Geistlich News 2-2016 (Deutsch)

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Bild: Quintessence Publishing Group

J AHRGANG 9 | AUSGABE 2, 2016

SCHWERPUNKT | SEITE 5

ÜBER DEN TELLERRAND | SEITE 24

BACKGROUND | SEITE 31

Geplantes Vorgehen.

Jungbrunnen Schlaf.

Mikrokosmos Zelle.

Patientenselektion, Diagnostik, Planung – wie man die Risiken regenerativer Therapien senkt.

Nächtliche Regeneration – ist sie das Risiko wert, stundenlang bewusstund schutzlos zu sein?

Bezauberndes Zusammenspiel – ein Animationsfilm zeigt die Knochenregeneration aus Zellsicht.


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INHALT

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Geplantes Vorgehen. efe

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EDITORIAL

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6 Die 3-D Bildgebung für die Behandlungsplanung Ass. Prof. George A. Mandelaris | USA

Sofortimplantation – entscheidend ist die Fallauswahl Ass. Prof. Stephen Chen | Australien

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12 Planung Knochenaufbau: «Die ­Zusammenhänge verstehen!» el ev

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«Risikobewertung hilft, Periimplantitis vorzubeugen!» D

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Kommunizieren als Teil des Heilens Dr. Michele Rossini, Dr. Francesca Rossini | Italien

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Dr. Ueli Grunder | Schweiz

Prof. Stefan Renvert | Schweden e

Planung Kammaufbau mit Yxoss CBR®: Fallbeispiel

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Dr. Marcus Seiler | Deutschland

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JOURNAL CLUB

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Meilensteinstudien. Biomate­rialien für den Sinuslift Ass. Prof. Stephen Wallace | USA, Ass. Prof. Tiziano Testori | Italien

ÜBER DEN TELLERRAND

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Regeneration im Schlaf. GEISTLICH PHARMA | OSTEOLOGY STIFTUNG

27 Background. 28

Geistlich Jubilee

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Regeneration­Leaders’ Meeting in Zürich

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Geistlich Bio-Gide® Shape

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Im Mikrokosmos der Zellen

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Die CASE BOX – Fälle dokumentieren und teilen leicht gemacht

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In Monaco mit Julio Joly

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Impressum

INTERVIEW

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EDITORIAL

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Back to the 80s…

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Liebe Leserin, lieber Leser

«No worries, no loosing sleep with Geistlich Bio-Oss® and Geistlich Bio-Gide®. Thank you!». Ki-Tae Koo | Korea

Diesen und weitere Zusprüche durfte Geistlich Pharma von ihren Kundinnen und Kunden zum Triple-Jubiläum entgegennehmen: 20 Jahre Geistlich ­Bio-Gide®, 3­ 0 Jahre Geistlich ­Bio-Oss® und 1000 Studien mit Geistlich Produkten. ­Aussagen wie diese erfüllen uns mit Stolz. Denn sie belohnen unser ­tägliches Bestreben nach höchster Qualität. In dieser Ausgabe von Geistlich News befassen wir uns zudem mit der Diagnostik und Fallplanung. Unsere Autoren berichten vom neuesten Stand der Erkenntnis. Als Pionier

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in der Zahnmedizin fasziniert es uns, welche neuen Möglichkeiten sich heute beispielsweise durch digitale Planungstools eröffnen. Verfeinerte Methoden führen dazu, dass Sie Komplikationen wie die Periimplantitis effektiver vermeiden können. Im Schwerpunkt geben unsere Experten viele Tipps zur richtigen Planung regenerativer Eingriffe und zeigen zudem auf, worauf es bei der Kommunikation mit den Patienten ankommt. Unsere Autoren werfen ferner einen Blick zurück und ­haben uns anlässlich des Jubiläums Portraitaufnahmen von 1986 eingereicht. Ich bedanke mich bestens für diese ­originelle Note und schließe mich der Idee an: Aus diesem Grund präsentiere ich mich Ihnen im verjüngten Look. Ich wünsche Ihnen eine unterhaltende sowie erhellende Lektüre mit der vorliegenden Geistlich News!

Paul Note CEO Geistlich Pharma AG


SCHWERPUNKT

GEPLANTES VORGEHEN. Worauf muss man achten, wenn man regenerative E­ ingriffe plant? Und welche Tools sind hilfreich?

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Illustration: © Büro Haeberli Zürich

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SCHWERPUNKT

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Die 3D-Bildgebung in der ­Behandlungsplanung

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Universität Illinois, Zahnmedizin Privatpraxis, Periodontal Medicine & Surgical Specialists, LTD Park Ridge / Oakbrook Terrace / Chicago

Die 3D-Bildgebung hat die Fallanalyse im Vorfeld einer Behandlung und die Behandlungsplanung revolutioniert. Die digitale Volumentomografie (DVT) entwickelt sich immer mehr zum diagnostischen Standard.1 In diesem Artikel geht es um die Vorteile der DVT für die Steuerung der Implantattherapie («Restorative Leadership»). Darüber hinaus beleuchtet der Artikel die Rolle der DVT-Bildgebung in der interdisziplinären kieferorthopädischen Behandlung erwachsener Patienten.

CBCT und «Restorative Leadership» Die DVT liefert wertvolle Informationen zum Volumen und zur Form des Alveolarknochens sowie zu wichtigen Strukturen wie dem Alveolarnerv des Unterkiefers oder dem Sinus maxillaris. Ohne «Restorative Leadership» würde eine aussagekräftige Interpretation von 3D-Bildgebungsdaten jedoch weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben.1 «Restorative Leadership» bedeutet, dass das prothetische Ergebnis einer Implantatbehandlung massgebend für die gesamte Behandlung, einschließlich

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Knochenaufbau, ist. Das End­ergebnis (übertragen in die Planungssoftware) bestimmt somit die An­for­de­rungen, die vom Implantatchirurgen zu beachten sind.2 Die in die DVT-Bildgebung integrierten diagnostischen Wax-ups und Set-ups ermöglichen eine sinnvolle Behandlungsplanung unter Einbeziehung von Form und Kontur der Zähne, des Austrittsprofils der Zähne und des Zahnfleischs sowie des Volumens und des Erscheinungsbilds des Weichgewebes. Auf der Grundlage der von Mecall vorgeschlagenen Falltypen3 können fünf Vorgehensweisen zur Behandlungs­ planung unterschieden werden.1 In allen Fällen ist das Wax-up entweder die Grundlage für eine Scanprothese aus röntgendichtem Material, die der Patient während der DVT-Aufnahme trägt, oder, zeitgemäßer, das Wax-up (Zahnform oder Vollkontur) wird dupliziert und auf das Modell ­appliziert, wo es nachfolgend gescannt wird, so dass die Scandaten in die Planungs­software integriert werden ­können.

Die fünf Falltypen Falltyp 1: Die dentale und die chirurgische Anatomie des Patienten liegen im Normalbereich. Die Zähne können

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Assistant Prof. George A. Mandelaris | USA

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ersetzt werden, ohne die umgebende Knochen- oder Weichgewebestruktur zu verändern. Mit anderen Worten: Die rosafarbene Ästhetik ist akzeptabel und nur die weiße Ästhetik erfordert eine Modifizierung. Das diagnostische Wax-up bezieht sich in diesem Fall ausschließlich auf die fehlenden Zähne. Die Daten des Wax-ups werden entweder zur Herstellung einer Scanprothese verwendet, oder das Wax-up wird gescannt und in den virtuellen 3D-Plan übernommen. Falltyp 2: Die dentale Anatomie ist ausreichend, die chirurgische Anatomie erfordert jedoch einige kleinere Augmentationen (Knochen und Weichgewebe), beispielsweise aufgrund von leichtem fazialem Knochenverlust, gingivaler Asymmetrie usw. In einigen Fällen, etwa bei mangelhaften Konturen, muss das Wax-up vollanatomisch (inkl. Zähne und Weichgewebe) ausgeführt werden. Unter Umständen reicht ein Wax-up der Zahnform aus. Falltyp 3: Dies sind Fälle von primär horizontalem Knochenverlust mit geringfügiger vertikaler Komponente. Die dentale Anatomie des Patienten liegt im Normalbereich, die chirurgische Anatomie (Knochen oder Weichgewebe) erfordert jedoch eine primär laterale Kammaugmentation. Es ist ein


SCHWERPUNKT

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Illustration: Peter Quirin, basierend auf (5)

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Radikulär Krestal

1a) Krestale und radikuläre dentoalveoläre Zone 1b) Dicker/dünner Phänotyp mit einer dicken krestalen und einer dünnen radikulären Zone 1c) Dünner/dicker Phänotyp mit einer dünnen krestalen und einer dicken radikulären Zone

Vollkontur-Wax-up erforderlich, das nach der Übertragung in ein 3D-Bild dabei hilft, geeignete chirurgische und prothetische Möglichkeiten inklusive einer Augmentation von Knochen oder Weichgewebe zu ermitteln. Falltyp 4: Aufgrund von vertikalem und horizontalem Knochenverlust mit Supraeruption, veränderten okklusalen vertikalen Dimensionen usw. ist eine Modifizierung der dentalen und chirurgischen Anatomie erforderlich. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Zahnlosigkeit und den intermaxillären Bedingungen ist ein Vollkontur-­Waxup und möglicherweise sogar ein Versuchszahn-Set-up erforderlich. Diese Fälle weisen in der Regel einen primär vertikalen Knochenverlust auf und erfordern eine mehr oder weniger starke horizontale Knochenaugmentation. Falltyp 5: Der Patient weist signifikante dentale und anatomische Mängel auf, beispielsweise einen atrophischen, völlig zahnlosen Kiefer. Zur ­Ermittlung der korrekten okklusalen vertikalen Dimension und der phonetischen und ästhetischen Ziele ist ein Versuchszahn-Set-up erforderlich, da dem Patienten unter Umständen eine ausreichende Zahn- und Lippenstütze fehlt. Diese Fälle weisen einen fortgeschrittenen horizontalen und vertika-

len Knochenverlust auf. Bei einer ­vorhandenen und gut sitzenden Zahn­ prothese sowie akzeptablen prothetischen Parametern kann die Prothese entweder in eine Scanprothese (Zähne gegenüber Weichgewebe) dupliziert oder, zeitgemäßer, als Teil eines Dual-Scan-Bildgebungsverfahrens verwendet werden. Der CBCT-basierte virtuelle Behandlungsplan kann mithilfe von computergenerierten stereolithografischen Bohrschablonen oder der dynamischen chirurgischen Navigation in ­eine «echte Operation» überführt w ­ erden.5 Dieser Ansatz kann dazu beitragen, ­intraoperative Fehler zu vermeiden. Mittlerweile unterscheidet man mehrere Steuerungsebenen – von der ­virtuellen Planung mittels DVT in ­Verbindung mit einer herkömmlichen Operationsschablone bis hin zu einem vollständig geführten Ansatz, bei dem die Bohrschablone vollständig die apikokoronale, bukkolinguale und mesio­ distale Ausrichtung des Implantats bestimmt. Je mehr man sich bei der Positionierung des Implantats auf die computergenerierte Operationsschablone verlässt, desto wichtiger ist natürlich eine exakte klinische und prothetische Planung. Die geführte Chirurgie kann «exakt genau», aber auch «exakt ungenau» sein. Ein begrenztes Knochenvolumen, ein höhe-

res anatomisches Risiko, mehrere ­Implantate, eine Implantation ohne Aufklappung und ästhetisch anspruchsvolle Situationen erfordern höchste Präzision und Genauigkeit bei jedem Schritt, um die Fehlerrate möglichst gering zu halten.

DVT-basierte Klassifikation dentoalveolären Knochens Bei der kieferorthopädischen Behandlung von skeletal voll entwickelten Patienten kann die Beurteilung der dento­alveolären Knochendicke in der krestalen und radikulären Zone entscheidend sein, um iatrogene Spätschäden zu verhindern. Im Jahr 2013 haben wir ein CBCT-basiertes System zur Klassifikation von krestalem und radikulärem Knochen veröffentlicht, um vor Beginn einer interdisziplinären Zahn- und Gesichtstherapie inklusive Zahnbewegungen das Risiko leichter ermitteln zu können.5 Das System besteht aus zwei Zonen (krestal und radikulär) und beschreibt durch die Klassifikation der Knochendicke in jeder Zone vier unterschiedliche dentoalveoläre Knochenphänotypen [dick (> 1mm) oder dünn (< 1mm)] (Abb. 1) 5 : > eine dicke krestale Zone und eine dicke radikuläre Zone

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SCHWERPUNKT

> eine dünne krestale Zone und eine dicke radikuläre Zone > eine dicke krestale Zone und eine dünne radikuläre Zone > eine dünne krestale Zone und eine dünne radikuläre Zone Die Anwendung dieses Klassifikationssystems ermöglicht eine Risikobewertung vor einer kieferorthopädischen Zahnbewegung und kann dadurch die Entscheidung erleichtern, ob für einen Patienten eine herkömmliche kieferorthopädische Therapie oder eher ein alternativer kieferorthopädischer 2a

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Fotos: Mandelaris

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2a) DVT mit Darstellung der Zahnposition und des dünnen fazialen Knochens vor der Behandlung 2b) Endgültige Zahnstellung und endgültiges Knochenvolumen nach der chirurgisch unterstützten kieferorthopädischen Behandlung (SFOT) 2c) Virtuelles Experiment: Kombination der Knochenanatomie des Patienten vor der Behandlung und der Zahnpositionierung nach der kieferorthopädischen Behandlung (zur Verdeutlichung des Verlustes an fazialem Knochen und der iatrogenen Spätfolgen, die bei einer herkömmlichen kieferorthopädischen Therapie wahrscheinlich eingetreten wären)

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­ nsatz wie beispielsweise eine chirurA gisch unterstützte kieferorthopädische Behandlung (Surgically Fa­cili­­ tated Orthodontic Treatment, SFOT) in Frage kommt.

Was ist SFOT? Es ist bekannt, dass die Bewegung der Zähne außerhalb der «kieferorthopädischen Wände» zu einem Verlust an Alveolarknochen führt und das Risiko iatrogener Spätfolgen erhöht.6 Beim Management von Malokklusionen mit dentoalveolären Knochenmängeln, bei denen die Zähne innerhalb des nativen Knochenenvelopes belassen werden, kann dies jedoch bedeuten, dass bleibenden Zähne extrahiert werden müssen, um Platz zu schaffen. Retraktive kieferorthopädische Verfahren zur Korrektur des zu engen/gedrängten Zahnbogens können zu Problemen wie alveolarem Knochenverlust und/oder einem Nettoverlust des Mundraumvolumens führen, was wiederum ungünstig für die anteriore Zungenlage ist.7 Die chirurgisch unterstützte kiefer­ orthopädische Behandlung (SFOT) ermöglicht ein Management der dentoalveolären Knochenmängel durch Erweiterung des Zahnbogens mithilfe von Knochenersatzmaterialien. Durch Augmentation des dento­ alveolären Knochens wird eine kieferorthopädische Dekompensation für eine optimale Gesichts­ästhetik und Funktion sowie eine Optimierung der Parameter der frontzahngeschützten Okklusion und eine Vergrößerung des Mund­raumvolumens erreicht (die positive Auswirkungen auf die messbaren Atemwegsparameter während des Schlafs haben kann) (Abb. 2). Ein kortikotomiebasierter SFOT-Eingriff umfasst Kortikotomien und eine

Dekortikation des dentoalveolären Knochens sowie eine Knochenaugmentation zur Verbesserung der kieferorthopädischen Wände.8,9 Sie wird vom parodontalen Ligament vermittelt und hängt von diesem ab.

CBCT zur Aufklärung Der vielleicht am wenigsten gewürdigte Vorteil der DVT-Bildgebung ist die Möglichkeit, mit dem Patienten in einer Atmosphäre völliger Offenheit zu sprechen. Die Aufklärung ist transparenter und die Verantwortlichkeiten sind klarer, weil allen Mitgliedern des Teams die gleichen Informationen für die Analyse und Behandlung zur Verfügung stehen. In unserer Praxis nutzen wir die DVT auch, um die Patienten in die Ermittlung ihrer Probleme und Bedenken einzubeziehen («Co-Discovery»-Ansatz), damit sie nach Kenntnis aller Optionen die bestmögliche Entscheidung treffen können.

Referenzen 1 Mandelaris GA: Compendium 2016 ; 37(7) :2–3. 2 Rosenfeld AL, et al. : Int J Periodontics restotative Dent 2006 ; 26 :215–21. 3 Mecall RA in : The Art of Computer-Guided Implantology. Quintessence Publishing 2009. 4 Braut V, et al.: Int J Periodontics Rest Dent 2011; 31(2): 125–31. 5 Mandelaris GA, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2013; 33: 289–96. 6 Thilander B, et al.: Eur J Orthod 1983; 5(2): 105–14. 7 McNamara JA: Maxillary transverse deficiency. Am J Orthod Dentofacial Orthop 2000; 117(5): 567–70. 8 Roblee RD, et al.: Compend Contin Educ Dent 2009; 30(5): 264–75. 9 Wilcko MT, et al.: J Oral Maxillofac Surg 2009; 67(10): 2149–59.


SCHWERPUNKT

Sofortimplantation – entscheidend ist die Fallauswahl Ste p

Das Konzept der Sofortimplantation gibt es schon lange.1,2 Da Extraktionsalveolen in der Regel spontan durch die Regeneration von Knochen und Bildung neuer Mukosa heilen, ging man bisher davon aus, dass sich auch um ein sofort nach Extraktion gesetztes Implantat herum neuer Knochen ­bildet.

Sofortimplantation und Knochenresorption Beim Menschen haben Paolontonio et al. (2001) dies histologisch nachgewiesen.3 Die Autoren stellten fest, dass sich der Knochen vollständig regenerierte, wenn der Abstand zwischen dem Implantat und den Alveolenwänden höchstens 2 mm betrug. Dies führte dazu, dass das Konzept der Sofort­ implantate von Zahnärzten begeistert aufgegriffen wurde und man davon ausging, dass ein Spaltraum («Jumping

Gap») von höchstens 2 mm sich spontan mit Knochen füllen würde. Heute wissen wir, dass diese Annahme ohne Berücksichtigung anderer Aspekte der Alveolenheilung erfolgte, die wir mittlerweile verstehen. Araujo et al. haben gezeigt, dass beim Entfernen eines Zahns der Bündelknochen, der die Alveole auskleidet, vollständig resorbiert wird.4 Dies geht mit einer Verringerung der Höhe und Breite des fazialen Knochenkamms einher.5 Wird direkt nach der Extraktion ein Implantat in die Alveole eingesetzt, ­resorbiert die faziale Wand und die regenerative Kapazität der Alveole verringert sich. Dies geschieht partiell auch dann, wenn ein Knochentransplantat verwendet wird, um die marginalen Spalten zu füllen.6 Klinisch zeigt sich dies als unvollständige Knochenregeneration am Hals des Implantats mit Dehiszenzbildung. Außerdem besteht das Risiko einer Verdünnung und Rezession der mittfazialen Mukosa. Eine Reihe von systematischen Reviews hat ergeben, dass die Sofortimplantation mit einem signifikanten Risiko für eine Weichgeweberezession assoziiert ist.7–9 Bei der Resorption des fazialen Knochens besteht außerdem das Risiko einer Biofilmkontamination der freiliegenden Implantatoberfläche und nachfolgenden Entzündung der periimplantären Mukosa.

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Dicke des Zahnfleischs, Zu­stand der fazialen ­Knochenwand, apikales Knochenvolumen, Infek­ tionslage – vor einer Sofort­ implantation sind viele Faktoren zu überprüfen.

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Melbourne Periodontal Specialists Clinical Assistant Professor, Universität Texas Universität Melbourne

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Assistant Prof. Stephen Chen | Australien

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Das Ausmaß der Resorption des fazialen Knochens hängt von seiner Dicke ab.10 Ein dünner (< 1 mm) fazialer Knochen resorbiert dreimal stärker als ein dicker (≥ 1 mm) fazialer Knochen.11 Zahnärzte sollten deshalb die Sofort­ implantation bei Patienten mit dicker fazialer Knochenwand einsetzen.

Diagnostische Maßnahmen Die idealen Voraussetzungen für das Einsetzen eines Sofortimplantats sind ein dicker Weichgewebe-Phänotyp ohne Gingivarezession mit dickem und intaktem fazialem Alveolarknochen, das Nichtvorliegen einer akuten Infektion und ausreichender apikaler Alveolarknochen zur Gewährleistung der Stabilität des Implantats.12 Der erste Schritt ist die klinische Untersuchung. Der Patient muss parodontal gesund und mit einer ausreichenden Plaquekontrolle sowie bereit zur Erhaltung der Mundgesundheit sein. Ist die Gingiva entzündet, sollte die Implantatbehandlung ausgesetzt werden, bis die Entzündung unter Kontrolle ist und der Patient eine ausreichende Mundhygiene sicherstellen kann. An der geplanten Implantationsstelle können die Weichgewebe durch Sichtkontrolle und den Einsatz einer Parodontalsonde beurteilt werden. Die Di-

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SCHWERPUNKT

cke der Gingiva kann in der Regel durch Sichtkontrolle des Weichgewebes ermittelt werden (Abb. 1). Eine andere Methode zur Beurteilung der Gingivadicke ist das Einführen einer Parodontalsonde in den Gingivasulkus.13 Ist das Metall der Sonde durch die Gingiva hindurch nicht sichtbar, handelt es sich um eine dicke Gingiva. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Vorgehensweise nicht exakt und zudem fehleranfällig ist. Eine weitere Beurteilung kann durch eine Untersuchung mittels digitaler Volumentomografie (DVT) erfolgen. Je nach Zustand der fazialen Knochenwand lässt sich durch vorsichtiges Sondieren mit einer Parodontalsonde feststellen, ob die Knochenwand intakt ist oder nicht. Bei einer intakten Kno-

chenwand sollten die Sondierungstaschen flach (zwischen 1 und 3 mm tief) sein. Tiefere Taschen sind ein Anzeichen für Schäden des fazialen Knochens und Vorliegen eines Dehiszenzdefekts. Der Zahnarzt sollte auch auf Ableitungsfisteln als Anzeichen für eine aktive periapikale Pathologie und Fenestration des fazialen Knochens achten. Die Anamnese kann ebenfalls Hinweise auf den Zustand des fazialen Knochens geben. Wurde eine Apikektomie durchgeführt, fehlt wahrscheinlich ein Teil des fazialen Knochens im Bereich der resektierten Wurzelspitze. Eine Röntgenaufnahme (periapikal oder als Panoramaaufnahme) ist ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel um auf eine apikalen Pathologie und

auf ausreichend Knochen für die S tabilisierung des Implantats zu ­ ­untersuchen. Weisen die klinischen Zeichen auf eine günstige Situation für das Einsetzen eines Implantats hin – d. h. sind die Weichgewebe gesund und dick, ist der faziale Knochen intakt und ist ausreichend apikaler Knochen vorhanden, um ein Implantat einsetzen zu können – wird als nächstes eine 3-D-Aufnahme der geplanten Implantationsstelle gemacht. Heutzutage ist die DVT eine praktische Möglichkeit zur Anfertigung von 3-D-Aufnahmen für die Planung einer Implantation (Abb. 2). Je nach Implantationsstelle sollten Lippen- und / oder ­Wangenhalter aus Kunststoff oder Watteröllchen verwendet werden, um einen optimalen

FALL 1

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1 Die Krone des oberen linken mittleren Schneidezahns ist gebrochen. Der Gingiva-Phänotyp ist dick. ­Außerdem ist der Gingivarand mehr koronal als der ­Gingivarand des benachbarten mittleren Schneidezahns – eine günstige Ausgangssituation für das ­Einsetzen eines Sofortimplantats.

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2 DVT-Ansicht des oberen linken mittleren Schneidezahns. Der faziale Knochen ist 1 mm dick.

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3 Der Zahn wurde ohne Aufklappung extrahiert. Die Knochenwand der Alveole kann direkt kontrolliert werden; mit einer Parodontalsonde wird überprüft, ob alle Knochenwände intakt sind. 4 Das Implantat wurde ohne Aufklappung in eine ­ideale 3-D-Position eingesetzt.

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Fotos: Chen

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5 Die Implantatschulter wurde ungefähr 0,5 mm apikal zum fazialen Knochenkamm ausgerichtet. Der marginale Spalt wurde bis zur Höhe des fazialen Knochenkamms mit Geistlich Bio-Oss® gefüllt. Die Kollagenmatrix Geistlich Mucograft® Seal wurde in den Spalt zwischen Einheilabutment und Gingiva eingebracht.

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6 Nach 10 Wochen Einheilung waren die Weichgewebe komplikationslos abgeheilt und gesund. 7–9 Nach zwei Jahren waren die periimplantären Gewebe gesund und die Röntgenaufnahme und das DVT zeigten ideale Knochenzustände und einen stabilen krestalen Knochen am Hals des Implantats sowie eine dicke faziale Knochenwand.


SCHWERPUNKT

Zugang zur Implantationsstelle zu erhalten. Die Lippen- und Wangenhalter schaffen Raum zwischen den Lippen bzw. Wangen und dem Alveolarfortsatz und sorgen auf diese Weise für eine gute Sicht auf den fazialen Knochen und die Gingiva.14 Mit diesem Verfahren kann die Dicke des fazialen Knochens und der Weichgewebe ermittelt werden. Außerdem kann noch einmal überprüft werden, ob eine apikale Pathologie vorliegt oder nicht, und der apikale Knochen kann beurteilt werden, um sicherzustellen, dass ein Implantat stabil und in der erforderlichen 3-D-Position eingesetzt werden kann. Die DVT-Bilddaten können mithilfe von Planungsprogrammen verarbeitet werden, um die korrekte Position für das Implantat zu ermitteln. Die geplante Position kann auf eine Operationsschablone übertragen werden, um die Positionierung des Implantats während der Operation zu erleichtern.

Chirurgische Behandlung Eine Sofortimplantation sollte nicht spontan und ohne die notwendige diagnostische Vorbereitung durchgeführt werden. Bei guter Planung ist eine Sofortimplantation fast immer möglich, sofern bei oder nach der Zahn­extraktion keine Komplikationen auftreten. Ist die Wurzel ankylosiert oder ist ein Teil der fazialen Platte aufgrund der Extraktion beschädigt, muss das Einsetzen des Implantats unter Umständen verschoben werden, bis die Extraktionsstelle verheilt ist. Die Extraktion sollte vorsichtig mithilfe von feinen Luxatoren und Wurzelzangen erfolgen. Nach der Extraktion des Zahns sollte der innere Bereich der Alveole sorgfältig mittels Sichtkontrolle untersucht und mit einer Parodontalsonde auf Defekte und Knochenkonturen überprüft

werden. Die Extraktion sollte ohne Aufklappung erfolgen, um das Operationstrauma gering zu halten (Abb. 3). Auf diese Weise kann das Implantat anschließend ohne Aufklappen eingesetzt und das Operationstrauma minimiert werden.15 Es empfiehlt sich, eine Operationsschablone zu verwenden, um zu gewährleisten, dass das Implantat in der korrekten dreidimensionalen Position eingesetzt wird (Abb. 4). Aufgrund des dichten Knochens an der lingualen ­Seite der Alveole besteht das Risiko, dass sich das Implantat beim Einsetzen zur fazialen Seite neigt. Diese Fehlstellung kann zu einer Rezession der fazialen Knochenwand führen. Das Implantat sollte so eingesetzt werden, dass die Implantatschulter ungefähr 0,5 mm bis 1 mm apikal zum fazialen Knochenkamm steht, um die anschließende Resorption zu kompensieren. Ist das Implantat korrekt eingesetzt, befindet sich zwischen dem Implantat und der Innenseite der fazialen Wand ein mindestens 2 mm breiter marginaler Spalt. Dieser marginale Defekt sollte mit einem Knochenersatzmaterial mit niedriger Resorptionsrate wie ­beispielsweise deproteinisiertem bovinem Knochenmineral (DBBM) gefüllt werden (Abb. 5). Nach dem Einsetzen des Implantats kann der Zahnarzt ­sofort einen Zahnersatz auf dem Implantat befestigen. Anschließend ist sorgfältig darauf zu achten, das ­DBBM-Transplantat-Gemisch nicht zu stören und das Risiko einer bakteriellen Kontamination zu minimieren.

Alternativen zur ­Sofortimplantation Sind die Bedingungen für eine Sofort­ implantation nicht ideal, sollte stattdessen ein frühzeitiges Einsetzen des Implantats mit entweder Weichgewe-

beheilung (Typ 2 gemäß ITI Treatment Guide16) oder partieller Knochenheilung (Typ 3) erfolgen. Wann sind die Bedingungen nicht ideal? Eine Entzündung des Weichgewebes, das Vorliegen ­einer akuten Infektion, ein dünner f­ azialer Knochen, ein beschädigter fazialer Knochen und ein für die Verankerung des Implantats nicht ausreichender apikaler Knochen sind Faktoren, die einer Sofortimplantation entgegenstehen. Bei ausgedehnten Defekten wie großflächigen periapikalen Läsionen oder apikalen Zysten sind Sofortimplantate in der Regel kontraindiziert. Auch bei mehrwurzeligen Zahnfächern ist Vorsicht geboten. Ein sehr viel sicherer Ansatz ist es, das Zahnfach in einem Zeitraum von 12 bis 14 Wochen heilen zu lassen, so dass der Knochen partiell regeneriert (Typ 3). Das Implantat kann dann in einer guten 3-D-Position und mit guter Stabilität eingesetzt werden. Referenzen 1 Schulte W, et al.: Dtsch Zahnarztl 1978; Z 33: 348–59. 2 Barzilay I: Int J Prosthodont 1993; 6: 169–75. 3 Paolantonio M, et al.: J Periodontol 72: 1560–71. 4 Araujo MG & Lindhe J: J Clin Periodontol 2005; 32: 212–18. 5 Araujo MG & Lindhe J: Clin Oral Implants Res 2009; 20: 545–49. 6 Chen ST, et al.: Clin Oral Implants Res 2007; 18: 552–62. 7 Chen ST & Buser D: Int J Oral Maxillofac Implants 2009; 24 Suppl: 186–217. 8 Lang NP, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23 Suppl 5: 39–66. 9 Chen ST & Buser D: Int J Oral Maxillofac Implants 2014; 29 Suppl: 186–215. 10 Chen, ST, et al.: Clin Oral Implants Res 2007; 18(5):552–62. 11 Ferrus J, et al.: Clin Oral Implants Res 2010; 21: 22–29. 12 Chen ST, et al.: Int J Oral Maxillofac Implants 2009; 24 Suppl: 272–78. 13 Kan JY, et al.: J Periodontol 2003; 74: 557–62. 14 Januario AL, et al.: Clin Oral Implants Res.2011; 22(10): 1168–71. 15 Buser D, et al.: Periodontol 2000 2016 (accepted). 16 Chen S, Buser D in: ITI Treatment Guide.Vol 3: Quintessence, 2008

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Planung Knochenaufbau: «Die ­Zusammenhänge verstehen!» U

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Dr. Ueli Grunder | Schweiz

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Das Interview führte Verena Vermeulen

der in den 80

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Wer eine Knochenaugmentation plant, sollte nicht einem starren Entscheidungs­baum folgen, sondern sich die wichtigsten Zusammenhänge und ­Faktoren immer wieder vor Augen führen.

kennen. Wie groß muss oder darf der Aufwand sein? Im aesthetischen ­Bereich ist meist ein größerer Aufwand gerechtfertigt. Dann geht es darum, den Knochendefekt horizontal und ­vertikal einzuschätzen und – ganz wichtig – das Attachmentlevel der Nachbarzähne zu beurteilen. Hier­ zu ist ein genauer PAR-Befund not­ wendig.

Herr Dr. Grunder, in welchen Fällen planen Sie eine Knochenaugmentation als zweizeitigen Eingriff? Dr. Grunder: Es kommt zum einen auf das restliche Knochenvolumen an – ist es ausreichend, um ein Implantat primärstabil zu verankern? Zum anderen müssen der Defekt und die Umgebung die risikofreie Fixierung einer formstabilen Membran, die ich für größere Knochenaugmentationen verwende, ermöglichen. Ist eines von beiden nicht gegeben, gehe ich lieber zweizeitig vor. Und sonst einzeitig? Dr. Grunder: Ja. Das einzeitige Vorgehen spart Zeit, Kosten und kommt mit einer Operation weniger aus. Deshalb ist es klar vorzuziehen.

Machen Sie standardmäßig eine DVT-Aufnahme zur Beurteilung des Knochens? Dr. Grunder: Nein, nur in etwa 10 Prozent der Fälle. Wenn ich beispielsweise einem Patienten erklären muss, ob ich ein- oder zweizeitig vorgehe. Die knöcherne Situation lässt sich aber am besten nach der chirurgischen Eröffnung beurteilen.

Welche Kriterien spielen für die Planung eine Rolle? Dr. Grunder: Zunächst sollte man die Anforderung an das Schlussresultat

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Sie entscheiden also teilweise erst während der Operation? Dr. Grunder: Ja, das kommt vor. Übrigens kann das ebenso passieren, wenn DVT-Aufnahmen vorhanden sind, e­ twa wenn sich nach der Eröffnung ein ganz lokaler Attachmentverlust an den Nachbarzähnen zeigt, der vorher unter­schätzt wurde. Die Freiheit, sich während der Operation umzuent­ scheiden, sollte man sich lassen und ­da­rüber­auch den Patienten informieren.

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Also finden Sie den standardmäßigen DVT-Einsatz übertrieben? Dr. Grunder: Die DVT ist ein gutes Lehrmittel und sie kann für einen Anfänger wichtige Hinweise geben. Aber ein erfahrener Operateur braucht gewisse Informationen nicht unbedingt vor der Operation. Man sollte nur dann ein DVT machen, wenn man dadurch zusätzliche notwendige Informationen erhält, die einen Einfluss auf die Therapie haben können. DVTs vor der Zahn­extraktion finde ich grundsätzlich ­unbrauchbar für eine spätere Implantation. Wie gehen Sie bei der Planung einer Augmentation grundsätzlich vor? Dr. Grunder: Das wichtigste ist die prothetische Planung. Sie entscheidet, wo das Implantat schließlich steht und wo aus ästhetischer Sicht Knochen und Weichgewebe sein müssen. Eine Chirurgie-Schablone kann bei der Planung helfen. Sie sollte allerdings nicht nur die Position und Richtung des Implantats bestimmen, sondern im ästhetischen Bereich auch den gewünschten Weichgewebsverlauf im Bereich der Implantatkronen umfassen, das sogenannte Emergenzprofil. So lässt sich planen, wie viel Knochen augmentiert werden muss, damit aus asthetischer Sicht schließlich genügend Volumen vorhanden ist.


SCHWERPUNKT

Das Weichgewebe kann ein kritischer Faktor sein. Worauf achten Sie, wenn Sie eine Knochenaugmentation p ­ lanen? Dr. Grunder: Entscheidend ist, ob ich das Weichgewebe am Ende der Operation perfekt und ohne Zug vernähen kann. Der Verschluss muss über Monate hinweg dicht bleiben. Narben, sehr dünnes oder nicht perfekt verheiltes Weichgewebe und eventuell auch eine unzureichend keratinisierte Mukosa können das verhindern. Das heißt, man muss Narben vor einer Knochenaugmentation eliminieren, was sehr schwierig sein kann. Zudem kann man dünnes Weichgewebe mit Hilfe eines Bindegewebetransplantats verdicken und keratinsierte Mukosa mit einem freien Schleimhauttransplantat gewinnen, was leider im ästhetischen Bereich wegen der Farbveränderung sehr ungünstig ist. Falls eine Extraktionsalveole noch nicht richtig verheilt ist, muss man manchmal einfach abwarten, bevor man ein Implantat setzt. Wovon hängt Ihre Materialwahl bei Knochenaugmentationen ab? Dr. Grunder: Von den Antworten auf zwei Kernfragen: Wieviel Volumenstabilität wird benötigt? Und wie lange wird die Knochenregeneration dauern? Und wovon hängt das ab? Dr. Grunder: Wie volumenstabil das Material sein muss, hängt davon ab, ob ich nur einen Defekt auffülle, der von ortsständigem Knochen umgeben

ist, oder ob ich neuen Knochen im Sinne einer de novo Knochenbildung erschaffe. Wenn es nur darum geht, einen von Knochen umgebenen Defekt aufzufüllen, können Materialien verwendet werden, die nicht volumenstabil sind – denn in diesen Fällen bietet bereits die knöcherne Umgebung die notwendige Stabilität. In solchen Fällen verwende ich beispielsweise Knochenersatzmaterial in Granulatform und eine resorbierbare Kollagenmembran. Im Fall e­ iner de novo Knochen-

eine Membran mit einer langen Barrierefunktion. Solche Membranen sind allerdings häufig nicht resorbierbar und müssen später wieder entfernt werden. Welche Materialien wählen Sie konkret, wenn sie ein formstabiles Material benötigen? Dr. Grunder: Ich verwende ungern autologe Knochenblöcke, da sie resorbieren. Wenn Volumenstabilität gefordert ist, wähle ich eine formstabile, nicht

Ausreichend Stabilität ? Ausreichend Information?

Illustration: Geistlich

Bei mehreren Implantaten nebeneinander muss die Schablone auch die Information des gewünschten Kontaktpunktes zwischen zwei benachbarten Implantatkronen beinhalten. Dadurch wird klar, wie weit vertikal Knochen aufgebaut werden muss, damit schluss­endlich eine Papille den Interproximalraum richtig auffüllt.

bildung – beispielsweise bei größeren horizontalen und vertikalen Defekten – muss entweder das Füllmaterial oder die Membran volumenstabil sein. Volumenstabil, aber zugleich gut adaptierbar – denn nur so lässt sich eine ideale Kontur aufbauen. Und wovon hängt der zweite Faktor, die Geschwindigkeit der Knochenneubildung, ab? Dr. Grunder: Bei einem vierwandigen Defekt beispielsweise kommt die Information für die Knochenneubildung von vier Seiten aus ortsständigem Knochen. Deshalb entsteht relativ schnell neuer Knochen und es reicht aus, wenn die Membran das Weichgewebe nur für wenige Wochen am Einwachsen hindert. Einwandige Defekte wiederum regenerieren nur langsam. Entweder man beschleunigt diesen Vorgang, indem man autologe Knochenchips unter das Knochenersatzmaterial mischt, oder man verwendet

resorbierbare, titanverstärkte Membran und darunter entweder ein Gemisch aus Geistlich Bio-Oss® und autologen Knochenchips oder, am häufigsten nur Geistlich Bio-Oss® ­Collagen. Haben Sie einen Entscheidungsbaum für Knochenregenerationen, an den Sie sich immer halten? Dr. Grunder: Ich bin gegenüber Entscheidungsbäumen sehr kritisch. Sie geben Anwendern das Gefühl, nach einfachen Kriterien die richtige Entscheidung treffen zu können. In Wirklichkeit spielen aber viele Faktoren eine Rolle. Ein zu klar vorgeschriebenes Vorgehen verleitet dazu, Details zu übersehen. Ich rate dazu, sich immer wieder vor Augen zu führen, welche Faktoren warum eine Rolle spielen und diese Zusammenhänge zu verstehen. Einen Entscheidungsbaum anzuwenden heißt noch lange nicht, dass man die Sache verstanden hat.

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SCHWERPUNKT

Kommunizieren als Teil des Heilens Dr. Michele Rossini, Dr. Francesca Rossini | Italien Mi

Zahnarztpraxis Rossini Como, Italien

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Das Interview führte Dr. Laura Fedrizzi

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Für Patienten ist ein zahn­ loser Bereich eine «Lücke», das Wort «Knochen» führt zu unangenehmen Assozia­tionen und das Wort ­«Operation» im Zusammenhang mit den Zähnen sorgt für Verwirrung. Worauf muss man beim Erläutern einer Zahnbehandlung achten? Dr. Rossini, worauf sollte man achten, um langfristig das Vertrauen der Pa­ tienten zu erhalten? Dr. M. Rossini: Ich denke, der ­wichtigste Aspekt ist Widerspruchsfreiheit. Die Menschen verlassen sich in einer ­Umgebung auf uns, in der sie sich nicht wohl fühlen, und in Situationen, in denen es ihnen nicht gut geht. Diese Situationen können wir nur entschärfen, indem wir Vertrauen schaffen und langfristig erhalten. Widerspruchsfreiheit zwischen dem, was wir sagen, und dem, was wir tun und wie wir uns verhalten, ist der wichtigste Faktor, um Vertrauen zu schaffen. Wann haben Sie erkannt, welche Bedeutung die Kommunikation mit den Patienten für Ihren Beruf hat? Dr. M. Rossini: Das Konzept einer er-

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folgreichen Kommunikation gilt immer als unspezifischer und paralleler Aspekt, der die Arbeit eines Arztes zwar verbessern kann, jedoch nicht wirklich Teil dieser Arbeit ist. Wir betrachten die Kommunikation zwischen Arzt und Patient dagegen als absolut wichtig. Sie ersetzt das wissenschaftlich-technische Modell, das sich ausschließlich auf die Krankheit konzentriert, durch ein mehr auf den Menschen ausgerichtetes Modell. Die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten ist nicht nur ein diagnostisches Mittel, sondern ein eigenständiges Ziel – es geht um den ganzen Menschen, nicht nur darum, Krankheiten zu heilen. Wie wichtig sind die Wünsche der Patienten? Wie interpretiert man diese Wünsche richtig? Dr. F. Rossini: Unsere Patienten haben Wünsche, Erwartungen und Ideen, die wir in einer ähnlichen Situation wahrscheinlich auch hätten. Wichtig ist, sich auf die Menschen einzustellen und eine Beziehung zu ihnen zu entwickeln. Ein gutes Beobachtungsvermögen und aktives Zuhören sind dabei sehr hilfreich. Wichtig ist auch die Analyse der persönlichen Daten, die uns sagen, ob ein Mensch jung oder alt, verheiratet oder Single ist, ob er einen niedrigen, mittleren oder hohen Bildungsstand hat, welchen Beruf oder

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welche Tätigkeit er ausübt, wie weit er bis zur Praxis fahren muss usw. Wie gehen Sie bei der Planung einer zahnärztlichen Behandlung vor? Dr. F. Rossini: Wir folgen dem Konzept des prothetisch orientierten Einsetzens von Implantaten («prosthetically driven implant placement»). Mithilfe der digitalen Technologien können wir die von Intraoralscannern erzeugten STL-Dateien mit den DICOM-Dateien von DVT-Aufnahmen verbinden, um Informationen über das Knochengewebe zu erhalten. Dadurch können wir die Behandlung vom ersten bis zum letzten Schritt planen. Wir arbeiten teilweise mit kurzen Implantaten, die jedoch unter Umständen nicht die beste Lösung sind. Gesteuerte Knochenregeneration ist deshalb im Frontzahnbereich mittlerweile geradezu obligatorisch. Wie läuft der erste Termin in Ihrer Praxis ab? Wie viele Menschen nehmen Ihren Behandlungsvorschlag an? Dr. F. Rossini: Anhand von 100 Fragen erkunden wir die Wünsche der Patienten. Anschließend folgt eine eingehende Untersuchung unter Beteiligung des Chirurgen, des Prothetikers und des Kieferorthopäden. Es ist sehr wichtig, dass wir uns ausreichend Zeit nehmen, um die beste Lösung zu finden.


SCHWERPUNKT

Unser Motto lautet: Ein Monat für die Entscheidung, einen Tag für die Umsetzung. Die Patienten, die sehr aktiv und gestresst sind, mögen es, dass wir uns Zeit nehmen, auf die Lebensqualität während der Behandlung achten und versuchen, Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Die Akzeptanzrate ist hoch, sie liegt bei rund 85 Prozent. Sie ist dann am höchsten, wenn beim Termin die Vorteile der digitalen Technologien genutzt werden, die eine «Vorschau» ermöglichen. Was heißt das? Wie erläutern Sie dem Patienten die Behandlung? Dr. M. Rossini: Die Erläuterungen und Bilder sollten leicht und unmittelbar verständlich sein. Technische Erklärungen sollten erst dann gegeben werden, wenn man eine Beziehung zum Patienten aufgebaut hat und durch die Fragen weiß, was der Patient braucht und wünscht. Wir haben eine Umfrage zu den Ausdrücken gemacht, die Patienten verwenden: Ein unbezahnter Bereich ist und bleibt beispielsweise eine «Lücke», die Erwähnung des Wortes «Knochen» führt zu unangenehmen Assoziationen und das Wort «Operation» im Zusammenhang mit den Zähnen

sorgt für Verwirrung – wir sind und bleiben eben nur «Zahnärzte»! Gibt es bestimmte Schlüsselbegriffe, die Sie immer verwenden? Dr. F. Rossini: Ich denke, dass Metaphern sehr nützlich sind. Ein Beispiel: Niemand würde ein Haus auf einem schlechten Fundament bauen. Es ist sehr wichtig, dass das gesamte Team – vom Chirurgen bis zum Prothetiker – die gleiche Botschaft vermittelt. Sicherheit, Haltbarkeit, Robustheit, Wirksamkeit sind bekannte Konzepte, die alle verstehen. Ich ziehe diese allgemeinen Begriffe technischen Begriffen wie «Erhaltung des Alveolarkamms» vor. Was sollte der Patient zu den verwendeten Materialien wissen? Dr. M. Rossini: Das Internet hat das Verhältnis von Patient und Arzt sehr verändert. Immer mehr Menschen nutzen die Vielzahl von Informationen, die man im Internet erhalten kann, um sich vor und nach einem Eingriff zu informieren und abzusichern. Über die Unternehmen zu sprechen, die mit unserer Praxis zusammenarbeiten, und über die der Patient im Internet Informationen finden kann, ist

«Es geht um den ganzen Menschen, nicht nur darum, Krankheiten zu heilen.»

ein weiterer Faktor zur Gewährleistung des Erfolgs einer langfristigen Kommunikation. Was ist für Patienten in der postoperativen Phase wichtig? Dr. F. Rossini: Der Anruf einen Tag vor der Operation ist wichtig, um sicherzustellen, dass alles bereit ist; der Anruf am Abend nach dem Eingriff wird von den Patienten sehr geschätzt und ist auch für uns sehr nützlich. Unser Anrufbeantworter ist immer eingeschaltet und wird viel genutzt und angesichts der großen Anzahl von Patienten, die wir jede Woche behandeln, sind auch die sozialen Medien ein zuverlässiges Kommunikationsmittel. Wir sind, wie man heute sagt, «immer online», immer aktiv und stehen bei Problemen immer zur Verfügung.

Das Patientengespräch – wie man eine regenerative Therapie «verkauft»

Ansatz Vervollständigung Forschung

Stimulation Lösung

Illustration: Planet

Einwände

Hat sich die Situation verändert, seit Sie damit begonnen haben, der Kommunikation mit den Patienten mehr Aufmerksamkeit zu widmen? Dr. M. Rossini: Die ersten «Digital Natives» sind mittlerweile erwachsen und lieben die visuelle Kommunika­tion­. Daher müssen wir wissen, wie wir Bilder von Gesundheit und Wohlbefinden schaffen, die die Aufmerksamkeit auf eine Idee, ein Symbol oder eine ­Botschaft lenken – idealerweise unsere Idee, unser Symbol oder unsere ­Botschaft.

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«Risikobewertung hilft, Periimplantitis vorzubeugen!»

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Prof. Stefan Renvert | Schweden Abteilung für Gesundheitswissenschaften Kristianstad Universität Kristianstad Das Interview führte Verena Vermeulen

Eine gründliche Diagnose, Patientenauswahl und Behandlungsplanung können das Periimplantitis­risiko senken. Entscheidend ist jedoch die Mitarbeit des Patienten. Prof. Renvert, zehn Jahre nach dem Einsetzen eines Implantats haben sieben Prozent der Patienten ihr Implantat bereits wieder verloren und rund fünfzehn Prozent leiden an einer Peri­ implantitis1. Liegt der Grund hierfür in einer schlechten Planung der Implantatinsertion? Prof. Renvert: Das zu sagen wäre zu einfach. Aber ich denke, dass es wirklich wichtig ist, der Risikobewertung vor dem Einsetzen eines Implantats eine größere Bedeutung beizumessen. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die einen Menschen anfällig für eine ­Periimplantitis machen. Für welche gibt es eine gute Datengrundlage? Prof. Renvert: Eine bestehende oder stattgehabte Parodontitis und eine schlechte Mundhygiene hängen definitiv mit dem Periimplantitis-Risiko zusammen. Es gibt auch gute Gründe anzunehmen, dass Rauchen negative Auswirkungen hat, und systemische

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Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Personen mit schlechter Mundhygiene entwickeln gemäß Literatur 14 Mal häufiger eine Periimplantitis, Personen mit einer Parodontitis in der Vorgeschichte und ohne Erhaltungstherapie 11 Mal häufiger. Welche Schlüsse können Zahnärzte aus diesen Zahlen ziehen? Prof. Renvert: Wenn Patienten mit einer Parodontitis in der Vorgeschichte ein Implantat erhalten, ist es außerordentlich wichtig, das höhere Periimplantitis-Risiko offen mit ihnen zu besprechen. Man muss deutlich machen, dass eine gute Mundhygiene unabdingbar ist, wenn sie ihre Implantate langfristig behalten wollen. Außerdem sollte man andere Risikofaktoren für diese Patienten verringern – zum Beispiel gut planen, wo das Implantat gesetzt wird, den Zahnersatz so gestalten, dass er gut zu reinigen ist und auf einen Rauchstopp dringen. Es gibt auch gute Gründe dafür, verschraubte Kronen zementierten Kronen vorzuziehen, um einer so genannten «Zementitis» vorzubeugen. Wie sieht es mit der Implantatoberfläche aus? Prof. Renvert: Das ist eine schwierige Frage, da es nur sehr wenige Studien

an Tieren oder Menschen gibt, die den Einfluss der Implantat­oberfläche auf das Periimplantitis-Risiko untersuchen. Die Osseointegration funktioniert besser bei Implantaten mit einer mikrorauen Oberfläche. Liegt eine solche Oberfläche jedoch frei, entwickelt sich darauf schneller ein Biofilm. Können Sie ein Hilfsmittel für die ­Risikoeinschätzung empfehlen? Prof. Renvert: Ich empfehle, sich auf die wichtigsten Aspekte zu konzen­trieren, über die wir gesprochen haben: Vorgeschichte einer Parodontitis, Rauchen, Mundhygiene, Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Therapietreue des Patienten. Neben der Anfälligkeit des Patienten ist da auch noch das Einsetzen des Implantats selbst. Was kann der Zahnarzt hier tun, um das Periimplantitisrisiko so gering wie möglich zu halten? Prof. Renvert: Der wichtigste Faktor ist die korrekte Positionierung des Implantats. Außerdem ist es sehr wichtig, die Prothese so zu gestalten, dass sie gut gereinigt werden kann. Manchmal sehen wir Restaurationen, sogar im posterioren Unterkiefer, die eher ästhetisch als funktional sind, obwohl niemand so breit lächelt, dass sie sichtbar wären. Man sollte auch auf ei-


SCHWERPUNKT

Risikofaktoren für Periimplantitis

Daten präsentiert von Dr. Stephen Chen, Australien, April 2016, basierend auf Literatur 2–7

Tabakrauchen führt zu einem 4-fach erhöhten Risiko.

Verbliebene parodontale Taschen ≥ 5 mm plus Blutung beim Sondieren führen zu einem 5-fach erhöhten Risiko.

Eine schlechte Mundhygiene der Patienten führt zu einer 14-fachen Erhöhung des Risikos.

ne ausreichende Einheilungszeit achten und Infektionen vorbeugen – beispielsweise durch Entfernen von Granulationsgewebe – und keine Sofort­implantationen in entzündeten Alveolen durchführen. Sie sind einer der weltweit führenden Periimplantitisexperten. Welches ist der beste Rat, den Sie Ihren Kollegen in Bezug auf die Vorbeugung von Peri­ implantitis geben können? Prof. Renvert: Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie mich als Experten bezeichnen. Ich möchte es mal so sagen: Wenn ich eine private Praxis hätte, würde ich eine sehr gründliche Risikobewertung durchführen, meine Patienten offen über die Vor- und Nachteile einer Behandlung aufklären und auch erläutern, wie wichtig es ist, dass

Eine Parodontitis-Vorgeschichte führt zu einer 4-fachen Erhöhung des Risikos.

sie sich an Ihrer Behandlung beteiligen. Dazu gehören eine sehr gute Mund­ hygiene und die Rauchentwöhnung. Außerdem würde ich ein regelmäßiges Erhaltungsprogramm ent­wickeln, beispielsweise eine vierteljährliche Kontrolle im ersten Jahr nach dem Einsetzen des Implantats und anschließend zwei Kontrollen pro Jahr, eine bei einem Dentalhygieniker und die zweite zum Messen der Sondierungstiefe, Überprüfen der Blutung beim Sondieren usw. All dies, um so früh wie möglich eingreifen zu können – eine periimplantäre Mukositis ist so viel leichter zu behandeln als eine Periimplantitis.

odontitis-Vorgeschichte und schlechter Mundhygiene sind Probleme vorprogrammiert. Die Patienten wünschen sich ein gesundes Lächeln – und das ist es, was sie von mir bekommen sollten. Was sie nicht von mir bekommen sollten, ist eine Periimplantitis.

Gibt es Situationen, in denen Sie keine Implantate setzen würden? Prof. Renvert: Beim Einsetzen von Implantaten bei Personen mit einer Par-

6 Costa FO, et al.: J Clin Periodontol. 2012; 39(2): 173–81

Illustration: Büro Haeberli

Eine fehlende Erhaltungshygiene führt zu einer 6-fachen Erhöhung des Risikos, in Verbindung mit einer Parodontitis-Vorgeschichte sogar zu einer 11-fachen Erhöhung.

Referenzen 1 Derks J, et al.: J Dent Res. 2016; 95(1): 43–49. 2 Ferreira SD, et al.: J Clin Periodontol. 2006; 33(12): 929–35. 3 Heitz-Mayfield LJ: J Clin Periodontol. 2008; 35(8 Suppl): 292–304 4 Heitz-Mayfield LJ, Huynh-Ba G: Int J Oral Maxillofac Implants. 2009;24 Suppl: 39–68. 5 Roccuzzo M, et al. 2011: J Clin Periodontol. 2011; 38(8): 738–45.

7 Roccuzzo M, et al.: Clin Oral Implants Res 2014; 25(10): 1105–12.

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SCHWERPUNKT

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Planung Kammaufbau mit Yxoss CBR®: Fallbeispiel

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Dr. Marcus Seiler | Deutschland Praxiskliniken Dr. Seiler und Kollegen Filderstadt und Kirchheim u.T. ReOss GmbH Filderstadt

Yxoss CBR® ist ein Titan­ gitter, das zur Regeneration von Knochen­defekten ­individuell designt wird – auf der Basis der DVT- oder CT-Daten eines Patienten. Es stabilisiert das Augmentat in der optimalen Position und lässt sich leicht w ­ ieder entfernen. Die 66-jährige Patientin stellte sich mit parodontologischen Problemen und dem Wunsch nach einer Sanierung des Unterkiefer-Seitenzahnbereichs vor. Nach Extraktion der nicht-erhaltungswürdigen Zähne 35, 37 und 45, 47 wies der Knochen in ­b eiden posterioren Regionen ein ­horizontales und vertikales Volumendefizit auf. Er wurde mit Hilfe eines 1:1 Gemischs aus autologen Knochenchips (Entnahme retromolar) und Geistlich Bio-Oss® sowie eines patientenspezifisch hergestellten Titangerüsts (Yxoss CBR®) aufgebaut. Eine Geistlich Bio-Gide® Kollagenmembran schirmte das Augmentat vom Weichgewebe ab. Ein beidseitiger Split-Flap ermöglichte einen spannungsfreien Wundverschluss und eine

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ausreichend breite keratinisierte Mukosa im späteren Implantationsgebiet. Nach sechs Monaten zeigten sich klinisch reizfreie Weichgewebeverhältnisse ohne dehiszente Bereiche. Für die Entfernung der Gitterstruktur wurde auf beiden Seiten ein Kammschnitt von 5 nach 7 gewählt. Nach dem Lösen der Fixierungsschraube konnte die Gitterstruktur mit einem Raspatorium im dafür vorgesehenen Bereich der Sollbruchstelle vorsichtig durch leichte laterale Extrusionsbewegungen in zwei Teile separiert und entfernt werden. Anschließend wurden die Implantate (Camlog, Screw Line®) in den Regionen 35, 36, 37 und 45, 46, 47 inseriert.

Warum wurde mit Yxoss CBR® behandelt? Das Titangitter Yxoss CBR® wird auf Basis von DVT-Daten der betroffenen Kieferregion oder eines Schädel-CTs designt und mittels CAD/CAM Verfahren hergestellt. Mit zwei Titanschrauben am ortsständigen Knochen fixiert, umschreibt es die Soll-Kontur des ­regenerierten Kieferkamms für die ­spätere Implantatsetzung und stabilisiert das eingebrachte Knochen-­ Biomaterial-Gemisch. Die Verwendung von Yxoss CBR® hat gegenüber den

Behandlungsalternativen verschiedene Vorteile. Durch die individuell designte Passform muss die Gitterform nicht erst an den Defekt angepasst werden, was die Eingriffszeit signifikant verkürzt. 6 Die Titangitter weisen keine scharfen Kanten auf. Dies wirkt sich vorteilhaft auf die Wundheilung aus und trägt zur Vermeidung von Dehiszenzen bei. ­Zudem bietet die passgenaue und formstabile Ausgestaltung von Yxoss CBR® Raum für eine ungestörte Knochenregeneration.

Das ist dabei zu beachten Bei sehr ausgeprägten Defekten kann es erforderlich sein, noch längere Heilungszeiten in Kauf zu nehmen, um e­ ine vollständige Regeneration zu erzielen.

Disclaimer: Dr. Marcus Seiler ist Inhaber und Geschäftsführer der ReOss GmbH, die das Produkt Yxoss CBR ® entwickelt hat. In Deutschland werden die Produkte mit ReOss-Technologie von Geistlich Biomaterials vertrieben. Die Produkte sind noch nicht in allen Ländern verfügbar.


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Fotos: Seiler

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1

Transversales Konturdefizit in der klinischen Ausgangssituation.

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eutliches transversales Defizit der ReD gionen 35–37 und 44–47 im präoperativ angefertigten DVT.

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Das dargestellte Operationsgebiet.

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Geistlich Bio-Oss® und autologer Knochen im Verhältnis 1:1 werden in das Yxoss CBR® Titangitter eingebracht.

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Das mit einer Fixierungsschraube verse-

hene Titangitter mit dem leicht komprimierten Augmentationsmaterial in situ. 6

Eine Geistlich Bio-Gide® Membran bedeckt das Augmentat.

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Das augmentierte Volumen im transversalen DVT-Schnitt.

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ach Entfernung von Yxoss CBR® durch N leichte Extrusionsbewegungen an der Sollbruchstelle (Easy Removal®) zeigt sich gut vaskularisierter Knochen.

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Paralleles Setzen der Implantate (Camlog® Screw Line, Regio 35 und 45 (3,8 / 11) sowie Regio 36, 37 und 46, 47 (jeweils 4,3 / 11).

10 Korrekte Positionierung der Implantate im postoperativen Röntgenbild. 11 Nach Anbringen der Abutment-Verbindung. 12 A bschlusssituation mit eingegliederten Kronen.

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Associate Prof. Stephen Wallace | USA Columbia Universität, New York, Privatpraxis in Waterbury, CT

Foto: ©iStock.com/dtimiraos

Assisstant Prof. Tiziano Testori | Italien Universität Mailand, Galeazzi Institute, Mailand Centro Internazionale Implantologia Prof. Testori, Como

BIOMATE­ RIALIEN FÜR DEN ­SINUSLIFT 20

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EINLEITUNG

Am besten autogener Knochen

Das Operationsverfahren für die Augmentation des Sinus maxillaris wurden zum ersten Mal in den späten 70er-Jahren von Hilt Tatum vorgestellt. Die erste Publikation zu diesem Thema veröffentlichte 1980 Philip Boyne.1 Die Augmentation erfolgte jedoch aus einem anderen Grund, als man denken sollte. Ihr Zweck war die Verkleinerung des Tuber maxillae zur Vergrößerung des Interokklusalraums, ohne in die Pneumatisation der Kieferhöhle einzugreifen, obwohl 3 der 14 Augmentationen durchgeführt wurden, um Blattimplantate einzusetzen. Das Knochenersatzmaterial war natürlich partikulärer spongiöser Knochen und Knochenmark aus dem lateralen Beckenkamm.

In den späten 90er Jahren veranstaltete die Academy of Osseointegration ihre erste Sinus-Konsensus-Konferenz. Zu den Ergebnissen, die im Jahr 19983 von Jensen et al. veröffentlicht wurden, gehörte die Konsensus-Aussage, dass autogener Knochen zwar das bevorzugte Transplantatmaterial sei, in Einzelfällen jedoch auch die Verwendung von Knochenersatzmaterial gerechtfertigt sein könnte. Diese Aussage basierte nicht auf unterschiedlichen Ergebnissen, sondern auf Unterschieden der erfassten Datenmenge, da die Sinusbodenaugmentation bei Fällen mit einem Nachbeobachtungszeitraum von 3 Jahren in den Jahren 1990 und 1991 hätte erfolgen müssen, um noch in die Studie aufgenommen werden zu können.

Auf diese Weise bekam extraoraler autogener Knochen die notwendige Starthilfe, um in den folgenden 15 Jahren zum «Goldstandard» für Knochenersatzmaterial für diesen Eingriff zu werden. 1996 publizierte Wheeler zu 36 Sinuslifts mit Hydroxylapatit allein oder Hydroxylapatit in Verbindung mit autogenem Knochen.2 Die histomorphometrischen Ergebnisse waren mit 16,4 % und 19,3 % relativ ähnlich. Andere Zahnärzte sowie unser Fachbereich an der New York University sahen in dieser Zeit ähnliche Ergebnisse mit anderen Knochenersatzmaterialien. Die Eliminierung der zweiten Operationsstelle und der damit verbundenen Morbidität war ganz sicher ein Vorteil für sowohl Patienten als auch Zahnärzte. Außerdem hat der Verzicht auf extraorale Knochenentnahmen dazu geführt, dass die Operation vom Operationssaal im Spital in die Zahnarztpraxis verlegt werden konnte. Wir setzen unsere Forschungen zu Knochenersatzmaterialien an der New York University, an der Columbia University und in Italien fort.

Bessere Ergebnisse mit xenogenem Knochen Zu diesem Zeitpunkt war die Sammlung von Daten für ­Knochenersatzmaterialien (xenogen, allogen, alloplastisch) ein häufiges Thema in Peer-Review-Zeitschriften. Dies führte zur Veröffentlichung einer Reihe von systematischen Reviews, welche den Wandel der Wahrnehmung von Knochen­ ersatzmaterialien für die Sinusbodenaugmentation dramatisch beleuchteten. Im Jahr 2003 machte eine systematische Überprüfung durch Wallace und Froum (von 43 Studien) Schluss mit dem Mythos der Überlegenheit von autogenem Knochen als Knochenersatzmaterial der Wahl für einen Sinuslift.4 Die Überprüfung nutzte eine sehr große Datenbank, die für die Verwendung von xenogenem Knochen eindeutig bessere Ergebnisse als für jedes andere Knochen­ersatzmaterial, einschließlich autogenem Knochen, ergab.

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Einfluss der Implantatoberfläche Der Fairness halber sei angemerkt, dass die Ergebnisse von Reviews durch das Vermischen von unterschiedlichen Variablen beeinflusst sein könnten. Die Variable mit dem größten Einfluss auf das Ergebnis wäre sicherlich die Oberflächenbeschaffenheit der eingesetzten Implantate. 2004 trennte eine systematische Überprüfung durch Pjetursson et al.5 (48 Studien mit 12 020 Implantaten) die Überlebensraten von maschinierten Implantaten und von Implantaten mit mikrorauer Oberfläche und zeigte ähnliche Daten für autologen Knochen und Knochenersatzmaterialien. Tatsächlich hat eine Reihe von Überprüfungen ergeben, dass es keinen Nachweis für die Überlegenheit von autogenem Knochen gibt, und dass dieser durch xenogenes Material ersetzt werden kann.

«Es gibt keinen Nachweis für die Überlegenheit von autogenem Knochen. Dieser kann durch xenogenes Material ersetzt werden.»

Verwendung von Membranen – ein Vorteil? Als unsere Kollegen und wir mit Sinusbodenelevationen begannen, waren diese für uns eine Art gesteuerte Knochenregeneration und wir deckten die Transplantate mit einer Membran ab. In einer unserer Studien (an 12 Patienten) mit Geistlich Bio-Oss®, dem Knochenersatzmaterial, das wir mittlerweile als Standardkontrolle für unsere Studien einsetzten, verglichen wir Transplantate ohne Membranabdeckung mit Transplantaten, die mit Geistlich Bio-Gide®- oder Gore-Tex-Membranen abgedeckt worden waren.6 Die Studie ergab einen höheren Prozentsatz von vitalem Knochen in den Kohorten mit Membranabdeckung (vergleichbar), als in der Kohorte ohne Membran­abdeckung. Weitere systematische Reviews ergaben eine höhere Implantatüberlebensrate, wenn Membranen verwendet wurden.4,5 Dieses Thema wird derzeit diskutiert, da einige jün-

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gere histomorphometrische Studien (Meta-Analyse von 37 Studien von Suarez-Lopez Del Amo) ergeben haben, dass es mit oder ohne Verwendung einer Membran keinen Unterschied bei der Bildung von vitalem Knochen gibt.7 Eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse könnte der Ort der Knochenkernentnahme sein. Bei früheren Studien wurden histologische Proben aus dem lateralen Fensterbereich entnommen, während die Entnahme bei jüngeren Studien an den Implantatempfängerstellen erfolgte, an denen die Bildung von neuem Knochen dichter an der Gefäßversorgung der Sinuswände erfolgen könnte.

Langsame Resorption – Vorteil oder Nachteil? Einer der Gründe, warum einige Zahnärzte immer noch autogenen Knochen und Allografts bevorzugen, beruht auf einer falschen Bewertung der sehr langsamen Resorption (oder Nicht-Resorption) von Geistlich Bio-Oss® im transplantierten Sinus maxillaris. Das entscheidende Argument, das gegen die Verwendung von xenogenem Material spricht, ist, dass «nicht-vitalisierter» Knochen die Osseo­ integration direkt behindern würde. Forschungen am humanen Sinus maxillaris mit unterschiedlichen Knochenersatzmaterialien scheinen jedoch darauf hinzudeuten, dass 6 Monate nach Einsatz eines xenogenen Knochenersatzmaterials durchschnittlich 25 % neuer vitaler Knochen, 25 % verbleibendes xenogenes Knochenersatzmaterial und 50 % Knochenmark vorliegen. Dass die histomorphometrischen Ergebnisse Implantatüberlebensraten von 95 % gegenüberstehen, lässt die Bedenken in Bezug auf die langsame Resorption unnötig erscheinen und erfordert eine weitere Erläuterung. Zunächst sollte man wissen, dass eine histologische Untersuchung von explantierten Sinusimplantaten niemals den direkten Kontakt zwischen dem verbleibenden xenogenen Knochenersatzmaterial und der Implantatoberfläche zeigt. Zwischen dem Implantat und den verbleibenden Transplantatpartikeln gibt es immer eine Übergangsstelle aus Weichgewebe oder Knochen. Zweitens stimmt es nicht, dass die verbleibenden xenogenen Partikel mehrheitlich nicht vital sind. Eine aktuelle Studie von Galindo-Moreno8 (mit 50 Patienten und 50 Sinusbodenelevationen) unter Einsatz von morphologischer Bildanalyse und immunohistochemischen Techniken hat eine Neovaskularisation der Geistlich Bio-Oss® Partikel, CD44-positive Zellen in den Partikeln und eine Osteopontinexpression in den Osteozyten und an den interstitiellen Grenzen zwischen den verbleibenden Geistlich Bio-Oss® Partikeln


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und dem neu gebildeten vitalen Knochen ergeben. Dies bedeutet, dass es unter Umständen nicht korrekt ist, die Resorption als notwendige Eigenschaft eines Transplantationsmaterials zu betrachten! Diese Ergebnisse wurden durch herausragende histologische Erkenntnisse aus einer aktuellen Studie zu Extraktionsalveolen von Scheyer et al. ­gestützt und illustriert.9 Die Histologie zeigt wiederum eindeutig eine Vitalisierung der xenogenen Knochenersatzpartikel.

Anhebung der Schneiderschen Membran durch Implantate Für die Bildung von Knochen im Sinus maxillaris wurden auch andere Protokolle eingesetzt. Lundgren et al.10 (10 Patienten mit 12 Sinusbodenaugmentationen) schlugen eine Anhebung der Schneiderschen Membran durch Dental­implantate vor. Der Hohlraum würde sich dann mit einem Blutkoagel füllen, der nach und nach zu vitalem Knochen ausreifen würde. Diese Technik wurde von Cricchio et al.11 (84 Patienten, 96 Elevationseingriffe mit Membran, Einsetzen von 239 Implantaten) eingesetzt und führte zu einer durchschnittlichen

Knochenbildung von 5,3 mm ±2,1 mm mit einer hohen Implantatüberlebensrate. Diese Technik erwies sich zwar als wirkungsvoll, das erreichte Knochenvolumen wurde jedoch durch das begrenzte Raumerhaltungsvermögen des Blutkoagels verringert, was dazu führte, dass die anschließende Knochenbildung nur bis kurz vor die Implantatspitze erfolgte.

Sinuslift und Tissue Engineering

Avila-Ortiz et al.12 (darunter 89 Artikel mit Daten aus 21 randomisierten kontrollierten klinischen Studien). Die Nachweise le-

gen den Schluss nahe, dass die 12 autologen, aus Blut gewonnenen Produkte im Vergleich zur Kontrolle keinen signifikanten Vorteil aufwiesen. Bei 3 von 4 rh-BMP-2-Studien wurden im Vergleich zur Kontrolle keine signifikanten Unterschiede festgestellt und bei einer Studie lag das Ergebnis signifikant unter dem der Kontrolle (nur Geistlich Bio-Oss®). Das einzige Produkt, das ein gewisses Potenzial erkennen ließ, war rh-PDGF-BB zusammen mit Geistlich Bio-Oss®, das im Vergleich zur Kontrolle (nur Geistlich ­Bio-Oss®) zu einer signifikanten Verkürzung der Transplantatreifungszeit führte.

Schlussbemerkung Es stellt sich also die Frage, wie man in Zukunft vorgehen sollte. Nach dem Ausschluss aller Therapien, die keine Vorteile zu haben scheinen, steht immer noch eine Reihe von Optionen zur Verfügung. Diese Optionen beruhen auf einer Evidenzbasis, deren Größe je nach Therapie variieren kann. Wir folgen in der Regel dem Evidenzpfad und den überzeugenden Nachweisen aus über 1000 veröffentlichten Studien, die zu unserer Entscheidung für Geistlich ­Bio-Oss® als Knochenersatzmaterial geführt haben, das von einer Geistlich Bio-Gide® Membran abgedeckt wird, die sich leicht an die laterale Wand anpasst und nachweislich zu den gleichen Ergebnissen wie eine nicht resorbierbare Membran führt. Wäre eine Verkürzung der Reifungszeit wichtig, k­ önnte ein Zusatz von rh-PDGF-BB als hydratisierendes Agens ­diesen Parameter signifikant verbessern und in kürzerer Zeit zu ähnlichen Ergebnissen führen.

Referenzen

Bei einem anderen Ansatz für die Sinusbodenaugmentation wurde versucht, Grundsätze des Tissue Engineerings einzusetzen, um auf Knochenersatzmaterialien verzichten oder deren Leistung verbessern zu können. Während die Therapie mit mesenchymalen Stammzellen derzeit noch nicht reif für die allgemeine Anwendung ist, stehen für Onund Off-Label-Protokolle zur Sinusbodenaugmentation bereits autologe, aus Blut gewonnene Produkte (PRP, PRF), Knochenwachstumsfaktoren und morphogenetische Knochenproteine zur Verfügung. Die Academy of Osseointegration hat kürzlich die Ergebnisse eines Gipfeltreffens zu den besten Nachweisen für die Behandlung des posterioren Oberkiefers veröffentlicht. Der Abschnitt über Tissue Engineering enthielt eine systematische Überprüfung durch

1 Boyne PJ, James RJ: Oral Surg 1980; 38: 613–18. 2 Wheeler SL, et al.: Int J Oral Maxillofac Implants 1996; 11(1): 26–34. 3 Jensen OT, et al. : Int J Oral Maxillofac Implants 1998; 13 Suppl: 11–45. 4 Wallace SS, Froum SJ: Ann Periodontol. 2003; 8(1): 328–43. 5 Pjetursson BE, et al.: J Clin Periodontol 2008; 35(8 Suppl): 216–40. 6 Tarnow DP, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2000; 20(2): 117–25. 7 Suárez-López Del Amo F, et al. : Int J Oral Maxillofac Implants 2015; 30(3): 607–18. 8 Galindo-Moreno P, et al.: Clin Oral Implants Res 2014; 25(3): 366–71. 9 Scheyer ET, et al.: J Clin Periodontol. (accepted for publication August 2016). 10 Lundgren S, et al.: Clin Implant Dent Relat Res 2004; 6(3): 165–73. 11 Cricchio G, et al.: Clin Oral Implants Res 2011; 22(10): 1200–12. 12 Avila-Ortiz G, et al. : Int J Oral Maxillofac Implants 2016; 31 Suppl: s121–64.

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ÜBER DEN TELLERRAND

REGENERATION IM SCHLAF.

Foto: ©iStock.com/Kuzmichstudio

Stundenlang bewusst- und schutzlos zu sein, ist für jedes Lebewesen riskant. Warum ist Schlaf so wichtig, dass sich das Risiko lohnt?

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ÜBER DEN TELLERRAND

Dr. Klaus Duffner

Schlaf ist immer noch eines der größten Geheimnisse der Biologie. Fest steht, dass wir in den Stunden ohne Bewusstsein Geist und Körper vollkommen regenerieren. Forscher wollen diesem Rätsel auf die Spur kommen. Fledermäuse, Katzen, Hühner, Elefanten, Pferde, Fruchtfliegen und natürlich der Mensch – alle brauchen sie Schlaf. Und zwar richtigen Schlaf. Warum Menschen und Tiere schlafen, ist immer noch nicht genau geklärt und gehört heute zu einem der größten ungelösten Rätsel der Wissenschaft. Für alle ist es sehr riskant, über mehre Stunden ohne Bewusstsein in der Natur zu verbringen. Trotzdem ist der Schlaf so wichtig, dass diese Gefahr in Kauf genommen wird. Sicher ist: Wem die Nachtruhe zu lange verwehrt wird, stirbt. Chronischer Schlafmangel bzw. chronische Schlafstörungen gelten überdies als Risikofaktor für verschiedene Krankheiten, wie Grippe, Epilepsie, Alzheimer, Fettsucht oder Schlaganfall. Der Schlaf muss demnach eine sehr große Bedeutung haben.

Energieschub ins Gehirn Wer morgens, nachdem er am Abend zuvor völlig übermüdet, kraftlos und mit benebeltem Kopf ins Bett gesunken ist, gut erholt aufwacht, kann es kaum fassen, was der Schlaf mit ihm macht. Frisch, voller Energie und Ideen beginnt ein neuer Tag. Wie ist dieser «Jungbrunnen» zu erklären? Eine der derzeit favorisierten Theorien zur

Funktion des Schlafs besagt, dass die Energiereserven des Gehirns wieder aufgefüllt werden. Tatsächlich konnten die Forscher um Radhika Basheer und Markus Dworak von der Harvard Medical School in Boston feststellen, dass Mäuse in der Frühphase ihres Schlafs einen mächtigen Energieschub erhielten1. Das besondere daran: Er beschränkte sich vor allem auf solche Hirnareale, die nur im Wachzustand aktiv sind. Dort stieg der Spiegel des Moleküls ATP deutlich an. ATP (oder Adenosintriphosphat) ist die Energiewährung des Körpers und bei den meisten Stoffwechselprozessen unabkömmlich. Wurden die Mäuse hingegen während der Zeit, in der sie normalerweise schliefen, wachgehalten, blieb die ATP-Erhöhung aus. Nickten sie kurz weg, kam der ATP-Schub wieder in Gang. Damit war ausgeschlossen, dass die Zufuhr tageszeitlich oder von einer «inneren Uhr» beeinflusst ist. Die Frage bleibt, warum eine solche Energiezufuhr nicht auch im Wachzustand stattfinden könnte. Erklärung der Forscher: Während der Wachphase ist das Gehirn permanent auf energieintensive Nervenaktivität eingestellt und darauf bedacht, genügend Energie gleichmäßig zur Verfügung zu stellen. Erst durch ein Signal wie den

Schlaf könnte dieser Zustand überwunden werden. US-Forscher haben vor wenigen Jahren erstmals gemessen, wie viel Energie beim Schlafen ­weniger verbraucht wird als im Wachzustand 2. Demnach spart ein mittelgroßer Körper durch das Schlafen in der Nacht im Vergleich zum Wachliegen ungefähr 134 Kilokalorien oder 562 Kilojoule. Das entspricht zwar nur dem Energiewert von etwa zwei Scheiben Brot, trotzdem könnte die Absenkung des Energieverbrauchs das Startsignal sein, die ATP-Reserven wieder aufzufüllen, bestimmte Biomoleküle wie Proteine oder Fettsäuren zu produzieren und damit den Körper zu regenerieren.

Nächtlicher ­Reinigungsservice Neben der «Energiefrage» haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren einen weiteren bemerkenswerten Aspekt zu einer möglichen weiteren physiologischen Funktion des Schlafes hinzugefügt. Gemäß Studienergebnissen von Lulu Xie und seinem Team von der University of Rochester in New York werden nachts im Schlaf schädliche Stoffwechselprodukte aus dem Gehirn geschafft3. Das Hirn habe nur

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Welches Lebewesen schläft wie lange?

eine begrenzte Menge an Energie zur Verfügung, die für mentale Funktionen am Tag gebraucht werde. Damit solche Aufgaben nicht be­ einträchtigt werden, hat es seine Hauptreinigung auf die Nacht verlegt. Das Gehirn müsse sich zwischen zwei funktionellen Zuständen entscheiden, so Mitautorin Maiken Nedergaard Maiken Nedergaard in der Zeitschrift «Science», «entweder ist es wach und passt auf oder es schläft und räumt auf.» Bei den nächtlichen Reinigungsaktivitäten kommt dem erst vor wenigen Jahren entdeckten so genannten glymphatischen System eine besondere Bedeutung zu. Es ist ein Netzwerk aus winzigen Kanälen, die Hirnwasser transportieren, und ersetzt im Kopf das Lymphsystem, das im Rest unseres Körpers für den Abtransport von Abfällen zuständig ist. Kontrolliert werden diese Abwasserkanälchen nicht von Nerven-, sondern von Gliazellen, die eigentliche Stützund Hüllfunktionen im Gehirn wahrnehmen.

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Lücken zum Abfließen Um mehr über dieses Abfallsystem zu erfahren, injizierten die Wissenschaftler schlafenden Mäusen einen Farbstoff ins Hirnwasser. Dabei stellten sie fest, dass er im Schlaf viel tiefer ins Gewebe hineinreichte als im Wachzustand. Während der Farbstoff bei schlafenden Tieren rund zehnmal stärker in die Tiefe des Kanalsystems reichte, beschränkte er sich bei wachen Mäusen auf die Oberfläche des Gehirns. Gleichzeitig stellten die Forscher fest, dass sich während des Schlafes die Nervenzellen zusammenziehen und Spalten schaffen. So betrug der Zell­ zwischenraum im Kopf von wachen Nagern lediglich 14 Prozent des Hirnvolumens, bei schlafenden Tieren ­waren es hingegen 23 Prozent. Durch diese nächtlichen Lücken können ­unbrauchbare Proteine und andere Stoffe mit der Gehirnflüssigkeit in den Blutkreislauf abfliesen. Dazu gehören beispielsweise die mit Alzheimer in Verbindung stehenden β-Amyloide. Sie

illustrationen: ©iStock.com/JuliarStudio/Kristina Velickovic/Route55

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wurden im Schlaf doppelt so schnell weggeschafft, wie im Wachzustand. Möglicherweise spielt bei den Kontraktionsvorgängen der Neurotransmitter Noradrenalin eine wichtige Rolle, da seine Konzentration im schlafenden Gehirn vermindert ist. Um diesen «Reinigungsservice» vollständig ausführen zu können, brauche der Körper ausreichend Schlaf. Würde dies dauerhaft verhindert, könnten sich gesundheitsschädliche Stoffe im Kopf akkumulieren und Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson begünstigen, so die Vermutung der amerikanischen Forscher. Ob nun die Auffrischung der Energiereserven oder der Abtransport von Schadstoffen für unser Schlafbedürfniss verantwortlich sind - in unserem Körper vollzieht sich jede Nacht ein kleines Wunder der Regeneration.

Literatur 1 Journal of Neuroscience, Bd. 30, Nr. 26, S. 9007 2 Journal of Physiology, Bd. 589, S. 235 3 Lulu Xie et al.: Science, DOI: 10.1126/ science.1241224


GEISTLICH PHARMA | OSTEOLOGY STIFTUNG

BACKGROUND. Geistlich Pharma & Osteology Stiftung

My patient treated with Geistlich Bio-Oss® and Geistlich Bio-Gide® has been in space as a member of International Space Station. Geistlich Biomaterials – ­predictable results tested in space. Sergey Tereshchuk Moscow | Russia


GEISTLICH PHARMA

Geistlich Jubilee Geistlich, one word: SAFETY Lorenzo Ronco Turin | Italy

I have been using Geistlich Bio-Oss® and Geistlich Bio-Gide® for the last seven years. I consistently get great results, even in challenging cases. Georgios Giannelis, Vancouver | Canada

Don’t just place any graft, just use the one you trust! Geistlich Bio-Oss® and Geistlich Bio-Gide®! Kar Lai Bosco Wong, Kowloon | Hong Kong

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Excellent product. It has boosted the world of bone augmentation. Looking forward to its re-entry Patrick Schmidlin,into the Indian Zurich, market. Switzerland Vinamra Dhariwal Chennai | India


GEISTLICH PHARMA

GEISTLICH JUBILEE Im Laufe des Jahres haben uns viele Menschen zum Triple-­ Jubiläum gratuliert – zu 30 Jahren Geistlich ­Bio-Oss®, 20 Jahren Geistlich Bio-Gide® und 1000 wissenschaftlichen Publikationen. Die guten Wünsche beflügeln uns und wir möchten uns mit einer kleinen Auswahl herzlich bei allen bedanken!

Over the years I have been asked to use products that are «like» or «similar» to Geistlich Bio-Oss®/ Geistlich Bio-Gide®. What I have found is that both Geistlich Bio-Oss® and Geistlich Bio-Gide® have provided my patients with such good outcomes that I won’t switch to an inferior or ­cheaper product and risk that success for my patients. Mark Sutor Bloomington | USA

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GEISTLICH PHARMA

Regeneration­Leaders’ Meeting Geistlich Bio-Gide® Shape Susanne Schick in Zürich Dr. Mireia Comellas & Verena Vermeulen

Die gesteuerte Knochenregeneration (GBR) ist ein Klassiker – aber auch ein Evergreen? Welchen Stellenwert hat sie heute? Wo liegt ihr Potenzial, wo ihre Grenze? Geistlich stellte diese Fragen 15 internationalen Dental­ experten am Regeneration Leaders’ Meeting in Zürich, vom 14. bis 15. Juni 2016. Anlass der Zusammenkunft war Geistlich’s 20+30=1000 Produktejubiläum, das auch geradezu ein GBR-Jubiläum darstellt. In über 90 Prozent der Fälle, so die Mehrzahl der Teilnehmer, funktionieren die etablierten Verfahren einwandfrei. Potenzial besteht noch bei Patienten mit gesundheitlichen Problemen wie etwa Osteoporose, Diabetes oder HIV. Potenzial liegt ebenso in der Vereinfachung der Techniken und in der Vorhersagbarkeit. Die meisten Teilnehmer ge-

Geistlich Bio-Gide® Shape wurde speziell für eine Kieferkammerhaltung bei defekter bukkaler Knochenwand entwickelt. Die Membran beruht auf der Geistlich Bio-Gide ® ­Perio-Technologie mit erhöhter Steifigkeit. Diese Produkteigenschaft bietet eine einfache Handhabung und einen hohen Anwendungskomfort. Die vorgeformte Membran spart wertvolle Vorbereitungszeit und kann einfach von innen

«Geistlich ­Bio-Gide® Shape ist ein sehr anwenderfreundliches Produkt, das das Management von Extraktionsalveolen vereinfacht.» 24 mm

Dr. Daniele Cardaropoli, Turin | Italien

Foto: Marcus Brodt

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hen davon aus, dass einfache Handhabung und geringe Techniksensitivität in Zukunft noch bedeutsamer sein werden als jetzt schon. Und zum dritten besteht Potenzial in der theoretischen Aufarbeitung. Wie viel Prozent neuer Knochen sind nötig, damit man von regeneriertem Knochen sprechen kann? Was meint man mit Stabilität? Welcher Grad an Vaskularisierung ist optimal, welcher mangelhaft? Gemeinsame Begriffe und verlässliche Messverfahren werden ein wichtiger erster Schritt in die Zukunft der GBR sein.

(oder unter Bildung einer Zahnfleischtasche von außen) an die bukkale Wand der Alveole angelegt werden, bevor ein Knochenersatzmaterial eingeführt wird. Das Augmentat wird somit bukkal gegen das Weichgewebe effektiv abgeschirmt, während der obere Teil crestal, nach außen hin zuverlässig verschließt. Geistlich Bio-Gide Shape® ergänzt das Produktesortiment von Geistlich für die Kieferkammerhaltung. Mit dieser Technik lassen sich nach Zahnextraktion ca. 90 Prozent des Knochenvolumens erhalten1. Die Verfügbarkeit des Produktes ist länderabhängig: Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte Ihren lokalen Ansprechpartner.

Referenzen 1 Cardaropoli D, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2014; 34(2): 211–17.

Scan the code and watch the short movie about the meeting.

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Geistlich Bio-Gide® Shape in extraction sockets: Scan the code and watch the video.


GEISTLICH PHARMA

Im Mikrokosmos der Zellen

Illustrationen: Quintessence Publishing Group

Dr. David Märki & Verena Vermeulen

Geistlich Biomaterials hat den neuen Film aus der Quintessence-Reihe «Cell-toCell Communication» unterstützt. «Guided Bone Regeneration» ist der fünfte Film aus der Reihe «Cell-to-Cell Communication», die Quintessence ­Publishing seit 2011 herausgibt. Der Film erlaubt spektakuläre Einblicke in den für unser Auge unsichtbaren zellulären Mikrokosmos, in dem die gesteuerte Knochenregeneration ihren Anfang nimmt. Welche Rolle spielen Osteoblasten, Osteoklasten, Periozyten, Thrombozyten, Fibroblasten und all die anderen Zellen? In welcher Reihenfolge werden sie aktiv? Wie kommunizieren sie? Die Autoren Bernd Stadlinger und Hendrik Terheyden sowie das Advisory Board, bestehend aus hochkarätigen, ­internationalen Experten, haben ein Meisterwerk der ­Animation geschaffen. Der Film ist für Universitäten und ­gemeinnützige Organisationen auf Anfrage frei verfügbar. Anfragen hierzu bitte an Änne Klebba: klebba@quintessenz.de. Den Trailer finden Sie hier:

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Die CASE BOX – Fälle dokumentieren und teilen leicht gemacht Dr. Heike Fania

Die eigenen Fälle aus der Praxis dokumentieren, auswerten, vergleichen, mit Kollegen teilen und diskutieren, sie veröffentlichen, oder sich einfach die verschie­denen Fälle von Kollegen weltweit an­ schau­en – das alles bietet die CASE BOX. Die CASE BOX ist ein Teil der Onlineplattform THE BOX, die die Osteology Stiftung im April gelauncht hat, mit dem Ziel, Praktikern und Wissenschaftlern weltweit eine Möglichkeit zu bieten, sich über Themen rund um die orale Regeneration auszutauschen und miteinander in Kontakt zu treten. Die Plattform hat bereits mehrere Tausend Mitglieder. Die CASE BOX wurde entwickelt, um Praktikern eine Möglichkeit zu bieten, ihre Fälle rund um regenerative Therapien zu dokumentieren und zu vergleichen, aber auch, um sie mit ihren Kollegen zu teilen und zu diskutieren. Dabei hat der Benutzer die Wahl, ob er seine Fälle nur für sich behalten will, ob er sie mit einem bestimmten Kontakt oder einem seiner Netzwerke teilen möchte, oder ob er den Fall allen Benut-

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zern der Plattform THE BOX zeigen will. Bei der Entwicklung der CASE BOX war es eines der Hauptziele, es dem Benutzer so einfach wie möglich zu machen, ihm aber trotzdem die Möglichkeit zu geben, möglichst viele Informationen zu jedem Fall hochzuladen. Auch wenn der Datensatz nicht komplett ist oder nicht alle Informationen zur Verfügung stehen, können die Fälle abgespeichert werden.

Schritt für Schritt Der Benutzer wird Schritt für Schritt durch den Prozess geführt: Ganz am Anfang steht die Auswahl der Ausgangssituation und der Indikation. Danach werden nach und nach die folgenden Informationen abgefragt: Schritt 1: Persönlicher Titel des Falls – dieser ist nie sichtbar für andere Benutzer, auch wenn der Fall geteilt wird. Schritt 2: Zeitpunkte – hier werden die Termine ausgewählt, die für den Fall relevant sind. Obligatorisch ist nur «Surgery». Der Benutzer kann hier später noch weitere Zeitpunkte hinzufügen. Schritt 3: Demographische Patientendaten – Geschlecht, Alter und Rassenzugehörigkeit.

Schritt 4: Systemische Faktoren – hier werden verschiedene Faktoren abgefragt, die den Behandlungserfolg beeinflussen können, wie zum Beispiel Vorerkrankungen, parodontaler Status, sonstige Krankheiten. Schritt 5: Behandelte Position – die Auswahl der behandelten Zähne bzw. des Kieferbereichs erfolgt anhand einer Grafik und ist daher unabhängig vom angewandten Zahnschema. Schritt 6: Lokale Faktoren – nun können für jede zuvor ausgewählte Position die lokalen Gegebenheiten eingetragen werden, wie Biotyp, Rezession, parodontaler Status oder auch Knochendefekte. Schritt 7: Technik und Materialien – hier kann der Benutzer auswählen, welche Materialien er in der Behandlung verwendet hat, wie Knochenersatzmaterialen, Membranen, autologe Transplantate, Medikamente oder Wachstumsfaktoren. Außerdem kann


Auswahl der behandelten Zähne anhand einer Grafik in der CASE BOX.

er hier Informationen zur angewandten Operations-Technik eintragen. Schritt 8: Bilder – per «Drag & Drop» können Fotos bequem hochgeladen werden, und zwar für alle ausgewählten Zeitpunkte. Die Bilder können anschließend noch gespiegelt, zugeschnitten oder gedreht werden. Schritt 9: Parameter – je nach Indikation werden verschiedene klinische Parameter abgefragt, die für diese Behandlung am wichtigsten sind, etwa die Breite der keratinisierten Mukosa, die Rezessionstiefe oder Schmerz. Die Werte können für jede zuvor in Schritt 5 ausgewählte Position individuell eingetragen werden. Fertig – in nur 9 Schritten ist nun der gesamte Fall erfasst. Insgesamt dauert es rund 10 Minuten, einen Fall in der CASE BOX zu dokumentieren und alle relevanten Felder auszufüllen. Zu vielen der Parameter stehen weitere Informationen zur Verfügung, beispielsweise darüber, wie er gemessen werden sollte oder auf welcher Klassifizierung er ­basiert. Diese Informationen sind bei einem Klick auf die Fragezeichen ­verfügbar. Weitere Notizen und Hintergrundinformationen, die für den Fall relevant sein könnten, kann der Benutzer in ei-

nem Online-Notizbuch aufschreiben. Dieses wird individuell für jeden Fall angelegt und abgespeichert und ist nicht öffentlich.

My Practice – alle Fälle jederzeit im Blick Viele Benutzer werden sicherlich auch daran interessiert sein, ihre Fälle mit anderen zu teilen. Sie können dies entweder nach dem letzten Schritt beim Hochladen eines Falles tun, oder auch später noch im My Practice Bereich, wo der Status (Public, Shared, Private) einsehbar ist und verändert werden kann. Ein Fall, der «Public» ist, ist für alle registrierten Benutzer sichtbar. Sie finden ihn in der CASE BOX unter «Browse Cases» und können auch einen Kommentar oder eine Frage hinterlassen.

weiteren ihre Fälle mit einem anderen vergleichen, mit allen ihren Fällen in dieser Indikation oder sogar mit dem allgemeinen Datenpool, in den alle Werte aller Fälle, die von Nutzern für diese Indikation hochgeladen wurden, einfließen. Natürlich ist die Aussagekraft dieser Daten gering. Die Ergebnisse aus der Analyse sind sicherlich mit größter Vorsicht zu interpretieren und kritisch zu hinterfragen. Dennoch könnte sich daraus – vor allem bei steigender Fallzahl in der Datenbank – die eine oder andere Einsicht ergeben. Die Online Plattform THE BOX findet sich unter www.box.osteology.org oder indem man dem Link auf der Startseite der Osteology Stiftung auf www.osteology.org folgt. Als neuer User muss man sich lediglich einmal registrieren. Die Nutzung der Plattform und aller Tools und Inhalte ist kostenlos.

Analyse der Fälle Besonders spannend für viele Nutzer wird die «Analyze» Funktion der CASE BOX sein, vor allem wenn die Zahl der Fälle wächst. Denn über diese Funktion können sie sich die Ergebnisse ihrer Behandlung grafisch als Diagramm darstellen lassen und sehen die Veränderung über die Zeit. Sie können des

Register now, it’s free! www.box.osteology.org

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INTERVIEW

In Monaco mit Julio Joly Das Interview führte Débora Furlani

Wir stehen hier an der Küste von ­Monaco. Mögen Sie diesen Ort? Julio Joly: Aus brasilianischer Sicht ist Monaco ein Vorbild an Kultiviertheit und Naturschönheit. Als Kind habe ich die Formel-1-Rennen mit Ayrton Senna in Monte Carlo verfolgt und wollte dieses wunderschöne Fürstentum unbedingt einmal kennenlernen. Was war für Sie das Highlight des ­Osteology Symposiums in Monaco? Julio Joly: Ich bin ein Riesenfan der Arbeit von Prof. Cortelli und Prof. Zucchelli. Sie haben einen sehr großen Einfluss auf unsere parodontologische Ausbildung gehabt. Auch den Workshop, der von meinem Partner Robert Carvalho da Silva moderiert wird, darf ich auf keinen Fall verpassen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir die Gelegen-

heit haben, hier der weltweiten zahnärztlichen Fachwelt die Arbeit unserer Gruppe vorstellen zu können. Weichgewebemanagement ist auf Kongressen wie Osteology Monaco ein großes Thema. Haben sich die Techniken in den letzten Jahren verbessert? Julio Joly: Die größten Veränderungen gibt es im Bereich minimal-invasive Techniken und Weichgewebe-Ersatzmaterialien. Durch die Kombination dieser Faktoren ist es möglich, noch natürlichere Ergebnisse zu erzielen und die Unannehmlichkeiten für die Patienten auf ein Minimum zu beschränken. Gibt es Unterschiede zwischen der europäischen und der südamerikanischen Zahnheilkunde?

Julio Joly: Kaum. Mein Eindruck ist, dass die Zahnheilkunde in Brasilien aufgrund der Nachfrage durch die Patienten mehr Wert auf Ästhetik legt. Außerdem erhalten die Studierenden der Zahnheilkunde in Brasilien häufiger Gelegenheit, Operationen und ­Restaurationen am Patienten durchzuführen und sind so geübter darin, klinische Entscheide zu treffen.

Wir sind hier direkt am Meer – haben Sie ein Hobby, das mit dem Meer zu tun hat, wie Segeln oder Wasserskifahren? Julio Joly (lacht): Ehrlich gesagt bin ich kein großer Wassersportfan. Mir macht es mehr Freude, die Landschaft zu genießen, vorzugsweise zusammen mit meiner Familie, guten Freunden und einem kalten Bier.

Foto: Frederic Meyer

Prof. Julio Cesar Joly ist Koordinator des Master of Science Program of Implantology and Periodontology des São Leopoldo Mandic Dentistry Research Center in Campinas, Brasilien. Außerdem ist er Professor am ImplantePerio Institute in São Paulo sowie Autor und Co-Autor mehrerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen und Beiträge in Fachbüchern.

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Ausgabe 1 | 17 erscheint im März / April 2017. SCHWERPUNKT

Risiken und Komplikationen Wann bei regenerativen Eingriffen Vorsicht geboten ist JOURNAL CLUB

Zahnerhalt vs. Zahnextraktion Welches Vorgehen liefert die besseren Ergebnisse? BACKGROUND

Geistlich-Webinare 2017 Interaktive Online-Vorträge, die sich wirklich lohnen

IMPRESSUM Zeitschrift für Kunden und Freunde von Geistlich Biomaterials Ausgabe 2/2016, 9. Jahrgang Herausgeber © 2016 ­Geistlich Pharma AG Business Unit Biomaterials Bahnhofstr. 40 6110 Wolhusen, Schweiz Tel. +41 41 492 55 55 Fax +41 41 492 56 39 biomaterials@­geistlich.ch

Redaktion Verena Vermeulen Layout Marianna Leone Erscheinungsweise 2 × jährlich Auflage 25 000 Exemplare in verschiedenen Sprachen weltweit

Die Inhalte von GEISTLICH NEWS werden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Die von Dritten erstellten Inhalte entsprechen jedoch nicht zwingend der Meinung von Geistlich Pharma AG. Geistlich Pharma AG übernimmt daher weder Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Inhalte durch Dritte noch eine Haftung für Schäden materieller oder ideeller Art, die durch die Nutzung von Informationen Dritter bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen Dritter verursacht wurden, sofern seitens Geistlich Pharma AG kein nachweislich vor­­sätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden vorliegt.

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Herausgeber © Geistlich Pharma AG Business Unit Biomaterials Bahnhofstrasse 40 CH-6110 Wolhusen Tel. +41 41 492 56 30 Fax +41 41 492 56 39 www.­geistlich-biomaterials.com

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Mehr Infos über unsere Vertriebspartner: www.­geistlich-pharma.com


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