Norbert Lammert (Hrsg.) 路 Andreas Felger
Credo Texte und Bilder zum Glaubensbekenntnis
Credo „Wir spielen immer die unvollendete Symphonie der Ehre Gottes, und immer ist nur Generalprobe.“ Karl Rahner
Glaube als Bekenntnis Zur Auswahl der Texte
Das Apostolische Glaubensbekenntnis ist dem Glaubenden beinahe selbstverständlich und doch gewiss nicht selbst-verständlich. Es formt sich auf einer Grenze zwischen Dogma und Deutung, Ewigem und Zeitlichem, zwischen leicht und schwer, einleuchtend und herausfordernd, vorläufig und endgültig.
Der Künstler Andreas Felger, dem wir auch die eindrucksvolle Gestal-
tung einer Bibel mit allen Texten des Alten wie des Neuen Testamentes verdanken, illustriert die Aussagen des Bekenntnisses nicht. In seinen Form- und Farbkreationen gestaltet er Reflexe und Resonanzen seines eigenen lebenslangen Umgangs mit Glaubensoffenbarungen. Dieses Bekenntnis ist weder ein Werkzeug der Aufklärung noch der Abgrenzung, sondern ein ästhetischer Kommentar: der gelegentlich überraschende Einfall von Licht in die Dunkelheit, von Farben in den grauen Alltag, von Formen in das Unaussprechliche.
Die Texte dieses Buches folgen dem Glaubensbekenntnis auf einem
Weg der Entdeckung und Erfahrung. Sie bündeln nicht das Wissen von zwei Jahrtausenden christlicher Gelehrsamkeit. Sie sind bestimmt von persönlichen Glaubens- und Krisenerfahrungen, von Erschütterungen und Erleuchtungen. In ihren jeweiligen Perspektiven könnten sie verschiedener kaum sein. So werden sie zu einem Angebot an Menschen der Moderne. Sich auf das Credo einzulassen, ist eine Herausforderung. Dieses Bekenntnis beansprucht eben nicht, verbindlich auszudrücken, was wir wissen, sondern was wir glauben. Erstaunt buchstabiert es die Spuren eines Gottes, der sich auf diese Welt, seine Schöpfung und seine Geschöpfe eingelassen hat. Norbert Lammert
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Inhalt Credo
8
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen
18
Den Schöpfer des Himmels und der Erde
26
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn
32
Empfangen durch den Heiligen Geist
38
Geboren von der Jungfrau Maria
44
Gelitten unter Pontius Pilatus
52
Gekreuzigt
58
Gestorben und begraben
66
Hinabgestiegen in das Reich des Todes
74
Am dritten Tage auferstanden von den Toten
6 |
80
Aufgefahren in den Himmel
86
Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters
92
Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten
98
Ich glaube an den Heiligen Geist
104
Die heilige christliche Kirche
112
Gemeinschaft der Heiligen
122
Vergebung der Sünden
128
Auferstehung der Toten
134
Und das ewige Leben
140
Bilder zum Credo
148
Kurzbiografien
151
Quellennachweis
156
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Credo
Credo Credo in Deum, Patrem omnipotentem, Creatorem caeli et terrae. Et in Iesum Christum, Filium eius unicum, Dominum nostrum: qui conceptus est de Spiritu Sancto, natus ex Maria Virgine, passus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus, descendit ad inferos: tertia die resurrexit a mortuis; ascendit ad caelos; sedet ad dexteram Dei Patris omnipotentis: inde venturus est iudicare vivos et mortuos. Credo in Spiritum Sanctum, sanctam Ecclesiam catholicam, Sanctorum communionem, remissionem peccatorum, carnis resurrectionem, vitam aeternam. Amen. Das Apostolische Glaubensbekenntnis aus dem 5. Jahrhundert
8  | Credo
Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Credo | 9
Glaubensbekenntnis Ich glaube an Gott, unseren Vater im Himmel, dem wir alles verdanken, was wir sind und was wir haben. Und an Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Bruder, der, als Mensch in diese Welt geboren, unter uns gelebt, gewirkt und gelitten hat. Verkannt, verfolgt und verurteilt zum Tode, ist er gestorben und auferstanden, für immer unser Heil und unsere Hoffnung. Und an den Heiligen Geist, der uns lebendig macht und uns befähigt, zu erkennen und zu tun, was wir können und was wir sollen. Ich glaube an die eine, auf Christus gegründete Kirche, die Trennendes überwinden, die ganze Welt umspannen und verändern soll. Und an die Gemeinschaft der Heiligen, die seine Botschaft verstanden und seine Nachfolge auf sich genommen haben. Ich glaube an das Leben nach dem Tode, das unsere Vorstellungskraft übersteigt, den neuen Himmel und die neue Erde, in der sich unser Glaube, unsere Hoffnung und unsere Liebe erfüllen. Amen. Deutsche Übertragung von Norbert Lammert
10 | Credo
Der Mensch beginnt das Geheimnis des Glaubens zuerst mit dem Herzen zu erfassen, tief im Innern. Das Wissen kommt später. Man bekommt nicht alles auf einmal. Inneres Leben wächst allmählich. Heute — mehr als gestern — ergründen wir den Glauben Stück für Stück.
Tief im Menschen liegt die Erwartung einer Gegenwart, das stille
Verlangen nach einer Gemeinschaft. Vergessen wir nie: Das schlichte Verlangen nach Gott ist schon der Anfang des Glaubens.
Niemand kann für sich allein das gesamte Evangelium begreifen.
Jeder Mensch kann sich sagen: In der einzigartigen Gemeinschaft, welche die Kirche ist, verstehen und leben andere, was ich vom Glauben nicht begreife. Ich stütze mich nicht nur auf meinen eigenen Glauben, sondern auf den Glauben der Christen aller Zeiten, seit Maria und den Aposteln bis heute. Und Tag für Tag mache ich mich bereit, dem Geheimnis des Glaubens Vertrauen zu schenken.
Es zeigt sich, daß der Glaube, das Vertrauen auf Gott, etwas ganz
Einfaches ist, so einfach, daß alle ihn annehmen können. Er ist wie ein Schritt, den wir tausendfach von neuem tun, ein Leben lang, bis zum letzten Atemzug. Frère Roger, Taizé
Credo | 11
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allm채chtigen
Gott ist tätiges Feuer. Und Gott ist ewig, und Ewigkeit ist Feuer, und das ist Gott. Und Gott ist kein verborgenes, kein schweigendes Feuer, sondern ein wirkendes Feuer. Hildegard von Bingen
Die Liebe ist das Wesen Gottes selbst. Bernhard von Clairvaux
Gott ist der ganz Andere. Karl Barth
20 | Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen
Du brauchst Gott weder hier noch dort zu suchen; er ist nicht ferner als vor der Tür des Herzens. Da steht er und harrt und wartet, wen er bereit finde, der ihm auftue und ihn einlasse. Du brauchst ihn nicht von weither herbei zu rufen: Er kann es weniger erwarten als du, daß du ihm auftust. Es ist ein Zeitpunkt: das Auftun und das Eingehen. Meister Eckhart
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen | 21