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Nearshoring Die neue Paneuromed
from masche 02/2022
Nearshoring in Paneuropa Neue PEM-Ursprungsregeln fördern regionalen Handel
Das Freihandelsnetzwerk Paneuromed rund um die Europäische Union erleichtert durch zollfreien Marktzugang seit über 20 Jahren den Handel für die Länder Europas und des gesamten Mittelmeerraums. Das System der gegenseitigen Anerkennung von Zollvorteilen steht in der Textil- und Bekleidungsindustrie nach wie vor hoch im Kurs. Denn die Zölle für die Branche sind hoch und der Anreiz von Nullzöllen daher stark. Jetzt wurde das Regelwerk modernisiert und an vielen Stellen flexibler gestaltet. Auch wenn die „neue PEM“ die Lücken fehlender Lieferquellen nicht schließen kann: Sie hilft der Branche beim Nearshoring.
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Nach über 10 Verhandlungsjahren setzen die EU und ihre Partnerstaaten des Paneuropa-Mittelmeerraumes die Modernisierung der PEM-Abkommen endlich um. Am 1. September 2021 wurden die bisherigen Ursprungsprotokolle der Abkommen um ein alternativ anwendbares Regelwerk ergänzt. Die neuen Regeln sind bereits in vielen PEM-Warenverkehren nutzbar.
Schrittweise Einbindung aller PEM-Staaten
Nicht alle PEM-Länder waren mit der Modernisierung einverstanden. Vor allem die Maghreb-Staaten sahen ihre bisherige Vorteilsposition in Gefahr. Um das Patt zu beenden, hat die EU mit ihren restlichen 20 Partnern eine Umsetzung „Schritt für Schritt“ vereinbart. Innerhalb einer Übergangsphase können Unternehmen die Regeln des Regionalen Übereinkommens („alte PEM“) oder alternativ die Übergangsregeln („neue PEM“) anwenden. Erst wenn sich sämtliche PEM-Staaten das neuen Regelwerk anwenden haben, wird die alte PEM ersetzt. Bisher haben sich folgende Länder der neuen PEM angeschlossen:
Liberalere Ursprungsregeln
Viele Listenregeln wurden einfacher und flexibler gestaltet. Erleichterungen gibt es in praktisch allen Tarifkapiteln. Beispielsweise kann durch Stricken und Färben Präferenzursprung erreicht werden. Das Spinnen und Zwirnen führt bei Chemiefasergarnen zum Ursprung. Für Vliesstoffe ist alleine schon die Faserverarbeitung ursprungsbegründend. Bislang mussten die Chemiefasern vom Standort stammen. Auch die Kumulierung darf großzügiger gehandhabt werden als bisher, so dass z. B. Arbeitsschritte in Deutschland und der Schweiz „aufaddiert“ werden dürfen, als würden sie in einem einzigen Land stattfinden.
Matrix zum Anwendungsstand
Die EU-Kommission veröffentlicht zum Stand der Anwendung der Übergangsregeln regelmäßig eine Matrix im EU-Amtsblatt. In Tabelle 1 markiert ein „X“ ein zwischen zwei Parteien bestehendes Freihandelsabkommen, das die Übergangsregeln bilateral zulässt. Die diagonale Kumulierung ist dann mit einem dritten Partner möglich, wenn alle Felder der Tabelle zwischen den drei Partnern ein „X“ aufweisen. In einer weiteren, detaillierteren Übersicht sind die genauen Daten der Anwendbarkeit vermerkt. Die letzte Aktualisierung im EU-Amtsblatt erfolgte am 19. Mai 2022. AL - Albanien CH - Schweiz + LI - Liechtenstein FO - Färöer-Inseln GE - Georgien IS - Island JO - Jordanien MD - Moldau ME - Montenegro MK - Nordmazedonien NO - Norwegen PS - Westjordanland und Gaza RS - Serbien XK - Kosovo ab 15. Oktober 2022
Was nach viel Liberalisierung klingt, ist in der Praxis leider oft bürokratisch und schwer zu durchschauen. Gesamtmasche bietet daher regelmäßig Seminare zu Praxisfragen an und steht gleichzeitig im Austausch mit der Generalzolldirektion und dem zuständigen BMWK-Referat.