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Louise Bourgeois x Jenny Holzer Kunstmuseum Basel

Kunstmuseum Basel | Neubau

Louise Bourgeois x Jenny Holzer

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19.02.2022 – 15.05.2022

In der Ausstellung Louise Bourgeois x Jenny Holzer kommt es zu einer aussergewöhnlichen Begegnung von zwei der bedeutendsten Künstlerinnen der vergangenen fünfzig Jahre. Das Kunstmuseum Basel hat der Amerikanerin Jenny Holzer (* 1950) eine Carte blanche gegeben, Louise Bourgeois aus ihrer ganz persönlichen Perspektive vorzustellen. Sie tut dies mit vielen bisher unbekannten Werken.

Die aus Paris stammende und nach New York ausgewanderte Künstlerin Louise Bourgeois (1911–2010) wurde mit ihrer monumentalen Spinnen-Skulptur weltberühmt. In einer vielseitigen und erfindungsreichen künstlerischen Praxis erkundete sie die Tiefen ihrer eigenen Vergangenheit und Psychologie. Sie schöpfte kreative Kraft aus verstörenden Kindheitserinnerungen an den untreuen Vater. Auch der eigene Konflikt zwischen dem Wunsch nach einer Künstleridentität und der Mutterrolle inspirierte sie ein Leben lang. Auf radikale und provokative Art und Weise stellte sie Geschlechternormen infrage und entwickelte einen sehr eigenwilligen Umgang mit Materialien. Sie malte und zeichnete, arbeitete mit Textilien und Metall ebenso wie mit gefundenen Gegenständen. Ihre psychologisch aufgeladenen Werke befassen sich mit intensiven menschlichen Erfahrungen: Liebe, Begehren, Abhängigkeit, Sexualität, Ablehnung, Eifersucht, Verlust und Verlassenwerden. Sie lassen keine Betrachter:innen kalt.

Holzers Kunst ist auf den ersten Blick derjenigen von Bourgeois diametral entgegengesetzt: Seit den frühen 1980er-Jahren ist Holzer weltweit bekannt für einen eigenwilligen Umgang mit prägnanten Aussagen im öffentlichen Raum. Dafür braucht sie Formen aus der alltäglichen Kommunikation wie bedruckte T-Shirts und Strassenschilder, Gravuren auf Bänken, Projektionen auf Häuserfassaden oder LED-Schriftzüge. Fragen der Macht, des Machtmissbrauchs und insbesondere der Geschlechterbeziehungen sind Inhalt von Holzers Schaffen.

Dass sich Holzer und Bourgeois nun im Kunstmuseum Basel begegnen, geht auf die jahrelange Freundschaft der beiden Künstlerinnen zurück. Was sie verbindet, ist die zentrale Rolle der Sprache – insbesondere des geschriebenen Wortes – für ihre Kunst. Bourgeois schrieb geradezu obsessiv. Ihr umfangreiches Archiv enthält Tagebücher, Notizen, Briefe aus vielen Jahrzehnten und Schriften, die

Dass sich Holzer und Bourgeois nun im Kunstmuseum Basel begegnen, geht auf die jahrelange Freundschaft der beiden Künstlerinnen zurück.

im Zusammenhang mit ihrer Psychoanalyse entstanden sind. Ihre schriftlichen Äusserungen hatten eine wichtige Funktion in der kreativen Praxis und dienten der Überwindung ihrer Traumata. Sie fasste Emotionen in geschriebene Worte und setzte damit einen bewussten Prozess in Gang. Ihre ebenso exzessive Zeichnungstätigkeit überschneidet sich teilweise mit den Schriften: Schreiben und Zeichnen durchdringen sich gegenseitig. Die Zeichnungen sind allerdings impulsiver, spontaner und näher an automatischen Aufzeichnungen als der Schreibprozess, der auch Bourgeois’ Belesenheit und ihren Intellekt zum Ausdruck bringt.

Holzer hat für die Ausstellung im Kunstmuseum Basel | Neubau viele Werke von Bourgeois ausgewählt, die mit Worten und Texten versehen sind. Das können bestickte oder bedruckte Kleidungsstücke und Taschentücher sein, aber auch Metallplatten und Druckgrafiken. Auszüge aus Bourgeois‘ schriftlichem Vermächtnis nutzt sie auch, um den LED-Fries am Neubau zu bespielen und für Projektionen auf Fassaden öffentlicher Gebäude in Basel während der ersten Ausstellungswoche im Februar. Im Aussenraum kommt so die künstlerische Handschrift von Holzer deutlich zum Ausdruck, während die Bühne im Kunstmuseum ganz Bourgeois überlassen bleibt.

Dass Holzer die Grenzen einer klassischen Ausstellung sprengt und Bourgeois’ Worte in die Stadt hinaus trägt, wird Kenner:innen ihres Werkes nicht verwundern. Gänzlich neu hingegen ist die Augmented Reality App, die sie für eine zentrale, im Kunstmuseum Basel gezeigte Installation von Bourgeois entwickelt hat. Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel | Neubau wird aber nicht nur durch diesen digitalen Raum erweitert: Ein Spaziergang durch die Passage zum Hauptbau und dort durch die Säle der alten Meister im ersten Stock sorgt für Überraschungen, denn Holzer lässt mit gezielt platzierten skulpturalen Werken von Bourgeois die Ausstellung in das angrenzende Gebäude hinüberwachsen. ◀

Die Autorin Anita Haldemann ist Co-Kuratorin der Ausstellung «Louise Bourgeois x Jenny Holzer» am Kunstmuseum Basel.

Artist Book: Louise Bourgeois x Jenny Holzer The Violence of Handwriting Across a Page

Eine zur Ausstellung erscheinende grossformatige Publikation bringt die beiden legendären Künstlerinnen zusammen und schlägt eine Reise durch Louise Bourgeois' Obsessionen und einige der wichtigsten Themen in ihrem Werk vor, darunter Mutterschaft, Trauma, Angst und Einsamkeit. Das von Jenny Holzer konzipierte und gestaltete Buch stellt Bourgeois' Werke in einen Dialog mit Werken aus der Sammlung des Kunstmuseums Basel. Als faszinierende Montage von Bildern und Schriften bietet dieses Künstlerbuch einen noch nie dagewesenen Einblick in Bourgeois' Kunst und Leben.

Mit Texten von Anita Haldemann und Josef Helfenstein.

Herausgegeben von JRP | Editions, Hardcover, 12.5 x 13.75 in. / 296 Seiten / 304 Farbe ISBN 9783037645840

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