GEISTLICH BIOMATERIALS
Bild: Quaint
JAHRGANG 11, AUSGABE 2, 2017
SCHWERPUNKT SEITE 5
ÜBER DEN TELLERRAND SEITE 27
BACKGROUND SEITE 30
Weichgeweberegeneration.
Hoffnung durch 3-D-Drucken.
Bahnbrechende Lösungen.
Umgang mit Weichgewebe in der täglichen Praxis. Neue Strategien und therapeutische Optionen.
Lebende Gewebe aus 3-D-Bio-Druckern. Eine Lösung für den Mangel an Spenderorganen.
Kollagenprodukte und individualisierte Elemente. Auf dem Weg vom Labor zum Behandlungsstuhl passiert etwas Neues.
LEADING REGENERATION.
100
GEISTLICH NEWS 2-2017
INHALT
Ausgabe 2 | 2017 EDITORIAL
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Bewährung in der Feuerprobe. SCHWERPUNKT
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Weichgewebemanagement.
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Weichgewebemanagement mit Geistlich Fibro-Gide® Leiter des akademischen Bereichs Daniel Thoma | Schweiz
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Verwendung einer 3-D-Kollagenmatrix für eine Vestibulumplastik Dr. Christian Schmitt | Deutschland
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Aufbau von ausreichendem Weichgewebevolumen und keratinisiertem Gewebe Ass. Prof. Ignacio Sanz Martin, Prof. Mariano Sanz | Spanien
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Eine weniger invasive Technik für größeren Erfolg Dr. Yoon Euy Hong | Südkorea
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Richtige Lappen- und Nahttechniken sind der Schlüssel zum Erfolg Dr. Luca De Stavola | Italien JOURNAL CLUB
23 Meilenstein-Studien. 23
Ein Update zum Weichgewebemanagement mit Kollagenmatrizen Dr. Nikolas Epp | Geistlich Pharma AG ÜBER DEN TELLERRAND
27 Hoffnung durch 3-D-Drucken. GEISTLICH PHARMA AG | OSTEOLOGY FOUNDATION
30 Background. 31
Neue Publikation der Osteology Foundation
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“Es ist nicht nur Wissenschaft. Eine Menge Kunst ist auch beteiligt.”
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Zwei innovative Lösungen für die Weichgeweberegeneration
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Eine neue Behandlungslösung für größere Knochendefekte INTERVIEW
38 Ein Gespräch mit Jung-Chul Park. 39
Impressum
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Editorial
Bewährung in der Feuerprobe.
Foto: Roger Schuler
“Fahren Sie langsam, wir haben es eilig.” Das soll Winston Churchill zu seinem Chauffeur gesagt haben, als er auf dem Weg zu einem wichtigen Treffen spät dran war. Wir bei Geistlich verstehen die tiefere Bedeutung dieser Aussage und verhalten uns vor der Einführung der volumenstabilen Kollagenmatrix Geistlich Fibro-Gide® dementsprechend. Vor über einem Jahr erhielt dieses Produkt das CE-Kennzeichen, das seine Marktfähigkeit in Europa zertifizierte. Obwohl dies eine erforderliche Bestätigung ist, halten wir bei Geistlich die CE-Kennzeichnung für notwendig, aber nicht ausreichend, um eine Produkteinführung zu rechtfertigen. Aus diesem Grund befindet sich Fibro-Gide® in einer Pre-Launch-Phase, in der es die Feuerprobe durch klinische Experten bestehen muss, bevor es allen interessierten Zahnärzten zum Kauf angeboten wird. Gleichzeitig entwickeln wir eine breite Palette von Schulungsinitiativen, um Kunden sorgfältig auf die Anwendung des Produkts vorzubereiten und ihre individuellen Lernkurven zu unterstützen. Durch unseren Ansatz des “integrierten Lernens” können Kunden ihre Kenntnisse der Produkteigenschaften erweitern und vertiefen sowie klinische Tipps und Tricks in traditionell gestalteten praktischen Kursen oder e-basierten Modulen erlernen. Wir sind stolz darauf, Sie auf diesen neuen Produktpfad mitnehmen zu können, und wünschen Ihnen langfristige Erfolge bei der Behandlung Ihrer Patienten.
Unterschrift ändern Diese ist von Zingg Falk in der Anlage
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GEISTLICH NEWS 2-2017
Reto Falk
Mirko Zingg
Leiter Internationale Leiter Internationales Marketingservices Produktmanagement
SCHWERPUNKT
WEICHGEWEBEÂ MANAGEMENT.
Bild: Quaint
Rezessionsdeckung, Zugewinn von keratinisiertem Gewebe und Weichgewebeaugmentation. Ein klinisches Update von Goldstandards und neue Alternativen.
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Neue therapeutische Option
Weichgewebemanagement mit Geistlich Fibro-Gide ®
Leiter des akademischen Bereichs Daniel Thoma | Schweiz Klinik für Kronen- und Brückenprothetik, Teilprothetik und zahnärztliche Materialkunde Zentrum für Zahnmedizin Universität Zürich
Eine neue volumenstabile Weichgewebematrix ermöglicht eine Weichgewebeaugmentation ohne Verwendung von Transplantaten vom Gaumen. Ein Überblick über wissenschaftliche Daten und neue therapeutische Optionen. Verfahren zur Weichgewebeaugmen tation werden immer häufiger für eine Reihe von Indikationen in Verbindung mit zahnärztlicher Implantattherapie durchgeführt.1 Zu den wichtigen klini schen Indikationen gehören Rezessions deckung, Zugewinn von keratinisiertem Gewebe und Augmentation von Weich gewebe.2-5 Diese parodontal-plastischen chirurgischen Verfahren wurden emp fohlen, um kurz- und langfristig günstige biologische, funktionelle und ästhetische Ergebnisse um die Zähne herum sowie an Stellen mit Brückengliedern und Zah nimplantaten zu schaffen. An Implanta tionsstellen wird das Weichgewebevo lumen meistens augmentiert, um den periimplantären marginalen Knochen verlust in der nicht-ästhetischen Zone zu begrenzen, dem Volumenverlust nach Zahnextraktion entgegenzuwirken und die bukkale Kontur zu regenerieren.
Aktuelles Konzept Derzeitige Konzepte zur Augmentation von Weichgewebevolumen in vertikaler
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GEISTLICH NEWS 2-2017
und/oder bukkaler Richtung basieren auf der Verwendung von autologem Gewebe, das am häufigsten aus der Gaumenre gion entnommen wird. Diese Trans plantate haben eine lange Tradition in der Zahnheilkunde, und es wurden zahlreiche Artikel veröffentlicht, die ihre Effektivität, Sicherheit und langfristige Stabilität dokumentieren.6,7 Zu den Ein schränkungen und Nachteilen von auto logen Gewebetransplantaten gehören:
››
››
››
Höhe, Länge und Dicke des Spen dergewebes variieren entsprechend den anatomischen Dimensionen des Gaumengewölbes,8 Länge und Dicke des Gewebetrans plantats sind begrenzt durch die Anatomie, wie etwa einen dicken Alveolarfortsatz, Exostosen sowie die palatinalen Nerven und Blutge fäße,9,10 Über mehrere Wochen nach der Operation klagen Patienten häufig über Schmerzen und Taubheits gefühl, insbesondere an der Ent nahmestelle.11, 12
Um diese Probleme zu überwinden und die Morbidität aufgrund der Trans plantatentnahme zu reduzieren, haben sich die Forschungsaktivitäten auf die Entwicklung von Ersatzprodukten für Weichgewebetransplantate aus ver schiedenen Quellen und für eine Reihe von klinischen Indikationen konzent riert.13 Ein geeignetes Biomaterial für die Augmentation von Weichgewebe muss Volumenstabilität über die Zeit sowie
ein günstiges biologisches Verhalten bie ten, das natürliche Modellierungs- und Remodellierungsprozesse ermöglicht.
Entwicklung von Geistlich Fibro-Gide® Vor kurzem wurde eine 3-D-stabile Kol lagenmatrix (Geistlich Fibro-Gide®) ent wickelt. Das Biomaterial wurde über zehn Jahre in zahlreichen in-vitro , präklinischen und klinischen Modellen getestet, die Folgendes zeigen:
››
›› ››
Vorteilhafte mechanische Eigen schaften und biologische Attribute, die das Einwachsen von menschli chen Fibroblasten fördern,14 Günstige Gewebeintegration und Förderung der Angiogenese,15 Vergleichbare Ergebnisse wie bei dem Goldstandard autologes Transplantat in Bezug auf 2- und 3-D lineare und volumetrische Zugewinne.16,17
Im Hinblick auf kritische Nachweise wurde Geistlich Fibro-Gide® kürzlich in einer randomisierten, kontrollierten kli nischen Studie auf mukosale Dickenzu nahme um Zahnimplantate evaluiert.4 (Abb. 1) Ähnlich wie in früheren Studien resultierte die Verwendung von Geist lich Fibro-Gide® in einer vergleichbaren Volumenzunahme und in einer relativen Stabilität über einen Zeitraum von drei Monaten wie bei autologen Transplan taten. Abgesehen von diesen günstigen mechanischen und biologischen Eigen schaften war die Patientenmorbidität,
ABB. 1: WEICHGEWEBEAUGMENTATION MIT GEISTLICH FIBRO-GIDE® A
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Fotos: Thoma
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B
| A Frontalansicht der ästhetischen Region – grau durch die Mukosa durchscheinendes Implantat in Position 11. | B Sondieren in Position 11 produziert eitriges Exsudat. | C Röntgenbild zeigt fehlerhaften Sitz der implantatgestützten Krone 11 und marginalen Knochenabbau. | D Entfernte implantatgestützte Krone. Überschüssiger Zement und Misserfolg der Zementierung sichtbar. | E Okklusalansicht der Implantatstelle zeigt ein größeres bukkales Gewebedefizit. | F –G Mit einer scharfen Klinge und einem Mikrochirurgie-Raspatorium wird eine Split-Thickness-Tasche präpariert. | H Geistlich Fibro-Gide® wird geformt und probeweise positioniert. | I Geistlich Fibro-Gide® wird auf der palatinalen Seite des Implantats mit nicht resorbierbarem Nahtmaterial fixiert und in die bukkale Tasche eingebracht. Anämische Geweberegion zeigt Augmentation. | J Okklusale Ansicht nach dem chirurgischen Eingriff. | K Bukkale Ansicht nach dem chirurgischen Eingriff. | L Abschließende Ansicht nach Insertion eines neuen Implantats. Das Implantat 11 scheint nicht mehr durch. Die periimplantären Gewebe sind gesund und bluten nicht bei Sondierung. (Laborarbeiten: Zahntechnikerin Andrea Patrizi).
SCHWERPUNKT
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wichtig sowohl für Patienten als auch Zahnärzte, bei Geistlich Fibro-Gide® im Vergleich zu traditionellen Bindegewe betransplantaten reduziert.
Entwicklung des Konzepts Patienten und Zahnärzte haben lange auf einen Weichgewebeersatz gewartet, der nicht nur klinische Leistungsfähig keit bietet, sondern auch die wichtigen Probleme in Verbindung mit autologen Transplantaten angeht. Angesichts der Vorteile von Geistlich Fibro-Gide® und basierend auf dem derzeitigen Wissens-
Klinische Handhabung und Vorteile von Geistlich Fibro-Gide® Unter Berücksichtigung des aktuellen Wissenstandes, Lernkurve und Erfah rung (in Verbindung mit jeglichem inno vativen Biomaterial) eignet sich Geistlich Fibro-Gide® für verschiedene Indikatio nen und bietet eine vorteilhafte klinische Handhabung. Nach Ermessen das Zahn arztes kann Geistlich Fibro-Gide® be schnitten und zur passenden Grösse ge formt werden. Dies kann in trockenem, feuchtem oder auch in einem dazwi schenliegenden Zustand durch Vorbe
“Als Zahnarzt und Forscher glaube ich, dass Geistlich Fibro-Gide® ein Durchbruch in der oralen Weichgeweberegeneration ist.”
entenanforderungen zeigen histologi sche Daten drei und vier Monate nach dem Einbringen einen leicht abgebau ten und dennoch voll integrierten Mat rixkörper mit neuen Blutgefäßen und Bindegewebe. Als Zahnarzt und Forscher glaube ich, dass Geistlich Fibro-Gide® ein Durch bruch bei der Weichgeweberegenera tion ist, der unsere Behandlungsoptio nen erweitert. Wir warten seit Jahren auf ein so innova tives Produkt, und weil ich von den klini schen Resultaten überzeugt bin, was mir meine Patienten bestätigen, bin ich sehr gespannt darauf, sie bei erweiterten In dikationen auszuprobieren.
Referenzen 1
Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41 Suppl
15: S77-91. 2 Lorenzo R, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23: 316-24.
und Erfahrungsstand werden Zahnärzte bald in der Lage sein, eine Wahlmöglich keit anzubieten, wenn eine Zunahme der Mukosadicke gewünscht ist. Eine solche Wahlmöglichkeit wird mit Sicherheit die Nachfrage erhöhen und die klinischen Indikationen erweitern, wodurch The rapien mit Zahnimplantaten und festsit zenden zahngestützten Rekonstruktio nen verbessert werden. Geistlich Fibro-Gide® eignet sich für die folgenden Indikationen:
›› Verzögerte Implantate mit beglei
tender Weichgewebeaugmentation (simultaner Ansatz), ›› Verzögerte Weichgewebeaugmenta tion an Implantatstellen in Verbin dung mit oder vor dem Einsetzen des Abutments und ›› Weichgewebeaugmentation bei Brückengliedern.
8
GEISTLICH NEWS 2-2017
feuchten und Abtropfen erfolgen. Nach Platzierung an der gewünschten Stelle saugt sich Geistlich Fibro-Gide® schnell voll mit Blut, wodurch sich ihr Volu men um 20–30 % erhöht. Falls erforder lich, kann die Matrix mit resorbierbarem oder nicht resorbierbarem Nahtmaterial vernäht werden, um sie in der gewünsch ten Position zu fixieren. Zwischenzeitliches Feedback von Pati enten, die eine Behandlung mit Geistlich Fibro-Gide® erhalten, zeigt nur minimale Schmerzen. Die Mehrzahl der Patien ten, die zuvor ein autologes Bindegewe betransplantat erhalten hatten, sind von Geistlich Fibro-Gide® begeistert und ins besondere damit zufrieden, dass kein Entnahmeverfahren eines autologen Transplantats notwendig ist und die kli nischen Resultate die höchsten Erwar tungen erfüllen. Abgesehen von der Erfüllung der Pati
3 Basegmez C, et al.: Eur J Oral Implantol 2012; 5: 139-45. 4 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2016; 43: 874-85. 5 Roccuzzo M, et al.: Clin Oral Implants Res 2014; 25: 641-46. 6 Bienz SP, et al.: Clin Oral Implants Res 2017a; 29. [Epub ahead of print] 7 Bienz SP, et al.: J Clin Periodontol 2017b; 44: 178-84. 8 Benninger B, et al.: J Oral Maxillofac Surg 2012; 70: 149-53. 9 Kim DH, et al.: Clin Anat 2014; 27: 578-84. 10 Yu SK, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41: 908-13. 11 Zucchelli G, et al.: J Clin Periodontol 2010; 37: 728-38. 12 Griffin TJ, et al.: J Periodontol 2006; 77: 2070-79. 13 Zuhr O, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41 Suppl 15: S123-42. 14 Mathes SH, et al.: Biotechnol Bioeng 2010; 107: 1033-43. 15 Thoma DS, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23: 1333-39. 16 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2011; 38: 1063-70. 17 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2010; 37:
659-66.
Keratinisiertes Gewebe
Verwendung einer 3-D-Kollagenmatrix für eine Vestibulumplastik Dr. Christian Schmitt, Deutschland Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgische Klinik Universitätsklinikum Erlangen-Nürnberg Erlangen
In den letzten paar Jahren hat die peri implantäre Weichgeweberegeneration besondere Relevanz in der Implantolo gie gewonnen. Die neuesten Erkennt nisse weisen auf eine Tendenz hin, dass ein Implantat gesund ist, wenn eine anhaftende, keratinisierte periimplan täre Mukosa von mindestens zwei mm Breite vorhanden ist.1 Laut aktueller Lite ratur sind die Methoden zur Verbreite rung der periimplantären keratinisierten Mukosa alle mit einem apikal positi onierten Lappen oder einer Vestibu lumplastik verbunden.2 Eine sekundäre Granulation der sich ergebenden Wund oberfläche ist nicht ideal, aufgrund der postoperativen Morbidität und Wund kontraktion mit einer hohen Neigung zu muskulärem Reattachment.2–4
Autologe Transplantate vom Gaumen Autologe Weichgewebetransplantate vom Gaumen – wie etwa freie Schleim
ABB. 1: VESTIBULUMPLASTIK MIT AUTOLOGEN TRANSPLANTATEN A
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Fotos: Schmitt
Keine schmerzhafte Transplantatentnahme und sehr gute Farb- und Texturanpassung an umgebendes Gewebe. Dies sind wesentliche Vorteile bei Durchführung einer Vestibulumplastik mit Geistlich Mucograft® 3-D-Kollagenmatrix. Jetzt gibt es Langzeitdaten über fünf Jahre.
| A Klinische Situation vor Behandlungsbeginn. | B Notwendigkeit der Gewebeentnahme aus dem Gaumen. | C Fixierung des FST am Periost mit maximaler Positionsstabilität; dies erfordert häufig die Fixierung der Naht mit Kreuznähten. | D Heilungsfortschritt nach 10 Tagen. | E Heilungsfortschritt nach 3 Monaten. | F Auch nach 5 Jahren kann das vom Gaumen transplantierte Weichgewebe in Bezug auf Farbe und Textur immer noch klinisch vom umgebenden Weichgewebe unterschieden werden.
SCHWERPUNKT
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hauttransplantate (FST) oder Binde gewebetransplantate (BGT) – sind die Goldstandards für die Abdeckung einer Wundoberfläche. Sie reduzieren die postoperative Kontraktion und verbessern das regenerative Resultat.2,3,5,6 Außerdem zeigen autologe Transplantate reprodu zierbare klinische Resultate in Bezug auf Behandlung, Integration, Schrumpfung und langfristige Stabilität (Abb. 1). Die folgenden Punkte sind jedoch Nachteile einer autologen Gewebetransplantation: Notwendigkeit einer palatinalen Entnahme mit zusätzlichen chirur gischen Risiken,2–4 2 Morbidität der Patienten an der Entnahmestelle,6 3 Begrenzte Verfügbarkeit des Trans plantats,3,4 1
4 5
Längere Operationsdauer,2–4,6 und Schlecht angepasste Textur und Farbe bei Verwendung von FST.4,6 (Abb. 1)
Die Geistlich Mucograft® 3-D-Kollagenmatrix Alle diese Faktoren motivieren zur Suche nach möglichen Alternativen – vorwie gend resorbierbaren Kollagenmatrizen. Ihre Unterstützung der Epithelprolife ration wurde bereits demonstriert und beruht zum Teil auf Infiltration mit Fibroblasten und Keratinozyten sowie der Bildung von Blutgefäßen.4,7 Die por cine Geistlich Mucograft® 3-D-Kollagen matrix hat sich in zahlreichen präklini schen und klinischen Studien als effektiv bei der offenen Heilung erwiesen und ist eine gute Alternative zu autologem
Gewebe (FST und BGT).2,5,6,8 Durch Ver wendung von Biomaterialien als Gerüst für das Einwachsen von Weichgewebe besteht keine Notwendigkeit, autologe Transplantate zu entnehmen.3,4 Geistlich Mucograft® 3-D-Kollagenmat rix besteht aus kompakten und porösen Kollagenschichten und wurde spezi ell für die orale Weichgeweberegenera tion entwickelt. Die kompakte Kollagen schicht gewährleistet die Stabilität der Kollagenmatrix. Beim Einbringen sollte sie nach außen, zur Mundhöhle, zeigen, wo sie vor mechanischen Verletzungen aus der Mundhöhle schützt und für ein adäquates Vernähen sorgt. Bei direktem Kontakt mit dem Wund bett kann sich die poröse Matrixschicht biointegrieren, und zwar durch schnelle Stabilisierung des Blutkoagulums und
ABB. 2: VESTIBULUMPLASTIK MIT GEISTLICH MUCOGRAFT® A
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Fotos:Schmitt Schmitt Fotos:
D
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| A Klinische Situation vor Behandlungsbeginn | B Makroskopische Ansicht der 3-D-Kollagenmatrix mit kompakter und spongiöser Schicht. | C Klinische Situation unmittelbar nach Einbringen der Kollagenmatrix. | D Klinische Situation 10 Tage nach der Operation. | E Nach 3 Monaten ist das frisch regenerierte Weichgewebe gereift und zeigt eine keratinisierte Morphologie. Das frisch regenerierte Weichgewebe ist in Bezug auf Textur und Farbe mit dem umgebenden Gewebe vergleichbar. | F Klinisch stabile Situation nach 5 Jahren. Reduktion der Breite der keratinisierten Mukosa im Verlauf der Heilung (5 Jahre). Eine “Über-Augmentation” im Umfang der voraussichtlichen Schrumpfung wird empfohlen, um ein Rezidiv zu vermeiden.
10
GEISTLICH NEWS 2-2017
ABB. 3: BIOLOGISCHE MECHANISMEN FÜR DIE BILDUNG VON KERATINISIERTER UND NICHT KERATINISIERTER ORALER MUKOSA NACH PLATZIERUNG VON GEISTLICH MUCOGRAFT®
Epithel Keratinisierte orale Mukosa Basalzellen
Periost Knochen
Restliches Geistlich Mucograft® Bindegewebe-Signalmoleküle zur Induzierung der Differenzierung von Basalzellen zu nicht keratinisierter oraler Mukosa Bindegewebe-Signalmoleküle zur Induzierung der Differenzierung von Basalzellen zu keratinisierter oraler Mukosa Migration von Zellen, die signalgebend für keratinisierte orale Mukosa sind, in die Matrix Bereich, in den Geistlich Mucograft® eingebracht wurde
Mukogingivale Grenze
Bild: Quaint
Nicht keratinisierte orale Mukosa
Unterstützung der Einwanderung loka ler Wachstumsfaktoren aus dem Trans plantatbett, welche die Proliferation, Vas kularisierung und Bildung von neuem Gewebe fördern.6,7
Anwendung und Nachsorge Bei der Verwendung von Geistlich Muco graft® sind die Patientenauswahlkrite rien, die Mitarbeit des Patienten und die chirurgischen Voraussetzungen genauso wichtig wie bei autologen Weichgewe betransplantaten. Nach dem Zuschnei den in die notwendige Form und Größe wird die Geistlich Mucograft® 3-D-Kol lagenmatrix in trockenem Zustand in der Empfängerregion auf das Periost platziert. Wir empfehlen, das Periost so
“Freie Schleimhauttransplantate sind in der exponierten ästhetischen Zone kontraindiziert.” s auber wie möglich zu präparieren und eine apikale periostale Fixierung des Teilschichtlappens zu überprüfen, um eine optimale immobile Integration der Matrix sicherzustellen. (Abb. 2) Es ist keine Vorbehandlung der Kollagenma trix erforderlich. Die Kollagenmatrix sollte mit resorbierbaren Nähten stabil
auf dem Periost fixiert werden, so spalt frei wie möglich, um eine maximale Vas kularisierung aus dem Transplantatbett zu gewährleisten. Sobald sie appliziert ist, wird die Matrix mit Blut aus dem Transplantatbett getränkt, wonach das Blutkoagulum stabilisiert wird.3,4 (Abb. 2) Nach dem Eingriff sollte der Patient
SCHWERPUNKT
11
gebeten werden, das Operationsgebiet so schonend wie möglich zu behandeln. Für 14 Tage sollte weiche Kost empfoh len werden, und die Patienten sollten jegliche mechanische Manipulation im Bereich des Transplantats vermeiden, insbesondere bei der Mundhygiene. Eine chemische Plaquekontrolle kann mit antiseptischen und antibakteriellen Mundspüllösungen für zehn Tage nach dem Eingriff erreicht werden. Wenn eine weitere Mobilisation des Lappens in der Region geplant ist, empfehlen wir, min destens drei Monate zu warten, bis das Weichgewebe ausgereift ist. (Abb. 2)
Biologische Anpassung an das umgebende Epithel Histologische Untersuchungen von menschlichen Gewebeproben, die drei bis vier Monate nach Augmentation der keratinisierten Mukosa mit freien Schleimhauttransplantaten oder Geist lich Mucograft® entnommen wurden, zeigen die Charakteristika eines mehr schichtigen keratinisierten Plattenepit hels, das mit der natürlichen lokalen Gingiva vergleichbar ist.4,5 Die immun histologische Verifizierung des Expressi onsmusters von Keratiniserungsmarkern in der oralen Mukosa zeigt die Kerati nisierung der mit Geistlich Mucograft® regenerierten Mundschleimhaut.4 Bei Verwendung von autologer Mukosa vom Gaumen, zeigt das regenerierte Weichgewebe in der Zielregion direkt nach der Einheilung und auch langfris tig über fünf Jahre im Vergleich zum ursprünglichen Transplantat keine Ver änderungen in der Textur oder Farbe.3 (Abb. 1) Dieser Effekt, der nachteilig für die Ästhetik ist, kann durch die biologi sche Determinierung der vom Gaumen entfernten Mukosa erklärt werden, die über die Zeit unverändert bleibt. Dies bestätigt die Hypothese, dass autologe
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GEISTLICH NEWS 2-2017
Mukosa aus dem Gaumen nach der Transplantation in die Zielregion basal revaskularisiert wird. Deshalb sind FST in der exponierten ästhetischen Zone kon traindiziert.3 Bei Verwendung von BGT oder Geistlich Mucograft® 3-D-Kollagen matrix manifestiert sich nach der Integ ration ein mit dem umgebenden Gewebe vergleichbares klinisches Erscheinungs bild. Der Grund dafür ist, dass die biolo gische Information aus dem Epithel fehlt und sich nach der Neu-Epithelisierung des Transplantats eine zur Zielregion passende Epithelschicht bildet.6 (Abb. 3)
Langfristige Stabilität der transplantierten Mukosa Messungen der Schrumpfung der Aug mentationszone über die Zeit haben erge ben, dass eine substanzielle Schrumpfung die Transplantatbreite reduziert und von der initialen Heilung bis drei Monate nach der Operation stattfindet.3,4,6 Das Regenerationsergebnis stabilisiert sich mit nur minimalen Veränderungen.3 Die Schrumpfung bei Verwendung von auto loger Mukosa aus dem Gaumen beträgt etwa 33 % nach sechs Monaten, und bei Verwendung von Geistlich Mucograft® gibt es keinen signifikanten Unterschied bei etwa 42 %.3 In Bezug auf die Operationszeit stimmt die Literatur darin überein, dass die Ver wendung von Kollagenmatrizen im Ver gleich zu autologen Transplantaten aus dem Gaumen die Operationsdauer sig nifikant um etwa 15–20 Minuten ver kürzt.4,9 Dies hängt jedoch von der Größe der zu augmentierenden Region und der Anzahl der verwendeten Transplantate ab4 und ist relativ, wenn kleine Trans plantate entnommen werden. Ungeach tet dessen ist bei großen Vestibulum plastiken die Menge des verfügbaren autologen Gewebes begrenzt, was wie derum die Verwendung von Alternativen
zu Entnahmetransplantaten rechtfertigt. Langzeitdaten über fünf Jahre zeigen einen vergleichbar stabilen Regenera tionserfolg bei autologer Mukosa aus dem Gaumen und Geistlich Muco graft® 3-D-Kollagenmatrix.3 Die initi ale Schrumpfung nach sechs Monaten bleibt für bis zu fünf Jahre relativ unver ändert. Bei Verwendung freier Schleim hauttransplantate vom Gaumen beträgt die Gesamtschrumpfung der Augmenta tionszone nach fünf Jahren 40,65 % und bei der Geistlich Mucograft® 3-D-Kol lagenmatrix 52,89 %, ohne signifikan ten Unterschied. Nach fünf Jahren mit freien Schleimhauttransplantaten hat das keratinisierte periimplantäre Weich gewebe eine Breite von 8,4 ± 2,4 mm und 6,2 ± 1,2 mm mit Geistlich Mucograft®.3 Die voraussichtliche Schrumpfung sollte eingeplant werden, um unbefrie digende Resultate und ein Krankheits rezidiv zu vermeiden. Wir empfehlen eine “Über-Augmentation” im Umfang der voraussichtlichen Schrumpfung. (Abb. 2)
Referenzen 1
Brito C, et al.: Journal of Biomedical Materials
Research Part B, Applied Biomaterials 2014; 102: 643-50. 2 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41 Suppl 15: S77-91. 3 Schmitt CM, et al.: Clin Oral Implants Res 2015; 26(9): 1043-50. 4 Schmitt CM, et al.: Journal of periodontology 2013; 84: 914-23. 5 Nevins M, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2011; 31: 367-73. 6 Sanz M, et al.: J Clin Periodontol 2009; 36: 868-76. 7 Ghanaati S, et al.: Biomedical materials 2011; 6: 015010. 8 Lee KH, et al.: Journal of periodontal & implant science 2010; 40: 96-101. 9 Lorenzo R, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23: 316-24.
Weichgewebemanagement um Zahnimplantate
Aufbau von ausreichendem Weichgewebevolumen und keratinisiertem Gewebe Ass. Prof. Ignacio Sanz Martin Prof. Mariano Sanz, Spanien Complutense-Universität Madrid Abteilung Stomatologie III Madrid
Ausreichendes Weichgewebevolumen und keratinisiertes Gewebe um Implantate sind sowohl für die Ästhetik als auch Funktion von Implantaten von Bedeutung. Ein klinisches Update zu Goldstandards und Alternativen.
In der Parodontologie wurden autogene Weichgewebetransplantate verbreitet für eine Vielzahl von Indikationen verwendet, darunter Wurzeldeckung von lokalisierten Gingivarezessionen, Gewebeaugmenta tion bei unzureichendem keratinisier tem Gewebe um Zähne oder Volumen augmentation um unbezahnte Stellen. Da sich das Knowhow des Gewebemanage ments um Zähne erweitert hat, haben Zahnärzte beschlossen, diese Prinzipien
auf Implantate anzuwenden.1 In der aktu ellen Implantologie hat sich der Schwer punkt von der Osseointegration auf die Ästhetik von Implantatrestaurationen und ihre harmonische Integration in das umgebende Gewebe verlagert.
Wichtigkeit des Weichgewebevolumens um Zahnimplantate Physiologische Veränderungen nach einer Zahnextraktion – in der Literatur
ABB. 1: WEICHGEWEBEAUGMENTATION MIT AUTOGENEM TRANSPLANTAT A
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Fotos: Sanz Sanz Martin, Sanz Fotos:
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B
| A In Position 25 befindet sich eine implantatgestützte Restauration. Der Patient klagt über die graue Farbe der Mukosa und unschöne Ästhetik. Die Diagnostik ergibt keine Anzeichen einer periimplantären Erkrankung. | B Laterales Bild zeigt deutliche Deformierung des Kieferkamms. | C Es wird eine Tunnelpräparation durchgeführt und autogenes Weichgewebe von der Tuberositas in den Bereich transplantiert. | D Das autogene Transplantat wird in der Übergangszone zwischen Implantatschulter und Gingivarand fixiert. | E Endgültige Rekonstruktion des Implantats in Position 25 und vollverblendete Restauration von 26. | F Okklusale Ansicht 24 Monate nach der endgültigen Restauration. | G Laterale Ansicht zeigt verbesserte Weichgewebekonturen.
SCHWERPUNKT
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ABB. 2: WEICHGEWEBEAUGMENTATION MIT GEISTLICH FIBRO-GIDE® B
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Fotos: Sanz
A
| A Kieferkammdeformierung nach Implantatinsertion in Position 22 mit simultaner Kiefer kammaugmentation. | B Verfahren zur Weichgewebeaugmentation. Geistlich Fibro-Gide® wird über den bukkalen Defekt appliziert. Palatinal wird ein Insellappen präpariert, um einen passiven Weichgewebeverschluss sicherzustellen. | C 4 Monate nach der Weichgewebeaugmentation; okklusales Bild zeigt verbesserte Weichgewebekonturen.
umfangreich beschrieben – schaffen häufig Weich- und Hartgewebedefi zite, und beeinflussen somit negativ das Aussehen der prothetischen Restaura tion oder das periimplantäre Gewebe.2 In der Vergangenheit wurden diese kli nischen Situationen vorwiegend durch knochenregenerative Techniken behan delt, um das Kieferkammvolumen wie derherzustellen. In letzter Zeit wurden diese knochenregenerativen Interven tionen jedoch häufig mit einer Weich gewebetransplantation kombiniert, um die Volumenzunahme zu maximieren und die Konturen des Alveolarkamms wiederherzustellen.3 Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Gewebedicke nicht nur ein primäres Behandlungsziel für die Ästhetik ist, da sie signifikant die Transluzenz und Farbe der periimplan tären Gewebe beeinflusst, sondern auch ein wichtiges Ziel für die periimplantäre Mukosastabilität darstellt. Neuere Daten haben gezeigt, dass dicke Gewebe weni ger anfällig für den initialen Knochen verlust sind, der mit dem Aufbau der
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GEISTLICH NEWS 2-2017
biologischen Breite einhergeht.4 Aus die sen Gründen ist die Weichgewebetrans plantation um Zahnimplantate zu einem wichtigen Bestandteil der routinemäßi gen Interventionen geworden, die bei der Behandlung ästhetisch anspruchsvoller Situationen zum Einsatz kommen.
Verwendung von autogenem Weichgewebe Bei der Behandlung dieser klinischen Indikationen hat sich gezeigt, dass auto gene Bindegewebetransplantate die
Weichgewebekonturen verstärken und dadurch die Harmonie zwischen Res taurationen und benachbarten Geweben verbessern.5 Die meistverwendeten Ent nahmestellen für diese autogenen Trans plantate sind die vorderen und hinteren Teile des Gaumens, einschließlich der Tuberositas maxillaris. Der Ursprung des Transplantats kann jedoch die Dicke des transplantierten Gewebes beeinflussen, und deshalb muss die Auswahl auf dem Ausmaß der benötigten Gewebeaug mentation basieren.6 (Abb. 1)
“Es besteht großes Interesse an der Entwicklung von Alternativen zu Weichgewebetransplantaten, die ähnliche Ergebnisse mit reduzierter Morbidität erreichen könnten.”
Obwohl es keine klaren Nachweise gibt, dass die Zusammensetzung des Trans plantats die Volumenzunahme und Sta bilität beeinflusst, neigen Zahnärzte dazu, autogene Transplantate mit grö ßeren Anteilen der Lamina propria zu entnehmen, da man glaubt, dass dieses Gewebe im Vergleich zu Drüsen- oder Fettgewebe stabiler und weniger anfällig für eine Volumenveränderung ist. Inte ressanterweise wurde die Transplan tatdicke direkt mit dem von den Pati enten empfundenen Schmerzniveau korreliert.7 Autogene Transplantate sind offensichtlich mit einer größeren Anzahl von postoperativen Komplikationen verbunden, einschließlich Blutung und Schmerzen. Aus diesen Gründen besteht in der wis senschaftlichen Gemeinschaft ein gro ßes Interesse an der Entwicklung und Testung von Weichgewebe-Ersatzpro dukten, die ähnliche Ergebnisse mit reduzierter Morbidität erreichen könn ten. Bis heute wurde in der Literatur über zahlreiche Transplantat-Ersatzmateria lien berichtet. Allogene Transplantate wurden zur Ver breiterung von keratinisiertem Gewebe mit unterschiedlichen Resultaten und signifikanter Gewebeschrumpfung verwendet.8 Kollagenmatrizen wurden um Zähne und Implantate eingesetzt und haben sich als effektiv beim Erreichen eines stabi len Bands von keratinisiertem Gewebe erwiesen, mit ähnlichen Ergebnissen wie autogene Bindegewebetransplantate.9 Für die Volumenaugmentation testen Forscher eine neue 3-D-Kollagenmatrix, die als möglicher Ersatz für autogene Transplantate entwickelt wurde, um die Menge von Weichgewebe um Implan tate zu vergrößern. Eine kürzlich veröf fentlichte Publikation hat viel verspre chende Resultate für diese Matrix beim
Vergleich mit autogenem Bindegewebe gezeigt.10 (Abb. 2) Als chirurgischer Ansatz bei der Weich gewebeaugmentation sind bilaminare Techniken in der verfügbaren Literatur am gängigsten, entweder in Form von konventionellen Lappen oder als Tun nelpräparationen. Konventionelle Lap pen ermöglichen einen besseren Zugang und bessere Transplantatf ixierung, wogegen Tunnelpräparationen den Vor teil haben, das approximale Gewebe nicht zu stören und deshalb die Papil lenhöhe besser erhalten. Unabhän gig von der chirurgischen Technik ist es wichtig, dass das Weichgewebe transplantat oder Ersatzmaterial in der Region fixiert wird, die am wahrschein lichsten einen Vorteil schafft: der Über gangszone von der Implantatschulter zum Gingivarand.
Wichtigkeit von keratinisierter Mukosa um Zahnimplantate Neben der Dicke des periimplantären Gewebes hat die Breite des keratinisier ten Gewebes beträchtliche Aufmerk samkeit erhalten. Jüngere systematische Reviews haben hervorgehoben, dass es nur unzureichende Nachweise gibt, die periimplantäre Knochenhöhen mit der Breite des keratinisierten Gewebes assoziieren.11 Dies obwohl eine redu zierte Breite von keratinisierter Mukosa anfälliger für linguale Plaqueakkumula tion, Blutung bei Sondierung und buk kale Weichgeweberezession sein kann.12 Kürzlich veröffentlichte longitudinale Studien haben gezeigt, dass Patienten mit minimalen Mengen von keratinisier tem Gewebe anfälliger für eine Entzün dung sind, selbst bei korrekter häuslicher Pflege und professioneller Mundhygi ene.13 Außerdem wurde unzureichendes keratinisiertes Gewebe mit Beschwerden beim Bürsten in Verbindung gebracht.14
Unter Berücksichtigung der verfügba ren Daten sollten Zahnärzte Verfah ren erwägen, die auf die Erhaltung von keratinisiertem Gewebe abzielen. Wenn nach GBR-Verfahren zur Erleichterung des Zugangs für die Mundhygiene in nicht-ästhetischen Regionen eine deut liche Verschiebung der mukogingivalen Grenzlinie vorliegt, sollten auch Aug mentationsverfahren für das keratini sierte Gewebe erwogen werden.
Referenzen 1
Zuhr O, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41 Suppl 15:
S123-42. 2 Jung RE, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2008; 28(4): 357-65. 3 Schneider D, et al.: Clin Oral Implants Res 2011; 22(1): 28-37. 4 Berglundh T, Lindhe J: J Clin Periodontol 1996; 23(10): 971-73. 5 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2014; 41 Suppl 15: S77-91. 6 Zucchelli G, et al.: Clin Oral Implants Res 2013; 24(9): 957-62. 7 Burkhardt R, et al.: J Clin Periodontol 2015; 42(3): 281-87. 8 Wei PC, et al.: J Periodontol, 2000; 71(8): 1297-305. 9 Sanz M, et al.: J Clin Periodontol 2009; 36(10): 868-76. 10 Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2017; 44(2): 185-94. 11 Gobbato L, et al.: Int J Oral Maxillofac Implants 2013; 28(6): 1536-45. 12 Schrott AR, et al.: Clin Oral Implants Res 2009; 20(10): 1170-77. 13 Roccuzzo M, et al.: Clin Oral Implants Res 2016; 27(4): 491-96. 14 Souza AB, et al.: Clin Oral Implants Res 2016; 27(6): 650-55.
SCHWERPUNKT
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Rezessionsdeckung
Eine weniger invasive Technik für größeren Erfolg Dr. Yoon Euy Hong, South Korea Privatpraxis, Zentrum für Orale Plastische Chirurgie
Eine Gingivarezession entsteht, wenn die freie Gingiva nach apikal von der Schmelz-Zementgrenze wandert und sich gleichzeitig der Komplex der biolo gischen Breite verschiebt, einschließlich Bindegewebe, Wurzelzement und Alveo larknochen. Dies wird als klinischer Attachmentverlust bezeichnet. Es ist ent scheidend zu verstehen, dass dieses Phä nomen die Zahnmortalität erhöht. Die Ätiologie der Gingivarezession ist unterschiedlich. Wenn jedoch ideale par odontale Lappen und Transplantate aus gewählt werden, kann die Rezessionsde ckung vorteilhaft für die Patienten sein und zufriedenstellende Ergebnisse sowie Zunahme an keratinisierter Gingiva lie fern. Techniken, bei denen Bindegewe betransplantate oder Gewebe-Biomate rialien mit koronalen Verschiebelappen oder Tunnelierungsverfahren verwen det werden, sind gut dokumentiert und nachweislich effektiv.1
Tunnelierungstechnik vs. koronaler Verschiebelappen In der parodontal-plastischen Chirurgie wurde der koronale Verschiebelappen (KVL) am häufigsten zur Rezessionsde
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GEISTLICH NEWS 2-2017
ckung und verstärkter Keratinisierung verwendet, mit oder ohne Bindegewe betransplantate oder Transplantater satz-Biomaterialien. Die Literatur und die klinische Fachwelt unterstützen die überlegenen Ergebnisse des KVL.1 Der KVL umfasst vertikale Entlastungsinzi sionen, die eine vorhersagbare Verschie bung des Lappens nach koronal ermög lichen. Die Inzisionen verzögern jedoch die postoperative Wundheilung und nei gen zur Freilegung von Transplantaten. Deshalb haben viele Zahnärzte alterna tive chirurgische Techniken erwogen, die vertikale Inzisionen vermeiden. Die Tunnelierungstechnik wurde erst mals von Zabalegui et al.2 vorgestellt und kann für die parodontal-plastische Chir urgie bei mehreren benachbarten Defek ten verwendet werden. Zu den Vorteilen von Tunnelierungstechniken gehören das Fehlen von vertikalen Entlastungs inzisionen, eine intakte Papille, da in diesem Bereich nicht aufgeklappt wird, und Adaptierbarkeit des Transplantats mit gesteigerter Blutversorgung.2 Alle diese Faktoren beschleunigen die initi ale Wundheilung. Tunnelierungstechni ken erfordern jedoch Geschicklichkeit und Erfahrung des Operateurs und sind sehr zeitaufwendig. Die Tunnelierungs technik kann das Trauma für die Gingiva minimieren, und die am wenigsten trau matischen Operationstechniken sind vorteilhaft für Patienten und Chirurgen.
Klinische Tipps: Lappentechnik
›› Der koronale Verschiebelappen wird bevorzugt, wenn man es mit einem dünnen Mukosagewebe (dünner
ABB.1: REZESSIONSDECKUNG MIT BINDEGEWEBETRANSPLANTAT. A
B
Fotos: Hong
Verschiedene Techniken und Biomaterialien können für die Rezessionsdeckung verwendet werden. Wann ist der koronale Verschiebelappen von Vorteil, wann ein Tunnelierungsansatz?
| A Fortgeschrittener Miller Klasse II-Defekt am Zahn 41. Basis des Defekts reicht bis zur Mukosa. | B Vollständige Rezessionsdeckung und Zugewinn von keratinisierter Gingiva mit vom Gaumen entnommenem Bindegewebetransplantat. Klinisches Bild 18 Monate nach der Behandlung.
iotyp) zu tun hat, da die Präpara B tion eines Tunnels mit höherer Wahr scheinlichkeit Perforationen oder ein Einreißen der Gingiva verursacht. Der koronale Verschiebelappen wird auch empfohlen, wenn eine koronale Verschiebung in größerem Ausmaß geplant ist und wenn die girlandenar tige Beschaffenheit der freien Gingiva fehlt – bei flach konturiertem Gin givazenit, wie etwa in der unteren Frontzahnregion.
›› Die Tunnelierungstechnik ist ideal
beim Arbeiten mit einem dicken Biotyp, ausgeprägt girlandenförmi ger freier Gingiva oder geeignetem keratinisiertem Gewebe. Die Tunne lierungstechnik sollte auch erwogen werden, wenn die Ästhetik entschei dend ist und eine leichte bis mäßige koronale Verschiebung erwartet wird. Einer der Schlüsselfaktoren für den Erfolg ist das Können des Parodontal chirurgen.
Bindegewebetransplantat vs. Biomaterial Bindegewebetransplantate tragen zum Aufbau von keratinisierter Gingiva bei, laut einer Studie der Gewebespezifität von Karring und Mitarbeitern.3 In dieser Studie zur epithelialen Differenzierung konnte Karring zeigen, dass freie, vom Gaumen entnommene Transplantate keratini
“Ideale Biomaterialien sollten als Gerüst fungieren, um das Einwachsen von und die Regeneration durch Wirtszellen zu fördern.” sierte Gingiva produzierten, wogegen von der nicht-keratinisierten Alveolarmu kosa stammende Transplantate Alveo larmukosa bildeten.4 Zu den Vorteilen von Bindegewebetransplantaten gehören plasmatische Zirkulation (Kapillarbet ten innerhalb der Transplantate), die zu einer hohen Transplantat-Überlebens rate, hervorragender Farbanpassung nach der Einheilung sowie Dimensionsstabili tät beiträgt. Nachteile sind unter anderem Patientenmorbidität, z. B. Blutung, verzö gerte Heilung und Schmerzen, in Verbin
dung mit den sekundären Transplanta tentnahmestellen. (Abb. 1, 2) Demzufolge waren die Zahnärzte an der Entwicklung eines Transplantatersatzes interessiert. Solche Biomaterialien vermeiden nicht nur die Entnahme eines Bindegewebe transplantats und die damit verbundene Morbidität, sondern bieten auch unbe grenzte Mengen mit gleichbleibender Qualität. Das Arbeiten mit solchen Bio materialien sowie ein vollständiger primä rer Verschluss mit einem spannungsfreien Lappen wird empfohlen. Ideale Biomate
ABB. 2: KOMPLEXER KIEFERORTHOPÄDISCHER FALL MIT VORHERIGER REZESSIONSDECKUNG UND VERSTÄRKUNG DER KERATINISIERUNG B
E
F
C
D
Fotos: Dr. Byoung Ho Kim, Kieferorthopäde
A
G
| A Situation vor KFO-Behandlung. | B Koronaler Verschiebelappen mit vertikalen Entlastungsinzisionen wurde an den Zähnen 13 und 23 bei entferntem Wurzelzement durchgeführt. | C Bindegewebetransplantat wird appliziert und immobilisiert. | D Vollständiger primärer Wundverschluss mit spannungsfreiem Lappen. | E–F 24 Monate nach der Rezessionsdeckung begann die kieferorthopädische Behandlung. Der Weichgewebekomplex wanderte bei der kieferorthopädischen Zahnbewegung mit. | G Klinische Resultate nach 8 Jahren. Es erfolgten keine weiteren chirurgischen Eingriffe.
SCHWERPUNKT
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rialien sollten als Gerüst fungieren, um das Einwachsen von und die Regenera tion durch Wirtszellen zu fördern, wäh rend sie gleichzeitig dimensionsstabil bleiben. (Abb. 3)
ABB. 3: DECKUNG MEHRERER REZESSIONEN MIT GEISTLICH MUCOGRAFT® A
B
C
D
Klinische Tipps: Biomaterial
material gewählt wird, muss seine Verfügbarkeit vor dem Eingriff durch Knochensondierung festgestellt wer den. Reiser et al.5 betonte die Wichtig keit der Anatomie der Spenderregion und klassifizierte die Gewölbedimen sion als flach, mittel oder hoch. ›› Die Kollagenmatrix Geistlich Muco graft® sollte manipuliert, zugeschnit ten, positioniert und vernäht wer den, bevor das Biomaterial nass wird. Deshalb ist es von Vorteil, jegliche notwendige Vorbereitung des Bio materials extraoral fertigzustellen, um die intraorale Verarbeitungszeit zu minimieren. Auf diese Weise wird die volumetrische Dimension nicht beeinträchtigt. Der parodontale Lap pen sollte ohne Spannung reponiert werden. Ein spannungsfreier Lappen ist entscheidend für den primären Verschluss, und ein passiver Lappen führt nicht zu einer Kompression der darunterliegenden Geistlich Muco graft® Kollagenmatrix.
Minimal-invasiver Ansatz Ein gewissenhafter Parodontalchirurg sucht stets nach Weiterentwicklungen in der parodontal-plastischen Chirur gie. Wie können wir chirurgische Tech niken verbessern, um die Vorhersagbar keit zu erhöhen und Komplikationen zu reduzieren? Kann die Operationsdauer verkürzt oder die postoperative Wund heilung beschleunigt werden? Mini mal-invasive Chirurgie kann die Ant wort sein. Shanelec und Kollegen führten als erste die Verwendung eines Mikros kops in der Parodontalchirurgie ein, die
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Fotos: Hong
›› Wenn Bindegewebe als Transplantat
| A Freiliegende Wurzeln an den Zähnen 32, 31, 41. | B Die 3-D-Kollagenmatrix Geistlich Mucograft® wird für die Rezessionsdeckung verwendet. | C Erhaltung der Dicke von Geistlich Mucograft® ist der Schlüssel für das Einwachsen und die Neubesiedlung von Wirtszellen. | D Klinische Resultate nach 5 Jahren mit guter Mundhygiene.
gegenüber der konventionellen Behand lung klinische Vorteile bot.6 Cortellini und Mitarbeiter untersuchten einen minimal-invasiven chirurgischen Ansatz für die Parodontalchirurgie.7 Atraumati sche Lappen, Biomaterialien als Ersatz für Entnahmetransplantate, Verwendung von Mikroskopen und Lupenbrillen (ohne Verlängerung der Operationszeit durch ungewohntes Arbeiten), Team work, richtiges Instrumentarium, chir urgisches Können und Erfahrung – alle diese Faktoren können den minimal-in vasiven Ansatz in der parodontal-plasti schen Chirurgie unterstützen.
›› Verwendung von 5–0 oder 6–0 Nähten ›› Einführung von Mikroskopen oder Lupenbrillen
›› Verwendung von speziellen Instru
menten, wie etwa Tunnelierungsins trumenten ›› Kombination von Tunnelierungstech niken und Biomaterialien.
Referenzen 1
Chambrone L, Tatakis DN: J Periodontol 2015;
86(2 Suppl): S8-51. 2 Zabalegui I, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 1999; 19(2): 199-206.
Klinische Tipps: minimale Invasion Dies sind die Schlüsselfaktoren für einen minimal-invasiven Ansatz in der paro dontal-plastischen Chirurgie: ›› Eingeschränkte Aufklappungen ›› Verwendung der Klingen SM67 oder SM69 (Swann-Morton)
3 Karring T, et al.: J Periodontol. 1975; 46(10): 577-85. 4 Karring T, et al.: J Periodontal Res. 1975 Feb; 10(1): 1-11. 5 Reiser GM, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 1996; 16(2): 130-37. 6 Tibbetts LS, Shanelec DA: Curr Opin Periodontol 1994: 187-93. 7 Cortellini P, Tonetti MS: J Periodontol 2001; 72(4): 559-69.
Größere Knochenaugmentationen
Richtige Lappen- und Nahttechniken sind der Schlüssel zum Erfolg Dr. Luca De Stavola, Italien Studio Odontoiatrico Associato (Zahnärztliche Gemeinschaftspraxis) Rubano / Treviso
Größere Knochenaugmentationen entweder mit gesteuerter Knochenregeneration oder einem Knochenblock steigern das Knochenvolumen signifikant. Doch ohne korrekte Lappentechniken können Wunddehiszenzen den Erfolg gefährden. Die zahnärztliche Implantattherapie ist ein gut dokumentiertes und bewährtes Verfahren mit hoher Vorhersagbarkeit,1 besonders dann, wenn das Hartgewebe optimal ist. Doch in Fällen mit insuffizi entem Knochenvolumen ist ein Verfahren zur Knochenaugmentation erforderlich. Viele Techniken haben sich als effektiv für
die horizontale und vertikale Hartgewe beaugmentation erwiesen, wie etwa die gesteuerte Knochenregeneration (Guided Bone Regeneration, GBR) oder das auto gene Knochenblocktransplantat.2–4
Reduzieren der Lappenspannung Unabhängig von der Knochenaugmenta tion selbst, scheint eine primäre Wund heilung entscheidend für ein positives Ergebnis zu sein. Unglücklicherweise sind die mit diesen Verfahren verbun denen Komplikationen nicht irrele vant. Studien berichten Komplikations raten von 45 % bei vertikaler GBR3 oder 29,8 % bei vertikalen Blocktransplanta ten.4 Die Lappenspannung für den pri mären Wundverschluss von Mukope riostlappen scheint der wichtigste Faktor zu sein.5 Eine minimale Lappenspan nung (unter 5 g) ist mit 100 % primärem
Wundverschluss verbunden, während die Erhöhung der Lappenspannung die Häufigkeit einer Wunddehiszenz erhöht. Das bedeutet, dass die Entlastung des Weichgewebes ein entscheidender Schritt in der Knochenaugmentations chirurgie ist. Klinisch können drei Arten von Lappen durch periostale Inzisio nen und koronale Verschiebung abprä pariert werden – dies sind die lingualen und vestibulären Lappen im Unterkie fer (UK) und der vestibuläre Lappen im Oberkiefer (OK).
Drei Arten von abpräparierten und verschobenen Lappen Der linguale UK-Lappen wird durch Unterbrechung der dünnen Periost schicht mit einem Raspatorium oder Dissektor abpräpariert. (Abb. 1) Die Ver wendung einer Klinge kann vermie den oder auf den mesialen Bereich des
ABB.1: MANAGEMENT EINES LINGUALEN UK-LAPPENS A
B
Oberer Rand des abgehobenen Periosts
C
Verlängerter lingualer Lappen
Abbildungen:Quaint Quaint Abbildungen:
Periost
Oberflächliche Fasern des M. mylohyoideus
| A Abgehobener lingualer Vollschichtlappen. Das Periost ist intakt und bildet die Innenseite des Lappens. Nur im apikalen und distalen Bereich (in der Region des 3. Molaren) könnten die oberflächlichen Fasern des M. mylohyoideus sichtbar sein. | B Abheben des Periosts mit einem nicht schneidenden Instrument wie etwa einem Raspatorium oder Dissektor. | C Verlängerter lingualer Lappen. Falls erforderlich könnte durch Ablösen der oberflächlichen Fasern des M. mylohyoideus vom Lappen eine sekundäre koronale Lappenverschiebung erreicht werden.
SCHWERPUNKT
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Vermeiden des Killerschlaufen-Effekts
ABB. 2: MANAGEMENT EINES VESTIBULÄREN UK-LAPPENS B
C
D
Fotos: De Stavola
A
| A Der vestibuläre UK-Lappen wird mit einer Skalpellklinge abpräpariert. | B Die Spitze der Klinge hat Kontakt mit der oberflächlichen Innenseite des Lappens, beginnend von der vertikalen Entlastungsinzision und nach distal oder mesial verlaufend. | C Das Periost ist durchtrennt. | D Der Lappen wird mit einem Raspatorium oder Dissektor verlängert, wobei eine Schädigung der Lappengefäße zu vermeiden ist.
Unterkiefers beschränkt werden, wo das Periost dicker ist.6 Im distalen Bereich können die oberflächlicheren Fasern des M. mylohyoideus einfach durch Abklap pen eines Vollschichtlappens denudiert werden, da die Linea mylohyoidea wei ter kranial verläuft. In einigen Fällen kann das Ablösen der Muskelfasern von der Innenseite des Lappens die koronale Verschiebung des Lappens vergrößern.7 Der vestibuläre UK-Lappen wird mit einer Skalpellklinge (15c) abpräpariert. Die Spitze der Klinge sollte Kontakt mit der oberflächlichen Innenseite des Lap pens haben, beginnend von der vertika len Entlastungsinzision und nach dis tal oder mesial verlaufend. (Abb. 2) Die Klinge arbeitet mit der schneidenden Seite nach oben und der nicht schnei denden Fläche zum Lappen zeigend.
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Wenn das Periost durchtrennt ist, kann der Lappen mit einem Raspatorium oder Dissektor verlängert werden, wobei eine Schädigung der Gefäße zu vermeiden ist. Es ist wichtig, dort zu arbeiten, wo der Lappen die Umschlagfalte erreicht, um den Lappen selbst nicht zu schwä chen. Die Position der Foramina menta les und des N. mentalis soll beachtet und ein Sicherheitsabstand von sechs mm zu diesen anatomischen Strukturen einge halten werden. Der vestibuläre OK-Lappen wird ähnlich wie der vestibuläre UK-Lappen präpariert, außer dass normalerweise nach Durcht rennung des Periosts der Lappen mit einer Klinge (anstatt eines Raspatoriums oder Dissektors) verlängert wird, weil die Dichte der elastischen Muskelfasern eine koronale Verschiebung behindert.
Der Chirurg sollte daran denken, dass ein abpräparierter und verlängerter Lap pen nicht unbedingt ein korrekt entlas teter Lappen ist. Wenn die Lappen nicht optimal entlastet sind, können die Naht linien, die normalerweise aus horizonta len Matratzennähten und Einzelknopf nähten bestehen, den marginalen Anteil der Wunde ischämisch machen, was zu einer Nekrose führen kann. Dieser “Kil lerschlaufen-Effekt” von horizontalen Matratzennähten wird durch Erhöhung der Restspannung des Lappens am Ende der Operation verstärkt. Das Anbringen einer Entlastungsnaht scheint die margi nale Lappenspannung vor der horizonta len Matratzennaht zu reduzieren.8 Zwei Nahttechniken verwenden eine Entlas tungsnaht – eine im Oberkiefer und eine im Unterkiefer. Die Naht im Oberkiefer umfasst die gesamte Dicke des palatinalen Lappens und nur die koronale Periostschicht des vestibulären Lappens. Die Nadel greift den palatinalen Lappen sieben bis zehn mm apikal vom Lappenrand, geht dann zur vestibulären Seite und greift das Periost am koronalen Rand der entlas tenden Periostinzision. Sie geht dann wieder nach palatinal durch den gesam ten palatinalen Lappen. Nach dem Verknoten rutscht der vesti buläre Lappen nach koronal. (Abb. 3, 4) Dann werden Matratzen- und Ein zelknopfnähte ohne oder mit nur mini maler Restspannung gelegt. Die Unterkiefernaht umfasst den inne ren Teil der Lappen. Die Nadel greift das Periost am koronalen Rand des lingua len Lappens, geht dann zum vestibulären Lappen und greift den koronalen Rand des entlasteten Periosts auf die gleiche Weise.
Nach dem Verknoten verschieben sich beide Lappen nach koronal und kom men normalerweise miteinander in Kontakt. Dann werden Matratzenund Einzelknopfnähte ohne oder mit nur minimaler Restspannung gelegt. (Abb. 5, 6) Die Entlastungsnaht umfasst nur die Periostschichten, ohne irgendeinen Kil lerschlaufen-Effekt zu bewirken, wäh rend sie die Gefäßversorgung intakt lässt. Diese Naht kann die restliche Lap penspannung vor dem Wundverschluss um etwa 87 % reduzieren.8
Eine Alternative: Der Tunnelansatz Das Lappendesign kann auch eine Mög lichkeit sein, den primären Wundver schluss zu verbessern oder zu vereinfa chen und das Risiko einer Dehiszenz zu verringern. Der von Khoury vorgeschla gene Tunnelansatz ist eine dieser Mög lichkeiten.9 Die Technik vermeidet jegliche krestale Inzision im Bereich des Transplantats. Eine einzelne vertikale Inzision wird an der distalen Fläche des ersten mesial vom Defekt gelegenen Zahns gemacht. Der Lappen wird dann als Vollschicht
lappen abgehoben, durch Tunnelierung um den Defekt. Auf diese Weise erreicht man einen optimalen Schutz des Trans plantats, und eine Wunddehiszenz wird durch die Kontinuität des Weichgewe bes über dem Transplantat vermieden. Die Sicht auf das Operationsgebiet ist natürlich limitiert, und das muss ent sprechend berücksichtigt werden. Die Anatomie des Defekts muss prä operativ analysiert werden, und der Knochendefekt sollte relativ glatt und regelmäßig sein, ohne tiefe Knochen septen, die das korrekte Abheben eines Vollschichtlappens beeinträchtigen
ABB. 3, 4: ENTLASTUNGSNAHT I: OBERKIEFERNAHT – ABBILDUNGEN UND KLINISCHER FALL 3B
3C
3D
Abbildungen: Quaint
3A
4A
4B
Fotos: De Stavola
4D
4C
| 3A Ausgangssituation für eine Oberkiefernaht mit bereits verlängertem vestibulärem Lappen. | 3B–4A–B Die Nadel greift den palatinalen Lappen sieben bis zehn mm apikal vom Lappenrand, geht dann zur vestibulären Seite und greift das Periost am koronalen Rand. Sie geht dann wieder nach palatinal durch den gesamten palatinalen Lappen. | 3C–4C Die Naht ist verknotet und der vestibuläre Lappen rutscht nach koronal. | 3D-4D Matratzen- und Einzelknopfnähte werden ohne oder mit nur minimaler Restspannung gelegt.
SCHWERPUNKT
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ABB. 5, 6: ENTLASTUNGSNAHT II: UNTERKIEFERNAHT – ABBILDUNGEN UND KLINISCHER FALL 5B
5C
5D
Abbildungen: Quaint
5A
6A
6B
6C
Fotos: De Stavola
6D
könnten.10 Dessen ungeachtet berichten viele Publikationen nur begrenzte oder keine Weichgewebekomplikationen.9 –11
Weichgewebe haftet hartnäckiger an Knochen als an Dentin Da sie die Lappenstabilität als Einfluss faktor auf die Lappenspannung betrach ten, zeigten Werfully et al.12 Unterschiede beim Anhaften des Lappens an unter schiedliche Substrate auf. Ihre Studie an Hunden ergab, dass zu allen Heilungs zeitpunkten die Lappenzugfestigkeit an der Lappen-Knochen-Grenzfläche min destens doppelt so hoch war wie an der Lappen-Dentin-Grenzfläche (nach sie ben Tagen: 5,08 N versus 1,82 N). Das bedeutet, dass Weichgewebe fester und schneller an Knochen haften kann als an Dentin. Der Unterschied ist die güns tige Beziehung zwischen dem unter dem
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| 5A Ausgangssituation für eine Unterkiefernaht mit bereits verlängertem lingualem und vestibulärem Lappen. | 5B–6A–B Die Nadel greift das Periost am koronalen Rand des abgehobenen Rands am lingualen Lappen, geht dann zum vestibulären Lappen und greift den koronalen Rand des entlasteten Periosts. | 5C–6C Die Naht wird verknotet und beide Lappen verschieben sich nach koronal und kommen normalerweise miteinander in Kontakt. | 5D-6D Matratzen- und Einzelknopfnähte werden ohne oder mit nur minimaler Restspannung gelegt.
Lappen liegenden Blutkoagulum und dem Knochen, wogegen die Koagulum-Den tin-Grenzfläche schwächer ist. Wenn man diese Befunde auf die Augmentation überträgt, könnte die Fähigkeit des Koa gulums und des darüberliegenden Lap pens, am Transplantatmaterial zu haften, ein Schlüsselfaktor für die Verringerung der Belastung der Lappenränder im frü hen Heilungsstadium sein. Die Annahme ist berechtigt, dass die Stabilität der kom plexen Koagulum-Lappen-Grenzfläche nicht optimal ist, wenn ein Transplantat material die Grenzfläche ist (nicht resor bierbare hydrophobe PTFE-Membran), was die mit Augmentationsverfahren ver bundene hohe Komplikationsrate erklä ren könnte. Doch für die Lappenstabilität insgesamt ist die Nahtlinie der Schlüs sel zur Aufrechterhaltung des primären Wundverschlusses.
Referenzen 1
Jung RE, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23
Suppl 6: 2-21. 2 Donos N, et al.: J Clin Periodontol 2008; 35 (8 Suppl):173-202. 3 Rocchietta I, et al.: J Clin Periodontol 2008; 35 (8 Suppl): 203-15. 4 Jensen Storgard, Terheyden SS, et al.: Int J Oral Maxillofac Implants 2009; 24 Suppl: 218-36. 5 Burkhardt R, Lang NP: Clin Oral Implants Res 2010; 21(1): 50-4. 6 Urban I, et al.: The International journal of perio dontics & restorative dentistry 2017; 37: 347-53. 7 Ronda M, Stacchi C: Int J Periodontics Restorative Dent 2011; 31(5): 505-13. 8 De Stavola L, Tunkel J: Int J Oral Maxillofac Implants 2014; 29(4): 921-26. 9 Khoury F, Happe A: Quintessence Int 2000; 31 (7): 483-99. 10 De Stavola L, Tunkel J: Int J Periodontics Restora tive Dent 2013; 33(5): 651-59. 11 Mazzocco C, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2008; 28(1): 45-53. 12 Werfully S, et al.: J Periodontal Res 2002; 37: 366-74.
JOURNAL CLUB
MEILENSTEIN-STUDIEN.
Fotos: © iStock.com/dtmiraos
Ein Update zum Weichgewebemanagement mit Kollagenmatrizen
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Dr. Nikolas Epp Post-Marketing Klinische Wissenschaft Geistlich Pharma AG
Das Weichgewebemanagement in der Implantattherapie ist von wachsender Bedeutung. Die Verbreiterung von keratinisiertem Gewebe sowie Rezessionsdeckung und Volumenaugmentation um Implantate und unter Brückengliedern sind in vielen zahn chirurgischen Praxen Bestandteil des therapeutischen Repertoires. EINFÜHRUNG
Mit Blick auf die Lebensqualität der Patienten hat Geistlich zwei innovative Kollagenmatrizen auf den Markt gebracht, mit denen Zahnärzte ohne Entnahme von Weichgewebetransplantaten operieren können. Während Geistlich Mucograft® primär als Alternative zu freien Schleimhauttransplantaten entwickelt wurde, die während der Heilung exponiert bleibt, verhält sich die neue Kollagenmatrix Geistlich FibroGide® wie ein Bindegewebetransplantat. Beide Matrizen wurden in zahlreichen Studien umfangreich untersucht und mit dem Goldstandard autologes Transplantat verglichen. Bringen Sie die gleiche Leistung wie der Goldstandard?
Zufriedenere Patienten mit Kollagenmatrix Um keratinisiertes Gewebe zu verbreitern – z. B. vor einer Implantation – verwenden Zahnärzte häufig eine Kombina tion aus apikal positionierten Lappen und freien Schleim hauttransplantaten. Da die Transplantatentnahme aus dem Gaumen jedoch mit Schmerzen und Blutung verbunden ist, könnte ein alternativer Ansatz vorteilhaft sein. Die ameri kanischen Forscher Michael McGuire und Todd Scheyer
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v erglichen die 3-D-Kollagenmatrix Geistlich Mucograft® bei Vestibulumplastiken um Zähne mit einem autogenen freien Schleimhauttransplantat. Ihre randomisierte und kontrollierte Split-Mouth-Studie (30 Patienten mit Zonen von unzureichendem keratinisiertem Gewebe < 2 mm, mit Nachkontrolle bis nach sechs Monaten) erreichten mit beiden Behand lungsoptionen ähnliche Resultate. Mehr als zwei Drittel (70 %) der Patienten bevorzugten das Aussehen der Stellen, an denen die Kollagenmatrix verwendet wurde, insbesondere wegen besserer Anpassung von Textur und Farbe an das angrenzende Gingivagewebe. Zudem traten mit Geistlich Mucograft® viel weniger Schmerzen auf. McGuire MK, Scheyer ET: J Periodontol 2014; 85(10): 1333-41.
Intelligente Kombination von Gewebetransplantaten und Kollagenmatrizen Nach größeren Knochenaugmentationen sind oft große freie Schleimhauttransplantate notwendig, um eine gesunde Breite des keratinisierten Gewebes wiederherzustellen. Eine pros pektive Fallreihenstudie von Urban et al. aus dem Jahr 2015 (20 Patienten, zwölf Monate Nachkontrolle) beurteilte eine intelligente Alternative zu diesem Ansatz: die kombi nierte Verwendung eines kleinen “Streifentransplantats” aus freier Schleimhaut und der porcinen Kollagenmatrix G eistlich Mucograft®. Während das kleine autologe Transplantat als “Zellspender” für neues keratinisiertes Gewebe fungiert, erweitert die Kollagenmatrix die Bildung von neuem kerati nisiertem Gewebe auf einer größeren Fläche. Ergebnisse: im Vergleich zur Baseline wurde nach zwölf Monaten eine signifi kante Zunahme von keratinisiertem Gewebe von durchschnitt lich 6,33 ± 2,16 mm bei allen behandelten Stellen sowie eine geringe Transplantatkontraktion (43 %) beobachtet. Die Pati enten berichteten keine postoperativen Komplikationen. Diese Studie zeigt, dass das biologische Verständnis des Regenerati onsprozesses zu guten Ergebnissen führt – in diesem Fall das Verständnis des Ursprungs der “biologischen Information” für neu gebildetes keratinisiertes Gewebe. Urban IA, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2015; 35(3): 345-53.
Der langfristige Beweis In der Studie des deutschen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirur gen Christian Schmitt (14 Patienten, drei Monate Nachkontrolle) wurde bei den Patienten eine Augmentation von insuf fizienter keratinisierter periimplantärer Mukosa mit entweder Geistlich Mucograft® oder einem freien Schleimhauttransplan tat aus dem Gaumen durchgeführt. Während des Studienzeit raums von 90 Tagen zeigten die beiden Behandlungsalternati ven ähnliche klinische und histologische Ergebnisse in Bezug auf Heilung, Gesamtschrumpfung und Zunahme der keratini sierten Mukosa. In der Kollagenmatrixgruppe waren klinische Farbe und Textur jedoch mit der angrenzenden natürlichen Mukosa vergleichbar. Die Verwendung von Geistlich Muco graft® verkürzte gegenüber der Therapie mit freiem Schleim hauttransplantat auch die Operationsdauer. Ähnliche Resultate wurden auch auf lange Sicht erreicht, wie in der Publikation von Schmitt et al. 2016 gezeigt wurde (48 Patienten, fünf Jahre Nachkontrolle). Eine Vestibulumplastik mit Geistlich Mucograft® ergab ein gefälliges ästhetisches Erschei nungsbild des Weichgewebes mit ähnlicher Textur und Farbe wie angrenzende Regionen fünf Jahre nach der Augmentation. Freie Schleimhauttransplantate waren im Gegensatz dazu immer noch von der angrenzenden natürlichen Gingiva zu unterscheiden. Schmitt CM, et al.: J Periodontol 2013; 84(7): 914-23. Schmitt CM, et al.: Clin Oral Implants Res 2016; 27(11): 125-33.
Verwendung für Vestibulumplastik bei Krebspatienten Die Resektion von Mundkrebs wird häufig von anatomischen Deformierungen begleitet, die Zähne, Knochen und Weichge webe betreffen. Dies erschwert zusammen mit einem beein trächtigten Heilungsvermögen die orale Rehabilitation. Kann die Kollagenmatrix Geistlich Mucograft® bei diesen Patienten als Alternative zu autologen Transplantaten für eine Vestibu lumplastik dienen? Eine klinische Studie von Lorenz et al. 2017 (sechs Patienten, sechs Monate Nachkontrolle) ergab eine vollständige Epithelisierung der Defektstelle nach einer mittleren Heilungsphase von drei Wochen ohne Nebenwirkungen, Trans plantatverlust, starke Schmerzen, Wundheilungskomplikationen oder persistierende Beschwerden. Die Breite der befestigten peri implantären Gingiva, ausgehend von einer Baseline von weniger als ein mm an jeder Implantatstelle, konnte zu einer mittleren
“Mehr als zwei Drittel der Patienten bevorzugten das Erscheinungsbild der Stellen, an denen die Kollagenmatrix verwendet wurde.” McGuire MK, Scheyer ET 2014
Breite von 4,4 mm unmittelbar nach der Vestibulumplastik und 3,9 mm sechs Monate nach dem Eingriff erweitert werden. Lorenz J, et al.: Clin Oral Invest 2017; 21(4): 1103-11.
Geistlich Fibro-Gide® nicht schlechter als Bindegewebetransplantat Die ersten beiden präklinischen Studien zur neuen 3-D-Kol lagenmatrix Geistlich Fibro-Gide® wurden 2011 von Thoma et al. veröffentlicht (sechs Hunde, zwei Testgruppen, eine Kontrollgruppe, drei Monate Nachkontrolle). Die Autoren untersuchten die Effektivität von Geistlich Fibro-Gide® für eine Vergrößerung der Kieferkammbreite im Vergleich zum Gold standard Bindegewebetransplantate sowie Kontrollen ohne Gewebeaugmentation. Nach drei Monaten zeigte sich eine Breitenzunahme von 1,4 mm sowohl bei Geistlich Fibro-Gide® als auch Bindegewe betransplantat und ein Verlust von 0,3 mm bei der Kontrolle. Basierend auf histomorphometrischen Analysen in der zweiten Publikation mit dem gleichen Studiendesign ergab die Appli kation von Geistlich Fibro-Gide® eine günstige Gewebeintegra tion sowohl zum abdeckenden Lappen als auch zum darunter liegenden Knochen hin. Diese unauffällige Integration ist etwas Besonderes, da, so die Autoren, in der Vergangenheit querver netzte Kollagenprodukte eine erhöhte Rate von Weichgewebe komplikationen zeigten, wenn sie als Barrieremembranen für die Guided Bone Regeneration verwendet wurden. Die Autoren sehen in der Fachkompetenz der Geistlich Pharma AG in den Bereichen Forschung und Kollagen, die für die Quervernetzung von Geistlich Fibro-Gide® eingesetzt wurde, einen möglichen Grund für diese verbesserte klinische Leistungsfähigkeit. Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2010; 37(7): 659-66. Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2011; 38(11): 1063-70.
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Weniger Quervernetzung, bessere Stabilität Die Quervernetzung wurde auch in einer anderen präklini schen Studie von Thoma et al. 2012 (14 Mäuse, zwei Kollagenmatrix-Prototypen, drei und sechs Wochen Nachkontrolle) untersucht. Die Autoren evaluierten, ob Gewebeintegration, Angiogenese und Matrixabbau von zwei verschiedenen Geist lich FibroGide®Prototypen vom Ausmaß der chemischen Quervernetzung abhängig waren. Zwei Kollagenmatrizen mit einem hohen und niedrigen Grad an chemischer Quervernet zung wurden in Mäuse implantiert, etwa 10 mm oberhalb der Hüftpfanne, und nach drei und sechs Wochen analysiert. Beide Prototypen zeigten nur minimale entzündliche Reaktio nen und eine günstige Integration in die umgebenden Gewebe. Die Autoren berichteten jedoch, dass eine geringe chemische Quervernetzung die Angiogenese im Vergleich zu hoher Quer vernetzung verbesserte. Es wird angenommen, dass die Angio genese einen signifikanten Einfluss auf das Einheilungser gebnis hat. Außerdem war die Volumenstabilität der gering quervernetzten Kollagenmatrix deutlich besser als die der hoch quervernetzten Matrix. Schlussfolgerung: Weniger quervernetzte Kollagenmatrizen könnten bezüglich Blutgefäßbildung, Matrixintegration und Volumenstabilität günstiger für die Weichgewebeaugmenta tion sein. Demzufolge wurde die weniger quervernetzte Kolla genmatrix später zu Geistlich FibroGide® entwickelt. Thoma DS, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23(12): 1333-39
Klinische Studie: Augmentation von Weichgewebe mit Matrix vs. Transplantat Thoma et al. zeigten 2016, dass Geistlich FibroGide® und sub epitheliale Bindegewebetransplantate bei Verwendung zur Augmentation von Weichgewebe um Implantate zu ähnlichen Resultaten führen. In einer randomisierten klinischen Studie (20 Patienten, zwei Testgruppen, drei Monate Nachkontrolle) wurden Patienten mit insuffizientem Weichgewebevolumen an Einzelimplantaten einer Weichgewebeaugmentation mit Geist lich FibroGide® oder Bindegewebetransplantat unterzogen. Die Ergebnisse nach drei Monaten: Die mittlere Weichgewe bedicke auf der okklusalen Seite erhöhte sich um 1,8 mm bei Geistlich FibroGide® und um 0,5 mm beim Bindegewebe transplantat. Die mittlere Weichgewebedicke auf der bukka len Seite erhöhte sich um 1 mm bei Geistlich FibroGide® und um 1,5 mm beim Bindegewebetransplantat. Beide, Transplan tate und Biomaterialien, integrierten sich gut und ohne jegliche Abstoßungsreaktionen. Die Autoren kamen zu dem Schluss,
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“Geistlich Fibro-Gide® ist genauso effektiv und gut verträglich wie ein Bindegewebetransplantat.” Thoma DS, et al. 2016
dass Geistlich FibroGide® bei der Weichgewebeaugmentation an Einzelimplantaten genauso effektiv und gut verträglich ist wie der Goldstandard Bindegewebetransplantat. Thoma DS, et al.: J Clin Periodontol 2016; 43(10): 874-85.
Gute Weichgewebereaktion Eine andere präklinische Studie von Ferrantino et al. 2016 (sechs Hunde, Test- und Kontrollgruppe, 90 Tage Nachkontrolle) untersuchte die Weichgewebereaktion auf die Kollagen matrix Geistlich FibroGide® histologisch und zu verschiede nen Zeitpunkten. Die Matrix veränderte den Heilungsprozess im Vergleich zu den scheinoperierten Stellen nicht. Nach vier Tagen waren an den Rändern von Geistlich FibroGide® die ers ten kleinen Blutgefäße zu sehen. Die Anzahl der Blutgefäße und mesenchymähnlichen Zellen nahm mit der Zeit zu. Nach 90 Tagen war die restliche Kollagenmatrix vollständig in neu gebildetes Bindegewebe integriert. Ferrantino DL, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2016; 36(6): 807-15.
Zwei Matrizen, zwei Indikationen Die beiden Kollagenmatrizen Geistlich FibroGide® und Geistlich Mucograft® wurden in einer 2015 veröffentlichten präklinischen Studie von Thoma et al. verglichen (50 Ratten, vier Behandlungsmodalitäten, zwei Monate Nachkontrolle). Eine günstige Weichgewebeintegration wurde mit beiden Kollagenmatrizen erreicht. Während die kompakte Schicht von Geistlich Mucograft® die Angiogenese und Bildung von Bindegewebe in einer Situation mit geschlossener Einheilung verzögerte, erleichterte die spon giöse, quervernetzte Matrix Geistlich FibroGide® die frühe Vas kularisierung und zeigte eine MatrixPräsenz über einen langen Zeitraum. Dies deckt sich mit der vorgesehenen Verwendung der beiden Kollagenmatrizen. Während Geistlich Mucograft® seine beste klinische Performance bei Verwendung für den Zugewinn von keratinisiertem Gewebe in Situationen mit offener Einhei lung zeigt, liefert Geistlich FibroGide® bei geschlossener Einhei lung Volumenstabilität und Bildung von neuem Bindegewebe. Thoma DS, et al.: Clin Oral Implants Res 2015; 26(3): 263-70.
ÜBER DEN TELLERRAND
HOFFNUNG DURCH 3-D-DRUCKEN.
Foto: © 23rf.com/Kirch
Die Nachfrage nach menschlichem Gewebe ist enorm. Aus diesem Grund wird nun große Hoffnung auf computergesteuerte “BioDrucker” gesetzt. Bedeutsame Fortschritte wurden insbesondere bei Geweben erzielt, die weniger von Kapillaren und Nerven abhängen.
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Dr. Klaus Duffner
Foto: ©123rf.com/Iaremenko
Wie ein Tintenstrahldrucker
“Die Zahl der Menschen, die verzwei felt auf eine Organtransplantation war ten, übersteigt bei Weitem die Anzahl der verfügbaren Spenderorgane”, sagt Dr. Anthony Atala, Leiter des Wake Forest Institute for Regenerative Medi cine in Winston Salem, North Carolina.1 “Jeden Tag fallen 21 US-Bürger der Tat sache zum Opfer, dass für sie kein sol ches Organ verfügbar ist. Um diesen Mangel zu beheben, sind derzeit viele Forschungsteams bestrebt, lebendes Gewebe mit 3-D-Druckern zu konstru ieren.”
Erster Bio-Drucker zur Jahrtausendwende Mitte der 1980er-Jahre entwickelte der US-Amerikaner Charles W. Hull einen Drucker, der die Herstellung von 3-D-Objekten unter der Kontrolle einer speziellen Software für “compu
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tergestütztes Design" (computer aided design, CAD) ermöglichte.2,3 Zu Beginn waren die verwendeten Materialien vor allem Polymere, dann, ab Anfang der 90er-Jahre, Nanokomposits, gemischte Kunststoffe und pulverförmige Metalle. Es dauerte nicht lange, bis medizini sche Forscher ihre Aufmerksamkeit fol gender Fragestellung zuwandten: Wenn ein massives Gips- oder Kunststofforna ment mit einem Drucker hergestellt wer den konnte, sollte es dann nicht möglich sein, ein lebendes Organ zu drucken? 1999 verwendeten Wissenschaftler am Wake Forest Institute einen 3-D-Drucker erstmals zur Herstellung eines Gerüsts für eine menschliche Blase. Sie beschich teten das modellierte Gerüst mit Zellen ihrer Patienten. Andere Gruppen folg ten mit dem Drucken der ersten Minia tur-Nieren im Jahre 2002 und der ersten Blutgefäße im Jahre 2010.
Die Arbeitsweise eines Bio-Druckers entspricht prinzipiell der eines norma len 3-D-Druckers. Ein Computer steuert Extruder, die die gewünschten Struk turen aus einem Polymer-Gel konst ruieren. Mit Hilfe eines 3-D-Modells extrudieren Spraydüsen eine zelluläre Suspension in Form von winzigen Tröpf chen. Das Gel basiert normalerweise auf einem Alginat-Komposit. Jedes abgela gerte Tröpfchen enthält mehrere Tau send zur Regeneration fähiger Zellen. Diese Zellen werden zuvor durch eine Biopsie aus dem zu ersetzenden Organ gesammelt und dann in einem flüssi gen Nährstoffmedium vervielfältigt, das Sauerstoff enthält. Es wurden auch Experimente mit erwachsenen oder induzierten pluripotenten Stammzellen (z. B. aus dem Knochenmark) durchge führt. Mit Hilfe von geeigneten Wachs tumsfaktoren und durch exakte Defini tion von Viskosität und Temperatur der Matrix regen Forscher die Zellen dazu an, sich zu funktionellem Gewebe zu organisieren.
Forschung in vollem Gang Wissenschaftler auf der ganzen Welt arbeiten derzeit an Methoden für das Tis sue-Engineering menschlicher Organe mit 3-D-Druckern. Die meisten Modelle befinden sich jedoch noch im Reißbrett stadium. Insbesondere der Aufbau funk tionstüchtiger Organe, die von ernähren den Blutgefäßen und Nerven abhängen, ist immer noch ein Wunschtraum von Forschern wie Simon Hoerstrup, dem Direktor des Instituts für Regenera tive Medizin an der Universität Zürich, wo Polymergerüste anschließend unter Verwendung eines 3-D-Druckers mit den patienteneigenen Zellen beschich tet werden.4 Bei Kindern mit schweren angeborenen Herzfehlern beabsichtigt
Dr. Hoerstrup, nach der Geburt lebende, d. h. wachsende Herzklappen zu implan tieren. Was bei Lämmern funktionieren kann, wie von ihm bereits in Tierexperi menten gezeigt, wird demnächst in der Klinik mit menschlichen Babys unter sucht. Die Entwicklung von weniger komplexen Geweben wie etwa Herz klappen, Blutgefäßen und Knorpel, die keine direkte Versorgung mit Blut-Nähr stoffen benötigen, ist bereits weit vor angeschritten. Zum Beispiel haben schwedische Forscher kürzlich Knorpel hergestellt, der aus einem neuen Hydro gel-Biomaterial und menschlichen Zel len besteht, die erfolgreich in Mäusehaut gewachsen sind.5 Inzwischen setzte ein Team von For schern an der University of California in San Diego (UCSD) erfolgreich einen 3-D-Drucker zur Herstellung eines klei nen, funktionstüchtigen Systems von Blutgefäßen ein und implantierte es in lebende Mäuse.6 Des Weiteren wurde vor Kurzem ein neues Hydrogel aus Alginat, Polyvinylalkohol und Hydroxylapatit von Wissenschaftlern unter der Führung von Stephanie T. Bendtsen am Insti tute for Material Sciences, University of Connecticut, entwickelt. Das Alginat soll die Eigenschaften von mit 3-D-Dru ckern hergestellten Knochen verbes sern.7 Insbesondere könnten die Opfer von schweren Verbrennungen und der Ersatz von Tierversuchen für Kosmetika und Medikamente von dem Einsatz einer nachgebauten zweischichtigen mensch lichen Haut profitieren, die aus einem 3-D-Drucker stammt. Eine Bio-Tinte für die Druckerpatronen, die Blutplasma, Fibroblasten und Keratinozyten enthält, wurde von spanischen Wissenschaft lern entwickelt, und die damit herge stellte Zweischicht-Haut wuchs nach der Implantation in Mäuse ohne Probleme.8
“Die Zahl der Menschen, die verzweifelt auf eine Organtransplantation warten, übersteigt bei Weitem die Anzahl der verfügbaren Spenderorgane.” Dr. Anthony Atala | Wake Forest Institute for Regenerative Medicine
Neue Ohren Unter Verwendung einer experimentel len Technik schufen chinesische For scher Ende letzten Jahres ein neues Ohr durch eine ungewöhnliche Methode.9 Der Patient verlor ein Ohr, das durch einen Verkehrsunfall irreparabel geschä digt war. Dr. Wang Jihua, Leiter der Plas tischen Chirurgie am Kunming Medi cal Second Hospital, druckte ein Modell eines Ohrs mit einem 3-D-Drucker und gestaltete ein neues Ohr aus Rippen knorpel. Dieses Modell wurde dann unter die Haut am Arm des Patienten implantiert, so dass es bis zur anschlie ßenden Transplantation auf den Kopf des Patienten weiter wachsen konnte. Ärzte verwenden derzeit 3-D-Druck techniken auch in Edinburgh, Schott land, um ein neues Ohr für ein neunjäh riges Mädchen anzufertigen, das an einer angeborenen Anomalie der Ohrmuskeln leidet. Mit einem 3-D-Drucker schufen die Forscher ein Spiegelbild des norma len Ohrs aus Kunststoff und verwende ten diese Vorlage, um ein neues Ohr aus Rippenknorpel zu modellieren. Beim ersten Eingriff wurde das Kunststoffohr unter der Haut am Kopf befestigt, um die Stelle und Struktur für das neue Ohr zu schaffen. Sobald sich die Haut ange passt hat, ermöglicht eine zweite Ope ration die Befestigung des Ersatzohrs in der gewünschten Position.
Egal, ob es Ohren, Herzklappen, Haut, Kno chen, Nieren oder andere Gewebe sind: Die 3-D-Technologie könnte schon bald eine neue Ära in der Medizin einläuten.
Referenzen 1 www.huffingtonpost.com/2015/03/01/3d-prin ted-organs-regenerative-medicine_n_6698606. html. 2 Hull CW et al: Apparatus for production of three-dimensional objects by stereolithography. US patent: 4.575.330. 1986. 3 Gu KB et al.: Biomaterials Research 2016; 20:12. 4 Dijkman PE, et al.: Transfus Med Hemother 2016; 43(4): 282-290. 5 Möller T, et al.: Plastic and Reconstructive Surgery 2017; 5 (2). 6 http://ucsdnews.ucsd.edu/feature/how_3d_prin ting_could_one_day_save_lives. 7 Bendtsen ST, et al.: Journal of Biomedical Material Science 2017; 105 (5): 1457-1468 8 Cubo N, et al.: Biofabrication 2016; 9(1). 9 www.3d-grenzenlos.de/magazin/thema/bioprin ting/page/2/.
ÜBER DEN TELLERRAND
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BACKGROUND.
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GEISTLICH PHARMA AG | OSTEOLOGY FOUNDATION
Oral Regeneration in a Nutshell
Neue Publikation der Osteology Foundation Dr. Heike Fania | Osteology Foundation
Im Juni 2017 veröffentlichte die Osteology Foundation ein neues Buch für Zahnmedizinstudenten und Zahnärzte, die bislang keine Erfahrungen auf dem Gebiet der oralen Regeneration haben. Das 52seitige Buch mit dem Titel “Oral Regeneration in a Nutshell” (Orale Regeneration in aller Kürze) bietet einen Überblick über die grundlegenden Prinzipien sowie die Ziele, Indikationen und Techniken der oralen Regeneration. Mit Illustrationen und klinischen Bildern vermittteln die Autoren Prof. Christoph Hämmerle, Prof. Giulio Rasperini, PD Dr. Daniel Thoma und Dr. Nele Van Assche dem Leser die wichtigsten Aspekte der parodontalen Regeneration, Hart und Weichgeweberegeneration und Alveolarkammerhaltung. Weitere Informationen über das Buch und wie Sie es bekom men, erhalten Sie auf unserer Webseite. Zusätzlich ist der vollständige Inhalt über die OnlinePlattform THE BOX der Osteology Foundation zugänglich.
www.oral-regeneration.org
Osteology Zeitplan 2017/18 Nationale Osteology-Symposien Osteology Moskau, Russland Osteology Zürich, Schweiz Osteology Phoenix, USA Osteology London, GB Osteology Frankfurt, Deutschland Osteology Turin, Italien Osteology Paris, Frankreich
21.–22. Oktober 2017 12.–13. Januar 2018 9.–10. Februar 2018 20. April 2018 20.–21. April 2018 27.–29. September 2018 18.–20. Oktober 2018
Gemeinschaftliche Fortbildungsveranstaltungen Osteology Session @ ÖGI Graz, Österreich
10. Nov. 2017
@ FIPP Congress Santiago, Chile
17. Nov. 2017
@ DGI Kongress Düsseldorf, Deutschland
30. Nov. – 2. Dez. 2017
@ KAOMI Seoul, Südkorea
10. – 11. März 2018
Weitere Daten und Informationen unter www.osteology.org
BACKGROUND
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Entwicklung von Geistlich Fibro-Gide®
“Es ist nicht nur Wissenschaft. Eine Menge Kunst ist auch beteiligt.” Thomas Phyffer, Verena Vermeulen | Geistlich Pharma AG
Geistlich hat sehr viel in die Entwicklung seines neuesten Produkts, der 3-D-Kollagenmatrix Geistlich Fibro-Gide® investiert. Dr. Terance Hart, Chief Scientific Officer, und Dr. Mark Spilker, Deputy Chief Scientific Officer, sprechen über Innovation, Forschungspfade und strategische Zusammenarbeit.
Fotos: Roger Schuler
“Es ist eine sehr aufregende Zeit, im Bereich R&D bei Geistlich zu arbeiten”, meint Dr. Terance Hart. “Zusammen mit unseren Universitäts partnern auf der ganzen Welt arbeiten wir daran, den evolutionären Code zu verstehen, der im Kollagen verborgen ist, damit wir regenerative Produkte herstellen können, die noch besser funktionieren.” Und Dr. Mark Spilker fügt hinzu: “Es ist die Entdeckung! Das erste Mal, wenn Sie ein ungelöstes Problem oder eine ungelöste klinische Anforderung klären, ist sehr befriedigend. Das ist der Antrieb für die Arbeit.”
Geistlich Fibro-Gide® ist das neueste Produkt von Geistlich für die regenerative Zahnheilkunde. Warum möchte Geistlich eine neue therapeutische Lösung liefern? Dr. T. Hart: Wir wollten ein Produkt anbieten, das Weichgewebe regeneriert und gleichzeitig auch das Volumen erhält sowie ausgezeichnete mechanische Eigenschaften besitzt. Mehrere unserer wichtigsten Partner an Universitäten und Zahnklini ken waren sehr angetan von der Idee einer volumenstabilen Kollagenmatrix, die für Indikationen wie etwa Weichgewebe augmentation um Implantate oder unter Pontics verwendet werden könnte. Derzeit werden viele dieser Behandlungen mit autologem Gewebe durchgeführt, bei denen stets eine Trans plantatentnahme und deshalb auch eine gewisse Morbidität der Entnahmestelle beteiligt ist. Was war der schwierigste Teil der Entwicklung von Geistlich Fibro-Gide®? Dr. T. Hart: Der schwierigste Teile war die Kombination der mecha nischen Stabilität und Handhabung der Matrix mit Zell-Biokom
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patibilität und Geweberegeneration. Es gibt einen grundlegenden Zielkonflikt zwischen besseren mechanischen Eigenschaften und zellulärer Erkennung der Matrix. So werden zum Beispiel durch Verbesserung der mechanischen Stabilität mittels chemischer Quervernetzung die regenerativen Eigenschaften der Matrix ver ringert. Zellen lesen den verborgenen 3-D-Aminosäurencode, der innerhalb des Kollagens geschrieben ist. Zu viel Quervernetzung zerstört den Code und macht das Material für Zellen biologisch unsichtbar. Zu wenig Quervernetzung ermöglicht andererseits keine mechanische Stabilität der Matrix, und sie wird zu schnell durch enzymatische Hydrolyse vom Körper resorbiert. Wie Sie sich vorstellen können, wurde viel R&D-Zeit damit verbracht, all diese gegensätzlichen Faktoren zu optimieren.
Stichwort: Quervernetzung. Der Einsatz von Quervernetzung wurde bei Geistlich Bio-Gide® und Geistlich Mucograft® zugunsten einer verbesserten Gewebeverträglichkeit absichtlich vermieden. Wie hat sich das bei Geistlich Fibro-Gide® geändert?
“Geistlich hat einen Ansatz mit minimaler Quervernetzung entwickelt, der für ein Gleichgewicht zwischen mechanischer Volumenstabilität und Zellkompatibilität sorgt.” Dr. Mark Spilker | Deputy Chief Scientific Officer Geistlich Pharma AG
Dr. M. Spilker : Alles Kollagen ist natürlich quervernetzt; andernfalls wären wir Suppe! Die synthetische Quervernetzung hat in den letzten 20 Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht. Zum Beispiel führte in der Vergangenheit die Quervernetzung eines Kollagenprodukts mit überholter Aldehyd-Technolo gie zu einer schlechten Gewebekompatibilität. Geistlich war jetzt aber in der Lage, einen Ansatz mit minimaler Quervernet zung zu entwickeln, der ein Gleichgewicht zwischen mecha nischer Volumenstabilität und Zellkompatibilität sowie Gewe beintegration schafft. Geistlich verwendet eine natürliche und “weiche” Form der Quervernetzung, bei der das quervernetzte Kollagen integriert und dann von den Enzymen des Körpers umgewandelt werden kann.
Wie viele Prototypen werden bei einer Entwicklung wie dieser getestet, bevor das ideale Produkt gefunden ist? Dr. T. Hart: Für Geistlich Fibro-Gide® hat Geistlich mehr als 1000 Kollagenmatrix-Prototypen getestet, die unter unter schiedlichen Zubereitungsbedingungen entstanden sind und unterschiedliche Merkmale haben. Dies ist nicht so viel anders als in der Pharmaindustrie, wo typischerweise 1000 Moleküle im Labor hergestellt werden, um einen klinischen Kandidaten zu produzieren. Geistlich verfügt über mehr als 160 Jahre Expertise in Kollagen. Wie hilft das heute weiter? Dr. M. Spilker: Kollagen ist ein sehr kompliziertes und lebens wichtiges Makromolekül. Vieles über Kollagen ist wissen schaftlich geklärt, doch es gibt eine ganze Reihe von Punkten in der Kollagentechnologie, bei denen Geschicklichkeit, Erfah rung und Expertise gefragt sind. Aufgrund unserer Tradition verfügen wir bei Geistlich über beträchtliche Geschicklichkeit und Fachkompetenz. Wie Isaac Newton sagte: “Wenn wir jetzt weiter sehen, ist es, weil wir auf den Schulter von Riesen ste hen”. Es ist die Summe der Erfahrungen aus Gewinnung, Rei nigung und Handhabung von natürlichen Kollagenen, begin nend bei Geistlich mit Klebstoff und Gelatine, die direkt zur Entwicklung von Geistlich Bio-Gide®, Geistlich Mucograft® und jetzt Geistlich Fibro-Gide® geführt hat.
In welchem Umfang konnten die bei der Entwicklung von Geistlich Mucograft® gewonnenen Erfahrungen bei der Entwicklung von Geistlich Fibro-Gide® verwendet werden? Dr. T. Hart: Geistlich Mucograft® war der erste und sehr wich tige Schritt in das Gebiet der Weichgeweberegeneration, bei spielsweise um keratinisiertes Gewebe zu vermehren. Wir haben viel über den Zielkonflikt zwischen Volumenstabili tät, Zellverhalten und Gewebekompatibilität gelernt, wie auch über die Notwendigkeit, nicht nur ein Biomaterial, sondern auch effektive Protokolle zu liefern, die in der klinischen Pra xis funktionieren. Was hat bei der Entwicklung und Testung des Produkts und Prototyps letztlich zu der Entscheidung geführt, alle Anstrengungen auf dieses Produkt zu konzentrieren und es auf den Markt zu bringen? Dr. M. Spilker: Als wir die Histologie erhielten, die die Gewe beintegration und Volumenerhaltung in den präklinischen Studien zeigte, wussten wir, dass wir etwas sehr Spezielles hatten. Ich bin überzeugt, dass dies in der Tat ein Schritt vor wärts in der Technologie ist und dass es ein hohes Potenzial hat. Ist das Forschungsprojekt von Geistlich Fibro-Gide® mit der Markteinführung beendet? Dr. M. Spilker: Definitiv nicht. Wir sind in der Phase angekom men, in der klinische Forschung oberste Priorität hat. Geist lich beginnt nun mit den klinischen Evaluierungen von Geist lich Fibro-Gide® in größeren Patientenpopulationen und bei verschiedenen klinischen Anwendungen. Unser Ziel ist, die klinischen Daten zu erstellen, von denen Zahnärzte und ihre Patienten direkt profitieren, zum Beispiel Fälle mit bewähr ten Vorgehensweisen, klinische Richtlinien sowie "Dos and Don’ts". Obwohl alle unsere Produkte in enger Zusammenar beit mit wichtigen Partnern an Universitäten und Zahnkliniken entwickelt wurden, leistet unser großes Netzwerk von klini schen Partnern in diesen klinischen Phasen vor der Marktein führung ebenfalls entscheidende Beiträge. Die behördlichen Hürden für neue Produktzulassungen haben in den letzten Jahren zugenommen. Wie geht Geistlich Pharma damit um? Dr. T. Hart: Für uns ist das gut. Das war schon immer eine unse rer Kernstärken. Wir von Geistlich haben unsere Produkte stets auf sehr sorgfältige Weise entwickelt, weil wir uns selbst davon überzeugen müssen, dass unsere Produkte sicher sind und sowohl für Patient als auch Zahnarzt effektiv funktionieren. So haben die zunehmenden behördlichen Hürden für neue Pro duktzulassungen den evidenzbasierten Ansatz von Geistlich für die Entwicklung von Medizinprodukten zum Nutzen von Patient und Zahnarzt validiert.
BACKGROUND
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Geistlich Mucograft® und Geistlich Fibro-Gide®
Zwei innovative Lösungen für die Weichgeweberegeneration Susanne Schick, Dr. Giselle Richterich | Geistlich Pharma AG
Mikroskopische Struktur von Geistlich Mucograft® Behandlungsoption
Studien
Kann bei Anwendungen zur Weichgewebeaugmentation mit gedeckter oder offener Heilung verwendet werden > Zugewinn von keratinisiertem Gewebe¹–⁵ > Vestibulumplastik⁶–⁸ > Alveolenversiegelung⁹ > Rezessionsdeckung¹⁰–¹⁸
Geistlich Mucograft® wurde klinisch evaluiert für die Augmentation von keratinisierter Mukosa > Um Zähne³,⁴ > Um Implantate oder festsitzende prothetische Restaurationen¹,² > Vor der Implantatinsertion⁵ > Bei Vestibulumplastiken mit Langzeit-Nachkontrolle⁶, ⁷ > Als Alveolenversiegelung nach Ridge Preservation⁹ … wo es der offenen Einheilung überlassen wurde. Geistlich Mucograft® ist eine vorhersagbare Alternative zu freien Schleimhauttransplantaten.¹, ², ⁴,⁶
Zusammensetzung
Verfügbare Größen > Rechteckige Matrix 15 × 20 mm > Rechteckige Matrix 20 × 30 mm > Geistlich Mucograft® Seal runde Matrix 8 mm
Rekonstitutierte, natürliche Kollagene Typ I und III. Die kompakte Struktur stammt von natürlichem Kollagen, was ein Vernähen mit den Rändern der Empfängermukosa ermöglicht und ausreichende Stabilität für eine offene Einheilung bietet. Die darunterliegende poröse Struktur, die speziell aus Kollagenfasern rekonstituiert ist, ermöglicht ein Anhaften von Gewebe, das die Wundheilung begünstigt und die Zellintegration unterstützt.
Referenzen Geistlich Mucograft® 1
Lorenzo R, et al.: Clin Oral Implants Res 2012; 23(3): 31624.
2
Sanz M, et al.: J Clin Periodontol 2009; 36(10): 86876.
3
McGuire MK, Scheyer ET: J Periodontol 2014; 85(10): 133341.
4
Nevins M, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2011; 31(4): 36773.
5
Urban IA, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent 2015; 35(3): 34553.
6
Schmitt CM, et al.: J Periodontol 2013; 84(7): 91423.
7
Schmitt CM, et al.: Clin Oral Implants Res 2016; 27(11): e125e133.
8
Herford AS, et al.: J Oral Maxillofac Surg 2010; 68(7): 146370.
9
Jung RE, et al.: J Clin Periodontol 2013; 40(1): 9098.
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GEISTLICH NEWS 2-2017
Geistlich Mucograft® wurde auch klinisch evaluiert für Rezessionen > Bei einzelnen Rezessionen mit koronalen Verschiebelappen¹⁰-¹³ > Bei Deckung mehrerer Rezessionen mit koronalem Verschiebelappen¹⁴-¹⁸ ... wo es bei einer gedeckten Situation verwendet wurde. Geistlich Mucograft® ist eine vorhersagbare Alternative zu Bindegewebetransplantaten.¹¹,¹⁴
10 McGuire MK, Scheyer ET: J Periodontol 2016; 87:221227. 11 Cardaropoli D, et al.: J Periodontol. 2012; 83(3):3218. 12 Camelo M, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2012; 32(2):16773. 13 Jepsen K, et al.: 1 Sanz M, et al. J Clin Periodontol. 2013; 40(1):829. 14 Rotundo R, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2012; 32(4):4139. 15 Cardaropoli D, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2014; 34:s97s102. 16 Schlee M, et al.: Int J Periodontics Restorative Dent. 2014; 34(6):81723. 17 Molnàr B, et al.: Quintessence Int. 2013; 44(1):1724. 18 Aroca S, et al.: 1 Sanz M, et al. J Clin Periodontol. 2013; 40(7):71320.
Im September 2017 hat die Geistlich Pharma AG ihr Produktportfolio für die Weichgeweberegeneration erweitert. Die Kollagenexperten von Geistlich entwickelten eine zweite 3-D-Kollagenmatrix namens Geistlich Fibro-Gide®. Aber was sind die Unterschiede zwischen Geistlich Fibro-Gide® und Geistlich Mucograft®?
Mikroskopische Struktur von Geistlich Fibro-Gide®
Behandlungsoption
Studien
Kann bei gedeckten Anwendungen verwendet werden > Zugewinn von Weichgewebevolumen um Implantate und unter Pontics¹
Klinische Studien in den folgenden Indikationen zeigen positive Resultate: > Weichgewebeaugmentation um Implantate nach abgestufter Guided Bone Regeneration³,⁵ > Weichgewebeaugmentation um Implantate zusammen mit Guided Bone Regeneration⁶ Geistlich Fibro-Gide® erweist sich als wertvolle Alternative zu autologen Bindegewebetransplantaten.³–⁵
Zusammensetzung Rekonstituierte & quervernetzte Kollagene Typ I und III. Das spongiöse Netzwerk von Geistlich FibroGide® (für gedeckte Einheilung indiziert) ermöglicht Angiogenese, Bildung von Bindegewebe und gute Volumenstabilität des Kollagennetzwerks.²,³
Verfügbare Größen > Rechteckige Matrix 15 × 20 × 6 mm > Rechteckige Matrix 20 × 40 × 6 mm
Referenzen Geistlich Fibro-Gide® 1
Instructions for Use. Geistlich FibroGide®. Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Switzerland.
2
Thoma DS, et al.: Clin Oral Implants Res. 2015 Mar;26(3):26370.
3
Thoma DS, et al.: 1 Sanz M, et al. J Clin Periodontol. 2016 Oct;43(10):87485.
4
Thoma DS, et al.: Clin Oral Impl Res. 2009; 20 (Suppl. 4): 14665.
5
Zeltner M, et al.: 1 Sanz M, et al. J Clin Periodontol. 2017 Apr;44(4):446453.
6
Buser D, et al.: Daten in Akten. Unveröffentlichte klinische Daten. Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Schweiz.
Haftungshinweis: Geistlich FibroGide® ist nicht in allen Ländern erhältlich. Bitte wenden Sie sich für weitere Informationen an Ihren lokalen Distributor.
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Yxoss CBR®
Eine neue Behandlungslösung für größere Knochendefekte Dr. David Märki, Dr. Luis Marcelo Calderero | Geistlich Pharma AG
Geistlich ist der exklusive Marketingpartner für das innovative Titangerüst Yxoss CBR® – ein individualisiertes 3-D-gedrucktes Gerüst für größere Knochenaugmentationen mit Knochenersatzmaterial in Partikelform.
Eine individualisierte 3-D-gedruckte Lösung Aus Unzufriedenheit mit den Nachteilen der für größere Knochenaugmentationen verfügbaren Techniken dachte Dr. Markus Seiler, Deutschland, vor etwa zehn Jahren über eine individualisierte Behandlung von Patienten mit komplexen Alveolarkammdefekten nach. Durch Kombination der Vorteile von Titan, 3DBildgebung, Planungstools und 3DDrucken konzipierte und entwickelte das Unternehmen von Dr. Seiler, ReOss Ltd., das 3Dgedruckte Titangerüst Yxoss CBR®. Heute wird das 3Dgedruckte TiGerüst Yxoss CBR® routinemäßig in seiner Praxis verwendet, und die Innovation wird jetzt der Gemeinschaft der Oralchirurgen zur Verfügung gestellt.
Ein neues Produkt im Geistlich-Portfolio Yxoss CBR® bietet mehrere Vorteile:
› › › › Größere Kieferkammdefekte, insbesondere vertikale und kom binierte Defekte, erfordern häufig eine Knochenaugmentation mit einer formstabilen Verstärkung, wie etwa einer formstabilen Membran, einem Titannetz, einem Knochenschild, Knochen blöcken oder den Knochenwänden selbst bei Techniken wie Interpositionstransplantation oder Distraktionsosteogenese. Bei der Erhöhung des Knochens um mehr als 3,7 mm in kombi nierten Defekten wurden in einem kürzlich erschienenen sys tematischen Review auch Titannetze empfohlen.1 Die konven tionellen Titannetze werden als flache Netze geliefert, die dann intraoperativ an den Defekt adaptiert werden. Wie alle anderen Ansätze erfordern diese Titannetze ein hohes Maß an chirurgi schen Fähigkeiten, und ihre Verwendung ist oft zeitaufwendig. Darüber hinaus wird berichtet, dass sie mit einem hohen Risiko für Weichgewebedehiszenzen verbunden sind.2 Die Verwen dung eines platzschaffenden, formstabilen Netzes oder einer entsprechenden Membran bietet jedoch verschiedene Vorteile, z. B. die mögliche Verwendung eines partikelförmigen Knoche nersatzmaterials und damit die Vermeidung einer zeitrauben den Anpassung von Blocktransplantaten an die Defektmorpho logie.
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Intuitives und kundenfreundliches OnlineBestellsystem, Individualisierte Formen für optimierte Defektanpassung, Möglichkeit einer verkürzten OPDauer, Glatte Ränder und Oberflächen, um die Gefahr von Proble men bei der Weichgewebeheilung zu reduzieren, Vordefinierte Bruchstellen zur einfachen Entfernung des Netzes beim Zweiteingriff.
Bisher wird Yxoss CBR® in Praxen und verschiedenen öffent lichen Krankenhäusern in ganz Deutschland verwendet, und seine Befürworter werden jeden Tag mehr. Es passt perfekt in den Trend zum digitalisierten klinischen Arbeitsablauf und zu dem Ziel, Patienten so individuell wie möglich zu behandeln, während gleichzeitig Morbidität und Operationszeit reduziert werden. Außerdem ergänzt Yxoss CBR® die bestehenden The rapielösungen mit Geistlich BioOss® und Geistlich BioGide®. Deshalb wird Yxoss CBR® jetzt exklusiv von Geistlich vertrie ben und bei der EAO in Madrid (2017) offiziell vorgestellt. Referenzen 1
Troeltzsch M, et al.: J Craniomaxillofac Surg 2016; 44(10): 16181629.
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Bormann KH, et al.: J Oral Maxillofac Surg 2011; 69(6): 156270.
ABB. 1: CHIRURGISCHES VERFAHREN Klinischer Fall freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Dr. Keyvan Sagheb und Dr. Eik Schiegnitz, Abteilung Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie – Plastische Chirurgie Universität Mainz
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Fotos: Sagheb, Schiegnitz
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Fotos: Schmitt
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| A Situation zeigt den stark atrophierten unbezahnten Bereich. | B CBCT-Scan des Defekts zeigt die komplexe dreidimensionale Defektkonfiguration mit einer vertikalen Komponente | C Modelldarstellung des Defekts und sorgfältige Konstruktion von Yxoss CBR® | D Als Test wird Yxoss CBR® an der Defektstelle eingesetzt und zeigt die hohe Genauigkeit der Anpassung an die Morphologie. | E Perforation der Kortikalis, um Blutung zu induzieren. | F Füllung von Yxoss CBR® mit einer Mischung von Geistlich Bio-Oss® und autologem Knochen sowie optimale Anpassung an den restlichen Knochen. | G Applikation von Geistlich Bio-Gide® zur Abdeckung der Defektstelle | H Primärer Wundverschluss mit GoreTex Nahtmaterial. | I Dreidimensionale Implantatplanung. | J Re-entry 6 Monate nach Augmentation. Beachten Sie den vitalen Knochen auf der ganzen Strecke bis zum Yxoss CBR® Gerüst ohne Inkorporation von Yxoss CBR® in den neu gebildeten Knochen. | K Implantatplatzierung in prothetisch korrekter Lage. | L Röntgen aufnahme nach Implantatinsertion. | M Klinische Situation nach Implantation mit endgültiger prothetischer Restauration
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Interview
Ein Gespräch mit Jung-Chul Park. Das Interview führte Verena Vermeulen
Sie haben gerade eine Präsentation über Ridge Preservation hier beim ITI World Symposium in Basel vorgestellt. Wann haben Sie mit der Anwendung dieser Technik begonnen? Dr. Park: Vor etwa fünf Jahren. Anfangs war ich skeptisch: Warum sollte ich den Kieferkamm erhalten, wenn ich auch warten und die Implantatinsertion mit gleichzeitiger Guided Bone Regeneration (GBR) später machen könnte? Doch Ridge Preservation ist eine viel weniger aggressive Behandlung als GBR und sehr viel angenehmer für Patienten. Außerdem bin ich vor Kurzem zu der Überzeugung gelangt, dass es genauso sehr um Weichgewebe wie um Hartgewebe geht. Unter dem Namen “Back to the Suture” haben Sie eine App und veröffentlichen Videos auf YouTube. Was ist Ihre Motivation? Dr. Park: Meiner Meinung nach hängen 50 % des Erfolgs einer chirurgischen Behandlung von der Inzision oder dem Lappen design und die anderen 50 % vom Vernähen ab. Was Sie dazwi schen machen, ist viel einfacher zu erlernen. Viele Zahnärzte verwenden die gleiche Nahttechnik für alles, obwohl es bessere und effektivere Nahttechniken gibt. Sie nutzen Social Media umfangreich für Schulungszwecke … Dr. Park: Ja. Ich bin sehr engagiert in der zahnärztlichen Aus bildung und versuche, den besten Weg zu finden, um meinen Studenten Wissen zu vermitteln. Heutzutage geht das über mobile Geräte und Social Media. Ich kann kleine Häppchen von Wissen zusammenstellen, die sie leicht verdauen können.
Sobald ich ihre Aufmerksamkeit habe, sind sie einfacher zu motivieren, mehr zu lernen.
Sie arbeiten an der Dankook University in Cheonan. Wie viele Patienten haben Sie an einem durchschnittlichen Tag? Dr. Park: Zwischen 25 und 30. Da sehen Sie sofort, warum ich froh bin, dass meine Ridge Preservation mit offener Heilung meine Behandlungszeit verkürzt (lacht). Also lässt Ihnen Ihre Arbeitsbelastung nicht viel Zeit für Forschung. Über welches Thema würden Sie gerne mehr forschen, wenn Sie mehr Zeit hätten? Dr. Park: Dentale Stammzellenforschung war eines meiner Haupt-Interessensgebiete. Jetzt mache ich eher klinische Stu dien als Forschungsarbeit im Labor. Klaus Lang gab mir einen sehr guten Rat bei der Osteology Research Academy. Er sagte: “Verschwenden Sie nicht Ihre wertvolle Zeit mit vielen Studien; machen Sie stattdessen eine sehr gute randomisierte klinische Studie.” Das ist es, worauf ich mich jetzt konzentriere. Ist da noch Zeit für Hobbys? Dr. Park (lacht): Wie alle Koreaner bin ich ein begeisterter Karaokesänger. Und ich liebe Zauberei. Ich mache eine Menge Karten- und Münzentricks für meine Kinder. Und irgendwie hilft mir das auch bei meinen Vorträgen, weil es immer um Überraschung und Irreführung und das Spielen mit der Psy chologie des Publikums geht. Alles hängt letztlich zusammen.
Dr. Jung-Chul Park erhielt 2012 einen Grad als PhD am Yonsei University Dental College, Seoul, Korea, für seine Studie über Stammzellen, die aus entzündetem parodontalem Ligament gewonnen werden. Außerdem erhielt er 2013 den Andre Schroeder-Preis während seines ITI-Stipendiums am Eastman Dental Institute, London, GB. Er ist jetzt Assistant Professor am Department of Periodontology, Dankook University Dental College, Cheonansi, Korea. Er ist auch Mitherausgeber des Journal of Periodontal and Implant Science, Foto: Antonio Mollo
Mitglied der Korean Dental Associa
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tion und Academy of Periodontology sowie Autor und Co-Autor verschiede ner wissenschaftlicher Publikationen und Lehrbuchkapitel.
Ausgabe 1 | 18 erscheint im April 2018. SCHWERPUNKT
Minimal-invasive Ansätze in der regenerativen Zahnmedizin JOURNAL CLUB
Kieferorthopädische Behandlungen und Biomaterialien ÜBER DEN TELLERRAND
Regeneration der Retina mit Gentherapie
IMPRESSUM
Zeitschrift für Kunden und Freunde von Geistlich Biomaterials Ausgabe 2/2017, Jahrgang 11 Herausgeber ©2017 Geistlich Pharma AG Business Unit Biomaterials Bahnhofstr. 40 6110 Wolhusen, Schweiz Tel. +41 41 492 55 55 Fax +41 41 492 56 39 biomaterials@geistlich.ch
Redaktion Dr. Giulia Cerino, Verena Vermeulen Layout Büro Haeberli Erscheinungsweise 2 × jährlich Auflage 25.000 Exemplare in verschiedenen Sprachen weltweit
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