Inhalt Lotta und das Katzenwunder ............... Seite 4 Der Affenschreck .................................. Seite 8 Lotta im Seelöwen-Zirkus ................... Seite 12 Tacco, das Guanako ............... Seite 16 (Eis)Bärenhunger ........................... Seite 20 Löwen und die liebe Zeit ...................... Seite 24 Das kleine Erdmännchen .................. Seite 28 Schock im Streichelzoo ..................... Seite 32 Ein Igel im Krankenwagen .................... Seite 36 Kängurus und Gummibärchen .................... Seite 40 Die Insel der Schwäne ....................... Seite 44 Stärker als ein Elefant .................... Seite 48 Tiger und der Tierarzt ................................. Seite 52
Der Affenschreck Lotta freut sich. Sie darf mit Papa zusam-
Sein Fell ist ganz weich an Lottas Hals. Puh,
men zur Abendfütterung in den Affenkäfig
geschafft. Schnell öffnet sie die Tür des Affen-
gehen. Das macht ganz viel Spaß. Die Affen
hauses. Dann läuft sie durch den Raum, in dem
kennen sie schon. Lotta kommt ja öfters hier-
das Futter liegt, und gleich durch die Tür nach
her. Aber heute hat sie etwas Besonderes vor.
draußen. Gut, dass ihr Vater ihr den Rücken
Und das ist etwas ganz Geheimes. Papa darf es
zudreht, sonst hätte er vielleicht doch den
nicht wissen. Heute wird sie nämlich Nuckel,
kleinen Affen auf ihrem Arm bemerkt. „Papa“,
den kleinsten Affen, heimlich mit nach Hause
ruft sie, „ich warte draußen auf dich, okay?“
nehmen. Er darf heute in ihrem Kinderzimmer
„Ja“, sagt er. „Aber nicht allein nach Hause
schlafen. Sie hat schon alles vorbereitet. Der
gehen, ich komme gleich.“ – „Ist gut“, antwor-
pinkfarbene Puppenwagen steht vor der Tür
tet Lotta. Sie hat schon einen Plan. Wenn Papa
des Affenhauses. Darin wird sie ihn nach Hau-
aus dem Affenhaus kommt, wird sie gleich mit
se fahren. Lotta weiß, dass es streng verboten
ihrem Puppenwagen loslaufen – immer so weit
ist, ein Tier aus dem Gehege zu nehmen. Des-
vor Papa her, dass er den kleinen Affen nicht
halb will sie es heimlich tun. So, jetzt, schnell!,
sehen kann. „So, Nuckel, das ist dein Pup-
denkt sie. Papa holt gerade das kleingeschnit-
penwagen, öh, ich meine natürlich Affenwa-
tene Futter für die Tiere. Die Affen turnen an
gen. Setz dich mal schön rein, ich fahre dich“,
ihren Kletterseilen herum. Sie schreien und
erklärt sie dem kleinen Affen. Aber, oh weh,
fiepen um die Wette.
Nuckel zittert ja und macht so komische Töne.
„Komm, mein kleines Nuckelchen“, sagt
„Du brauchst keine Angst zu haben“, tröstet
Lotta. „Komm, du darfst heute bei mir schla-
Lotta ihn flüsternd. „Ich bin doch bei dir.“
fen.“ Der kleine Klammeraffe kennt Lotta
Vorsichtig nimmt sie seine kleinen Affenarme
schon. „Komm mal zu mir, Nuckelchen“, lockt
von ihrem Hals und versucht, ihn in den
sie ihn und hockt sich hin. Und wirklich, der
Puppenwagen mit den schönen gelben Kissen
Kleine legt seine Affenarme um ihren Hals und
zu legen. Aber der kleine Affe zittert am ganzen
klammert sich an sie. Er riecht irgendwie süß,
Körper. Lotta streichelt sein weiches, rotbrau-
aber es beißt auch ein bisschen in der Nase.
nes Fell. „Was hat er nur?,“ fragt sich Lotta.
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„Ich bin doch bei ihm.“ Endlich sitzt der kleine Affe im Puppenwagen. Doch er sieht gar nicht fröhlich aus. Hm, so hatte Lotta sich das nicht vorgestellt. Und nun hört sie auch schon Schritte. Ob das Papa ist? Schnell schiebt Lotta den Puppenwagen vor sich her. „Ich laufe schon mal vor“, ruft sie. – „Ist gut“, antwortet Papa. „Aber nicht so weit, Lotta, nur so, dass ich dich noch sehen kann.“ Lotta ist fürchterlich aufgeregt. Ob ihr Plan klappen wird? „Mein kleines Äffchen“, plappert sie vor sich hin, „du darfst heute mit meinen Kuscheltieren spielen. Und in meinem Zimmer rumtoben.“
Wo ist Nuckel?
Lotta schiebt den Wagen vor sich her. Doch
auf einmal – oh nein, was ist das denn? – zieht der kleine Affe sich am Rand des Puppenwagens hoch und springt aus dem Wagen. Lotta bekommt so einen Schreck! „Nuckel, was machst du denn? Komm sofort her!“, ruft sie. Aber, oh Schreck, der Affe ist nicht mehr in der Nähe. Nuckel ist nirgends zu sehen. Jetzt bekommt sie Angst. Was soll sie nur tun? Wo ist Nuckel? Ihm wird doch nichts passieren? Er ist noch so klein. Lotta kommen die Tränen. Sie bleibt mit ihrem Puppenwagen mitten auf dem Weg stehen und weint. Hätte ich Nuckel doch nicht mitgenommen, denkt sie. Plötzlich spürt Lotta Papas Arme um sich. 10
„Was hast du denn, Lotta?“, fragt er. – „Ja, ich,
„Bist du sehr böse?“, fragt sie leise. „Du, ich
ich habe ... “, schluchzt Lotta. „Ich weiß ja, das
mach das nicht nochmal, bitte entschuldige.“
ich das gar nicht machen darf, aber ich habe den kleinen Affen …“
„Ja, Lotta, das darfst du wirklich nie mehr tun“, sagt Papa. „Stell dir mal vor, der Affe wäre
Plötzlich hören Papa und Lotta ein Ge-
über den Zaun in den Löwenkäfig geklettert.“
räusch. „Ja, was ist das denn?“, fragt Papa er-
„Ja, Papa“, murmelt Lotta. „Ich mache so
staunt. „Das ist doch ein Affe. Wie kommt der
etwas nie wieder. Sollen wir uns jetzt wieder
denn hierher?“ Lotta legt den Kopf schief. „Ich,
vertragen?“ – „Na klar“, antwortet Papa.
ich hatte ihn im Puppenwagen und da …“
Lotta ist so froh, dass Nuckel wieder bei
„Lotta, das gibt es doch nicht“, sagt Papa er-
seiner Affenmama im Käfig ist. Trotzdem ist sie
schrocken. „Du weißt doch, dass du das nicht
noch ganz aufgeregt. Als sie am Abend im Bett
darfst. Darüber reden wir noch. Das war über-
liegt, deckt Papa sie zu. „Nun schlaf gut, Lotta“,
haupt nicht gut. Jetzt bringen wir erst mal den
sagt er. Aber Lotta kann nicht einschlafen. Sie
Kleinen hier zu seiner Mutter. Guck doch mal,
muss immer an den kleinen Affen denken und
wie er zittert. Er braucht doch seine Mama.“
an ihre Angst, als er weg war. Sie muss sogar
Papa läuft sehr schnell und Lotta muss sich
ein bisschen weinen. Wäre doch Mama da.
anstrengen, um mitzukommen. In ihrem Her-
Sie will ihre Mama. Genauso wie Nuckel seine
zen ist sie gleichzeitig traurig und froh. Trau-
Affenmama brauchte. „Mama“, weint sie leise
rig, weil alles schiefgegangen ist. Und froh, weil
vor sich hin. Aber Mama ist nicht da, um sie zu
Nuckel wieder da ist.
trösten. „Lieber Gott, meine Mama ist nicht da.
Im Affenkäfig ist was los! Nuckels Mama
Den ganzen Tag bin ich im Kindergarten und
macht ganz aufgeregte Töne und springt im
abends sind Papa und ich ganz allein. Kannst
Käfig hin und her. Bestimmt hat sie ihr Kind
du mir helfen?“, betet sie. Plötzlich merkt Lotta,
vermisst. Papa lässt Nuckel los. Da rennt der
dass sie in echt gar nicht allein ist. Gott ist doch
Kleine blitzschnell zu seiner Mama und klam-
da. Es wird plötzlich ganz ruhig in ihr, obwohl
mert sich fest an sie. In ihren Armen sieht
kein Mensch bei ihr ist. Sie fühlt sich innen
er fast so aus, als ob er lächeln würde. Ja, er
drin irgendwie besser, nicht mehr allein.
brauchte wohl nur seine Mama, damit er keine
„Du bist aber ein guter Tröster, lieber Gott“,
Angst mehr hatte. Auf dem Rückweg nimmt
sagt sie noch ganz leise und schon ist sie einge-
Lotta Papas Hand.
schlafen. 11
Ein Igel im Krankenwagen Lotta hat heute richtig viel zu tun. Sie ist mit
Nanu, was ist das denn? Lotta sieht etwas
ihrer grünen Kinderschubkarre unterwegs und
kleines, braunes, stacheliges. Sie fegt mit der
sammelt Zweige auf. Gestern war nämlich so
Hand die Blätter zur Seite. Das gibt es doch
viel Wind, dass einige Zweige von den Bäumen
nicht. Da liegt ja Pieksi ganz allein mitten auf
abgerissen wurden. Auch heute ist es noch
der Wiese. Die kleinen Augen sind fast ge-
etwas windig. Es riecht sogar ein bisschen
schlossen. Was macht der denn hier so alleine?
nach Regen. Papa hat Lotta geholfen, ihre roten
Der Igel sieht krank aus. Lotta muss ihm hel-
Locken zu einem Pferdeschwanz zu binden,
fen. Schnell zieht sie ihre Kinder-Tierpfleger-
damit die Haare ihr nicht so ins Gesicht fliegen.
Handschuhe an. Denn sie weiß, dass man
Trotzdem kitzeln einige Löckchen ihr Gesicht.
kranke Tiere nicht einfach so anfassen darf.
So, jetzt hat sie schon einen kleinen Haufen
Es könnte sein, dass man sonst auch eine
Zweige zusammengetragen. Sie möchte
Krankheit bekommt. Sanft streicht sie über
nämlich, dass die Igel ein schönes Versteck
den Rücken des kleinen Igels. Pieksi rollt sich
bekommen. Auf einer Wiese in der Nähe des
ein bisschen zusammen. Auf einmal kreischt
Giraffengeheges hat Lotta eine Igelfamilie
er vor Angst: ÄÄÄHHH. Fast sieht er jetzt aus
entdeckt. Und weil sie weiß, dass Igel sich
wie ein kleiner stacheliger Ball. Aber er bleibt
immer gern verstecken, will sie ihnen ein Haus
einfach so liegen und läuft nicht weg.
aus Zweigen bauen. Igel sind scheu. Aber Lotta hat sich in den
Nun weiß Lotta: Da stimmt etwas nicht. Gesunde Igel verstecken sich nämlich, wenn
letzten Tagen manchmal ganz still ins Gras
sie denken, dass sie in Gefahr sind. Was soll
gesetzt und sie beobachtet, wenn sie unter die
Lotta nun tun? Sie überlegt. Und plötzlich weiß
Hecke gekrochen sind. Besonders der kleine
Lotta, was zu tun ist. Sie legt Laubblätter in ihre
Igel gefällt ihr gut. Lotta hat ihn Pieksi genannt,
Schubkarre und setzt Pieksi vorsichtig hinein.
weil er lustige kleine Stacheln hat.
Nun hat er ein weiches Bett.
Ganz nah an der Hecke legt sie Zweige
„Pieksi“, sagt sie, „die Schubkarre ist dein
aufeinander und baut eine Versteckhöhle.
Krankenwagen. Ich bringe dich zum Tierarzt.
Nun sammelt sie noch einige Blätter auf.
Der kann dir bestimmt helfen.“
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Auf zu Doktor Wolf!
Schnell sagt sie Papa Bescheid. Papa lobt sie:
„Lotta, du bist ja eine richtige Tierpflegerin. Du hast erkannt, dass Pieksi krank ist. Doktor Wolf kann ihm bestimmt helfen.“ Lotta fasst die Griffe ihrer Schubkarre. Als sie losfährt, kreischt Pieksi wieder. ÄÄÄHHHH. „Pieksi, ich bringe dich zu Doktor Wolf. Du brauchst keine Angst zu haben. Er ist kein echter Wolf. Er heißt nur Wolf. Ja, mein kleiner Igel. Gleich geht es dir besser.“ Lotta ist richtig aufgeregt. „Jesus“, betet sie, „bitte mach, dass der Tierarzt noch da ist. Und dass er Pieksi helfen kann.“ Es ist schon spät und langsam wird es draußen etwas dunkel. Aber, oh, das ist gut, in den Tierarzträumen brennt noch Licht. Lotta klopft an die Tür. Doktor Wolf öffnet. Er schaut in die Schubkarre. „Ja, was haben wir denn da für einen Patienten? Einen kleinen Igel!“, ruft er. „Lotta, hast du ihn gefunden? Na, dann legen wir ihn mal auf den Untersuchungstisch.“ Vorsichtig nimmt er Pieksi mit beiden Händen aus der Schubkarre. Der kleine Igel zittert. Im Raum riecht es nach Pfefferminz und Arznei. Doktor Wolf untersucht Pieksi. „Lotta, gut, dass du mir den Igel gebracht hast. Er hat keine ansteckende Krankheit, und er beißt dich auch nicht. Dazu ist er zu schwach und ausgekühlt. Wir müssen ihn dringend wärmen. Und dann braucht er einen Brei, den ich ihm anrühre. 38
Weißt du was, Lotta, ich glaube, du hast den
Hand. Sie hält ihre Hand schräg, so dass der
Igel gerettet. Ohne dich wäre er wahrscheinlich
Igel halb sitzend trinken kann. „So“, sagt Doktor
gestorben.“ Der Tierarzt hält das Tier an den
Wolf, „und nun kannst du ihm von der Seite aus
Hinterbeinen etwas hoch und Lotta befühlt
immer wieder ein Tröpfchen von seinem Brei
das weiche Fell am Bauch des Igels. Tatsäch-
aus der Spritze in sein Mäulchen tropfen.“
lich, sein Bauch ist richtig kalt. Der Arzt füllt
Lotta spürt die Stacheln in ihrer Hand. Es piekt
eine kleine Wärmflasche mit warmem Wasser.
ein bisschen. Aber nicht so stark. Vielleicht, weil
„Fühl mal, Lotta, die Wärmflasche darf nicht
der Igel noch so klein ist. Ganz langsam hält sie
zu heiß sein.“ Lotta legt ihre kühlen Hände auf
die Öffnung der Spritze an das kleine Mäulchen.
die Wärmflasche. Sie fühlt sich richtig schön
Es öffnet sich ein wenig und Lotta drückt das
warm an. Nun darf sie Pieksi auf das Handtuch
erste Tröpfchen ins Maul des Igels. „Gut machst
über der Wärmflasche legen. Der kleine Igel
du das!“, lobt Doktor Wolf. „Mach so weiter, im-
sieht wirklich ziemlich dünn aus und hat nun
mer schön langsam, damit der Kleine sich nicht
die Augen geschlossen. „Lotta, kannst du ein
verschluckt.“ Lotta schaut den kleinen Igel an.
bisschen bei dem Igel bleiben?“ Lotta nickt.
Sie möchte am liebsten ganz lange nur hier sitzen
Sie zieht sich einen Stuhl neben den Untersu-
und ihm das Futter eintröpfeln. Ich habe ihn
chungstisch und beobachtet den kleinen Igel.
gerettet, denkt sie glücklich. „Danke, Jesus,
Bald öffnet sich die Tür wieder. Doktor Wolf
dass du mir dabei geholfen hast“, betet sie leise.
kommt mit einer Spritze in der Hand in den
„Ich bin so froh, dass du alle Tiere kennst.
Untersuchungsraum. Lotta schaut ihn erschro-
Ich glaube, du kennst nicht nur alle Tiere, son-
cken an. „Du gibst aber dem kleinen Igel keine
dern auch jedes Kind und kümmerst dich um
Spritze, oder?“ – „Nein, Lotta. Schau mal, an
uns. Du weißt sogar, wo wir sind, wenn wir
dieser Spritze ist keine Nadel. Ich habe einen
uns versteckt haben. Danke, dass du uns helfen
Brei angerührt, der dem Igel hilft, kräftig zu
kannst, wenn wir Hilfe brauchen. Danke für
werden. Der ist in der Spritze. Traust du dich,
Doktor Wolf und auch für die anderen Ärzte.
ihn damit zu füttern? Er hat ja so ein kleines
Aber du bist der beste Arzt.“ Irgendwann ist
Maul, er kann immer nur ein paar kleine Tröpf-
die Spritze leer. Und nun – oh, ist das schön! –
chen schlucken.“ Lotta nickt. Doktor Wolf zeigt
öffnet der kleine Igel sein Maul und gähnt.
ihr, wie sie den Igel halten kann. Pieksi liegt
Das sieht fast aus, als ob er lacht. „Gute Nacht,
nun mit dem Rücken nach hinten in Lottas
Pieksi“, flüstert Lotta und lächelt. „Schlaf gut.“ 39