6 minute read

RECHT Änderungen im Kaufrecht

Änderungen im Kaufrecht

Advertisement

Ab 1. Januar 2022 gilt in Deutschland ein neues Kaufrecht. Mit dem Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags vom 25. Juni 2021 ändern sich in Umsetzung der europäischen Warenkaufrichtlinie die kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte. Die Verbraucherrechte werden weiter gestärkt.

Die Neuregelungen für Waren mit digitalem Inhalt oder auch der neue Vertragstypus für digitale Produkte, werden die Textil- und Maschenindustrie weniger betreffen. Allerdings wird durch das Gesetz auch der Sachmangelbegriff neu definiert und allgemeine Änderungen im Verbrauchsgüterkaufrecht vorgenommen.

Für den B2B-Bereich hat der Arbeitskreis Konditionenkartelle, dem auch GESAMTMASCHE angehört, im November beschlossen, dass eine Anpassung der Einheitsbedingungen der deutschen Textilwirtschaft i. d. Fassung vom 1. Januar 2020 nicht nötig ist. Allerdings wurde das Merkblatt zu den Einheitsbedingungen überarbeitet und klarstellende Anmerkungen zur gesetzlichen Neuregelung aufgenommen. Das überarbeitete Merkblatt kann bereits im Mitgliederbereich heruntergeladen werden.

Bei Verbrauchergeschäften wird der neue Sachmangelbegriff für Händler, die Muster- oder B-Ware verkaufen, allerdings zu Herausforderungen führen. Die negative Beschaffenheit (z. B. Gebrauchsspuren) kann nicht mehr wie bisher dadurch vereinbart werden, dass diese Eigenschaften auf der Ausschilderung oder in der Produktbeschreibung benannt werden. Vielmehr sind negative Beschaffenheitsvereinbarungen nur dann vereinbart, wenn der Verbraucher vor dem Vertragsabschluss „eigens“ darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein Merkmal des Produkts von den objektiven Anforderungen abweicht und diese Abweichung ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Eine Regelung über Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist nicht möglich. Im Online-Handel wäre bspw. zur Vereinbarung der negativen Beschaffenheit ein entsprechend anzuklickendes Kästchen von Nöten.

Auch darüber hinaus werden Gewährleistungsrechte von Verbrauchern weiter gestärkt: So entfällt hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatz und Rücktritt das Erfordernis der Fristsetzung zur Nacherfüllung. Bereits mit Mitteilung des Mangels durch den Verbraucher an den Unternehmer beginnt eine angemessene Frist zu laufen. Auch die Beweislastumkehr wurde verlängert: Tritt künftig innerhalb eines Jahres (bisher 6 Monate) ab Übergabe der Sache ein Mangel auf, wird zugunsten des Verbrauchers vermutet, dass dieser von Anfang an vorlag. Tritt im Übrigen ein Mangel innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist auf, beginnt die Verjährung erst zwei Monate nach dem Zeitpunkt, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Aus diesem Grund sollten Verkäufer mit einer faktischen Gewährleistungszeit von 26 Monaten rechnen und entsprechende Regelungen mit den Lieferanten vorsehen.

Im B2C-Bereich führt die Neuregelung des Kaufrechts demnach zu weitgehenden Änderungen. Unternehmen, die an Verbraucher verkaufen, ist zu raten, Verträge und Allgemeine Geschäftsbedingungen insbesondere auch im Online-Shop zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Nachteilige Abweichungen gegenüber Verbrauchern sind unzulässig, so dass die Gefahr von Abmahnungen und Klagen von Verbraucherschutzverbänden nach dem UKlaG besteht.

RA Kai-Uwe Götz, goetz@gesamtmasche.de

Textilallianz mit Usbekistan

Usbekistan gilt als einer der großen Textilstandorte der Zukunft. Damit die Textilbranche Geschäftschancen schneller und besser nutzen kann, arbeiten die Textilverbände GESAMTMASCHE und UZTEKSTILPROM jetzt eng zusammen. „In Zeiten zerrütteter Lieferketten, überschießender Rohstoffpreise und steigender Nachhaltigkeitsanforderungen ist es höchste Zeit, sich neu zu orientieren“, sagt Martina Bandte, Präsidentin von Gesamtmasche. „Usbekistan kann für uns in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen.“

Verbandspartnerschaft gestartet

GESAMTMASCHE und UZTEKSTILPROM intensivieren ihre Zusammenarbeit mit einer Kooperationsvereinbarung und einem konkreten Maßnahmenkatalog: Im Mittelpunkt stehen direkte Geschäftskontakte, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften und die Baumwoll- und Textilproduktion nach Öko- und Sozialstandards. Unterstützt werden die Verbände durch ein Partnerschaftsprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das mit der Entwicklungsorganisation sequa umgesetzt wird. „Dadurch erreicht unsere Zusammenarbeit eine neue Stufe“, sagt Ilkhom Khaydarov, Präsident von UZTEKSTILPROM. „Usbekistan bekommt die Chance, ein international anerkannter Branchenplayer zu werden.” Ein wichtiges Element seien dabei auch die von der EU gewährten Zollvorteile im Rahmen des GSP+.

Bild: © Deutsche Botschaft Taschkent „Usbekistan treibt die Modernisierung und den Ausbau der Wirtschaft rasch voran. Das gilt auch und vor allem für die Textilindustrie. Für die deutsche Textilbranche entstehen dadurch vielfältige Geschäftschancen. Ich freue mich daher über die Partnerschaft von Gesamtmasche und Uztekstilprom. Sie macht die Verbindung zwischen unseren Ländern enger und öffnet Türen zur rechten Zeit.“

Dr. Tilo Klinner, bevollmächtigter und außerordentlicher Botschafter in Usbekistan

GESAMTMASCHE-Präsidentin Martina Bande und UZTEKSTILPROMPräsident Ilkhom Khaydarov unterzeichnen eine verbandliche Koopera-

tionsvereinbarung. Bild: © Uztekstilprom

Erste Fact Finding Tour

Anfang November reiste GESAMTMASCHE mit einer zehnköpfigen Unternehmerdelegation nach Taschkent und ins Fergana-Tal und besuchte elf usbekische Betriebe verschiedener Wertschöpfungsstufen vom Garn bis zur Konfektion. „Die hochmodernen Anlagen und die Aufbruchsstimmung bei den usbekischen Unternehmern haben uns sehr beeindruckt“, so GESAMTMASCHEPräsidentin Martina Bandte, „und auch die Konsequenz, mit denen Usbekistan das Problem der Kinder- und Zwangsarbeit bekämpft und beseitigt hat.“ In den letzten fünf Jahren haben usbekische Firmen über 600 Mio. US-Dollar in neues Equipment investiert. Der überwiegende Teil der angeschafften Maschinen stammt aus Deutschland und der Schweiz. Die Zertifizierung der Produktion, angefangen beim Baumwollfeld, wurde bereits in Angriff genommen. Dazu tragen auch die Initiativen der GIZ und der Weltbank

100 % Inlandsverarbeitung usbekischer Baumwolle

GSP+ Status seit April 2021 / zollfreier Zugang zur EU

14 Tage LkwLaufzeit bis Europa 3 Mrd. US-Dollar Textil- und Bekleidungsexport 2021

0,035 EUR/kWh Energiekosten / ca. 10x weniger als in Deutschland 3,7fache Erhöhung des Textilexports 2016 bis 2021

Neu installierte Rundstrickerei im Unternehmenscluster Global Textile, Fergana. Hier wird in Kürze auch Bio-Baumwolle verarbeitet – aus clustereigenem Anbau in der Region.

bei. GOTS-zertifiziert sind in Usbekistan bislang aber erst sechs Unternehmen. Eine BSCI-Zertifizierung haben immerhin bereits zwölf, sieben sind es bei Sedex. Immerhin 45 Firmen können den OEKO-TEX® Standard 100 vorweisen. „Überprüfbare Nachhaltigkeit und Transparenz gehören zu unseren Kernzielen“, betont Verbandspräsident Khaydarov. „Allerdings braucht der Zertifizierungsprozess viel Zeit. Nächstes Jahr dürfte sich die Zahl der zertifizierten Firmen bereits verdoppelt haben.“

Reformen und Branchenwachstum im Eiltempo

„Die Regierung unter Präsident Mirsijojew reformiert die Wirtschaft seit 2017 in einem atemberaubenden Tempo“, sagt Dr. Uwe Strohbach, Zentralasien-Experte von Germany Trade & Invest (GTAI). „Das Land entwickelt sich zu einem internationalen Branchenhotspot. Die Textil- und Bekleidungsindustrie zählt zu den Top-Investitionsbranchen im verarbeitenden Gewerbe.“ Im Bereich Baumwolle verfügt Usbekistan bereits über eine vollstufige Herstellungskette. In den letzten Jahren wurde der Textilexport systematisch ausgebaut. Praktisch die gesamte usbekische Baumwollernte wird bereits heute im Inland versponnen. 2020 hat Usbekistan Textilwaren im Wert von 1,9 Mrd. US-Dollar exportiert – 125 Prozent mehr als im Vorjahr. Fertigware machte dabei knapp über der Hälfte aus. Für 2021 strebt Usbekistan das ehrgeizige Ausfuhrziel von 3 Mrd. US-Dollar an. Während es 2018 lediglich 15 Baumwolltextil-Cluster gab, waren es Ende August 2021 schon 122.

Standortfaktoren auf einen Blick

Mit 35 Mio. Einwohnern ist Usbekistan das am dichtesten besiedelte Land Zentralasiens. Als besonderen geografischen Vorteil hat Usbekistan als einziges Land der Region gemeinsame Grenzen mit allen anderen zentralasiatischen Ländern. Das ist eine gute Ausgangsbasis für die Entwicklung zu einem regionalen Wirtschaftszentrum und Verkehrsknotenpunkt. Auch die logistische Anbindung an Europa ist gut: Fracht per Lkw nach Deutschland hat eine Laufzeit von ca. 14 Tagen. Die Bevölkerung ist jung und wächst mit einem jährlichen Zuwachs von 600.000 Menschen dynamisch. 57 Prozent der Einwohner sind unter 30 Jahre alt. Entsprechend groß ist das Angebot an jungen, lernwilligen und motivierten Arbeitskräften, während die Lohnkosten gering sind. Wie erfolgreich sich die Restrukturierungspläne in der Textilbranche umsetzen lassen, ist indessen nicht gewiss: Während sich die Produktion von Standard-Rohware auf modernen Anlagen in hohen Volumina als effizient erweisen kann, mangelt es an Diversifizierung bei den nachfolgenden Stufen. „Billige Massenproduktion ist für den europäischen Markt kein Konzept mehr. Hier sind Flexibilität, kleine Losgrößen und Schnelligkeit gefragt“, sagt Martina Bandte. Ob der usbekische Mittelstand die Chance erhält, sich neben – oder mit - den großen Clustern zu profilieren, wird sich noch zeigen.

Usbekistan ist der achtgrößte Baumwollproduzent der Welt. Während der Rohstoff früher zum großen Teil exportiert wurde, setzt das Land heute auf die Weiterverarbeitung im Inland und nachhaltige Anbaumethoden.

Bild: © Uztex

Silvia Jungbauer, jungbauer@gesamtmasche.de

This article is from: