Chillen mit Jesus - 9783865916754

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Verena Keil (Hrsg.)

Chillen mit Jesus Wahre Storys f端r Teens


Inhalt

Vorwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Du kannst niemals tiefer fallen als in Gottes Hände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Soll ich ins Ausland oder nicht?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gott kommt spätestens pünktlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mobbing im Internat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewahrung auf dem Heimweg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Partner gesucht – und gefunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Wunder am Passbildautomaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . „Und der Herr war nicht im Sturm …“. . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Prüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mein Versuch als Supermissionarin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach Texas gegangen und Gott getroffen . . . . . . . . . . . . . Einfach nur Glück?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehnsucht nach Freundschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eines Tages werde ich meine Ma wiedersehen. . . . . . . . . Gott segnet, auch wenn es erst mal ganz anders aussieht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie Gott mich zur Predigerin machte. . . . . . . . . . . . . . . . . „Herr, bitte nimm diese Gefühle weg“. . . . . . . . . . . . . . . . . Kleingeld sprengt Ketten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raus aus der Pornofalle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gottes klare Antwort. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Die Freundin aus ihren Gebeten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zur체ck zu dir. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Gebet um meinen Traumprinzen . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie Coca-Cola mein Aussehen ver채nderte. . . . . . . . . . . . . ADHS, Selbstmord und ich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie ich zu meinem Beruf gefunden habe . . . . . . . . . . . . . Gerade wenn du schwach bist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nur ein Mensch oder doch ein Engel? . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Gott kommt spätestens pünktlich Streit mit den Eltern. Oh ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass du solche Situationen kennst. Du fühlst dich unverstanden, nicht akzeptiert. Ich kenne das nur zu gut. Ich habe eine schwere Zeit mit meinen Eltern durchmachen müssen. Ich war 16 oder 17 Jahre alt. Ich kann mich nicht mehr ganz genau daran erinnern, wann es so schlimm geworden ist. Der Höhepunkt war, als mich meine Eltern mit 17 Jahren vor die Tür gesetzt haben. Ganz unten angekommen, habe ich nicht mehr damit gerechnet, überhaupt nochmal aufstehen zu können. Wenn Gott in diesem Moment nicht eingegriffen hätte … Aber nun von Anfang an. Ich gebe es zu, ich war kein einfacher Teenager. Ich hatte meinen eigenen Kopf, eigene Ideen, und die wollte ich auch möglichst alle umsetzen. Heute würde ich sagen, dass meine Eltern mit mir überfordert waren. Ich hatte viele Fragen und meine Eltern konnten sie nicht alle beantworten. Verstehst du, was ich meine? Ich wollte raus. Ich hatte oft das Gefühl, eingesperrt zu sein. Meine Gedanken und Ideen fanden keinen Platz. Eine solche Situation führte natürlich oft zu Streit, und meistens waren es Kleinigkeiten, wie der vergessene Müll oder ein unaufgeräumtes Zimmer. Besonders die Beziehung zu meinem Vater litt darunter. Wir konnten einfach irgend21


wann nicht mehr anständig miteinander reden. Für ihn war ich eine Provokation auf ganzer Linie. Die Streitereien wurden immer schlimmer, lauter und verletzender. Ich habe viele Nächte weinend verbracht und oft schnürten die Verletzungen, die wir uns gegenseitig antaten, meine Kehle zu. Ich wollte raus aus dieser „Hölle“ und abhauen. Eines Tages ist eine Auseinandersetzung mit meinem ­Vater dann eskaliert. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, worum es genau ging. Das Ergebnis der ganzen ­Sache war letztendlich, dass ich ohne Schuhe, Geld und Klamotten vor der Tür meiner Eltern stand. Ich habe aus vollem Hals geschrien. Ich war so verzweifelt, weil ich nicht wusste, wohin. Ich hatte doch so gute Ideen für meine Zukunft. Ich wollte das Abitur machen, studieren und eine Familie haben. Und nun stand ich da in der Kälte, schluchzend und absolut hilflos. Ich habe mich wie ein Versager gefühlt. Ich bin dann irgendwann ganz ziellos umhergelaufen. Meine Mom kam mir noch nach, um mir ein paar Klamotten mitzugeben. Sie flehte mich an, einsichtig zu sein. Sie hatte Tränen in den Augen, und in dem Moment sah ich, dass in ihr eine Welt zerbrach: das Bild einer harmonischen Familie. Ich kehrte meiner Mom den Rücken zu. Ich war so verletzt, fühlte mich absolut unverstanden und dann sollte ich noch klein beigeben! Glücklicherweise habe ich Unterschlupf bei guten Freunden gefunden. Nebenbei bin ich noch zur Schule gegangen, weil mein Abitur vor der Tür stand. Es war nicht leicht, mit dieser Freiheit und Unabhängigkeit, die ich mir doch so sehr gewünscht hatte, umzugehen. Ich hatte keine Heimat, keine Orientierung und keine Geborgenheit. Und all diese Dinge lernte ich erst schätzen, als ich sie nicht mehr hatte. Einen Monat lang habe ich mich von diversen Freunden aushalten lassen müssen. Ich war mal hier und mal dort. Ich musste immer 22


wieder die Unterkunft wechseln, weil natürlich keiner genügend Geld und Zeit hatte, eine weitere Person durchzubringen. Alle Annäherungsversuche an meine Eltern scheiterten. Keiner von uns „Okay, Gott. konnte und wollte nachgeben. Die VerletDu siehst die zungen saßen zu tief. Scheiße, in der Irgendwann war ich so verzweifelt, ich jetzt stecke. dass mir nichts mehr anderes übrig blieb Wenn es dich als mit Gott zu sprechen. Klar wusste ich, wirklich gibt, wer er war, aber ich habe ihn nie als einen dann tu etwas!“ Gott wahrgenommen, der handelt beziehungsweise ins Weltgeschehen eingreift. Gott war für mich einfach nur ein alter Mann, der da oben im Himmel saß und sich das Treiben auf der Erde ansah. Zwar kann ich mich nicht mehr ganz genau an den Wortlaut meines Gebets erinnern, aber es könnte sich so angehört haben: „Okay, Gott. Du siehst die Scheiße, in der ich jetzt stecke. Es stinkt zum Himmel und ich bin ziemlich am Boden. Wenn es dich wirklich gibt, dann tu etwas. Ich kann einfach nicht mehr. Ich bitte dich, tu etwas!“ Es kam weder ein Blitz noch ein Engel. Es vergingen Stunden und Tage ohne eine Antwort auf mein Gebet. Erst Wochen später fügten sich die Dinge. Mit Hilfe einer Freundin bin ich dann zum Jugendamt gegangen, die mir wiederum eine Sozialpädagogin gestellt haben. Mit deren Unterstützung konnte ich halbwegs anständige Gespräche mit meinen Eltern führen. Entscheidend war aber, dass meine Eltern einwilligten, dass ich in eine WG ziehen durfte. Man muss wissen, dass in meiner Heimatstadt viele Studenten wohnen und dass sich die Suche nach einem geeigneten WG-Zimmer aus diesem Grund ziemlich 23


schwierig gestaltete. Wir fanden letztendlich noch ein Zimmer in einer ­Mädel-WG, das genau in den finanziellen Rahmen gepasst hat, den mir das Jugendamt gesteckt ­hatte. Für mich war es ein Umzug in ein neues Leben und ich war wahnsinnig gespannt auf die Mädels in der WG. Beide studierten an der Fachhochschule meiner Heimatstadt und waren somit drei Jahre älter als ich. Es hat nicht lange gedauert bis ich mit den beiden Mädels eine richtig feste Freundschaft geschlossen hatte. Es tat gut, jemanden an seiner Seite zu haben, der einen wertschätzt. Wir haben oft lange Abende am Küchentisch verbracht, sprachen über Wünsche und Träume und natürlich Jungs. Klar war mit dem Umzug in die WG keines der Probleme gelöst, die ich mit meinen Eltern hatte. Die WG verschaffte mir ein bisschen Distanz zum Nachdenken. Es gab einige Treffen mit meinen Eltern, die aber sehr kühl abliefen. Aus heutiger Sicht betrachtet glaube ich, dass sowohl meine Eltern als auch ich sich nicht eingestehen konnten, dass jeder Scheiße gebaut hatte. Vor allem die Beziehung zu meinem Vater blieb schwierig. Auch weinen musste ich immer noch. Jedoch gab es diesmal zwei Mädchen an meiner Seite, die mich trösteten. Eine davon fing irgendwann an, für mich zu beten. Sie lud mich auch oft ein, mit ihr in den Gottesdienst zu kommen. Eines Tages habe ich es dann getan. Was ich dort erfahren habe, war absolut neu für mich. Ich fühlte mich so angenommen, wie ich bin, und erlebte, dass die Leute ein echtes Interesse an mir hatten. Ich war es wert und ich konnte diese Wertschätzung auch endlich wahrnehmen. Ich glaube, dass Gott in diesem Moment seine ersten Samenkörnchen in mein kaputtes und geschundenes Herz gelegt hat. Viele Gottesdienstbesuche folgten. Ich konnte sogar meine Gaben einsetzen. Ich fand einen 24


Platz im Lobpreisteam, und ich hatte wirklich Freude da­ ran, meinem Gott, den ich in dieser Zeit kennenlernen durfte, mit meiner Gitarre zu dienen. Erst später habe ich begriffen, dass es Gott war, der mich gerufen hatte und mir die Möglichkeit gab, ihm zu begegnen. Aber die Sache mit meinen Eltern hatte sich leider nicht gebessert. 2005 zog ich dann in eine andere Stadt, um zu studieren. Dort fand ich dann auch eine neue Gemeinde, in der ich ein eigenes Lobpreisteam leiten durfte. Die Gemeinde gab mir großen Halt, wenn es mal wieder zu einem Streit zwischen meinen Eltern und mir kam. Die Versöhnung zwischen ihnen und mir blieb eine ganz Zeit lang ein offenes Thema vor Gott. Während meines Studiums lernte ich, mit meiner Situation umzugehen. Ich hatte nun mal solche Eltern, und Familie kann man sich nicht aussuchen, so dachte ich. Ich bat Gott oft um Hilfe, aber insgeheim hatte ich mich schon damit abgefunden, keine Versöhnung zu erleben. Klingt nicht gerade nach einem Happyend, oder? Und du wunderst dich bestimmt, wenn ich dir jetzt sage, dass diese Zeit das Beste war, was mir je passieren konnte. Ich habe in dieser Phase meines Lebens gelernt, auf Gott zu vertrauen und ihn ernst zu nehmen. Gott schaut nicht nur zu, er ist lebendig und greift ein. Oft ist es jedoch so, dass er eine etwas andere Auffassung von Zeit hat als wir. So kann es leider manchmal Jahre dauern, bis er etwas bewegt. So war es auch bei mir. Nach meinem Studium bin ich noch einmal umgezogen, um ein weiteres Studium zu beginnen. Vor dem Umzug stand ein sehr ernstes und klärendes Gespräch mit meinen Eltern an, denn schließlich sollten sie auch dieses Studium finanzieren. Ich hatte eine so große Angst vor diesem Treffen, dass meine Freundin aus der Gemeinde zur Verstärkung mitgekommen war. Ich kann 25


mich noch ganz genau an den Moment erinnern, als wir in ihrem Auto saßen und für das bevorstehende Gespräch beteten. Von einem Moment auf den anderen hatte ich die Gewissheit, dass sich Gott schützend vor mich stellen wird, mich verteidigen wird. Nun ja, ich bin nicht unbedingt die Ruhe in Person, aber bei dem Gespräch mit meinen Eltern gewann ich eine Gelassenheit, die ich sonst so nicht von mir kannte. Ich konnte auf einmal auch meine Schuld erkennen, meine Fehler wahrnehmen und vor allem konnte ich sie vor meinen Eltern bekunden. Bei diesem Treffen war es mir möglich, auch die Verletzungen zu sehen, die ich meinen Eltern angetan habe. Vieles wurde an dem Tag zwar nicht angesprochen, aber ich konnte meinem Vater nach all den Jahren nun endlich vergeben. Heute bin ich fast am Ende meiner Ausbildung. Ich habe kurz vor Beginn des neuen Studiums meinen Verlobten kennengelernt, den ich nächstes Jahr heiraten werde. Ich habe jetzt auch einen sehr guten Kontakt zu meinen Eltern, der sich nach diesem einen Gespräch natürlich erst einmal entwickeln musste. Wir sprachen nach und nach unsere Verletzungen aus und redeten gemeinsam darüber. Vieles ist leider immer noch nicht ganz so einfach, aber meine Eltern und ich sind auf einem guten Weg. Sie freuen sich auch auf meine Hochzeit und darauf, dass sie nicht nur ihre eigene Tochter, sondern noch einen „Sohn“ dazugewonnen haben. Meinen Junggesellinnenabschied werde ich mit meinen ehemaligen WG-Mädels feiern, die unzählige Abende mit mir am Küchentisch verbracht haben. Es hat fast 8 Jahre gedauert, bis ich Versöhnung mit meinen Eltern leben konnte. Und ich will nicht sagen, dass Gott sich zu viel Zeit genommen hat. Ich denke, dass ich noch sehr viel lernen musste (und ich bin immer noch dabei, einiges zu lernen), vor allem schwierige Situationen 26


auszuhalten und Gott als einen lebendigen und mächtigen Gott ernst zu nehmen. Mit meiner Geschichte möchte ich dir zeigen, dass Gott Geschichte schreibt. Überall kannst du seine Fußspuren erkennen. Auch wenn du vieles nicht verstehst und sich einiges nicht so entwickelt, wie du es dir vorgestellt hast: Er hat dein Gebet erhört und er wird dich verändern, wenn du dazu bereit bist. Und eine Sache möchte ich dir noch gerne mit auf den Weg geben: Menschen verletzen sich immer wieder gegenseitig, auch wenn es unbeabsichtigt ist. Gott weiß darum und er ist sich nicht zu schade dafür, dir zuzuhören und dir beizustehen. Versöhnung ist durch ihn möglich. Das Einzige, was du tun musst, ist, ihm zu vertrauen und bereit zu sein, Großes von ihm zu erwarten. „Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten. Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.“*

◗  K atharina

Schneider ist Studentin der Europäischen ­Ethnologie/Kulturwissenschaft und lebt in Marburg.

* aus: Originalfassung des Gedichts „Footprints“, © 1964 Margaret Fishback Powers. Deutsche Fassung des Gedichts „Spuren im Sand“, © 1996 Brunnen Verlag, Gießen.

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Eines Tages werde ich meine Ma wiedersehen Ich bin Johanna, 22 Jahre alt, und möchte von der Zeit nach dem Tod meiner Ma berichten. Im Winter 2005 wurde bei meiner Ma ein bösartiger Krebs-Tumor an der Leber festgestellt. Ich war sehr schockiert, als ich davon erfuhr, ich fühlte mich verloren und hatte Angst, aber meine Ma sagte mir damals, dass Gott ihr Leben in der Hand hält und sie glaubt, dass Gott sie noch nicht heimholt. Diese Worte gaben mir Hoffnung. Meine gesamte Familie, unsere Bekannten und Freunde haben total viel gebetet und gehofft, dass Gott Mama heilen wird. Sie war auch bei vielen Heilungsveranstaltungen, bei denen sie viel Ermutigung erfahren hat. Anfangs bekam sie eine Chemotherapie, die sie dann aber wegen der starken Nebenwirkungen und weil sie überhaupt nicht angeschlagen hat, abbrach. Ich habe ihr zu dieser Entscheidung diesen Spruch geschrieben: Mut bedeutet: zu wissen, dass man geschlagen ist und trotzdem den Kampf aufzunehmen. Denn die Art von Krebs, die meine Ma hatte, tritt nicht sehr häufig auf und ist daher noch nicht sehr gut erforscht. Dass die Chemotherapie nicht anschlug, bedeutete, dass die Heilungschancen sehr gering oder gar nicht vorhanden 84


waren. Der Kampf gegen den Krebs war aus ärztlicher Sicht hoffnungslos. Mama wusste, dass sie, menschlich gesehen, geschlagen ist. Gott kann aber Unmögliches möglich machen und daher lohnt es sich, mit seiner Hilfe mutig den Kampf aufzunehmen. Anfangs hatte ich Angst, wie das ohne Chemo werden wird, aber der Tumor wurde circa ein Jahr lang auch nicht größer. Ende 2007 kam dann allerdings Bauchwasser dazu. Das ist eitriges Tumorwasser, das sich um den Tumor ansammelt. Ma sah dadurch wie eine schwangere Frau aus und hatte Atemprobleme, was ihr sehr zugesetzt hat. Sie musste daher zweimal die Woche zum Abpumpen des Bauchwassers in die Klinik. Es wurde dann aber immer schlimmer, das Bauchwasser bildete sich sehr schnell wieder neu und Ma konnte kaum noch essen, weil ihr das Essen auf den prallen Bauch drückte. Sie wurde immer dünner und kam daher Ende März ins Krankenhaus, wo sie anfangs künstlich ernährt wurde. Später konnte sie dann wieder selber essen, aber ihr ging es immer noch sehr schlecht, sodass sie nicht nach Hause konnte. Sie wurde dann in ein Hospiz verAnfangs habe legt. Das Bauchwasserproblem wurde aber ich Mas Tod noch leider nicht besser und sie überlebte am nicht richtig Schluss ihren Tag nur noch mit vielen starrealisiert, ich war ken Schmerzmitteln. Wir hielten aber weiwie betäubt. terhin im Gebet daran fest, dass Gott noch ein Wunder tun würde ... Anfang Mai 2008 hatten meine beiden Schwestern, mein Pa und ich dann ein Gespräch mit unserem Pastor, der uns sagte, dass wirklich viele Menschen im Gebet um Ma gekämpft und gerungen haben, aber es nun so sei, dass sie wirklich heim möchte und wahrscheinlich bald zu Jesus gehen 85


würde. Wir (meine beiden Schwestern, unsere Jugendpastorin und ich) sind dann zu Ma ins Hospiz gefahren, um uns von ihr zu verabschieden. Eine Woche später ist sie dann zu Jesus nach Hause gegangen. Anfangs habe ich ihren Tod noch nicht richtig realisiert, ich war wie betäubt. Aber als ich dann auf der Beerdigung den Sarg sah und mir vorstellte, dass sie darin lag, ließ ich den Schmerz zu und die Tränen flossen in Strömen. Ich hatte in der Zeit nach Mas Tod oft Albträume und Selbstmordgedanken, weil ich sie so sehr vermisst habe. Ich hatte dann aber gute Gespräche mit meiner Jugendpastorin, und auf einer Gemeindefreizeit im Sommer 2008 hatte meine Kleingruppenleiterin den Eindruck, dass in der geistlichen Welt ein Kampf um mein Leben stattfindet. Aber Jesus kämpft als Ritter an meiner Seite für mich und er ist Sieger. Das hat mich tief berührt und seitdem hatte ich keine Selbstmordgedanken mehr. Nach dieser Freizeit spürte ich, wie Gott den Schmerz in meinem Herz gelindert hat und mir Frieden ins Herz gegeben hat. Gott hat liebevoll, Stück für Stück, mein Herz geheilt und mich wiederhergestellt. Ich kann mein Leben wieder genießen und auch wieder lachen. Außerdem hat Gott mir viele liebe Frauen in den Weg gestellt, die mir wie eine zweite Ma sind. So zum Beispiel eine wunderbare Freundin der Familie. Mit ihr hatte ich viele ermutigende Gespräche und sie kümmerte sich liebevoll um mich. Außerdem ist es ein großer Trost für mich, dass ich meine Mama eines Tages im Himmel wiedersehen werde. Wenn ich heute zurückschaue, kann ich sagen, dass Gott mich und meine Familie durch die schwere Zeit durchgetragen hat und wir sehr viel Hilfe von lieben Menschen erfahren haben, die immer für uns da waren, auch 86


mit ganz praktischer Hilfe, die zum Beispiel für uns gekocht oder meinem Pa im Haushalt beim Putzen sehr viel geholfen haben. Ich kann sogar sagen, dass uns selbst der Tod zum Besten gedient hat, wie es in Römer 8,28 steht: „Denen, die Gott lieben, werden alle Dinge zum Besten dienen!“ Die Beziehung zu meinem Papa wurde besser und tiefer. Mama wählte für ihren Grabstein ihren Lieblingsbibelvers Josua 1,5b: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht!“ Und ich kann wirklich sagen, dass sich diese Zusage Gottes in meinem Leben erfüllt hat! Hier ein paar Tipps, die helfen können, wenn du dich in einer ähnlichen Situation befindest: Bete, hoffe und glaube an ein Wunder, denn Gott kann Unmögliches möglich machen! Bedenke aber auch, dass Gott die Person zu sich nehmen könnte. Tu der kranken Person alles erdenkliche Gute, damit sie Freude am Leben hat! Setz dich Gottes Gegenwart aus, höre Lobpreismusik, lies in der Bibel, zum Beispiel die Psalmen, schütte Gott dein Herz aus. Such dir eine Person deines Vertrauens und behalte deinen Schmerz nicht für dich!

◗  J ohanna Schneider definiert sich nicht als Halbwaise, sondern als Tochter Gottes.

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