18 • F E L D & S T A L L
Samstag, 8. Juni 2013
N A CH RI C HT E N
G E N O SSE N S CHAFT P ROS US : Input-Tage 2013 «Erfolgreiche Wege im Preiskampf»
Co-Präsidium bei Slow Food
«Konsumenten fordern Transparenz»
Die Schweizer Slow-Food-Bewegung wählte am 1. Juni an ihrer Delegiertenversammlung ein neues Co-Präsidium. Die
Joseph Zisyadis und Andrea Ries nach der Wahl. (Bild: zvg)
Die Konsumenten von morgen kaufen nicht mehr in erster Linie ein grosses Steak. Sie wollen eines, das transparent deklariert und nachhaltig produziert wurde. Darauf müssen die Schweinezüchter reagieren.
setzte einem einen pfannenfertigen Plan vorlegen können.
Schweiz ist keine Insel
SUSANNE MEIER
Zürcherin Andrea Ries leitet die Organisation künftig zusammen mit dem Lausanner Josef Zisyadis. Der Ex-Nationalrat Zisyadis baute in den letzten Jahren die Semaine du Goût zu einem nationalen Event aus und ist schon länger in der Waadt für Slow Food aktiv. Co-Präsidentin Andrea Ries arbeitet heute in der Entwicklungszusammenarbeit, war in leitender Position beim WWF tätig und sichert die Verbindung zur Slow-Food-Stiftung, die vom Coop-Fonds für Nachhaltigkeit unterstützt wird. sum
94 % des Sojas sind genverändert 2012 stammten 88 % des in den USA angebauten Maises und 94 % des Sojas aus gentechnisch veränderter (GV) Herstellung, teilt das US-Landwirtschaftsministerium mit. In 60 bis 70 % der industriell hergestellten Lebensmittel seien Zutaten zu finden, für die GV-Saat verwendet wurde. Auch GV-Raps, -Zuckerrüben und -Baumwolle werden angebaut. gro
Reise nach China wegen Käfer Der Bund schickt laut Radio SRF eine Delegation nach China, um abzuklären, wie der Import des Laubholzbockkäfers verhindert werden kann. Der Baumschädling kostete die Schweiz laut Schätzungen des Bundesamts für Umwelt (Bafu) bis heute rund 2 Mio. Franken. Josef Hess vom Bafu soll in China verlangen, dass die Auflagen für Verpackungsholz (Hitze- oder Methylbromidbehandlung) eingehalten werden, und es sollen Erkenntnisse zu natürlichen Feinden des Käfers gewonnen werden. gro
Abgang zur Alp richtig melden Beim Verschieben der Tiere in die Sömmerung wird laut einer Nachricht auf agate.ch immer wieder Abgang und Pendelstart verwechselt. Werden die Tiere mehr als einen Tag auf einen Sömmerungsbetrieb verstellt und verbleiben dort, meldet der Talbetrieb einen Abgang und der Sömmerungsbetrieb einen Zugang. Pendelbewegungen sind tägliche Weidegänge auf angrenzende Flächen, welche als Sömmerungsflächen ausgeschieden sind. Der Betrieb, von dem aus die Tiere auf die Weide getrieben werden, steht auf landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN). Mit Beginn des Beweidens der Sömmerungsflächen meldet der Tierhalter des Talbetriebs, auf welchen die Tiere täglich zurückkehren, einen Pendelstart für alle am Weidegang beteiligten Tiere. Sobald die tägliche Beweidung der Sömmerungsfläche eingestellt wird, macht er eine Pendelstoppmeldung. sum
Auch 2013 führte die Genossenschaft Prosus wieder ihre Input-Tage durch, diesmal unter dem Tagungsmotto «Erfolgreiche Wege im Preiskampf». «Topaktuelle Themen» kündigte Prosus-Geschäftsführer Josef Schurtenberger denn auch gleich bei der Begrüssung an. Zu Recht, denn mit einem Zukunftsforscher, einem Schwingerkönig oder der Leiterin des Schweinegesundheitsdienstes (SGD) wurde für alle Interessen etwas geboten.
Stolperstein Soja Den Anfang machte jedoch Philipp Allemann, Leiter Beschaffung bei der Bell AG, mit einem Marktüberblick: «Der Pro-Kopf-Konsum von Fleisch ist im letzten Jahr leicht gesunken, davon ist auch das Schweinefleisch betroffen.» Die Sojaproblematik entwickelt sich laut Allemann zunehmend zu einem Stolperstein auch für die Schweizer Landwirtschaft. Zu einer weiteren Herausforderung für die Schweizer Bauern werde die Forderung der Bevölkerung nach einer klimafreundlichen Fleischproduktion.
Zwei der Referenten, die Josef Schurtenberger (r.) an den Input-Tagen begrüssen durfte, waren Schwingerkönig Thomas Sutter (l.) und Zukunftsforscher Hannes Rohner. (Bild: sum) Doch welches sind mit diesen Zukunftsaussichten die erfolgreichen Wege im Preiskampf?
Herkunft offenlegen Laut Zukunftsforscher Hannes Rohner wollen die Konsumenten von morgen ihre Verantwortung wahrnehmen und sich engagieren. Sie wollen gesünder und genussvoller leben, und sie legen mehr Wert auf die Lebensqualität. «Und – das ist wichtig für euch Schweinezüchter – sie fordern Transparenz», so Rohner. «Man kann nicht mehr nur ein Stück Fleisch ins Ladenregal legen. Wer verkaufen will, muss Herkunft und
Produktionsweise offenlegen. Warum setzen die Metzger nicht stärker auf lokale Spezialitäten statt auf uniforme Massenprodukte?»
Schwinger und Metzger Einer, der Rohner vielleicht eine Antwort auf seine Frage geben könnte, ist Thomas Sutter. Der Schwingerkönig von 1995, Unspunnen-Sieger 1993 und vielfache Kranzschwinger hat Metzger gelernt und ist heute im Fleischverkauf tätig. Dazu kommentiert er im Fernsehen Schwingwettkämpfe. Doch Sutter sprach nicht vom Fleisch, sondern von den Parallelen
zwischen dem Schwingsport und dem Job. In beiden brauche man: • Disziplin, sich trotz widriger Umstände einem Projekt zu widmen und dieses bis zum Schluss durchzuziehen. • Ehrgeiz, ein Ziel erreichen oder die schönsten Preise gewinnen zu wollen. • Respekt vor den Konkurrenten sowie vor den Geschäftspartnern. • Teamgeist, weil weder der Sportler noch der Schweinemäster im Endeffekt ein Einzelkämpfer sein kann. • Eigenverantwortung, weil weder der Trainer noch der Vorge-
Die Eigenverantwortung war auch ein wichtiger Teil im Referat von Judith Peter, Leiterin SGD. Die Schweiz sei keine Insel, warnte sie, «ein Schinkensandwich mit Maul- und Klauenseuche-Viren reicht, um einen Ausbruch auszulösen». Gefordert ist laut Egli die Politik. Sie muss Regeln für Lebendtierimporte und Spermaimporte festlegen, und sie sollte verhindern, dass ausländisches Schlachtvieh durch die Schweiz transportiert wird. Doch – und hier der Verweis zur Eigenverantwortung – auch die Schweinehalter können dazu beitragen, dass ihre Bestände frei von Seuchen und Krankheiten bleiben. Ein optimales Gesundheitsmanagement sei diesbezüglich das A und O. Es umfasse eine tiergerechte Haltung und eine ausgewogene Fütterung, aber auch die Tierbetreuung mit Beobachtungen und Aufzeichnungen.
Achtung Resistenzen Das bestätigte auch Tierarzt Stefan Wesselmann aus Wallhausen (D): «Grundsätzlich gilt es, das Entstehen von Krankheiten zu vermeiden.» Wesselmann warnte vor den zunehmenden Antibiotikaresistenzen und empfahl als Alternativen zum Medikamenteneinsatz betriebsspezifische Impfungen, die Zusammenarbeit mit dem SGS und den Einstz homöopatischer Arzneimittel.
V E T ER I NÄR M ED IZI N : Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte feiern Jubiläum
«Bald werden drei Viertel der Tierärzte Frauen sein» Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) wurde vor 200 Jahren gegründet. Julika Fitzi ist die erste GST-Präsidentin. Das ist durchaus typisch für den Beruf, in dem immer mehr Frauen tätig sind.
verkaufen. Sie bleiben als «Schirmherr» über der Organisation, holen jüngere Tierärztinnen und Tierärzte her und eröffnen ein Zentrum. In solchen Zentren hat man oft nicht nur Grossvieh-, sondern auch Kleinviehspezialisten und im Idealfall auch noch einen Operationssaal, wo man beispielsweise eine Zitzenoperation durchführen kann.
INTERVIEW: SAMUEL KRÄHENBÜHL
«Schweizer Bauer»: Sie sind die erste Präsidentin der GST. Ist das der letzte Schritt zur «Feminisierung» der Tierärzteschaft? Julika Fitzi: Wir können sagen, dass die GST die Feminisierung auch vollzogen hat (sie lacht).
Julia Fitzi sieht keinen Tierärztemangel, fordert aber neue Arbeitsmodelle. (Bild: sam) Wie viele der aktiven Tierärzte sind Tierärztinnen? Von den Tierärzten, welche in der kurativen Praxis tätigt sind, sind wohl 50 Prozent Frauen. Wie sieht es bei den Studierenden aus? 80 bis 90 Prozent der Absolventen sind Frauen. In ein paar Jahren werden drei Viertel der tierärztlichen Tätigkeiten in weiblicher Hand sein. Inwiefern wirkt sich der steigende Frauenanteil auf die Grossviehmedizin aus: Können sich genügend Frauen für die Nutztiere begeistern? Auf jeden Fall. Wir haben die drei Schwerpunktrichtungen Kleintiere, Pferde und Nutztiere im Studium. Die Zahlen sind immer konstant. Wenn wir davon ausgehen, dass wir haupt-
sächlich Frauen im Studium haben und diese drei Bereiche gleich stark sind, dann ist der Nachwuchs gesichert. Dann ist auch kein Tierarztmangel beim Grossvieh in Sicht? Das Problem wird eher sein, dass sich die Arbeitszeitmodelle nicht so schnell angepasst haben, wie wir das wünschen. Frauen müssen Beruf und Familie in Einklang bringen. Heute gibt es auch einen gewissen Anspruch an die «Work-Life-Balance». Und hier sind die Frauen sicherlich genauso anspruchsvoll wie die Männer. Hat das zur Folge, dass es mehr Gemeinschaftspraxen gibt? Genau. Das wird wohl für die Zukunft die Lösung sein. Und
es wird auch angestrebt. Oft fühlt sich der Tierarzt etwas alleine. Und das fangen Gemeinschaftspraxen ab, gerade zum Wissensaustausch unter Arbeitskollegen. Heute gibt es noch Tierärzte in abgelegenen Gebieten. Ist die flächendeckende Dienstleistung denn auch mit Gemeinschaftspraxen noch gewährleistet? Ich denke, dass es machbar ist. Es gibt auch schon Beispiele dafür. Da ist zum Beispiel die Gemeinschaftspraxis am Rand einer grösseren Ortschaft. Die Tierärzte gehen dann am Morgen in die entlegeneren Täler und Gebiete. Oder sie wohnen selber privat weiter auf dem Land, arbeiten von dort und übermitteln ihre Abrechnun-
gen, Krankengeschichten, Kundenkartei und so weiter elektronisch. Ich denke also, dass es kein Problem ist. Die Studierenden sind heute auch besser auf die neue Arbeitswelt vorbereitet. Im Studienplan sind Betriebswirtschaft und Personalmanagement integriert. Warum hat man immer wieder Stimmen gehört, welche von einem Tierärztemangel gewarnt haben? Es ist sicher eine grosse Herausforderung. Der Bedarf ist morgen da, aber die Lösung ist übermorgen noch nicht fertig. Aber es gibt mittlerweile gut laufende Modelle, und an denen wird man sich orientieren müssen. Es gibt auch sehr innovative Tierärzte. So gibt es ältere Tierärzte, welche ihre Praxis nicht
Es gibt immer weniger Bauern. Merken die Tierärzte den Strukturwandel? Teilweise. Immer mehr kleinere Bauern hören auf. Dafür gibt es immer mehr grosse Betriebe. Und die grossen, hoch technisierten Betriebe können nur mit der teils täglichen Betreuung durch Tierärzte bestehen. Wenn dort Krankheiten oder Probleme nicht rechtzeitig erkannt werden, ist der Schaden enorm gross. Noch immer arbeitet etwa die Hälfte der praktizierenden Tierärzte im Bereich Grossvieh.
200-JAHR-JUBILÄUM Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte (GST) wurde 1813 gegründet und feiert demnach heuer ihren 200. Geburtstag. Sie vertritt als Standesorganisation und Dachverband die beruflichen Interessen von über 2800 Mitgliedern. Die selbstständigen oder angestellten Tierärztinnen und Tierärzte sind in den verschiedensten Bereichen der Tiergesundheit tätig. sam