut Uniteis, dem Verband der italienischen Speiseeishersteller, ungebrochen ist. Ein aufwendiges Produkt mit vielen Auflagen, steigende Rohstoff- und Betriebskosten – die Argumente kennt man irgendwie. Außerdem schwindet langsam die Tradition, dass die ganze Familie (umsonst) im eigenen Betrieb hilft, auch in der Eisdiele muss das Personal bezahlt werden. Der Zufluss aus den Dolomiten lässt nach, hier verdient man mittlerweile gutes Geld mit dem Tourismus. Außerdem stehen die Eis-Handwerker in harter Konkurrenz mit billigem IndustrieEis. „Das größte Problem ist aber, eine geeignete Nachfolge zu finden. Viele ehemals italienische Eisdielen gibt es deshalb nicht mehr. Der Eiskonditor steht in den frühen Morgenstunden auf, das muss man wollen. Und die meisten Kinder der Eisdielenbetreiber haben schlicht kein Interesse, 40 Jahre lang jeden Samstag und Sonntag zu arbeiten – im Winter schließen und in die alte Heimat fahren, auch das gibt es kaum mehr“, erläutert de Lorenzo, dessen drei erwachsene Söhne völlig andere Laufbahnen eingeschlagen haben.

„Das größte Problem ist, eine geeignete Nachfolge zu finden.“ Guiseppe de Lorenzo

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Freitag, 1. Juni 2018

Einblicke in die Eisproduktion Handgemachtes Eis vom Gelatiere ist aufwendig, dafür aber hochwertig. Guiseppe de Lorenzo betreibt hierfür ein modernes Eislabor in der Essener Innenstadt

Um die Tradition der italienischen Eis Kunst und die Identität des Produktes zu erhalten und den Berufsstand zu schützen, erarbeitet man bei Uniteis derzeit Standards für eine Ausbildung zum Gelatiere in Deutschland. Vielleicht kommt ja doch noch ein de Lorenzo in den Genuss davon, denn Guiseppe hat noch ein Ass im Ärmel. Am Nebentisch löffelt gerade sein dreieinhalbjähriger Sohn Leonardo sein Schoko-Eis. Vom Produkt scheint er zumindest sehr überzeugt zu sein. Die Eismaschine kühlt u.a. den vorbereiteten Eisfond.

Sperti Vittorio bereitet das fertige Eis für den FOTOS: FABIAN STRAUCH Abtransport vor.

handgeSperti Vittorio das Nicht lange lagert . ht ge es in die Cafés machte Eis, bevor

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Ob Sohn Leonardo in die Fußstapfen seines Vaters treten wird, ist noch unklar.

Kohle und Einhorn – Die Eis-Trends Neben den Klassikern gibt es jede Saison auch neue Sorten Von Markus Grenz

Vanille, Schokolade, Stracciatella, Erdbeere: Fragt man Profis wie Eisdielen-Besitzer Guiseppe de Lorenzo oder die Vertreter des Berufsverbandes Uniteis nach den beliebtesten Eis-Sorten, könnte man meinen, die Zeit wäre stehen geblieben. Doch neben den klassischen Top-Sellern tut sich eine ganze Menge in der Szene. Hier einige Trends. Viel diskutiert in Online-Foren und häufig gesucht in den Innenstädten ist das schwarze Eis mit Vanille-Geschmack, gerne auch noch in einer schwarzen Waffel. Die Eismasse wird mit Aktivkohle eingefärbt, die nahezu geschmacksneutral ist. Alter Wein in neuen

Einhorn-Becher und KohleEis sind die Trends 2018. FOTOS.: MINIDROPS / GETTY

Schläuchen? Das Auge isst bekanntlich mit und das Erlebnis ist schon ungewöhnlich. Vor so gut wie keiner Branche haltgemacht hat der Einhorn-Trend. Das haben auch die Gelatiere erkannt und darauf reagiert. Sei es mit getürmter Eismasse, oft knallig bunt, die am oberen Ende spitz zuläuft, oder schlicht mit einer umgedrehten Waffel, die das Top-

ping abschließt: Ohne Einhorn geht scheinbar – zumindest beim weiblichen Geschlecht – gar nichts mehr. Auch die gängigen Ernährungstrends spiegeln sich im Eis-Angebot immer häufiger wider. Ob Bio-Eis, veganes Eis oder Eis für Allergiker: Auch diese Sparten werden immer mehr bedient, allerdings häufiger in den großen Städten des Landes. Dazu ein kleiner Tipp: Klassisches Fruchteis, also Sorbet und kein Milch-Fruchteis, ist vegan und besteht nur aus Wasser, Zucker und Früchten. Und wer sich sein süßes Erlebnis nach politischen Gesichtspunkten auswählt, der greift zum FairTrade-Eis. Weit verbreitet, nicht nur in der Instagram-Food-Szene, ist die selbstgemachte Nicecream. Milchprodukte im Eis werden hier häufig ersetzt durch gefrorene Bananen. Die werden im Mixer püriert und mit allem, was das Herz der Bloggerin begehrt, gemixt. „Yummie“ („Lecker“)!


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SOMMER IN DER REGION

Freitag, 1. Juni 2018

Ein Paradies für Tier und Mensch In Xanten am Niederrhein hat sich eine traumhafte Auenlandschaft gebildet, in der Vögel, Fische und Nager ein Zuhause gefunden haben. Biologin Dr. Ilka Weidig führt durch das Naturschutzgebiet

Das Naturschutzgebiet der Bislicher Insel erstreckt sich auf einer Fläche von über 1000 Hektar.

Von Veit Ellerbrock Xanten. Hier, auf dem ehemaligen Trafoturm, lässt sich die Vielfalt der Bislicher Insel erahnen. In rund 15 Metern Höhe wandert der Blick vom wolkenlosen Himmel über den weiten Niederrhein, über Felder und Wiesen hinweg, bis hin zum Rhein, der teilweise durch das Naturschutzgebiet führt. Von der Unruhe des Stadtlebens ist nichts zu spüren – es ist ruhig. Mitten in die Stille hinein fliegen zwei Graugänse über das NaturForum hinweg. Ihre Flügelschläge sind laut, aus ihrem Schnabel ertönt ein lautes Schnattern. Vor vielen Jahren schon fanden die Graugänse in Xanten ein Zuhause, wie viele andere Vogelarten, Insekten oder auch Fische. Und wie Dr. Ilka Weidig, die seit knapp einem Jahr als Biologin im NaturForum arbeitet und von der Vielfalt der Auenlandschaft begeistert ist: „Hier ist es zu jeder Jahreszeit schön. Zum Beispiel im März zum Beginn des Frühlings, wenn die Bäume langsam anfangen zu blühen, die Vögel aber noch zu se-

hen sind.“ Oder im Herbst, wenn sich in den Morgenstunden regelmäßig eine seichte Nebeldecke über der Auenlandschaft ausbreitet.

„In der Stadt gibt es Autos, hier gibt es eben zwei Seeadler“ Dr. Ilka Weidig, Biologin, kennt die Gefahren für die anderen Tiere.

Pro Jahr leiten Weidig und ihre Kollegen circa 100 Führungen, dazu gibt es 50 gebuchte Exkursionen zu verschiedenen Themen. Häufig führen sie Schulklassen, am Wochenende dann Familien und Naturliebhaber vom ganzen Niederrhein. Während sie von ihrem Arbeitsalltag berichtet, kommen wir an einem Gewässer vorbei. Wenige Meter weiter lag früher ein Campingplatz. Der wurde aber im Zuge der Umgestaltung abgerissen. Statt Campingwagen und Grill haben hier heute

Für Graureiher gibt es in der Auenlandschaft flache Gewässer, damit sie schneller Fressen finden. FOTO: RVR/SPRAVE

Frösche, Enten, Haubentaucher und Störche ihre Zelte aufgeschlagen. „Wir greifen an den meisten Stellen nicht ein, aber hier haben wir zum Beispiel einen Flachwasserbereich geschaffen“, berichtet die 42-Jährige und zeigt auf das weitläufige Gewässer, das von Bäumen und Gebüschen umgeben ist. „An manchen Stellen ist das Wasser nur wenige Zentimenter tief, damit Reiher und Störche im Wasser nach Nahrung suchen können.“ Am See vorbei geht es zur ersten Aussichtshütte, in der es sich eine Frau mit einem Fernglas gemütlich gemacht hat. Interessiert schaut sie sich die Vögel am anderen Ende des Gewässers an. Doch heute passiert nicht viel und so macht sich auf den Weg zur zweiten von drei Hütten.

Kühe sorgen für Vielfalt Mittlerweile hat sich die Luft ordentlich aufgewärmt. Das Thermometer zeigt weit über 20 Grad an. Längst haben sich viele Tiere ins Grün zurückgezogen. Auch die Kühe, die eigentlich zwischen der zweiten und dritten Aussichtshütte grasen. Die Vierbeiner haben eine wichtige Rolle, denn sie fressen das Grün ab und geben Vögeln die Möglichkeit, ihre Brutlager aufzuschlagen. „Wenn man nichts machen würde, wäre hier irgendwann ein Wald“, berichtet Weidig. Außerdem locken sie mit ihrem Kot Insekten an, die auch im Naturschutzgebiet immer mehr zu Seltenheit geworden sind. Ab und an fliegt mal eine Hummel über unsere Köpfe hinweg, aber das Insektensterben wird auch rund um

FOTO: HANS BLOSSEY

Auch ein Seeadler-Pärchen lebt im Naturschutzgebiet in Xanten. FOTO: GETTY

die Bislicher Insel deutlich: „In den Streuobstwiesen hat es vor 30 Jahren anders gesummt und gebrummt.“

Der Stärkste überlebt Nur einige Meter weiter, umgeben von Büschen und Sträuchern, liegt die dritte Hütte. Auf dem Wasser ist es ruhig. Nur zwei Enten kühlen sich ab und schwimmen an einer großen Insel vorbei. Dort, zwischen alten, abgestorbenen Ästen und Bäumen, lebt die größte Kormoran-Kolonie Nordrhein-Westfalens. Der Ausblick ist paradiesisch. Doch ein Paradies ist die Bislicher Insel mitnichten, erklärt die Expertin, denn im Naturschutzgebiet habe jeder seine natürlichen Feinde. „Vielfalt ist erst einmal toll, aber wo es viel zu fressen gibt, gibt es auch viel Konkurrenz.“ Oder ganz nach Darwin: Der Stärkste überlebt. „Das Leben von Gänsen im Stadtpark ist von anderen Dingen und Problemen geprägt als hier in der Auenlandschaft. In der Stadt gibt es Autos, hier gibt es eben zwei Seeadler,“, sagt die Biologin und fügt hinzu, dass es sogar Studien gäbe, nach denen Amseln in der Stadt älter werden als im Naturschutzgebiet – wo Wanderfalken, Füchse und Marder stets auf der Pirsch sind. Zwar zeigen sich die Adler und Füchse selten, doch die Tiere müssen immer auf der Hut sein. Ein Paradies bleibt die Bislicher Insel trotzdem. Zumindest für Menschen.

Auch Wasservögel wie der Haubentaucher haben in Xanten ein Zuhause gefunden. FOTO: RVR/SPRAVE

Unter der Woche ist es am besten

K Das NaturForum ist ein Besucherzentrum des Regionalverbands Ruhr (RVR). Der RVR besitzt und betreut große Flächen der Bislicher Insel. K Auf dem Gelände des Natur-

schutzgebietes gibt es ein Café, das ab Mai von dienstags bis sonntags ab circa 11 Uhr geöffnet hat.

K Das NaturForum hat vom 1. April bis 31. Oktober jeden Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Montags

ist Ruhetag. Weitere Informationen zum Naturschutzgebiet gibt es im Internet unter www. bislicher-insel.rvr.ruhr.

K Ilka Weidig empfiehlt, am besten unter der Woche morgens zur Bislicher Insel zu kommen, denn dann ist es im Naturschutzgebiet ruhig und die Tiere trauen sich eher aus ihren Verstecken heraus. K Weidig weist darauf hin,

dass der Artenschutzturm nur bei Exkursionen geöffnet ist.


Freitag, 1. Juni 2018

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AKTIV & UNTERWEGS Der Berg ruft. Ausstellung im Gasometer Oberhausen Die Ausstellung „Der Berg ruft“ erzählt in ergreifenden Bildern und bewegten Naturfilmszenen von der Faszination, die Berge für die Menschen haben. Zu sehen sind diese noch bis zum 30. Dezember 2018. Der Gasometer öffnet dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Erwachsene zahlen 10 €, ermäßigte Tickets gibt es für 7€. Kinder bis fünf Jahre haben freien Eintritt.

Die Matterhorn-Skulptur

Bis Ende des Jahres erleben die Besucher des Oberhausener Gasometers eine Bergwelt. Highlight: eine monumentale Skulptur des Matterhorns (re. Foto) im 100 Meter FOTOS: KAI KITSCHENBERG (3) hohen Luftraum, auf dem der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten gezeigt wird.

Kalbender Gletscher in Alaska

Farbenspiel durch die Sonne Arizonas

Seilschaft am Mont Blanc

Gewaltige Eisbrocken lösen sich von der Stirn des Mendenhall-Gletschers und stürzen in das Wasser des Mendenhall-Sees nahe der Hauptstadt Juneau. Der Gletscher kalbt. Er ist einer der 38 großen GletFOTO: PETE MCBRIDE/GETTY scher des Juneau-Eisfelds.

Das Farbenspiel des Antelope Slot Canyons in Arizona macht sprachlos. Unter der Erdoberfläche öffnet sich hier eine märchenhafte Welt. Geschaffen hat dieses Naturwunder ein unscheinbarer 30 KiloFOTO: BRAD MCGINLEY/GETTY meter langer Fluss.

Eine kleine Seilschaft klettert über den eisbedeckten Innominatagrat – „Der namenlose Grat“ – an der Südwand des Mont Blanc in Frankreich. Mit 4810 Metern ist er der höchste Berg der FOTO: RALF GANTZHORN EU.

Buchtipp

K „Der Berg ruft“ heißt der Kata-

Die Tierwelt in den Bergen

Mensch und Tier

Unter extremen klimatischen Bedingungen hat sich in den Bergen auch eine einzigartige Tierwelt entwickelt. Eindrücke davon gibt es auch im Gasometer zu bestaunen. FOTO: KAI KITSCHENBERG

Ein mongolischer Wanderhirte präsentiert im Altai-Gebirge in der Mongolei seinen Steinadler. F.: MICHAEL MARTIN/LAIF

log zur gleichnamigen Ausstellung im Gasometer Oberhausen. Auf über 170 Seiten gibt es die Ausstellungsinhalte zu bestaunen. Erschienen ist das Buch im Klartext Verlag. Es ist in den Leserläden von NRZ und WAZ erhältlich. Preis: 19,95 €. ISBN: 978-3-8375-1918-1


AKTIV & UNTERWEGS

„Es geschieht nur in ganz heißen Sommern. Und diesen Sommer wird es sehr heiß.“ Anna (Elpidia Carillo), einzige Überlebende einer Alien-Attacke, hat keine guten Neuigkeiten für Arnold Schwarzenegger alias Major Alan „Dutch“ Schaefer. (Predator, 1987)

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„Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast.“ Ein Jahr nach einem schrecklichen Autounfall öffnet Julie James (Jennifer Love Hewitt) einen Brief mit unbekanntem Absender… (Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast, 1997)

Freitag, 1. Juni 2018

„Unter der Einwirkung von Wärme dehnen sich die Körper aus. Zum Beispiel unter der Bettdecke oder im Sommer, da werden die Tage länger, und zwar auch wegen der Einwirkung der Wärme.“

„Ich habe den Sommer über einen ganz neuen Trainingsplan entworfen. Wir trainieren jetzt früher, härter und länger.“ Quidditch-Käpitän Oliver Wood weiht Harry Potter in seine neue Taktik ein. (Harry Potter und die Kammer des Schreckens, 2002)

Hansi Kraus alias Pepe der Paukerschreck erläutert physikalische Grundgesetze. (Wir hau’n die Pauker in die Pfanne – Die Lümmel von der ersten Bank / Teil 5, 1970)

„Sagen Sie mal, gehören da nicht von Links- und Rechtswegen zwei Türen dran?“ – „Ach, wir haben auf Sommerbetrieb umgestellt.“ Aushilfspolizist Kirby (Terence Hill) erläutert seinem Captain, warum das Dienstfahrzeug ein klein wenig gelitten hat. (Zwei außer Rand und Band, 1977)

Die heißesten Kino-Sprüche „Ey Napoleon, was hast du im letzten Sommer gemacht?“ – „Ich hab dir doch gesagt – ich war mit meinem Onkel in Alaska und hab Vielfraße gejagt.“ – „Hast du auch welche erlegt?“ – „Ja, das waren mindestens fünfzig. Die haben ständig meine Vettern angegriffen, was würdest du denn in so einer Situation tun?“

Für Sie gesammelt: Die besten Filmzitate zur warmen Jahreszeit „Eine Salbe macht noch keinen Sommer.“

„Der Boden ist zu hart. Für ein anständiges Begräbnis hätten sie sich im Sommer töten lassen müssen.“

Radiomoderator Mike Krüger hat gute Tipps für den richtigen Lichtschutzfaktor. (Piratensender Powerplay, 1982)

Jeff Rooster alias Rooster Cockburn, eher pragmatisch als pietätvoll. (True Grit, 2010)

Napoleon (Jon Heder) berichtet den Highschool-Kumpels von seinen nicht ganz alltäglichen Ferien-Aktivitäten. (Napoleon Dynamite, 2006)

„Dies wird einer der besten Sommer werden, die wir jemals hatten.“ Bürgermeister Vaughn (Murray Hamilton) erweist sich gegenüber Chief Brody (Roy Scheider) nicht unbedingt als Prophet. (Der weiße Hai, 1975)

„Mark Twain hat mal geschrieben: Der kälteste Winter, den ich erlebt habe, war ein Sommer in San Francisco.“ Chester „Doc“ Dalton (Roberts Blossom) macht Clint Eastwood & Co. wenig Hoffnung auf einen erfolgreichen Ausbruch von der Gefangeneninsel in der Bucht von San Francisco. (Flucht von Alcatraz, 1979)

„Franz, komm schnell raus, g’schneit hat’s!“ – „G’schneit hat’s? Unglaublich, mitten im Sommer.“

„Es war im Sommer ‘63. Alle nannten mich ‚Baby‘. Irgendwie hat mir das gefallen. Es war, bevor Präsident Kennedy ermordet wurde, bevor es die Beatles gab, und als ich nicht abwarten konnte, der Friedensbewegung anzugehören. Das war der Sommer, in dem ich dachte, dass ich nie einen Jungen finden würde, der so toll ist wie mein Dad.“ Frances „Baby“ Houseman (Jennifer Grey) erinnert sich an die Zeit vor Patrick Swayze alias Johnny Castle. (Dirty Dancing, 1987)

Kaiserwetter sieht anders aus, wie Romy Schneider und Karl-Heinz Böhm leidvoll erfahren müssen. (Sissi – Schicksalsjahre einer Kaiserin, 1957) Eine Auswahl von Frank Grieger. Montage: Lisa Dießner


DEINE SEITE www.waz.de/kinder

KURZ GEMELDET

Eine künstliche Sprache für die Welt KULTUR — „Kiel estis via tago?“ „Dankon, bone.“ Huch, das klingt ja komisch! Das ist eine Sprache namens Esperanto. Übersetzt heißen die Sätze: „Wie war dein Tag?“ - „Danke, gut.“ Esperanto ist eine Kunstsprache. Sie wurde vor mehr als 130 Jahren erfunden. Mit ihr sollen Menschen auf der ganzen Welt leichter miteinander reden können. Das hat zwar bisher nicht ganz geklappt, aber immerhin können viele Tausend Menschen diese Sprache. Es gibt auch viele Bücher und Lieder und Internet-Seiten in der Sprache.

Philipp Lahm freut sich aufs Drumherum SPORT — Bei dieser Weltmeisterschaft wird der Fußballer Philipp Lahm nur zugucken. Vor vier Jahren stand er noch als Spieler auf dem Platz und wurde Weltmeister. Seine Karriere hat er nun beendet, aber zur WM nach Russland reist er trotzdem. „Ich freue mich und bin gespannt auf die WM“, sagt er. Er will jetzt das Drumherum kennenlernen, dafür hatte er als Spieler keine Zeit.

FRAGE DES TAGES

Worin tragen Seepferdchen-Väter die Eier mit ihrem Nachwuchs herum? a) in einer Tasche am Bauch b) in einem Rucksack auf dem Rücken c) in einem Turnbeutel am Schwanz Auflösung: Richtig ist Antwort a. Bei den Seepferdchen übergibt das Weibchen die Eier dem Männchen. Die Eier entwickeln sich in einer Brut-Tasche. WITZ DES TAGES

Frau Müller hat im Zug ihren Hund dabei. Der Schaffner verlangt für das Tier den vollen Fahrpreis. Frau Müller ärgert sich: „Dann kann mein Hund aber auch einen Sitzplatz haben!“ „Von mir aus“, antwortet der Schaffner, „aber die Füße darf er nicht auf den Sitz legen.“ Oskar Böhme (11)

SO ERREICHT IHR UNS

Katrin Martens und Corinna Zak machen die Kindernachrichten. Schreibt uns eine Mail an kinder@waz.de oder einen Brief an die WAZ-Kindernachrichten, 45123 Essen. Wenn ihr uns eure eigenen Artikel schickt, veröffentlichen wir sie auf unserer Internetseite waz.de/kinder.

Vincent ist ein Schach-Superstar Gegen Vincent Keymer haben auch Erwachsene keine Chance. Der 13-Jährige besiegt sie fast immer. Und zwar im Schach. Dafür muss er hart trainieren TALENT — Mit fünf Jahren fragte Vincent Keymer seine Mutter, wie man Schach spielt. Schnell war er in dem komplizierten Brettspiel besser als seine Eltern. Heute ist er 13 Jahre alt und besiegt sogar Profis. Uns hat er erzählt, wie er das schafft. Du bist meist viel jünger als die anderen Spieler. Wie reagieren die? Vincent: Beim ersten richtig guten Turnier hatte ich noch den Bonus des Kleinen. Aber danach nicht mehr. Ich merke jetzt: Manche spielen gegen mich mit voller Energie, gewinnen vielleicht gerade so und sind dann so müde, dass sie den Rest der Spiele verlieren. Wie lange dauert bei dir ein Spiel? Mein Rekord liegt bei sechs Stunden und 45 Minuten. Ab fünf Stunden beginnt bei mir die kritische Grenze. Man wird müder und anfälliger für Fehler. Wie trainiert man, sich so lange zu konzentrieren? Man braucht Fitness für die Turniere, weil die sehr anstrengend sind. Wenn man zwei Spiele am Tag hat – und die können beide bis zu fünf Stunden dauern –, muss man viel Kraft mitbringen. Dafür fahre ich vor allem viel Fahrrad. Früher habe ich Fußball gespielt, aber ich konnte fast nie die Spiele mitspielen, weil

BUCH-TIPP

Erin Hunter: Bravelands Der Außenseiter Beltz & Gelberg 14,95 Euro Das Autorenteam der „Warriorcats“ stellt in der neuen Buchreihe das Leben in der Savanne in den Mittelpunkt. Unter den Tieren gilt dort das Gesetz „Töte nur, um zu überleben.“ Aber einige brechen dieses Gesetz. Drei junge Tiere sind betroffen: Ein junger Löwe, ein Pavian und ein junges Elefantenmädchen. Sie heißen Heldenmut, Dorn und Aurora und viele Abenteuer warten auf sie. Es geht um Gut und Böse, spannend und detailreich erzählt.

WUSSTEST DU ...

Der 13-jährige Vincent Keymer während eines Schachturniers. Stundenlang muss sich Vincent beim Schach konzentrieren. FOTO: DPA

am Wochenende auch Schach-Turniere sind.

die

Wie viel Schach trainierst du? Drei Stunden an normalen Ta-

gen. Aber das variiert. Manchmal kommt ein Trainer vorbei, dann mache ich mit ihm sieben oder acht Stunden an einem Tag. Mal gibt es in einer Woche

Darum ist Schach so faszinierend K Vincent hat uns erzählt, was ihn am Schachspiel besonders fasziniert: „Es ist sehr kompliziert. Man hat viele Möglichkeiten und bekommt immer was Neues auf dem Brett zu sehen.“ K „Beim Fußball gibt es ein paar Tricks, die man lernen

kann. Wer die am besten beherrscht, ist der Beste.“ K „Beim Schach muss man immer improvisieren, je nachdem, ob der Gegner vorbereitet ist oder nicht. Oder man trickst selber. Das ist jedes Mal anders.“

vier Klassenarbeiten, dann kann ich gar nicht trainieren. Magst du auch andere Spiele? Eigentlich nicht. Höchstens ab und zu ein Gesellschaftsspiel. Schach ist das, was ich mit Abstand am meisten mache. Möchtest du eines Tages vom Schach leben? Irgendwann wäre es schon schön. Im Moment ist es aber ganz schwer zu sagen, ob das realistisch ist. Viele Großmeister sagen, so richtig wichtig wird es im Alter von 18 bis 20.

Maulwürfe dringen weiter in die Städte vor

Wissenschaftler rudern wie die römischen Legionäre

Über die Hügel freuen sich längst nicht alle

Dafür bauten sie ein altes Boot nach

mehr Fußball TIERE — Überall spielen. Fürs TraiErdhügel, doch ning könnte man vom Verursacher mit dem Ball aber ist weit und breit gut im Slalom an nichts zu sehen. den Hügeln vorOb in Parks, Gärbeikurven. ten und SportTrotzdem darf plätzen - Maul- Maulwürfe haben ihre Spuden würfe hinterlas- ren hinterlassen. FOTO: DPA niemand Maulwurf einfach sen ihre Spuren fast überall. Manche Experten fangen oder ihm etwas tun. Die sagen: Der Maulwurf kommt Tiere sind speziell geschützt! auch immer öfter in die Städte. Man darf sie höchstens verDas freut nicht jeden. Denn wer scheuchen. Zum Beispiel, inetwa im Garten einen schönen dem man Ball spielt und so Rasen anlegt, hat meist keine Krach macht. Das kann den Lust auf Maulwurfshügel. Oder Maulwurf so sehr nerven, dass guckt mal das Foto vom Fußball- er abhaut – und zum Beispiel im platz an. Da könnte niemand Nachbargarten weiterbuddelt.

len die Römer vor FORSCHUNG — rund 2000 Jahren Vor vielen Jahren durch Bayern gezogen die Römer rudert sein. Exdurch Deutschperten und Stuland. Doch oft denten bauten konnten sie gar das Schiff nach. nicht zu Fuß irgendwo entlang- Das nachgebaute Römer- Mehr als ein Jahr ziehen. Denn es schiff auf Testfahrt. FOTO: DPA lang sägten und hämmerten sie gab keine Straßen. Sie nutzten deswegen oft daran. Dann probierten sie es die Flüsse. Soldaten wurden ge- auf dem Main-Donau-Kanal nauso in Schiffen transportiert aus. Um voranzukommen, bauten sie nicht einfach einen Mowie Waren. Ab und zu finden wir Schiffe tor ein. Sie ruderten. Die Foraus dieser Zeit. Wie etwa im scher wollen herausfinden, mit Bundesland Bayern. Dort ent- welcher Technik die Römer rudeckte man die Reste von zwei derten und wie weit man damit Militär-Schiffen. Mit diesen sol- an einem Tag kommt.

... dass man gar nicht so genau weiß, wann das Schachspiel erfunden worden ist? Eine Legende erzählt, dass der Inder Sissa es vor mehr als 1600 Jahren erfunden hat. Sein König soll so dankbar gewesen sein, dass er Sissa einen Wunsch erfüllen wollte. Der wünschte sich Reiskörner. Aufs erste Feld des Schachspiels sollte der König ein Korn legen lassen, aufs zweite Feld zwei, aufs dritte acht, aufs vierte 16 – und auf jedes weitere Schachfeld immer doppelt so viele wie auf dem Feld davor. Der König sagte zu, hatte aber schlecht gerechnet. Alle Reiskörner des Königreichs reichten dazu nicht aus. Ihr könnt es ja mal nachrechnen.

TV-TIPP

Malte Arkona ist der Moderator der Sendung. FOTO: KIKA

Die beste Klasse Deutschlands: Das Superfinale Wer wird „Die beste Klasse Deutschlands“ 2018? Zum elften Mal präsentiert Malte Arkona das größte Schülerquiz Deutschlands. Rund 1100 Klassen der Stufen 6 und 7 hatten sich beworben. 32 Klassen aus 15 Bundesländern hatten mit ihren Bewerbungen die Jury überzeugt und zogen in den Wettbewerb. Die Klassen müssen sich auskennen, in Gebieten wie Natur & Umwelt, Sport, Musik, Erdkunde oder Essen & Trinken. Jeannine ist unterwegs in Edinburgh, um von dort Fragen rund um Schottlands zweitgrößte Stadt zu stellen. Im Superfinale-Studio dabei sind Ralph Caspers, Bürger Lars Dietrich, Tischtennisstar Timo Boll, Schauspielerin Luise Befort und die YouTuberin Kim Unger. Kika, 19.30 Uhr


Freitag, 1. Juni 2018

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FREIZEIT & EVENTS

gten Kokere Auf der stillgele t: ilz m ch rs ve ssel. dustrie einem alten Ke Wo Natur mit In wächst Farn in de ar ck Hu dun in Dortm

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Ein Besucher hält ein Glas mit Lupe, in de sich eine Wan r ze befindet.

Wie Wildkräuter die Kokerei Hansa erobert haben

Werner Zorembski riecht an einer Gundermann. Die Pflanze ist bekannt dafür, Schwermetalle aus dem Körper zu leiten.

Von Thuy-An Nguyen Fotos: Lars Heidrich Dortmund. Eine Birkenallee reiht sich entlang der Lok aus massivem Stahl. Zu ihren Hochzeiten fuhr die Lok pausenlos die Strecke zum Hochofen und zu ihrem Stellplatz hin und her – gefüllt mit glühend heißem Koks. Heute ruht sie auf dem ausrangierten Gleis. Der rostig-braune Stahl ist umgeben von wild wucherndem Grün. Dieses Gewächs ist Grund des Besuchs einer 30-köpfigen Gruppe, die zur Wildkräuterführung auf der Kokerei Hansa in Dortmund-Huckarde erschienen ist.

Natur hat sich Raum zurückgeholt Der Himmel ist grau bewölkt, es weht eine frische Brise und die Besucher sind in Windjacken eingepackt. Birgit Ehses begrüßt die Gruppe am Eingang der Kokerei. Seit der Stilllegung hat sich die Natur den Raum, der einst von Industrierohren und Koksofenbatterien vereinnahmt wurde, zurückgeholt. Pflanzen, die wie ungetümes Unkraut erscheinen, entpuppen sich als Teil einer artenreichen Natur, die ungeahnte Heilkräfte birgt.

Hier auf dem Gelände hätten sich sowohl heimische als auch gebietsfremde Pflanzen eingenistet, erklärt die Naturführerin Ehses. „Der Boden ist weit nährstoffarmer als andere natürliche Umgebungen“, sagt die Landschaftsökologin. Aus dem Gemäuer um den rostfarbenen Kondensableiter unweit des Eingangs wächst die Mauerraute. „Sie stammt aus den Alpen“, erklärt Birgit Ehses. Einst empfahl man, sie in Wein zu kochen und als Haarspülung zu verwenden. Die Pflanze werde immer seltener, weil es kaum unverputzte Mauern gebe. Sie siedeln sich häufig auf Baracken an.

„Pflanzen aus dem Mittelmeerraum fühlen sich wohl auf trockenem Boden.“ Birgit Ehses, Naturführerin

Gelbes Pfautier, Stinkender Storchschnabel und die Kanadische Goldrute wachsen ebenfalls an dieser Stelle. Sie sind mit Wind oder mit Tieren hergekommen oder wurden als Zierpflanzen hergebracht und haben sich verwildert. Während Birgit Ehses von Johanniskraut, Wild-

Route Industrienatur: Neue Vielfalt auf alten Brachen

K Die Zentralkokerei Hansa stand

im Mittelpunkt der Dortmunder Montanindustrie. 1992 wurde die Kokerei stillgelegt und ist heute im Besitz der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. Wie auf vielen anderen Industriebrachen hat sich auf dem Gelände ein Ökosystem mit hoher Artenvielfalt herausgebildet.

K Die „Route Industrie-

natur“ ist eine Themenstrecke der „Route Industriekultur“ des Regionalverbands Ruhr (RVR). Infos zu den Routen und zu den Führungen gibt es im Besucherzentrum unter s 0180/4000086 oder auf www.route-industriekultur.de.

flieder und Reinfarn erzählt, zupfen die Besucher Kräuter vom Boden, riechen daran, sammeln sie in der Hand oder stecken sie in die Hemdtasche. Eine Besucherin deutet auf eine Pflanze mit dünnen, zapfenartigen Blättern. Die sind sehr zäh, sagt die Frau. „Das ist Fasziniert lausch der Schachtelhalm“, erklärt en die Besucher den Erläuterun kung der versch Ehses. „Der ist Hinweisgeber gen über Herkun iedensten Wild ft und Wirkräuter oder sa für verdichtete Böden.“ Ähnmmeln welche ein. lich häufig ist die Nachtkerze auf der Brache zu finden oder das Waldhabichtskraut. Letzteres Die Gruppe wandert weiter, unter wächst meist auf trockenen Standor- einer Schwachlastleitung hindurch, Eine Bambusart, der Stamm ist ten wie Schotter. um die sich ein schlanker weißer Bir- von innen hohl. „Damit habe ich als kenstamm rankt. Die Hängebirke Kind gespielt, ich habe es als Blasspielt auf Industriegeländen eine rohr genutzt“, sagt Teilnehmer Gerd große Rolle, da sie vor allem auf Seibel. Seine Tochter hat ihn mit dienährstoffarmen Standorten wächst. ser Wildkräuterführung überrascht, Seitlich des zugewachsenen Wegs, erzählt er. Damit er die Kokerei aus zwischen Bäumen und Grün ver- einer anderen Perspektive erlebt. steckt sich ein Schild mit der Auf- „Auf dem Weg hierher habe ich es schrift „Industriedenkmal Kokerei gleich gemerkt und gesagt: Die KoHansa“. Schwarzes Graffiti kreuzt kerei kenne ich doch auswendig!“, die Aufschrift. Hier wachsen Wald- sagt der 62-Jährige. Er hat von 1978 erdbeeren oder der Japanische Stau- bis 1992 als Abteilungsleiter auf der denknöterich, erläutert Ehses. Kokerei gearbeitet. Die Überraschung, so Seibel, ist der Tochter geZum Johanniskraut hat Birgit Ehses das lungen: „Das alles habe ich wirklich noch nicht gewusst.“ passende Fläschchen Öl mitgebracht.


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FREIZEIT & EVENTS

Freitag, 1. Juni 2018

KRÄUTER Löwenzahn Harntreibend. Der Löwenzahn ist eigentlich eine Scheinblüte. Die Samen des verblühten Exemplars können Hunderte Meter weit fliegen, die gelben Blättchen sind essbar. Der Pflanzensaft aus den Stengeln oder auch Löwenzahntee hat eine harntreibende, verdauungsanregende Wirkung und kann Nierensteine auflösen.

„Das Interesse an der Natur ist wieder da.“ Birgit Ehses, Naturpädagogin

Von Thuy-An Nguyen Essen. Brennesseln, Taubnesseln oder Spitzwegerich sieht ein Spaziergänger typischerweise am Wegesrand wachsen. Das sind sogenannte Zeigerpflanzen, sagt Birgit Ehses von „Natursprung ruhr“. Sie weisen auf besonders nährstoffreichen Boden hin. Ausschlag gibt da auch der Einfluss von Stickstoff, Tierkot oder Abfällen wie Brotkrümeln. „Nicht alle Pflanzen benötigen so viele Nährstoffe zum Wachsen“, erklärt die Naturpädagogin. Die Königskerze etwa, auf die sich die vom Aussterben bedrohte Wildbiene speziali-

siert, braucht trockene Standorte. „Folgen wie diese haben die Menschen wieder aufmerksamer für die Natur gemacht. Ich bekomme häufiger Anfragen, was man im Garten gegen das Insektensterben machen kann“, sagt Birgit Ehses.

Kleeblatt Pflege. Die verschiedenen Arten des Kleeblatts wurden schon in der Antike wegen ihrer heilenden Wirkung geschätzt. Der Fieberklee regt die Verdauung an, während Wundklee für die Haar- und Hautpflege genutzt werden kann.

Johanniskraut

Nicht nur das: Immer mehr Menschen beschäftigen sich infolgedessen auch mit der Frage, welchen Nutzen die wild wachsenden Kräuter am Wegesrand – häufig unterschätzt als „Unkraut“ – eigentlich haben. Brennesseln etwa haben eine entschlackende und entgiftende Wirkung. Anstatt ferti-

Kratzdistel Gallensteine. Dieses stachelige Wildkraut ist seinem Namen treu. Die Blüten geben viel Nektar ab, was wichtig für Insekten ist. Für den Menschen wirkt es anregend auf Leber und Niere und soll Gallensteine auflösen. Wirksam ist es auch bei Wundbehandlung von Insektenstichen.

gen Tee zu kaufen, lässt sich einfach ein Teeaufguss aus frisch abgezupften Blättern herstellen. Die Pflanze wird auch gerne in Naturkosmetik angewandt, weil sie gut für die Kopfhaut ist und Haare glänzend macht, so Ehses. Ähnlich lässt sich aus der Weißen oder Roten Taubnessel ein heilsames Getränk aufbrühen. Schon die Kräuterfrauen im Mittelalter wussten um die Wirkung der Taubnessel gegen Menstruationsbeschwerden.

Rainfarn Giftig. Die Pflanze riecht intensiv, kopfüber aufgehängt kann sie Fliegen vertreiben. Rainfarnöl hat eine giftige Wirkung und wird heute nicht mehr als Heilpflanze genutzt. Früher wandte man es bei Wurmerkrankungen oder gar Abtreibungen an.

Spitzwegerich

Entspannung. Gibt man eine Handvoll Jo-

hanniskraut-Blüten in ein Glas mit Öl, entsteht ein hochwertiges Heilmittel. Aufgrund der entspannenden Wirkung lässt es sich als Massageöl verwenden. Hat sich das Öl verfärbt, einfach die Blüten absieben und nutzen.

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Hustensaft. Der Spitzwegerich hat eine schleimlösende Wirkung und kann als Hustenmittel verwendet werden. Früher hat man den Hustensaft selbst hergestellt: Die Blätter stapelte man mit Zucker in ein Gefäß, das ergab einen Sirup.

FOTOS: LARS HEIDRICH, GETTY (6)

Am Wegesrand

Heilsame


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FREIZEIT & EVENTS

Freitag, 1. Juni 2018

Rudelgucken im Westen Die ganz großen Public Viewing-Events sind im Ruhrgebiet und Rheinland auf dem Rückzug. Dennoch gibt es auch zur Fußball-Weltmeisterschaft in Russland genug Gelegenheiten zum gemeinsamen Fiebern Von Markus Grenz

Dinslaken >> Zeche Lohberg. Alle Spiele des deutschen Teams gibt es in der Werkstatt Lohberg zu sehen. Zusätzlich versprechen die Veranstalter der DINArena ein buntes Rahmenprogramm. Zweieinhalb Stunden vor Beginn startet ein Shuttle-Bus vom Neutor alle halbe Stunde. Eintritt 6 Euro, Buchungen unter www.din-event.de.

Moers >> „ENNI.Sportpark Rheinkamp“. Eine der großen Public Viewing-Events am Niederrhein ist geschrunpft, steigt aber wieder im Ennie-Sportpark in Moers-Rheinkamp. Hier werden alle Spiele der deutschen Mannschaft unter freiem Himmel auf der Terrasse und wahlweise Indoor gezeigt. Der Eintritt ist frei.

Herne >> Veranstaltungszentrum Gysenberg, Am Revierpark. Über 2000 Besucher können die Spiele der deutschen Mannschaft im Biergarten am Eingang des Parks erleben. Nach den Spielen gibt es Talk mit Experten wie etwa Olaf Thon. Der Eintritt ist frei.

Mülheim >> Flughafen Essen/Mülheim und Franky’s im Wasserbahnhof. Mindestens die Vorrundenspiele der Deutschen werden im Hangar des Flughafens Essen/Mülheim gezeigt. Im „Franky’s im Wasserbahnhof “ gibt es alle Spiele der DFB-Elf. Flughafen Essen/Mülheim: Eintritt frei bei 10 Euro Mindestverzehr. „Franky’s im Wasserbahnhof“. Einlass ab 18 Jahre.

Bochum >> Bermuda-Dreieck und Bar Celona. Der Westpark in Hamme hat als Open Air-Location ausgedient. Nebenan will die Bar Celona die Lücke ausfüllen. Ansonsten wird das Bermuda-Dreieck Anlaufpunkt für unzählige Fußball-Fans werden. Bar Celona: 7,50 Euro Eintritt (inkl. zwei Getränke) bei deutschen Spielen, ansonsten Eintritt frei.

Dortmund >> Café Erdmann und DFB-Fußballmuseum. Am Westpark bietet das Café Erdmann die Spiele der DFB-Elf auf mehreren Monitoren und Großleinwand in Biergartenatmosphäre an. Außerdem kann man dem deutschen Team im DFB-Fußballmuseum in der Innenstadt in Liegestühlen zusehen. Der Eintritt für das Café Erdmann ist frei, das DFB-Museum verlangt 6 (VVK) bzw. 8 (AK) Euro.

Gemeinsam dem deutschen Team die Daumen drücken ist für viele Fans die schönste Art, eine WM zu erleben. FOTOS: LARS FRÖHLICH/MARC ALBERS/KERSTIN MÜLLER/DPA (2)

KOKOSKA/INGO

OTTO/OLIVER

Essen >> Elf Freunde – Die Arena/Seaside Beach Baldeneysee/Weststadthalle. Gleich mehrere Optionen gibt es in Essen zum Public Viewing. In ihre „Elf Freunde – Die Arena“ an der Rüttenscheider Ursulastraße mit In- und Outdoorbereich laden die Veranstalter der Agentur TAS zu allen Spielen mit deutscher Beteiligung. Open Air am Baldeneysee zeigt das Seaside Beach alle Spiele der WM

bei gutem Wetter. Alle deutschen Spiele und eine bunte Mischung weiterer erleben die Besucher der Essener Weststadthallen, einer Einrichtung des Jugendamtes. Elf Freunde – Die Arena: Eintritt 8,90 Euro. Seaside Beach Baldeney: Eintritt bis 19 Uhr 3,50 Euro/danach 1 Euro zzgl. 2 Euro Mindestverzehr. Weststadthalle: Eintritt frei.

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FREIZEIT & EVENTS

r! Tooor! Tooor! Tooo

Doch Wurstis Ruf blieb ungehört

4. Juli 1954: Deutschland – Ungarn 3:2 „Bozsik, immer wieder Bozsik! Der rechte Läufer der Ungarn hat den Ball – verloren, diesmal an Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen. Rahn schießt... Tooor! Tooor! Tooor! Tooor!“ Das Wunder von Bern. Kommt mir vor, als wäre ich dabei gewesen, hätte ich nicht entschuldigt gefehlt: Geburtsjahrgang 1963. Schade eigentlich.

Ein ganz und gar persönlicher Rückblick auf acht WM-Endspiele von 1954 bis 2014 Von Frank Grieger

WM-Sommer! Hurra! Nur noch knapp zwei Wochen! Sind schon Kaltgetränke eingelagert? Stehen bereits die ersten

30. Juli 1966: England – Deutschland 4:2 n.V. Das 3:2? Beim Barte des Paul Breitner: Niemals war der Ball hinter der Linie! Merkt doch sogar ein knapp dreijähriger Dotz, der zur Endspiel-Zeit in seinem Bettchen ratzt. Einen Fernseher hätten wir eh noch nicht gehabt.

11. Juli 1982: Italien – Deutschland 3:1 Krrrhhhhrhhhhhh. Der Schiedspfiööööö bratzel bratzel pfffft Altobelli bratzel bratzel Rossi kkkrrrhhhhrhhhhh Italien pfürrrrrrrtttttllll Schon wieder Tor huiiiiiiiischnzprgnmpf. So klingt das Anfang der Achtziger, wenn du ein WM-Finale mittels eines batteriebetriebenen Transistorradios auf Mittelwelle hören musst. Denn du hockst (Bundeswehrdienst im hohen Norden!) in einem überfüllten DZug irgendwo zwischen Osnabrück und Rotenburg/Wümme. Kannste vergessen. Wie das ganze Spiel. Spratzelbratzel. Eigentlich ein Glück, dass man den Murks nicht mit ansehen musste.

FOTOS/GRAFIKEN: DPA (10), GETTY (6), HO

Tooor!

Freitag, 1. Juni 2018

Härchen auf den Unterarmen stramm? Wenn alles glatt geht, wird ganz Fußballdeutschland beim Finale am 15. Juli Sterne sehen – am liebsten den fünften, der nach erfolgreicher Ti-

telverteidigung das Nationaltrikot zieren soll. Um schon mal auf Betriebstemperatur zu kommen: Hier folgt ein maximal subjektiver Rückblick auf acht WM-Endspiele.

30. Juni 2002: Brasilien – Deutschland 2:0

7. Juli 1974: Deutschland – Niederlande 2:1 Endlich mal ein Finale, das man live am TV miterlebt. Sogar in Farbe, im Kreis der Lieben. Die Spieler haben seltsame Frisuren, aber damals merkt das keiner. Kaum angepfiffen, sinkt die Stimmung ins Bodenlose: Neeskens-Elfer, 0:1 in der ersten Minute! Vor lauter Schreck den Flokati in Limo gebadet, was die Gemüter auch nicht beruhigt. Dann: 1:1 durch Breitners Strafstoß, erstmals prosten sich die Großen zu (Kellergeister). Kurz vor der Pause müllert es. Juhu, 2:1! Vom Teppich redet keiner mehr, außer Mama, aber niemand hört zu. Zweite Hälfte: Wütendes Anrennen der Holländer,

die Opa (pfui!) nur „Käseköppe“ nennt. Der Maier Sepp hält die Führung fest. Nachher an der LangneseKönigsrolle, die zur Feier des Tages gereicht wird, den Magen verdorben.

Die Institution WM-Studio erlebt einen neuen medialen Höhepunkt: Erstmals sollen die Finalbilder per Beamer an die Wand geworfen werden! Doch wie sich kurz vor Anpfiff herausstellt, fehlt das korrekte Anschlusskabel. Ein Märtyrer, der eine passende Strippe besorgt, wird gesucht und gefunden. Mit CowboyMiene („Lasst mich zurück, ohne mich habt ihr vielleicht eine Chance“) eile ich im Kleinwagen durch leere Straßen zur elterlichen Wohnung, der Vater hat bestimmt so was. Hat er. Als ich in der 25. Minute atemlos zurückkehre, haben die Kumpels das Problem aber schon anderweitig gelöst. Danke, Jungs. Wursti, einmal mehr der große Motivator, feuert die deutsche Mannschaft an: „Brecht Ronaldo die Beine!“ Das sorgt für kieksendes Gelächter unter den anwesenden Kindern (mittlerweile ist man in dem Alter) und böse Blicke der anwesenden Mütter. Dann patzt der Torwart-Titan, Ronaldo staubt ab. „Und ich sach noch“, krächzt Wursti. Wenig später: das zweite Gegentor, wieder Ronaldo. Der Titan lehnt apathisch am Pfosten. Wursti gibt sonderbare kehlige Laute von sich.

29. Juni 1986: Argentinien – Deutschland 3:2

13. Juli 2014: Deutschland – Argentinien 1:0 8. Juli 1990: Deutschland – Argentinien 1:0 Man rottet man sich einmal mehr in Wurstis Butze in Wanne-Eickel zusammen („WMStudio“ heißt das bis heute gepflegte Ritual). Es ist das Turnier, bei dem Lodda Maddäus groß auftrumpft, in dessen Verlauf wir (ehrlich!) den Begriff „Schland“ prägen. Und bei dem sich Schland nicht einmal durch Lamas in Oranje (Rijkaard) und britische Elfmeterschützen (na ja, die sowieso nicht) stoppen lässt.

Das Finale, wieder gegen Maradona & Co., ist so ziemlich das langweiligste Spiel im Turnierverlauf. Andi Brehme erlöst die für ein Endspiel erstaunlich gelassene Studiogemeinde kurz vor Schluss mit einem sicher verwandelten Elfer. Derweil ist die an Fußball gänzlich uninteressierte Liebste mit einer Freundin ins Kino geflüchtet. Und bleibt auf dem Rückweg im Autokorso stecken. Das nennt man Ironie.

Sakrileg! Ich schwänze unentschuldigt das WM-Studio! Obwohl man noch kurz zuvor bei Anne und Peter im bewährten Kreis ein orgiastisches 7:1 gegen Brasilien zelebriert hat. Die Freunde reagieren fassungslos beziehungsweise mit wüsten Schmähungen (Wursti). Nur: Wie konnte es geschehen? Nun, zum einen stehe ich noch unter dem Eindruck des Vorabends. Da habe ich bis tief in die Nacht den nach einem Sturzregen vollgelaufenen Keller leergeschöpft. Für die Zeit des Endspiels werden weitere heftige Niederschlä-

ge nicht ausgeschlossen. Also: Besser daheim bleiben. Zudem keimt die Idee auf, ein Finale im ganz intimen Kreis zu schauen, nur mit dem zum jungen Mann gereiften Sohn (die Liebste hat noch immer nichts für Fußball übrig und befindet sich wie üblich im Kino). Und es wird etwas ganz Besonderes. Als Götze in der Verlängerung trifft, nehmen wir es fast andächtig zur Kenntnis. Schweini, der Schmerzensmann, wird zum Heroen. Dann pfeift der Schiri ab. Man fällt sich wortlos und ergriffen in die Arme. Gemeinsam Weltmeister. Ein Vater-Sohn-Ding, wie es kaum besser geht.

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Fanmeilen und Public Viewing sind noch Science Fiction, also trifft man sich mit Freunden auf der Terrasse. Tragbares TV-Gerät (schwarzweiß) auf dem Tisch, dazu kühles Bier und Knabberkram. Noch immer gut 25 Grad am Abend. Herrlich. Plötzlich 0:2 hinten. Aber dank Rummenigge und Rudi wieder rangekämpft. Kurzes Glück, bevor Maradona im Mittelfeld an den Ball kommt: „Briegel, zieh ihm die Pinne wech!“, fordert Kumpel Wursti verzweifelt. Doch sein Ruf bleibt ungehört: Die Walz aus der Pfalz lässt das Abspiel zu. 3:2 Argentinien. Ende im Gelände. Es ist Sommer. Es ist ein lauer Abend. Man ist jung und sitzt im Kreis von lieben Freunden. Gibt es nicht Wichtigeres als Fußball? Nein, gibt es nicht. „Mehr Bier“, fordert Wursti verzweifelt.


FREIZEIT & EVENTS

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Freitag, 1. Juni 2018


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FREIZEIT & EVENTS

Der etwas andere Fanshop zur Fußball-WM

Freitag, 1. Juni 2018

BOSS RAHN

Helmut Rahn. Echte Originale brauchen originelle Duftnoten. Höchste Zeit also für die Parfum-Edition „Boss Rahn“. Für Männer, die auch mal aus dem Hintergrund schießen. Mit der dezenten Note von grünem Rasen und einem Hauch Hopfen.

Trikots, Tassen, Fanschminke? Langweilig! Hier sind Accessoires aus der WM-Geschichte, die wir gerne sehen würden – natürlich nicht ganz ernst gemeint

EFFE-FINGER

Stefan Effenberg. Er nannte sich „Tiger“, war zur WM 1994 aber eher Elefant im Porzellanladen und zeigte den eigenen Fans den Stinkefinger. Wir wünschen uns die Gummi-Variante – im Tiger-Design.

BOMBER-JACKE

Gerd Müller. Lange überfällig: die Bomber-Jacke Marke „Bomber der Nation“. Wir fordern die WM-Ausgabe mit der „14“: für genau 14 Buden, die er bei WMEndrunden reingemüllert hat.

ELFER-TOR „ENGLAND“

Elfertor. Insgesamt sechs Mal musste England seit 1990 zum Elfer-Schießen antreten, zwei Mal gegen die DFB-Elf. Gewonnen wurde keines. Daher nun im fiktiven Fan-Shop: Trainingstor Typ „England“, 20 Meter breit. Da treffen nicht mal Briten daneben. ESCHWEILER-PFEIFE LEHMANN-SPICKZETTEL

Jens Lehmann. Der berühmteste Spickzettel der DFB-Geschichte? Lehmanns Liste fürs Elfmeterschießen gegen Argentinien bei der WM 2006. Jetzt im fiktiven Fanshop: Die individuelle Ausführung mit Raum für eigene Notizen.

Walter Eschweiler. Spätestens seit der Rolle rückwärts samt Zahnverlust nach Zusammenprall mit dem Peruaner Velásquez bei der WM 1982 genießt er Kultstatus. Ihm zu Ehren: unsere Schiri-Spezialpfeife.

OTTO-ORANGE

FRIEDENSPFEIFE

Friedenspfeife. Der Nicht-Angriffs-Pakt der DFB-Elf mit den Österreichern am 25. Juni 1982 ging in die Geschichte ein. Wir gedenken der „Schande von Gijón“ mit der Friedenspfeife für gelebten Pazifismus auf dem Platz. Hugh!

Otto Nerz. Der Mann mit der Brille, strammer Nazi und DFB-Reichstrainer, feuerte bei der WM 1934 Verteidiger Haringer. Dessen Missetat: unerlaubter Verzehr einer Apfelsine. Im Fanshop: die Otto-Orange für den absurdesten DFB-Skandal aller Zeiten. FOTOS: GETTY (7), DPA (2), HO

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3:0 für Sie! Mit uns zu Ihrem Weltmeisterwagen!

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Freitag, 1. Juni 2018

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ENTDECKEN & GENIESSEN Sommer auf dem Teller Mit dieser Erfrischung punkten Sie bei Ihren Freunden

Von Ingrid Janssen, Fotos: Ingo Otto

SCHMECKT AM BESTEN DRAUSSEN!

Melonensalat mit Schafskäse im Parmesan-Körbchen Für 4 Personen Zubereitungszeit: ca. 25 Min. Zutaten Für die Parmesankörbchen: 160 g Parmesan, fein gerieben Für das Dressing: 30 ml Gemüsefond oder Apfelsaft 30 ml natives Olivenöl 30 ml Pflanzenöl 30 ml weißer Balsamico-Essig 1 TL Honig 1 TL Senf 1 Schalotte, grob gewürfelt Für den Melonensalat: 300 g Wassermelone 250 g Paprika, gelb 30 g Koriander, frisch 15 g Minze, frisch 1 rote Zwiebel 8 Blätter Romanasalat 125 g Fetakäse Anzeige

Zubereitung Zuerst kommen die Parmesankörbchen an die Reihe. Dazu auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech aus Parmesan vier Kreise formen und im Ofen bei 180 Grad 8-10 Minuten backen. Die noch weichen Käsekreise jeweils über den Boden einer Salatschüssel legen und auskühlen lassen. Für das Dressing Gemüsefond oder Apfelsaft, Oliven- und Pflanzenöl sowie Essig in eine hohe Rührschüssel geben. Honig, Senf und die grob gewürfelte Schalotte beigeben und alles mit dem Pürierstab fein pürieren, eventuell mit Salz abschmecken. Für den Salat die Melone in Würfel (ca. 1 cm) schneiden. Die Paprika ebenfalls

BU dhashdhas

würfeln, kurz anbraten und leicht pfeffern und salzen. Die Blätter von Koriander und Minze fein hacken. Die geschälte rote Zwiebel halbieren und in dünne Halbringe schneiden. Alles in eine Schüssel geben, mit dem Dressing unterheben. Kurz vor dem Servieren die ausgekühlten Parmesan-Körbchen mit den Salatblättern auslegen. Den Melonensalat hineinfüllen. Den Schafskäse mit den Fingern zerbröseln und darüber streuen.

Am Herd mit Christian & Jürgen

K „Den fruchtigen Sommersalat aus unserem Rezept wird man in keinem Kochbuch wiederfinden: Er ist eine exklusive Kreation der Bochumer Kochschule „Kochmomente“. Im Kreativ-Viertel Ehrenfeld haben die Profi-Köche Christian Müller und Jürgen Engelhardt 2016 eine Anlaufstelle geschaffen für alle, die am Herd mehr wollen als 08-15-Kost zu verrühren. In den Räumen einer ehemaligen Metzgerei erfahren seitdem Freizeit-Kulinariker, wie man ganz einfach richtig gut kocht. Wichtig für die Kochdozenten, die aus der Spitzen- und Sterne-Gastronomie kommen: Auch Neulinge sollen mit den Gerichten zurechtkommen, und die Köstlichkeiten sollen auch dann noch gelingen, wenn einem daheim kein Profi helfend zur Seite steht. K In Kursen wie „Marseiller Hafenküche“, „Orientexpress“ oder „Steak total“ sind Spaß, die Gemeinschaft und das sinnliche Erlebnis wichtige Zutaten. Wenn gekocht wird, wird gekocht – nicht die Nase in Rezepte gesteckt. Letztere werden erst später per Email an die Teilnehmer geschickt: ganz exklusiv, nicht in Kochbüchern zu finden. Kochschule Kochmomente, Alte Hattinger Straße 27, www.kochmomente.de


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ENTDECKEN & GENIESSEN Rio Reiser – Junimond

Ich bin hier oben, auf meiner Wolke, ich seh dich kommen, aber du gehst vorbei… Klingt fast schon prophetisch, doch als Rio diese Zeilen dichtete, deutete nichts auf seinen viel zu frühen Tod anno 1996 hin. Geschrieben hatte er den Song (mit Martin Paul) eigentlich noch für seine Band Ton Steine Scherben, doch die löste sich 1985 auf. So erschien „Junimond“ erst

1986 auf seinem erfolgreichen Solalbum „Rio I.“ (dem mit „König von Deutschland“). Noch immer zählt der Song fraglos zu den schönsten deutschsprachigen Pop-Balladen. Und Rios Original ist in seiner Bittersüße trotz vieler Cover-Versuche (Prinzen, Echt, Lena) mit Abstand die beste Version. Es ist vorbei, bye, bye, Junimond. Schade drum.

Roxette – June Afternoon „It’s a bright june afternoon, it never gets dark…“ Im Januar 1996 legten Roxette das launige Liedchen vor, das nicht nur dank der genialen Zeile „Wah-Wah! Here comes the sun“ Frühsommerstimmung satt verbreitet. Es war nicht der größte Hit des schwedischen Pop-Duos, doch der eingängige „June Afternoon“ erklomm in vielen Ländern (darunter Deutschland, Polen, Kanada, Spa-

nien, Schweiz) mittlere Chart-Positionen. Schade nur, dass Roxette (wohl wegen der Spätfolgen eines Gehirntumors, der bei Sängerin Marie Fredriksson 2002 erfolgreich operiert worden war) auf Anraten der Ärzte seit 2016 nicht mehr auf Tour gehen. Ihre Songs aber bleiben: „The Look“, „Joyride“, „Sleeping In My Car“ – und eben auch der flotteste Juni-Nachmittag der Pop-Geschichte.

Annie Lennox – Memphis in June Was für ein wunderschöner Standard, den die Eurythmics-Diva für ihr Album „Nostalgia“ 2014 ausgegraben hat. Dortselbst präsentiert sie Jazz- und Swingklassiker von „Summertime“ über „Strange Fruit“ bis „Mood Indigo“. Ebenfalls enthalten sind zwei Stücke des ausgezeichneten Komponis-

ten und Sängers Hoagie Carmichael (1899 – 1981): „Georgia On My Mind“ und eben „Memphis In June“, jene Ode an einen Frühsommertag in der SüdstaatenMetropole: „Nothing’s half as nice / As Memphis in June.“ Zu Deutsch: Nichts ist auch nur halb so schön wie Memphis im Juni.

Van Morrison – Evening in June Van The Man – einer der besten (und hier und dort immer noch meistunterschätzten) Songschreiber aller Zeiten. 2003, im Herbst seiner 1967 begonnenen Karriere, entstand dieser musikalische Juniabend. Er zeigt Van Morrison als virtuosen Vokalisten und begnadeten Komponisten, der Blues, Rock, Jazz und Soul wie kein Zweiter zu einem stimmigen Genre-Cocktail mixt.

„On an evening in June / It can get so sentimental / When I’m thinking of you / And I can’t think of anything / Except being with you.“ An einem Juniabend kann es sentimental werden, wenn ich an dich denke. Und ich kann eh an nichts anderes denken, als mit dir zusammen zu sein. Wer da keine Gänsehaut bekommt, ist vermutlich ein Fisch.

Dean Martin – June In January Dinos Stimme, nur echt mit dem zarten, bittersüßen Schmelz. Kaum jemals aber schmachtete er so schön wie beim Juni-im-JanuarSong, angefeuert von schmeichelnden Streichern und inbrünstigem Hah-hah-hah-Damenchor zu immer romantischeren Volten: „The night is cold, the trees are bare, but I can feel the scent of roses in the air.“ Trotz kalter Nacht und kahlen Bäumen fühle ich den Duft von Rosen in der Luft. 1959 erschien Dean Martins Version des Songs, den Ralph Rainger und Leo Robin bereits 1934 geschrieben hatten. Bing Crosby stimmte ihn im Film „Here Is My Heart“ erstmals an. Viele versuchten sich an dem Schmachtfetzen, doch die Version des „Rat Pack“-Tausendsassas bleibt die mit Abstand beste. Anzeige

FOTOS: GETTY (2), HO (3), DPA (3), TIMMO SCHREIBER, WINKELSTRÄTER

Freitag, 1. Juni 2018

Ein Monat wie Musik Der Soundtrack zum Sommer: Unsere ultimative Hitliste der Junisongs Von Frank Grieger

Juni. Der Monat der Sonnenwende. Die Zeit der freudigen (und fast schon erfüllten) Erwartungen auf lauschige Sommernächte und duftige Blütenträume. Der Rosenmonat. Die Zeit der kürzesten Nächte und der längsten Tage. Jener Abschnitt des Jahres, in dem sich die Natur endlich in ihrer vollen Pracht entfaltet. Und den der Lyriker Detlev von Li-

liencron (1844 – 1909) wie folgt bedichtete: „Mitternacht, die Gärten lauschen, Flüsterwort und Liebeskuß, Bis der letzte Klang verklungen, weil nun alles schlafen muß – Flußüberwärts singt eine Nachtigall. Sonnengrüner Rosengarten, Sonnenweiße Stromesflut, Sonnenstiller Morgenfriede, Der auf Baum und Beeten ruht – Flußüberwärts singt eine Nachtigall.“

The Kinks - Rainy Day in June Schon das mächtige Donnergrollen zum Einstieg verdeutlicht: Dieser völlig zu Unrecht kaum bekannte Kinks-Song von 1966 handelt nicht von Sonnenschein und Blütenträumen, sondern von den finsteren Seiten des Junis (auch die soll’s geben). Dafür ist er umso stimmungsvoller – und stellenweise fast alptraumhaft: „The demon stretched it’s crinkled hand / And

snatched a butterfly.“ (Der Dämon reckte seine zerknitterte Hand und schnappte sich einen Schmetterling.) Das Stück zeigt, was für ein großartiger Komponist Kinks-Mastermind Ray Davies mit gerade mal 22 Lenzen war – in dem Alter schrieb er nämlich die RegenBallade. Allerdings war er an jenem Tag offensichtlich nicht bei allerbester Laune.

BAP - Zehnter Juni Das Bizarre an den Kölschrockern ist ja ihr bundesweiter Erfolg – obwohl ihre Texte für den Nicht-Domstädter so verständlich sind wie Suaheli oder Mandarin. Der „Zehnte Juni“ (vom 1982erAlbum „Vun drinne noh drusse“) fügte sich nahtlos ins BAP-ylonische Sprachengewirr ein. Den Refrain „Plant mich bloß nit bei üch inn“ konnte man noch verstehen, bei „Tempodooch“ (Tempotuch), „Noodelstriefe“ (Nadelstreifen), „jeliert“

(gelernt) und „jeloore“ (gelogen) stieg zumindest der Autor dieser Zeilen gedanklich aus. Entstanden war der Song zum NATO-Gipfel in Bonn am 10. Juni (aha!) 1982. Auf der anderen Rheinseite spielten Niedecken & Co. auf der Schlusskundgebung der Friedensdemo (500.000 Teilnehmer!) mit viel Schmackes gegen Reagan & Co. an. Und wenigstens eine Zeile war unmissverständlich: „Dat nenn ich pervers!“

Hach. Der Juni. Wenn Sie mich fragen: Eigentlich geht nichts drüber. Höchstens: Songs über den Juni. Und genau deshalb haben wir mal wieder die Mottenkiste der Pop- und Rockmusik durchforstet, um populäre (oder auch weniger bekannte) Hymnen über den schönsten aller Monate zu Tage zu fördern. Hier ist sie, aus aktuellem Anlass: unsere wie immer vollkommen subjektive Hitliste der Junisongs!

Moonbootica – June Schlanker Fuß sieht anders aus. Warum die beiden Hamburger DJs KoweSix und Tobitop ihr erfolgreiches Techno-House-Electro-Projekt ausgerechnet nach den zeitlos unschönen WinterGaloschen benannt haben, wird man wohl nie verstehen. Zumal ihr Boing-tschack-Dengel-DengelSound eigentlich recht leichtfüßig daherkommt.

So auch das fluffige Instrumental „June“ von 2005. Das Ding wurde ein ordentlicher Clubhit und sorgte dafür, dass das DJ-Duo richtig durchstartete. Mit Gastsängern und einer eigens entwickelten Lichtinstallation machten sie aus dem Club-Projekt einen kompletten Liveact – und damit sogar auf Festivals wie „Rock am Ring“ Furore. Dem tanzbaren „June“ sei Dank.

Bernd Begemann / Die Antwort – Was macht Miss Juni im Dezember? Sänger, Gitarrist, Entertainer, TV-Moderator: Bernd Begemann, aufgewachsen in Bad Salzuflen und in Hamburg zum Independent-Unikum herangereift, ist ein echter Tausendsassa. Bereits mit seiner ersten Band Die Antwort (1987 bis 1998) haute der Hochtalentierte ein paar kleine Juwelen zwischen Pop, Parodie und Philosophie raus. Nahtlos reiht sich sein flotter

„Miss Juni“-Song von 1992 ein, der so treffliche Reime bietet wie: „Hast du dann endlich deine Belohnung, oder wirst du frieren in einer kalten Wohnung?“ Weil’s so schön war, spielte er das Lied Anfang 2018 fürs Album „Die Stadt und das Mädchen“ neu ein. Wir halten fest: Es kann nicht immer Juni sein. Nicht mal für Schönheitsköniginnen.

Jamiroquai - Seven Days In Sunny June „Acid Jazz“ nennt man seit den 80ern jener Mix aus Jazz, Soul, Funk und Electronic, der wippende Füße und überfüllte Tanzflächen garantiert. Die Briten Jamiroquai (Hit: „Synkronized“) gehören zu den erfolgreichsten Vertretern des Genres. Mit ihrer zweiten Single „Seven Days In Sunny June“ fabrizierten sie 2005 (siehe auch einschlägiges Video) gutgelaunte Bilder an unbeschwerte Spritztouren und

feuchtfröhliche Wasserschlachten. Was aber, wenn die zugehörige Sommerliebe in die Brüche geht? „Why do you have to drop that bomb on me?“ fragt Sänger Jay Kay, denn sein Baby hat ihm den Laufpass gegeben. Doch keine Sorge: Er trägt es wie ein Mann (inklusive Hopsball-Rallye, Blondinen-Döppen und Mopedfahrten mit Napoleon-Mütze, siehe erneut Video). Ganz schön lässig.

Tangerine Dream Elf June And The Midnight Patrol Kennen Sie nicht? Das ist keine Schande, haben es der 2015 verstorbene Edgar Froese und seine Kollegen doch auf beinahe 100 Studioalben gebracht. Da kann man den Überblick verlieren. Dem Wunsch des Elektronikpioniers entsprechend, machen Tangerine Dream übrigens auch nach dessen Tod weiter. Mittlerweile im 51. Jahr, in

wechselnden Besetzungen. „Elf June And The Midnight Patrol“ stammt aus dem 1996er-Werk „Goblins Club“ (Studioalbum Nummer 54). Das stimmungsvolle Instrumental mit symphonischen Anklängen würde als Klangteppich jedem Fantasyfilm zur Ehre gereichen. Wo Elfen und Kobolde durch die Mittsommernacht tanzen …

Al Stewart - The Last Day Of June 1934 Eigentlich kennt man den Folk-Barden durch Hits wie „Time Passages“ oder „Year Of The Cat“. Bereits 1973 hatte er das Album „Past Present and Future“ veröffentlicht – mit dem Song „The Last Day Of June 1934“. Erstaunlicherweise verarbeitet Al Stewart darin ein (unrühmliches) Stück deutscher Geschichte: Die Festnahme und Ermordung des damaligen SA-Führers Ernst Röhm im KZ Dachau auf Befehl Adolf Hitlers.

Der angebliche RöhmPutsch diente den Nazis seinerzeit als Legitimation, um in der „Nacht der langen Messer“ weitere Rivalen zu liquidieren. Für Al Stewart war die musikalische Beschäftigung mit politischen Ereignissen gleichwohl kein Einzelfall: In seinem Hit „On The Border“ etwa spielt er unter anderem auf die baskische Unabhängigkeitsbewegung und die Rhodesienkrise in den 1960er-Jahren an.

The Everly Brothers June Is As Cold As December June: im Englischen ein Monats-, aber auch ein Mädchenname. So ist der Titel dieses hübschen Songs, den die Everlys 1966 im bewährten Harmoniegesang intonierten, durchaus doppelsinnig. Die bildhübsche June lässt das Herz

eines jeden jungen Mannes leuchten: „She sets his heart aglow.“ Doch ach, ihr eigenes Herz ist gebrochen, seit sie betrogen wurde: Ein Schmerz, den sie nicht vergessen kann. So ist June nun so kühl wie der Dezember. Schluchz.

Heidi Newfield – Johnny And June Soll niemand sagen, dass CountryFreunde an dieser Stelle zu kurz kommen: Hier folgt prompt der Gegenbeweis! Und ein besonders eingängiger dazu, hörenswert selbst für ausgesprochene Stetson- und Steelguitar-Banausen. Gemeint ist mit „June“ auch in diesem Fall weniger der Monats- denn der weibliche Vorname, hier mit der vielleicht bedeutendsten Vertreterin: June Carter, Ehefrau von Johnny Cash. „Johnny And June“ ist eine Hommage an die beiden CountryGranden. Und ein frommer Wunsch, eine Liebe zu finden, die so innig ist wie die Beziehung der beiden: Sie währte 35 Jahre, bis zu Junes Tod im Jahre 2003.

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