Eiszeitalter
und
Gegenwart
1-3 2 Abb.
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Hannover
2003
Zum Gedenken an Franz Firbas ( 1 9 0 2 - 1 9 6 4 ) anlässlich seines 1 0 0 . Geburtstages HANS-JÜRGEN
BEUG*)
BEUG, H . - J . ( 2 0 0 3 ) : Zum Gedenken an Franz Firbas
(1902-1964) anlässlich seines 100. Geburtstages. - Eis zeitalter und Gegenwart, 52: 1-3; Hannover.
Franz Firbas wurde am 4.6.1902 in Prag geboren. Nach seiner Schulzeit studierte et an der Deutschen Univetsität in Ptag. Hier wurde er 1924 pro moviert, war anschließend Assistent bei Pascher und Knoll und ging 1928 zu Peter Statk nach Frankfurt/M., wo ersieh 1931 habilitierte. 1933 bis 1939 war er an der Universität Göttingen tätig und wurde 1937 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Er folgte Rufen auf Otdinatiate für Bo tanik in Stuttgart-Hohenheim (1939) und Sttassburg (1941). Nach Kriegsende kehrte er nach Göttingen zurück. Hier war er zunächst als Extra ordinarius (1946) und dann als ordentlicher Profes sor für Botanik (1952) und Leiter des neu ge gründeten Systematisch-Geobotanischen Instituts tätig. Seit 1932 war Franz Firbas mit Ilse Cario ver heiratet. Sein wissenschaftliches Werk ist ausgesprochen viel seitig. Et verfolgte in seiner Dissertation soziologi sche und ökologische Probleme an Felspflanzen in Nordböhmen. Seine Habilitationsschtift galt den Zusammenhängen zwischen xeromorph gebauten Hochmoorpflanzen und ihrem Nährstoffhaushalt. Pflanzensoziologische und expetimentell ökologi sche Fragen hat et immet wiedet vetfolgt, vielfach zusammen mit seinen Schülern. Sein Lebenswerk galt aber der Vegetations geschichte. Im Jahte 1916 hatte det schwedische Geologe Emst Jacob Lennatt von Post (1884-1951) die quantitative Pollenanalyse eingeführt. Votkommen fossilet Pollenkötner in Torfen waren zwar schon lange bekannt gewesen, abet es war Lennart von Post, det erstmals zeigte, dass die Anteile det
*) Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. HANS-JÜRGEN B E U G ,
Walther-Nernst-Weg 9, D-37075 Göttingen
Baumarten in einem Pollenspektfum ein Schlüssel für die Rekonstruktion der Pflanzendecke früherer Zeiten sein konnten. Lennatt von Post gilt deswegen als det Vatet det Pollenanalyse und det Vegetations geschichte. Angetegt dutch diese neue und geniale Möglichkeit des Studiums früherer Vegetationsvethältnisse schrieb Franz Firbas in Prag bereits 1923 seine Staatsexamensatbeit über das Thema „Pollen analytische Untersuchungen einiget Moore der Ostalpen", eine der ersten Untetsuchungen dieset Art in Mitteleuropa. In den folgenden Jahren veröffentlichte et zahlteiche Atbeiten über verschiedene mitteleuropäische Landschaften und Frankreich. Er untetsuchte holozäne ebenso wie intetglaziale Bildungen. Bis 1934 lieferten die pollenanalytischen Untersuchungen aller Autoren alletdings nur waldgeschichtliche
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H A N S - J Ü R G E N BEUG
GEOLOGISKA
INSTITUTIONEN
K U N G S T B N S G A T A N 45, STOCKHOLM 6
PROFESSOR
VON P O S T
Lieber Kollege Firbas, Z e i c h n e n S i e tarn,
b i t t e , e i n K r e u z a n d i e Wand,
weil ich einen B r i e f schreibe.
I c h t h u e e s , um S i e am
a l l e r h e r z l i c h s t e n zu g l ü c k w ü n s c h e n z u r V o l 1 e n d i g u n g I h r e r prächtigen EääSgraphie ü b e r d i e Waldgeschichte Mitteleuropas
und S i e zu d a n k e n f ü r I h r e L i e b e n s
w ü r d i g k e i t m i r d a s Bach zu ü b e r s e n d e n . Bs w i r d mir eine grose Hilfe l e i s t e n in meiner heutigen
Arbeit.
S e i t joehrersn Jahren habe i c h f r e i l i c h d i e w a l d gescMchtliehen
P r o b l e m e v e r l a s s e n , um m e i n e U n t e r s u c h
ungen S b e f die jTiveauschwankungen a b z u s c h l i e s s e h können* n a m e n t l i c h m e i n e S t u d i e n ü b e r d i e
zu"
Epeirogen-
n e s e d e s spät-quartäBan V i s k a n - F i o r d s , H i e r b e i kommt a b e r auch P o l l e n s t a t i s t i k a a r Verwendung, n ä m l i c h f ü r Datierungen usw. I c h k a n n m i c h n i c h t e r i n n e r e n , ob i c h
Ihnen
meinen l e t z t e n S c h r i f t e n ü b e r s a n d t h a b e . A l l e r d i n g s t h u e i c h e s j e t z t . Meinen V e g a - V o r t r a g b e t r a c h t e i c h a l s wn
" p o l l e n - a n a l y t i s e h e s Testament!*. Hit k o l l e g i a l e n Grüssen Ihr ergebener
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Zum Gedenken an Franz Firbas ( 1 9 0 2 - 1 9 6 4 ) anlässlich seines 100. Geburtstages
Ergebnisse. M a n konnte pollenanalytisch noch nicht zwischen bewaldeten und waldlosen Vethältnissen unterscheiden, und für die pollenmorpholo gische Diagnostik waren die Pollenformen krautiger und staudiger Pflanzen noch eine unbekannte Größe. Durch seine 1934 erschienene Arbeit „Uber die Bestimmung der Walddichte und det Vegeta tion waldloser Gebiete mit Hilfe der Pollenanalyse" legte er - wohl angeregt durch seine Untersuchungen übet das Spätglazial - einen wichtigen Grund stein für die moderne vegetationsgeschichtliche Forschung. Im Jaht 1937 folgte dann seine Arbeit „Det pollenanalytische Nachweis des Getreide baus". Damit waren die wesentlichen methodischen Votaussetzungen geschaffen, die Pollenanalyse bzw. die vegetationsgeschichtliche Forschung für alle an geowissenschaftlichen und insbesondere an sied lungsgeschichtlichen, standottskundlichen, pflanzen soziologischen, biosttatigtaphischen und paläoklimatischen Daten hoher Auflösung interessierten Fächer zu einem leistungsfähigen Instmment zu machen. Mindestens seit Atifang det 40et Jahte arbeitete Franz Fitbas an einer Zusammenfassung der vegeta tionsgeschichtlichen Ergebnisse, die et in den ver schiedenen Teilen Mitteleuropas zu einem guten Teil selbet etaibeitet hatte. Im Jahte 1949 erschien dann det eiste und 1952 der zweite Band det „Waldgeschichte Mitteleuropas nördlich det Alpen". Es würde zu weit gehen, auf die Begeis terung und die Hochachtung einzugehen, mit det dieses Wetk vor allem bei Botanikern, Archäologen, Geologen, Geographen und Forstwissenschaftlern aufgenommen wurde. Wichtige akademische Ehrungen wurden Franz Firbas in den folgenden Jahren zuteil. Außet verschiedenen Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesell schaften und Akademien sind insbesondere zu nennen: die Verleihung der großen silbernen Carlvon-Linne-Medaille der Königlich-Schwedischen Akademie in Stockholm (1952), das Ehrendoktotat der Staatswirtschaftlichen Fakultät der Universität München (1953) und die Verleihung der AlbrechtPenck-Medaille der Deutschen Quartärvereinung (1958). Eine Anerkennung ist allerdings nicht allgemein bekannt gewoiden, obwohl Franz Firbas auf sie ganz besonders stolz wat. Es ist ein Schreiben aus dem Jahr 1949 von Lennart von Post, mit dem
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dieser auf die Zusendung des ersten Bandes der „Waldgeschichte Mitteleuropas" teagiette. Es heißt, dass Lennatt von Post so gut wie niemals Briefe schrieb oder Briefe beantwottete. So jedenfalls hat Franz Fitbas es mir einmal erzählt. Es musste dem nach etst ein Eteignis wirklich überragender Bedeu tung eintteten, um Lennatt von Post zum Schreiben zu bewegen, und das macht es sichetlich wün schenswert, dieses Schreiben der interessierten Fachwelt zugänglich zu machen. Franz Firbas verstarb am 19. Febtuat 1964 nach langer Krankheit, die ihm in seinen letzten Lebens jahren zunehmend schwer zu schaffen gemacht hatte. Viele seiner Schüler und besonders seine Schüler aus der Nachkriegszeit haben, oft an her ausragender Stelle wirkend, in Forschung und Lehre diejenigen Gebiete in moderner Weise ausge baut, auf denen ihr Lehrer wirkte und haben neue Wege gefunden, füt die et die Gtundlagen gelegt hatte: Vegetationsgeschichte, experimentelle Öko logie und Pflanzensoziologie. Die Vegetations geschichte erhielt an det Univetsität Göttingen einen festen Platz durch die Ettichtung einer Ptofessut und einet Abteilung füt Palynologie (1969). Die Abteilung wutde 1985 in ein Institut füt Paly nologie und Quattärwissenschaften umgewandelt. Die Stadt Göttingen ehtte Ftanz Fitbas im Jahre 1988 auf Antiag der Univetsität Göttingen mit einet Gedenktafel, die an dem ehemaligen Fitbas'schen Wohnhaus in det Wilhelm-Webet-Sttaße 2 angebracht wutde.