Ingo Marx
Seite an Seite Paare 端ber das Geheimnis ihrer Ehe
Die Interviews im Überblick
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Cae und Eddie Gauntt über gemeinsame Bühnenerfahrungen, Treue und Humor
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Nicole und Markus Schenderlein über eine Ehe mit Rollstuhl, eine Beziehung auf Augenhöhe und die typischen Probleme mit Sex und Kommunikation
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Margot und Günter Steinberg über ihre Traumhochzeit, die Ehekrise und den Neuanfang
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Silke und Lutz Meseck über Gleichberechtigung, Rollenverteilung und Familienleben
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Lena und Titus Müller über eine romanreife Liebesgeschichte, Bio-Lebensmittel und Kompromisse
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Eva und Pit Prawitt über alte Muster, neue Wege und eine Pilgerreise, die ihre Ehe gerettet hat
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Ruth und Tobias Schuffenhauer über einen langen Anlauf, Schmetterlinge im Bauch und den nüchternen Alltag nach der Hochzeit
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Franziska und Frank Rothgerber über einen komplizierten Anfang, das Abenteuer Mallorca und ihre Patchworkfamilie
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Anne und Nikolaus Schneider über Vertrauen, den Verlust ihrer Tochter und gemeinsames Altern
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Vorwort »Ein perfektes Paar« – ich kann mir kaum vorstellen, dass auch nur eins der Ehepaare sich mit diesem Titel wohlfühlen würde. Angesichts der Kleinigkeiten des Alltags und der Herausforderungen des Lebens wissen »Er« und »Sie« längst, dass es nicht darum geht, perfekt zu sein. Ehrlich lassen uns neun Paare Anteil haben an ihrer ganz eigenen Geschichte. Manche von ihnen sind erst seit Kurzem verheiratet, andere schon seit Jahrzehnten. Sie haben Krisen erlebt und gemeinsam das Leben gefeiert. Sie sind hingefallen und wieder aufgestanden. Sie lieben und sie streiten sich. Sie haben verblüffende Gemeinsamkeiten entdeckt und fordern sich in ihrer Unterschiedlichkeit gegenseitig heraus. Ihre Ehe führen sie so gut sie können. Mal gelingt es ihnen besser, mal schlechter. Entscheidend ist: Sie haben »Ja« zueinander gesagt, und sie stehen nach wie vor dazu. Sie haben sich gefunden und sind noch immer zusammen. Seite für Seite erzählt dieses Buch davon, wie sie ihr Leben Seite an Seite meistern. Mir hat jedes einzelne Gespräch geholfen, neu über meine eigene Ehe nachzudenken. Es ist gut, einfach mal zuzuhören, wie andere die Dinge sehen, wie sie ihre Beziehung 8
leben, vor welchen Herausforderungen sie stehen und wie sie ihre Krisen meistern. Vielleicht ist Ihnen der eine oder andere Name meiner Interviewpartner bekannt und der von anderen eher nicht. Im Grunde ist das auch gar nicht so wichtig. Selbst wenn es einen gewissen Reiz hat, »Promi-Paaren« zuzuhören, ist es mindestens genauso interessant, Anteil zu nehmen an den Erfahrungen ganz »normaler« Ehepaare. Ich war übrigens sehr erleichtert, als sich herausstellte, dass beispielsweise der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, und seine Frau Anne solch ein ganz normales Paar sind. Allen Ehepaaren danke ich, dass sie mir – und damit auch Ihnen, liebe Leser – Einblick in ihr Leben gewährten. Lassen Sie sich von den Interviews inspirieren! Sei es, dass Sie angesichts einer persönlichen Lebenslage mit Ihrem Partner ermutigt werden oder einfach wieder ins Gespräch miteinander finden. Ich kann mir vorstellen, dass etliche Ehen allein deshalb in die Brüche gehen, weil einfach nicht mehr miteinander gesprochen wurde. Nehmen Sie sich Zeit zum Zuhören und Reden! Seite an Seite. Und vergessen Sie nicht: Wir müssen alle keine perfekten Paare sein! Ingo Marx
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Cae & Eddie Gauntt »In unserer Ehe können wir zu Hause sein«
Beide stammen aus Texas ( USA ), beide haben an der Baylor University Gesang studiert. Und dann kam die Liebe. Aus zwei Solisten wurde ein Duo. Aber nur im Privat leben, denn musikalisch gingen Cae und Eddie Gauntt ganz unterschiedliche Wege. Während es sie mehr Richtung Musical und Popmusik zog, entschied er sich für die Oper. 1978 kamen sie gemeinsam nach Europa. Eddie hatte ein Stipendium an der Wiener Staatsoper bekommen, Cae einen Vertrag im Theater an der Wien. 1983 bot sich ihr die Chance einer Hauptrolle im Musical Cats, doch sie lehnte ab und ging mit ihrem Mann nach Deutschland. Eddie bekam zunächst ein festes Engagement in Krefeld, später dann in Karlsruhe, wo er – ausgestattet mit dem Titel des Kammersängers – bis heute tätig ist. Was mich als Fußballfan besonders begeistert: Beim EM Finale 2008 sang er die deutsche Nationalhymne. Cae feierte in der Zwischenzeit Erfolge als Solokünstlerin im Popbereich. Mittlerweile trifft man die beiden aber auch musikalisch immer häufiger als Duo. Cae und Eddie Gauntt haben zwei Söhne, die längst erwachsen sind. Einen Termin für das Interview zu finden, war nicht ganz einfach. Warum, das erfahren Sie auf den nächsten Seiten. Ich finde, die Mühe hat sich gelohnt, denn Begegnungen mit den Gauntts machen in der Regel großen Spaß. Über ihre Ehe habe ich mit ihnen allerdings bisher noch nie gesprochen – bis zu diesem Nachmittag.
Cae, Eddie, ihr seid schon mehr als drei Jahrzehnte miteinander verheiratet. Ist das nicht unglaublich langweilig, immer mit demselben Partner zusammen zu sein?
Sie: Also, ich kann nur für mich sprechen. Ich bin sowieso zwanzig Frauen in einer … Er: … mindestens. Sie: Und es ist eine lebenslange Aufgabe, Eddie das beizubringen. Er: Langweilig wird’s nie. Wir haben immer etwas zum Freuen oder zum Streiten. Cae, auf deinem Album »Was uns bleibt« gibt es einen Song namens »Ruhiger bei Dir«. Du hast ihn zwar nicht selbst geschrieben, aber im Booklet steht darüber »Für Eddie«. Er beginnt mit den Worten: »Nie warst du mir lieber, nie warst du mir näher.« Warum hast du Eddie nach all den Jahren dieses Lied gewidmet?
Sie: Damit er das weiß. Das Lied drückt es genau so aus, wie ich es empfinde. Der riesige Vorteil daran, so lange mit jemandem verheiratet zu sein, ist, festzustellen, dass die Ehe ein Zuhause geworden ist. Man kann die Wände neu streichen und neu möblieren, aber Eddie ist und bleibt mein Zuhause. Und bei ihm ist alles besser, ruhiger, harmonischer. Cae & Eddie Gauntt
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Wenn es nach mir ginge, sollte er immer bei mir sein. Also, wenn es nach mir ginge. Das würde ihm natürlich auf den Keks gehen. Er: Äh, ja. Sie: Aber es ist einfach so. Das Leben lässt sich eher bewältigen, wenn wir es zusammen gestalten. Er: Ja! Sie: Das kannst du nicht wissen, Ingo, dazu fehlen dir noch zwanzig Jahre Ehe, aber das ist eben das große Plus. Das Lied geht weiter: »Die Zeit nimmt uns die Schönheit nicht.« Wenn ich mir eure Hochzeitsbilder anschaue, dann sehe ich tatsächlich ein unglaublich gut aussehendes Paar. Aber wir werden ja alle älter, oder? Was bedeutet diese Liedzeile für dich, Eddie?
Er: Was heißt schon »schön«? Wir sind beide nicht die, die wir waren. Wenn wir wirklich die Gleichen wären wie vor 30 oder 35 Jahren, würden wir wohl nicht mehr heiraten. Ich finde meine Frau heute schön, ich fand sie damals schön. Wir passen zusammen. Das ist eine andere Schönheit. Ich habe einen anderen Blickwinkel als damals. Man kann immer jüngere Frauen angucken und denken: »Oh, die sind hübsch.« Aber wir sind füreinander geschaffen und haben uns geschliffen, bis heute. Es geht bei Schönheit nicht nur um das Aussehen. 14
Cae & Eddie Gauntt
Würdet ihr sagen, dass ihr heute noch verliebt seid?
Er: Ich würde sagen »Ja«, anders … aber »Ja«. Was ist anders?
Er: Ich glaube, früher war es mehr dieser körperliche Drang, sich einander zu nähern. Sie: [lacht] … eigentlich nur. Was du so alles erzählst, Eddie. Er: Er wollte es wissen … Sie: Also, ich würde zu dem Thema die Gegenfrage stellen: »Was ist verliebt?« Wenn verliebt zu sein heißt: Ich kann nicht schlafen, ich kann nicht essen, ich denke nur noch an dich, ich bekomme einen Herzkasper, wenn ich an dich denke – dann bin ich nicht mehr verliebt. Aber wenn Verliebtsein heißt, den anderen glücklich machen zu wollen, dann bin ich verliebt. Oder wenn es heißt, das Beste aus mir zu machen, damit er mich attraktiv findet, dann bin ich noch verliebt. Er: Es gab mal eine Situation, da lag Cae ohnmächtig auf dem Boden, und ich dachte, sie stirbt. Die Vorstellung, ich müsste ohne sie weiterleben, ist furchtbar. Unser Leben ist einfach viel reicher miteinander. Ich möchte nicht ohne Cae leben. Das ist nicht die Art Verliebtheit eines jungen Mannes, der mit 22 Jahren geheiratet hat. Es ist etwas, das über die Jahre gewachsen ist. Cae & Eddie Gauntt
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