Lydia - Ausgabe 4/2010

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persönlich

Bärenumarmung Kinder lieben Gutenachtgeschichten. (Und ich nachten im Garten Eden, und zwar mit einer Verheiauch!) Vor Kurzem las ich von einem Vater, der sei- ßung. Die Erfüllung der Verheißung geschah in Bethnen Kindern jeden Abend die Geschichte von den lehem, mit Stroh und Stall als Kulisse. drei Bären erzählte, die auszogen, um die Welt zu An Weihnachten denken wir an das Baby in der entdecken. Krippe. Aber schnell vergessen wir, warum dieses ‚Das ist wirklich unsinnig‘, dachte er schließlich, Baby überhaupt kommen musste. Babys sind ent‚warum nehme ich die Geschichte nicht auf Kasset- waffnend. Babys wärmen unser Herz und inspirieren te auf und spiele sie den Kindern vor?‘ Gesagt, getan. uns. Babys geben uns Hoffnung. Doch Gottes Baby Dann setzte er sich ins Wohnzimmer und las die Zei- kam, um zu tun, was alle anderen Babys nicht konntung. ten: Es kam, um die Kluft zu schließen, die zwischen Doch als die Geschichte zu Ende war, rannte sein Gott und Mensch entstanden war. Adams und Evas jüngster Sohn nach unten und kletterte auf den Schoß Ungehorsam bewirkte eine entsetzliche Kluft, welseines Vaters. che die enge Gemeinschaft auseinanderriss, die Gott Erstaunt fragte dieser: „Was ist los, mein Schatz? Hast mit seinen Geschöpfen hatte. Es gab nur einen eindu denn nicht die Kassette gehört? zigen Weg, um den Abgrund zu War das nicht meine Stimme?“ überbrücken: Gott selbst. Nur am Gottes Plan war es, „Ja“, sagte der Junge, „aber sie Kreuz konnte er seine Beziehung hat mich nicht in den Arm genomzu uns wiederherstellen. Das war in die Welt zu men!“ Seit jenem Abend hat es sein Geschenk. Er kam, um uns der Vater nie mehr versäumt, das die Liebe des Vaters zu zeigen. Um kommen, um unsere uns das Leben in Fülle zu geben. Bärenabenteuer selbst zu erzählen. Diese Geschichte erinnert mich Er kam, um seinen Arm um unsere Herzen zu umarmen. Schultern zu legen. an Gottes Liebe zu uns. Zu Weihnachten sandte der Vater im HimIn dieser Ausgabe lesen Sie viele Das ist das Wunder „Umarmungsgeschichten“ – wie mel seinen einzigen Sohn auf die Erde, um seine Kinder in den Arm die von Miroslav, mit dem ich aufvon Weihnachten. zu nehmen. Gottes Plan war es, in gewachsen bin. Er erzählt, wie er die Welt zu kommen, indem er in und seine Frau auf den großen Tag die Herzen kam. Das ist das Wunder gewartet haben, bis sie ihr kleines von Weihnachten. Adoptivbaby in den Arm schließen durften und ihm Denn er schuf uns, um Gemeinschaft mit uns zu versprachen: „Wir werden für dich da sein“ (S. 30 ff.). haben. Wie viel Freude machte es ihm, jeden Tag mit Oder die Geschichte von Ursula Link, die die Kraft Adam und Eva spazieren zu gehen! Doch als er eines hatte, ihre Hand zu dem Mörder ihrer Tochter ausAbends den Garten betrat, vermisste er zwei Menschen zustrecken und dadurch die Kluft zwischen ihm und und eine Frucht. Die einst reine Luft hing drückend dem Vater im Himmel schließen konnte (S. 68 ff.). schwer unter der Last des Schweigens und der Scham. Ich hoffe, diese Ausgabe wird Sie ermutigen und Doch er sorgte bereits für die Erlösung seiner gelieb- Ihnen zeigen, dass in der Weihnachtszeit jede Umarten Menschen und sagte zur Schlange: „Von nun an mung wichtig ist. Wen werden Sie dieses Weihnachsetze ich Feindschaft zwischen dir und der Frau und ten umarmen? deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er wird dir den Kopf zertreten und du wirst ihn in seine Mit einer großen Bärenumarmung, Ferse beißen“ (1. Mose 3,15). Ihre Diese sonderbare Geburtsankündigung war Gottes Art zu sagen, dass Eden allein nicht mehr genug war. Eden brauchte Bethlehem. So gesehen, begann WeihElisabeth Mittelstädt

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www.lydia.net Patricia Kelly Titelfoto: Thomas Stachelhaus

Endlich zu Hause Interview – Seite

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Amy Grant

Die erfolgreichste christliche Popsängerin wird 50 „Irgendwo auf dem Weg“

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6 Endlich zu Hause! Interview mit Patricia Kelly – Elisabeth Mittelstädt

12 Jerusalem, Jerusalem! – Vesna Bühler 14 Begegnung mit Maria – Wiliam Francis 16 Amy Grant: Irgendwo auf dem Weg 20 Das Schweigen der Einsamen Wenn die Seele nach Herzensgemeinschaft schreit – Ines Emptmeyer 22 Das erste Fest ohne dich Auch wenn dein Stuhl leer ist – du hast einen Platz in meinem Herzen Britta Laubvogel 24 Bethlehem im Licht von Golgatha Dr. David Jeremiah 30 Selbstlose Liebe Lange Zeit verstand ich nicht, warum eine Mutter ihr Baby zur Adoption freigeben würde ... – Dr. Miroslav Volf 34 „Papa, rück die Kohle raus!“ Unsere Kinder und das liebe Geld – Dr. Stephan Holthaus 38 Vom Glück zu geben – Cornelia Mack 40 Warten auf Weihnachten Was wünschen Kinder sich wirklich? – Eva Breunig 44 Meine (perfekte) Patchworkfamilie – Marion Klug 50 Depression: Winter der Seele – Ingrid Lawrenz, Birgit Doussier, Carolyn Stonehacker, K. Höfert, Elke Höffle 56 In der Grauzone Können Sie unterscheiden, was christlich ist und was nicht? – Ruth van Reken 62 Wie kann ich meine Eltern betreuen, ohne dass meine Ehe darunter leidet? – Martha Sparks 66 Gemeinsam durchhalten Wie ich meinen Mann bei der Arbeitssuche unterstützte – Sandra Brezoianu

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Babys riechen gut!“ Sängerin Florence Joy erzählt von ihrem ersten Baby Seite

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Das erste Fest ohne dich

Bethlehem Den Sinn von Weihnachten genauer

Auch wenn dein Stuhl leer ist – du hast einen Platz in meinem Herzen Seite

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entdecken: Was bedeuten die verschiedenen Symbole? Seite

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RUBRIKEN

3 Ganz persönlich Bärenumarmung Elisabeth Mittelstädt

10 Im Blickpunkt Bücher und CDs 18 Nachgefragt Weihnachten für Singles – Annemarie Pfeifer 28 Girl Talk „Babys riechen gut!“ – Florence Joy 36 Meine Meinung Wie bringen Sie Ihrem Kind einen guten Umgang mit Geld bei? 42 Schmunzeln mit LYDIA 48 Unter uns Müttern Du hast uns gerade noch gefehlt! – Saskia Barthelmeß 59 Liebe Leser 61 LYDIA kreativ – Imke Johannson 68 Meine Geschichte Der Mörder meiner Tochter – Ursula Link 72 Heilige heute Unser schwarzer Engel Helen Lescheid • Reif für die (Advents-) Insel? Simone Kathrin Wollmann • Ein Erlebnis aus der Kriegszeit Irma Bathelt 76 Für Sie notiert 80 Briefe an LYDIA 81 Impressum 81 Sag mal, ... Fragen an Rahab

Meine (perfekte) Patchworkfamilie Seite 44

82 Nachgedacht Vom beschädigten Jesuskind Andrea Schneider 84 Zu guter Letzt Lieben – Amy Carmichael

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Interview mit Patricia Kelly

Endlich zu Hause! Die bewegende Reise der legendären Kelly Family In Rom verlor Patricias Familie alles – bis auf ihre Instrumente. So blieb Vater, Mutter und zehn Kindern nichts anderes übrig, als mit Straßenmusik Geld zu verdienen. Das Sprungbrett für eine zweieinhalbjährige Europatour und einen legendären Erfolg: als Kelly Family! Seitdem gelang Patricia als Sängerin, Songschreiberin und Bandmanagerin nahezu alles, was man sich wünschen kann. Weltweit gaben die Kellys Konzerte, füllten zahllose Fußballstadien, hatten in Wien vor einem Publikum von 250.000 Menschen ihren größten Live-Auftritt, verkauften

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16 Millionen Platten und erhielten 48 Gold- und Platin-Auszeichnungen. In Rom war Patricia damals sechs Jahre alt. Mit 30 wäre sie beinahe Nonne geworden. Heute ist sie Mutter von zwei Kindern und glücklich verheiratet. Doch Patricia erlebte auch schwere Zeiten. Lesen Sie, wie ein Unglück eine Lebenswende bewirkte und ihr half, ein Zuhause zu finden.�

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Endlich zu Hause Patricia, Sie kommen aus Spanien, haben in Irland gelebt und sprechen wunderbar Deutsch – woher kommen Sie denn nun wirklich?

Ich bin in Spanien geboren. Meine Eltern sind irischer Abstammung und kamen 1964 aus Amerika in ein kleines spanisches Dorf. Später haben wir in verschiedenen Ländern gelebt, zum Beispiel in Frankreich, Holland, Irland und in den USA. Auch in Deutschland habe ich bestimmt zehn Jahre gelebt. Mein Urgroßvater kam als siebenjähriger Junge aus Irland nach Amerika, mit einer Geige unterm Arm.

Also war die Musik schon immer ein Teil Ihrer Familie?

Oh ja! Mein Vater liebte die Musik über alles, auch wenn er keinen Takt halten konnte! (lacht) Deshalb haben wir Kinder alle Unterricht bekommen und ein Instrument gespielt. Irgendwann lud ein Freund uns ein, bei einer Hochzeit zu spielen, und da waren die Leute so begeistert, dass wir immer wieder eingeladen wurden. Wir hatten nie geplant, Profis zu werden. Die Musik war einfach als Freude für zu Hause gedacht. Wir gründeten eine kleine Band und wurden immer öfter eingeladen: zu Geburtstagen und Hochzeiten, dann Stadtfeste … Es wurde immer mehr! Schließlich hat mein Vater gesagt: „Ich kann nicht mit euch

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jedes Wochenende irgendwo hinfahren und ganz normal weiterarbeiten. Das ist zu viel! Was sollen wir tun???“ Wir Kinder haben geantwortet: „Wir wollen Musik machen!“ Daraufhin hat mein Vater seinen Beruf als erfolgreicher Antiquitätenhändler aufgegeben, den er sehr, sehr liebte. „Okay“, meinte er, „wir wagen den Sprung!“ Ab dann standen Sie auf der Bühne?

Zuerst durften wir jüngeren Geschwister nicht mit. Aber ich wollte immer mit und habe jedes Mal gebettelt und geweint. Eines Tages, ich war vielleicht fünf oder sechs, hat

mein Vater gesagt, um mich loszuwerden: „Patricia, wenn du in zwei Wochen alle Songs lernst, Text und Musik, dann darfst du mitkommen.“ „Okay!“, meinte ich und habe alles mit meiner Schwester gelernt. Mein Vater konnte es gar nicht fassen! Aber er hielt Wort und ich durfte mit. Ihre Eltern waren sehr mutig!

Ja, dass sie sich das getraut haben! Meine Eltern waren beide pilgerhaft, immer auf der Suche. Meine Mutter ist für mich eine Heldin. Mit zehn Kindern im VW-Bus durch Europa! Anfangs wohnten wir wirklich im Doppeldeckerbus, und sie hat uns alle unterrichtet. Als wir dann mehr Erfolg hatten mit der Musik, haben wir ein Haus in Spanien

gekauft. Wir haben auch sieben Jahre auf einem Wohnschiff von 1929 gelebt! Das war in Amsterdam und wir haben es restauriert. Ich hatte eine eigene kleine Kajüte, ein Traum! Ja, wir haben einiges erlebt. Walt Disney wollte sogar einen Film von uns machen, aber mein Vater hat das abgelehnt. Ich bin unendlich dankbar für meine Eltern. Ich habe erfahren dürfen, was es heißt, geliebt zu sein. Zu Hause war ich geborgen und hatte eine sehr glückliche Kindheit. Heute weiß ich das zu schätzen, weil ich viel um mich sehe, was heute in der Gesellschaft passiert.

Haben Sie eine besondere Kindheitserinnerung?

Ich hatte immer eine große Liebe für Gott. An ein Erlebnis erinnere ich mich noch sehr genau. Wir hatten gerade ein Haus gekauft. In einer Ecke fand ich als Siebenjährige ein Herz-Jesu-Bild. In der Mitte ist das Herz mit den Dornen, und aus dem Herzen kommen Flammen. Ich war so tief gerührt, dass ich weinen musste. Ich wollte die Dornen aus dem Herzen rausnehmen. Ich dachte: Der arme Jesus, das tut ihm weh! Ich bin zu meiner Mutter gelaufen und habe sie gefragt, ob ich das Bild behalten dürfe. Sie hat gesagt, ja. Über die Jahre hat mich dieses Bild überallhin begleitet.


Dienen

Begegnung mit Maria

spät am Heiligabend 1975. Ich hatte nicht vorgehabt, noch lange im Gemeindehaus zu bleiben, doch das Geld aus der Sammelbüchse musste im Safe eingeschlossen werden und ich wollte noch einen letzten Kontrollgang übers Gelände machen, bevor ich nach Hause zu meiner Familie ging. Ich hätte schon zu Hause im Bett sein sollen, doch das beharrliche Klopfen drohte meine Pläne umzuwerfen.

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eine Frau und ich leiteten eine Heilsarmeegemeinde in den USA. Die Wochen vor Weihnachten waren turbulent gewesen, und wir waren beide erschöpft. Wir brachten unsere dreijährige Tochter und unseren siebenjährigen Sohn zu Bett, und sobald sie schliefen, steckte meine Frau noch ein paar letzte Kerzen an den Baum, während ich das Spielzeug aufbaute, das wir für die Kinder gekauft hatten. Als alle Geschenke eingepackt und die Vorbereitungen abgeschlossen waren, ging ich noch einmal zurück ins Gemeindehaus.

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Es war eine bitterkalte Nacht mit leichtem Schneefall, ein Weihnachtsabend wie im Bilderbuch. Und dann klopfte es ... Widerhall der ersten Weihnacht Als ich die Tür öffnete, stand dort eine in Lumpen gekleidete Frau. „Es ist Heiligabend und ich weiß nicht, wo ich die Nacht verbringen kann“, sagte sie. Die Frau war offensichtlich in Not. Sie lebte auf der Straße, war zwischen 35 und 45 Jahre alt und trug abgelegte Kleidung sowie einen Schal eng um den Kopf gewickelt, um sich in dieser Nacht irgendwie warmzuhalten. Zerzaustes

schwarzes Haar fiel auf ihre Schultern. Doch was mir an der Frau, die da vor mir stand, besonders auffiel, waren ihre sympathischen Augen. Obwohl sich das Trauma ihres Lebens deutlich auf ihrem Gesicht widerspiegelte, lag ein gewisses Leuchten in den noch immer jugendlichen Augen. Ich bat sie hereinzukommen und stellte mich vor. „Ich heiße Maria“, sagte sie. Ich war sprachlos. Vor zweitausend Jahren war eine andere Maria am Heiligabend allein gewesen. Zwar hatte die biblische Maria ihren Mann Josef bei sich, aber sie waren beide allein in der Kälte und hatten keinen Ort, wohin sie gehen konnten. Und nun stand diese Maria vor meiner Tür und bat um Hilfe. Wie hätte ich Nein sagen können?

Unvergessliche Erinnerungen Ich ließ sie an meinem Schreibtisch Platz nehmen und schenkte ihr eine Tasse heißen Tee ein. Zwischen den Schlucken erzählte Maria von ihrem Leben. Sie hatte keine Arbeit, kein Zuhause und keine Familie, aber sie hatte all diese Dinge einmal gehabt.

Foto: iStockphoto

‚Wer klopft um diese Zeit noch an die Tür?‘, fragte ich mich etwas ungeduldig. Es war

William Francis


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