Band 17
Eiszeitalter und Gegenwart
Der
Seite 153-158
Öhringen/Württ.,15.
Dezember
1966
Ablauf d e s Eiszeitalters Von PAUL W O L D S T E D T , Bonn
Mit 1 Tafel und 1 Abbildung im Text Z u s a m m e n f a s s u n g . Es wird eine schematische Kurve für das ganze Eiszeitalter, zu nächst für Mitteleuropa, gezeichnet. Sie gilt aber audi für die ganze übrige Welt. Sie ist keine maßstabsgerechte Temperaturkurve; dafür reichen die Daten noch nicht aus. Die Einteilung ge schieht so, daß drei Abschnitte unterschieden werden (Alt-, Mittel- und Jungquartär), die jedesmal aus zwei Zyklen (Kalt- und Warmzeit) bestehen. Das Altquartär umfaßt dabei wahrscheinlich noch einen weiteren Zyklus, der ebenfalls aus einer Kalt- und einer Warmzeit von geringerem Ausmaß besteht. Der Umfang der Kaltzeiten scheint im Laufe der Entwicklung zuzunehmen und sein Maximum in der Mindel- oder Riß-Eiszeit zu erreichen. Die Zahlen, die nach der K/Ar-Methode für die menschliche Entwicklung angegeben werden, sind in ihrer jetzigen Größenordnung schwer in der Kurve unterzubringen. A b s t r a c t . A tentative curve for the whole Ice age or Quaternary is given, especially for Europe. The Quaternary consists of 6—7 cycles beginning each time with a cold phase and ending with a warm one. Three subdivisions can be distinguished: The Lower Quaternary comprehends the Praetiglian cold phase, the Tiglian warm phase, the Eburonian cold phase and the Waalian warm phase. Probably there is still another cycle before them of a pluvial-interpluvial character. The Medial Quaternary embraces the Günz Glaciation, the Cromerian Interglacial, the Mindel Glaciation, which probably is twofold, and the Holstein-Interglacial. The Upper Quaternary comprehends the Riss Glaciation, which also is twofold, the Eem-Interglacial, the Würm Glacia tion and the Postglacial or Holocene. The latter cannot have the status of a formation, but only of a subdivision of the Würm cycle. It seems that the cold phases increase in intensity in the course of the Ice age and reach their maximum in the Mindel or Riss glaciations. The figures given by the K/Ar method for the human evolution can hardly be inserted in this curve. Die beigegebene Tafel 1 zeigt den A b l a u f des Eiszeitalters, u n d z w a r in schematischer Form zunächst für Mitteleuropa. Wir werden später sehen, d a ß dieses Schema auch für die ganze übrige Welt gilt. Die W ü r m ( = Weichsel)-Eiszeit kennen wir a m besten. Wir wissen, d a ß sie durch mindestens drei Interstadiale untergliedert w a r und daß sie vielleicht 6 0 0 0 0 J a h r e ge dauert h a t . Ihr Aufbau ist asymmetrisch, insofern als dieser vielleicht 5 0 0 0 0 J a h r e bis zu seinem Maximum gebraucht hat und nur wenig mehr als 1 0 0 0 0 J a h r e für den Abbau. Die vorhergehende Eem-Interglazialzeit m a g etwa 3 0 0 0 0 J a h r e gedauert haben. Für den Aufbau der früheren Eiszeiten ist ein ähnliches Schema angenommen worden: langsamer, durch Interstadiale unterbrochener Aufbau, verhältnismäßig rascher Abbau. Dabei ergibt sich für die S a a l e ( = Riß)-Eiszeit eine D o p p e l u n g dieses Schemas. Einem zweimaligen langsameren A u f b a u folgt ein zweimaliger schneller Abbau. Dazwischen liegt das Großinterstadial v o n Quakenbrück ( K O P P 8C W O L D S T E D T 1 9 6 5 ) . D a s HolsteinInterstadial ist nach neueren Untersuchungen, hauptsächlich v o n tschechischen Forschern (vgl. bes. M A C O U N , S I B R A V A , T Y R Ä C E K & K N E B L O V Ä - V O D I C K O V Ä 1 9 6 5 ) , zweigeteilt durch
eine kalte Phase. D i e bisher bekannten P o l l e n d i a g r a m m e der Holstein-Interglazialzeit sollen im ersten Abschnitt liegen. Die v o r der Holstein-Interglazialzeit liegende Elster ( = Mindel)-Eiszeit scheint eben falls zweigeteilt zu sein ( v g l . u. a. K U R T E N 1 9 6 0 ) . In dem Großinterstadial zwischen den beiden Teilen liegt die Travertinbildung v o n Vertesszöllös in U n g a r n ( K R E T Z O I & V E R T E S 1 9 6 5 ) . Aber auch z . B . die Winter-Hill-Terrasse bei L o n d o n ( W O O L D R I D G E 1 9 3 8 ) wird m a n in diesen Zeitraum zu verlegen haben, ebenso wie die Hochterrasse der Somme ( B R E U I L & KOSLOWSKI 1 9 3 1 ) . D a s Groß-Interstadial wird hier im Westen recht warm
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gewesen sein. D a s Interglazial von C r o m e r , das vor der Elster-Eiszeit liegt, ist ebenfalls durch eine kalte Phase zweigeteilt. Wohin die bisherigen Pollendiagramme (Cromer, Westerhoven, Bilshausen usw.) gehören, ist noch unsicher. Die d a v o r liegende G ü n z ( = M e n a p i u m ) - K a l t z e i t ist als einheitlich angenommen worden, obwohl wir dies, streng genommen, nicht wissen. Die Waal-Interglazialzeit, die die Günz-Eiszeit von der vorhergehenden D o n a u ( = Eburonium)-Eiszeit trennt, ist durch pollenanalytische Untersuchungen von H . Z A G W I J N ( 1 9 6 0 ) insoweit bekannt, als sie ebenfalls durch eine kalte Phase unterteilt ist. E s folgt die D o n a u - K a l t z e i t und d a v o r die Tiglium ( = Tegelen)-Interglazialzeit. Auch hier können wir einen A n h a l t für die Gliederung aus den ZAGwTJN'schen Pollendiagrammen gewinnen. Schließlich trennt diese Interglazialzeit die Praetiglium ( = B i b e r ) - K a l t z e i t v o n der Reuverstufe, die bereits ins O b e r p l i o z ä n gestellt wird. Hiermit ist in H o l l a n d die q u a r t ä r e Schichtenfolge abgeschlossen. A b e r es ist w a h r scheinlich, daß an der Basis des T i g l i u m s oder des Prätigliums eine D i s k o r d a n z vorhan den ist und daß d a v o r noch eine Reihe von Faunen-Vorkommen liegen, die wahrschein lich ebenfalls ins Q u a r t ä r gehören. Sie werden als „Villafranchium-Faunen" bezeichnet ( V I R E T 1 9 5 4 , K U R T E N 1 9 6 3 ) und sind im allgemeinen durch das Z u s a m m e n v o r k o m m e n v o n Elepbas meridionalis (unter Einschluß von E. planifrons) und Mastodon (Anancus) arvernensis (gelegentlich M.borsoni) gekennzeichnet. Z u m Teil scheinen sie noch in den bisher betrachteten R a u m des T i g l i u m s und Prätigliums zu gehören. S o tritt die F a u n a v o n Leffe im unteren Teil des Tigliums auf. Es ist wahrscheinlich, daß die F a u n a v o n Saint-Vallier in den als Prätiglium ( — Biber) bezeichneten Abschnitt gehört. In diesem wurde ein L ö ß gebildet, der später verhärtet w u r d e („Loess d u r c i " ; v g l . V I R E T 1 9 5 4 ) . E r läßt zwei bis drei durch w ä r m e r e Abschnitte getrennte Phasen erkennen ( B O U R D I E R 1 9 6 1 ; B R U N N A C K E R 1 9 6 6 ) . E s ist bisher nicht sicher, ob die F a u n a einheitlich ist oder aus verschiedenen Abschnitten stammt. Jedenfalls aber scheint sie ins Prätiglium zu gehören. D a v o r aber sind noch einige Faunen vorhan den, wie Pardines, R o c c a n e y r a , Etouaires und andere, die ebenfalls v o n K U R T E N ( 1 9 6 3 ) noch ins Quartär gestellt werden ( v g l . auch B O U T 1 9 6 0 ) . D i e beiden zuerstgenannten Faunen sollen „Interpluvialfaunen" sein, Etouaires dagegen eine „ P l u v i a l f a u n a " . D a v o r kämen wir endgültig ins Pliozän. Die K u r v e ist, d a s sei ausdrücklich hervorgehoben, keine T e m p e r a t u r k u r v e . Eine solche ist sie höchstens für die Interglazialzeiten. In den Glazialzeiten soll auch die A u s dehnung der Inlandeise angedeutet werden, die sich durch Summierung der kalten Phasen bei den einzelnen G l a z i a l e n ergibt. E s ist nicht ohne weiteres sicher, daß der größten Ausdehnung eines Inlandeises allgemein auch die größte K ä l t e entspricht. Unsere Darstellung ist auch nicht maßstabsgerecht. Sie m a g etwa bis zum C r o m e r einigermaßen zutreffen. Vorher ist sie völlig willkürlich. Wahrscheinlich sind die Zeit räume, je älter sie werden, umso mehr verkürzt dargestellt. D a s gilt besonders für den ältesten Abschnitt, v o m Prätiglium ab rückwärts. Es fragt sich nun: wie soll m a n den ganzen in dieser K u r v e dargestellten K o m p l e x gliedern? Eine Einteilung wie bisher in Ältestpleistozen (bis zum Beginn des G ü n z ) , A l t pleistozän (Günz, G r o m e r und M i n d e l ) , Mittelpleistozän (Holstein und Riß) und J u n g Pleistozän (Eem und Würm) ist unlogisch und entspricht nicht dem heutigen Stand der Kenntnisse. Es sind die Begriffe „ A l t " , „ M i t t e l " und „ J u n g " neu zu definieren. Die ganze K u r v e fängt mit einer K a l t z e i t ( b z w . „ P l u v i a l z e i t " ) an, der jedesmal eine Warmzeit folgt. Sie besteht also aus einer Reihe v o n Zyklen, die aus K a l t z e i t und Warmzeit b e stehen. Es ist logisch, auch die Unterabschnitte mit einer K a l t z e i t zu beginnen und mit einer Warmzeit enden zu lassen. Zu derselben Einteilung k o m m t m a n aus anderen Überlegungen. Wenn man, wie in N o r d a m e r i k a , mehrere Grundmoränen mit ihren charakteristischen Verwitterungsdecken
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( „ G u m b o t i l s " ) übereinander hat, dann w i r d m a n die H a u p t g r e n z e n an die O b e r kante der Verwitterungsdecken legen, nicht an die Unterkante. Denn dies ist erst eine Grenze 2. O r d n u n g , a, b und c ( A b b . 1) seien die Grundmoränen des K a n s a n s , Illinoians und Wisconsins mit ihren charakteristischen Verwitterungsdecken a i ( Y a r m o u t h ) , bi ( S a n g a mon) u n d ci (Postglazialzeit), wie sie gelegentlich in Bohrungen übereinander angetrof fen werden. E s ist klar, daß man die geologischen Grenzen 1. Ordnung oberhalb v o n ai und b j legen wird. Die Unterkanten von a i , b i und ci sind erst Grenzen 2. O r d n u n g . In Mitteleuropa hat man vielfach die Grenzen an die Unterkante der Interglaziale gelegt — ich selber habe dies auch getan — und Interglazialzeit und nächstes G l a z i a l als einen zusammengehörigen Zyklus betrachtet. A b e r zweifellos ist es richtiger, den Z y k l u s mit einem G l a z i a l zu beginnen und mit einem I n t e r g l a z i a l enden zu lassen.
c
Abb. 1. Schematisches Profil durch die drei Grundmoränen des Kansans (a), des Illinoians (b) und des Wisconsins (c) mit ihren Verwitterungsrinden (a^, b^ und cj). 1
Wir lassen also das J u n g q u a r t ä r ) mit dem Beginn der S a a l e ( = Riß)-Eiszeit an fangen. E s gehören dazu die Drenthe- u n d Warthe-Vereisung, die Eem-Interglazialzeit, die Würm-Eiszeit und die Postglazialzeit. Letztere kann nicht den R a n g einer besonde ren F o r m a t i o n beanspruchen — ein S t a n d p u n k t , den ich noch 1962 vertreten habe, den ich aber jetzt aufgeben muß — , sondern h a t als zur Würm-Eiszeit gehörige Warmzeit höchstens den R a n g einer Unterstufe. D a s Mittelquartär beginnt mit der G ü n z - E i s z e i t und enthält Günz-Eiszeit, CromerInterglazialzeit, die beiden Mindel-Eiszeiten samt dem dazwischen liegenden Interstadial und die Holstein-Interglazialzeit. D a s A l t q u a r t ä r enthält zunächst auch zwei Eiszeiten und zwei Interglazialzeiten, das Prätiglium (Biber), das Tiglium, die D o n a u - E i s z e i t und die Waal-Interglazialzeit. D a v o r liegt mindestens eine Schwankung, die aus einer Pluvialund einer Interpluvialzeit besteht und aus der wir die obengenannten Faunen haben. Es enthält dabei das A l t q u a r t ä r in der H a u p t s a c h e den Elephas (Archidiskodon) merldionalis unter Einschluß des E. planifrons, v o n dem nicht feststeht, wieweit er in Mittel europa vertreten ist. I m ältesten Altquartär treten außerdem noch Zygolophodon borsoni, Tapirus u n d Hipparion als tertiäre N a c h z ü g l e r auf. Anancus arvernensis ist sogar im größten Teil des A l t q u a r t ä r s noch vertreten. D a s Mittelquartär wird durch Elephas antiquus charakterisiert. E s tritt zwar im C r o m e r - I n t e r g l a z i a l auch noch Archidiskodon 1) Es sei dabei ausdrücklich hervorgehoben, daß „Pleistozän" als Synonym für „Quartär" anzusehen ist.
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meridionalis auf. Aber er ist als N a c h z ü g l e r des A l t q u a r t ä r s zu betrachten. M i t der R i ß Eiszeit tritt dann zuerst Elephas primigenius auf und geht bis ans E n d e der Würm-Eiszeit. Z w a r tritt auch wieder in der Eem-Interglazialzeit noch E. antiquus auf; aber auch er ist als ein Nachzügler aus der Holstein-Interglazialzeit zu betrachten. — Das Alter der menschlichen K u l t u r e n ist etwa v o m Beginn der Mindel-Eiszeit an be kannt. Hier finden wir die ersten rohen Faustkeile ( „ C h e l l e e n " , „ A b b e v i l l i e n " ) . D i e Win ter-Hill-Terrasse bei L o n d o n mit ihren etwas besseren Faustkeilen und die Hochterrasse der Somme w i r d man, ebenso wie das Vorkommen v o n Vertesszöllös, wie schon gesagt w u r d e , etwa in das große Interstadial Mindel I/Mindel I I zu legen haben. V o n der H o l stein-Interglazialzeit ab werden die Faustkeile als „Acheuleen" bezeichnet. Richtiger ist es, die ganze Folge als „Acheuleen" z u bezeichnen, wie es z . B . B I B E R S O N (1962) tut. In der 2. Hälfte der Eem-Interglazialzeit tritt dann das Mousterium auf, das seinerseits etwa in der Mitte der Würm-Eiszeit v o m Jüngeren Paläolithikum mit dem Homo sapiens }ossilis abgelöst wird. Auch die Stellung der fossilen Menschenreste ist in diesem Abschnitt einigermaßen be k a n n t . Swanscombe gehört in das E n d e der Holstein-Interglazialzeit, Steinheim in deren Mitte. Wohin der Sinanthropus gehört, ist noch etwas unsicher. Während K A H L K E (1963) ihn in den Beginn der Holstein-Interglazialzeit stellt, halten K R E T Z O I & V E R T E S (1965) ihn für älter. Vielleicht ist er auch in d a s Interstadial Mindel I/Mindel I I zu stellen. Pithe canthropus erectus gehört in den Beginn der Mindel-Eiszeit, eventuell auch Mauer mit dem „Homo heidelhergensis". U n g e f ä h r an dieser Stelle wurde auch der Atlanthropus v o n A R A M B O U R G ( 1 9 5 5 , 1956) gefunden mit seinen den Faustkeilen schon nahekommen den Sphäroiden. Eine K / A r - B e s t i m m u n g ergab für den Pithecanthropus ein Alter von 550 000 J a h r e n ( V O N K O E N I G S W A L D 1962). E r gehört, ebenso wie der Beginn der Faustkeilkulturen, an den Beginn der Mindel-Eiszeit. Wenn wir den Beginn des Faustkeils auf 5 0 0 0 0 0 bis 600 000 J a h r e festsetzen, dürfte das ungefähr richtig sein. D a v o r liegen dann nach B I B E R S O N (1962) die Geröllkulturen, zunächst der Abschnitt der „Taille bidirectionelle", d. h. der Abschnitt, in dem die Gerolle von zwei Seiten her bearbeitet wurden. B I B E R S O N nimmt für diese Zeit das C r o m e r - I n t e r g l a z i a l und das G ü n z g l a z i a l in Anspruch. Für den Zeitraum der „ T a i l l e unidirectionelle", der vorhergegangen sein soll, nimmt B I B E R S O N die Waal- und E b u r o n - Z e i t an, so daß also die ältesten Geröllkulturen etwa vom E n d e des Tigliums stammen würden. E s ist aber natürlich möglich, daß wir hier mit viel länge ren Zeiträumen zu rechnen haben. Wir kämen also für den Beginn des Mittelquartärs auf etwa 700 000 J a h r e . Waal und E b u r o n sind vielleicht nochmal 100 000 J a h r e lang. Welche Zeit wir für das Tiglium und Prätiglium zu rechnen haben, ist v ö l l i g unsicher — vielleicht 100 000 bis 200 000 J a h r e . Wir kämen dann für den Beginn des Prätigliums auf etwa 800 000 — 900 000 J a h r e . N o c h unsicherer werden die Zahlen für den R a u m des Interpluvials von Pardines und das P l u v i a l von Etouaires. Möglicherweise muß man hier noch mindestens 100 000 J a h r e d a z u rechnen, so daß m a n für den gesamten Zeitraum auf eine Million J a h r e käme. Aber nehmen wir selbst U / 4 Millionen J a h r e an — wo soll man aber Werte v o n l / 4 Millionen J a h r e n unterbringen, wie sie auf G r u n d von K / A r - B e s t i m m u n g e n für den „Homo habilis" angegeben werden? Sie sind in der hier angegebenen K u r v e nicht unterzubringen. D . h. entweder ist unsere K u r v e zu k u r z — oder der Wert v o n 1 A — 2 Millionen für die Menschheitsentwicklung ist zu groß. Am ehesten ist noch anzunehmen, d a ß die bisherigen K / A r - B e s t i m m u n g e n nicht z u verlässig sind. Sie sind offenbar in ihrem Wert sehr ungleich. Manche sind sicher richtig. Eine Reihe von Bestimmungen aber sind mit Sicherheit falsch, so die für die Stillbay- und P r o t o - S t i l l b a y - K u l t u r e n in S ü d a f r i k a . S o sind hier noch weitere Bestimmungen a b zuwarten. 3
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Noch auf einen anderen Punkt aber müssen wir hier k u r z eingehen. Wir können ähnliche Kurven für andere Gebiete zeichnen und zwar sowohl für die Südhalbkugel wie für die Tropen. Sie zeigen grundsätzlich das gleiche Bild. Eine K u r v e für das WanganuiGebiet in Neuseeland ( F L E M I N G 1 9 5 3 , 1 9 5 6 ) zeigt in ihrem letzten Teil (Würm-Eiszeit und Postglazialzeit) eine absolute Übereinstimmung mit der europäischen und keine Phasenverschiebung um ca. 1 0 0 0 0 J a h r e , wie sie nach der MiLANKOViTCH-Kurve vor handen sein müßte (und wie sie scheinbar vorhanden sind, wenn man die K u r v e n der Erdbestrahlung in recht kleinem Maßstabe zeichnet). N u n wird neuerdings angenommen (EMILIANI 8C G E I S S 1 9 5 9 , EMILIANI 1 9 6 6 ) , es seien im wesentlichen die Strahlungsdefizite, die die höheren Breiten der N o r d h a l b k u g e l nach M I L A N K O V I T C H erleiden, die für die ganze E r d e die Eiszeiten hervorrufen sollen. Es wird dabei ein Zyklus von etwa 4 0 0 0 0 J a h r e n angenommen. D a s wäre etwa der Zyklus, in dem die Schiefe der Ekliptik schwanken soll. Ist die Schiefe der Ekliptik klein, dann be kommen z w a r die höheren Breiten weniger Strahlung, die Tropische Zone dafür aber mehr. D i e Eiszeiten müßten sich dann in den Tropen geringer ausgewirkt haben. D a v o n kann aber keine Rede sein, wie die ins einzelne gehenden Untersuchungen v o n VAN DER H A M M E N 8C G O N Z A L E Z ( 1 9 6 0 ,
1 9 6 4 ) und
von
V A N Z I N D E R E N B A R K E R ( 1 9 6 2 ) zeigen. Es
sei dabei ganz abgesehen v o n der Frage, ob überhaupt so geringfügige Strahlungsdefizite, wie sie in 6 5 ° N B r . von Zeit zu Zeit auftreten, geeignet sind, auf der ganzen E r d e gleich zeitig eine Eiszeit hervorrufen. Die K u r v e zeigt ein langsames Ansteigen der Intensität des Ausschlages, d. h. eine Zu nahme der K ä l t e der „Eiszeiten". Erst sind es nur Unterschiede in der Pluvialität, ohne daß es zu ausgeprägten Eiszeiten käme. Solche treten erst im Mittel- und J u n g q u a r t ä r auf. Das M a x i m u m scheint in den Mindel- und Riß-Eiszeiten vorhanden zu sein. D i e Würm eiszeit scheint schon wieder etwas geringer zu sein. E s ist möglich, daß wir im ganzen Eiszeitalter das M a x i m u m überschritten haben, daß aber noch mehrere Eiszeiten mit ab nehmender Intensität folgen werden.
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