WAIDLERIN IM PORTRAIT

ALIAH DELIA EICHINGER ÜBER DIE SCHANZE BIS NACH OLYMPIA

Aliah Delia Eichinger lebt die pure Freiheit auf Skiern und hat sich die harte Disziplin erarbeitet, um nun sogar von Olympia träumen zu dürfen.

Aliah ist eines der großen Ski-Freestyle-Talente in Deutschland. 2001 im Bayerischen Wald geboren stand sie auf zwei Brettern, bevor sie noch richtig laufen konnte. Kein Wunder. Der Großvater Heinz Eichinger war selbst erfolgreicher Rennläufer, betrieb den Skilift in Reichenberg samt Sportfachgeschäft und Skischule. Dessen Sohn Heinz brachte den Freestyle mit auf den Hang und der wurde immer mehr zum Snowpark mit Schanzen und Hindernissen, um den coolen Kids neue Herausforderungen und Aliah zugleich ein Trainingsgelände zu bieten.

Von klein auf lebte sie die Freiheit, sich jede freie Minute ausprobieren zu können, was da so noch alles geht, wenn die Bretter auf beiden Seiten aufgebogene Spitzen haben. Sprünge, Drehungen, Saltos, das Rutschen über Geländer und über Hindernisse – was den Zuschauern den Atem stocken lässt, wurden für Aliah „kontrolliertes Risiko“. Sie geht mit Respekt an die Sache ran. Die Angst bleibt hinter dem Wissen zurück, zu wissen, was sie kann und wie es geht.

So wurde sie zur ambitionierten Nachwuchsho nung in diesem jungen Sportbereich. Erfolge stellten sich ein. Aber zu Können, Lust und Motivation kamen in den vergangen Jahren auch harte Disziplin und klare Analyse immer mehr hinzu. Aliah wechselte an das renommierte Sportgymnasium Berchtesgaden und machte dort parallel zu einem intensiven Sportprogramm mit professioneller Begleitung ihr Abitur. Das verlangt eine hohe Fokussierung auf Ziele, um sich oft genug weit weg von Freizeitspaß, Familie und Freunden durch zwei Bildungsbereiche zu ackern. Aber zugleich stehen so Berater, Spezialisten und Sportler mit gleichen Interessen permanent zur Verfügung, um die entscheidenden Prozente für den Weg auf eine dünne Erfolgsspitze hin zu suchen. Ein paar Fragen an Aliah: Warum Freestyle? Klassische Disziplinen wie Abfahrt haben doch immer noch viel mehr Aufmerksamkeit? Ich habe alpin begonnen. Aber da war mir vieles etwas zu verbissen ernst. Freestyle ist cooler und macht einfach wahnsinnigen Spaß. Nichts für schwache Nerven. Wie oft muss man sich wehtun wollen, bis alles sitzt? Wir gehen alles mit System an. Erst am Trampolin, dann auf Kissenbahnen, dann erst auf Schnee. Klar tut man sich auch mal weh. Aber gut vorbereitet denkt man da nicht daran.

Wie gut fühlt sich das dafür jenseits der Schanzenkante an? Über einen besonders geglückten Sprung im Wettkampf freut man sich natürlich wie ein Schnitzel. Aber sonst ist das zuerst möglichst perfekt trainierte Routine. Die Schanzen werden auch immer höher. Da stehst Du oben und brauchst schon mal Überwindung bis zum Losfahren. Aber ohne nötige Motivation und gesunden Ehrgeiz kommst Du auch hier nicht weit.

Kann man das nur anfangen, wenn man noch keine Angst kennt (und stattdessen eine polsternde Windel an hat)? Nein. Viele fangen das erst später an. Alles kann Schritt für Schritt gelernt werden. Ich war vielleicht manchmal schon zu selbstsicher. Da ist man dann kurz mal nicht so fokussiert und verletzt sich schneller. An Kreuzband, Schulter und Sprunggelenk musste ich das schon schmerzlich feststellen.

Eine Anfrage, die familiär zum Glück wohl nie gestellt wurde: „Kind, mach doch erst mal was Vernünftiges!“ Den „Plan B“ gibt es parallel auch schon. Ich bin bei der Bundespolizei angestellt und studiere Psychologie. Für meine Eltern und mich war es schon wichtig, dass der Sport möglich ist und eine vernünftige Bildung auch Perspektiven danach sichert. Das große Ziel: China 2022. Ist das Olympiaticket schon gelöst? Es war eigentlich schon gesichert. Und dann schmiss Corona noch einmal alles durcheinander und zurück auf Anfang. Jetzt ist noch fünf Weltcups lang Zeit, um die erneute Qualifikation raus zu fahren. Ich bin da ganz zuversichtlich.

Fotograf: Raphael Guarino Kontakt: rguarino@t-online.de