w w w . l y dia . n e t
Persönlich. Echt. Lebensnah. D 12013 ISSN 0939-138X
1/2014 sfr 5,60 3,20 (A)
3,10
demenz
Mein langer Weg zum Traumberuf
Sehnsucht nach Zuhause umdenken
Die Kunst des Lobens K I NDE R P A R T Y
Bettina Becker
Feiern ohne Stress
Mutige Schritte wagen „Einfach losgehen und schauen, was passiert“
„Gottes Macht ist nicht unsichtbar. Sie ist real. Wenn wir stets auf ihn blicken, holt er uns aus Zwängen heraus, die uns in Furcht gefangen halten. Wir schaffen das Unmögliche, indem wir uns auf den Gott konzentrieren, bei dem alle Dinge möglich sind.“
Aus: „Der Angst keine Chance. Mein Weg zu einem Leben ohne Furcht“ (Gerth Medien)
Aus: Ein Tr aum
w i r d wa h r
(G e r t h M e d i e n )
C h risti n e C ai n e
Ganz persönlich Ellen Nieswiodek-Martin
Den Vertrauensmuskel stärken „Mut ist Angst, die gebetet hat“, sagte Corrie ten Boom einmal. Eine meiner mutigsten Entscheidungen traf ich vor über zehn Jahren: Ich fragte bei einem Magazin an, ob ich – damals fünffache Mutter – dort ein journalistisches Volontariat in Teilzeit machen dürfe. Dazu muss man wissen: Zeitungsredaktionen bieten üblicherweise nur Ausbildungsplätze in Vollzeit an. Journalismus ist keine besonders familienfreundliche Branche. Studiert hatte ich auch nicht. Tagelang schlich ich um das Telefon herum, suchte die richtigen Worte, traute mich nicht, die Tasten zu drücken. Die ganze Idee schien mir zu verrückt. War die Absage nicht schon klar? Ich beschloss, alles in Gottes Hand zu legen und einfach anzurufen. „Die Idee hat Charme“, sagte der Redaktionsleiter und forderte mich auf, meine Bewerbungsunterlagen einzusenden. Es war noch ein holpriger Weg, auf dem einige Steine herumlagen. Aber ich bekam die Stelle. Die Entscheidung hat dazu geführt, dass ich heute dieses Editorial schreibe. Ich traute mich, diesen Schritt zu gehen, weil ich das Vertrauen hatte, dass Gott mich den richtigen Weg führen wird. Wie meine Geschichte weiterging, erfahren Sie auf Seite 76. Auch Elisabeth Mittelstädt hat eine mutige Entscheidung getroffen und mir die redaktionelle Leitung der LYDIA übertragen. Ein großer Schritt nach 28 Jahren! Ich danke ihr für das Vertrauen und wünsche ihr für den neuen Lebensabschnitt Gottes Segen und Bewahrung. Schon von klein auf brauchen wir Mut. Den Mut, Mamas Hand loszulassen und die ersten wackeligen Schritte zu gehen. Mut, alleine die Rutsche hinunterzusausen. Mut, im Kindergarten alleine zu bleiben. Mut, in einer Gruppe die
Wer einmal erlebt hat, wie Gott trägt und für uns sorgt, der vertraut beim nächsten Mal schneller.
eigene Meinung auszusprechen. Mut, über den Glauben zu reden. Mut, eine ungewöhnliche oder unbequeme Entscheidung zu treffen. Sicher fallen Ihnen noch viele weitere Beispiele ein. Mutig sein bedeutet, die Angst wahrzunehmen, aber uns nicht von ihr beherrschen zu lassen. Natürlich kann Angst ein gesundes Warnsignal sein – etwa bei Glatteis oder Gewitter: Achtung, es wird gefährlich! Aber mal ehrlich, im Alltag ist es oft eine andere Angst, die uns lähmt: die Angst vor Unbekanntem, vor der Meinung anderer, die Angst zu scheitern oder abgelehnt zu werden. Deshalb entscheiden sich Menschen meistens für etwas, das ihnen vertraut erscheint. Psychologische Studien bestätigen das. Scheinbar sitzt die Furcht vor dem Fremden – aber auch vor Veränderung und Risiko – tief in uns Menschen. In dieser Ausgabe berichten Frauen, wie sie ihre Angst überwunden haben. So unterschiedlich ihre Situationen sind – alle haben eines gemeinsam: Sie vertrauten darauf, dass Gott einen guten Plan für ihr Leben hat. Dass er sie auf den richtigen Weg führt. Wer einmal erlebt hat, wie Gott trägt und für uns sorgt, der vertraut beim nächsten Mal schneller. Ein Pastor sagte kürzlich: „Indem wir immer wieder üben, Gott zu vertrauen, trainieren wir unseren Vertrauensmuskel.“ Stärken wir also unsere Vertrauensmuskeln! Wenn Sie mögen, schreiben Sie uns Ihre Gedanken und Erfahrungen zu diesem Thema. Wir freuen uns darüber! Viel Freude und persönlichen Gewinn beim Lesen wünscht Ihnen Ihre Ellen Nieswiodek-Martin
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{persönlich}
3 Ganz persönlich Den Vertrauensmuskel stärken Ellen Nieswiodek-Martin
12 Träume, Tränen und Talar Wie ich Minderwertigkeitsgefühle überwand und mit Mitte 40 neue Schritte wagte. – Angelika Rühle 16 Gott hat den besseren Plan Aufbruch nach Afrika – Lena Mudersbach 22 Sammelwut und Schläge Blaue Flecken und eine schwere Entscheidung: Meine Kinder hatten Angst vor ihrem eigenen Vater – doch ich wollte alles versuchen, um unsere Familie zu retten. – Ute Grammstedt 54 Abschied von meiner Mutter Schätze und Schmerz im Land des Vergessens – Interview mit Amy Grant 68 Meine Geschichte Mein Leben mit Aids – Ruth Robles
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Mut ist wie ein Sprung ins Leben!
72 Heilige heute Frauen wie wir • Der Traum Lore Müller • Die Rückspiegel-Lektion Johanna Gottschalk • „Wohnen Sie in der Grummelstraße?“ Helen Lescheid
Mutige Schritte wagen
6 Losgehen und schauen, was passiert ...
Interview mit Bettina Becker T i te l f o t o : E l l e n N i e s w i o d e k -M a r t i n
{echt} 14 Meine Meinung Was war Ihre mutigste Entscheidung im Leben? 20 Girl Talk Mein Vater und ich – Michelle Tolentino 26 Der Angst ins Gesicht schauen Kindheitserlebnisse neu bewerten und Freiheit erleben – Esther Lieberknecht 28 Mut ist wie ein Sprung ins Leben! Rosemarie Dingeldey 32 Mit Gott träumen – Stacy Eldredge 58 Die mutige Frau aus Sprüche 31 Von der Messlatte zum Segen: Wie ein uraltes Gedicht mein Leben revolutionierte – Rachel Evans 81 Sag mal, ... Fragen an die Frau von Pontius Pilatus 82 Nachgedacht Die Sache mit den Vorsätzen Beate Nordstrand
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Mit Gott träumen
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Gott hat den besseren Plan
{inhalt}
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Die Schöne und der Held
{lebensnah} 18 Nachgefragt „Meine zehnjährige Tochter will Diät machen!“ Annemarie Pfeifer
54 Amy Grant: Abschied von meiner Mutter
36 Nur ein kleiner Satz ... Im Alltag vom Glauben reden: So wird Christsein ansteckend! – Birgit Fingerhut 40 Gottes Treue neu entdecken – Interview mit Dania König 41 Die Kunst des Lobens – Gretchen Hilbrands 45 Die Schöne und der Held Feste feiern mit Kindern – Tabita Schier 48 Die kleine Decke – Bärbel Löffel-Schröder 50 Unter uns Müttern Mit offenen Händen – Saskia Barthelmeß 52 Warten auf die Erinnerung – Ellen Nieswiodek-Martin
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Die Frau aus Sprüche 31
56 Anker der Identität Vom Leben und Glauben demenzkranker Menschen – Karin Ackermann-Stoletzky 64 Der Umzug – Maria Czerwonka
{service} 10 Für Sie gelesen 38 Liebe Leser 48 Schmunzeln mit LYDIA 62 LYDIA kreativ – Imke Johannson 76 Gut informiert, Neu inspiriert 80 Leserbriefe 81 Impressum
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Mutige Schritte
Lena Mudersbach
Gott hat den
besseren Plan Aufbruch nach Afrika Lena hatte eine gute Stelle als Industriekauffrau. Sie wünschte sich mehr und wollte ein Studium beginnen. Aber immer wieder tauchte der Gedanke auf, nach Afrika zu gehen und auf einer Missionsstation zu arbeiten. Alle Versuche, diese Idee zu ignorieren, scheiterten. Trotzdem dauerte es eine Weile, bis sie erkannte: Gottes Plan war besser als ihr eigener …
„Mzungu, Mzungu!“, riefen die Kinder hinter mir her. Übersetzt bedeutet das so viel wie: „Weiße, Weiße!“ Zusammen mit einem Team waren wir zu einer „Von-Türzu-Tür“-Evangelisation in den abgelegenen Dörfern Kenias unterwegs. Für die Menschen hier ist es etwas Besonderes, Weiße zu sehen. In einer Hütte aus Lehm traf ich Faith. Sie ist 25 und hat vier Kinder; ihre älteste Tochter ist bereits zwölf Jahre alt. Die Hütte hat weder Fenster noch Betten. Der Boden ist mit Kuhmist bestrichen, denn das hält Käfer fern. Wir sind im gleichen Alter und leben in so unterschiedlichen Welten. Was ich in Kenia erlebte, war nicht leicht zu verkraften. Aber es war genau das, was ich mir gewünscht hatte: Ich lernte eine fremde Kultur kennen. Schon immer hatte ich mich dafür interessiert, wie Menschen
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in fernen Ländern ihren Alltag bewältigen und ihren Glauben leben. Immer wenn ein Missionar im Gottesdienst über seine Arbeit in Afrika, Asien oder Lateinamerika berichtete, war ich fasziniert von den Geschichten, die er erzählte. In den vergangenen Jahren hatte ich mehrere missionarische Kurzeinsätze in Entwicklungsländern gemacht. Weiterbildung und Karriere In meinem Alltag spiegelte sich dieses Interesse nicht wider: Ich hatte einige Jahre als Industriekauffrau gearbeitet. Aber das reichte mir nicht. Ich wollte mein Wissen ausbauen, andere Aufgaben bekommen. So meldete ich mich für die Aufnahmeprüfung zu einem BWL-Studium an. Immer wieder musste ich aber an die Missionare denken, die ich kennengelernt hatte. Ich wollte erfahren, wie sie leben, was ihren Alltag bestimmt, mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben. War „Mission“ auch etwas für mich? Sollte ich für eine längere Zeit nach Afrika gehen? Ich war hin- und hergerissen. Beide Optionen konnte ich mir vorstellen: Mission oder BWL-Studium. An einem Abend betete ich mit einer Freundin dafür, dass Gott mir den richtigen Weg zeigt. Am nächsten Morgen las ich in meinem Andachtsbuch den Vers für den Tag: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen“ (Matthäus 6,33). Mir wurde klar: Gott möchte, dass ich ihn an die erste Stelle in meinem Leben
setze. Ich wollte studieren, weil ich dadurch mehr Geld verdienen könnte. Der Bibelvers erinnerte mich daran, dass ich diesen Gedanken loslassen sollte. Statt mich um meinen Lebensunterhalt zu sorgen, wollte ich Gott an die erste Stelle setzen und üben, ihm zu vertrauen. Theoretisch war mir das klar. Trotzdem war ich noch nicht überzeugt: Ich wünschte mir weitere Zeichen von Gott. Ich beschloss, zur Prüfung zu gehen. Zuvor wollte ich mit Freunden einen Kurzurlaub in der Schweiz verbringen. Dort hatte ich eine Autopanne. In der Werkstatt stellte sich heraus, dass ich auf keinen Fall mit dem Wagen nach Deutschland fahren konnte, um die Aufnahmeprüfung zu machen. Obwohl ich bereits ahnte, dass Gott etwas anderes mit mir vorhatte, ließ ich mich nicht beirren und fuhr mit dem Zug zurück, um die Prüfung abzulegen. Ich versuchte, meinen eigenen Willen durchzusetzen. Mut und Vertrauen Die Prüfung habe ich bestanden. Nun stand ich vor einem Problem. Hatte ich doch gehofft, dass ich durchfalle und sich somit diese Tür schließt! Aber nein, Gott handelte anders. Ich erkannte: Er will, dass ich ihm vertraue, obwohl andere Wege möglich sind. Am folgenden Tag las ich in einer Andacht über Lukas 9,61 den Satz: „Herr, ich will dir ja nachfolgen, aber …“ Ich war also mit meinen Zweifeln nicht allein. Der
F o t o s : P r i vat
eine will zuerst noch seinen toten Vater begraben, der andere will sich von seinen Verwandten verabschieden. Aber Jesus sagt: „Komm, folge mir JETZT!“ Weiter las ich in der Andacht: „Nimm an, Gott gibt dir eine Anweisung, die deine Vernunft infrage stellt, was machst du dann? Zögerst du oder rufst du: ‚Yippee, eine neue Herausforderung!‘?“ Diese Worte gaben den Ausschlag. Ich entschied mich, für sechs Monate zu einem Missionseinsatz nach Kenia zu gehen. Es folgten viele organisatorische Dinge, die mein Vertrauen und meinen Mut immer wieder auf die Probe stellten: Ich kündigte meine Arbeitsstelle. Für meine Wohnung suchte ich einen Zwischenmieter. Als ich meine Familie und meine Freunde informierte, traf ich nicht nur auf Zustimmung und Verständnis. Einige waren scho-
ckiert, wie man einen sicheren Job aufgeben kann für einen solchen Einsatz. Aber viele haben mich auch ermutigt. Endlich in Afrika Ich selbst hatte keinen Zweifel mehr daran, dass Gott mich in Kenia haben wollte. Ich freute mich darauf, zu sehen und zu erleben, was er mir zeigen wollte. So brach ich erwartungsvoll auf. Zwei Kollegen holten mich am Flughafen ab und wir fuhren zu der Missionsstation. Meine ersten Eindrücke von Nairobi: Es ist heiß, voll und laut! Ich arbeitete in unterschiedlichen Bereichen mit. In einer Schule im Slum von Nairobi führten wir Kindergottesdienste durch, sangen mit den Kindern Lieder und erzählten ihnen Geschichten aus der Bibel. Zum Abschluss teilten wir ein kleines Mit-
tagessen aus. Es bestand aus Toastbrot mit Margarine und einem Glas verdünnten Orangensaftkonzentrat. Eines Tages las ich in den Nachrichten, dass morgens eine Bombe in dem Kindergottesdienstsaal explodiert war. Ich war schockiert und dankte Gott dafür, dass er uns bewahrt hatte. Aber mir wurde auch bewusst, dass die Menschen dort jeden Tag mit solchen Bedrohungen lebten. Bei Wochenendeinsätzen gewöhnte ich mich daran, in einer Lehmhütte zu schlafen, in der nebenan die Hühner saßen. Bei Regen tropfte es schon mal durch das Dach. Duschen konnte man nur mit kaltem Wasser. Armut und Gastfreundschaft Am meisten bedrückte mich die Situation der Kinder. Viele haben keine Eltern mehr. Fortsetzung auf Seite 19
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Scheidung
U t e G r amm s t e d t
Sammelwut und Schläge Blaue Flecken und eine schwere Entscheidung: Meine Kinder hatten Angst vor ihrem eigenen Vater – doch ich wollte alles versuchen, um unsere Familie zu retten.
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Zehn Kilo Zucker und Mehl in der Küche? Als ich mit 22 meinen Mann kennenlernte, wunderte mich so manches in seiner Wohnung und seinem Leben. Er erzählte mir, wie er einmal eine Lampe zerschmettert hatte, als er auf seine Mutter wütend war. Außerdem forderte er viel von mir und verlangte von mir, dass ich den Kontakt zu einigen meiner Freunde abbrechen solle. Aber ich schob alle Bedenken beiseite. Denn ich war verliebt und der festen Überzeugung, dass wir durch unseren gemeinsamen Glauben
sen Sitzungen: „Wenn Ihre Tochter ihrer Lehrerin erzählt, was zu Hause passiert, ist sie schneller weg, als Sie gucken können!“ Doch mein Mann hörte nicht darauf. Die Gewalt ging weiter. Er schlug sie immer wieder und zertrümmerte Dinge vor ihren Augen und vor ihrer Schwester. Er hatte keine Skrupel.
ach unserer Hochzeit packte ich seine Umzugskartons aus. Dabei entdeckte ich Medikamente, die seit Jahren abgelaufen waren, und warf sie in den Müll. Wütend holte mein Mann sie wieder aus der Tonne. So begann unser erster heftiger Ehekrach. Seine plötzliche Aggression machte mir Angst. Wir begannen, zwei Haushalte zu führen: seine Dinge und meine Dinge. Denn natürlich musste er die Medikamente aufheben. Für „seine Dinge“ brauche er in unserer Drei-Zimmer-Wohnung ein ganzes Zimmer für sich, meinte er, zumindest bis er „Zeit habe aufzuräumen“. Auch neben seiner Doppelbettseite stellte er allen möglichen Kram ab. So war der Pfad zu seinem Bett mal mehr und oft eher weniger breit.
te ich nicht mehr betreten, er brauchte ihn für „seine Dinge“. In der Wohnung standen zeitweise diverse Schränke, kaputte Waschmaschinen und anderer Hausrat, den er noch brauchte oder reparieren wollte. Das galt auch für den Garten und den Geräteschuppen. Er machte sich immer breiter, füllte nach und nach alle Räume mit seinem Kram. Es war klar: Ich hatte einen Messie geheiratet. Ich zog mich immer mehr zurück. Wenn ich das Problem ansprach, wusste ich nie, wie er reagieren würde. Oft sprach er überhaupt nicht mit mir, machte Dinge kaputt und schmiss etwas herum. Oder schlimmer: Er ließ seine Wut an den Kindern aus, schrie sie an und suchte Streit. Seine Launen waren unberechenbar. Sie machten mir Angst – und den Kindern!
Angst und Geheimnisse Ich hatte Angst, ließ aber niemanden hinter die Kulissen unserer Familie schauen. Um meine Töchter zu schützen, stellte ich mich vor sie. Aber im Grunde war ich hilflos. Meine ältere Tochter nahm alles sehr ernst und schwer, zu schwer für ihr Alter. Lachen und Fröhlich-Sein war anstrengend für sie, und sie fand schwer Anschluss in der Klasse. Unsere Therapeutin sagte zu meinem Mann: „Wenn Sie Ihre Ehe retten wollen, bestellen Sie einen Container für Sperrmüll. Aber suchen Sie sich vor allem jemanden, der Ihnen hilft, Ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen.“ Darauf sagte er: „Das will ich nicht hören“, und brach die Therapie ab. Nach der Geburt unserer dritten Tochter starb seine Mutter. In dieser Krise schlug er auch mich. Einmal haute er mir mit der Faust auf die Nase – gegen mein Brillengestell. Die Narbe ist bis heute zu sehen.
Schlimme Alarmzeichen Nach zehn Monaten Ehe wurde ich schwanger. Wir freuten uns und waren glücklich. Ich hoffte darauf, dass sich nun alles ändern würde. Doch seine Wutausbrüche hörten nicht auf. Einmal stritten wir uns am Auto. Ich stand mit meinem Baby-Bauch an der Beifahrerseite neben der geöffneten Tür, er saß am Steuer. Plötzlich fuhr er los! Wäre ich nicht zur Seite gesprungen, hätte er mich – und unser Kind! – mit der Tür gerammt und umgefahren. Später entschuldigte er sich, doch ich blieb in Alarmbereitschaft. Innerhalb von 17 Monaten bekamen wir zwei gesunde Töchter und zogen in eine größere Wohnung mit größerem Keller und Garten. Nun wurde seine Sammelwut zu einem ernsten Problem. Den Keller konn-
„Sie weint nach innen“ Als unsere älteste Tochter im Kindergartenalter war, fing er an, sie zu schlagen. Das geschah, wenn sie ihm nicht „gehorchte“, er sauer oder einfach überfordert war. Unsere Tochter war bald so verstört, dass sie gelegentlich wieder einnässte. Eines Tages sagte eine ältere Frau zu mir: „Sie weint nach innen.“ Das rüttelte mich auf. Ich konnte die Augen nicht länger vor den ernsthaften Problemen verschließen. Ich ging alleine zu einer Therapeutin: für meine Kinder. Gleichzeitig begann unsere älteste Tochter eine Spieltherapie. Mein Mann zuckte nur die Schultern und kam nicht mit. Nach einiger Zeit ging er doch mit und es begann eine jahrelange Paar-Therapie. Inzwischen wurde unsere Älteste eingeschult. Die Therapeutin warnte uns in die-
Glaube und Gewalt Immer wieder fragte ich mich: ‚Wie kann er seinen Glauben und sein Engagement in der Gemeinde mit seinem Verhalten in der Familie vereinbaren?‘ Bei Anfragen aus der Gemeinde war er immer da – hilfsbereit, freundlich, liebenswert. Anders kannte ihn dort niemand. Ich dagegen entschied mich, eine Leitungsaufgabe in der Gemeinde aufzugeben, denn unsere zwei großen Töchter hatten Angst, mit ihrem Vater alleine zu sein. Oft kam es zu Übergriffen, wenn ich nicht anwesend war. Aber würde mir das jemand glauben? Keiner merkte etwas von der Gewalt, die immer schlimmer wurde. Ich war inzwischen eine Meisterin im Verstellen und Verstecken geworden. Einmal schlug er mich derart hart ins Gesicht, dass ich umfiel
an Gott alles bewältigen konnten.
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Angst
Esther Lieberknecht
angst
Der ins Gesicht schauen
Kindheitserlebnisse neu bewerten und Freiheit erleben
Kennen Sie auch solche Situationen, in denen Sie absolut überreagieren? In denen Sie sich fragen: „Warum habe ich bloß so große Angst?“ Oder: „Warum bin ich bloß so wütend? Das ist doch eigentlich gar nicht so schlimm!“ Lange Zeit geriet ich jedes Mal in Panik, sobald ich die ersten Anzeichen einer möglichen Erkrankung bemerkte. Ich sah mich schon im Krankenhaus, den schlimmsten Behandlungen ausgeliefert. Viele Jahre lang war mir diese extreme Reaktion ein Rätsel. Bis ich meine erste Kindheitserinnerung näher unter die Lupe nahm …
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ch liege in einem Gitterbett aus kaltem, glänzendem Metall. Ich kann nicht weg, bin eingesperrt. Ich bin allein im Zimmer. Schreien hilft nichts. Ich bin krank und der Welt des Krankenhauses ausgeliefert. Ich bin ein vierjähriges Mädchen und wegen Scharlach in Quarantäne. Da sich niemand anstecken soll, darf nur eine Krankenschwester ins Zimmer. Es ist niemand da, der mich tröstet, in den Arm nimmt, mit mir spielt. ‚Sie haben mich vergessen!‘, denke ich immer wieder. ‚Wo ist meine Mama? Wo ist mein Papa, wo sind meine Geschwister?‘ Endlich tut sich etwas vor der großen Fensterscheibe zum Flur hin. Leute laufen vorbei. Aber sie bleiben nicht stehen. Da, ein Klopfen an der Scheibe. Meine Mutter steht davor. ‚Sie hat mich doch nicht vergessen!‘, denke ich. Meine Mutter lächelt und winkt. Sie holt eine Puppe hervor und zeigt sie mir. Das ist deine Puppe, gibt sie mir zu verstehen. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht. Nachdem meine Mutter gegangen ist, kommt die Krankenschwester und bringt mir die Puppe. Glücklich nehme ich die Puppe in den Arm. ‚Sie haben mich doch nicht vergessen‘, denke ich immer wieder. ‚Meine Mama ist da. Wenn ich wieder gesund bin, holt sie mich ab. Die Puppe ist das Zeichen dafür.‘ Das Angst-Programm Dieses Erlebnis hat sich tief in mein Herz gegraben. Deshalb die überdimensionale Angst bei den kleinsten körperlichen Symptomen, die eine Krankheit ankündigen könnten. Ich spulte immer wieder das gleiche Programm ab: das Angst-Programm. Die Angst trennte mich von anderen Menschen. Ich fühlte mich allein auf der Welt. Manchmal schaffte ich es noch nicht mal, mit meinem Mann über meine Gefühle zu sprechen. Die Angstgefühle traten besonders dann auf, wenn ich körperlich erschöpft war. Schritte in die Freiheit Ja, dieses Kindheitserlebnis hat mich geprägt. Doch heute bin ich erwachsen und kann mich entscheiden, als erwachsene Frau damit umzugehen. Für mich war es wichtig, den Schmerz der Trennung von meiner Mutter noch
einmal zu spüren. Als ich diese Kindheitserinnerung in meiner Schreibgruppe vorlesen wollte, ging es fast nicht, weil ich mit den Tränen kämpfte. Diese Trauer habe ich zugelassen und bewusst empfunden. Nach der Trauer kam die Wut: „Warum hat meine Mutter das zugelassen? Gab es keine andere Möglichkeit, als mich allein zu lassen?“ Auch dieses Gefühl habe ich mir erlaubt: „Ja, ich bin wütend darüber, wie sie damals mit mir umgegangen ist!“ Um zu einer neuen Bewertung zu kommen, wollte ich die Sicht meiner Mutter kennenlernen. So traf ich mich mit ihr zu einem Gespräch über all meine Fragen: Wie hat sie es erlebt, mich wegzugeben? Hat sie auch darunter gelitten? Gab es keine andere Lösung? Warum nicht? Ihre Perspektive hat meine Sichtweise relativiert. Meine Beziehung zu Gott hat Vergebung ermöglicht. In dem von Gott geschenkten Frieden konnte ich meiner Mutter verzeihen und selbst Frieden bekommen über dieser Erinnerung. Meine Angst-Strategie Meine Ängste sind zwar noch immer nicht restlos verschwunden, aber ich habe eine Strategie entwickelt, damit umzugehen: Der Angst ins Gesicht schauen. Ich versuche so früh wie möglich zu erkennen: „Achtung, du hast Angst!“ Wenn ich es schaffe, in dieser Phase zu meinem Mann zu sagen: „Ich habe Angst!“, stelle ich mich der Angst in den Weg. Ich schaue ihr ins Gesicht und durchbreche die Isolation, die sonst eintreten würde. Wir können dann darüber reden und die Angst verliert ihre Macht über mich. Der Angst einen Namen geben. Wenn ich der Angst einen Namen gebe, kann ich inzwischen manchmal sogar darüber lächeln. Zum Beispiel sage ich dann: „Hallo, da bist du ja wieder, meine ‚Ich-binkrank‘-Angst! Oder meine ‚Ich-kann-dasnicht‘-Angst! Oder meine ‚Es-ist-mir-alleszu-viel‘-Angst!“ In Bewegung bleiben. Mich in der Angstsituation hinzusetzen und zu grübeln hieße, mich der Angst zu überlassen. Deshalb frage ich lieber: „Wie kann ich mich jetzt entspannen und ablenken?“ Die Antwort kann zum Beispiel ein Spaziergang mit dem Hund oder ein Treffen mit einer
Freundin sein. Oder ein spannendes Buch lesen. Oder Wäsche bügeln. Oder einen Brief schreiben. Durch diese Aktivitäten unterbreche ich die Angstspirale. Ich setze der Angst eine Aktion entgegen und sie hat keinen Platz, Raum zu gewinnen. Im Rachen der Angst Wenn ich Angst habe, fühle ich mich meist einsam und von Gott verlassen. Die Verbindung zu ihm ist wie abgeschnitten. Doch mit dem Gebet „Herr, ich habe Angst!“ stelle ich diese Verbindung wieder her. Ich erinnere mich an Gottes Zusagen. Zum Beispiel: „Ich werde dich nie verlassen und dich nicht im Stich lassen“ (Hebräer 13,5). Oder: „Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Welt“ (Matthäus 28,20).
Die Angst trennte mich von anderen Menschen. Ich fühlte mich allein auf der Welt. Manchmal schaffte ich es noch nicht mal, mit meinem Mann über meine Gefühle zu sprechen. Oder: „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine schützende Hand über mir“ (Psalm 139,5). Ein Vers aus dem Buch Hiob macht mir Gottes Nähe und Schutz besonders bewusst: „Auch dich lockt er aus dem Rachen der Angst in einen weiten Raum, da keine Bedrängnis mehr ist“ (Hiob 36,16). Dieses Bibelwort ist zu einem Anker in meinem Leben geworden. Das Thema Angst begleitet mich bis heute. Den „weiten Raum“ zu erobern ist ein Prozess. Doch dieser Prozess hält mich in der Nähe zu Gott. Ich lerne ihn und mich selbst besser kennen. Dafür bin ich dankbar und will Gott jeden Tag vertrauen, dass er bei mir ist. Stärker als meine Angst. Esther Lieberknecht ist verheiratet und Mutter von drei Kindern. Sie schreibt gern und ist in ihrer Gemeinde aktiv.
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Vertrauen
Sind Sie eine mutige Frau? Vielleicht geht es Ihnen so wie mir: Manchmal haben Sie den Mut, offen und klar Ihre Meinung zu sagen, selbst wenn es um heikle Themen geht. Dann wiederum fehlt Ihnen sogar das bisschen Mut, die faule Tomate zurückzubringen,
Rosemarie Dingeldey
die Ihnen der Gemüsehändler untergejubelt hat. So gerne möchte ich eine mutige Frau sein! Damit meine ich gar nicht den Mut, etwas Außergewöhnliches zu tun wie Bungee-Jumping. Ich wünsche mir Mut für den Alltag. Mut für meine tagtäglichen Herausforderungen.
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eulich wachte ich morgens auf und dachte an den vor mir liegenden Tag. ‚Das schaffe ich nicht!‘, schrie es in mir. ‚Ich bin dieser Situation nicht gewachsen!‘ Ich fühlte mich niedergeschlagen und bedrückt. Mir fehlte die seelische Muskelkraft. Doch auf einmal kam mir ein Bibelvers in den Sinn: „Herr, du machst die Finsternis um mich hell, (…) mit dir, mein Gott, kann ich über Mauern springen“ (Psalm 18,29-30). ‚Springen‘, dachte ich, ‚das ist genau das, was ich will! Ich will diese Schwere hinter mir lassen und den Sprung in den Alltag wagen!‘ Aber im Dunkeln kann man nicht springen. Erst muss es hell werden. Darum bat ich Gott: „Leuchte mit deinem Licht in mein Leben.“ Ich stellte mir vor, er würde mit einer Taschenlampe mein Herz aus-
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leuchten. Ich wurde verletzt, war schuldig geworden und saß nun wie gelähmt im Dunkeln. Da machte er meine Finsternis hell. Und im Hellen wagte ich den Sprung. Über die Mauer. Hinein ins Leben. Wenn mir der Mut fehlt Als ich acht Jahre alt war, wollte ich eine Schwimmprüfung ablegen. Eine halbe Stunde zu schwimmen war kein Problem. Doch dann sollte ich vom Drei-MeterBrett springen. Mit klopfendem Herzen stieg ich die Leiter hoch. Dann stand ich da und blickte in die Tiefe. Mir kam es vor, als wären aus den drei Metern zehn geworden! Ich traute mich nicht. Ich weiß nicht, wie lange ich dort oben stand, aber auf einmal umfasste eine Hand meine Taille und schob mich mit sanftem Druck nach vorne. Ein
kurzer Flug durch die Luft – und neben mir tauchte der Bademeister auf, genauso nass wie ich! Er war mit mir gesprungen! Das ist für mich ein wunderschönes Bild für Gott. Mein himmlischer Vater lässt mich nicht allein. Er hilft mir, wenn mir der Mut fehlt. Er bleibt immer an meiner Seite – und springt mit! Was ermutigt – was nicht? Zu meinen Lieblingsgeschichten in der Bibel gehört die von Hanna (1. Samuel 1–2). Hanna hatte den Mut verloren, weil sie kinderlos war. Ihr Mann, Elkana, hatte eine zweite Frau ins Haus geholt, deren Aufgabe es war, für den Nachwuchs zu sorgen. Sie hieß Peninna. Elkana liebte Hanna viel mehr als Peninna und zeigte das auch. Das konnte nicht gutgehen. Peninna war verletzt und
mut ist wie ein Sprung ins Leben!
quälte Hanna mit giftigen Bemerkungen. Mit der Zeit sah man Hanna ihren Kummer an. Sie hatte keinen Appetit mehr, und schließlich wurde Elkana aufmerksam. „Was ist mit dir?“, fragte er. „Hast du ein Problem?“ Als Hanna ihm erzählte, was sie so bedrückte, meinte er verwundert: „Bin ich dir denn nicht mehr wert als zehn Söhne?“ Sicher, es ist gut, auf das zu schauen, was wir haben, und dafür dankbar zu sein. Aber ich bezweifle, dass Hanna sich wirklich verstanden gefühlt hat. Elkana nahm ihren Schmerz nicht ernst. Er versuchte sie zu trösten: „Ach, so schlimm ist das doch nicht, du hast doch mich!“ Aber er traf nicht den wunden Punkt, um wirklich trösten und ermutigen zu können. Einmal im Jahr zog Elkana mit seiner Familie zum Heiligtum, um Gott anzube-
ten. Das war für Hanna jedes Mal besonders schlimm: ungefähr so wie heute der Muttertag für eine kinderlose Frau, die sich sehnlichst Kinder wünscht. Peninna erhielt Fleischportionen für sich und jedes ihrer Kinder. Hanna bekam als Trost eine doppelte Portion. Das war lieb gemeint von Elkana, aber wenn alle Mütter am Muttertag eine Rose bekommen, kann der größte Blumenstrauß der Welt eine kinderlose Frau nicht wirklich trösten. Die beste Adresse Hanna hält es nicht mehr aus. Allein geht sie ins Heiligtum, um Gott anzubeten und ihr Herz bei ihm auszuschütten. Sie sagt ihm ihren Kummer – damit er sich darum kümmert. Das war die beste Adresse für Hanna, und das ist die beste Adresse für
uns. Gott gibt ihr durch den Priester Eli eine Verheißung: „Geh getröstet und in Frieden nach Hause! Der Gott Israels wird dir geben, worum du gebeten hast.“ Hanna schöpft Hoffnung und neuen Mut. Sie hat wieder Appetit – und die Kraft, die schwierige Familiensituation auszuhalten. Tatsächlich wird sie bald darauf schwanger. Was für ein Wunder! Ich liebe diese Geschichte, weil ich mir selbst diese Entwicklung wünsche: von der Mutlosigkeit zur Hoffnung, von der Hoffnung zu neuem Mut und neuer Kraft. Wohin gehe ich? Ohne Hoffnung verzagen wir im Leben. Vielleicht bleiben wir in einer misslichen Situation, weil wir keine Hoffnung haben, dass sie sich jemals ändern wird. Aber bei
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Unter uns Müttern S a s k i a B a r t h e l m ess
Mit offenen Händen „Bitte ziehen Sie das hier an! Sie werden aufgerufen!“ Mit einem blauen Kittel in der Hand mache ich mich auf den Weg zur Umkleidekabine. Im Raum hinter mir sitzen viele blaugekleidete Frauen; sie alle warten auf ihre Untersuchung. In ein paar Minuten werde ich eine von ihnen sein. Plötzlich gehöre ich dazu: zu denen, die warten, die unsicher sind, die Angst haben vor dem, was kommen könnte. Vor ein paar Tagen habe auch ich diesen Satz gehört, der vorher Saskia Barthelmeß immer nur Teil des Lebens anderer war: „Ich sehe da etwas auf dem Bild, das man weiter beobachten muss.“ Bei einer Routineuntersuchung kam auf einmal eine Stelle in meiner Brust ans Licht, die da nicht hingehört. Wie betäubt verlasse ich die Praxis, zu verwirrt, um zu weinen. „Herr, hilf mir!“, rufe ich lautlos, während ich durch die Straßen laufe. „Ich will mir keine Sorgen machen!“
Lasten teilen: Eine Freundin begleitete mich in die Klinik, eine andere wartete am Eingang auf mich, um mich noch zu segnen. Viele haben für mich gebetet. Auch wenn es schwerfällt, sich verletzlich zu machen, ist es doch ein großes Geschenk, wenn andere die Last mittragen.
Gerade heute Morgen habe ich meine Handflächen im Gebet geöffnet und zu Gott gesagt: „Ich möchte das, was du mir heute schenken willst, dankbar aus deiner Hand nehmen. Auch wenn es mir
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Lydia 01/2014
nicht gefällt.“ Wie ehrlich war mein Gebet gemeint? Jetzt hat Gott etwas „geschenkt“, das ich nicht haben möchte. Bitte nimm das zurück, so habe ich das nicht gemeint! Und doch tröstet mich mein Gebet auch. Nichts, was passiert, ist Zufall. Gott weiß es, er ist hier und wird mich auf diesem Weg führen. „Das sind die ‚schlechten Zeiten‘, von denen bei der Hochzeit die Rede war“, flüstere ich meinem Mann unter Tränen zu. „Würdest du trotzdem noch Ja sagen, auch wenn du das gewusst hättest?“ – „Nein“, sagt er und lächelt. „Ich würde sogar Ja rufen!“
auf den Satz, der mein Leben wie gewohnt weitergehen lässt oder es für immer verändern wird. Am nächsten Tag sitze ich neben meinem Mann im Arztzimmer. Wir halten uns an den Händen. Ich bin ganz ruhig. Ich weiß, dass jetzt viele für mich beten. Und ich weiß, dass Gott derselbe ist, noch immer treu, noch immer liebevoll – egal, wie das hier ausgehen wird. Als der Arzt lächelnd das Zimmer betritt, weiß ich: Alles in Ordnung! Alle Sorgen umsonst! Das Leben geht weiter wie zuvor! Vor der Tür fängt mein Mann heftig an zu weinen. Alle Anspannung fällt von ihm ab. Er, der in den letzten Tagen so stark für mich war, liegt jetzt weinend in meinem Arm. Und ich? Ich fühle nichts. Mein Verstand Ehrlich sein: Gott hält meine weiß, dass ich erleichtert, dankbar bin, aber Fragen aus, mein Weinen, mein mein Herz ist noch taub. Nein, mein Leben Hadern. Wenn ich mit ihm im soll nicht weitergehen wie zuvor. Auch Gespräch bin, darf ich oft erlewenn das Wort „Brustkrebs“ nicht in meiben, wie sich meine Sicht verner Akte steht, bin ich in den letzten Tagen ändert, wie er mir neuen Mut verändert worden. Verwundet in meiner schenkt und mein Herz bei ihm Sicht, mein Weg würde frei von Krankheit zur Ruhe kommt. sein. Geprüft in meinem Glauben, der nur „offene Hände“ hat, wenn es Gutes gibt. Als wir zum Auto gehen, flüstere ich: „Danke, Herr! Und bitte hilf mir, dass ich verändert In den nächsten Tagen bis zur Untersu- zurückgehe in mein altes, neues Leben!“ chung in der Klinik wechseln sich Angst, Sorge und Zuversicht ab. Es wird nichts Saskia Barthelmeß ist Mutter von drei Schlimmes sein! – Und wenn doch? Der Kindern und lebt in Innsbruck. Arzt, der mich am Montag näher untersucht, der „Ach, das ist ja ganz harmlos!“ sagen sollte, ordnet stattdessen eine Biopsie an. Als er mit einer langen Nadel in meine Nicht vergessen: Ich sitze nicht Brust sticht, fange ich an zu beten. Mir mehr in diesem Wartezimmer, wird bewusst, dass ich zu einem Gott bete, doch viele andere Frauen sitzen der nicht unbeteiligt im Himmel auf mich noch dort. Ich will sie nicht verherabsieht, sondern der selbst, in der Gestalt gessen. Im Gebet möchte ich von Jesus, Schmerzen erlitten hat – viel, viel immer wieder an sie denken und schlimmere, als ich sie jetzt erlebe. Ich fange vielleicht auch ein Hoffnungsan zu danken: für Ärzte, für die nette Kranzeichen setzen (z. B. durch ein kenschwester, für moderne Geräte, für KonLYDIA-Wartezimmer-Abo). trolluntersuchungen … „Morgen haben wir das Ergebnis“, ruft mir der Arzt zu, bevor er den Raum verlässt. Wieder warten. Warten
Kinder
ta b ita s c hi e r
Die
Schöne Held und der
Feste feiern mit Kindern
Geburtstage sind besondere Tage im Leben unserer Kinder. Sie sind eine Möglichkeit, den kleinen Gästen Gottes Liebe zu vermitteln. Hier finden Sie zwei Party-Ideen – eine für Mädchen und eine für Jungen. Jede Idee ist mit einer geistlichen Aussage verknüpft. Die Vorschläge sind praxiserprobt und geeignet für Kinder ab vier Jahren.
Lydia 01/2014
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Wie Maria möchte auch ich aufhören zu zweifeln und stattdessen das Wunder der Auferstehung in meinem Leben willkommen heißen. Jeden Morgen will ich voller Erwartung fragen: Welche neuen Dinge will der auferstandene Christus heute in meinem Leben tun? Helen Lescheid