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Fondation Beyeler: Wayne Thiebaud

Bis 21.05.2023

Die Fondation Beyeler widmet dem aussergewöhnlichen, in Europa bisher wenig bekannten amerikanischen Maler Wayne Thiebaud (1920–2021) die erste Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum. In seinen Stillleben visualisiert Thiebaud in betörenden Pastelltönen die Verheissungen des «American Way of Life». Gleichzeitig demonstrieren seine erstaunlichen Porträts und multiperspektivischen Stadtansichten und Landschaften die Vielseitigkeit des technisch brillanten Malers. Mit 65 Werken aus öffentlichen Sammlungen sowie privaten Leihgaben präsentiert die Retrospektive die wichtigsten Werkgruppen des Künstlers und lädt dazu ein, seine einzigartige Malweise zu entdecken. Thiebaud reizt die Möglichkeiten malerischen Ausdrucks bis an die Grenzen der gesehenen und imaginierten Welt aus und schafft so eine eigene, zwischen Ironie, Witz, Nostalgie und Melancholie wechselnde, Bildsprache.

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Thiebauds Kunst wirkt, zumindest auf den ersten Blick, in typisch amerikanischer Weise optimistisch. Verführerisch wird mit den Begehrlichkeiten des Publikums gespielt, sei es in Gestalt der Torten in der Auslage oder der Glücksspielautomaten – populäre Motive aus einer Welt des Überflusses. Thiebaud wurde deshalb oft als Pop-ArtKünstler bezeichnet – eine Einordnung, der er sich selbst jedoch stets verweigerte. In Anbetracht seiner eigenen Sichtweise auf die Ästhetik der Massenproduktion und seines Fokus auf die Malerei kann Thiebaud eher als ein Vorläufer der Pop-Art eingestuft werden. Auf den ersten Blick erscheinen seine Bilder geradezu plakativ und selbsterklärend. Bei genauerem Hinsehen jedoch löst sich jedes Motiv in ein weites Spektrum unzähliger Farben und Farbschattierungen auf, die erst in ihrer Summe ein wiedererkennbares Bild ergeben.

Im Zentrum der von Ulf Küster kuratierten Ausstellung steht die Bedeutung der Farbe in Thiebauds Werken. Die Ausstellung ist nach Themenräumen gegliedert und präsentiert Thiebauds wichtigste Werkgruppen: seine Stillleben, Figurenbilder, Stadtansichten und Flusslandschaften, denen er sich zeit seines Schaffens gleichermassen widmete. Anhand von Öl- und Acrylmalerei und von Arbeiten auf Papier wird deutlich, dass für Thiebaud die Grenzen zwischen Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit fliessend waren. Mittels seiner ausgeklügelten Farbsetzungen unterzog er alle Bildelemente einem Prozess der Abstraktion. Nicht nur für die Stillleben, sondern auch für die multiperspektivischen und teilweise farblich überdreht erscheinenden Wasserlandschaften, die Felsformationen und Stadtschluchten – Ausflüge in ein Universum von stürzenden Linien und Farbabgründen. Und die distanziert und kühl wirkenden Figurenbilder strahlen eine unterschwellige, irritierende Melancholie aus, die an das Werk von Edward Hopper denken lässt.

Wayne Thiebaud arbeitete zunächst als Schildermaler, Grafikdesigner und Cartoonist, so auch in den Walt Disney Studios, wo er unter anderem lernte, Mickey Mouse zu zeichnen. Nach einem Kunststudium, das er 1953 abschloss, unterrichtete er zunächst am Sacramento City College, dann an der University of California in Davis Zeichnung und Malerei.

Die Werke Thiebauds sind in bedeutenden amerikanischen Museen anzutreffen, vor allem in Kalifornien. Thiebaud wurde in Europa bisher nur sehr selten ausgestellt und seine Werke sind kaum in öffentlichen Sammlungen vertreten. Zu sehen waren seine Bilder bislang nur 1972 auf der Documenta 5 in Kassel, 1975 im Wallraf-Richartz-Museum in Köln, 1976 in der Arnolfini Gallery in Bristol und 2018 im Voorlinden Museum im niederländischen Wassenaar. Für die Ausstellung ist es gelungen, Hauptwerke aus Thiebauds langjährigem Schaffen zu versammeln. ◀

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