Du.Sollst.Nicht.Morden - 9783865065285 - Brendow

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Nicolas Koch (Hrsg.)

Die h채rtesten Kriminalf채lle der Bibel

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-86506-528-5 © 2013 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers Titelgrafik: fotolia Satz: Brendow PrintMedien, Moers Druck und Verarbeitung: CPI – Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany www.brendow-verlag.de

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Inhalt I. Abgesang auf einen König . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Jutta Wilbertz

II. Machtkampf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20 Bodo Mario Woltiri

III. Botafogo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Albrecht Gralle

IV. Der Finger Gottes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42 Fabian Vogt

V. Der König ist tot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Gitta Edelmann

VI. Kai und Axel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Mischa Bach

VII. Tödliche Grundstücksgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . .74 Rainer Buck

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VIII. Lea l端gt nicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85 Regina Schleheck

IX. Ein perfider Plan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Mickey Wiese

X. Rufmord im Paradies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Annekatrin Warnke

XI. Der Rosenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Gabriele Keiser

XII. Feel the heat! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Harry Michael Liedtke

Biblische Vorbilder/Inspirationsgrundlage . . . . . . . . . . . 139 Die AutorInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

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I. Abgesang auf einen König Jutta Wilbertz

„Der spinnt doch! Jetzt müssen wir noch mal alles neu machen!“ Frustriert klappt Tanja die Mappe zu, die ich ihr vorbeigebracht habe. Ich versuche ein Lächeln, was mir nicht gelingt. Sie hat ja recht. „Tut mir leid, ehrlich. Er wollte das so einfach nicht abzeichnen.“ Das sieht man – statt der erhofften Unterschriften unter den beiden Angeboten ist alles mit einem dicken roten Filzstift mehrfach wild durchgestrichen, dazu etliche Anmerkungen wie „unprofessionelle Formulierung“ und „Angebotspreis zu niedrig“, Letzteres mit fünf Ausrufezeichen. „Aber uns rennt die Zeit weg – wenn wir jetzt nichts anbieten, springt der Kunde ab. Daniel hatte alles genau berechnet, und der König war doch einverstanden gestern, es ging nur noch um die formale Ausarbeitung!“ Auch das stimmt. Unser Chef, Paul Königsfeld, hatte abends mit Daniel in seinem Büro gesessen und die Kalkulationen durchgeschaut, er wirkte hochzufrieden und hat mir sogar ein Kompliment gemacht, als ich den Kaffee reinbrachte. Die beiden haben geplaudert und gelacht, es war schön; fast so wie früher, als es noch Spaß gemacht hat, die Assistentin des Chefs zu sein. 7

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Aber diese Momente sind selten geworden. Heute Morgen war ich jedenfalls heilfroh, dass sein Büro, mit mir im Vorzimmer, ziemlich isoliert in der oberen Etage liegt. Hier sind sonst nur noch die Konferenzräume – peinlich, wenn jemand sein Fluchen und Toben gehört hätte. Er sei nur von Idioten umgeben, und Daniel sei der Schlimmste, der torpediere ihn mit voller Absicht. Und dann hörte ich einen lauten Rumms, vielleicht hat er etwas vom Schreibtisch gefegt, das kommt in letzter Zeit auch immer öfter vor. Als seine Tür aufging, schnappte ich mir schnell den Telefonhörer und gab vor, mit einer Flugbuchung beschäftigt zu sein. Er würdigte mich keines Blickes und knallte nur die Mappe auf meinen Tisch. Genau das macht Tanja auch gerade mit der Unterschriftenmappe – sie knallt sie auf ihren Schreibtisch und stößt einen frustrierten Schrei aus. „Was ist denn nur los mit dem? Das macht er in letzter Zeit ständig! Ich verstehe überhaupt nicht, wie man so jemandem die Geschäftsführung überlassen kann. Irgendwann hat er alles kaputtgewirtschaftet.“ „Also, ich glaube, er säuft“, sagt Thomas, der schräg gegenüber von Tanja sitzt und bisher mit resigniertem Gesichtsausdruck zugehört hat. „Die klassische Persönlichkeitsveränderung. Du wirst es nicht glauben, aber früher war der echt ’ne Legende! Und ein toller Chef dazu!“ „Was?“ Tanja starrt ihn verblüfft an. Dann lacht sie kurz auf. „Der war gut! Du klangst ja richtig überzeugend.“ „Nein, wirklich! In der Krise damals hat er den Karren aus dem Dreck geholt!“ Nun mischt sich Hans-Peter ins Gespräch. Er sitzt mit seinem Kaffee auf Tanjas Schreibtischkante, die Per8

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sonalabteilung, in der er arbeitet, ist direkt nebenan. „Ohne ihn wäre unsere Produktion heute in Tschechien. Und wir arbeitslos.“ Ja, es hatte wirklich alles auf Messers Schneide gestanden damals. Tanja ist ja noch relativ neu in der Firma, aber Thomas, Hans-Peter und ich, wir erinnern uns gut. Es war furchtbar, wir alle waren vor Angst wie gelähmt, denn in unserer Kleinstadt sind Jobs nicht gerade reich gesät. Aber Paul Königsfeld hatte gekämpft wie ein Löwe, um den Standort zu halten – und letzten Endes hatte er die Firmenleitung im fernen Amerika überzeugen können. Damals entstand sein Spitzname „der König“, und der war durchaus ernst gemeint: Er hatte uns gerettet. „Er war großartig“, sage ich und setze tadelnd hinzu: „Und ich glaube nicht, dass er trinkt.“ Eigentlich wollte ich mich raushalten, immerhin bin ich seine persönliche Assistentin und im Prinzip eine loyale, vertrauenswürdige und diskrete Person, die Gespräche über ihren Chef tunlichst vermeidet. Aber ich bin auch nur ein Mensch – mit irgendwem muss ich reden. Er war mal jemand, auf den man sich verlassen konnte. Nun aber wechselt seine Stimmung von einer Minute auf die andere. Vielleicht trinkt er ja doch. Das wäre zumindest eine Erklärung für sein unberechenbares Verhalten – aber nein, das wüsste ich. Und deshalb ist das Ganze ja auch so … ja, es ist unheimlich. Eben noch der freundliche, souveräne und gut aussehende Chef, den ich so lange gewohnt war, dann plötzlich ein wild tobender Stier mit blutunterlaufenen Augen, der herumbrüllt und die Tür so heftig zuwirft, dass die Wände zittern. Und wieder fünf Minuten später niedergeschlagen und kleinlaut, sodass er mir leid tut. Dr. Jekyll oder Mr. Hyde, ich weiß nie, wen ich antreffe, wenn ich die Tür zu seinem Büro öffne. Und ich habe immer häufiger Magenschmerzen und schlafe schlecht. 9

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„Der König als strahlender Held, na, ob ich das glauben kann ...“ Tanja ist skeptisch. „Obwohl, wenn ich‘s mir überlege, als ich letztes Jahr hier angefangen habe, war er tatsächlich nicht so chaotisch. Da war er auch noch ein Herz und eine Seele mit Daniel – und hat nicht ständig auf ihm rumgehackt.“ „Der hat’s jetzt schwer“, sagt Thomas mitfühlend, „dabei hat der König ihn selbst in die Firma geholt und war völlig begeistert von ihm. Und er ist wirklich topp in seiner Arbeit!“ „Allerdings“, empört sich Tanja von Neuem, „total unfair! Der König ist doch bloß neidisch! Und Daniel lässt trotzdem nichts auf ihn kommen. Er will einfach nicht wahrhaben, dass der Alte ihn absichtlich ausbremst und dass das hier ...“, sie hebt anklagend die Mappe hoch, „... reine Schikane ist.“ Thomas nippt nachdenklich an seiner Tasse Tee. „Na ja, Daniel denkt halt noch an den König von früher. Dass der sich inzwischen total verändert hat, blendet er irgendwie aus.“ Tanja lässt nicht locker. „Aber wie ist das passiert? Hat er irgendwelche privaten Probleme?“ Hans-Peter seufzt. „Okay, das habt ihr jetzt nicht von mir. Aber der König hat vor einiger Zeit die Amis brüskiert, und zwar richtig heftig. Hat eine Sache allein durchboxen wollen, ohne erst die nötigen Unterschriften von drüben abzuwarten. Das hat riesigen Krach gegeben, zumal er sich völlig im Recht fühlte und nicht einsehen wollte, dass er seine Kompetenz total überschritten hat. Na ja, da haben sie ihm ziemlich deutlich gesagt, dass er ihr Vertrauen verscherzt hat. Und seitdem hat er wohl Panik, dass Daniel an seinem Thron sägt.“ „Das würde Daniel nie tun, der ist so was von loyal.“ Tanja ist schon wieder auf hundertachtzig. „Der König spinnt doch, wenn er das glaubt!“ „Nicht wirklich.“ Hans-Peter hat seine Stimme noch weiter ge10

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senkt. „Ich sollte ja nicht darüber reden, aber ich habe tatsächlich munkeln hören, dass die US-Firmenleitung überlegt, den König rauszusetzen und stattdessen Daniel den Posten anzubieten.“ „Echt? Daniel als Chef? Na, das wäre doch dann wirklich mal eine gute Nachricht“, ruft Tanja. „Psst, sei ruhig, bist du wahnsinnig?“, zischt Hans-Peter und blickt sich verstört um, als ob Herr Königsfeld plötzlich im Türrahmen stünde. Was übrigens durchaus möglich ist. Früher hat er angeklopft, auch wenn eine Bürotür offenstand, heute könnte man fast den Eindruck gewinnen, er schleiche absichtlich umher, um das eine oder andere Wort über sich zu erhaschen. Aber nein, das kann ich mir nun doch nicht vorstellen. Ich meine, er hat schon noch einen gewissen Stil ... obwohl, bin ich mir da wirklich sicher? „Das würde ich Daniel jedenfalls total gönnen.“ Tanja hat endlich ihre Stimme gesenkt. „Und die ganze Firma würde begeistert applaudieren.“ „Wäre für uns alle das Beste“, nickt Hans-Peter. „Daniel ist ein feiner Kerl, er kann Menschen motivieren, ist sachlich, fair und kompetent. Als Führungskraft wäre er der absolute Glücksfall! Die Frage ist nur, ob er einem solchen Angebot überhaupt zustimmen würde.“ „Ach was“, platzt Tanja dazwischen, „Loyalität dem Boss gegenüber ist ja schön und gut, aber wenn der die ganze Firma ruiniert ...“ „Daniel sollte gut auf sich aufpassen“, murmelt Thomas düster. „Wenn der König das spitzkriegt – ich trau dem inzwischen alles zu. Der ist doch völlig paranoid.“ „Ach, so schlimm wird’s schon nicht werden“, versuche ich abzuwiegeln und alle starren mich an. Ihnen wird wohl erst in diesem Moment klar, dass ich die ganze Zeit dabeigestanden und 11

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zugehört habe. Tanja sieht alarmiert aus, Hans-Peter und Thomas dagegen kennen mich, die wissen, dass ich den Mund halten kann. „Ich persönlich hätte auch nichts gegen Daniel als Chef einzuwenden“, setze ich vorsichtshalber hinzu und Tanjas Gesichtsausdruck entspannt sich. Das hatten wir früher auch nicht untereinander, dieses Misstrauen. Langsam steige ich die Treppen zu meinem Büro hoch. Ich wäre gerne noch bei den anderen geblieben, aber Herr Königsfeld hat in letzter Zeit die Angewohnheit, durch die geschlossene Tür nach mir zu rufen – und wehe, ich bin dann nicht am Platz. Früher war er immer höflich, wenn er einen Wunsch hatte. Jetzt brüllt er. Das heißt, nein, auch nicht immer, vorgestern war er total nett und hat mir höchstpersönlich einen Kaffee gebracht. Ich weiß einfach nicht, was ich denken soll. „Frau Endor, da sind Sie ja!“ Kaum sitze ich am Schreibtisch, hat er auch schon seine Verbindungstür aufgerissen und steht schwer atmend im Türrahmen. Ich ducke mich unwillkürlich, warte auf das Donnerwetter, aber es kommt nicht. „Ich finde einen wichtigen Bilanzbericht nicht, haben Sie ihn weggeheftet?“ Seine Stimme klingt gepresst und seine Augen flackern. „Nein, natürlich nicht.“ Nie würde ich es wagen, einfach etwas von seinem Schreibtisch zu nehmen. Nur das, was im Ausgangskorb liegt, der Rest ist für mich tabu. „Gestern lagen einige Seiten mit Zahlen auf dem Sideboard neben den Unterschriftenmappen, meinen Sie vielleicht die?“, versuche ich seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Er starrt mich an, immer noch mit diesen unruhigen Augen. „Das könnte sein.“ Und dann plötzlich mit schneidender Stimme: „Haben Sie etwas davon gelesen?“ 12

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