Drachen mögen keine Kekse - 9783865914729

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Mit dem Daumenkino in der rechten unteren Buch-Ecke kannst du den kleinen Drachen Quentin zum Tanzen bringen.


DIESES TAGEBUCH IST VOLL GEHEIM! Nicht lesen! STOOOOOPPPPPPPPP! AUFHÖREN! Wenn du dieses Buch gefunden hast, dann leg es lieber ganz schnell zur Seite und schnapp dir ein anderes aus dem Regal. Vielleicht Rotkäppchen. Oder das Telefonbuch. Oder was weiß ich, was du sonst so liest. Denn das, was jetzt kommt, das ist einfach völlig bekloppt. Und geheim! Noch da? Na klasse, ich hab dich gewarnt!

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Sommerferien in Bayern sind total krass. Man kann da mit superbeknackter Laune hinfahren und kommt mit so einem Kitzeln im Bauch wieder zurück! Echt jetzt! Ich hab’s ausprobiert! Also: alles bis auf das Zurückfahren. Ich bin nämlich noch immer dort! Eigentlich wollte ich gar kein Tagebuch mehr schreiben. Aus mehreren Gründen: 1. Ferien und Schreiben … das ist so ein bisschen wie am Wochenende Englischvokabeln pauken. Geht eigentlich gar nicht. Und wenn, dann nur in absoluten Notfällen. 2. Das Wetter war so hammerheiß, da rutscht einem quasi der Stift zwischen den schwitzigen Fingern durch. 3. Mein Tagebuch war voll. Bis auf zwei Seiten am Schluss alles vollgekritzelt. Ist eben viel passiert … und das in nur einer Woche! Also muss ich ein ganz neues Buch beginnen, was ein bisschen schade ist, wegen der Brandflecken im ersten Buch. Das sieht nämlich 6


ziemlich gut aus. Und riecht noch ein bisschen nach Drachenfeuer. Aber wer weiß, was mit diesem neuen Tagebuch noch so passiert …

Eigentlich ist eigentlich das passende Wort für meine Ferien. Eigentlich hatte ich schlechte Laune. Und zwar so richtig! Etwa eine Woche lang. Ich musste nämlich einen Teil meiner Sommerferien bei meinem Opa verbringen. Wegen dieser Kur von meiner Mutter. Jedenfalls hatte ich da aber mal so gar keinen Bock drauf! GAR KEINEN! Eigentlich.

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Aber da half alles nix, ich musste entweder mit zur Kur oder in das Kuhkaff zu Opa Ignatz. Nach Bayern. Tja, und da bin ich dann hin. (Und da bin ich immer noch.) Und ich habe Quentin, den stinkenden Drachen getroffen. Der ist etwa so groß wie meine Faust. Und er kann sprechen. Echt wahr! Klar, kann schon sein, dass mir das keiner abkauft. Wenn mir einer vor ein paar Wochen erzählt hätte, dass er einen rotzfrechen Drachen aus ’nem bayerischen Tümpel rausgezogen hat und dafür ’nen Wunsch freihatte … also ich glaube, dem hätte ich geraten, mal ein paar Schräubchen da oben wieder festzurren zu lassen! Dummerweise hab ich das mit dem Drachen selbst erlebt. Ist also mein eigenes Schräubchen … Eigentlich (da ist mein Sommerferienwort wieder!), also, eigentlich wollte ich nach den ziemlich krassen Erlebnissen der letzten Wochen einfach mein Tagebuch wegstecken und die Ferien genießen. Und das hab ich auch 8


getan. Für genau zwei Wochen. Denn dann war es aus mit meinen Genießerferien. Heute dann kam das große Kuddelmuddel, drum habe ich mir ein zweites Buch besorgt. Meine Gedanken springen schon den ganzen Abend durch alle Zellen, über die mein Hirn so verfügt. Jetzt versuche ich das Ganze auf dem Papier zu ordnen. Eigentlich finde ich Aufräumen blöde. Aber wenn ich meine Hirnzellen nicht sortiere, dann schwappt noch was aus meiner Nase oder den Ohren. Und dann garantiere ich für nix!

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Gerade als ich dachte, das würden die besten Sommerferien meines Lebens werden, geht alles schief! Opa Ignatz ist die meiste Zeit im Krankenhaus bei Oma Trude. (Die erholt sich ganz prima und wird wohl sehr bald wieder nach Hause können. Aber dann muss sie noch in die Reha. Das ist so was wie ein Trainingscamp für Kranke. Da muss die arme Oma Trude dann an ihrer Fitness arbeiten.) Witzig, dass ich die ganze Zeit von „Oma“ Trude schreibe. Denn die ist ja gar nicht meine Oma, sondern die von Pauline. Aber irgendwie wird sie doch gerade zu meiner Oma. Zum einen, weil sie und mein Opa ja ein Paar sind. Also so ein richtiges Liebesturtelpärchen. Mit Blümchen, Händchenhalten und Küssen und so! (Börks!) Laut Paulines Mama wollen die 11


bestimmt bald heiraten. Und was ich davon halte, das weiĂ&#x; ich noch nicht so genau. Zum anderen ist Oma Trude einfach ganz furchtbar nett. Und da meine eigene Oma schon eine Ewigkeit tot ist und ich mich an sie kaum mehr erinnern kann, da ist es eigentlich ganz nett, so zu tun, als wäre sie nicht nur Paulines, sondern auch meine Oma. Na, egal. Opa Ignatz ist also dauernd im Krankenhaus und pflegt Oma Trude. Ich bin hier ja aber nicht allein. Ich hab ja Max und Moritz. Das sind Nachbarskinder. Sowohl von mir als auch voneinander. Und dann ist da natĂźrlich Pauline. Wann immer die drei in den letzten Wochen ihre Hausaufgaben fertig hatten, sind sie bei mir vorbeigekommen und wir haben was zusammen gemacht.

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Seit gestern haben die Bayern auch Ferien, und da tut es mir ja schon irgendwie besonders leid, dass pünktlich zum Ferienstart das Wetter von „Bullenhitze“ in „Froschschenkelzitterkälte mit Dauerregen“ umschlägt. (Insofern entfällt momentan Punkt 2 von meiner Liste der Gründe, weshalb ich eigentlich kein Tagebuch mehr schreiben will.) Pauline, Max und Moritz tragen es mit Fassung. Die Sommerferien sind ja noch lang. Zumindest für sie. Meine dagegen sind schon zur Hälfte um. In drei Wochen muss ich nach Hause, und ich habe mir vorgenommen, die drei Wochen bis zur letzten Sekunde auszukosten. Auch wenn es schifft, donnert 13


oder hagelt. Meine Sommerferien lasse ich mir nicht mehr vermiesen! Nicht mal vom Wetter! Hab ich zumindest gedacht. EIGENTLICH!

Paulines Mama arbeitet in einem kleinen Hotel, das ein paar Dörfer weiter irgendwo an einem schicken See liegt. „Ganz edler Schuppen!“, hatte Pauline mir erzählt. „Da dürfen Kinder nur rein, wenn sie Lackschuhe und einen Smoking tragen.“ (Das ist so ’ne Art edler Anzug.) „Und natürlich müssen sie dort die Klappe halten und dürfen höchsten ab und zu ‚Bitte‘ und ‚Danke‘ sagen. Aber nur an ganz besonderen Feiertagen!“ Ganz prima. Klingt alles so, als wär das ein Ort, den man während der Sommerferien meiden sollte wie die Pest. Paulines Mama arbeitet da am Empfang. Gehe also mal schwer davon aus, dass sie da die Leute empfängt oder so. 14


Jedenfalls muss sie sich jeden Morgen ordentlich hübsch machen und sich ein kleines goldenes Schildchen an die Bluse heften, auf dem ihr Name steht. Damit die Gäste gleich wissen, wer sie da empfängt. Ich kenne mich mit Hotels nicht so aus. Meine Eltern meiden Restaurants und Hotels. Nehme an, es liegt an uns, also das heißt, an mir und meinen Schwestern. Sina und Silja können aber auch nervig und nörgelig sein … Ich dagegen bin nicht ganz so gut im Aufdas-Essen-Warten. Wenn ich Hunger hab, muss es schnell gehen. Sonst garantiere ich für nix. Ich finde, für einen fast 12-Jährigen ist das völlig normal. Meine Eltern dagegen finden, ein Restaurant besucht man am besten, wenn die Kinder im Bett sind. Vielleicht haben sie recht. Der letzte Restaurantbesuch, an den ich mich erinnern kann, war an Tante Millies 50. Geburtstag. Es war eigentlich alles okay – bis zu dem Augenblick, als Sina und Silja anfingen, die Erbsen über den Tisch zu schnicken. Gut, ich gebe 15


zu, ursprünglich war es meine Idee. Aber die beiden hätten sich halt auch nicht erwischen lassen dürfen. Die Erbse im Ausschnitt von Tante Millies sehr tief geschnittenem Kleid wäre vielleicht noch durchgegangen, aber als Silja dann die Erbse zurückholen wollte … Oha! Na ja, Schwamm drüber! Fakt ist, wir sind seitdem nicht mehr auswärts essen gewesen. Von einem Hotelbesuch war ohnehin nie die Rede. Als Pauline also vorschlug, wir könnten ja morgen mit ihrer Mama zum Hotel fahren, dachte ich: Bei der ist wohl ’ne Schraube locker! „Bist du nicht ganz dicht?“, blaffte ich sie an. „Was sollen wir denn da? Lackschuhe putzen?“ 16


Pauline grinste. „Wenn du unbedingt willst, kannste das bestimmt machen. Wir anderen würden derweil ins Kino gehen.“ Es stellte sich heraus, dass das Hotel nicht nur einen Souvenirladen und einen Spa-Bereich hatte (das ist vornehmes Deutsch für „winziger Blubber-Pool mit Duftkerze auf’m Fensterbrett“), sondern auch ein kleines Kino im Keller.

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„Das einzig g’scheite an dem Laden!“, bemerkte Moritz zustimmend. Zweimal die Woche wurden dort abends Filme gezeigt. In den Sommerferien gab es aber auch Nachmittagsvorstellungen für Familien, die im Hotel und in der näheren Umgebung Urlaub machten. Eintritt: 1,50 Euro pro Person! Da kann man fast nicht Nein sagen. „Meine Mama sagt, dass sie durch das Kino einen Riesenumsatz machen. Sobald der Film zu Ende ist, strömen alle ins Restaurant und spendieren ihren Kindern dicke Eisbecher, weil das Kino ja so günstig war! Und dann trinken sie noch ’nen Eiskaffee und ’nen Cappuccino und ZACK! – haben sie mal eben dreißig Euro im Hotel gelassen“, meinte Pauline fröhlich. „Sehr clevere Geschäftsidee“, bestätigte Max und Moritz nickte eifrig. „Wir dagegen“, fuhr Pauline fort, „werden nach dem Kino einfach unseren Picknickkorb öffnen und uns selbst versorgen! Und somit haben wir – ZACK! – dreißig Euro gespart!“ 18


„Auch sehr clever!“ Max grinste, Moritz nickte weiter. „Ja, unglaublich!“, bestätigte ich. „Man nehme mal an, wir machen das mehrmals die Woche. Überlegt mal, wie viel Geld wir nach nur drei Kinobesuchen hätten!“

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