Geldgeschäft im Fokus
Zu viele Krankenhäuser?
Geschmack auf der Spur
Wirtschaftstalk: Welche Zukunft hat die regionale Bank
So sind die Verbünde in der Region aufgestellt.
80 Testesser probieren sich pro Tag durch Dr.-Oetker-Produkte
Geld & Geschäft – Seite 20 und 21
Gesund & Fit – Seiten 12 und 13
Leben & Leidenschaft – Seite 25
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www.maler-schulte.de DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020 AUSGABE 01/20 | EINZELPREIS 1,90 €
OSNABRÜCK | EMSLAND | GRAFSCHAFT BENTHEIM
Ein lohnendes Geschäft?
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Sieben der zehn größten Pflegeheimbetreiber in Deutschland sind privat – was heißt das für die Pflege? Nur 63 Prozent der Heime in Niedersachsen sind privat geführt. Knapp vier Prozent Rendite für Anlagen in der Region. Forderung: Profit bei Pflegeobjekten begrenzen. VON NINA KALLMEIER UND JONAS SCHÖNROCK OSNABRÜCK/PAPENBURG/GEESTE
Die Pflege ist in Deutschland ein riesiger Markt und wird mit der zunehmend alternden Gesellschaft auch künftig an Bedeutung gewinnen. Insofern ist das Interesse an Investitionen in Pflegeimmobilien vom Kleinanleger bis zum Hedgefonds groß – auch weil die Rendite deutlich über dem liegt, was mit anderen Anlageformen erzielt werden kann. Doch es gibt auch eine andere Seite: Gerade private Pflegeheimbetreiber geraten immer wieder in die Schlagzeilen. Der Vorwurf: schlechte Bezahlung der Mitarbeiter, harte Arbeitsbedingungen, miese Lebensumstände in Heimen. Eine Spurensuche. Meldungen wie jüngst in Papenburg belasten das Image privater Pflegeanbieter. Vorwürfe der Vernachlässigung einzelner Heimbewohner und Doppelschichten für die Mitarbeiter stehen im Raum. Die Peter-Janssen-Gruppe, die unter anderem im Emsland und Ostfriesland insgesamt 16 Pflegeheime betreibt, weist die Anschuldigungen vehement zurück. Sie gehört zur französischen Orpea Holding – immerhin laut „Pflegemarkt“ der bundesweit viertgrößte Betreiber von Pflegeheimen in Deutschland. Vor zwei Jahren gab es bundesweit ähnliche Vorwürfe gegen die Alloheim-Gruppe, die unter anderem in Meppen Pflegeeinrichtungen betreibt – und bundesweit mit 221 Heimen der zweitgrößte Betreiber ist. Insgesamt wird in Niedersachsen laut Sozialministerium der überwiegende Teil der Pflegeein-
Foto: imagoimages/photothek
richtungen von privaten Anbietern betrieben, lediglich 37 Prozent sind laut zuletzt erhobener Pflegestatistik in gemeinnütziger Trägerschaft. Bundesweit sind es mit gut der Hälfte deutlich mehr. In den Vorwürfen gegen private Anbieter wird immer wieder auf den vermeintlichen Kostendruck der Einrichtungen verwiesen: Die Renditen, die Investoren aus den Häusern ziehen, würden dafür sorgen, dass weniger Geld der Pflege zur Verfügung stünde. Wie ist das in der Region? Zweistellig sind die Renditen hier nicht. In Einrichtungen, die zum Beispiel die La Vida Pflegepartner GmbH betreibt, lag die Rendite für Anleger zuletzt bei rund vier Prozent, so Pascal Poll, als Immobilienmakler der Muttergesellschaft La Vida Projekt GmBH für den Vertrieb zuständig. Das Unternehmen aus dem westfälischen Ochtrup (Kreis Steinfurt) hat sich als Bauträger, Pro-
jektentwickler, Bauherr und Vertriebskoordinator auf den Bereich Pflegeimmobilien als Kapitalanlage spezialisiert. Seit 2017 betreibt die Tochter La Vida Pflegepartner auch Objekte unter anderem in Geeste-Osterbrock, Lohne und Leer. Weitere sind bereits in Planung, zum Beispiel in Hasbergen bei Osnabrück. Das Interesse von Anlegern an Pflegeimmobilien ist groß. Kein Wunder, von solchen Renditen können Sparer heutzutage sonst nur träumen. Zumal die Mieteinnahmen garantiert sind, egal, ob die Appartments belegt sind oder nicht. Und für Instandsetzungs- und Instandhaltungsarbeiten der Apartments kommt der Anleger nicht auf. Das übernimmt der Heimbetreiber. Nur für Kosten von Arbeiten am Äußeren des Gebäudes ist die Eigentümergemeinschaft zuständig. Das größte Risiko ist also die Insolvenz des Betrei-
bers. Laut La-Vida-PflegepartnerGeschäftsführer Siegfried Bergmann ist für manch einen Interessenten neben der Rendite noch ein weiterer Punkt interessant: „Die Leute, die angelegt haben, haben einen bevorzugten Zugriff auf einen Platz bis zum ersten Verwandtschaftsgrad.“ Was des einen Freud ist, ist des anderen Leid: „Wenn jedes Jahr Milliarden Euro aus dem Pflegesystem an internationale Fonds aus den USA oder der Schweiz abfließen, dann sind diese Mittel für die Pflege in Deutschland verloren“, kritisiert Birgit Eckhardt, Vorsitzende des Paritätischen Wohfahrtsverbands Niedersachsen private Betreiber insgesamt. Hier liege der Unterschied zu gemeinnützigen Trägern: Diese seien durch klare Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts gebunden. „Die Mittel der Pflege bleiben im System.“ Denn dass auch gemeinnützige
VIER FRAGEN AN... HEIKE BAEHRENS, PFLEGEBEAUFTRAGTE DER SPD-BUNDESTAGSFRAKTION Frau Baehrens, die SPD will die Gewinne privater Pflegeheimbetreiber begrenzen. Warum? Man muss hier differenzieren: Angemessene Überschüsse sind betriebswirtschaftlich notwendig, das gilt für private Betreiber genauso wie für kirchliche oder freigemeinnützige. Als SPD wollen wir aber unterbinden, dass durch spekulative Investmentmodelle zweistellige Renditen aus der Pflege abgeschöpft und an anonyme Investoren ausgeschüttet werden. Denn das lässt sich weder mit einer würdevollen Pflege noch mit einem solidarischen Versicherungssystem vereinbaren.
Fordern Sie einen Rendite-Deckel, oder wie wollen Sie Abhilfe schaffen? Eine Begrenzung des sogenannten Unternehmerrisikos und eine Deckelung der Renditen in verfassungsrechtlich möglichem Rahmen sind notwendige Instrumente. Auch eine „Pflegemietpreisbremse“ könnte Schutz für die Pflege bringen. Denn oft wird in die Pflegeimmobilien investiert und der Renditedruck über eine hohe Pacht an die Betreiber weitergereicht, die sie dann erwirtschaften müssen – auf Kosten von Personal und Bewohnern. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte schon vor andert-
halb Jahren zweistellige Renditen für Finanzinvestoren als Problem bezeichnet und eine Prüfung angekündigt. Was erwarten Sie jetzt von ihm? Es ist überfällig, dass den Ankündigungen des Gesundheitsministers Taten folgen. In der SPD-Bundestagsfraktion haben wir uns längst positioniert, aber natürlich können wir nur gemeinsam mit dem Koalitionspartner voranschreiten. Deshalb sind wir sehr gespannt auf konkrete Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen aus dem Gesundheitsministerium.
Auf jeden Fall, denn Pflege ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Länder und Kommunen müssen ihre Verantwortung für eine funktionierende Pflegeinfrastruktur wieder annehmen. Nur so gewinnen sie auch die Steuerungs- und Gestaltungskompetenz zurück. Wenn sie selbst investieren, können sie im Zusammenspiel mit Pflegefachkräften für moderne Pflegekonzepte und innovative Quartiersentwicklung sorgen. Das unterscheidet sie von Anlegern, die nur auf schnelle Rendite setzen und ihr Vermögen in „Betongold“ anlegen. In Zeiten von Minuszinsen müssen wir aber auch darüber nachPflegeheime sind ein Wachstums- denken, wie wir alternative Anlagemarkt – und der liegt weitgehend modelle schaffen können, die nicht in der Hand privater Investoren. der Logik der Gewinnmaximierung folgen, sondern sich am GemeinMuss sich die öffentliche Hand tob hier nicht viel stärker engagieren? wohl orientieren.
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Träger Überschüsse erzielen, zeigt ein Blick in die Bilanz des bundesweit größten, der Johanniter Seniorenhäuser GmbH. Sie weist für 2018 einen Jahresüberschuss in Höhe von gut sieben Millionen Euro aus. Sollten die Renditen für Pflegeheime also gedeckelt werden, um den Kostendruck zu reduzieren? Vor rund eineinhalb Jahren kam ein solcher Vorschlag von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Und jetzt? Derzeit plane der Minister keinen Gesetzesvorschlag, um die Renditen zu begrenzen, sagt der Sprecher von Spahn im Gespräch mit unserer Redaktion. Der Minister beobachte die Entwicklung aber weiterhin genau. Das privatwirtschaftliche Engagement im Pflegebe-
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In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄTS GEMEINDE BISSENDORF UND GEMEINDE WIETMARSCHEN reich sei wichtig, und es werde derzeit keine Notwendigkeit gesehen, gesetzgeberisch einzugreifen, um hier Hürden einzubauen. Das sieht die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes anders. „Es ist aus meiner Sicht eine gesamtgesellschaftliche Frage, wie groß Gewinne im System Pflege sein dürfen und wie groß damit der Anreiz für Investoren sein soll, in Deutschland zu investieren. Die Frage muss politisch beantwortet werden, denn unter internationalen Hedgefonds und Immobilienunternehmen herrscht derzeit Goldgräberstimmung, wenn es um die Pflege in Deutschland geht“, warnt Eckhardt. Natürlich seien Themen wie Qualität und Personalmanagement auch für die privaten Anbieter relevant. Ihre Erfahrung sei aber, dass andere Werte wie Gewinnmaximierung häufig im Vordergrund stünden. Mit Auswirkungen auf die vielen Mitarbeiter in den insgesamt 1500 vollstationären Pflegeheimen mit 105 000 Plätzen in Niedersachsen: „Die Marktöffnung in der Pflege hatte negative Folgen für die Arbeitsbedingungen“, sagt ein Sprecher des niedersächsischen Sozialministeriums auf Anfrage. Der Wettbewerb werde seitdem über den Preis geführt – und nicht etwa über die Qualität. Eine Lohndumpingspirale gefährde letztlich die Versorgungssicherheit im Land. „Diese Entwicklung lässt sich aufhalten, wenn die Tarifpartner die Grundlage für eine leistungsgerechte Bezahlung schaffen und wenn die Kostenträger die Refinanzierung von Tariflöhnen sicherstellen.“ Mit der von Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann initiierten und moderierten konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) würden dafür in Niedersachsen die Voraussetzungen geschaffen, ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag Soziales bleibe das Ziel.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
MACHER & MÄRKTE SPEZIAL
MACHER & MÄRKTE
GESUND & FIT
3 | Von der Insolvenz zur Neuaufstellung
9 | Geldquelle Reha?
Die Osnabrücker Franz Wölfer Elektromaschinenfabrik weitet mit Investor das Portfolio aus.
Der Gesundheitstourismus ist in der Region ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft.
4/5 | Neue Chance für alte Rasse
10 | Weniger Kilos
Gonnie van Amelsvoort hat sich den Traum einer Schafherde erfüllt und verarbeitet Wolle und Haut weiter.
Mit Sport und umgestellter Ernährung hat ein Haselünner mehr als 50 Kilo abgenommen.
6 | Akribische Bewertung
11 | „Mensch“ im Mittelpunkt
Bestellte und vereidigte Sachverständige sind als Experten in der Region und bundesweit gefragt.
Kommunikationsprofi Simone Hoffmann im Gespräch darüber, wie sich Kliniken Gehör verschaffen.
7 | Video läuft
12/13 | Krankenhaus im Fokus
Um Landwirte einfacher schulen zu können, dreht Charlotte Rothert kurze Clips für Online-Kurse.
Sind 27 Krankenhäuser mit 4693 Betten für eine Million Menschen zu viel?
8 | Mehrgleisig nach vorne
14 | Zu wenig Hebammen
Die Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahn GmbH ist heute mit Güterverkehr und Busangeboten aufgestellt.
So arbeiten Geburtshelferinnen freiberuflich und in den Kliniken der Region.
Foto: Torsten von Reeken
15 | Gehhilfen und Handstöcke Obwohl die Ossenberg-Gruppe Marktführer ist, holt sie sich Osnabrücker Investoren ins Boot.
16 | Aufs Land Lisa Böttcher ist eine der Ersten, die vom Stipendium des Landkreises Emsland für Landärzte profitiert haben.
GELD & GESCHÄFT
LEBEN & LEIDENSCHAFT
17 | Aktien-Risiko
25 | Unter der Lupe
Niedersachsen sind skeptisch, doch Aktionäre können sich über Ausschüttungen in Milliardenhöhe freuen.
So probieren sich Testesser jeden Tag durch neue Produkte und Klassiker von Dr. Oetker.
18 | Börsenporträt
26 | Grammgenau
Ein Trend: Auch in diesem Jahr werden Unternehmen Teile ihrer Konzerne an die Börse bringen.
Weber Maschinenbau sorgt dafür, dass Käse und Wurst exakt abgepackt werden können.
19 | Punkte sammeln
27 | Überholt?
Statt zu kooperieren, bringt das ostfriesische Unternehmen Bünting eine eigene Treuekarte auf den Markt.
Marken begleiten den ganzen Tag, doch wie bleiben sie in der heutigen Zeit relevant?
20/21 | Wirtschaftstalk
28/29 | 49 Titel
Johannes Hartig, Beate Jakobs und Lorenz Hofhaus diskutieren über die künftige Bedeutung regionaler Banken.
Das waren die Themen von DIE WIRTSCHAFT seit der ersten Ausgabe.
22 | Zauberformel ETF?
30 | Strohhalm ade?
Megatrend an den Finanzmärkten: Sparer in Deutschland haben großes Interesse an Echange Traded Funds (ETF).
So reagieren Verbraucher und Hersteller auf den Trend zur plastikfreien Gesellschaft.
23 | Nur Bares Wahres?
31 | Modedesign
Bargeld hat in Deutschland einen hohen Stellenwert, und doch werden immer mehr Beträge mit Karte gezahlt.
Die junge Grafschafterin Catharina Holtgrave hat mit ihrer experimentellen Kollektion überzeugt.
2 E D I TO R I A L IN EIGENER SACHE
Die 50. Ausgabe in der Hand, die 100. im Blick! VON BERTHOLD HAMELMANN
J
a, wir freuen uns und sagen gleichzeitig vielen Dank. Die 50. Ausgabe von DIE WIRTSCHAFT beweist, dass hochwertige journalistische Produkte am Markt eine Relevanz besitzen. Das gilt insbesondere auch für diesen Spezialtitel, der auf die Regionen Osnabrück, Emsland und Grafschaft Bentheim zugeschnitten ist und so manche Grenze überwindet. Jährlich sechs Ausgaben beschäftigen sich mit Wirtschaftsthemen aller Art, die für Südwestniedersachen große Bedeutung besitzen. Daten, Fakten und Hintergründe sind gefragt. Das inhaltliche Konzept hat sich seit der Erstausgabe nicht verändert. „Made by NOZ“ lautet die Devise. Eigene, unabhängige, wirtschaftsaffine Kolleginnen und Kollegen, unterstützt von festen Korrespondenten, schreiben über die Themen. DIE WIRTSCHAFT profitiert von der selbst verordneten regionalen Brille. Große Themen wie etwa Brexit oder Gesundheit finden sich natürlich wieder, aber stets unter der Fragestellung ihrer Bedeutung für die Region. Ein einordnender 360-GradBlick bildet die Grundlage. Danach folgt die Fokussierung, kommt die regionale Lupe zum Einsatz. DIE WIRTSCHAFT stellt keine inhaltliche Wundertüte wie etwa eine Tageszeitung dar, die unterschiedlichste Leserinteressen und -gruppen bedient. Adressat ist hier eine Zielgruppe, die um die entscheidende Bedeutung einer funktionierenden Wirtschaft weiß. Moderne Medienforschung beurteilt redaktionelle Leistungen stets aus Leser- bzw. Kundensicht. Muss, kann oder sollte ich wissen, was mir angeboten wird? Bringen diese Informationen etwas für meinen Arbeitsund Lebensalltag? Die Meinung der
Redaktion zu ihrer Arbeit ist da ziemlich eindeutig … Die Antwort, die zählt, gibt der Markt. Schreibt man am Zielpublikum vorbei, wandert das Produkt – als gedruckte oder digitale Variante – ungelesen in den Papierkorb. Eigenlob stinkt. Diese Lebensweisheit verbietet jedwede Lobeshymne. Deshalb Fakten: DIE WIRTSCHAFT ist erwachsen geworden, die Druckauflage von gut 10 000 auf rund 30 000 Exemplare gestiegen. Hinzu kommen pro Ausgabe mehrere Tausend Downloads der E-Paper-Version, die inzwischen eine weltweite Fangemeinde besitzt. Fester Bestandteil des Gesamtproduktes DIE WIRTSCHAFT sind auch regelmäßige Verlagsbeilagen. Städte und Gemeinden stellen sich beispielsweise in hochwertigen Standortporträts vor und profitieren vom Zielpublikum. Durch die Kooperation mit anderen Medienhäusern besteht die Möglichkeit, Sonderpublikationen wie etwa einen Tagungsund Seminarguide ohne Streuverluste überregional zu platzieren. Denn das darf, nein muss auch einmal erwähnt werden: Ohne das große Engagement des Spezialverkaufsteams vom MSO Medien-Service, dem Ansprechpartner für Werbung im Raum Osnabrück/Emsland, gäbe es keine 50. Ausgabe. Würde eine ausreichende wirtschaftliche Basis fehlen, käme auch DIE WIRTSCHAFT schnell ins Schlingern. Selbst wenn die 50. Ausgabe nicht mit einem 50. Geburtstag vergleichbar ist – Geschenke zieren jedes Jubiläum. Unser Präsent für Sie ist die neu gestaltete Titelseite. Sie merken, wir haben noch viel vor. Und allen Unkenrufen aus der schnelllebigen Medienwelt zum Trotz: Ab heute gibt unser Team Gas in Richtung Ausgabe Nummer 100! Hoffen wir also alle zusammen, dass die Wirtschaft weiter brummt …
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
MACHER & MÄRKTE
Einmal kurz vor Torschluss und zurück Wie es der Osnabrücker Franz Wölfer Elektromaschinenfabrik gelang, eine drohende Insolvenz abzuwenden und sich neu aufzustellen VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN Januar 2019 – die Franz Wölfer Elektromaschinenfabrik Osnabrück stellt beim Amtsgericht Osnabrück einen Antrag auf ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Dem mehr als 70 Jahre alten Traditionsunternehmen fehlten trotz guter Auftragslage die finanziellen Mittel, um Aufträge zu fertigen. Wölfer entwickelt und produziert Sondermotoren, die hauptsächlich auf Kranen und Schiffen eingesetzt werden. Im April 2019 – nur vier Monate später – meldet das Familienunternehmen einen neuen Investor, die Insolvenz ist abgewendet. Wie kam es zu der existenzgefährdenden Schieflage, und wie gelang die Rettung in Rekordzeit? „Auslöser der Probleme war letztlich der Motorradunfall des langjährigen kaufmännischen Geschäftsführers im Jahr 2007“, sagt der amtierende Geschäftsführer Josef Winkels. „Unter seiner Leitung gab es noch die volle Diversifizierung des Produktportfolios.“ Der verbliebene technische Geschäftsführer und seine insgesamt fünf Nachfolger hätten voll auf das Geschäftsfeld Kranmotoren gesetzt. Eine derart monokulturelle, disruptive Politik könnten sich Unternehmen mit einer Größe wie Wölfer aber nicht leisten, so Winkels. Im Geschäftsjahr 2007 belief sich der Jahresüberschuss von Wölfer auf 2,4 Millionen Euro. Die Eigenkapitalquote lag bei 65 Prozent. Kurz gesagt: Wölfer war ein kerngesunder Mittelständler. „Rückblickend betrachtet, war es eine Mischung aus falschen Entscheidungen und Pech“, sagt Mathis Menzel über die Entwicklung bei dem Osnabrücker Maschinenbauer. Er ist Geschäftsführer der Berliner Menzel Industrieholding, die 2019 als Investor bei Wölfer einstieg und heute 85 Prozent der Anteile hält. Man habe gravierende Managementfehler gemacht, so Menzel, beispielsweise sei der gesamte Einkauf ausgelagert worden. Hinzu komme eine für den Mittelstand typische Nachfolgeproblematik. Nachdem Firmengründer Franz Wölfer 1985 gestorben war, lag die Geschäftsführung des Unternehmens in den Händen angestellter Geschäftsführer. Viele Jahre lang war das eine erfolgreiche Lösung. Verheerend wirkte sich ab 2012 das Zusammenwirken mehrerer Faktoren aus: Im Zuge einer internationalen Hafenkrise kam es zu einem Auftragseinbruch. Parallel dazu hatte die Wölfer-Geschäftsführung ab 2010 die Produktionsflächen verdoppelt. „Bis etwa 2013/14 hat das Unternehmen noch gutes Geld verOSNABRÜCK
DasDuoan derSpitze derFranzWölfer Elektromaschinenfabrik:JosefWinkels (links)undMathis Menzel.
dient“, sagt Mathis Menzel. Von 2015 auf 2016 sanken die Umsatzerlöse um 50 Prozent. Externe Manager hatten das Sagen. Sie kamen aus großen Konzernen und brachten ein anderes Denken mit. „Sie wollten die Leistung vervierfachen“, so Menzel weiter. „Sie stockten den Maschinenpark auf und legten alles auf eine Produktion im Dreischichtbetrieb aus.“ Das sei ein regelrechtes Konzernwachstumsprogramm gewesen. Innerhalb von fünf Jahren sollten die Umsatzerlöse demnach von 25 auf 100 Millionen Euro steigen. So eine Wachstumsgeschwindigkeit entspreche aber nicht dem Mittelstand, erklärt der Berliner Unternehmer, dort sei das Wachstum evolutionär, nicht disruptiv. „Vor der Krise war Wölfer schuldenfrei“, so Menzel. „Die Investitionen in den Kapazitätsausbau konnten aus den Rücklagen bezahlt werden, sie beliefen sich auf zwölf Millionen Euro.“ Im Zuge des dramatischen Absatzeinbruchs reduzierte sich die Zahl der Mitarbeiter von 140 im Jahr
2017 auf nur noch 65 Anfang 2018. Hier übernahm Josef Winkels die Geschäftsführung. „Wölfer war zu diesem Zeitpunkt bereits akut gefährdet“, sagt er. „Das Produktionsmanagement lag darnieder, es gab keinen Produktionsleiter. Der monatliche Umsatz lag im März 2018 bei nur noch 400 000 Euro.“ Zum
„Vor der Krise war Wölfer schuldenfrei.“ Mathis Menzel, Geschäftsführer Menzel Industrieholding
Vergleich: In den zehn Jahren zuvor habe Wölfer jährlich zwischen 15 und 25 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. „Wir haben dann zusammen mit der Familie und der Hausbank ein neues Finanzierungskonzept entwickelt und uns darum bemüht, das Unternehmen zunächst zu stabilisieren.“ Winkels versuchte, das mittelständische Gepräge von Wölfer wieder herauszuschälen. Er holte den ausgelagerten Einkauf wieder ins Haus zurück. Bis Oktober 2018 gelang es, den Umsatz auf zwei Millionen Euro im Monat zu steigern. Die Auftragslage war gut, doch die Kasse leer. Es fehlten die Mittel für die Vorfinanzierung der Aufträge. Aufgrund der komfortablen Rücklagen hatte Wölfer in der Vergangenheit keine industrieüblichen Abschlagszahlungen von seinen Kunden verlangt. Nun taten die sich schwer, neue industrielle Regeln zu akzeptieren. Winkels erkannte die drohende Liquiditätsschwäche und bemühte sich ab November 2018 um neues
Foto:ChristophLützenkirchen
Kapital. Parallel dazu suchte er nach einem Insolvenzanwalt mit Herz für den Mittelstand. „Die Kanzlei Anchor Rechtsanwälte machte den besten Eindruck auf mich“, erzählt er. Es gelang, auch die Wölfer-Eigentümer von diesem Partner zu überzeugen. Gemeinsam mit Anchor als akkreditiertem Co-Insolvenzverwalter legte Winkels dem Amtsgericht Osnabrück im Januar 2019 einen kompletten Insolvenzplan vor. Primäres Ziel des anschließenden Verfahrens war es, einen geeigneten Investor zu finden. Als erster Interessent meldete sich Mathis Menzel, der Ende April 2019 auch durch die Gläubigerversammlung akzeptiert wurde. Menzels Kerngeschäft ist nach eigenen Angaben die Produktion von Elektromotoren für „robuste Industrieanwendungen“. Der Jahresumsatz seines Familienunternehmens liegt bei 30 Millionen Euro. „Als wir eingestiegen sind, beschäftigte Wölfer schon wieder mehr als 90 Mitarbeiter“, sagt Menzel. „Ich denke, dass wir nicht durch besonders viel Geld, sondern durch
unser Gesamtpaket überzeugen konnten. Wölfer gehört zu den Hidden Champions in der Region. Wir wollen die alten Qualitäten des Unternehmens erhalten, es aber weiterentwickeln.“ In der Produktion wolle man schneller werden. Langfristig wolle man Wölfer wieder besser diversifizieren, unter anderem auf die Segmente Hebezeugtechnik, Schiffbau, Maschinenbau und Prüffeld-Abnahmen. Das bedeute auch, den Einstieg in andere Industrien. „Wölfer-Motoren sind vielseitig geeignet, beispielsweise genügen sie den sehr hohen Anforderungen im Prüfstandbau“, sagt Menzel. Die Menzel Gruppe sei sehr gut sichtbar am Markt und stark im Vertrieb, beide Unternehmen ergänzten sich hervorragend. Laut dem Investor erwirtschaftete Wölfer zuletzt jährliche Umsatzerlöse in Höhe von zwölf Millionen Euro. Man werde in Bereichen wie Einkauf und Kundenbearbeitung kooperieren, der Maschinenbauer solle aber eigenständig bleiben.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
MACHER & MÄRKTE
MACHER & MÄRKTE
„Ich wollte schon immer Schafe halten“
Niedersachsens Schafe und der Wolf Immer höhere Zäune empfohlen
Die gebürtige Niederländerin Gonnie van Amelsvoort hat eine kleine Mutterherde aufgebaut Hobbyzüchterin lernte ihr Basiswissen bei Schafzüchter in Twente. Von der Wolle bis zur Haut wird alles verarbeitet. Maximal zehn Muttertiere groß soll die Herde werden. VON SUSANNA AUSTRUP GILDEHAUS Zutraulich schnuppern zwei Lämmer an den Hosenbeinen der Schäferin und fangen an, ihre Stiefel zu beknabbern. Lachend schubst Gonnie van Amelsvoort die beiden Tiere sanft zur Seite und verschafft sich Zutritt zu dem kleinen Gehege, das auf der Weide steht. Sie war schon immer sehr Schaf-affin. Mittlerweile hat die Hobbyzüchterin am Rande von Gildehaus in der Grafschaft Bentheim eine kleine Muttertierherde aufgebaut, ist dem Herdbuchverband beigetreten und verarbeitet die Wolle der Tiere. An diesem Tag aber leert sie den Futtereimer in den Trog und öffnet das Tor. Ruckzuck sind die Schafe in dem kleinen Panel und machen sich über die Pellets her. Vor 19 Jahren ist die Niederländerin mit ihrem Mann Toine Zwitserlood aufs Land in die Grafschaft Bentheim gezogen. Weil beide noch voll im Beruf stan-
den, schaffte das Ehepaar zuerst nur Hühner an und entschied sich ganz bewusst für Kraienköppe. „Das ist eine alte Haustierrasse, die hier aus der Region stammt“, begründet van Amelsvoort. Die äußerst widerstandsfähige Hühnerrasse wurde erstmals im deutsch-niederländischen Grenzgebiet gezüchtet, und zwar in der ostholländischen Provinz Twente um Ahaus, Enschede und die Grafschaft Bentheim. Hier sind auch heute noch die meisten Zuchten zu finden. Selbstredend, dass die 64-Jährige sich auch bei ihren Schafen mit dem Bentheimer Landschaf für eine alte Rasse entschied. Die war vor noch
„Die Schafhalter in der Region sind gut vernetzt und unterstützen sich gegenseitig.“ Gonnie van Amelsvoort
DieSchafhaltung hatderHobbyzüchterineinenguten Kontaktzuihren Nachbarnverschafft.Siehelfen immerwiedermit.
nicht allzu langer Zeit vom Aussterben bedroht. „Wegen der Intensivierung der Landwirtschaft und fehlender Wirtschaftlichkeit gerieten sie in Vergessenheit: In den 1970erJahren gab es zeitweise nur noch 50 Zuchttiere, die von drei emsländischen Züchtern gehalten wurden“, informiert der gemeinnützige Verein „Land unter“, der sich im Emsland um den Erhalt der alten Nutztierrasse kümmert, auf seinen Webseiten. Vor allem seit Beginn der 1990er-Jahre gehe es mit den Bentheimer Landschafen aber wieder bergauf, Züchter und Naturschützer hätten den Wert der genügsamen und robusten Landschaftspfleger wiederentdeckt. So auch Gonnie van Amelsvoort. 2015 kaufte sie ihre ersten Schafe. „Ich habe stets viel gestrickt und gehäkelt und wollte schon immer gerne Schafe halten“, erzählt die Niederländerin. Um das Know-how der Schafhaltung zu erlernen, machte van Amelsvoort eine Ausbildung bei einem Schäfer in der Twente und erwarb bei ihm ihr Basiswissen rund um Schaffütterung, Weidehaltung, Zäune ziehen, Stalleinrichtung, Klauenschneiden und Schafschur. „Das war so ein toller Kurs“, schwärmt die Hobbyschäferin, die bis heute mit ihrem Ausbilder Kontakt pflegt. Er betreut sie weiterhin „per App“ und hat sie auf diese Weise auch bei der Geburt des ersten Lammes unterstützt. Außerdem hat sie mit Schafzüchter Wolfgang Mersch aus Gildehaus einen ortsnahen Ansprechpartner. „Die Schaf-
Umdie Schafhaltung zulernen,machteGonnievanAmelsvoorteineAusbildung bei einemSchäferinTwente. Heutehatsie eineeigeneHerde aufgebaut.
halter in der Region sind gut vernetzt und unterstützen sich gegenseitig“, lobt van Amelsvoort. Sie und ihr Mann hätten dadurch viele neue Kontakte gewonnen. Auch in der Nachbarschaft haben sich freundschaftliche Bande gebildet. Manchmal muss die Niederländerin mit ihren Schafen Wege von einer halben Stunde zurücklegen, um sie auf eine andere Wiese zu bringen. „Das geht nicht alleine“, sagt sie, doch die Nachbarn springen ein und stehen sogar in aller Herrgottsfrühe parat, um zu helfen. Einige Bauern stellen der Schäferei Herrenfehn außerdem im Winter ihre Weiden zur Verfügung. So bekommen die Tiere auch in der kalten Jahreszeit frisches Gras zu fressen. Gleichzeitig befreien sie die Flächen von überständigen Gräsern und Kräutern. Das sei für beide Seiten eine Win-win-Situation, freut sich die Schäferin. Die Hobbyzüchterin ist Mitglied im Landes-Schafzuchtverband Weser-Ems und besucht jedes Jahr die Eliteauktion in Uelsen. Bei dieser Auktion werden Böcke der Rasse Bentheimer Landschaf vermarktet. Die Bewertung der Böcke erfolgt in den Kategorien Beschaffenheit der Wolle, Bemuskelung und äußeres Erscheinungsbild. „Im letzten Jahr
wurde mein Lammbock Ramses Wollsieger“, berichtet die Niederländerin, die über die Zucht versucht, die Qualität der Wolle zu verbessern. „Für mich ist es wichtig, dass ich die Wolle vom eigenen Schaf nutzen kann“, sagt sie.
„Für mich ist es wichtig, dass ich die Wolle vom eigenen Schaf nutzen kann.“ Gonnie van Amelsvoort
Entscheidend über die Qualität der Wolle sei ihre Beschaffenheit, Faserlänge und Verunreinigung, erklärt van Amelsvoort. Auch die Feinheit der Fasern und ihre Kräuselung spielen eine Rolle. Die Schäferin muss beim Scheren der Tiere behutsam vorgehen, um die Tiere nicht zu verletzen. Außerdem soll das sogenannte Wollkleid möglichst intakt bleiben. Schafe müssen mindestens einmal im Jahr geschoren werden. Besser ist jedoch, das zweimal, im Frühjahr und im Herbst, zu machen. Die Schafschur und auch das Schneiden der Klauen sind körperlich anstrengend. „Ich bin froh, dass mein Mann mich dabei unterstützt“, sagt Gonnie van Amelsvoort. Vor allem die Böcke seien oft schwer zu halten. Doch nicht nur bei dieser Tätigkeit: Toine Zwitserlood greift seiner Frau oft unter die Arme und teilt ihr Hobby. Anfangs hat Gonnie van Amelsvoort aus ihrem selbst gesponnenen Garn Socken für ihre Kinder und Enkelkinder gestrickt, doch die sind mittlerweile alle versorgt. „Ich wollte gerne andere Dinge herstellen“, sagt sie. Inzwischen bringt sie ihre Wolle zu einer kleinen Spinnerei ins Sauerland, die sich auf die Verarbeitung von Edelhaaren und Wolle von Sonderschafrassen spezialisiert hat.
Fotos:SusanneAustrup
Van Amelsvoort holt ein Knäul aus dem Wohnzimmer. Das Garn fühlt sich angenehm weich an. Außerdem ist der Faden dank der professionellen Spinntechnik gleichmäßig dick und stabil.
Die Schäferin verarbeitet das Garn zu Strick- und Häkelkissen und anderer Wohndekoration. Für das Vlies hat sie noch eine besondere Verwendung gefunden. Sie habe das Fellfilzen im letzten Jahr ent-
ZUR SACHE
Schafhaltung in Niedersachsen In Niedersachsen werden nach Angaben des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in etwa 12 000 Betrieben zirka 235 000 Schafe gezählt. Das entspricht rund 10 Prozent des gesamtdeutschen Bestandes von rund 2,3 Millionen Tieren. Eine besondere Bedeutung kommt dabei laut Ministerium der Herdbuchzucht zu, die im Bundesvergleich mit ihren fast 500 Betrieben und nahezu 22000 Tieren eine Spitzenstellung einnimmt. Vier überaus aktive und erfolgreiche
Schafzuchtverbände hätten dazu beigetragen, dass die niedersächsischen Zuchttiere heute in der ganzen Welt nachgefragt werden. „Vor allem die Ostfriesischen Milchschafe haben sich zu einem regelrechten Exportschlager entwickelt“, so das Ministerium. Die durchschnittliche Bestandsgröße in der Schafhaltung beträgt hierzulande nur knapp 20 Tiere pro Herde. Diese Zahl spiegelt aber die tatsächlichen Verhältnisse kaum wieder. So ist davon auszugehen, dass rund 80 Prozent aller Be-
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deckt und ausprobiert, erzählt van Amelsvoort. Das abgeschorene Wollkleid wird mit einer Unterlage aus kardierter Wolle durch das Filzen mit Wasser und Seife verbunden. Das ist ein aufwendiger Prozess, der einige Stunden in Anspruch nimmt. Freunde und Bekannte waren von den fertigen Fellen begeistert. So sehr, dass die Schäferin beschloss, ihre handgemachten Produkte im Dezember auf dem Bad Bentheimer Weihnachtsmarkt anzubieten. Ihr Stand war ein voller Erfolg. Wenn ein Schaf geschlachtet wird, bringt die Schäferin die Haut zu einer Gerberei in Mettingen, die sich dem Umweltschutz verpflichtet hat. Die benötigte Energie wird per Blockheizkraftwerk, Fotovoltaikanlage und einer Kombination von Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Über Abwasserreinigung und den Einsatz von Regenwasser spart der Betrieb Frischwasser ein. Schließlich kommen biologisch abbaubare Waschmittel und Gerbstoffe zum Einsatz, wodurch die Belastung des Abwassers gesenkt wird. Nachhaltiges Arbeiten ist der Niederländerin wichtig. „Es ist viel Arbeit“, sagt sie. Viel springe dabei nicht raus. Doch um Geld geht es der Niederländerin nicht. „Das ist reines Hobby“, erklärt sie und, dass sie stets maximal zehn Muttertiere halten wolle, denn van Amelsvoort sind die Schafe wichtig und das Arbeiten im Einklang mit der Natur.
triebe lediglich Kleinstbestände halten und der überwiegende Teil der Schafe in deutlich größeren Herden gezählt wird. Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Schafhaltung sind der Küstenschutz und die Landschaftspflege in den unterschiedlichen Regionen Niedersachsens. Der Einsatz von Schafen erhält ländliche Räume sowie Landschaften und Biotope. Besonders die Deichpflege wäre ohne Schafhaltung nicht denkbar. Die Schafe leisten somit einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zum Erhalt unse-
rer vielfältigen Landschaftsbilder. Gleichzeitig tragen viele der hiesigen Schafhalter zum Erhalt der genetischen Vielfalt bei. Unter den fast 40 Rassen, die es in Niedersachsen gibt, befinden sich viele, die vom Aussterben bedroht sind und nur durch das Engagement der Schafhalter als lebendiges Kulturerbe erhalten bleiben. Für die Verbraucher bietet die Schafhaltung ein reichhaltiges Spektrum unterschiedlichster Produkte wie Lammfleisch oder Milch oder auch in Form von Käseoder Wollprodukten.
VON TOBIAS BÖCKERMANN Die Schafhaltung gehört zu den wirtschaftlich schwächsten Betriebszweigen der deutschen Landwirtschaft. Die Zahl der Schafe und die der Betriebe nimmt seit Jahren ab. Zusätzlich gebeutelt sind viele Züchter durch den Wolf: Immer mehr Übergriffe machen ihnen das Leben schwer. Dabei sind die Zahlen eindeutig: Mit der Zunahme der Wolfspopulation steigt auch die der getöteten Schafe und Ziegen. Im Monitoringjahr 2012/2013 (1. 5. bis 30. 4. des Folgejahres) zählte man in ganz Niedersachsen noch acht Wolfsübergriffe mit 24 getöteten Nutztieren. 2018/2019 waren es 160 Übergriffe mit 412 toten Schafen, Ziegen, Rindern und Gatterwild. Insgesamt geht die Zahl der toten Nutztiere inzwischen in die Tausende, allein in Niedersachsen. Die Zahl der Wolfsrudel ist in dieser Zeit von drei auf 23 gestiegen, zusätzlich leben mindestens sechs Wolfspaare und ein sesshafter Einzelwolf in Niedersachsen. Insgesamt macht das also 30 Reviere allein im Nordwesten. Wie viele Wölfe das aber wirklich insgesamt ergibt, ist nicht seriös zu sagen. Denn ein Rudel umfasst mindestens zwei Alttiere und ein bis acht Welpen, manchmal aber auch noch Jungtiere des Vorjahres. Bei einem Rudel geht man deshalb angenähert von acht bis zehn Einzeltieren aus – die Landesregierung nennt aktuell eine Zahl von 230 Individuen zwischen Ems und Elbe. Zum Vergleich: In ganz Schweden werden 300 Wölfe geduldet. Steigt die Zahl deutlich darüber, wird geschossen. In Deutschland jedenfalls sei die Tendenz steigend, sagt Raoul Reding von der Landesjägerschaft Niedersachsen, die für das Wolfsmonitoring verantwortlich ist, also die Erfassung aller Daten zur Rückkehr des Raubtieres. Seit 2011 sei die Zahl der Wolfsterritorien um 60 Prozent pro Jahr angestiegen, während dieser Wert deutschlandweit „nur“ bei 32 Prozent liege, sagt Reding. Begründung: „In Niedersachsen siedeln sich überdurchschnittlich viele Wölfe neu an, die aus anderen Bundesländern stammen.“ Für die Schäfer bringt die rasante Ausbreitung erhebliche Probleme mit sich. Denn sie trifft auf stetig steigende Futterkosten, höhere Gebühren zum Beispiel für Schlachtung und Vermarktung der Lämmer, höhere Auflagen und steigende Bürokratie – und das bei sinkenden oder bestenfalls gleichbleibenden Erlösen. Stundenlöhne unter dem Mindestlohn sind in der Schafzucht zumindest in kleinen Betrieben eher die Regel als die Ausnahme.
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Insgesamt 412 toteTiere werden Übergriffen durchdenWolf zugeordnet.
Auch ohne Wolf hat die Zahl der Schafe bundesweit seit 2006 um 40 Prozent auf rund 1,7 Millionen abgenommen, 230 400 davon stehen in Niedersachsen. „2015 waren es hier noch 236 000“, sagt Michael Gertenbach von der Landwirtschaftskammer in Oldenburg. Die in der übrigen Landwirtschaft grassierende Vergrößerung der Tierbestände gibt es in der Schafzucht kaum, weil Schafe nicht im Stall gehalten werden, sondern viel Fläche benötigen. Und die ist schwer verfügbar oder teuer. Nur 300 Betriebe landesweit halten deshalb mehr als 100 Mutterschafe, dafür aber rund 10 000 weniger als 25. Wer von der Schafzucht leben will, muss mindestens 500 bis 1000 Tiere halten, besser mehr. Dabei sind die kleinen Wiederkäuer zumindest in den hochtechnisierten Regionen mit hoher Tierdichte oftmals die letzten Nutztiere, die noch
„Der einst empfohlene Schutz mit einem 90 Zentimeter hohen Elektronetz ist immer häufiger wirkungslos.“ Michael Gertenbach Landwirtschaftskammer Oldenburg
auf der Weide stehen und offene Kulturlandschaften wie Sandheiden oder Feuchtwiesen pflegen. 400 000 Hektar sind dies bundesweit. Gehe also die Schafzucht zurück, gefährde das auch den Erhalt der Kulturlandschaften, sagt Gertenbach. Außerdem hatten die Schafhalter in den vergangenen zehn Jahren mit neuen Krankheiten wie dem Schmallenberg-Virus ebenso zu kämpfen wie zuletzt mit zwei Dürren, dadurch fehlendem Futter und einbrechenden Preisen für ihr Lammfleisch. Und dazu kommt nun der Wolf. Er zwingt die Schafhalter dazu, mit erheblichem Aufwand Schafe und Ziegen neu einzuzäunen, um dem Räuber das Eindringen in die Herde zu erschweren. Laut Michael Gertenbach ist in Niedersachsen inzwischen jederzeit an jedem Ort mit einem Wolf zu rechnen, und der überwinde zunehmend auch eigentlich als ausreichend anerkannte Schutzzäune. Niedersachsenweit seien 2019 schon 25 Prozent der von einem Wolfsriss betroffenen Betriebe mit einem wolfsabweisenden Grundschutz ausgestattet gewesen. „Der einst empfohlene Schutz mit einem 90 Zentimeter hohen Elektronetz ist immer häufiger wirkungslos. Wer effizient schützen will, braucht höhere Zäune und höheren Aufwand“, sagt Gertenbach. Das Bundesamt für Naturschutz empfehle inzwischen ein 1,20 Meter hohes E-Netz. Und die sind auch nötig, wenn, wie jetzt vom Bundesrat grundsätzlich ermöglicht, eine Abschussgenehmigung für Wölfe erlangt werden soll, die wiederholt Schafe reißen. Erst wenn ein Wolf in kurzer Zeit zweimal 1,20 Meter Elektrozaun oder vergleichbar überwunden und Schafe gerissen hat, kann er theoretisch erlegt werden. Der Landesschafzuchtverband empfiehlt allerdings inzwischen Zäune mit 1,40 Meter Höhe. Ende offen.
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Auf ihr Wort ist Verlass Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sind als Experten gefragt / Werbung um Nachwuchs VON GERD PLACKE Mit der Lupe untersucht Ulrike Hamm das silberne Kännchen – das eingeschlagene Meisterzeichen RH ordnet sie der Werkstatt von Robert Hennell zu, dessen Werkstatt Anfang des 19. Jahrhunderts in London Haushaltsgegenstände für die Upperclass fertigte. Das gute Stück stammt von 1830, die Punzen (Stempel) weisen Sterlingsilber als Material aus, Herstellungsort ist die britische Hauptstadt. Frau Hamm weiß das, weil sie ausgewiesene Fachfrau für „Höherwertigen Hausrat“ ist – die promovierte Kunsthistorikerin ist eine von drei Expertinnen, die als Sachverständige für diesen speziellen Bereich in Deutschland öffentlich bestellt und vereidigt sind. Als Heranwachsende schaute sie einem Freund ihrer Mutter über die Schulter, der als KunstSachverständiger arbeitete. So kam sie auf den Geschmack, beruflich einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Seit 2005 ist sie nun als öffentlich bestellte Sachverständige in unserer Region und den angrenzenden Gebieten Münster und Bielefeld in Sachen Kunstgegenstände unterwegs. Sie wird etwa gerufen zur NachlassBewertung – in friedlichen Fällen oder auch bei Erbstreitigkeiten, die gar nicht so selten sind. Manchmal landen solche Fälle auch vor Gericht, und für die Justiz sind öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige in Streitfällen erste Wahl. Denn diese Experten – im Bezirk der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim gibt es mehr als 70 derart qualifizierte Männer und Frauen für 25 Sachgebiete – dürfen in einem Prozess für keine Partei sprechen. Sie sind der Neutralität verpflichtet. Anscheinend kann sich die Justiz auf diese kleine Gruppe verlassen: Bei Frau Hamm etwa hat es in den 15 Jahren ihrer Tätigkeit als vereidigte Expertin noch keine Rückfragen zu ihren Zeugnissen gegeben. Im Laufe der Jahrzehnte habe sich der Wert ihres Schätzgutes – etwa Porzellan, Besteck, Bilder, Teppiche, Möbel und hochwertige Antiquitäten – sehr verändert, manchmal deutlich nach unten, auch weil der Markt ein anderer ist. Heute würden oben genannte Dinge zuallererst auf Auktionen angeboten, bei renommierten Häusern in der weiteren Region wie in Rheine, Ibbenbüren und Bielefeld, darüber hinaus in Großstädten wie Hamburg, Köln oder München. Um auf dem Laufenden zu bleiben, seien Weiterbildung und der Austausch mit den knapp 40 Sachverständigen für Hausrat im Bundesgebiet unerlässlich. So treffen sich die Mitglieder des Bundesverbandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (BVS) in ihrem Bereich alle zwei Jahre zum Deutschen Kunstsachverständigentag. Außerdem bietet der Bund der Hausratexperten zweimal im Jahr Weiterbildungen an – eine Möglichkeit, die Hamm gerne nutzt, um mit Kollegen ins Gespräch zu kommen – und im Zweifelsfall auch Partner für einen Meinungsaustausch zu haben. Denn Experten, vor allem öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, sind rar. Und die GewinOSNABRÜCK
Kenntsich aus mitVerkehrsunfallRekonstruktionund allenThemenrund umsAutomobil: ThomasDiekel,Expertefür Straßenverkehrsunfälle, Kfz-Schädenund – Bewertung. Foto: GerdPlacke
Wacht mitArgusaugenüberkompliziertetechnische Anlagen:Frank Hamelmann,derals öffentlichbestellter und vereidigter Sachverständiger fürdenBereich„ExplosionsschutzindustriellerAnlagen“ die ganzeBundesrepublikbereist. Hierprüfter im EnergieparkMelle die Biogasanlage derFirma Huning, mit derTeile der Stadtmit Fernwärme versorgt werden. Foto: Swaantje Hehmann
nung von Nachwuchs macht Helga Conrad und Robert Alferink von der IHK in Osnabrück Kopfzerbrechen. Ergebnis der Überlegungen war eine Kampagne der Kammer, bei der mit Anzeigen im hauseigenen Magazin oder über Anschreiben an 600 Unternehmen des Bezirks kräftig die Werbetrommel gerührt wurde. Conrad und Alferink berichten von einem guten Echo auf die Bemühungen, wobei sich Bewerbungen um die Ernennung zum vereidigten Sachverständigen erst längerfristig ergeben, wie Conrad anmerkt. Allerdings werden immer wieder „neue“ Sachverständige vereidigt, wie erst Mitte des Monats in zwei Fällen geschehen. Mit der Bestellung jüngerer vereidigter Sachverständiger soll auch der Altersschnitt der Experten in diesem Amt mit hoheitlichen Aufgaben gesenkt werden. Früher gab es eine Altersbegrenzung von 72 Jahren, die gebe es jetzt nicht mehr, berichtet Frank Hamelmann, der gemeinsam mit seiner Frau die ProTectum-Prüftec Gesellschaft für Prüfund Ingenieurdienstleistungen in Bramsche betreibt. Hamelmann ist ebenfalls öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger – sein Sachgebiet: Explosionsschutz industrieller Anlagen. Wir treffen ihn im Energiepark Melle, wo die Firma Huning Umwelttechnik seit Jahren eine Biogasanlage mit Heizkraftwerk betreibt und Teile der Stadt (u. a. Wohnblocks, Schulen, Krankenhaus) mit Wärme versorgt.
Wie seine Kollegin Ulrike Hamm wird auch Hamelmann von den Gerichten als Gutachten berufen, etwa drei- bis viermal im Jahr. Dabei seien die oftmals komplizierten Fälle selten mit nur einem Gutachten vom Tisch – eine Dauer von drei bis fünf Jahren bis zum Abschluss eines Verfahrens sei normal, erklärt der promovierte Umwelt- und Verfahrenstechniker. Die Tätigkeit eines vereidigten Sachverständigen vor Gericht erfordere „eine solide Grundarbeit und ist sehr verantwortungsvoll“, betont der 52-Jährige. Auch er
„Man muss sehen, wie man das in sein Leben integriert.“ Frank Hamelmann, ProTectum-Prüftec Gesellschaft
stellt die Pflicht zur Unabhängigkeit eines Gutachters, gerade vor dem Kadi, heraus. Hamelmann sieht seine Aufgabe darin, „den Gerichten zu helfen, zu einem gerechten Urteil zu kommen“. Der überwiegende Teil seiner Aufgaben spiele sich allerdings außerhalb der Gerichtsmauern ab. Es gehe um Betriebsabnahmen, die im festgelegten Turnus erfolgen müssten – so etwas wie eine „Tüv-Prüfung“ – Schadensbegutachtung im Auftrag der Geschädigten oder von Versicherungen sowie um Beratungen. Wobei hier der Grundsatz gelte: Wer ein Unternehmen berät, nimmt die fertige Anlage nicht ab. Auch in seinem Fachgebiet sieht Hamelmann eines der Probleme im Nachwuchsmangel. Es sei klar, dass eine solide Grundausbildung, eine Spezialisierung und eine mehrjährige Berufserfahrung zur Grundlage für die Ernennung zum öffentlich bestellten, vereidigten Sachverständigen gehörten. Er sieht das ideale Alter für die Bestellung von vereidigten Sachverständigen durch IHK oder Handwerkskammer im Bereich plus/minus 50 Jahre. Erforderlich sind seiner Meinung nach eine gewisse Neugier und der Wille, nicht immer auf die Uhr zu schauen: „Man muss sehen, wie man das in sein Leben integriert.“ In seinem Sachgebiet stellten sich kontroverse Aufgaben, die trotz starrer Regeln mit flexiblen Lösungsansätzen kombiniert werden müssten: „Das ist die Kunst dabei“, merkt der Ingenieur an. Ohne fachlichen Austausch und Weiterbildungen gehe es nicht, allerdings sei sein Metier auch ein relativ krisensicheres Geschäft. Oberstes Ziel sei die Sicherheit aller Beteiligten. Wobei klar sei, dass er präventive Arbeit lieber leiste, als Fehler anzukreiden oder nach Unfällen nach der Ursache und den Verantwortlichen zu suchen. In den vergangenen Jahren habe er festgestellt, dass in den Betrieben das Bewusstsein gestiegen sei, auf die Sicherheit zu achten. Investitionen in
Betriebssicherheit hätten einen ökonomischen Wert, das werde immer mehr Firmen klar. Mit zum Job gehöre auch, komplizierte Zusammenhänge und Umstände auch für Laien verständlich zu Papier zu bringen – das gelte auch und gerade für Gerichtsverfahren. Wobei Hamelmann anmerkt, dass die Vergütung der Arbeit für Gerichtsverfahren durchaus eine Anhebung vertragen könne, denn sie sei deutlich geringer als das, was im Rahmen von Aufträgen von privat oder Versicherungen gezahlt werde. Konkreter wird da Hamelmanns Kollege Thomas Diekel, Kfz-Sachverständiger in Bad Bentheim. Der Diplomingenieur hat das alteingesessene Sachverständigenbüro (Gründung: 1966) vor Jahren von seinem Vater übernommen und beschäftigt an den Standorten Bad Bentheim, Meppen und Leer insgesamt rund 20 Mitarbeiter, davon sind 13 Prüf-Ingenieure und-Techniker. Diekel berichtet von einer Bezahlung durch das Gericht nach Zahl der Anschläge eines Gutachtens – wie in grauer Vorzeit. Für Fotos, die dem Gericht vorgelegt werden, gibt es zwei Euro Honorar, plus 50 Cent für eventuelle Kopien
der Bilder. Das Justizvergütungsund Entschädigungsgestz (JVEG) müsse im Punkt Bezahlung der verantwortungsvollen, präzisen und unabhängigen Arbeit der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nach oben angepasst werden. Um auf dem Laufenden zu sein ist Weiterbildung für die Gutachter unerlässlich – und es gehört eine Ausrüstung auf dem neuesten Stand der Technik zum notwendigen Equipment. Das erfordert teilweise hohe Investitionen. Diekel verweist hier auf konstspielige PC-Programme, um Rekonstruktionen zum Unfallhergang, neuerdings auch in 3-D, zu erstellen. Dazu gehören Drohnen zur fotografischen Dokumentation des Unfallortes. Diekel spricht beim Wunsch nach einer Anpassung der Kostenerstattung vor Gericht für viele Kollegen, die durch ihre Ernennung zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen eine besondere Verantwortung gegenüber der Gesellschaft übernommen haben. Sie erfüllen hoheitliche Aufgaben, sind im Amtsdeutsch „Beliehene des Landes“ und vom Status einem Notar gleichgesetzt – auf ihr Wort ist Verlass.
Seit 15Jahren mitAkribie dabei: Ursula Hamm, vereidigte Sachverständige für Höherwertigen Hausrat.
Foto: GertWestdörp
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Ein Netflix für Landwirte Charlotte Rothert bietet mit der Galaxis GmbH Video-Schulungen online an VON NINA STRAKELJAHN Bekommt ANKUM/OSNABRÜCK man Landwirte dazu, sich an den Computer zu setzen und sich fortzubilden? Diese Frage stellte sich Charlotte Rothert, als sie auf die Idee kam, Schulungen in Form von Videos anzubieten. Wenige Monate nach der Gründung der Galaxis GmbH würde sie diese Frage mit „Ja“ beantworten. Schon mehr als 100 Kunden zählt das junge Start-up, das mit seiner Plattform erst seit Mitte Dezember online ist. Fünf Video-Kurse können die Kunden sich anschauen mit insgesamt 55 einzelnen Clips zu Themen wie ruhigem Melken oder der Erkennung von Problemkühen. Jeder Kurs besteht aus sieben bis elf einzelnen kurzen Videos, erklärt Charlotte Rothert. Auf die Idee für diese Video-Plattform ist die 26-Jährige durch ihre Arbeit auf Höfen gekommen. Die Nortruperin hat selbst eine Ausbildung als Landwirtin absolviert. Sie half ihrem Vater, Tierarzt Jürgen Rothert, immer wieder bei der Arbeit und kam so in Kontakt mit der Landwirtschaft. Nach einem Praktikum entschied sie sich für die Ausbildung. In zwei Jahren wurde sie zu einer leitenden Angestellten ausgebildet und spezialisierte sich vor allem auf Milchviehaltung. In dieser Position arbeitete sie auf einem Hof in Schleswig-Holstein. Der Betrieb sollte komplett umgestellt werden, um unter anderem eine höhere Milchleistung zu erzielen. „Je gesünder die Kuh, desto höher ist die Milchleistung, und desto weniger CO2 und Methan stößt die Kuh pro Kilogramm Milch aus“, erklärt Rothert. Um das gewährleisten zu können, müssen unter anderem die Mitarbeiter entsprechend geschult sein. Weil sie diese Prozessumstellung sehr erfolgreich gestaltete, wurden andere Landwirte auf die junge Frau aufmerksam, die eigentlich noch studieren wollte. Zwar absolvierte sie einige Semester, doch dann machte sie sich vor drei Jahren selbstständig. Seitdem berät sie Höfe in Deutschland und Luxemburg im Personalmanagement und der Prozessoptimierung. Um insgesamt 35 Betriebe mit 300 bis 3000 Kühen kümmert sie sich. Zunächst schaut sie sich dabei die Strukturierung des Betriebes an: Wie viele Arbeitskräfte arbeiten in welchen Bereichen und wie sehen die Prozesse aus? Häufig seien die Arbeitsprozesse zum Beispiel beim Melken oder Füttern nicht optimal, oder Synergien
DieVideos fürdie FortbildungenwerdenaufverschiedenenHöfen gedreht.
würden nicht genutzt. Dadurch entstünden beispielsweise unnötige Laufwege. „Oft kann man als Externer diese Dinge in Workshops mit dem Team optimieren und sogar noch neues Know-how mit einfließen lassen“, erklärt sie. Durch die intensive Arbeit auf den Betrieben lasse sich außerdem
„Hollywood arbeitet mit Menschen, wir mit Tieren.“ Charlotte Rothert, Gründerin von Galaxis
Charlotte Rothert hatte die Idee zu Galaxis, einer Plattform, auf der Fortbildungen für Landwirte inFormvonVideoclipsangeboten werden.
schnell erkennen, welcher Mitarbeiter wie ticke und welche Stärken er habe. Mit besserer Kommunikation und stärkenorientierter Mitarbeiterführung sollen die Mitarbeiter so motiviert werden. Dadurch soll es eine höhere Produktivität und weniger Fluktuation geben. Oberstes Ziel sei immer eine bessere Tiergesundheit, langlebige Kühe, eine bessere WorkLife-Balance für Mitarbeiter und Betriebsleiter und dadurch auch die Senkung der Produktionskosten. Bei ihren Beratungen stellte Rothert aber fest, dass einige Themen immer wieder auftauchen, zum Beispiel die Eutergesundheit. „Fehler passieren nicht mutwillig“, sagt sie. Aber die Mitarbeiter müssen wissen, was sie machen. Weil es für die Betriebe aber schwierig ist, Mitarbeiter zu Fortbildungen zu schicken, kam sie auf die Idee zu der Video-Plattform. Ihr Konzept stellte sie auch der Gesellschaft für Tiermedizin und Betriebsbegleitung, Agro Prax, in Ankum vor, die sich auf Milchvieh spezialisiert hat und mit der sie schon zusammengearbeitet hat. Ihr Vater ist zudem Gründer von Agro Prax. Ihre Arbeit beginnt, wo die der Tierarztpraxis aufhört. Dort gefiel ihre Idee, und zusammen wurde das Start-up in Ankum gegründet. Charlotte Rothert und Christian Deux von Agro Prax sind die Geschäftsführer. Gemeinsam überlegt das Team aus Landwirten, Tierärzten, aber auch Videoproduzenten, welche Themen aufgegriffen werden und wie sie sich umsetzen lassen. Die Videodrehs sind nicht immer einfach. „Hollywood arbeitet mit Menschen, wir mit Tieren“, sagt Rothert und lacht. Gedreht wird auf Höfen, zum Beispiel im südlichen Landkreis Osnabrück. Bislang gibt es Kurse zum ruhigen Melken, Erkennung von Problemkühen und Tiergesundheitsmanagement, Untersuchen von auffälligen Kühen sowie Abkalbemanagement und Biestmilchversorgung. Damit die Kosten der Fortbildungen für Landwirte finanzierbar bleiben, gibt es in den Videos Produktplatzierungen, erklärt Rothert. Dabei lege sie aber Wert auf vertrauenswürdige und innovative Firmen, sagt sie und betont: „Das Wissen bleibt unabhängig.“ Durch die Arbeit mit Partnern kostet ein Zugang zu den Fortbildun-
Fotos:CharlotteRothert
gen für Landwirte 19,90 Euro im Monat. Damit können alle Videos geschaut werden, ein bisschen wie „ein Netflix für Landwirte“, sagt sie und lacht.
Bislang sind vor allem Landwirte aus dem deutschsprachigen Raum, also Deutschland, Schweiz und Österreich, an den Fortbildungen interessiert. Doch dem
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Start-up ist es wichtig, die Videos in andere Sprachen zu übersetzen. Denn auf vielen Höfen arbeiten fremdsprachige Mitarbeiter, und genau das ist oft das Problem, weil sie nicht verstehen, wie sie richtig arbeiten. Deshalb ist die Fortbildung zum ruhigen Melken bereits in Rumänisch verfügbar. Als Nächstes sollen Videos in Polnisch und Russisch folgen. Geplant sind außerdem Bulgarisch, Serbisch, Englisch, Französisch, Arabisch und Niederländisch. Mit den ersten Wochen ist Charlotte Rothert „total zufrieden“. Man müsse nun sehen, wie sich alles entwickele. Gerade ist das Start-up in den Leisen Speicher nach Osnabrück gezogen. In dem neuen Büro will sie nun mit ihren Kollegen Oliver Leggewie, der für die Videos zuständig ist, und Daniel Marinkovic, der sich um die IT kümmert, weiter am Konzept arbeiten. Geplant ist, dass die Kurse zertifiziert werden. Außerdem ist Rothert in Gesprächen mit Molkereien, um mit ihnen praktischen Tierschutz zu schulen. Sie ist von ihrem Konzept überzeugt, denn für die Landwirte sei es wichtig, gesunde Kühe zu haben. Das wirke sich eben nicht nur auf die Milchleistung aus, sondern auch auf die Landwirte selbst. Denn wenn die Kühe gesund seien, hätten die Milchviehhalter auch mehr Freizeit für die Familie.
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Mehrgleisig in die Zukunft DHE ist einer der traditionsreichsten Transportbetriebe im Nordwesten, für den Gütertransport nur noch eine kleine Rolle spielt VON RÜDIGER ZU KLAMPEN DELMENHORST Wer in Delmenhorst in der Nähe der Firma CSM Bakery Solutions – vielen noch bekannt als „Meistermarken“ – unterwegs ist, dem bietet sich mitunter ein wunderbares Eisenbahnmotiv: Auf dem Werksgelände nahe der Grünen Straße setzt sich regelmäßig eine Diesellok mit Güterwagen in Bewegung, um ihre Fracht – Fette, Margarine und Kühlbackwaren zum Beispiel – einige Kilometer entfernt beim Lager des Logistikpartners Dachser abzuliefern, der sie weiterverteilt. Dann zuckelt der „Margarine-Shuttle“, wie der Zug vor Ort genannt wird, zurück zum Produktionswerk. „Das sind pro Werktag acht Züge, viermal voll beladen und viermal leer“, rechnet Harald Wrede vor. Der 59-Jährige ist Geschäftsführer der DelmenhorstHarpstedter Eisenbahn GmbH (DHE). Sie betreibt eine der ganz kleinen Güterbahnen im Land, mit zwei Loks – eine davon funkferngesteuert –, sieben Kühlwagen sowie einem Packmittelwagen und rund 50 000 Tonnen Fracht pro Jahr. Der Bahntransport mache heute allerdings nur noch einen geringen Teil des Umsatzes aus, etwa 17 Prozent, sagt Wrede. „Wir sind eine wirklich kleine Regionalbahn.“ Wichtiger sind Linien- und Reiseverkehr mit Bussen. Und zudem ist DHE Dienstleister für Wartung und Reparatur von Straßen- und Schienenfahrzeugen. Eine Spezialität ist die Kleinlokwartung im Auftrag anderer Bahnbetreiber. Diese Entwicklung war so nicht absehbar, als Preußen, Oldenburg und Hannover gemeinsam mit Delmenhorst und sechs Gemeinden 1910 die Kleinbahn gründeten. Der Verkehr zwischen Delmenhorst und
Harpstedt wurde 1912 aufgenommen, in der Ära der GroßherzoglichOldenburgischen Eisenbahn (GOE). Es ging damals um den Anschluss einer eher ländlichen Region an die Zentren, um an deren dynamischer Entwicklung teilzuhaben, sagt Wrede. Güterzüge eröffneten neue Absatzmärkte, die Menschen wurden mobil. In Delmenhorst gab es Anschluss an die Verbindung zwischen Bremen und Oldenburg. „Die Strecke sollte das wirtschaftliche Leben in dem erschlossenen Gebiet recht positiv beeinflussen“, heißt es bilanzierend in einer Delmenhorster Chronik zum 100-jährigen Bestehen. Der Niedergang im Personennahverkehr kam wie in ganz Deutschland in den Nachkriegsjahrzehnten. Parallel dazu erfand sich die DHE GmbH, wie sie ab 1951 hieß, quasi neu: Sie baute einen Linienbusverkehr auf, der 1949 startete. Besonders anschaulich wird die neue Ausrichtung noch heute an der Zentrale der DHE in Harpstedt, wo früher der Bahnhof stand: Vor dem noch fast neuen Verwaltungsgebäude hält der Regionalbus 226. Er verbindet Wildeshausen mit Delmenhorst und Bremen. „Das ist unsere Hauptlinie“, sagte Wrede. Tatsächlich eröffnet sie mit kurzem Takt für Berufstätige und Reiselustige Möglichkeiten – auch tariflich, denn die DHE trat dem regionalen Verkehrsverbund VBN bei. Mit nur einem Ticket kann man aus Wildeshausen oder Harpstedt in die Bremer Innenstadt gelangen oder mit Umsteigen in knapp einer Stunde für nur 5,26 Euro zum Flughafen. Heute fährt DHE mit 20 Omnibussen mehr als ein Dutzend Linien. Ein weiterer Schub für die Linienbussparte kam vom Schulbetrieb, der mit den Jahren mit dem Transportbe-
Die Geschäftsführervon DHE,BernhardSpringer (links)und Harald Wrede,sindfürdas Unternehmenverantwortlich.
KÖNNTEN SIE DAZU „NEIN“ SAGEN?
DieWerkstattspartewurde fürDrittegeöffnet– siebringtKapazitätsauslastungen und60 ProzentdesUmsatzes.
darf stark wuchs. Im Auftrag der Gebietskörperschaften, die die DHE tragen, beförderte das Unternehmen immer mehr Schüler. Eine Million Fahrgäste zählen die Linienbusse im Jahr. Das Management entdeckte für die wachsende Busflotte noch ein weiteres Expansionsfeld: Reisen. Man fährt mit zwei modernen Reisebussen Gruppen und Einzelbucher zu Zielen nah und fern. Auch Wanderreisen oder gelegentlich Ziele wie Kroatien hat Reiseverkehrsleiter Thomas Borchers im Programm. DHE (rund 45 Mitarbeiter, drei Millionen Euro Umsatz) engagiert sich allerdings auch auf anderen Feldern. So werden Nachtbuslinien betrieben, mit denen Jugendliche an Wochenende ohne Auto zu ihren Zielen gelangen. DHE unterstützt daneben zum Beispiel das Bürgerbusprojekt in Wildeshausen – etwa mit Wartung, Schulungen oder beim Erstellen des Fahrplans. „Das ist eine wunderbare Zusammenarbeit“, schwärmt Wrede von dem ehrenamtlichen Engagement. Aber die Bahn bleibt die Keimzelle der Firma. Dass die kleine Güterbahn im Windschatten des Branchenriesen DB Cargo überlebt, verdankt sie
ihrer speziellen Funktion: Sie deckt „die erste und die letzte Meile“ ab, wie Wrede im Logistikjargon erklärt. Das heißt: Vom Ausgangspunkt an der eigenen Strecke geht es zum Güterbahnhof in Delmenhorst, wo die Wagen an überregionale Güterzüge angehängt werden, die auf dem DBNetz fahren. Und umgekehrt: In Delmenhorst werden Waggons übernommen, die an Anschlüssen entlang der Strecke oder am Endpunkt Harpstedt abgeliefert werden. Verladen wird dort beispielsweise Holz aus umliegenden Wäldern. Transporteure bringen ihren Ladekran auf dem Lkw gleich mit ans Gleis am Harpstedter Bahnhof. Die DHE stellt die Waggons nacheinander bereit, rangiert – und los geht’s bis Delmenhorst. Ziel dieser sogenannten Ganzzüge sind etwa Zellstofffabriken. Zu den Produkten, die per Güterwagen zur Endstation Harpstedt geliefert werden, gehören auch Dünger oder Baustoffe. Empfänger ist zum Beispiel die Genossenschaft RWG. Manche Fracht wird in der Region auf der Straße weitertransportiert. Auch die Bundeswehr in Delmenhorst ist gelegentlich Kunde.
Pro Jahr sind meist zehn bis 20 Ganzzüge – komplette Wageneinheiten vom Sender bis zum Empfänger) – auf der Strecke unterwegs. Häufiger aber sieht man kleinere Waggongruppen oder Einzelwagen – jene Größenordnungen, die die Deutsche Bahn meidet: Sie koppelte die Masse ihrer Güterverkehrsstellen ab. Das eröffnete kleinen Anbietern Nischen – im Nordwesten neben DHE etwa die Eisenbahngesellschaft Ostfries-
„Wir decken die erste und die letzte Meile ab.“ Harald Wrede, Geschäftsführer Delmenhorst-Harpstedter Eisenbahn GmbH
Fotos:Torstenvon Reeken
land-Oldenburg oder die Emsländische Eisenbahn. „Unser Vorteil ist die Flexibilität“, sagt DHE-Geschäftsführer Wrede. So gebe es zwei Mitarbeiter, die sowohl als Busfahrer als auch als Lokführer tätig werden dürfen, zusätzlich zu den beiden, die fest im Bahndienst eingeplant sind. Auch Co-Geschäftsführer Bernhard Springer hat alle Papiere, um als Busfahrer einspringen zu können. Und die Werkstattsparte wurde für Dritte geöffnet – sie bringt Kapazitätsauslastungen und 60 Prozent des Umsatzes. So werden etwa Loks und Nutzfahrzeuge diverser Firmen gewartet. Man könne in der Nische flexibler operieren, als die große Bahn AG es könne. So gibt es am Harpstedter Bahnhofsgleis etwa eine Fläche, die ohne viel Aufhebens als Baustofflagerplatz frei gehalten wird. „Falls mal ein Zug kommt, könnte also abgeladen werden“, sagt Wrede. Flexibilität – das ist auch die Voraussetzung dafür, dass Kunden hier ihre Fracht auf die Bahn geben. Geht diese über Delmenhorst hinaus, kooperiert man mit Bahnen des Eisenbahnnetzwerks Bremen/Niedersachsen, das man einst mitgründete, ansonsten mit DB Cargo.
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SPEZIAL GESUND & FIT
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Wer profitiert von den Reha-Patienten? Der Gesundheitstourismus ist ein wichtiger Faktor für die Region: Ein Blick auf die Kurorte und Kliniken Reha-Patienten kommen teils als Tagestouristen wieder. Kliniken schaffen Arbeitsplätze in kleinen Kurorten. Hotels profitieren von Besuchern der Patienten. VON JANA HENSCHEN UND DAVID HAUSFELD Durch Rehabilitation, kurz Reha, bleiben Menschen arbeitsfähig, die ohne die Behandlung aus dem Berufsleben ausscheiden würden. Allein 2018 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – wurden in Deutschland laut Spizenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) fast eine Millionen, genauer gesagt 997 362, Vorsorge- und Reha-Maßnahmen genehmigt. Davon profitieren nicht nur Patienten, sondern aus wirtschaftlicher Sicht viele mehr: Ärzte, Physiotherapeuten, Ernährungsberater, Köche, Hoteliers und Hausmeister. Und: Die Kliniken befeuern indirekt einen Gesundheitstourismus, der auch Auswirkungen auf die Situation des Einzelhandels hat. Wie profitieren also Kurorte und Regionen? Eine Spurensuche in den Landkreisen Osnabrück, Emsland und der Grafschaft Bentheim. Mit Bad Bentheim, Bad Essen, Bad Iburg, Bad Laer und Bad Rothenfelde umfasst die Region gleich fünf staatlich anerkannte Kurorte. Hinzu kommen der Luftkurort Bissendorf (Ortsteil Schledehausen) sowie mit Ankum, Bippen, Esterwegen, Hagen a.T.W., Haselünne, Rieste, Sögel, Surwold und Uelsen neun Erholungsorte. Daher steht für Friedhelm Freiherr von Landsberg-Velen, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Tourismus, fest: „Die Heilbäder und Luftkurorte haben eine hohe Bedeutung für den Gesundheitstourismus in der Region“, erklärte er auf einer Sitzung des Gremiums in Lingen. Zudem würde eine Zertifizierung die Attraktivität der Orte steigern, und sie habe vielfältige positive Effekte für die örtliche Wirtschaft, ist der Ausschussvorsitzende überzeugt. Auch wenn es mit Kosten verbunden ist, den Status als Kurort oder Luftkurort zu bekommen. Alle zehn Jahre müssen sich die Orte der Zertifizierung unterziehen. Für Bad Essen heißt das zum Beispiel, dass nachgewiesen werden muss, dass die Sole als regionales Gesundheitsprodukt vor Ort zu Therapiezwecken angewandt wird. Diese Re-Zertifizierung steht in diesem Jahr wieder an. Inwiefern sich das Prädikat „Bad“ monetär lohnt, sei schwer zu beziffern, meint Carsten Meyer, Erster Gemeinderat von Bad Essen, aber: „Als Gemeinde muss man immer investieren, weil sich das, insgesamt betrachtet, lohnt.“ Die Solearena beispielsweise, die 2010 im Rahmen der Landesgartenschau Bad Essen gebaut wurde, diene letztlich allen: Reha-Patienten, den Einwohnern der Gemeinde und Tagestouristen. Zudem werden regelmäßige Angebote wie die Atemtherapie in der Solearena oder der Waldspaziergang mit Achtsamkeitserlebnissen von den Klinikpatienten sehr gut angenommen, besonders von den Patienten der Psychosomatik in der ParaOSNABRÜCK/BAD BENTHEIM
Die Solearena imKurortBadEssenkommt allenzugute:Reha-Patienten,EinwohnernderGemeindeundTagestouristen.
celsus-Klinik, erklärt Annette Ludzay, langjährige Chefin der TouristInfo in Bad Essen: „Und der gezahlte Kurbeitrag sichert die Pflege und Erhaltung zum Beispiel des Kurparks.“ Dass sich eine Zertifizierung durchaus lohnen kann, weiß Detlef Jarosch von der Project M GmbH. Das Münchner Unternehmen führt regelmäßig Studien zum Gesundheitstourismus durch und berät Kurorte. „Reisen zur Erhaltung und Verbesserung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit sind ein riesiger Markt. Für immerhin ein Drittel der Gesundheitsreisenden ist ein Prädikat wie ,Bad‘ entscheidungsrelevant“, sagt Jarosch.
„Auch das Handwerk und Dienstleister profitieren von den Kliniken vor Ort.“ Klaus Rehkämper, Bürgermeister von Bad Rothenfelde
Gerade Gesundheitsreisende von sich zu überzeugen hat für Kurorte auch einen positiven finanziellen Effekt, so der Berater. Denn sie geben deutlich mehr aus als Freizeitreisende, wie eine GesundheitstourismusStudie (Health Infra) des Unternehmens aus dem Jahr 2016 zeigt. Demnach geben gesundheitsmotivierte Tagesgäste in Deutschland bei einem Aufenthalt durchschnittlich 110 Euro aus. Übernachten die Tagesgäste auch in den Heilbädern oder Kurorten, erhöht sich der Betrag um 30 Euro. Dabei legen sie allerdings weniger Geld für Gesundheitsleistungen und dafür mehr für die Unterkunft und anderes wie Lebensmittel und Freizeitaktivitäten hin. Laut Studienberechnungen geben Patienten in Vorsorge- und Reha-Kliniken täglich rund 150 Euro aus. Zum Vergleich: Ein Gast in einer Ferienwohnung gibt laut Jarosch pro Übernachtung 80 Euro aus, ein Campinggast gar nur knapp 50 Euro. Prädestiniert für Gesundheitstourismus sei auch die Stadt Bad Bentheim, so das Ergebnis einer von der Stadt in Auftrag gegebene Hotelbedarfsanalyse. Ideale Bedingungen würden eine renommierte Fachklinik für Rehabilitation mit den Fachbereichen Dermatologie, Kardiologie, Orthopädie und Rheumatologie samt Mineraltherme und Kurpark bieten, ein Naturbad sowie der weitläufige Bentheimer Wald mit Radund Wanderangeboten. Nur genutzt würden die Potenziale bisher zu wenig. Vor allem mangelt es nach Erkenntnissen der externen Berater an der Kooperation zwischen der örtlichen Hotellerie mit den Gesundheitsfachleuten vor Ort. Die Empfehlung: Kompetenzen müssen gebündelt werden; Tourismusbetriebe sollten sich auf Themen wie Gesundheit, Wandern, Radfahren, Wellness oder Natur spezialisieren. Strategieberater Detlef Ja-
rosch geht sogar noch einen Schritt weiter. Er sagt: „Eine zukunftsfähige Neuausrichtung von Heilbädern und (Luft-)Kurorten geht weit über den Gesundheitstourismus hinaus.“ Der Kurort der Zukunft müsse nicht nur ein gesunder Urlaubs- und Aufenthaltsort für Gäste und Patienten, sondern zugleich ein attraktiver Wohn-, Lebens- und Wirtschaftsstandort sein. Die Anerkennung als Kurort bilde oft die Basis, um die Ansprüche der Bevölkerung, der Wirtschaft, der Ortsentwicklung und des Tourismus aufeinander abzustimmen. In Bad Bentheim ist man nun dabei, in Workshops und Gesprächen mit der örtlichen Tourismus- und Gesundheitsbranche Konzepte zu erarbeiten, wie der Gesundheitsmarkt künftig besetzt werden kann. „Das kann dazu führen, dass die Hotellerie weitere Geschäftsfelder öffnet. Wir wollen mit der Analyse unsere Betriebsstrukturen hinterfragen und schauen, ob wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Frank Slink, Leiter der Touristinformation Bad Bentheim. „Wir empfinden den Gesundheitstourismus als zukunftsfähigen Markt.“ Die Übernachtungen in den 3317 Betten der gewerblichen Unterkünfte inklusive Fachkliniken in Bad Bentheim beliefen sich 2018 laut Analyse auf rund 617 000. Als besonders zahlungsfähige Zielgruppen gelten den Beratern zufolge Gesundheits- und Aktivreisende – dafür gelten auch die Niederländer als besonders empfänglich – und Familien. Außerdem könnten die jährlich rund 7000 stationären und 10 000 ambulanten Patienten der Klinik als potenzielle Touristen nach Bentheim zurückkehren. Auch die Gemeinde Bad Rothenfelde hat 2019 eine Hotelbedarfsanalyse durchführen lassen. Das Ergebnis hat laut Bürgermeister Klaus Rehkämper ergeben, dass die Gemeinde durchaus ein zusätzliches 4-
Foto: Jörn Martens
Sterne-Hotel vertragen könnte, da neben Kurgästen auch Geschäftsreisende aus dem Nachbarort Dissen in Bad Rothenfelde übernachten würden. Allerdings bleiben Patienten die Hauptgruppe der Übernachtenden im Luftkurort: Von den 530 000 Übernachtungen im Ort entfallen laut Statistischem Landesamt rund 400 000 auf die sieben Kliniken. Auch hier kommen manche RehaPatienten als Touristen wieder, weiß Rehkämper. Doch dafür müsse eben auch der Ort und nicht nur die Klinik attraktiv sein. Hier hat die Gemeinde eine deutliche Entwicklung hinter sich: Bei einer Umfrage, die 2000 durchgeführt wurde, wurden
die Kliniken top bewertet, der Ort an sich allerdings könnte ansprechender werden, so die Einschätzung der Befragten. Darauf hat die Gemeinde reagiert und unter anderem in das Kulturangebot investiert. Das hat sich gelohnt: Nun werde ihm zurückgespielt, dass die Kliniken weiterhin top seien, aber der Kurort an sich eben auch, so der Bürgermeister. Doch es brauche weitere Investitionen – gerade für die Verkehrssituation an Wochenenden und Feiertagen. In den Kliniken und durch die Gesundheitsangebote in den Orten werden auch Arbeitsplätze gesichert. Im Kurort Bad Essen haben von den 6400 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten rund 700 im Gesundheits- und Sozialwesen einen Job. 300 der 700 Personen arbeiten in den Kliniken. „Das macht einen stattlichen Anteil für unsere kleine Gemeinde aus“, erklärt Carsten Meyer, Erster Gemeinderat von Bad Essen. Ähnlich ist es in Bad Rothenfelde: „Von den 3800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten befinden sich allein 2000 im Gesundheits- und Sozialwesen und damit großteils im Reha-Bereich“, sagt Bürgermeister Klaus Rehkämper. Ihren Lohn wiederum werden sie zum Großteil vor Ort für Mieten oder Einkäufe ausgeben. So profitiert indirekt die ganze Region. Das gilt auch für die Ausgaben der Reha-Patienten und ihrer Besucher. Angehörige und Freunde übernachten in Hotels oder Ferienwohnungen in der Region, kaufen morgens beim Bäcker ihr Frühstück, shoppen nach dem Krankenbesuch vielleicht in einem Kleidungsladen und speisen abends in der Gastronomie. „Die verkaufsoffenen Sonntage sind ein Alleinstellungsmerkmal in unserem näheren Umfeld. Das weiß auch der Einzelhandel zu schätzen“, sagt Meyer über Bad Essens Ortskern, der so in Zeiten der Online-Konkurrenz attraktiv bleibe. Und schließlich profitierten auch das Handwerk und die Dienstleister vor Ort von den Kliniken, sagt Bad Rothenfeldes Bürgermeister Klaus Rehkämper. „Zum Beispiel Gebäudereiniger, Malerbetriebe, Heizungsinstallateure oder eine Elektrofirma, die dort Aufträge bekommt“, erklärt Rehkämper.
Das geben Gäste aus. . . Gesundheitsmotivierter Tagesgast:
Übernachtungsgast in Heilbädern oder Kurorten:
110 Euro
140 Euro
Patient in Vorsorgeund Rehakliniken:
150 Euro
Zum Vergleich: Ein Gast in einer Ferienwohnung gibt pro Übernachtung 80 Euro aus, ein Campinggast nur knapp 50 Euro.
Quelle: Gesundheitstourismus-Studie (Health Infra) von Project M. · Grafik: Matthias Michel
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
SPEZIAL GESUND & FIT
Wie ein Haselünner ohne Diät 50 Kilo verloren hat Ernährung und Sport im Fokus / Sportparc Emsland ist eines der größten Fitnessstudios im Norden und weiter auf Expansionskurs VON INA WEMHÖNER HASELÜNNE/MEPPEN Zu Beginn des
Jahres ist der Ansturm auf die Fitnessstudios traditionell am größten. Kein Wunder, denn der am häufigsten genannte Vorsatz für 2020 ist laut Statista-Umfrage: „Ich möchte mehr Sport treiben.“ 52 Prozent der Befragten gaben dies an. 39 Prozent sagten zudem, sich gesünder ernähren zu wollen. Gesagt, getan! Die Laufbänder, Fahrräder und Stepper der Fitness-Studios sind derzeit gut besetzt, und jeder versucht ein paar überflüssige Pfunde abzutrainieren. Auch im Sportparc Emsland ist dieses Phänomen zu beobachten, bestätigt Inhaber Christian Bruns. „Mitgliedschaften werden Anfang des Jahres etwas mehr abgeschlossen.“ Anmeldungen für bestimmte Fitnesskonzepte kämen aber das ganze Jahr über verteilt. „Allerdings ist es in der Tat so, dass die guten Vorsätze Anfang des Jahres für voll besetzte Kurse sorgen. Auf den Ansturm reagieren wir dann mit zusätzlichen Kursangeboten.“ Aus dieser Klientel sticht der Haselünner Johannes Lübbering etwas heraus. Sie nannten ihn die „zarte Elfe“ – aber mit dem Spitznamen hatte der 43-jährige Emsländer äußerlich nie viel gemeinsam. Seit seiner Kindheit ist er übergewichtig. Eine dicke Haut musste sich Johannes Lübbering schon früh zulegen, denn als übergewichtiges Kind hat man es nicht leicht im Leben, schon gar nicht in der Schule. „Ich wurde häufig von Mitschülern gehänselt. Das tut schon weh, auch wenn man es sich nicht anmerken lässt.“ Sogar einige Schwestern im Thuiner Internat sollen sich kritisch über sein Gewicht geäußert haben. „Sie meinten, ich soll abnehmen, sonst würde ich nie eine Freundin finden“, erzählt der 43-Jährige. Heute kann der Emsländer darüber lachen. Nicht nur, weil 2019 sein Jahr werden sollte: Der 200-Kilo-Mann schaffte es, mehr als 50 Kilo abzunehmen – ohne Magenband und ohne zu hungern, aber unter anderem mit viel Sport im Fitnessstudio. Vor allem: Er sei seit über 20 Jahren glücklich verheiratet – auch mit den überschüssigen Pfunden. „Damals als Jugendlicher hatte ich mich schon einige Male schnell und heftig verliebt. Ich war zwar dick, aber lustig und gesellig. Ich kassierte jedoch viele Absagen.“ Immer wieder schickten ihn seine Eltern auf Schlankheitskuren. Nach vier oder sechs Wochen sei der junge Emsländer immer deutlich dünner zurückgekehrt. Aber der Jo-Jo-Effekt ließ nicht lange auf sich warten.
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SeinGewicht habefürihnnie einRollegespielt.ErstalsdieWaage210Kilo anzeigte, wussteJohannesLübbering,dasserwasändernmuss.
„Ich wurde total verwöhnt zu Hause. Wenn ich Süßigkeiten wollte oder einen dritten Teller Nachschlag, bekam ich das auch. In der Kur gab es ja keinen Supermarkt um die Ecke, es wurde das gegessen, was auf den Tisch kam.“ Und so wurden es von Jahr zu Jahr mehr Kilos auf der Waage. Mit 16 Jahren brachte es der Haselünner auf mehr als 100 Kilo. Im Job habe er nie Probleme mit seinem Gewicht gehabt. Er startete seine Lehre als Kaufmann im Großund Außenhandel beim Landhandel in Haselünne und machte sich später nebenbei selbstständig mit seinem eigenen Sicherheitsdienst. Nach einem Unfall, bei dem er einen Schienenwadenbruch erlitten hat, entschied er sich jedoch, Lkw-Fahrer zu werden. „Ich hatte während der Zeit kaum Bewegung wegen des kaputten Beins und der vielen Arbeit im Sitzen.“ Zudem hörte er in dem Jahr auf zu rauchen, und das Essen sollte der Ersatz für Nikotin werden. Schließlich brachte er 25 weitere Kilos auf die Waage und kam damit
inzwischen auf 160 Kilo. „Mein Gewicht spielte keine Rolle für mich, meine Freunde oder meine Frau. Ich wurde so akzeptiert, wie ich bin.“ Auch weitere Kuren und Diäten hatten bei Johannes Lübbering keinen dauerhaften Erfolg. „Ich hatte mein Leben nach einer Kur nie umgestellt, immer nur kurzzeitig auf viele Lebensmittel beim Essen verzichtet, und so kamen der Heißhunger und die Kilos immer zurück.“ Im Januar 2019 stellte er sich eines Morgens erneut auf die Waage, erhielt aber kein Ergebnis. Sie zeigte Error an. Bei einem befreundeten Viehhändler stellte er sich deshalb erneut der Waage. „Ich war erschrocken, als die Zahl 210 Kilo angezeigt wurde. Ich wusste, dass ich jetzt was ändern muss.“ Zunächst verzichtete er auf Säfte und Sprudel und kaufte stattdessen kistenweise Wasser. Statt den vier belegten Brötchen am Morgen aß er nun Vollkornbrot mit Putenaufschnitt. Zudem trat er der Selbsthilfegruppe Adipositas im Bonifatius-Hospi-
SPORT KLAHSEN GMBH + CO. KG
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tal Lingen bei und spielte mit dem Gedanken einer Magen-Operation. Der Emsländer erfüllte alle Kriterien dafür, dass die Krankenkasse eine solche Operation übernehmen würde: Atemaussetzer im Schlaf, Bluthochdruck und Schlafmangel, begünstigt durch sein Gewicht. Ein Bekannter erzählte ihm jedoch, dass er viele Komplikationen nach der Magen-OP hatte. „Das Risiko war mir einfach zu groß. Und viele Leute aus der Gruppe haben ihre Entscheidung im Nachhinein bereut.“ Und so versuchte Johannes Lübbering weiterhin aus eigener Kraft abzunehmen – mit Erfolg. Er nahm in den ersten vier Monaten des Jahres insgesamt 16 Kilogramm ab. Ein Freund machte ihn dann auf ein neues Programm im Sportpark Meppen aufmerksam. „Bei dem achtwöchigen Myline-Programm wird hauptsächlich ein Ernährungsplan aufgestellt und erklärt, wie der Körper arbeitet. Dazu kommt ein Bewegungskurs“, beschreibt der Haselünner. Von nun an aß er kleine Portionen mit viel Gemüse, Vollkornbrot und etwas Obst. Zudem nahm er viel Eiweiß mit Fisch und Quark zu sich, um das Kraft- und Ausdauertraining durchzustehen. „Mir war das alles total neu. Und ich war froh, denn ich war trotzdem immer satt. Ich musste nicht hungern.“ Und einen Ausnahmetag habe er immer eingelegt, an dem er Süßigkeiten und andere Leckereien essen durfte. Nach Wochen sah man weitere Erfolge auf der Waage, und auch optisch veränderte er sich stark. 24 weitere Kilos purzelten. Insgesamt nahm er in einem Jahr 52 Kilo ab. Aufgeben kommt für ihn jedoch nicht infrage. Der 43-Jährige geht noch immer dreimal die Woche zum Sport und hält sich auch weiterhin an seinen Ernährungsplan. „Ich hätte es nie gedacht, aber Sport wurde zu meinem Hobby. Ich habe Spaß daran gefunden.“ Viele positive Reaktionen bekam der Emsländer für seine Verwandlung. „Auch von Frauen wird man jetzt viel mehr wahrgenommen.“ Das macht Mut, und darum möchte er in diesem Jahr weitere 20 Kilos abnehmen. „Ich will 100
Sport istnichtmehrder Feind:DasTrainingmacht dem43-JährigenSpaß.
Jahre alt werden, weil mein Leben einfach geil ist.“ Wer sind sonst die Menschen, die im Fitnessstudio trainieren? „Unser Kundenklientel ist komplett gemischt. Es gibt junge, ältere Übergewichtige oder kranke Menschen. Natürlich gibt es auch figurbewusste Menschen, die bei uns trainieren“, sagt der Inhaber des Sportparcs Emsland, Christian Bruns. Den klassischen Bodybuilder gebe es nur noch sehr selten, dafür kämen immer mehre ältere Menschen ins Studio. „Sie legen bei uns besonders Wert auf Qualität, denn billig trainieren kann man auch woanders.“ Je
„Ich hätte es nie gedacht, aber Sport wurde zu meinem Hobby.“ Johannes Lübbering
Fotos: Lübbering
nachdem was der Kunde nutzen wolle, koste die Mitgliedschaft etwa 40 bis 60 Euro pro Monat. Es gebe auch viele Kooperationen mit Unternehmen aus der Region, die ihre Mitarbeiter beim Sport unterstützen wollten. „Für alle Firmen, egal in welcher Größenordnung, bieten wir verschiedene Programme der sogenannten Firmenfitness an“, so Bruns. Der gelernte Sport- und Physiotherapeut beobachtet aber auch einen Wandel in der Fitnesslandschaft. Auf der einen Seite bekäme laut Bruns sogenanntes funktionelles Training eine Renaissance. Es setzt auf freie Übungen zur Stabilisierung, zum Kraftaufbau und zur Leistungssteigerung. „Auf der anderen Seite setzen viele Menschen auf hochmoderne, elektrisch angepasste Geräte, an denen man in sehr kurzer Zeit sehr effektiv trainieren kann.“ Das ermögliche vor allem auch eher unsportlichen, körperlich eingeschränkten oder älteren Menschen ein effektives Training, erklärt Bruns. In den Sportparc würden deshalb auch gerne Personen kommen, die bis jetzt mit Sport etwas gefremdelt haben. Der Sportparc sei inzwischen mit einer Fläche von insgesamt 3500 Quadratmetern laut Inhaber Christian Bruns und seinem Partner Tobias Aehlen eines der größten Studios in Norddeutschland. Zurzeit trainierten dort etwa 3000 Mitglieder. Neben dem großen Fitnessbereich in der ehemaligen Reithalle des Höftehofs ist eine Physiotherapiepraxis, ein Solarium und ein Saunabereich mit weitläufigem Garten entstanden. Die Investitionssumme betrug etwa vier Millionen Euro. Seit dem Umzug im August 2018 in das neue Gebäude im Meppener Gewerbegebiet Nödike befindet sich der Sportpark weiter auf Expansionskurs. Nach dem Bau der neuen Fitnessund Wellnessgebäudes komplettiert ein Gästehaus mit einem Café das Ensemble „Zum Höftehof“. Hierfür wurde das alte Wohnhaus mit einer Gesamtfläche von über 300 Quardatmetern komplett umgebaut. Die Investitionskosten beliefen sich auf 350 000 Euro.
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SPEZIAL GESUND & FIT
Krankenhäuser behandeln Kommunikation oft stiefmütterlich Geschäftsmodell „Mensch“ steht im Mittelpunkt eines Wirtschaftszweiges, der unter enormem Druck steht Die Zeiten, als Mitarbeiter neben der monatlichen Gehaltsabrechnung im Briefumschlag auch Unternehmensinfos – am besten noch schnell als Word-Dokument zusammengeschustert – erhielten, sollten eigentlich vorbei sein. Sind sie aber sehr oft nicht. Wenn auf den Fluren längst per Mund-zu-Mund-Propaganda wichtige Nachrichten die Runde machen, hat der Chef oder die Leitung ihren Führungsanspruch nicht wahrgenommen, riskiert unnötige Diskussionen, falsche Deutungen und fatale Reaktionen. Dabei stehen blitzschnelle Kommunikationsmöglichkeiten doch überall zur Verfügung, von der Mail bis hin zur Mitarbeiter-App.
VON BERTHOLD HAMELMANN Leuchttürmen gleich bilden Krankenhäuser im Gesundheitssektor herausragende Orientierungspunkte. Patienten, Personal, Politik, Profit, Profilierung und Positionierung – hier treffen unterschiedlichste Faktoren aufeinander. Interne und externe Kommunikation, sprich, wie verschafft man (s)einem Anliegen oder Anspruch am besten Gehör, spielt dabei eine entscheidende Rolle. An- und Einsichten vermittelt dazu Kommunikationsprofi Simone Hoffmann.
OSNABRÜCK
Warum spielt Kommunikation im Bereich Krankenhaus eine besondere Rolle? Hier verkaufe ich nun einmal keine Autoreifen. In der Kommunikation mit Krankenhäusern ist die Fallhöhe eine andere. Sie ist extrem hoch. In letzter Konsequenz geht es um Leben und Tod. Das alleine ist schon eine spannende Herausforderung für die Kommunikation. Und dann kommt aber noch dazu, dass wir alle implizit den Anspruch haben: „Ich gehe mit einem Leiden ins Krankenhaus hinein und komme gesund wieder heraus.“ Aber das ist doch auch der Anspruch an jede Autowerkstatt… Die Natur des Menschen und damit seine Gesundheit hat manchmal eigene Pläne und Besonderheiten. Strukturen in Krankenhäusern sind zudem nicht immer so ausgelegt, dass sich jeder Patient sofort abgeholt fühlt. Je nach persönlicher Lage – weil mancher wirklich um sein Leben fürchtet – hat der ein oder andere aber weniger „Nehmerqualitäten“, was total verständlich ist. Übrigens: Je ernsthafter ein Patient erkrankt ist, desto mehr Verständnis hat er oft für die Abläufe in einem Krankenhaus. Mit welcher Konsequenz? Da gibt es auf der einen Seite die Ärzte und Pflegekräfte, die wirklich viel tun. Die betrachten einen verletzten Daumen im Vergleich zu einem Herzinfarkt aus medizinischer Sicht natürlich ganz anders, müssen aber so geistesgegenwärtig sein, auch den Patienten mit dem blutenden Daumen nicht alleinzulassen. Sie können nicht erwarten, dass dieser Mensch in seiner persönlichen Extremsituation immer auch noch abstrahieren kann. Dieses Alltagsbeispiel… …gehört aber nicht zum Thema Unternehmenskommunikation. Beim genannten Fall greifen eher Instrumente wie Coachings: Wie entwickeln Teams ihre besondere gestalterische Kraft, um gut durch den unglaublich dichten Alltag zu kommen, wie gehe ich klug mit meinem Alltag um, auf die eigenen Ressourcen, aber eben auch auf die Bedürfnisse des Patienten achtend? Konkret… …gehört das nicht zum Thema „Unternehmenskommunikation“. Die Tatsache, dass ein Krankenhaus
Kommunikationim Krankenhausbereich folgtofteigenenRegeln.
aber Geld ausgibt, um Teams in dieser Art zu schulen, ist ein Thema für die interne Kommunikation. Wie unterscheidet sich „Unternehmenskommunikation Krankenhaus“ von anderen Branchen? Der Mensch ist das „Geschäftsmodell“ eines Wirtschaftszweiges, dem es nicht gut geht. Wir stehen hier ganz aktuell vor der Gefahr einer unkontrollierten Strukturbereinigung – das ist eine wahnsinnige Herausforderung. Es gibt so viele Anordnungen, die scheinbar ungerichtet auf die Krankenhäuser prallen, sodass Manager dort gar nicht mehr wissen, was sie zuerst abarbeiten können oder sollen. Und da fällt die Disziplin Kommunikation – ob intern oder extern – gerne schnell mal hintenüber. Aber der „Kunde“ Mensch leidet doch nicht direkt darunter… Nehmen wir das Thema Fachkräfte. Es hieß in der Vergangenheit oft seitens der Unternehmensführung: „Behandelt eure Patienten wie Kunden.“ Ich fand diesen Spruch nie gut, ich will kein Kunde sein, ich bin – um im Bild zu bleiben – kein Autokunde. Wenn ich ins Krankenhaus gehe, bin ich Patient und damit verletzlich und sensibel. Zielführender fände ich es, auch Mitarbeiter wie Kunden zu behandelt, sie zu Fans des Unternehmens zu machen. Das ist die Ressource, die jetzt schon mancherorts extrem knapp ist und einen limitierenden Faktor darstellt. Ich schaue da nicht nur auf Ärzte, sondern besonders auch auf das Thema Pflegepersonal. Kommunikation und Krankenhäuser… …hängen immer von der jeweiligen Situation vor Ort ab. Je kleiner ein Krankenhaus, desto seltener ver-
fügt es über eine professionelle Kommunikation. Wenn nur hin und wieder eine Pressemitteilung nach draußen verschickt wird, passiert in der Regel auch wenig bis nichts bei der internen Kommunikation. Krankenhäuser sind oft konservativ aufgestellt. In Sachen Kommunikation hängen sie im Vergleich zu anderen Branchen oft Generationen hinterher. Das empfinde ich als sehr schade. Gibt es überhaupt „konservative“ Kommunikation? Strategisch eingesetzte Unternehmenskommunikation wird oft unterschätzt. Dabei ist sie ureigene Chefsache. Führung muss wissen, was sie will, und diese dann oft langfristigen Ziele nach innen und außen vermitteln. Ist die Botschaft klar, kann sich daran die Unternehmenskommunikation entwickeln. Krankenhäuser sehen dies oft nicht, können es vielleicht auch nicht sehen, weil sie mit so vielen Herausforderungen konfrontiert werden, die drohen, ihnen das Wasser abzugraben. Steht etwa eine Insolvenz bevor, muss ich mir über eine perspektivisch angelegte Unternehmenskommunikation zunächst wirklich keine Gedanken mehr machen. Und in guten Zeiten? Das Thema Kommunikation ist, wenn man sie ernst nimmt und richtig macht, zeitintensiv und kostet Geld. Strategische Kommunikation hat dabei immer etwas mit Führungsanspruch zu tun und wie ich diesen lebe. Chefs führen nun einmal auch über Kommunikation. Darüber sollten sie sich im Klaren sein. Chefs in kleineren Häusern haben diese Themen oft nicht auf dem Schirm. Wie denn auch? Sie haben es oft nicht gelernt und verwechseln das Thema gerne mit Marketing. Aber Kommunikation, richtig angepackt, schafft Deutungshoheit. Und das lassen Chefs
Foto:dpa/MarkusScholz
oft unbegreiflicherweise links liegen. Gilt das auch für die Art der Kommunikation?
89% der NextGen aus der DACH-Region priorisieren die Implementierung einer digitalen Geschäftsstrategie*
Krankenhäuser sind Wirtschaftsunternehmen. Entscheidend bleibt das Ergebnis. Warum funktioniert Kommunikation nach Ihrer Einschätzung hier manchmal nach anderen Regeln? Ich habe für mich darauf noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden. Vielleicht gehört, gehörte es lange Zeit nicht zur DNA dieser konservativen Branche bzw. war nicht nötig, weil alles von selbst lief. Das ist jetzt aber vorbei. Kommt dazu: Anders als in der freien Wirtschaft kann in meiner Branche ein Krankenhauschef nicht einfach entscheiden: „Diese Dienstleistung ist besonders lukrativ, also mache ich das mal.“ Politische bzw. gesetz-
liche Vorgaben wie etwa der Bettenplan spielen eine entscheidende Rolle. Also schlägt das konservative Moment doch stärker zu? Kommunikation ist umso wichtiger, je wettbewerbsintensiver es wird in einem Unternehmen. Weil alle fühlen – und da sollte sich kein Chef etwas vormachen –, alle fühlten, dass es eng wird. Und wenn keiner drüber redet und transparent Risiken, aber auch Chancen kommuniziert, fühlen sich alle nicht gut – und schauen intensiv nach Stellenausschreibungen. Meiner Erfahrung nach erwarten Beschäftigte in einem Krankenhaus nicht, dass alles super läuft, weil jeder weiß, wie schwer dieses komplexe System in diesem komplexen regulatorischen Umfeld zu führen ist. Aber was sie erwarten, ist eben genau das – dass man sie ernst nimmt, und das bedeutet: transparente Kommunikation. Ich habe keine Antwort darauf, warum Krankenhäuser hier noch sehr old fashioned unterwegs sind. Für Medizin und Pflege gilt das übrigens ganz und gar nicht. In Deutschland haben wir neueste Techniken und modernste Behandlungsmethoden. Dafür sind dann Geschäftsführer sehr affin… Das ganze Interview lesen Sie unter www.noz.de/regionale-wirtschaft
Die nächste Generation, kurz NextGen, macht sich bereit und sieht sich als Treiber für den digitalen Wandel. Aber dafür braucht es Fachkräfte und die Bereitschaft Verantwortung zu übertragen, um ein Familienunternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Wie das erfolgreich gelingt und worauf es ankommt? Alle spannenden Ergebnisse erhalten Sie in unserer aktuellen Studie. Jetzt kostenlos laden über unsere Landing Page. *) PwC NextGen Survey 2019 www.pwc.de/de/mittelstand/nextgensurvey.html
Ihr Ansprechpartner für PwC Nord-West in Osnabrück Georg Stegemann Tel.: +49 541 3304-558 georg.stegemann@pwc.com
ZUR PERSON
„Strategische Kommunikation hat immeretwas mit Führungsanspruchzu tun“, findetSimone Hoffmann. Foto:Jörn Martens
Simone Hoffmann (45) arbeitet deutschlandweit als selbstständige Kommunikationsberaterin im Gesundheitswesen. Sie baut dabei auf 14 Jahre Erfahrung als Kommunikationschefin der Paracelsus-Kliniken und des Uniklinikums Münster.
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SPEZIAL GESUND & FIT
SPEZIAL GESUND & FIT
Kliniken in der Region – lieber groß und gemeinsam als klein und allein Die Krankenhauslandschaft in der Region Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und die Forderungen der Bertelsmann-Studie
Für eine Million Menschen 4693 Betten in 27 Krankenhäusern. Scharfer Wettbewerb um Ärzte und Pflegekräfte. Investitionsbedarf für Sanierungsmaßnahmen und Neubauten wächst. VON HILDEGARD WEKENBORG-PLACKE OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/ NORDHORN In Deutschland gibt es zu
viele Krankenhäuser – eine bessere medizinische Versorgung ist nur mit halb so viel Kliniken möglich. Das Fazit, dass die Autoren der Bertelsmann-Stiftung im Sommer aus ihren Untersuchungen ziehen, ist starker Tobak – besonders für die ländliche Region. In den Landkreisen Osnabrück, Emsland und Grafschaft Bentheim werden in 27 Krankenhäusern, darunter einigen Fachkliniken, 4693 Betten vorgehalten für eine knappe Million Einwohner. Darunter sind Kliniken der Maximalversorgung wie das Klinikum und das Marienhospital in Osnabrück, aber auch kleine Häuser der Grund- und Regelversorgung, die den Bewohnern ländlicher Regionen das Gefühl guter wohnortnaher Versorgung vermitteln. Der Trend zu Konzentration und Spezialisierung geht allerdings auch an der Fläche nicht vorbei. Werner Lullmann ist Geschäftsführer des katholischen Niels-Stensen-Krankenhausverbundes, dem größten Arbeitgeber in der Region, zu dem mittlerweile acht Krankenhäuser mit 1667 Betten in Stadt und Landkreis Osnabrück und dem Landkreis Emsland gehören. In den Niels-Stensen-Kliniken versorgen die etwa 6600 Beschäftigten jedes Jahr mehr als 275 000 Patienten. Flaggschiff des Konzerns, in dem der Bischöfliche Stuhl Mitgesellschafter ist, ist das Osnabrücker Marienhospital mit 525 Planbetten. Nur das Klinikum Osnabrück hat mit 660 Betten noch mehr. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, sieht der Krankenhausmanager die Zukunft in der Spe-
zialisierung. „Einzelne Häuser mit 100 Betten wie zum Beispiel Bramsche oder Ankum haben ohne Spezialisierung keine Zukunft“, stellt Lullmann fest. Ein Beispiel: „Knie machen wir im MHO schon lange nicht mehr“, obwohl die Voraussetzungen durchaus gegeben wären. Auf Endoprothetik hat man sich beispielsweise im Franziskushospital auf dem Harderberg konzentriert, einer Klinik, die zwar auf dem Papier zu Georgsmarienhütte gehört, allerdings vom Osnabrücker Stadtteil Nahne aus mit bloßem Auge zu sehen ist. Hier ist auch das „Brustzentrum“ im Verbund angesiedelt. Auf Lungenerkrankungen liegt der Fokus am St.-Raphaels-Krankenhaus in Ostercappeln, auf Orthopädie und Geriatrie in Melle. Orthopädie bildet auch in Ankum ein Hauptthema. Das Krankenhaus in Bramsche gäbe es wohl ohne die Schwerpunktbildung im Bereich Psychiatrie und Psychosomatik gar nicht mehr. „In Osnabrück sind wir schon ziemlich weit auf dem Weg zu effektiveren Strukturen“, sagt Dr. Martin Eversmeyer, der Geschäftsführer des Klinikums, dessen alleiniger Gesellschaft die Stadt Osnabrück ist. Immer wieder war das akademische Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover von finanziellen Problemen gebeutelt. Besonders die Übernahme des Klinikums Osnabrücker Land in Dissen und Georgsmarienhütte riss ein riesiges Loch in die Kasse. Dissen meldete schließlich Insolvenz an und wurde 2014 geschlossen. Eine zunehmende Spezialisierung und Umstrukturierung in enger Absprache mit den anderen Anbietern von Gesundheitsleistungen war schon deshalb unumgänglich. „Der Vorwurf der Experten, es gebe zu viele Häuser, und es werde noch zu wenig strukturiert gearbeitet, besteht sicher nicht ganz zu Unrecht“, räumt Eversmeyer ein. Am Klinikum zog man Konsequenzen und das, so Eversmeyer, mit Erfolg. Mit 100 Betten bildet unter anderem die Neurologie einen Schwerpunkt. Die überregionale Stroke Unit (Behandlungseinheit für Schlaganfallpatienten) behandelt Patienten aus dem Osnabrücker Raum, dem angrenzenden Nordrhein-Westfalen und nördlich bis in den Cloppenburger Raum. Patienten mit einer Hirnblutung kann
mit einem neuartigen operativen Verfahren, der Thrombektomie, geholfen werden. Bis 2019 war mit den privaten Paracelsus-Kliniken und ihrem Stammhaus in Osnabrück noch ein weiterer Player auf dem Markt. Was einst als Erfolgsgeschichte begann, endete in einer Insolvenz. Zunächst signalisierte das Klinikum Interesse, jetzt übernimmt der Niels-StensenVerbund. Das letzte Wort liegt jetzt beim Bundeskartellamt. Über die beiden Paradedisziplinen der Privaten, die Neurochirurgie und die Strahlenmedizin, wird jetzt verhandelt. Ob der Standort am Natruper Holz erhalten bleibt? Noch ist nichts endgültig festgelegt. Allerdings hat der Niels-Stensen-Verbund bereits signalisiert, am Standort an der Bischofsstraße in erheblichem Umfang aus- und neu zu bauen. Grundstücke wurden bereits erworben. Die Wege wären kürzer, die Bausubstanz neu. „Investieren ist immer ein großes Thema“, sagt auch Klinikum-Geschäftsführer Eversmeyer. Das mit dem Klinikum verbundene Krankenhaus am Kasinopark in Georgsmarienhütte ist dringend sanierungsbedürftig. Suchtmedizin, Schmerztherapie und Geriatrie sind hier derzeit
„Einzelne Häuser mit 100 Betten haben ohne Spezialisierung keine Zukunft.“ Werner Lullmann, Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken
ZUR SACHE
Wer macht was, wo und wie oft? Für Leber-und Nierentransplantationen sowie für die Transplantation von Stammzellen, für komplexe Operationen an Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse, für Knieendoprothetik und für die Behandlung von Frühgeborenen gibt es gesetzlich vorgegebene Mindestbehandlungszahlen, die Kliniken erfüllen müssen,um die Behandlungen vornehmen zu dürfen. Leber- und Nierentransplantationen werden in
Niedersachsen nur in der Medizinischen Hochschule Hannover vorgenommen. Komplexe Eingriffe an der Speiseröhre wurden vom Juli 2018/ bis Juli 2019 am MHO (19), am Klinikum (20) und am Bonifatius-Hospital (10) vorgenommen. Schwierige Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse fanden am MHO (42), am Klinikum (28), am Ludmillenstift (8) und am Bonifatius-Hospital (16) statt. Das Klinikum nahm
29 Stammzelltransplantationen vor. Knie-Prothesen wurden eingesetzt im Paulinen-Krankenhaus in Bad Bentheim (234), der Euregio-Klinik (75), im Klinikum Osnabrück (146), in der Paracelsus-Klinik (141), im Franziskus-Hospital (277), im Christlichen Krankenhaus Melle (425), im Marien-Krankenhaus Ankum-Bersenbrück (72), im Christlichen Krankenhaus Quakenbrück (91), im Ludmil-
lenstift Meppen (53), im Hümmling-Hospital (161), im Bonifatius-Hospital (166) und im Elisabeth-Krankenhaus Thuine (122). Im Vergleichszeitraum wurden im Christlichen Kinderhospital an den Standorten am Finkenhügel und an der Johannisfreiheit in Osnabrück 14 beziehungsweise 23 Frühgeborene unter 1250 Gramm betreut. Im Ludmillenstift waren es acht.
untergebracht. „Allerdings gibt es in Georgsmarienhütte keine Großgeräte, beispielsweise kein MRT, wie sie eigentlich vor Ort gebraucht werden“, sagt der Geschäftsführer. Die Patienten müssen „reisen“. Gerade für ältere Menschen ist das eine große Belastung. Und noch eins: „Fördermittel bekommen wir nur für Osnabrück.“ Der Umzug der Einrichtung ist beschlossene Sache. „Es ist einfach sinnvoller, beispielsweise die Geriatrien beider Häuser zusammenzulegen.“ In dem großen Investitionsstau, vor dem viele, besonders kleinere Häuser stehen, sieht Eversmeyer allgemein ein großes Problem. „Viele Krankenhäuser sind in den 1970eroder 80er-Jahren gebaut worden“, sagt er. Da müsse einfach etwas passieren. Aber die Investitionsförderung durch das Land sei rückläufig und betrage ohnehin nur rund 30 bis 40 Prozent der erforderlichen Investitionssumme. „Alles andere müssen wir im laufenden Betrieb erwirtschaften“, was in Anbetracht der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und des leer gefegten Arbeitsmarktes extrem schwierig sei. Genau das hatte vor Kurzem auch die Geschäftsführerin des Marienhospitals in Papenburg, Veronika von Manowski, bestätigt, als sie erklärte, dass ihrer Ansicht nach „nur noch wenige Krankenhäuser überhaupt in der Lage sind, Überschüsse zu erwirtschaften. Das Krankenhaus im nördlichsten Zipfel des Landkreises Emsland bildet mit dem BonifatiusHospital in Lingen, dem BorromäusHospital in Leer und dem Hümmling-Hospital in Sögel einen Verbund, die Bonifatius-Hospitalgesellschaft, zu dem auch diverse Pflegeeinrichtungen und Ausbildungseinrichtungen gehören. Insgesamt verfügt der Verbund über rund 1000 Betten und betreut jährlich rund 58 000 Patienten stationär. Ebenso wie die Niels-Stensen-Kliniken gehört auch die Bonifatius-Hospitalgesellschaft dem Katholischen Krankenhausverband für die Diözese Osnabrück an. Aber auch hier, ebenso wie im Raum Osnabrück, deuten die Zeichen auf strukturellen Wandel, findet der Hauptgeschäftsführer der Hospitalgesellschaft, Ansgar Veer. Im Sinne einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung im Landkreis Emsland halte er „eine Leistungsabstimmung zwischen den Kliniken, insbesondere was Spezialleistungen angeht, für sinnvoll und zukunftweisend“. Dadurch könne im Landkreis sowohl das Ziel einer wohnortnahen Versorgung als auch ein ausreichender Spezialisierungsgrad erreicht werden. Vier der sieben emsländischen Krankenhäuser gehören der Bonifatius-Hospitalgesellschaft an, darunter mit dem „Boni“, wie das Lingener Haus vor Ort liebevoll genannt wird, das mit 401 Betten das zweitgrößte des Emslands ist, nach dem Meppener Ludmillenstift in der Trägerschaft der Stiftung Ludmillenstift. Mit 420 ist das Traditionshaus im Zentrum des Emslandes nach wie vor ein Solitär, aber mit 20 Fachabteilungen beziehungsweise Belegabteilungen durchaus breit aufgestellt. In den letzten Jahren wurden rund 60 Millionen Euro in Neu- und Umbauten
BonifatiusHospitalgesellschaft
Niels-Stensen-Kliniken Marienhospital Osnabrück (MHO): Haupthaus der katholischen Niels-Stensen-Kliniken, Trägerverbund des Bistums Osnabrück, 525 Planbetten, ein Standort zusammen mit dem Christlichen Kinderhospital (CKO) und damit jährlich rund 30000 stationäre und 72000 ambulante Patienten, akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule Hannover, elf chefärztlich geleitete Kliniken und ein Institut.
Marien-Hospital Papenburg-Aschendorf: im Verbund der Bonifatius-Hospitalgesellschaft mit Standorten in Lingen, Leer, Sögel und Papenburg, neun Fachabteilungen inkl. Pädiatrie und Kinderund Jugendpsychiatrie und sozialpädiatrischem Zentrum, Chest Pain und Heart Failure Unit, akademisches Lehrkrankenhaus der Medizinischen Hochschule.
LANDKREIS EMSLAND
Hümmling-Hospital Sögel: im Verbund der Bonifatius-Hospitalgesellschaft, 140 Betten, 450 Mitarbeiter, rund 18000 stationäre und 7400 ambulante Patienten jährlich, acht Fachabteilungen, Palliativstützpunkt Nördliches Emsland.
Paracelsus-Klinik: Ende 2019 von den Niels-Stensen-Kliniken gekauftes Stammhaus der Paracelsus-Kliniken, die nach der Insolvenz der Gruppe von der Schweizer Porterhouse-Group übernommen wurden; 164 Betten und 15 Intensivbetten. Die Klinik wurde bislang teilweise als Praxisklinik mit 16 Fachabteilungen geführt; neurologische Notaufnahme, mehrere MVZ.
Lungenheilkunde und Thoraxchirurgie, multimodale Schmerztherapie, Adipositaschirurgie, 8000 stationäre und rund 12000 ambulante Patienten. Franziskus-Hospital Harderberg: im Verbund der Niels-StensenKliniken, 287 Betten in sieben Fachabteilungen, Brustzentrum, Palliativstation, 15000 Patienten stationär und 35000 ambulant, geriatrische Frührehabilitation. Christliches Klinikum Melle: seit 2009 Verbund der Niels-StensenKliniken, 2003 aus der Fusion des Evangelischen Krankenhauses Melle und des katholischen St.-Matthäus-Krankenhauses hervorgegangen, 182 Betten, 10000 Patienten stationär und 18000 ambulant, neun Fachabteilungen und Belegabteilungen für HNO und Orthopädie, geriatrischer Schwerpunkt im Niels-Stensen-Verbund.
Marienhospital Ankum-Bersenbrück: seit 2010 Teil des NielsStensen-Verbundes, 105 Betten mit den Schwerpunkten Chirurgie, Elisabeth-Krankenhaus Thuine: seit 2018 im Verbund der NielsInnere Medizin, Geriatrie, Gynäkologie und Orthopädie, jährlich rund Stensen-Kliniken, 115 Betten, Chirurgisch-Orthopädischer Schwer6500 stationäre und 15000 ambulante Patienten. punkt, seit 2019 mit neuer Klinik für Onkologie, Hämatologie und Palliativmedizin, 5000 Patienten stationär und 9000 ambulant, 350 Niels-Stensen-Kliniken Bramsche: 100 Betten, davon 60 Psychia- Mitarbeiter. trie, Psychotherapie und Psychosomatik, 40 Innere Medizin, derzeit Sanierung mit einem Kostenaufwand von mehr als 20 Millionen Euro. St.-Vincenz-Hospital Haselünne: Im Verbund der Niels-StensenKliniken, Fachabteilungen für Innere Medizin, Psychiatrie und PsySt.-Raphael-Krankenhaus Ostercappeln: im Verbund der Niels- chotherapie sowie Psychosomatische Medizin, 150 Betten, 29 teilStensen-Kliniken, 174 Betten, fünf Fachabteilungen, Schwerpunkte stationäre Plätze.
Bonifatius-Hospital Lingen: Einrichtung in Trägerschaft der Bonifatius-Hospitalgesellschaft, 451 Betten, 20 000 stationäre und 70000 ambulante Patienten, 1500 Beschäftigte, neben den klassischen Fachabteilungen zwölf medizinische Zentren u.a. Brustzentrum, Perinatalzentrum, Darmkrebszentrum, Prostatazentrum, Stroke Unit (Schlaganfallpatienten) und Chest Pain Unit.
Corantis-Kliniken Christliches Krankenhaus Quakenbrück: im Verbund der Corantis-Kliniken mit Standorten in Neuenkirchen-Vörden, Löningen, Cloppenburg, Vechta, Lohne, Damme und Friesoythe, 420 Betten inkl. Psychiatrie, 13000 stationäre und 60 000 ambulante Patienten, Diabetes-Zentrum.
GRAFSCHAFT BENTHEIM LANDKREIS OSNABRÜCK Niels-Stensen-Kliniken St.-Bonifatius-Hospitalgesellschaft (mit Borromäus-Hospital Leer) Euregio-Kliniken Nordhorn
S TA D T OSNABRÜCK
Corantis-Kliniken (mit weiteren Standorten in Friesoythe, Löningen, Cloppenburg, Vechta, Damme, Lohne und Neuenkirchen-Vörden) Klinikum Osnabrück mit Klinikum Osnabrücker Land Georgsmarienhütte
Klinikum Osnabrück
Ludmillenstift Meppen
Klinikum Osnabrück: Haus der Maximalversorgung, 660 Betten, 2200 Mitarbeiter, jährlich rund 32000 stationäre und rund 70000 ambulante Patienten, 21 Fachzentren inkl. Chest Pain – und Stroke Unit, seit 1971 akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Münster, zweiter Standort ist noch die Klinik am Kasinopark in Georgsmarienhütte, deren Abteilungen aber perspektivisch in das Haupthaus am Finkenhügel integriert werden soll. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) in Osnabrück und Hagen a.T. W.
andere Träger
Euregio-Kliniken
Ludmillenstift Meppen
Euregio-Klinik Nordhorn: 2007 aus dem Grafschafter Klinikum und dem Marienkrankenhaus entstanden, somatische Abteilungen mit 387 Betten am Standort Albert-Schweitzer-Straße, am Standort Hannoverstraße, 75 Betten im Bereich Psychiatrie und Psychotherapie mit Tagesklinik und Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, elf Haupt- und vier Belegabteilungen und 1200 Mitarbeitende.
Ludmillenstift Meppen: Träger Kuratorium der Stiftung Ludmillenstift, 420 Betten, rund 20 000 stationäre und rund 150000 ambulante Patienten jährlich, 1300 Mitarbeiter, 21 Fachabteilungen und zehn interdisziplinäre Zentren, darunter ein überregionales Traumazentrum, Brustzentrum Ems-Vechte, Perinatalzentrum mit alternativen Entbindungsformen und ein Sozialpädiatrisches Ambulanz- und Therapiezentrum.
finanziert. Durch eine Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg können hier junge Mediziner in Meppen ihre Ausbildung komplettieren. Und dennoch sind Ärzte und Pflegepersonal Mangelware. Erst im Herbst 2019 kündigten drei leitende Ärzte. Die Stellen sind nach wie vor vakant. Im Oktober räumte Geschäftsführer Wilhelm Wolken ein, „dass wir uns, auch was die Zukunft anbelangt, durchaus große Sorgen machen, wie die medizinische Versorgung auf die Dauer sichergestellt werden kann“. Neue Abteilung wie das kürzlich eingerichtete überregionale Traumazentrum für Schwerstund Mehrfachverletzte sollen dazu beitragen, das Haus attraktiv und leistungsfähig zu erhalten. Der Fachkräftemangel ist ein Thema, das die Häuser im ländlichen Umfeld besonders hart trifft. Es sei in bestimmten Fachrichtungen schwierig, zusätzliche Ärzte zu gewinnen. „Um die wenigen Ärzte bemühen sich
dann auch große Krankenhäuser der Maximalversorgung, und kleinere im Emsland gehen leider leer aus“, hatte Veronika von Manowski Anfang 2019 gesagt. Was Eversmeyer vom Klinikum, einem solchen Haus der Maximalversorgung, dazu sagt, bestätigt Manowskis These: „Wir sind attraktiv für die jungen Ärzte. Die wollen alle viel lernen.“ Auch der Niels-Stensen-Verbund steht gut da. Von verbundweit 530 Arztstellen sind derzeit nur zwölf nicht besetzt. Problematischer ist die Lage beim Pflegepersonal – und da bilden die „Großen“ keine Ausnahme. Inzwischen aquiriert das Klinikum sogar Personal von den Philippinen und aus Brasilien. Der Niels-Stensen-Verband nutzte bereits vor Jahren die guten Kontakte des Bistums in die katholisch geprägte südindische Provinz Kerala, um Ärzte und Pflegepersonal für seine Häuser zu gewinnen. Seit 2019 gelten in der Pflege Personaluntergrenzen, die die Geschäfts-
führer sinnvoll finden, die ihnen die Besetzung der Stellen aber nicht erleichtert. „Mehr als 100 Stellen mehr“ habe er besetzen müssen, berichtet Eversmeyer, aber „der Markt ist völlig leer“, ob im Oberzentrum Osnabrück, in Quakenbrück an der östlichen oder in Nordhorn am westlichen Rand des Bezirks OsnabrückEmsland-Grafschaft Bentheim. „Es gibt einen regelrechten Wettbewerb um Pflegekräfte“, bestätigt Werner Lullmann. Im Verbund der Niels-Stensen-Kliniken kann man offenbar noch einiges auffangen. So wurden 2013 bei der Umstrukturierung des Bramscher Krankenhauses Krankenschwestern und Pfleger ins emsländische Haselünne geschickt, wo Niels Stensen damals schon die Verwaltung des St.-Vincenz-Krankenhauses übernommen hatte. Auch hier gibt es einen psychiatrisch-psychosomatischen Schwerpunkt. Darüber hinaus nutzen auch Ärzte die Gelegenheit
Klinik am Kasinopark Georgsmarienhütte: im Verbund mit dem Klinikum Osnabrück, internistische Klinik mit geriatrischem Schwerpunkt, multimodale Schmerztherapie, Fachzentrum Sucht mit Fachklinik Möhringsburg, 80 Betten.
zum Wechsel innerhalb des Verbundes. Apropos Psychiatrie: Von Haselünne aus liegt die nächste Einrichtung im Emsland in Papenburg, beziehungsweise in Nordhorn in der Grafschaft Bentheim. Im Osnabrücker Raum stritten noch vor wenigen Jahren das etablierte Ameos-Klinikum als Nachfolger des früheren Landeskrankenhauses mit dem Niels-Stensen-Verbund um die Einrichtung der neuen Psychiatrie in Bramsche. Der katholische Träger gewann, allerdings können Patienten, bei denen der Verdacht auf Selbst- oder Fremdgefährdung besteht, nach wie vor nur ins Ameos eingewiesen werden. Auch am Christlichen Krankenhaus (CKQ) in Quakenbrück war man zunächst nicht begeistert über den Mitbewerber in der Tuchmacherstadt. Die psychiatrische Klinik ist integraler Bestandteil des CKQ mit seinen 13 000 stationären Patienten jährlich, das Anfang der 1970er-Jahre aus
„In Osnabrück sind wir schon ziemlich weit auf dem Weg zu effektiveren Strukturen.“ Dr. Martin Eversmeyer, Geschäftsführer Klinikum Osnabrück
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Grafik: Matthias Michel · Foto: Colourbox.de
den beiden örtlichen Krankenhäusern Bethanien und Borromäus entstand. In Bramsche scheint der Erfolg dem Träger recht zu geben. Inzwischen schreibt das vor der Übernahme chronisch defizitäre Haus schwarze Zahlen. Das CKQ arbeitet im Übrigen als einziges Haus im Landkreis Osnabrück mit etlichen Krankenhäusern in den Landkreisen Vechta und Cloppenburg unter dem Mantel der Corantiskliniken zusammen. Eine Vielzahl von Standorten in der Fläche oder Konzentration an einem Standort – wohin geht die Reise? In Nordhorn in der Grafschaft Bentheim haben sich vor 15 Jahren zwei Krankenhäuser zur Euregio-Klinik zusammengeschlossen, wobei der Name durchaus Programm ist. Das Krankenhaus versteht sich als grenzübergreifendes Versorgungsangebot für Deutsche und Niederländer. Bonifatius, Corantis und Niels Stensen (mit den dezentralen Standorte) decken den ländlichen Raum
ab, das Klinikum Osnabrück und das Meppener Ludmillenstift setzen auf Eigenständigkeit. In der Grafschaft sieht man durch die Zusammenlegung zweier Krankenhäuser im Bereich der Grund- und Schwerpunktversorgung „aktuelle Forderungen bereits berücksichtigt“, wie Jürgen Hartmann aus dem Landratsbüro betont. Gemeinsam ist allen Trägern die regionale Orientierung. Bundesweit tätige private Klinikkonzerne wie Helios, Asklepios, Rhön-Klinikum oder Sana sind nicht vertreten, die Paracelsus-Gruppe musste die Waffen strecken. Die Autoren der Bertelsmann-Studie legten ihrer Untersuchung Daten aus der Modellregion Köln/Leverkusen mit aktuell 38 Akutkrankenhäusern zugrunde. Mit ländlich strukturierten Regionen wie dem Raum Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim ist das nicht unbedingt vergleichbar, besonders wenn man die gesetzliche vorgegebene Zeitspanne
von 30 Minuten berücksichtigt, in denen im Notfall ein Akutkrankenhaus zu erreichen sein muss. Aber nicht nur bei den Trägern setzt man auf die regionale Karte. Seit dem Jahr 2015 gibt es durch das Land Niedersachsen geförderte Gesundheitsregionen, deren Steuerungsgruppen Vertreter von Politik, Ärzteschaft, Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden und vielen mehr an einen Tisch bringen. Ein Thema unter anderem ist die Sicherstellung der medizinischen Versorgung sowohl bei den Krankenhäusern wie auch bei den niedergelassenen Ärzten. Sowohl Stadt und Landkreis Osnabrück wie auch im Emsland und in der Grafschaft Bentheim sind inzwischen offiziell als Gesundheitsregionen anerkannt. „Die Krankenhausversorgung ist ein regionales Geschäft“, ist NielsStensen-Geschäftsführer Lullmann überzeugt. Und das gilt zunehmend nicht nur für den stationären Bereich.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
SPEZIAL GESUND & FIT
Gibt es genug Hebammen in der Region? Das ist die Situation in den Krankenhäusern VON JANA HENSCHEN OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN Immer mehr Geburtsstationen geraten in Kliniken unter Druck und werden geschlossen. Ein Grund: Es gibt zu wenig angestellte Hebammen, und Freiberufler können sich die Versicherung nicht leisten. Wie ist die Situation in der Region?
Was macht eine Hebamme? In Deutschland darf ein Arzt ohne Hebamme kein Kind entbinden. Umgekehrt muss eine Hebamme keinen Arzt bei der Geburt dabeihaben – wie es bei Hausgeburten oft der Fall ist. Anna-Maria Bruhn arbeitet sowohl als freiberufliche Hebamme im Raum Osnabrück und Ibbenbüren als auch als Beleghebamme im Klinikum Ibbenbüren. „Ich arbeite freiberuflich, um Frauen während der gesamten Zeit der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit betreuen zu können“, sagt die 29-Jährige. Die Entbindungen sind im Klinikum Ibbenbüren, wo sie als Hebamme dabei ist. Diese kontinuierliche Betreuung – von der Schwangerschaftsbegleitung
über die Geburt bis zur Nachsorge – gefällt Bruhn besonders. „Ich mag sehr gerne an meinem Job, Frauen im ganzen Prozess von Schwangerschaft, Geburt und früher Elternzeit zu betreuen, sie zu bestärken und ein Stück weit dazu beitragen zu können, dass sie die Geburt, die sie sich wünschen, erleben dürfen.“ Sylvie Engstfeld ist ebenfalls Hebamme. Sie arbeitet seit fast 30 Jahren freiberuflich, aber nicht als Beleghebamme. Bis vor eineinhalb Jahren hat sie noch Hausgeburten betreut. Dann hat sie aufgehört, weil „ich auf mich aufpassen muss“, sagt sie und ergänzt: „Es wurde zu einer ständigen Belastung.“ Heute ist sie bei der Entbindung nicht mehr dabei, sondern übergibt die Frauen für die Geburt an die Kollegin im Kreißsaal. Wie ist die Situation in den Krankenhäusern der Region? Viele Geburtsstationen in der Region wurden in den vergangenen Jahren geschlossen: Dissen, Ostercappeln, Lengerich, Warendorf, Thuine und Bünde sind da nur einige Beispiele. Die Gründe sind verschieden: Mal wurde
Eine HebammewiegtimZuge derNachsorge ein Baby. FreiberuflicheGeburtshelferinnenbegleiten FrauenwährendderSchwangerschaftund auchnachderGeburt.
ein ganzes Krankenhaus geschlossen, mal fand sich kein Nachfolger für einen Facharzt. Der Fachkräftemangel betreffe heute aber auch das Pflegepersonal und Hebammen, so Helge Engelke von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft. Ein weiterer Grund für Schließungen seien die hohen Vorhaltekosten für Personal und Räumlichkeiten, die rund
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um die Uhr zur Verfügung stehen. „Die Auslastung kann jedoch bei natürlichen Geburten nicht gut geplant werden“, sagt der Verbandsdirektor. Die Kosten seien durch Fallpauschalen nicht adäquat finanziert. „Dies führt dazu, dass nur eine große Anzahl an Geburten die Kosten ausgleichen kann.“ Welche Auswirkungen hat das? Die Entfernung zum nächsten Krankenhaus kann für Schwangere mitunter lang werden, und die Arbeitsbelastung steigt – nicht nur in der Region, sondern überall in Niedersachsen. Die Anzahl der Krankenhäuser im Bundesland, die eine Geburtshilfe vorhalten, hat sich von 92 in 2009 auf 70 Krankenhäuser in 2019 verringert. Obwohl die Zahl der Babys in Niedersachsen seit Jahren steigt. Das IGESGutachten „Stationäre Hebammenversorgung“ (2019) im Auftrag des Gesundheitsministeriums zeigt, dass es bereits Regionen in Niedersachsen gibt, bei denen die Fahrzeit zum nächsten Krankenhaus mit einer Geburtshilfe 60 Minuten und mehr beträgt. Ganz so weit ist es in der Region noch nicht, aber nah dran: In der Grafschaft Bentheim beispielsweise beträgt die Fahrzeit mancherorts mehr als 40 Minuten bis zur Geburtshilfe des Bonifatius-Hospitals in Lingen oder der Euregio-Klinik in Nordhorn. Wie sind die Kliniken personell aufgestellt? Manche Krankenhäuser wie das Christliche Klinikum in Melle und das Marienhospital in Ankum beschäftigen Beleghebammen. Im Bonifatius-Hospital Lingen, dem Franziskus-Hospital Harderberg und Marienhospital Osnabrück sind alle Hebammen (18, 14 und 31) festangestellt. Die personelle Besetzung auf der Geburtsstation decke den aktuellen Bedarf gut ab, sodass keine Betten oder Stationsteile geschlossen werden müssen, teilt der Pressesprecher der Niels-Stensen-Kliniken, Michael Schiffbänker, mit. Für die Zukunft sei eine Erweiterung der Geburtsstation geplant. Aber Schiffbänker sagt auch, dass die Nachbesetzung von Stellen vergleichsweise schwierig sei. In Lingen sind derzeit zehn von elf VollzeitPlanstellen besetzt. „Der aktuelle Fachkräftemangel betrifft auch das Bonifatius-Hospital Lingen“, erklärt die Geschäftsführung. Deshalb habe man die Ausbildungsplätze von vier auf acht erhöht. Hat der Personalmangel Auswirkungen? Im Mai 2019 musste das Klinikum Herford in NordrheinWestfalen kurzfristig für fünf Tage die Kreißsäle schließen. Grund dafür waren personelle Engpässe durch Krankheit und unbesetzte Stellen bei
Hebammen. So eine Situation kam in den Kliniken in der Region bisher nicht vor. Engpässe konnten durch andere Hebammen, die einsprangen, kompensiert werden. Warum geben freiberufliche Hebammen die Geburtshilfe auf? Vor allem aufgrund der Versicherungskosten. Sie steigen bei Geburtshilfen jedes Jahr an. Der Grund sind längere Lebenserwartungen und zunehmende Regressforderungen durch Kassen und Kommunen bei geburtshilflichen Schäden. Diese Kosten werden auf die Geburtshelferinnen mit steigenden Beiträgen abgewälzt. Wie hoch sind die Versicherungskosten? 2002 lag die Haftpflichtprämie noch bei 453 Euro pro Jahr, so eine Auflistung des Deutschen Hebammenverbands (DHV). 2017 waren es dann 7639 Euro, für 2020 sind 9098 vorgesehen. Ein sogenannter Sicherheitszuschlag der Krankenkassen von bis zu 6482 Euro soll die Prämie für die Freiberufler ausgleichen. Das reicht jedoch nicht aus: „Die Versicherungskosten sind zu hoch“, sagt die freiberufliche Hebamme Engstfeld. „Bis man diese Summe durch Hausgeburten verdient hat, muss man fast rotieren.“ Eine Geburt könne drei bis vier Stunden dauern plus Nachsorge, aber eben auch zwei Tage. Für beides gebe es dieselbe Pauschale. Auch Bruhn sagt: „Man arbeitet viel auch für die Versicherung.“ Wenn man selbstständig sei, selbst Kinder habe und in Teilzeit arbeite, müsse man natürlich kalkulieren, ob sich
„Es ist mein Traumberuf, Rufbereitschaft ist aber schon belastend.“ Anna-Maria Bruhn, freiberufliche Hebamme
Foto: dpa/Stratenschulte
das rechnet. Als Angestellte bei einer Klinik habe man mehr Sicherheit – auch als Teilzeit-Beschäftigte. Was macht eine Hebamme, die nicht bei der Geburt dabei ist? Die Hebamme Sylvie Engstfeld begleitet Frauen vom positiven Schwangerschaftstest bis zum Ende der Stillzeit. Manche fragen sie direkt nach dem positiven Schwangerschaftstest an, andere erst kurz vor der Geburt. Es sei unterschiedlich, was die Frauen wollen, aber Engstfeld bietet alles an: Vorsorge-Untersuchungen – außer Ultraschall, den nur Gynäkologen durchführen dürfen –, Geburtsvorbereitung, Stillbetreuung und auch Paarberatung. „Ich arbeite gern ganzheitlich und begleite eine Frau manchmal fast eineinhalb Jahre“, sagt sie. Ihr Aufnahmestopp liegt bei 30 Frauen, die sie gleichzeitig betreut. Wie kann die Situation für Hebammen verbessert werden? „Es ist mein Traumberuf, Rufbereitschaft ist aber schon belastend“, sagt Bruhn, „Da muss man auf sich achten.“ Deshalb sei Teamarbeit wichtig, sodass Hebammen sich zusammenschließen können und Vertretungen geregelt sind. Zudem schwebt der freiberuflichen Hebamme, die zusätzlich im Master „HELPP – Versorgungsforschung und -gestaltung“ an der Hochschule Osnabrück studiert, noch ein anderes Modell vor: Während ihres Bachelorstudiums lernte sie im Auslandssemester in Australien ein kontinuierliches Betreuungsmodell kennen. „Die Hebammen sind im Krankenhaus angestellt und können Schwangere vor, während und nach der Geburt betreuen“, erklärt Bruhn. Die Hebammen konnten also auch Hausbesuche und Nachbetreuungen machen. Dadurch, dass sie angestellt sind, sind sie besser abgesichert in Bezug auf Versicherungen, Krankheitsausfälle und Urlaubsvertretungen. So ein Modell kann sich Bruhn auch für Deutschland vorstellen: „Dann wäre für viele der Beruf Hebamme vermutlich noch attraktiver.“ Und noch einen zweiten Punkt sprechen die Hebammen an: Derzeit betreue eine Hebamme im Krankenhaus im Schichtdienst mehrere Schwangere. Eine 1:1-Betreuung gebe es in den meisten Fällen nicht. „Viele Frauen wünschen sich aber eine Hebamme, die kontinuierlich für sie als Ansprechpartnerin da ist“, so Bruhn. Das Vertraute zwischen Hebamme und Schwangeren sei enorm wichtig, finden Bruhn und Engstfeld. Auch die Bundeselterninitiative Motherhood fordert eine 1:1-Betreuung für 80 Prozent der Geburten.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
SPEZIAL GESUND & FIT
Mit Investor auf Wachstumskurs Ossenberg-Gruppe ist Marktführer bei Herstellung von Gehhilfen und Handstöcken
VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/RHEINE Dora ist in ihrem Element. Schnell ein Rohr gegriffen, Löcher in regelmäßigen Abständen gefräst, Gummipropfen unten dran, die Rohre zusammengeschoben, der Spritzguss-Griff aufgesteckt – und 16 Sekunden später hat der Roboter aus den vielen Einzelteilen eine Krücke gefertigt. Acht Minuten dauert es durchschnittlich Geschäftsführer Carsten Diekmann zufolge vom Eingang einer Bestellung bis zum versandfertigen Produkt. Auch „Carla“ und „Frieda“ arbeiten für den Rheiner Unternehmer in der Produktion – warum die Maschinen Frauennamen bekommen haben, weiß er gar nicht mehr. Während Frieda Logos auf die Spritzguss-Armteile druckt, produziert Carla wie Dora Gehhilfen am laufenden Band. Und das sehr erfolgreich: Zwei Millionen Gehhilfen und 200 000 Handstöcke verlassen pro Jahr das Gelände der Ossenberg-Gruppe in Rheine und werden nicht nur in Deutschland, sondern in 52 Ländern, quer über den Globus verteilt, genutzt, erzählt Carsten Diekmann beim Rundgang durch die Produktion. „Wir statten unter anderem Altenheime durch Großhänd-
ler vor Ort in China aus“, gibt der Unternehmer ein Beispiel. Abnehmer sind in Deutschland vor allem Sanitätshäuser, Krankenhäuser oder Genossenschaften. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat schon Krücken aus Rheine genutzt. Eigentlich könnte es in Rheine nicht besser laufen: Die OssenbergGruppe ist eigenen Angaben zufolge Marktführer in ihrer Nische. Erst vor einem halben Jahr wurde der größte Mitbewerber in Neumünster, die Erwin Kowsky GmbH, übernommen. Dort am Standort werden noch einmal rund eine Million Gehhilfen pro Jahr gefertigt. Insgesamt beläuft sich der Umsatz der Gruppe nun auf 16,7 Millionen Euro pro Jahr. Beschäftigt werden an den Standorten in Rheine und Neumünster zusammen gut 100 Mitarbeiter. Daran werde sich auch durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen nichts ändern, betont Carsten Diekmann. Und dennoch hat die Osnabrücker zwei.7-Gruppe um Karsten Wulf jetzt im Februar die Mehrheit der Unternehmensgruppe übernommen. Ein halbes Jahr haben die beiden Partner an dem Deal gearbeitet. „Für uns ist es die erste Beteiligung an einem HealthCare-Unternehmen“, sagt Wulf – und
RundzweiMillionen Gehhilfenund200 000 Handstöckeproduziertdie Ossenberg-GruppeproJahr in Rheine.
das erste Mal, dass ein „handfestes“ Produkt hergestellt wird. Zwischen den beiden Unternehmern habe es nicht nur finanziell, sondern auch menschlich gepasst, sagt Wulf. Das war für den Osnabrücker, der die Art der Investition der zwei.7-Gruppe als „Family Equity“ bezeichnet, wichtig. „Wir streben bei unseren Beteiligungen ein langfristiges Engagement für unseren Bestand an – anders als Private-Equity-Unternehmen, die teilweise nur drei oder vier Jahre involviert sind und das Unternehmen dann gewinnbringend weiterverkaufen wollen“, erklärt der Unternehmer. „Die Leidenschaft, die Carsten Diekmann für das Produkt und die Produktion mitbringt, ist für uns sehr wichtig. Und unsere Kompetenzen ergänzen sich gut.“ Diekmann sei der Spezialist für die Produktion
und Innovationen im Unternehmen. Die Kernkompetenz von zwei.7 liege im Marketing, der Digitalisierung, Strategie, Personal und der Kundenakquise. Einen langfristigen Partner, das wollte auch Carsten Diekmann, der ursprünglich Landwirt gelernt und später zum Industriemechaniker umgeschult hat, für die OssenbergGruppe. „Wir sind kein Sanierungsfall“, betont der Geschäftsführer. „Es geht darum, unsere Marktstellung weiter auszubauen. Ich möchte mit dem Unternehmen noch mehr erreichen. Da war es jetzt sinnvoll, sich Unterstützung zu holen.“ Denn er hat viel vor mit dem Unternehmen. Unter anderem soll es Kunden möglich sein, direkt in die Maschine zu bestellen – ab Losgröße eins. Investitionen dafür hat
Foto:Ossenberg
Diekmann bereits getätigt und die Grundlagen geschaffen. Mit fünf Mitarbeitern hat Diekmann vor gut 13 Jahren in Rheine angefangen, heute arbeiten an dem Standort 75. „Damals haben wir 300 Gehhilfen am Tag produziert, heute sind es Zigtausende.“ In drei Schichten pro Tag an sechs Tagen die Woche wird in Rheine gearbeitet. Zurzeit auch an einigen Sonntagen – in Absprache mit den Mitarbeitern, wie Diekmann betont. „Man darf den Bogen nicht überspannen.“ Rund 70 Prozent der Produkte, die Dora, Carla & Co herstellen, sind Standard-Gehhilfen, wie man sie klassischerweise bei Beinbrüchen von der Krankenkasse verschrieben bekommt. Dennoch sehen sie mitunter unterschiedlich aus, denn jeder Markt hat seine spezifischen Anforderungen, erklärt Diek-
Nachhaltig Bauen mit energum
mann. Ein Beispiel: Während in Deutschland Gehhilfen mit geschlossener Armauflage verboten sind, ist das in Großbritannien ein Muss, um überhaupt verkaufen zu dürfen. Insgesamt fertigt die OssenbergGruppe 900 verschiedene Handstöcke – auch Schwerlast-Gehhilfen, die unter anderem Menschen nutzen, die Dank Exoskeletten wieder laufen können, so Diekmann. Auch „smart“ ist ein Gehstock schon geworden. Es ist das wohl innovativste Produkt, entwickelt von Ossenberg, CibiX und der Telekom. Ein verbautes Modem, eine GPS-Antenne und eine integrierte SIM-Karte der Telekom machen es möglich, den Gehstock und seinen Besitzer überall in Deutschland und Europa zu lokalisieren. Außerdem kann über eine Taste am Gehstock ein Notruf ausgelöst werden, der die Angehörigen informiert. „Der Mensch kann dann bis auf zwei Meter genau lokalisiert werden.“ Dieses System ist markenrechtlich geschützt und soll demnächst auch in Verbindung mit Rollatoren auf den Markt gebracht werden. Letztere produziert die Ossenberg-Gruppe allerdings nicht selbst in Rheine – auch wenn ein eigener Rollator entwickelt wurde. „Das ist in Deutschland nicht mehr möglich“, sagt Carsten Diekmann. Das Produkt lässt der Unternehmer in Taiwan herstellen. Die nächste Innovation steht schon in den Startlöchern: Aktuell entwickelt das Unternehmen Gehstöcke speziell für Parkinson-Patienten. Sie sind mit einem Laser ausgestattet, der mit jedem Schritt eine Linie auf den Boden projiziert. „Das soll motivieren, den Fuß darüber zu setzen und so die Bewegungsblockade zu lösen“, erklärt Diekmann. In Zusammenarbeit mit dem Parkinsonforum Steinfurt gehen die Stöcke in Kürze in die Erprobung.
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Büroprofil Interdisziplinäres Team aus Architekten und Ingenieuren mit umfangreicher Fachplanungskompetenz - Eigene BNB-Sachverständige und DGNB-Auditoren Mitgliedschaften in Ingenieur- und Architektenkammern sowie DGNB Vorzertifikat in Platin
Deutschlandweite Projektbearbeitung, u.a. Plusenergieschule Rostock oder Neubau Strafjustizzentrum München Mitwirkung in Forschungsprojekten Software für Simulationen (Akustik, Strömung, Feuchte, therm. Bauphysik), Programme für EnEV + Wärmebrücken, eigene Toolentwicklungen Umfangreiche Erfahrung im Gebäudemonitoring, eigene Messtechnik für Bauund Raumakustik sowie Feuchte
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Mit dem Neubau der Hauptstelle der Sparkasse Bremen entsteht auf dem Campus der Universität Bremen ein modernes Gebäude, das hohe Maßstäbe an den Ressourcen- und Klimaschutz umsetzt. Das innovative Bürokonzept sieht 480 non-territoriale Arbeitsplätze nach dem Desk-Sharing-Prinzip für 600 Mitarbeiter vor und fördert so eine offene und kommunikative Arbeitsweise. Die Förderung der Gesundheit der Nutzer durch die Verwendung gesundheitsverträglicher Baustoffe und ein hohes Maß an Komfort (thermisch, akustisch, visuell) stehen im Fokus. Denn die Sparkasse Bremen bekennt sich klar zu den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und achtet auf einen zeitgemäßen und respektvollen Umgang mit den Ressourcen. Die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs durch die Planung kreislaufgerechter Konstruktionen einerseits und einen effizienten Gebäudebetrieb andererseits ist daher ein wichtiges Ziel für das Bauprojekt.
Zertifizierung
Durch die Arbeit der energum GmbH wurde das Gebäude bereits mit dem DGNB Vorzertifikat in Platin ausgezeichnet – der höchsten Auszeichnung dieses Bewertungssystems. Zertifizierungen bieten die Möglichkeit, die eigenen Ansprüche an die Nachhaltigkeit des Gebäudes über fundierte Analysen und ein ganzheitliches System optimal zu verwirklichen. Das interdisziplinäre energum-Team aus Architekten und Bauingenieuren beraten Bauherren in allen Fragen der Nachhal-
tigkeit – DGNB-Auditoren begleiten kompetent und effektiv die Planungs- und Zertifizierungsprozesse. Zertifizierungen können Nachhaltigkeit messbar machen und berücksichtigen nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische und soziokulturelle Kriterien. Im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse werden z.B. Energieverbräuche, Emissionen und Kosten über einen Zeitraum von 50 Jahren von der Herstellung über die Nutzung bis zum Rückbau berechnet. Die Zertifizierung bietet damit eine Grundlage zur Optimierung der Gebäudequalität in der Planung und schafft die Voraussetzungen für einen effizienten Betrieb.
Maßnahmen
Die Gebäudestruktur und die technische Infrastruktur zielen auf eine hohe Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit ab. Durch den Einsatz recyclingfähiger, sortenrein trennbarer Baustoffe wird das Bauwerk zur urbanen Mine für zukünftige Generationen. Für die Wärmeversorgung kommt eine Sole-Wasser-Wärmepumpe mit 58 Bohrpfählen zum Einsatz. Die 149 Meter tiefen Bohrungen werden ebenfalls zur passiven Kühlung der Räume genutzt, wobei das Erdreich als saisonaler Speicher dient. Das Medium Wasser kühlt sich bei der Zirkulation durch die Bohrpfähle so weit ab, dass über die Konditionierung der Betondecken ohne aktive Kühlung ein angenehmes Raumklima gewährleistet wird.
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SPEZIAL GESUND & FIT
Mit Stipendium als Hausarzt aufs Land Lisa Böttcher ist eine der Ersten, die von der Förderung profitiert VON JANA PROBST Lisa Böttcher weiß heute genau, was sie will: Landärztin sein. Schon im ersten Semester ihres Medizinstudiums hat sie sich verpflichtet, später zumindest für eine gewisse Zeit als Hausärztin im Emsland zu praktizieren. Als Gegenleistung erhält sie im Rahmen der medizinischen Nachwuchsförderung finanzielle Unterstützung vom Landkreis Emsland. Dabei war für die 26-Jährige lange nicht klar, dass sie Medizin studieren würde. „Ich hatte den Luxus, es mir aussuchen zu können“, erklärt sie. Allerdings habe sie sich erst nicht zugetraut, auch den naturwissenschaftlichen Teil des Studienfachs zu schaffen. „Aber ich habe es einfach probiert.“ Mittlerweile studiert die 26-Jährige im elften Semester Medizin an der Universität Jena. Im vergangenen Herbst hat sie ihr zweites Staatsexamen abgelegt und macht gerade das Praxisjahr in der Inneren Medizin an einer Klink in Saalfeld, etwa 50 Kilometer südwestlich der Universitätsstadt. Nach Stipendien hatte sich Lisa Böttcher schon zu Beginn ihres Studiums umgesehen. Sie stammt aus Ibbenbüren im Kreis Steinfurt und informierte sich deshalb auch dort. Das Angebot des Nachbarlandkreises Emsland sagte ihr zu: „Ich fand das sehr attraktiv. Ein vergleichbares Angebot habe ich nirgendwo sonst gefunden.“ Nach ihrer Bewerbung kam kurz vor Weihnachten 2014 die Einladung zum Vorstellungsgespräch. „Das passte dann MEPPEN/JENA
von beiden Seiten.“ Seit dem ersten Semester wird sie nun im Rahmen der Nachwuchsförderung Meilenstein Weiterbildungsgesellschaft des Landkreises mit 500 Euro pro Monat unterstützt. Dadurch konnte sich die Studentin von Anfang auf das Studium konzentrieren, das „stressig genug gewesen ist“, sagt sie. Manche Kommilitonen müssten Nebenjobs annehmen, um sich das Studium zu finanzieren. Nur über eine begrenzte Zeit arbeitete Böttcher selbst nebenbei als Hilfswissenschaftlerin in der Abteilung für Neurologie, allerdings „rein aus Interesse“. Die finanzielle Zuwendung des Landkreises bekommt sie nicht ohne Gegenleistung: Böttcher musste sich verpflichten, nach dem Studium fünf Jahre lang als Hausärztin im Landkreis Emsland zu arbeiten. „Bisher habe ich es nicht bereut“, versichert die 26-Jährige. Sie möchte nach dem dritten Staatsexamen, das sie Ende dieses Jahres ablegen wird, die Facharztausbildung im Bereich Allgemeinmedizin machen. „Als Hausärztin ist man für die Patienten, zum Teil auch für ganze Familien, eine Konstante“, findet sie. Auf den langjährigen Kontakt zu den Menschen freut sie sich besonders. „Außerdem laufen beim Hausarzt alle Fäden zusammen.“ Im Emsland bestehe aktuell keine Unterversorgung mit Haus- und Fachärzten, teilt der Landkreis mit. 182,5 Hausarztstellen sind zurzeit im Kreisgebiet besetzt. Mit Stand April 2019 lag der Versorgungsgrad in der Allgemeinmedizin bei 90,1 Prozent im Bereich Altkreis Mep-
Wie gut ist die Hausarztversorgung? Versorgungsgrad in Prozent
Überversorgung Unterversorgung
Wittlage
121,3
Osnabrück
113,4
Quakenbrück
108,8
Georgsmarienhütte
107,4
Bramsche
107,0
Lingen
103,2
Papenburg
98,4
Delmenhorst
94,2
Nordhorn
94,0
Meppen
91,4
Melle
87,5 Quelle: Kassenärztliche Vereinigung · Grafik: Matthias Michel
Allgemeinmediziner auf dem Land? Das können sich im Studiengang von Lisa Böttcher nicht alle vorstellen. Die 26-Jährige jedoch bekommt ein Stipendium der Nachwuchsförderung Meilenstein WeiterbildungsgesellschaftdesLandkreisesEmslandund hat sichverpflichtet,fünfJahredortzuarbeiten. Foto: imagoimages/photothek
pen mit der Samtgemeinde Lathen, bei 96,9 Prozent im Gebiet des Altkreises Aschendorf-Hümmling und bei 101,7 Prozent im Bereich Lingen. Bei 110 Prozent besteht nach Festlegung des Landesausschusses für Ärzte und Krankenkassen eine Überversorgung. Bis diese Grenze im Emsland erreicht ist, könnten laut Informationen des Landkreises weitere 28 Hausarztstellen besetzt werden: 8,5 im Bereich Papenburg, 14 in Meppen und 5,5 im Planungsbereich Lingen. Die Zahl der niedergelassenen Fachärzte liegt bei 273. In den meisten Bereichen ist nach Auskunft des Landkreises der Versorgungsgrad im Landkreis Emsland hoch. Lediglich bei den Psychotherapeuten und den Kinder- und Jugendpsychiatern würden weitere Niederlassungen genehmigt. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt keine Unterversorgung besteht: In den kommenden Jahren gehen viele Ärzte in den Ruhestand. Vor allem in den Dörfern werde es schwieriger, freie Hausarztpraxen zu besetzen. Deshalb fördert der Landkreis Medizinstudenten während des Studiums und der fachärztlichen Ausbildung sowie Hausärzte, die sich in der Region niederlassen wollen.
Lisa Böttcher war eine der Ersten, die die finanzielle Unterstützung des Landkreises erhielten. Seit 2015 können jährlich fünf Studierende der Humanmedizin ein Stipendium bekommen. 500 Euro pro Monat können die angehenden Ärzte während eines Praktikums beantragen, 400 Euro gibt es über die
„Beim Hausarzt laufen alle Fäden zusammen.“ Lisa Böttcher, Medizinstudentin
zwölf Monate des Praktischen Jahres. Wer sich für eine Weiterbildung zum Allgemeinmediziner entscheidet, kann für die betreffenden zwei Jahre ebenfalls 500 Euro im Monat erhalten. Auch bereits ausgebildeten Hausärzten, die sich im Emsland niederlassen, macht der Landkreis Angebote: Sie erhalten eine einmalige Zuwendung von 15 000 Euro, in „akuten Fördergebieten“ bis zu 30 000 Euro. Darüber hinaus bietet die Gesellschaft Meilenstein zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen und niedergelassenen Haus- und Fachärzten Weiterbildungen an. Ziel ist es, die komplette Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner anbieten zu können. Die Nachwuchssorgen im Bereich Allgemeinmedizin bekommt Lisa Böttcher auch in Jena zu spüren. Die Mitarbeiter dieses Fachbereichs seien bemüht, die Studenten zu begeistern. Manche ihrer Kommilitonen glaubten, dass sich die Arbeit als Hausarzt gut mit dem Familienleben vereinbaren lasse. So erklärt sich Böttcher, dass der Frauenanteil in diesem Fachbereich auffällig groß ist: „Vielleicht spielt das auch eine Rolle.“ Gleichzeitig kennt sie viele, die es sich nicht vorstellen können, auf dem Land zu leben und
zu praktizieren. Doch gerade dort fehlen vielerorts Ärzte. Lisa Böttcher hat sich noch nicht entschieden, wo im Emsland sie arbeiten möchte. „Das hängt von den freien Stellen ab. Ich bin relativ flexibel“, sagt die 26-Jährige. Mit ihren Eltern hat sie Fahrradtouren hierher unternommen und war auch mal mit dem Kanu auf der Hase unterwegs. Sie empfindet die Menschen im Emsland als sehr entspannt. Als Wohnorte kommen für sie vor allem Lingen und Meppen infrage. Selbstständig niederlassen will sie sich direkt nach dem Studium jedoch nicht. Zunächst will sie in einer schon bestehenden Praxis mitarbeiten. Über die Weiterbildungsgesellschaft Meilenstein bekommt Böttcher schon jetzt die Möglichkeit, die Kliniken im Emsland kennenzulernen. Während einer Summer School in Lingen hörte sie Vorträge und absolvierte praktische Übungen im Bonifatius-Hospital. Auch das Krankenhaus in Thuine konnte sie schon besichtigen. Neben solchen Veranstaltungen organisiert das Team von Meilenstein jährliche Treffen zu Silvester, bei denen sich die Stipendiaten des Landkreises Emsland untereinander kennenlernen und austauschen können.
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GELD & GESCHÄFT
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Dividende gut, alles gut? DeutscheUnternehmeninDax,M-DaxundS-Daxkönnten49,4MilliardenEuroausschütten/NiedersachsenscheuendasAktienrisiko Dax-Konzerne in Niedersachsen zahlen 3,36 Milliarden aus. Anlagemonitor: Drei Viertel der Niedersachsen profitieren nicht. Analyst: Diese Erträge werden in den nächsten Jahren wichtiger. VON NINA KALLMEIER Die Dividenden-Saison 2020 ist eröffnet: In den ersten Monaten des Jahres schütten die meisten deutschen Unternehmen Teile ihrer Gewinne an ihre Aktionäre aus. Doch wird es vor dem Hintergrund der angespannten Wirtschaftslage ein gutes oder schlechtes Jahr für die Anteilseigner der börsennotierten Unternehmen – bundesweit, aber vor allem in Niedersachsen? Daimler-Chef Dieter Zetsche hat bereits angekündigt, die Dividende drastisch kürzen zu wollen, ebenso die Deutsche Telekom, die auf die hohen Kosten für die Mobilfunkauktion in Deutschland verweist. Auch bei Automobilzulieferer Continental könnte mit Einschnitten zu rechnen sein. Die Hamburger Optiker-Kette Fielmann hingegen will ihre Dividende erhöhen. Die Volkswirte der Deka-Bank, dem Wertpapierhaus der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe, sind jedenfalls optimistisch – auch wenn die Gesamtsumme der Ausschüttung ihrer Einschätzung zufolge etwas geringer ausfallen wird als noch im Jahr zuvor. Sie gehen davon aus, dass deutsche Unternehmen in diesem Jahr rund 49,4 Milliarden Euro an ihre Aktionäre als Dividende auszahlen werden. „Im Vergleich zum Vorjahreswert von 50,2 Milliarden Euro wäre das ein leichter Rückgang von rund 750 Millionen Euro“, so Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie. Rund 3,36 Milliarden Euro entfallen laut Deka dabei auf börsennotierte Unternehmen in Niedersachsen. Grundlage dieser Analyse sind die Dividendenprognosen für die 160 im Dax, M-Dax und S-Dax gelisteten Unternehmen. Die Analysten der Commerzbank rechnen rein für die DaxOSNABRÜCK
NachEinschätzungderDeka-Bank-Volkswirtedürften deutscheDax-UnternehmenzwarwenigerGeld ausschüttenals imJahrzuvor,dennoch könntenbei vielenKonzernendieDividendensteigen.
Unternehmen mit einer Dividende in Höhe von 37,1 Milliarden Euro für die Aktionäre. Zu den Top-Zahlern zählen ihrer Einschätzung nach die Dax-Schwergewichte Allianz, Siemens und BASF. Im derzeitigen Null-Zins-Umfeld sind das gute Nachrichten. Also Wohl dem, der in Aktien invesitert hat? Hier sind die Bundesbürger immer noch deutlich zurückhaltender als andere Nationen – auch wenn die Deutschen laut Bundesbank im dritten Quartal 2019 wie schon in den beiden Vorquartalen Aktien und Investmentfondsanteile im Wert von rund zehn Milliarden Euro kauften. Allerdings investierten sie vor allem in ausländische
Papiere. Ist die Dividende also der neue Zins? „Das kann man so sagen, aber nur wenn man es nicht formal betrachtet, sondern in dem Sinne abstrahiert, dass es um laufende Erträge geht“, sagt Holger Bahr, Leiter Volkswirtschaft der Dekabank. Davon profitieren allerdings knapp drei Viertel der Niedersachsen dem jüngsten Anlagemonitor der Dekabank zufolge noch nicht – bundesweit sind es etwas weniger. Attraktiv finden der Umfrage zufolge jedoch zwei Drittel der Niedersachsen regelmäßige Ausschüttungen bei der Geldanlage. Das Risiko, in Wertpapiere zu investieren, ist der Mehrheit der Befragten allerdings zu hoch.
Dividendenregen über Deutschland Aktionäre dürfen sich über 49,4 Millarden Euro freuen
Bremen
0,07
Thüringen
0,08
Schleswig-Holstein
0,21
Berlin
0,51
Hamburg
0,87
Bayern
14,86 NordrheinWestfalen
13,80
gesamt
49,4 Mrd. Euro Hessen
2,85
BadenWürttemberg
RheinlandPfalz
3,11
Niedersachsen
3,36
* börsennotierte Unternehmen aus dem DAX, MDAX und SDAX mit Hauptsitz im Ausland
Ausland*
5,09
4,60
Quelle: Bloomberg, Dekabank (Stand 27. 1. 2020) · Grafik: Matthias Michel
Finanzexperte Bahr ist überzeugt: Erträge – also Dividenden, Mieten oder Zinscoupons – werden in den kommenden Jahren die Hauptertragsquelle für Kapitalmarktanlagen sein. „Auch von daher sind Aktien inklusiv der Dividendenrendite attraktiv.“ Letzteres setzt die Dividende ins Verhältnis zum Aktienkurs und zeigt an, wie sich die Anlage verzinst. Derzeit bieten 16 Dax-Unternehmen Dividendenrenditen von mehr als drei Prozent. Mit BASF, Lufthansa und Covestro zahlen sogar mehr als fünf Prozent. Und wie steht es um Börsenunternehmen in Niedersachsen? Immerhin wird laut Dekabank ein Ausschüttungsplus von 190 Millionen Euro erwartet. Sieben der elf in der Dax-Familie gelisteten Unternehmen dürften laut Kreditinstitut ihre Dividende aufstocken. Dazu zählt auch die Oldenburger Cewe AG, Europas größter Fotodienstleister. Mit zwei Millionen Euro Dividende mehr – also 16 Millionen Euro – rechnen die Analysten. Das macht 2,13 Euro je Aktie. Auch für die Symrise AG mit Sitz in Holzminden, ein Anbieter unter anderem von Duft- und Geschmacksstoffen sowie kosmetischen Grund- und Wirkungsstoffen, rechnen die Experten mit einem Ausschüttungsplus auf einen Euro je Aktie und damit einer Gesamtsumme von 135 Millionen Euro. Hauptsächlich verantwortlich für die positive Entwicklung in der Gesamtsumme der Dividendenzahlungen ist laut Deka die Volkswagen AG. Laut Schätzung der Analysten könnte der Wolfsburger Autobauer in diesem Jahr 1,2 Milliarden Euro an seine Aktionäre verteilen – davon profitiert auch das Land Niedersachsen als einer
der größten Anteilseigner des Konzerns. Dem Leiter Volkswirtschaft der Dekabank zufolge haben niedersächsische Börsenunternehmen grundsätzlich Potenzial, „auch wenn aus Anlegersicht die Diversifikation auch über Landesgrenzen hinweg beachtet werden sollte“. Industrieunternehmen würden sich
Zwei Drittel der Niedersachsen finden regelmäßige Ausschüttungen bei der Geldanlage gut.
Foto:imagoimages/blickwinkel
noch schwertun in dem von Handelsstreitigkeiten belasteten globalen Umfeld. „Speziell die Automobilbranche steht vor einem Strukturwandel rund um das Stichwort Nachhaltigkeit. Wenn die Unternehmen hier den Schalter umlegen und den damit einhergehenden technischen Fortschritt suchen und nutzen, bestehen hier mittelfristig Potenziale“, so Bahr. Aber zurück zu den Erwartungen an die laufende Dividendensaison. Innerhalb der Dax-Familie werden nach aktuellen Schätzungen 88 Unternehmen (2019: 81) die Dividende erhöhen, während bei 29 Konzernen (2019: 24) die Ausschüttung an die Aktionäre niedriger ausfallen wird als im Vorjahr. Der leichte Rückgang ist nach Einschätzung von Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie, ein Resultat der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage. „Handelskonflikte, Schwächen der globalen Industrie sowie der Strukturwandel stellen Geschäftsmodelle auf den Prüfstand und bremsen die Unternehmensgewinne.“ Somit sei ein leichter Rückgang in der Gesamtsumme der Ausschüttungen nachvollziehbar. Er ist jedoch überzeugt: „Insgesamt sind die Geschäftsmodelle der Aktiengesellschaften den strukturellen Herausforderungen gewachsen und funktionsfähig. Dies spricht auch künftig für eine relativ konstante und von aktuellen Ertragsschwankungen unabhängige Dividende“, betonte der Finanzexperte. Die aktuellen Zahlen zeigen jedoch auch: Wer auf Dividenden als Zins setzt, muss mit Unsicherheiten und Risiken klarkommen – weder ist eine Ausschüttung garantiert noch sind die Renditen stabil.
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GELD & GESCHÄFT
Das Ende der Gemischtwarenläden? Immer mehr Unternehmen bringen Teile ihrer Konzerne an die Börse – auch in diesem Jahr VON STEFAN WOLFF Vor einigen Jahren noch galten Mischkonzerne als das Maß aller Dinge. Daimler übte sich nicht nur im Automobilbau, sondern auch in Luft- und Raumfahrt, und Siemens verkaufte neben Gasturbinen und Röntgenapparaten ganz selbstverständlich auch Haushaltsgeräte. Diese Zeiten sind vorbei. Längst ist es Trend, dass sich Konzerne auf ihre Kernkompetenzen besinnen. Dabei steigt die Zahl der Abspaltungen und Trennungen ganzer Bereiche kontinuierlich an. Die Namen der für dieses Jahr in Aussicht gestellten Börsengänge lesen sich wie das „Who’s who“ der deutschen Wirtschaft. Der Erdölkonzern Wintershall – eine Tochter des Chemiekonzerns BASF – gehört ebenso dazu wie die Aufzugsparte von Thyssenkrupp. Siemens will seinen Energiebereich an die Börse bringen. Der Autozulieferer Continental wird sich von seinen Antrieben trennen. Vitesco lautet der Name des Unternehmens. Etwas sperriger – nämlich „Wire & Cable Solutions“ – heißt der Kabelbereich des Autozulieferers Leonie. Auch der soll abgetrennt werden. Damit setzt sich eine Entwicklung aus den vergangenen Jahren fort. 2019 gehörte Traton, der Nutzfahrzeugbereich von VW, zu den größten Börsengängen. Die meisOSNABRÜCK
ten dieser abgespaltenen Unternehmungen werfen Milliardenwerte in die Waagschale. Und nicht immer werden diese aus rein strategischen Erwägungen heraus beschlossen, sondern erfolgen aus Ratlosigkeit oder finanzieller Not. „Wir brauchen die Mittel, um die BordnetzSparte strategisch weiterzuentwickeln. Wir wollen uns mit diesem Schritt neue finanzielle Möglichkeiten erschließen“, begründete Leoni-Chef Aldo Kamper im Juli vergangenen Jahres den Beschluss, den Kabelbereich abzuklemmen. Externe Experten bezifferten im vergangenen Dezember die Kosten für Sanierungsmaßnahmen mit 200 Millionen Euro. Auch der Mischkonzern Thyssenkrupp befindet sich in akuter Finanznot. Die ehemalige Perle der deutschen Industrie schreibt in vielen ihrer Bereiche rote Zahlen. Pläne, die Stahlsparte mit dem deutschen Stahlbereich des indischen Tata-Konzerns zu verschmelzen, scheiterten ebenso wie Überlegungen, das Automobilgeschäft zu veräußern. Nun sollen die Aufzüge an die Börse gebracht werden, was die finanziellen Probleme des Konzerns auf einen Schlag lösen würde. Der Schuldenberg wird auf vier Milliarden Euro beziffert. Allerdings wäre dann das Tafelsilber weg. Das weiß man auch bei Thyssen. Aber das Unternehmen ist beileibe nicht der erste Konzern, der eine
Bleiben Sie Kurz notiert immer informiert Veranstaltung: Mit dem „Osna Über unseren Wirtschaftsnewsletter erhalten Sie auch zwischen den Ausgaben von „Die Wirtschaft“ dreimal die Woche einen Einblick in die regionale Wirtschaft sowie Wissenswertes zu allgemeinen Wirtschaftstrends direkt per Mail. Die Anmeldung ist kostenfrei über www.noz.de/newsletter. Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 30. April 2020. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 10. April 2020. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter der Adresse www.noz.de/wirtschaft.
GESCHÄFTSFÜHRER: Axel Gleie und Jens Wegmann CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Susanna Austrup, Tobias Böckermann, Vincent Buss, Sebastian Hamel, Berthold Hamelmann, David Hausfeld, Jana Henschen, Nina Kallmeier, Christoph Lützenkirchen, Gerd Placke, Jana Probst, Melanie Heike Schmidt, Jonas Schönrock, Tobias Schmidt, Nina Strakeljahn, Jürgen Wallenhorst, Hildegard Wekenborg-Placke, Ina Wemhöner, Stefan Wolff, Rüdiger zu Klampen REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: Susanna Austrup, Paula Faraco, Michael Gründel, Swaantje Hehmann, Maximilian Koppernock, Christoph Lützenkirchen, Jörn Martens, Thomas Pertz, Gerd Placke, Torsten von Reeken, Ina Wemhöner, Gert Westdörp VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 0541 310-330, Telefax 0541 310-266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@ noz.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 0541 310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Anzeigen-/ Werbeverkauf: Sven Balzer, Ansgar Hulsmeier, Dirk Riedesel, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 0541 310-510, Telefax 0541 310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 05921 707410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.) ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 05921 707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: Jens Hartert TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)
Hack 2020“, einem zweitägigen Hackathon, endet in diesem Jahr die zweite Digitale Woche, die in Osnabrück vom 22. bis 26. Juni 2020 stattfindet. Initiatoren sind die Stadt und die Stadtwerke Osnabrück. Im Fokus stehen die Themen Digitalisierung, Virtual Reality, Datenschutz, künstliche Intelligenz, Arbeitswelt im Wandel und Social Media. Die Ausrichter sehen die Digitale Woche als ein ideales Format für Unternehmen an, eigene Ideen und Umsetzungen zu präsentieren. Firmen sind zum Mitmachen eingeladen und können sich über hallo@digitalwoche-osnabrueck.de anmelden.
Mit der Medizintechnik hat Siemens schon einen milliardenschweren Börsengang hinter sich. DerTrend zurAbspaltung setzt sich in diesemJahr auchbei anderenUnternehmen fort. Foto: dpa/DanielKarmann
solche Rosskur durchläuft. So hat der Chemiekonzern Bayer im Jahr 2004 seine Spezialchemie unter dem Namen Lanxess an die Börse gebracht und sich elf Jahre später von seinem Kunststoffbereich getrennt. Lanxess war drei Jahre lang Mitglied im Deutschen Aktienindex (Dax), Covestro gehört seit März 2018 zu den führenden 30 Aktienwerten in Deutschland. Der Einzelhandelskonzern Metro hat seine Unterhaltungselektronik unter dem Namen Ceconomy im Jahr 2017 an die Börse gebracht. Der Bereich, der im Wesentlichen aus den Ketten Media Markt und Saturn Hansa besteht, sollte so besser auf die Herausforderungen des On-
linehandels reagieren können. Dem angeschlagenen Metro-Konzern hat das Ganze bislang allerdings nur wenig geholfen. Und auch bei Ceconomy lief das Geschäft nicht wirklich rund, wobei die Zahlen zum Weihnachtsquartal einen ersten Lichtblick lieferten. Insgesamt gewinnen Experten Abspaltungen etwas Posivies ab. „Durch sie entstehen agile und effiziente Schnellboote, die den Vorteil haben, dass sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können“, urteilt Vera Diehl, Portfoliomanagerin bei der Fondsgesellschaft Union Investment. „Konglomerate verlieren ihr Kerngeschäft durch vielfältige Geschäftsfelder schnell aus
dem Blick – und verschenken dadurch Profitabilität.“ Eines der größten dieser Konglomerate war Siemens. Der Elektronik-Gigant – weltweit auf Augenhöhe mit General Electric oder Honeywell – hatte ein riesiges Produktportfolio. Die Bereichsleiter, so lautete stets die Kritik, hätten sich als Fürsten im eigenen Staat gefühlt, autark, kaum an Weisungen gebunden und eben trotzdem abhängig von der Konzernzentrale. Siemens spaltete sich nach und nach auf. Zur Jahrtausendwende kamen Chips (Infineon) und elektronische Bauteile (Epcos) an die Börse, Handys und Haushaltsgeräte wurden verkauft, ebenso der
Autozulieferer VDO. Im März 2018 erfolgte der milliardenschwere Börsengang der Medizintechnik (Heathineers). Mit dem Bereich Energie steht nur die vermutlich letzte Abspaltung auf dem Programm. Siemens wird zum reinen Industriekonzern, der sich vor allem dem Thema Digitalisierung verschreibt. Experten und Aktionäre sind mit der Entwicklung nicht unbedingt zufrieden. „Die neue Siemens AG ist nichts anderes als ein Gemischtwarenladen und damit das glatte Gegenteil von Pure Play“, sagte Diehl kürzlich auf der Siemens-Hauptversammlung. Als „Pure Play“ bezeichnet man schlanke, klare und konzentrierte Geschäftsmodelle. Davon sei Siemens weit entfernt. „Der Mutterkonzern kann als größter Aktionär bei den Töchtern weiterhin durchregieren. Damit sind die Sparten nach wie vor aneinandergekettet, und es findet keine saubere Entflechtung statt“, so die Fondsmanagerin. Das klingt nach viel Arbeit für das Management, auch wenn Siemens-Chef Joe Kaeser nach der Trennung des Bereichs Energie seinen Job als erledigt ansieht. Wie weit und wie lange sich diese Entwicklung noch fortsetzt, ist offen. Jeder Trend endet mal, da ist sich auch Vera Diehl sicher: „Wenn es zu viele kleinere Unternehmen gibt, wird es wieder zu Zusammenschlüssen kommen.“
2G Energy AG erspürt Rückenwind Neue Struktur: Zum 1. Januar 2020 ist bei der Felix Schoeller Group eine neue Organisationsstruktur in Kraft getreten, die den Internationalisierungsschritten des Unternehmens folgt. Mit globalen Produktionsstätten in Deutschland, Nordamerika, China, Russland und Indien gibt der Spezialpapierhersteller mit Hauptsitz in Osnabrück ab sofort mehr Verantwortung in die Regionen. Hans-Christoph Gallenkamp besetzt zukünftig neben seiner Funktion als CEO der Gruppe, auch die des CSO. Weitere Mitglieder der Geschäftsleitung: Matthias Breimhorst (CFO), Georg Haggenmüller (COO), Stephan Igel (CSO EMEA), Michael Szidat (CEO Nordamerika) und Peter Cornelißen (Vice CEO China).
Nachruf: Der erfolgreiche Osnabrücker Unternehmer und Förderer des Gemeinwohls Helmut Echterhoff-Hammerschmid ist am 3. Februar 2020 im Alter von 80 Jahren gestorben. Anfang der 70er-Jahre trat er in die Geschäftsführung der Echterhoff-Bau-Gruppe ein und lenkte sie in eine neue Richtung weg vom Gleis- und Straßenbau hin zu Kläranlagen, Brücken, Trögen, Wasserbauwerken und großen Rohbau-Projekten. Dazu war er ehrenamtlich und sozial engagiert – im Osnabrücker Club, am Landgericht Osnabrück, in der Deutschen Bauindustrie, bei der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim sowie im Kinderhospital-Verein.
Neue Führung: Der langjährige Geschäftsführer der Osnabrücker MUUUH! Consulting GmbH, Dr. Claudio Felten, gibt zum 31. März 2020 die Unternehmensleitung ab. Künftig wird das Beratungshaus von einem Partner-Trio geführt. Der KundenmanagementSpezialist bleibt MUUUH! künftig als Associate Partner verbunden. Ab 1. April 2020 sind dann die verbleibenden Partner Matthias Schulte, Dr. Christian Stallkamp und Sven Beiling. Seit dem Jahr 1996 berät, unterstützt und begeistert MUUUH! Consulting mit derzeit gut 50 Mitarbeitern in weit über 1000 Projekten mehr als 500 Kunden in über 20 Branchen.
Neue Leitung: Thomas Mönkemöller übernimmt zum 1. Mai 2020 die Leitung der Business Unit Retail bei der Fuchs Gruppe. Darüber hinaus wird der 56Jährige in die Geschäftsführung der Fuchs GmbH & Co. KG berufen. Zuvor war er mehrere Jahre in leitenden Funktionen bei der Alfred Ritter GmbH & Co. KG (Ritter Sport) tätig. Die Fuchs Gruppe mit Firmensitz im niedersächsischen Dissen ist der größte deutsche Gewürzhersteller und weltweit das größte Gewürzunternehmen in privatem Besitz.
Neuer Standort: Der international agierende Full-Service-Dienstleister Hellmann Worldwide Logistics aus Osnabrück bezieht Anfang 2021 einen neuen Standort für die Kontraktlogistik in Wörrstadt und stärkt damit seine Präsenz im Rhein/Main-Gebiet. Baubeginn: im Laufe des ersten Quartals dieses Jahres. Neben der Kontraktlogistik ist Hellmann im Rhein/Main-Gebiet zudem mit Standorten für Road & Rail- sowie Air & SeaDienstleistungen in Kelsterbach sowie direkt am Frankfurter Flughafen vertreten.
FRIWO AG geht nach und nach der Saft aus
VON JÜRGEN WALLENHORST Zwei Unternehmen aus dem angrenzenden Nordrhein-Westfalen stehen nachfolgend im Fokus. Die 2G Energy AG in Heek ist ein Anbieter von Blockheizkraftwerken zur dezentralen Energieversorgung mittels KraftWärme-Kopplung und startet mit starkem Rückenwind ins neue Jahr. Dagegen geht der in Ostbevern ansässigen Friwo AG – einem Hersteller von Netz- und Ladegeräten sowie LED-Treibern und Akkupacks – nach und nach der Saft aus. Vormals als Hersteller von Biogas betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) bekannt, änderte 2G Energy ab 2008 seine strategische Ausrichtung zunehmend in Richtung Erdgas betriebener Anlagen. Heute ist 2G Energy ein international führender FullService-Anbieter von KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung zwischen 20 kW und 4000 kW für den Betrieb mit Erdgas, Biogas und weiteren Schwachgasen wie Deponie-, Klär- und Grubengas, Biomethan sowie Wasserstoff. 2G verzeichnete im vierten Quartal 2019 erfreuliche Auftragseingänge in Relation zum Vorjahr um 16 Prozent auf 36,1 Millionen Euro (Inland plus 3,5 Millionen Euro [+22 Prozent]; Ausland plus 1,6 Millionen Euro [+11 Prozent]). 16,7 Millionen Euro fallen auf den Erdgasbereich, der am Gesamtauftragseingang einen Anteil von 46 Prozent hatte. Der Auftragseingang 2019 lag insgesamt bei 140,9 Millionen Euro (2018: 161,6 Millionen Euro). Für 2020 geht der Unternehmensvorstand von einer weiterhin dynamischen Entwicklung des Auftragseingangs sowohl im In- als auch im Ausland aus. Er rechnet mit einem Umsatzwachstum von bis zu 10 Prozent auf einen Gesamtjahresumsatz von dann 200 bis 250 Millionen Euro.
2G Energy AG
Angaben in Euro
HEEK/OSTBEVERN
52,0 50,0
46,0 44,0 42,0 40,0 38,0 36,0
Nov.
Dezember
Januar
Februar
Friwo AG
Angaben in Euro 20,0 18,0 16,0 14,0 12,0
8,0
Nov.
Dezember
Von derartigen Aussichten kann die Friwo AG nur träumen. Obwohl die Firmengruppe mit ihren Produkten die Bereiche Haushaltsgeräte, mobile Werkzeuge, IT und Kommunikation, Industrieautomatisierung und Maschinenbau sowie Mess-, Wage-Gebäude- Licht- und Medizintechnik abdeckt und in allen wichtigen Vertriebsregionen vertreten ist, schwächelt Friwo. War das Jahr 2017 nach einem Vorstandswechsel noch ganz passabel (Umsatz 141,3 Millionen Euro, Ebit 10 Millionen Euro), gingen die Zahlen 2018 zurück: Umsatz 120,5 Millionen Euro, Ebit von 7,5 Milllionen Euro, Verschuldung
Januar
Februar
zum 31.12. 2018 14,4 Millionen Euro. 2019 erklärte man das Jahr zum Übergangsjahr, da Friwo sich vom Produkt- zum Systemanbieter wandeln sollte. Im Sommer prognostizierte man einen Umsatz von 103 bis 107 Millionen Euro und einen Ebit zwischen null und minus 2 Millionen Euro. Mitte November bestätigt Friwo diese Prognosen. Und 2020? Mit dem Rücksetzer auf 9,60 Euro hat die Friwo-Aktie am 17. Februar 2020 ein neues 5-Jahres-Tief erreicht. Sie befindet sich seit dem 7. August 2019 in einem langfristigen Abwärtstrend und hat in diesem Zeitraum 60 Prozent an Wert verloren.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
GELD & GESCHÄFT
Dürfen es noch ein paar Punkte sein? Während die einen auf Marktführer Payback oder Deutschlandcard setzen, bringt Bünting eine eigene Treuekarte auf den Markt VON NINA KALLMEIER „Wir könnten eigentlich dieses Mal die Punkte abziehen lassen“, sagt die ältere Dame zu ihrem Mann, während sie den Einkauf an der Kasse aufs Band legt. Der winkt fast genervt mit einem „Ach“ ab. Als es so weit ist, zeigt seine Frau doch ihre Treuekarte vor, um wieder Punkte zu sammeln – und gleichzeitig alte einzulösen. Einmal einscannen genügt, erklärt die Kassiererin geduldig. Ein zweites Mal brauche sie die Karte nicht, um die Punkte abzuziehen. „Das macht dann noch 19,61 Euro.“ Szenen wie diese spielen sich bundesweit täglich ab. Allein die Treuekarten von Marktführer Payback, der mittlerweile zur US-Kreditkartenfirma American Express gehört, werden dem Unternehmen zufolge täglich fünf Millionen Mal vorgezeigt. Das Resultat: Bundesweit haben die rund 31 Millionen Nutzer im vergangenen Jahr Punkte im Wert von 451 Millionen Euro gesammelt. Dabei können sie nicht nur beim Einkauf im Lebensmitteleinzelhandel gesammelt werden, sondern branchenübergreifend: die Otto-Tochter About You macht’s, eine Krankenversicherung auch, ebenso wie Fressnapf, Apotheken, Küchenquelle oder das Dänische Bettenlager – ein Novum, als Payback vor 20 Jahren an den Start ging. Das Konzept des größten Treuepunkte-Anbieters – auf Rang zwei rangiert mit rund 20 Millionen Nutzern der zum Bertelsmannkonzern gehörende Konkurrent Deutschlandcard – machte der Kartensammlung im Geldbeutel ein Ende. Mittlerweile haben sich rund 680 Unternehmen dem System Payback angeschlossen. Doch nicht alle entscheiden sich für eine Kooperation mit dem Marktführer. Galeria Kaufhof hat sich jüngst aus der Kooperation zurückgezogen – und die ostfriesische Unternehmensgruppe Bünting hat sich Ende vergangenen Jahres dazu entschlossen, eine eigene, regionale Moin-Card auf den Markt zu bringen. In der ersten Woche haben sich dem Unternehmen zufolge bereits 10 000 Kunden registriert. „Wir sehen eine starke Nachfrage nach der Moin-Card und neben sehr erfreulichen Registrierungszahlen vor allem auch eine sehr intensive Nutzung der Karte bei den Einkäufen in unseren Märkten“, sagte eine Sprecherin auf die ersten Monate zurückblickend. Im Laufe dieses Jahres erwarte man den 100 000. Kunden. „Dies liegt sogar über unseren Erwartungen.“ Dabei ist das Konzept ähnlich wie das des Marktführers – mit einem Unterschied: Bei Payback oder Deutschlandcard werden dem Nutzer pro ausgegebenem Euro oder pro zwei Euro ein Punkt auf OSNABRÜCK/NORTMOOR
dem Punkte-Konto gutgeschrieben. Der wiederum entspricht dem Wert von einem Cent. Die gesammelten Punkte können wie bei der älteren Dame unter anderem direkt zum Bezahlen genutzt werden. Bei Büntig geht das nicht, denn es werden keine geldwerten Punkte, sondern Status-Punkte gesammelt. Ab 20 Einkäufen im Gesamtwert von 500 Euro pro Jahr wird der Bronze-Status erreicht. Schafft ein Kunde 40 Einkäufe im Gesamtwert von 1000 Euro, gibt es Silber, ab 60 Einkäufen im Wert von 1500 Euro wird der Gold-Status erreicht. Je nach Status kann der Karteninhaber von anderen Angeboten, Gewinnspielen oder Sonderaktionen profitieren, beschreibt das Unternehmen seine Moin-Card. Doch warum entscheidet man sich für ein eigenes Angebot? Mit jedem Karteneinsatz werden Daten über das Kaufverhalten der Kunden gesammelt – je größer der Datensatz, desto mehr Schlüsse können Unternehmen daraus ziehen. Wann kaufen wir Obst? Wie oft tanken wir? In welchem Rhythmus holen wir Kosmetikprodukte? Insbesondere wenn Daten branchenübergreifend gesammelt werden, wird der Kunde – datenschutzrechtskonform – gläsern. Das sehen unter anderem Verbraucherschützer kritisch und warnen zudem: Wer Punkte sammelt, vergisst mitunter, Angebote zu vergleichen, und zahlt so am Ende möglicherweise mehr als ohne Rabattaktionen. Diesen
In diesem Jahr soll noch die 100 000. Moin-Card ausgestellt werden.
Datensatz muss sich Bünting erst aufbauen – dafür liegt er dann jedoch beim ostfriesischen Einzelhändler und nicht bei Payback. Doch aus diesen Daten könne man dem Kunden individuelle Angebote machen, sagte Vorstandschef Markus Buntz jüngst bei der Vorstellung der Unternehmenszahlen. Eine Unternehmenssprecherin betont den Mehrwert, den die Moin-Card den Kunden durch exklusive Angebote bieten soll. „Damit schärfen wir unser Profil und sind nicht austauschbar.“ Auch die Tatsache, dass keine geldwerten Treuepunkte über einen längeren Zeitpunkt gesammelt werden müssen, sieht das Unternehmen als Vorteil. „Der Moin-Card-Nutzer kann direkt beim Einkaufen eine unmittelbare Rückwirkung durch Sofort-Rabatte oder -Incentives erfahren.“ Im Vergleich zu nationalen Angeboten sieht Bünting in einer eigenen Karte viele Vorteile: „Einheitliche Strukturen machen das Durchsteuern von Aktionen einfacher, ein großer nationaler Verbund mit vielen Partnern benötigt viel Abstimmung.“ Aktuell kann die Moin-Card ausschließlich in den 200 Famila- und Combi-Filialen der Unternehmensgruppe eingesetzt werden. Im Frühjahr werde die Integration des Online-Lebensmittelhandels mytime.de das Angebot erweitern. Die Angebote gingen jedoch über das eigene Sortiment hinaus, so Bünting. Dabei setzt das Unternehmen
auf regionale Kooperationspartner. Auch branchenübergreifend soll die Moin-Card eingesetzt werden können. „Wir befinden uns mit zukünftigen Partnerunternehmen aus der Region in Gesprächen. Erste Kooperationen mit regionalen Partnern wie CEWE aus Oldenburg, dem Saunapark Epe in Gronau und dem Klimahaus in Bremerhaven sind bereits abgeschlossen“, so die Bünting-Sprecherin. Bis zum Ende des ersten Halbjahres sollen Rabatte zudem über eine eigene App zur Verfügung gestellt werden. Marktführer Payback hat sie bereits eingeführt und verzeichnet eigenen Angaben zufolge rund 9,5 Millionen Nutzer. Lässt der Nutzer eine Ortung zu, können auch während des Einkaufsbummels individuelle Angebote aufs Handy geschickt werden. Kann die Moin-Card langfristig zum regionalen Payback werden? Ein branchenübergreifender Partner-Verbund ist zumindest seitens Bünting ein Ziel: „Mit der MoinCard zielen wir auf eine klar definierte Zielgruppe in unserer Vertriebsregion. Perspektivisch sind wir auch offen für weitere regionale und lokale Dienstleister und Händler, um diese als Partner in den Moin-Card-Verbund mit aufzunehmen.“
Ilustration:Bünting
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Autohaus Deymann GmbH & Co. KG Treuekarten wie Marktführer Paybackund Deutschlandcard gibtesheuteschon alsApp.Auch mit derMoin-Cardsoll dasdigitale Sammelnkünftig möglichsein. Foto:imago images/Joko
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
GELD & GESCHÄFT
GELD & GESCHÄFT
Die Regionalbank – der Dreh- und Angelpunkt? Beim Wirtschaftstalk diskutierten Johannes Hartig, Beate Jakobs und Lorenz Hofhaus unter anderem über die Zukunft der Geldinstitute Spagat zwischen stationärem und digitalem Geschäft. Regionale Institute als Plattform auch für andere Dienstleister? Kooperationen? In Zukunft nicht ausgeschlossen. VON NINA KALLMEIER UND BERTHOLD HAMELMANN Die Digitalisierung macht auch vor der Bankenlandschaft nicht halt und sorgt – flankiert von einem Umfeld niedriger Zinsen – für einen grundlegenden Wandel der Branche. Neue Konkurrenten drängen in den Markt, Institute fusionieren wie jetzt bei den Volksbanken im Emsland, Filialen werden geschlossen – wie sieht da die Bank der Zukunft aus? Unter anderem darüber haben der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Osnabrück, Johannes Hartig, Volksbank-Vorstand Beate Jakobs und Lorenz Hofhaus, Mitglied der Geschäftsleitung der Oldenburgischen Landesbank für die Region Osnabrück/Diepholz und Oldenburgisches Münsterland diskutiert. Seit Jahren warnen die Chefs von Sparkassen, Volksbanken, OLB und anderer Institute davor, dass aufgrund der niedrigen Zinsen die Erträge wegbrechen und ganze Geschäftsmodelle infrage gestellt werden. Mit den Bilanzen sind sie in der Region jedoch auch in diesem Jahr wieder zufrieden – wenn auch nicht euphorisch. Ist die Lage der Banken doch gar nicht so schwarz, wie sie gemalt wird? „Die Situation ist zweifelsfrei nicht einfach“, sagt Johannes Hartig. Die Niedrigzinspolitik der EZB hinterlasse auch bei der Sparkasse Osnabrück in der Gewinn-undVerlust-Rechnung ihre Spuren. Das sieht Beate Jakobs, Vorstand der Volksbank Osnabrück, ähnlich und ist überzeugt: „Da wird uns auch in den nächsten Jahren noch mehr erwarten.“ Entsprechend versuche die Volksbank, effizienter zu werden und an Prozessen zu arbeiten. Dass es bislang nicht so schlimm gekommen ist, wie es Rohdaten vor ein paar Jahren hätten vermuten lassen, hat für Hartig einen einfachen Grund: „Wir können Synergien innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe heben.“ Zusätzlich zur bundesweiten Gruppe, die auch die Volksbanken im Rücken haben und für Kooperationen nutzen, gibt es für Beate JaOSNABRÜCK
„Wir waren nie die Bank um die Ecke.“ Lorenz Hofhaus, Geschäftsleiter OLB
Foto:imago/Eibner
kobs einen weiteren Erfolgsfaktor, den vergleichsweise kleine Institute wie die Volksbank Osnabrück ausspielen können: „Eine kleine, bewegliche Bank hat kurze Entscheidungswege und eine noch größere Nähe zum Kunden.“ Auch wenn der Blick auf die Kostenstruktur und effiziente Prozesse manchmal ein Spagat sei. Diese Nähe zum Kunden beansprucht auch die OLB für sich – auch wenn gerade erst Filialschließungen angekündigt wurden. Zurückziehen aus der Fläche würde man sich aber nicht, betont Lorenz Hofhaus. „Wir waren schon immer etwas anders aufgestellt als die Volksbanken und Sparkassen in der Region. Ein so ausgebautes Filialnetz haben wir nie gehabt, somit waren wir nie die Bank um die Ecke. Das ist heute ein Vorteil“, beschreibt Hofhaus die Strategie, sich dem veränderten Kundenverhalten anzupassen. Hofhaus’ Argument: Ein eingeschränkter Dienstleistungsumfang und begrenzte Öffnungszeiten kleiner Filialen würden dem Kundenanspruch nicht gerecht. Daher werde unter anderem in Oldenburg zentriert ein Beratungszentrum gebaut. Hofhaus räumt jedoch auch ein: Für eine ältere Kundschaft, die den freundlichen Schaltermitarbeiter gewohnt ist, der schnell noch mal eine Überweisung ausfüllt, sei die weiterentwickelte OLB damit möglicherweise nicht die richtige Wahl. „Die Frequenz der Kunden, die genau diese Leistung abrufen, ist in den vergangenen Jahren aber stark zurückgegangen.“ Auch die ältere Generation sei digital unterwegs, onlineaffin. Letzteres sieht Johannes Hartig bei der Sparkasse ebenfalls. „Wir haben – über Firmen- und Privatkunden gesehen – eine Online-BankingQuote von rund 60 Prozent.“ Nichtsdestotrotz: In der Fläche präsent zu sein sei ein Kernauftrag der Sparkassen, und mit mehr als 40 Standorten in der Region werde man dem gerecht, so der Vorstand. „Filialen gehören zu unserer DNA.“ Beides – digital und stationär – in vernünftiger Weise zu kombinieren, den Kunden flexibel zwischen den unterschiedlichen Kanälen wechseln zu lassen, darauf komme es an. „Das ist unsere große Chance und die Einzigartigkeit eines regionalen Geschäftsmodells“, so Hartig und bekommt hier Unterstützung seiner Volksbank-Kollegin: „Damit unterscheiden wir uns ganz deutlich von einer reinen Digitalbank.“ Zumal man versuche, Service auch auf den digitalen Kanälen in die Filialen zu bringen, so Beate Jakobs. Ist kein Kunde in der Filiale, könne der Mitarbeiter sich in die Telefonberatung einschalten oder die Mail-Kanäle bedienen, über die die Volksbank mit ihren Kunden in Kontakt tritt. „Der Service in den Filialen wird somit anders, digitaler und sogar besser für den Kunden. Wir versuchen, durch intelligente Lösungen Standorte zu sichern.“ So bleibt für Jakobs auch die Nähe zum Kunden, denn um ihn würden sich Institute weiter stark bemühen – auch wenn zusätzliche Einlagen eine Bank mitunter teuer zustehen kommen können, wenn sie bei der Bundesbank „geparkt“ werden müssen. „Wir haben ein gemeinsames Dilemma mit unseren Kunden“, macht der Volksbank-Vorstand deutlich. Denn der bekomme für seine Einlagen bei seiner Hausbank keine Zinsen mehr und müsse über seine Vermögensanlagen neu nachdenken, wenn er der Geldentwertung durch Inflation entkommen wolle. Insofern trete man in Dialog und rede zum Beispiel über Vermögensstrukturen. „Somit ist es nicht nur ein Dilemma, sondern es ist eine Aufgabe für uns, das mit dem Kunden positiv zu gestalten“, sagt Beate Ja-
STECKBRIEF
Johannes Hartig, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Osnabrück
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eit rund 13 Jahren ist Johannes Hartig bei der Sparkasse Osnabrück. Bevor er 2012 Vorstandsvorsitzender wurde, war der gebürtige Wiener als Vorstand für das Firmenkundengeschäft zuständig. Nach Aussage der Sparkasse ist jeder zweite Einwohner in der Region Osnabrück Kunde des Instituts. Ein Blick in die Bilanz zeigt: Noch nie in ihrer 200-jährigen Geschichte verwaltete die Sparkasse in Osnabrück so viel Geld wie 2019: Die Kundeneinlagen stiegen
Foto:MichaelGründel
um 4,1 Prozent auf den Rekordwert von 5,5 Milliarden Euro. Der Kreditbestand stieg parallel dazu um vier Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Treiber im Kreditgeschäft ist weiterhin die private Baufinanzierung. Auch der Jahresüberschuss erhöhte sich im Vergleich zu 2018 um eine Million auf sechs Millionen Euro. Er wird zur Stärkung des Eigenkapitals verwendet. Auch im Immobiliengeschäft ist die Sparkasse gut vertreten und vermittelte 2019 insgesamt 350 Objekte.
STECKBRIEF
Beate Jakobs, Vorstand Volksbank Osnabrück
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or sechs Jahren ist Beate Jakobs in den Vorstand der Volksbank Osnabrück bestellt worden. Sie hat bereits ihre Ausbildung bei der Volksbank Osnabrück gemacht, leitete zwischenzeitlich das Firmenkundengeschäft der Volksbank Detmold, bevor sie 2009 in dieser Funktion nach Osnabrück zurückkehrte. Die Bank beschäftigt 160 Mitarbeiter und betreut 47000 Kunden in Stadt und Landkreis Osnabrück. Insgesamt unterhält die Volksbank
Foto:MichaelGründel
Osnabrück 14 Filialen in der Region. Nach letzten Zahlen 2019 schloss die Genossenschaftsbank wie im Vorjahr mit einem Gewinn von rund 1,5 Millionen Euro ab. Die 27 995 Mitglieder können mit einer Rendite von sechs Prozent rechnen. Wichtiges Geschäftsfeld ist für die Genossenschaftsbank weiterhin die Baufinanzierung. Die Volumen der Kreditzusagen für Baufinanzierungen legte 2019 um zehn Prozent auf 67 Millionen Euro zu.
STECKBRIEF
Lorenz Hofhaus, Mitglied der Geschäftsleitung OLB
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m Dezember 2015 ist Lorenz Hofhaus in die Geschäftsleitung der Oldenburgischen Landesbank (OLB) im Raum Osnabrück/Diepholz eingetreten. Er ist seither für das Privat- und Geschäftskundengeschäft verantwortlich. Der Bankfachwirt hat von 1994 bis 2000 die Filiale in Ankum geleitet, bis 2010 war er zunächst als Leiter der Privatkundenbetreuung, dann als Filialleiter in Quakenbrück tätig. Anschließend arbeitete er in der Zentrale in Oldenburg, davon die vergange-
kobs. Grundsätzlich bräuchten die Institute Einlagen, um das ebenfalls zulegende Kreditgeschäft zu finanzieren. „Ein zu hoher Einlagenüberschuss ist jedoch problematisch.“ Und ein Kostenfaktor. „Strafzinsen“ in Höhe eines knapp siebenstelligen Betrags hat alleine die Sparkasse Osnabrück im vergangenen Jahr an die Bundesbank zahlen müssen, sagt Johannes Hartig. „Ich halte die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für grundfalsch.“ Werden die Institute diese Kosten an ihre Kunden weitergeben? Das
Foto:MichaelGründel
sieht Sparkassen-Vorstand Hartig auf lange Sicht für die Masse der Kunden als nicht realistisch. Mit vermögenden Kunden hat die Sparkasse Osnabrück jedoch bereits seit zwei Jahren Verwahrentgelte vereinbart. Ganz individuell, wie Hartig betont. Ähnlich handhabt es auch die Volksbank Osnabrück. „Wir haben mit einem kleinen Anteil der Kunden individuelle Vereinbarungen getroffen“, so Jakobs. Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit würden diese durchaus sehen. „Letztlich geht es auch um die Interessen der Kun-
nen zwei Jahre als Leiter im Service-Center Kredit. Die OLB sieht sich als mehr als eine Regionalbank für das Weser-EmsGebiet und ist auf dem Weg in Richtung eine Million Kunden. Nach der Verschmelzung mit der Bremer Kreditbank (BKB) und dem Bankhaus Neelmeyer hatte das Institut zuletzt eine Bilanzsumme von gut 20 Milliarden Euro. Für ihr erstes Geschäftsjahr in der neuen Ära weist die OLB einen Gewinn vor Steuern von 42,6 Millionen Euro aus.
den. Nicht verzinste Einlagen bringen ihm einen realen Vermögensverlust. Das müssen wir in den Vordergrund stellen.“ „Interessant ist ja, dass trotz allem in allen Häusern die Einlagen steigen“, wirft Lorenz Hofhaus ein. „Das zeigt: Es ist viel Liquidität vorhanden. Es ist an den Beratern, den Kunden Alternativen zur Einlage anzubieten.“ Zum Beispiel mit Blick auf konservative Fonds-Lösungen. Das klassische Privatkundengeschäft betreffe das Verwahrentgelt jedoch auch bei der OLB nicht.
Und wenn das erste Institut doch den Weg einschlägt und diese Gebühr für den Normal-Sparer veranschlagt? „Das halte ich für einen fragwürdigen Weg“, sagt Johannes Hartig. Derzeit, da waren sich alle einig, gebe es auch keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, über einen solchen Schritt nachzudenken. „Hätten wir nichts anderes als Sichteinlagen, wäre das eine andere Situation. Aber wir sind als Universalhäuser aufgestellt, die ganz viele Dienstleistungen bieten“, betont der Sparkassen-Vorstand. So werde man auch
„Für uns darf die Leistung rund um das Konto – die Liquidität, der Zahlungsverkehr – einen Preis haben.“ Beate Jakobs, Vorstand Volksbank Osnabrück
in Zukunft aufgestellt bleiben, stimmten Jakobs und Hofhaus zu. Auch wenn immer mehr Dienstleister auf den Markt drängten, die Angebote des traditionellen Bankgeschäfts übernehmen. „Dem öffnen wir uns schon heute punktuell“, so Hartig mit Blick auf Apple Pay. „Hier die Zeit wieder zurückdrehen zu wollen macht wenig Sinn“, ergänzt Beate Jakobs. Man müsse die Professionalität und Marktdurchdringung der Plattformen anerkennen – und sich ihnen auch ein stückweit beugen, wie die Erfahrung zeigt. Mit Paydirekt eine Alternative zu Paypal aufzubauen, daran ist eine Kooperation mehrerer Banken, inklusive Sparkassen und Volksbanken, gescheitert. „Wir sind da manchmal nicht schnell genug“, sagt der VolksbankVorstand selbstkritisch. Deshalb aber auf den Service selbst verzichten? Oder doch kooperieren? „Wenn es dem Kunden hilft, warum sollten wir es nicht mit anbieten?“, fragt Jakobs. Und nicht nur im Zahlungsverkehr, auch bei Finanzierungsfragen gehören Plattformen zum Geschäft, ergänzt Lorenz Hofhaus. Zum Beispiel beim Thema Immobilien- oder Baufinanzierung. „Der Anteil, der schon heute darüber vermittelt wird, nimmt zu“, so der OLB-Geschäftsleiter. „Das wird in Zukunft sicherlich mehr werden“, ist Johannes Hartig überzeugt. Wichtig für den Sparkassen-Vorstand: Die Regionalbank muss der Dreh- und Angelpunkt bleiben, über den der Kunde diese Dienstleistungen abruft. Denn der Wettbewerb in der Branche wird nicht einfacher – umso wichtiger, dass die „Hausbank“ die Marke bleibe, mit der der Kunde alles rund um das Thema Geld verbindet. Egal, ob es dabei um die Volksbank, die Sparkasse oder die OLB geht. Letztlich liege der Wettbewerb woanders, macht Lorenz Hofhaus deutlich: „Natürlich stehen wir als OLB klassischerweise im Wettbewerb mit den Volksbanken und Sparkassen in der Region. Wenn wir jedoch Kunden verlieren, dann gehen sie zu einer der großen Direktbanken“, sagt er. Das sei der eigentliche Wettbewerb. Schleichend hätten sich diese Institute in den vergangenen Jahren Marktanteile abgerungen. Hier ist Lorenz auch selbstkritisch. „Wir waren zu sehr mit der regionalen Konkurrenz beschäftigt.“ Wird dieser Wettbewerb mit den Banken im Netz, die keine teure Filialstruktur finanzieren müssen, künftig ausgeglichener – jetzt, wo die ING als größte Digitalbank Kontoführungsgebühren für einen Teil ihrer Kunden einführt? Diese Gebühren gehören für Johannes Hartig zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell einer Bank von jeher dazu. Ähn-
lich sieht es Beate Jakobs. „Wir sind den Weg der kostenlosen Kontoführung nie mitgegangen. Für uns darf die Leistung rund um das Konto – die Liquidität, der Zahlungsverkehr – einen Preis haben“, sagt sie. Für andere Dienstleistungen wie den Handyvertrag zahle der Kunde auch großzügig einen monatlichen Beitrag – warum also nicht für das Konto? Doch wo liegt der Mehrwert? Diese Frage stellt sich der Kunde immer häufiger – und sieht ihn auf den ersten Blick nicht. „In der persönlichen Nähe“, sagt Beate Jakobs. „Wenn Menschen langfristige Verträge abschließen – Altersvorsorge, Baufinanzierung, Unternehmensfinanzierung – dann spielt immer noch Vertrauen eine ganz große Rolle. Das hat seine Daseinsberechtigung.“ Das betont auch Johannes Hartig. Jakobs weiß aber auch: „Natürlich müssen wir gut sein in dem, was wir tun.“ Wird Qualität jedoch dafür sorgen, dass die kleinteilige Bankenlandschaft langfristig erhalten bleibt? Das glaubt Lorenz Hofhaus nicht. „Wir sehen ein deutliches Zusammenwachsen – auch bei uns selbst. Da ist letztlich aus vier Banken eine geworden, ohne dass wir etwas verloren haben. Ich sehe darin aber keinen Nachteil, vielmehr haben wir Expertise und Kapitalstärke hinzugewonnen.“ Auch Beate Jakobs geht von einem weiteren strukturellen Konzentrationsprozess in der Bankenbranche aus. „Alles andere wäre unrealistisch. Das wird ein Stück weit der Weg sein – aber ein längerer“, ist der Volksbank-Vorstand überzeugt. Zu viele Institute gibt es bundesweit für Johannes Hartig aber nicht. „Wenn man die großen Verbundorganisationen als eine Bank sehen würde, ergibt sich gleich ein ganz anderes Bild.“ Insgesamt sei das Drei-Säulen-Modell außerordentlich erfolgreich. „Leider ist die Regulatorik eher auf eine Nivelierung der unterschiecdlichen Philosophien aus“, kritisiert Hartig. Standards über alle Modelle hinweg würden eine Scheinsicherheit bringen, ist der Sparkassenvorstand überzeugt. Und wie geht es künftig mit den Instituten in der Region weiter? „Was unsere Filialen betrifft, sehen wir uns in den nächsten zwei, drei Jahren gut aufgestellt“, ist Lorenz Hofhaus optimistisch. Pläne für Anpassungen im Filialnetz oder Fusionen haben auch Sparkasse und Volksbank aktuell nicht. Doch was ist mit Kooperationen? Gerade auf dem Land gibt es bundesweit erste Filialen, in denen sich beide Regionalbanken zusammen aufstellen. Sind die Gebäude künftig einen Tag Volksbank-blau und einen Tag Sparkassen-rot beleuchtet? „Ich bin durchaus offen für innovative Ideen. Es muss aber im Einzelfall Sinn machen“, sagt Johannes Hartig. Aktuell gebe es solche Pläne nicht, sagt der Sparkassen-Vorstand und bekommt Unterstützung von seiner Volksbank-Kollegin. „Man kann bei der heutigen Geschwindigkeit des Wandels jedoch nichts mehr kategorisch ausschließen“, sagt Beate Jakobs. Grundsätzlich gelte: Über alles, was dem Kunden helfe und dafür sorge, als Institut in der Fläche zu bleiben, müsse nachgedacht und gesprochen werden. Dem sieht Lorenz Hofhaus gelassen entgegen. „Wir fühlen uns da als OLB nicht benachteiligt.“ Proaktiv solche gemeinsamen Projekte aus dem Boden zu stampfen sei jedoch wenig sinnvoll, meint Johannes Hartig. „An Standorten, die auf der Kippe stehen, da kann man über solche Fragestellungen nachdenken. Am Ende sind wir jedoch bei allem gegenseitigen Respekt Wettbewerber.“ Und dieser Wettbewerb habe für Kunden auch etwas Gutes: Jeder versuche, besser zu werden.
Foto:imago/MartinBäuml Fotodesign
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
GELD & GESCHÄFT
Die neue Zauberformel der Börse Das Kürzel ETF steht für Exchange Traded Funds – und zugleich für einen Megatrend an den Finanzmärkten VON RÜDIGER ZU KLAMPEN OSNABRÜCK Es war der Bundesbankpräsident höchstselbst, der sich an die Spitze der Bewegung gesetzt hat: Jens Weidmann, dieser Mann, „der etwas von Geld versteht und bei der Anlage seines Vermögens sachlich und nüchtern entscheidet“, habe in zwei ETFs investiert, berichtete kürzlich die „Börsen-Zeitung“: in einen ETF auf den Dax und einen auf den Weltaktienindex MSCI All Countries World. Weltweit sollen bereits mehr als sechs Billionen Dollar in ETF-Produkten investiert sein. Tendenz: stark steigend. Auch in Deutschland interessieren sich immer mehr Sparer dafür. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um ETFs.
Was sind die Vorteile von ETFs? Vor allem die niedrigen Gebühren, die Anleger beim Kauf oder Verkauf zahlen müssen. Bei gewöhnlichen Aktienfonds liegen sie oft bei 1,5 Prozent oder gar zwei Prozent. Das schmälert die Rendite. Bei den ETFs fallen dagegen sehr niedrige Jahresgebühren an, meist zwischen 0,1 und 0,5 Prozent, so „Finanztest“. Warum sind die Gebühren so niedrig? Anders als klassische Investmentfonds werden ETFs nicht aktiv gemanagt. Es gibt niemanden, der über den Kauf oder Verkauf von Aktien entscheidet und für diese Dienstleistung aus den Gebühren bezahlt werden müsste. Vielmehr geschieht die Auswahl automatisch, weil der ETF schlicht den ihm zugrundeliegenden Index nachbildet. Vereinfacht: Kauft jemand einen Anteil an einem ETF auf den Dax, wird mit seinem Betrag der Kauf von allen Aktien im Dax (oder von entsprechenden Bezugsrechten) gemäß ihrem Anteil im Index ausgelöst. Was bestimmt die Wertentwicklung? Steigt der zugrundeliegende Index, also etwa der Dax oder der MSCI World, dann steigt der ETF entsprechend mit. Der gleiche Mechanismus wirkt natürlich auch bei Kursabschwüngen. Worin bestehen die Risiken? Ein ETF auf Aktien bildet normalerweise einen „Korb“ von Unternehmensanteilen ab. Damit lauern die Risiken von ETF im jeweiligen Index, den er abbildet. Vermögensverwalter Markus Richert (Köln) sagt: „Wer darin investiert, muss schon genau wissen, was er macht.“ Er rät Anlegern: Kaufe nur das, was du kennst und für das du ein Gefühl hast. Die ETF-Auswahl ist riesig, manche bilden nationale Aktienmärkte nach (Dax, Dow Jones usw.), andere Regionen (Eurostoxx) oder bestimmte Themen (Aktien, Gold, Anleihen etc.). Kann man seinen Einsatz komplett verlieren? Natürlich kann es Ereignisse an den Finanzmärkten geben, die heute schwer vorstellbar sind. Meist gelten ETFs in Wertpapierdepots als Sondervermögen, das auch von Schwierigkeiten des depotführenden Instituts oder des Emittenten verschont bleiben sollte. Wie die Risiken abgesichert sind, richtet sich auch danach, wie der ETF den Index nachbildet. Repliziert er physisch? Dann kauft er entsprechend ihrer Gewichtung im Index die Aktien der Unternehmen und hält sie im Depot: Ein physisch replizierender Dax-ETF besitzt tatsächlich die Titel der 30 Dax-Konzerne im ent-
Während beiklassischenInvestmentfonds einManagerdieAktienoder sonstigenAnlageformen auswählt,die erkauftoder verkauft,bildenETFsdieEntwicklungbestimmterIndizes nach.
sprechenden Verhältnis in seinem Portfolio. Synthetisch replizierende Fonds dagegen bauen den Index mit Finanzinstrumenten nach, erklärt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Das können zum Beispiel Optionsscheine sein. Die systemischen Risiken sind allerdings ähnlich. Während physisch replizierende Fonds grundsätzlich zum Sondervermögen gehören und damit bei einer Pleite der Fondsgesellschaft nicht Teil der Insolvenzmasse sind, müssen synthetisch replizierende ETF zu 100 Prozent abgesichert sein, in der Regel mit Staatsanleihen oder Bargeld, so
„Wer darin investiert, muss schon genau wissen, was er macht.“ Markus Richert, Vermögensverwalter
Kurz. Er hält physisch replizierende ETF für etwas sicherer als synthetisch replizierende. „Obgleich ich auch bei diesen das Risiko für sehr gering halte.“ Was sagt der regionale Experte? „ETF sind für Privatanleger gut geeignet, weil mit ihnen eine breite Streuung der Kapitalanlage zu geringen Kosten und mit hoher Transparenz möglich ist“, sagt Finanzmarktexperte Stefan Janßen von der Jade-Hochschule in Wilhelmshaven. „Damit bleibt das Risiko tragbar, und die Erträge werden nicht durch unnötige Gebühren geschmälert.“ Wichtig sei, in ETF auf breite Kapitalmarktindizes zu investieren, also etwa auf den MSCI World, der Aktien aus aller Welt umfasst. Der Anlagehorizont sollte mehrere Jahre betragen. Privatanleger sollten nicht in Nischenmärkten investieren oder sich auf Themeninvestments einlassen, die gerade in Mode sind, sagt Janßen. Wie legt man einen ETF-Sparplan an? Man braucht ein Wertpapierdepot. Besonders günstig sind in der Regel Onlinedepots bei Direktbanken oder auch bei der Hausbank. Wichtig ist zudem die Frage, wie viel Gebühren die Bank für die Ausführung eines einzelnen ETF-Kaufauftrags und die Verwahrung im Depot kassiert. Weil Kleinanleger für Käufe selten den optimalen Zeitpunkt erwischen, bieten sich Sparpläne an. Je nachdem, ob die Kurse stark oder schwach sind, bekommt man für seinen Einsatz dann entsprechend mehr oder weniger ETF-Fondsanteile. Wie kann man sich informieren? Einen guten Einstieg bietet das Spezialheft „Anlegen mit ETF“ der Stiftung Warentest
(www.test.de/shop). Bei der Auswahl von ETFs sind die Kosten wichtig, aber auch Aspekte wie die bisherige Wertentwicklung, die eigenen Anlageziele und eine sinnvolle Vermögensaufteilung. Infos dazu gibt es etwa bei den Anbietern wie iShares, X-Trackers oder Comstage. Generell sollte man sich als Anleger zudem mit dem Wirtschaftsgeschehen befassen. Eventuell kann es sinnvoll sein, das Anlagethema zu wechseln, also etwa statt eines ETFs auf den chinesischen Index einen indischen zu wählen. Gibt es strukturelle Schwächen? Klar, keine Kapitalanlage ist ohne Schwächen. Weil ETFs in der Regel passiv Indizes nachbilden, sind zwar die laufenden Kosten niedrig. „Dafür gibt es jedoch im Umkehrschluss keinen Manager, der in gewissen Situationen mit guten Entscheidungen das Ruder in die richtige Richtung lenken könnte“, gibt Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW zu bedenken. Je spezieller ein ETF, desto höher ist das Risiko. Bei breiten ETFs wie auf den deutschen oder den Weltleitindex fällt es weniger ins Gewicht, wenn die Aktie eines einzelnen Unternehmens in den Keller geht. Umfasst der Index aber nur zehn Titel, hat eine Niete stärkere Folgen. „Das Risiko, das man mit einem
ETF eingeht, ist das Risiko der Aktien, die im Index sind“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Wann sollte man sich zurückhalten? Für Verbraucherschützer Scherfling liefert das Fondsvolumen einen wichtigen Eindruck für Anlageentscheidungen. Wurden 20 Millionen Euro oder eine Milliarde Euro investiert? Bei einem schon länger am Markt agierenden Fonds sei ein vergleichsweise geringes Volumen tendenziell ein Warnsignal. „Da hat wohl etwas nicht funktioniert, und diejenigen mit größerem Volumen haben im Vergleich wohl etwas besser gemacht.“ Sollte man langfristig anlegen? Statistiken zeigen, dass Börsenanlagen auf lange Sicht meist Rendite bringen. Auf kürzere Sicht sind sie aber immer Schwankungen ausgesetzt. Das muss man aushalten können. ETFAnlegern gibt Vermögenspla-
Foto:imagoimages/Joko
ner Richert darum einen alten Rat: „Anlegen, zehn Jahre warten – und dann schauen, was aus der Anlage geworden ist. Der Tipp hat weiterhin seine Berechtigung.“
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GELD & GESCHÄFT
Bargeld versus Plastikgeld: Ist nur Bares Wahres? Erstmals wurde mehr mit Karte gezahlt – aber ist es schneller? VON MELANIE HEIKE SCHMIDT OSNABRÜCK Wenn
Deutsche-BankChef Christian Sewing unterwegs ist, kann es sein, dass er kurzfristig seinen Fahrer um Bargeld anpumpen muss. Das hat Sewing in einer Talkrunde in Düsseldorf verraten. Darüber mag man schmunzeln, doch verwunderlich ist es eigentlich nicht: Das digitale Bezahlen hat sich im Alltag derart durchgesetzt, dass man schon mal vergessen kann, sich neue Scheine für das Portemonnaie zu besorgen. Stellt sich nur die Frage: Ist Plastikgeld dem Bargeld tatsächlich überlegen? Geht es an der Kasse schneller? Und was entstehen für Kosten? Derzeit gebe es „eine Ko-Existenz beider Zahlungswege“, sagt Mark Alexander Krack, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Niedersachsen-Bremen (HNB). „Und dennoch leben wir in einer Zeit, in der vieles schneller wird und werden soll. Die Digitalisierung macht auch vor den Bezahlvorgängen im Handel nicht halt“, so Krack.
Das zeigt sich auch in den Zahlen: Bezogen auf den Gesamtumsatz im deutschen Einzelhandel von 209 Milliarden Euro im vergangenen Jahr hat die Karte das Bargeld beim Bezahlen erstmals überholt, wie das Handelsforschungsinstitut EHI in seiner jüngsten Zahlungsstatistik belegt: Während demnach 48,3 Prozent der fälligen Beträge im deutschen Einzelhandel mit Münzen und Scheinen getätigt werden, zahlen die Kunden bereits 48,6 Prozent mit einer Karte, manchmal ist es eine Kreditkarte (6,1 Prozent), in den meisten Fällen aber die weitverbreitete Girokarte (40,1 Prozent). Doch auch, wenn die Deutschen zunehmend weniger in bar begleichen und vermehrt auf digitale Systeme umsteigen: Könnte es sein, dass die guten alten Scheine und Münzen sich dennoch als flotter und effektiver erweisen als das Bezahlen mit Plastikgeld? Stellen wir uns also in die virtuelle Kassenschlange – immerhin werden pro Jahr im Einzelhandel knapp 16 Milliarden Transaktionen getätigt: Sollte der Kunde vor Ihnen Scheine und Münzen zusammensu-
Zahlen Sie bar oder mit Karte? Zahlungsarten im deutschen Einzelhandel 2018 nach Umsatzanteilen in Prozent
2,6 0,6
48,3
per Karte
48,6
bar
Rechnung/Finanzkauf
Sonstige Quelle: EHI · Grafik: Matthias Michel
Die Kartegezücktund schnellbezahlt–aberistdasgünstigerals Bargeld?
chen, dauert dieser Bezahlvorgang im Schnitt 22 Sekunden, bei Kleinbeträgen bis zehn Euro sind es sogar nur 18 Sekunden, zeigen die Zahlen einer Studie im Auftrag der Bundesbank. Zückt er eine Karte, kommt es darauf an, welche Art der digitalen Bezahlung er wählt: Muss er zur Autorisierung der Zahlung eine PIN eingeben, dauert das Ganze im Durchschnitt 29 Sekunden, muss er unterschreiben, noch länger: 38 Sekunden, also etwa doppelt so lange wie die Barzahlung. Ein bisschen schneller dürfte es beim kontaktlosen Bezahlen gehen, denn zum einen muss hier nicht erst die Karte umständlich in ein Lesegerät gesteckt werden, das Davorhalten genügt, zum Zweiten erübrigt sich die Unterschrift. Wenn überhaupt, muss eine PIN eingegeben werden, bei Kleinbeträgen nicht einmal das. Doch 2017, dem Jahr, aus der die Studie „Kosten der Bargeldzahlung“ im Auftrag der Bundesbank stammt und aus der diese Zahlen hervorgehen, spielte das kontaktlose Bezahlen in hiesigen Supermärkten noch keine große Rolle. Unterm Strich lässt sich sagen: Bei Beträgen bis etwa 100 Euro siegt in puncto Schnelligkeit bislang das
Bargeld. Setzt sich das kontaktlose Bezahlen weiter durch, könnte sich das Bild indes wandeln. Und was ist mit den Kosten? Schließlich schlägt der Umgang mit Bargeld, das angenommen, gezählt, zur Bank gebracht und gegebenenfalls nachbeschafft werden muss, für die Unternehmen ebenso zu Buche wie Gebühren, welche die Banken und Kreditkarteninstitute für den Service der Kartenzahlungen erheben. Die Bundesbank hat in ihrer Studie auch ausgerechnet, wie teuer den Handel die jeweilige Bezahlungsart zu stehen kommt. Auch danach hat das Bargeld die Nase vorn: Pro Transaktion kostet eine Barzahlung den Händler im Schnitt 24 Cent, während für eine Zahlung mit Plastikgeld durchschnittlich 34 Cent fällig werden. Damit wäre Bargeld also im Durchschnitt günstiger für die Unternehmen als Girocard und Co. Schaut man genauer auf die Kosten, gibt es jedoch eine Grenze, bei der das Verhältnis kippt: Da die Gebühren für Kartenzahlungen in der Regel an den Produktpreis gekoppelt sind, ist bei höheren Beträgen meist die EC-Karte günstiger. Bleibt der Betrag unter 50 Euro, sind die Kosten für die Barzahlung geringer. Der durchschnittliche Einkaufs-
Foto: imagoimages/Westend61
preis aller Einkäufe liegt bei 21 Euro, nimmt man nur die BargeldEinkäufe, liegt er bei 14 Euro. Am Ende lässt sich festhalten: Noch ist das Bargeld ungeschlagen gegenüber dem Plastikgeld, es ist schneller an der Kasse und günstiger in den Kosten. Noch. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollen
„Es ist nicht zu erwarten, dass jetzt die ersten Einzelhändler der Region ihre Registrierkassen einmotten.“ Mark Alexander Krack, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Niedersachsen-Bremen
es möglichst bequem und leicht haben – nicht zuletzt auch, wenn es ums Bezahlen geht“, sagt HNBHauptgeschäftsführer Mark Alexander Krack. Durch kontaktloses Zahlen von Kleinbeträgen mit dem Plastikgeld – also der Karte – könnten solche Bezahlvorgänge schneller gestaltet werden, so Krack weiter. Ob dann die Kosten irgendwann geringer werden als die, die für Bargeld fällig werden, bleibt abzuwarten. Dass wir hierzulande schon bald „schwedische Verhältnisse“ bekommen, wo nahezu jedes Brötchen schon per App oder Karte bezahlt wird, glaubt Krack indes nicht: „Schließlich sind da ja auch noch die Kundinnen und Kunden, von denen immer noch eine nicht geringe Zahl mit Euro-Münzen und -Scheinen zahlt und sich scheinbar sagt: Nur Bares ist Wahres.“ Es sei vorerst deshalb auch nicht zu erwarten, „dass jetzt bereits die ersten Einzelhändler der Region ihre Registrierkassen einmotten“ würden, sagt Krack. Mit Blick auf die nachwachsenden Generationen aber würden die digitalen Zahlungen weiter zunehmen, schätzt der HNBHauptgeschäftsführer: „Aufseiten der Kaufleute wird man sich darauf einstellen können.“
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I
m Jahr 1939 als Dorftischlerei in Melle gestartet, gehört die ASSMANN Büromöbel GmbH und Co. KG heute zu den Marktführern in der Büromöbelbranche. Das mittelständische Familienunternehmen aus Niedersachsen wird in der dritten Generation von Dirk Aßmann als geschäftsführenden Gesellschafter geleitet.
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keitszertifikat der Dachorganisation der europäischen Büroeinrichtungsindustrie (FEMB) zertifiziert. Das ASSMANN Umwelt- und Qualitätsmanagement ist nach DIN ISO EN 14001 zertifiziert und trägt das EMAS-Gütesiegel. Darüber hinaus wird nur PEFC-zertifizierte Ware aus verantwortungsvoller Holzwirtschaft verarbeitet.
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Familienunternehmen mit Sitz im niedersächsischen Melle.
enunternehmen als Bundessieger mit dem HermannSchmidt-Preis für herausragende Nachwuchssicherung und Karriereförderung ausgezeichnet. Ebenfalls in 2018 stieg ASSMANN in die Top 100 des deutschen Mittelstandes auf. Bewertet wurden hierbei vor allem Kriterien wie langfristige Wachstums- und Ertragskraft. Im Jahr 2019 erhielt ASSMANN darüber hinaus den German Brand Award in der Marketing-Kategorie Brand Communication sowie den German Design Award und den britischen Mixology Design Award für das flexible und innovative Stauraummöbel Cubas.
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Nicht nur für nachhaltiges Wirtschaften, auch für das Design seiner Büromöbelsysteme sowie die Arbeitgeber- und Unternehmensqualitäten wurde ASSMANN in den vergangenen Jahren vielfach ausgezeichnet. So erhielt das Unternehmen 2015 den Großen Preis des Mittelstandes und im selben Jahr den Red Dot Design Award. In 2017 folgte die Auszeichnung mit dem Top Job-Siegel als sehr guter Arbeitgeber im deutschen Mittelstand, die 2019 erneut an ASSMANN verliehen wurde. 2018 wurde das Famili-
ASSMANN BÜROMÖBEL GMBH & CO. KG Heinrich-Assmann-Straße 11 49324 Melle Fon: +49 (0) 5422 706-0 Fax: +49 (0) 5422 706-29 www.assmann.de info@assmann.de
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Schmeckt’s? Bei Dr. Oetker probieren jeden Tag 80 Tester neue Produkte und Klassiker
Insgesamt rund 220 Versuche werden jedes Jahr durchgeführt. Rund 4500 Testesser hat Dr. Oetker in seiner Datenbank. Probiert wird immer eine ganze Portion – auch bei Pizzen. VON NINA KALLMEIER BIELEFELD Jährlich kommen Hunderte neue Joghurtsorten, Puddings, Kuchenmischungen, Müslis oder Ähnliches auf den Markt, die um die Gunst der Verbraucher buhlen. Doch wer entscheidet, was letztlich in den Regalen der Supermärkte und Discounter steht – und wie es schmeckt? Unter anderem die Verbraucher selbst, wie ein Besuch in der Sensorik – der Lebensmittelprüfung – des Bielefelder Traditionsunternehmens Dr. Oetker zeigt. Ein Blick hinter die Kulissen. Die dominierende Farbe ist Weiß: Die Arbeitsfläche in der Mitte des Laborraums, die Teller auf dem Etagenwagen, die Griffe der Schubladen, die Schiebefenster, die den Blick auf die dahinterliegenden schmalen Räume freigeben – auch sie sind ganz in Weiß gehalten, nur der schwarze Bürostuhl fällt aus der Reihe. Das farblose Schema im Sensorik-Labor von Dr. Oetker direkt neben dem Bielefelder PuddingWerk ist nicht zufällig gewählt. „Wir wollen nicht, dass unsere Tester durch Farben oder Bilder an den Wänden abgelenkt werden. Sie sollen sich ganz auf das Produkt konzentrieren“, erklärt Mareike Flöthmann. Die junge Frau im weißen Laborkittel, die Haare im Pferdeschwanz zusammengebunden, ist studierte Ökotrophologin und Mitarbeiterin im Sensorik-Labor, wo täglich Verbrauchertests durchgeführt werden. Und sie hat recht: Die drei dunkelbraunen, fast schwarzen, etwa daumenhohen und zwei Daumen breiten Vierecke stechen auf dem weißen Teller heraus. Melanie Flötmann hat ihn zusammen mit einer Serviette durch das Fenster Nummer 9 in die Kabine gereicht. Als „Kuchenhappen Karamell“ hat der Computerbildschirm in dem klei-
AufschlichtenweißenTellernrichtetMareikeFlöthmanndie PortionenimLaboran.JedenTagkommen80 Personen in dieSensorikzum Probeessen.
nen Raum die Vierecke angekündigt. Die Farbe lässt erahnen, dass es gleich nicht nur nach Karamell, sondern auch nach Schokolade schmecken wird. Mehr zur Produktidee oder wie die Verpackung aussieht, erfährt man nicht. Lediglich die allergenen Inhaltsstoffe werden noch einmal auf dem Bild-
„Wir wollen nicht, dass Tester durch Farben oder Bilder abgelenkt werden.“ Mareike Flöthmann, Mitarbeiterin der Sensorik
schirm angezeigt – für all jene, die eine Allergie oder Unverträglichkeit haben. Den Kaloriengehalt erfährt man nicht. „Die Angaben sind nur zur Sicherheit. Unsere Testesser haben, bevor sie in unserer Kartei aufgenommen wurden, alle einen Fragebogen zu ihren Vorlieben und Allergien oder Abneigungen ausgefüllt“, erklärt Mareike Flöthmann, die über ein Praktikum während ihres Studiums in Münster zu Dr. Oetker gekommen ist. So stelle das Unternehmen sicher, dass letztlich zur Verköstigung nur Personen eingeladen würden, die das Produkt gegebenenfalls auch kaufen würden. „Alter oder Geschlecht sind in dem Zusammenhang für uns nicht so entscheidend“, sagt die 36-jährige Gütersloherin. Allerdings: Der Pizza-Burger, der letzlich vor allen für eine männliche und junge Zielgruppe beworben wurde, ist im Vorfeld auch mit einem rein männlichen, jungen Panel getestet worden. Sonst ist die einzige Voraussetzung: Die Tester müssen mindestens 18 Jahre alt sein und sollten – aus praktischen Gründen – im Großraum Bielefeld wohnen. Rund
Nurdas Produktund einenComputer,umihreBewertungabzugeben–mehr habendieTestesser nichtin ihren Kabinen.
4500 von ihnen hat Dr Oetker in seiner Datenbank – die meisten von ihnen seien schon jahrelang dabei, sagt Melanie Flötmann. „Vier- bis sechsmal im Jahr wird jeder für einen Produkttest zu uns eingeladen.“ Die Teilnahme ist dann aber keine Pflicht. Wer nicht kann oder das zur Verkostung stehende Produkt nicht mag, für den wird etwas anderes gesucht. Denn die Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. „Ich bin zum Beispiel ein großer Fan von Ananas auf der Pizza. Daran scheiden sich aber bekanntlich die Geister“, sagt Mareike Flöthmann. 80 Personen täglich probieren sich ab dem frühen Nachmittag im 45-Minuten-Takt durch das potenziell neue, aber auch das alte Sortiment des Lebensmittelherstellers – von der Pizza bis zu Kuchen, Pudding und Müsli. Denn nicht nur Neuheiten, auch verbesserte oder veränderte Rezepturen bestehender Produkte überprüft das Bielefelder Unternehmen regelmäßig. Zum Beispiel, wenn es für das Pudding-Pulver einen neuen Stärkelieferanten gibt. „Wenn kein Unterschied geschmeckt wird, wird die Stärke auch eingesetzt. Sonst müssen wir einen neuen Lieferanten suchen“, so die Sensorik-Mitarbeiterin. 16 Testesser haben gleichzeitig Platz in einer der kleinen Kabinen. Über einen Schalter neben dem jeweiligen Fenster zum Labor signalisieren sie, dass sie bereit sind. Dann geht es los. Das Fenster geht auf, und auch wenn die Testesser vorher in etwa wussten, was ihnen serviert werden würde, sehen sie das Produkt jetzt zum ersten Mal – ohne Verpackung auf dem Teller oder in einem neutralen Plastikbecher. Sobald sich das Fenster wieder schließt, wird es still in der kleinen, auf 21 Grad temperierten Parzelle. Jeder ist mit seinem Teller alleine und durch eine Wand von der Person neben ihm abgeschirmt. Nur nach hinten ist die Kabine offen, ein
Wasserspender steht nicht weit entfernt – falls jemand Durst bekommt oder den Geschmack im Mund vor dem zweiten Produkttest etwas neutralisieren möchte. Sehen die Küchlein ansprechend aus? Schmecken sie nach Karamell? Und ist der Karamellgeschmack zu aufdringlich? Fragen wie diese werden nun nach und nach über ein Computerprogramm gestellt. Denn beim Test mit Konsumenten geht es vor allem um eines: Gefällt das Produkt? „Das ist ganz individuell.“ Auf einer neun Abstufungen umfassenden Scala von „außerordentlich gut“ bis „außerordentlich schlecht“ können die Testesser ihre Bewertungen abgeben. Auch zu der Frage: Ist das Produkt zu süß? Da nimmt man lieber noch einen Bissen – schließlich kann und darf die gesamte Portion aufgegessen werden. Wenn es Pizza gibt, sollte also vorher nicht groß gegessen werden, auch hier macht Dr. Oetker keine halben Sachen. „Es wird immer eine normale Portionsgröße verkostet. So wie der Verbraucher das Produkt auch kaufen würde“, so Mareike Flöthmann. Beim Joghurt und Pud-
„Alter oder Geschlecht sind in dem Zusammenhang für uns nicht so entscheidend.“ Mareike Flöthmann
Fotos: Michael Gründel
ding ist das der Becher, das Müsli wird abgewogen – und die Pizza – nach Anleitung im Ofen gebacken – ganz serviert. Mit einer Ausnahme: Wenn an dem Tag zwei Pizzen zur Verkostung anstehen, gibt es von jeder eine halbe. Ist in diesem Test auch schon mal ein Produkt durchgefallen? „In jüngster Vergangenheit kann ich mich an nichts erinnern. Die Produkte sind, wenn sie zu uns kommen, schon sehr weit entwickelt“, sagt Mareike Flöthmann. Unter anderem werden in der Versuchsküche für Kuchen und Pizza Aufbacktests durchgeführt. Auch interne, geschulte Testesser probieren, bevor das Produkt den potenziellen Kunden vorgesetzt wird. Zu ihnen zählt auch Petra Bennwitz, Leiterin der Bielefelder Sensorik. Sind die Reaktionen der Testesser so, wie sich Dr. Oetker das vorstellt, geht es weiter in Richtung Markteinführung. „Sonst schicken wir die statistische Auswertung zurück an unsere Entwicklungsabteilung“, sagt Mareike Flöthmann. Auch zwei Statistiker arbeiten in dem neunköpfigen Team. Bei den vielen Tests, die man begleitet, kann man da als Laborleiterin überhaupt noch unvoreingenommen essen? „Das ist schon etwas schwierig. Ich versuche, alle Komponenten rauszuschmecken. Vielleicht esse ich dadurch aber auch bewusster“, sagt die 36-Jährige. Dabei helfe möglicherweise auch, dass die Produkte, die ins Labor kämen, so vielfältig seien. Auch die Testesser vermerken in ihren Fragebögen zur Verköstigung, was ihnen besonders gut und was gar nicht gefallen hat. Viele von ihnen seien am Ende neugierig, um was für ein Produkt es sich denn gehandelt hat. Dazu sagt Mareike Flöthmann allerdings nichts – weder zur Produktidee noch ob es sich um etwas Neues oder ein altes Angebot von Dr. Oetker handelt. Da macht sie auch an diesem Tag keine Ausnahme.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Wie Käse zu exakt 100 Gramm abgepackt wird – trotz Löchern Die Lösung des Rätsels liegt bei einem Maschinenhersteller in einer ostwestfälischen Kleinstadt VON VINCENT BUSS Es gibt Dinge, die fallen im Alltag gar nicht weiter auf. Zum Beispiel, dass eine Packung Käse exakt 100 Gramm wiegt. Und obwohl Löcher in den Scheiben sind, variiert deren Anzahl nicht. Wie kann das sein? Die Antwort darauf liegt näher, als man denkt – zumindest geografisch gesehen: in der ostwestfälischen Kleinstadt Werther. Dort unterhält die Firma Weber Maschinenbau GmbH seit dem vergangenen Sommer einen Standort. Das Unternehmen stellt Maschinen her, die Wurst und Käse schneiden und verpacken. Bis zu 80 Prozent des Aufschnitts in Deutschlands Supermärkten wurde Weber zufolge von seinen Maschinen geschnitten. Das Unternehmen gilt als Weltmarktführer für solche Geräte. Wurst und Käse schneiden – das klingt simpel, doch dahinter steckt viel Technik. Zwar müssen gleichmäßig geformte Wurstrollen nur nach dem Schneiden gewogen werden. Doch bereits für Käse ohne Löcher oder ungleichmäßig geformten Rohschinken ist ein LEDScanner erforderlich, der Länge und Umfang vor dem Schnitt misst. Löchriger Käse benötigt sogar einen Röntgenscanner. Dieser kann das gesamte Käsestück auf Aushöhlungen hin durchleuchten. Er berechnet, wie möglichst viele Scheiben so daraus geschnitten werden können, dass am Ende bei gleicher Anzahl auch wirklich 100 Gramm in der Verpackung sind. Pro Minute werden bis zu 1400 Scheiben vermessen. Die Unternehmensgeschichte das begann ganz simpel, als Günther Weber 1981 im hessischen Breidenbach mit sechs Mitarbeitern seine Firma unter dem damaligen Namen Weber Fleischereitechnik GmbH gründete. Der Marktdurchbruch kam nur zwei Jahre später: mit einem selbst entwickelten Skinner, der die Schwarte vom Fleisch abtrennt. Es folgten Maschinen, die schneiden, transportieren, portionieren, einsortieren. Eine entscheidende Veränderung kam 2017: Weber kaufte die Firma Schröder Maschinenbau aus Werther, die sich in den Jahren zuvor auf Verpackungsmaschinen spezialisiert hatte. Seitdem kann Weber Komplettlösungen für die Aufschnittproduktion anbieten. Und selbst eigene Messer und Schrauben für seine Maschinen stellt das Unternehmen mittlerweile her. Wie eine Bestellung abläuft, weiß Jürgen Zurmühlen, der das Service-Center leitet und seit 25 Jahren bei Weber arbeitet. „Die Kunden sagen: Ich will diese Wurst oder diesen Käse in dieser Verpackung haben.“ Früher hätten sich WERTHER
Die Weber Maschinenbau GmbH hat seit Kurzem ein Werk in Werther. Dort werdenVerpackungsmaschinen für Lebensmittelkonzerne hergestellt, sodass diese ihreWurst- und Käsesorten in ganzunterschiedlichenVerpackungenanbietenkönnen. Fotos: MichaelGründel
die Kunden dann an verschiedene Hersteller wenden müssen. Nun bekämen sie alle Maschinen, also eine komplette Linie, von Weber – und zwar nach Wunsch. Außerdem bräuchten sie auch nur noch eine Bedienungssoftware. „Es war auch der Wunsch der Kunden, alles aus einer Hand zu bekommen“, erinnert sich Zurmühlen. Im 50-Kilometer-Umkreis von Werther stünden etwa 150 solcher Linien, schätzt er. Das liegt wohl auch am günstigen Standort: Die benachbarte Stadt Versmold, wo Weber vor dem Aufkauf von Schrö-
der ein Service-Center unterhielt, ist laut Zurmühlen auch bekannt als „Fettfleck von Deutschland“. Dort tummeln sich die großen Namen der Fleischindustrie wie Reinert, Wiltmann und Nölke. Große Konzerne wie diese sind Kunden von Weber. Mit dem Wachstum dieser Branche konnte auch das Maschinenbauunternehmen wachsen, heißt es. Weber will aber nicht nur die Maschinen, sondern auch den entsprechenden Service dazu bieten, zum Beispiel Hilfe bei der Prozessoptimierung. „Im Fleischbereich
STECKBRIEF
Weber Maschinenbau GmbH
Der Montageleiter Dirk Borrmann kennt alle Geheimnisse derVerpackungen.
Die Weber Maschinenbau GmbH unterhält fünf Standorte in Deutschland und insgesamt 22 weltweit mit rund 1400 Mitarbeitern. Der Hauptsitz liegt im hessischen Breidenbach. Geschäftsführer ist Tobias Weber, Sohn von Günther Weber, der die Firma 1981 als Weber Fleische-
reitechnik GmbH gründete. Das Unternehmen gilt als Weltmarktführer bei Hochleistungsschneideanlagen für die Fleischindustrie. 2018 lag der Umsatz nach Firmenangaben bei rund 232 Millionen Euro. Bisher hat das Unternehmen insgesamt rund 7000 Schnittmaschinen
(Slicer) verkauft. Für kostengünstigere, kleinere Maschinen hat Weber die Tochterfirma Textor gegründet. Zudem werden gebrauchte Geräte gekauft, erneuert und verkauft. Seit Sommer 2019 betreibt Weber auch ein Verpackungszentrum in Werther, in dem etwa 60 Angestellte arbeiten.
ist das noch nicht selbstverständlich“, sagt Zurmühlen. „Und es dient auch der Kundenbindung.“ Bei Problemen können Kunden Augmented-Reality-Brillen aufsetzen, sodass sich Service-Mitarbeiter zuschalten können. Denn die Maschinen dürfen möglichst nicht stillstehen. „Bei Lebensmitteln muss alles schnell gehen“, weiß Zurmühlen. Zudem sollten Menschen möglichst wenig damit in Kontakt kommen. Und allein schon aus Kostengründen gilt es, möglichst wenig von den Produkten zu verschwenden. Von einer 1,6 Meter langen Wurst werden laut Zurmühlen Anfangs- und Endstücke von höchstens vier Millimetern ausgelassen. Und wenn bei Käse Reste blieben, würden diese zum Beispiel als Reibekäse weiterverarbeitet. Auch beim Verpacken spielt Abfall eine Rolle. Das Verpackungsgesetz, das seit Anfang 2019 gilt, verlangt von Verpackungsherstellern, Lizenzen für von ihnen in Umlauf gebrachte Materialien zu erwerben. Überwacht wird das bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister (ZSVR) in Osnabrück. Die Auswirkungen kennt Dirk Borrmann, Montageleiter am Standort Werther. „Die Supermarktketten machen Druck auf unsere Kunden, das Verpackungsmaterial zu minimieren“, berichtet er. Und diese Kunden würden sich dann an We-
ber wenden. „Sonst werden sie ausgelistet, das ist der Worst Case.“ Doch allein schon um Geld zu sparen, werde sowieso versucht, Verpackungen aus dünnerem Material herzustellen, sagt Borrmann. Die Verpackungsmaschinen kön-
„Der Kunde will seine 100-GrammPackung haben.“ Jürgen Zurmühlen, Leiter Service Center
nen ihm zufolge zudem mit recyclingfähigen Materialien arbeiten. „Ganz ohne Folie funktioniert es aber nicht“, glaubt er. Selbst moderne Verpackungen, die auf den ersten Blick nur aus Papier gemacht sind, beinhalten trotzdem noch Plastik – wenn auch in geringeren Mengen. Vom Format her benutzen viele Lebensmittelproduzenten laut Borrmann die gleichen Verpackungen. Doch Aufdrucke und Folienfarbe verleihen ihnen ein unterschiedliches Aussehen. Das Aussehen der Ware ist so wichtig, dass es dafür einen eigenen Begriff gibt: Portionsdesign. Nicht nur die Verpackung, auch das Produkt selbst kann in verschiedenster Weise gestaltet werden. Prominentes Beispiel: Wurst in Form von Bären. Und sogar die Anordnung in der Packung spielt eine Rolle – rund gelegt, gestapelt oder in Herzform. „Bei Salami ist die Kreisform beliebt“, weiß Zurmühlen vom Service-Center. Aber warum immer das gleiche Gewicht? Es gibt ja auch in variablen Mengen abgepackte Käseund Wurstsorten, deren Preis dann dementsprechend anders ausfällt. „Der Kunde will seine 100-GrammPackung haben“, das ist zumindest Zurmühlens Beobachtung. Und wo 100 Gramm draufsteht, muss laut Fertigpackungsverordnung auch 100 Gramm drin sein.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Wie relevant ist die Marke heute noch? Soziale Medien sorgen schnell für Publikum VON NINA KALLMEIER In der Drogerie geht der Griff wie selbstverständlich zu den gewohnten Pflegeprodukten – da weiß man, was man hat. Das Wort „Kinder“ mit seinem schwarzen „K“ und den restlichen roten Buchstaben ist unverkennbar mit dem Überraschungsei und anderen Schoko-Produkten verknüpft. Die Marke „Tempo“ hat es gar als universelles Wort für Taschentuch in den Sprachgebrauch geschafft, ähnlich wie Digitalkonzern Google: Man sucht nicht im Internet, man „googelt“. Diese Liste ließe sich fortsetzen – nicht zu vergessen mit Elektronikmarken wie Apple, die nach wie vor eine treue Fangemeinde haben. Doch wie steht es um Marken in einer Zeit, in der Hunderte neue Produkte auf den Markt streben und ein Unternehmen oder eine Person über soziale Medien sehr schnell bekannt werden und eine große Reichweite erzielen kann? Sind Kunden da experimentierfreudiger, oder bleiben sie ihrer Marke treu? Eine pauschale Antwort darauf will der Soziologe und Konsumforscher Kai-Uwe Hellmann, Professor für Konsum- und Wirtschaftssoziologie an der Technischen Universität Berlin, nicht geben. „Das ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem dem Alter, Geschlecht, der OSNABRÜCK
„Der Kunde geht davon aus, dass Leistung und Qualität eines Markenprodukts stimmen.“ Marktforscher Jens Lönneker, Geschäftsführer Rheingold Salon
Bildung oder dem Einkommen der Personen“, sagt er. Und auch vom Lebensstil und dem Produkt selbst. Ist der Konsument von dem, was er kauft, innerlich überzeugt? Bei Apple, gerade in den ersten Jahren, würde man diese Frage mit „Ja“ beantworten. Die Fans kampieren bei jedem neuen iPhone vor den Filialen – es sah so aus, als hätte die Welt nur auf diese Neuheit gewartet. Nicht zuletzt auf dieser Loyalität und dem Lifestyle-Image, das Steve Jobs rund um Apple aufgebaut hat, fußt der Erfolg. Die Marke weckte Begehrlichkeiten – und mit jedem dieser Produkte stärkte das Unternehmen seine Relevanz beim Kunden, vernetzte seine Produkte, schaffte ein „System-Apple“. Der Hype hat mittlerweile nachgelassen, relevant bleibt die Marke mit dem Logo des angebissenen Apfels dennoch. Bei anderen Produkten verhält es sich anders. Fehlt die emotionale Bindung? Kauft der Kunde die Marke und das Produkt nur, weil beides gerade in Mode ist? Das würde einer Marke zum Verhängnis. Denn Trends ändern sich von Saison zu Saison. Die Marke – will sie relevant sein – muss also im Leben des Konsumenten eine Rolle spielen, sonst wird sie überflüssig. Das ist nicht nur für Produkte und Firmen, die zur Marke werden wollen, eine Herausforderung, sondern auch für Traditionsmarken, die dies bleiben wollen. Doch zurück auf Anfang: Um überhaupt relevant werden zu können, muss der Konsument eine Marke erst einmal kennen(lernen).
Foto:imagoimages/Joker
ZUR SACHE
Was macht eine Marke aus? Das Logo, der Name, der Bekanntheitsgrad? Was macht aus einem Unternehmen oder einem Produkt eine Marke? Die Frage zu beantworten ist nicht einfach, denn es spielen viele Faktoren in die Markenbildung mit hinein. Eine Marke schafft es, sich abzusetzen von anderen, eine Identität zu schaffen, Vertrauen auszustrahlen – und zu aus-
tauschbaren Produkten ein Kopfkino auszulösen. Ein Beispiel ist die Automobilindustrie: VW, Tesla, Maserati – jedes dieser Unternehmen stellt Autos (Produkt) her, und doch wird niemand bei jedem dieser Markennamen an das gleiche Auto denken. Es ist die emotionale Beziehung, die im Vordergrund steht. Ähnlich verhält es sich mit Apple – ist
Neue Produkte sprießen wie Pilze aus dem Boden – doch haben sie das Zeug dazu, mehr zu werden? Mithilfe der sozialen Medien gibt es zumindest die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit viele Menschen zu erreichen. „Bekanntheit ist aber nicht gleich Vertrautheit beziehungsweise Vertrauen, und erst Vertrauen
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der rationale Nutzen eines Apple-Geräts wirklich so viel größer als der eines Samsung? Das darf zumindest infrage gestellt werden. Wiederum andere sind unwiderruflich mit dem Produkt verbunden: Wer „Tempos“ kaufen geht, meint nicht unbedingt die Taschentücher der Marke Tempo; statt im Internet zu suchen, wird gegoogelt. nika
qualifiziert ein Produkt als Marke“, erklärt Konsumforscher Kai-Uwe Hellmann. Hier sind Traditionsmarken im Vorteil – und für sie hat die Kölner Marktforschungsagentur Rheingold Salon noch eine weitere gute Nachricht: Nicht nur können 90 Prozent oder mehr der Teilnehmer
SPORTKLAHSEN.DE
einer Umfrage mit Marken wie Dr. Oetker, McDonald’s, Edeka, Persil, Maggi oder Adidas etwas anfangen. Zwischen 50 und 60 Prozent finden die Marken auch sympathisch und bringen ihnen Vertrauen entgegen. Nur zehn Prozent der Befragten trauen generell keiner Marke, lediglich fünf Prozent finden keine Marke sympathisch. Dieses Vertrauen spielt Marken in die Hände: „Der Kunde geht davon aus, dass Leistung und Qualität eines Markenprodukts stimmen. Hat er die Wahl und ist unsicher, was er kaufen soll, wird er daher oft zum Markenprodukt greifen“, erklärt Rheingold-Salon-Geschäftsführer Jens Lönneker beim Bielefelder Treff. Und dennoch haben es Marken trotz des „guten Namens“ nicht immer einfach. Ein Beispiel ist der Hausgerätehersteller Miele. Das Gütersloher Familienunternehmen setzt stark auf seinen Markennamen, Rabattaktionen im Handel? Fehlanzeige. Den Miele-Kunden ist ihre Marke der volle Preis wert, schließlich kaufen sie ein langlebiges Qualitätsprodukt. Ein Garant für unternehmerischen Erfolg ist diese Strategie jedoch nicht – es krieselt aktuell in Gütersloh. Hat man zu sehr auf den Faktor Marke gesetzt? Es werden sicherlich viele Aspekte zusammenkommen, auch Innovation und Wettbewerb sollten nicht außer Acht gelassen werden – die Konkurrenz schläft nicht. Dennoch sagt Konsumforscher Hellmann: „Marken haben gewisse Imageeinbußen zu verkräften, keine Frage, wie auch generell altehrwürdige Institutionen Federn ha-
ben lassen müssen.“ Seiner Ansicht nach bleiben Marken aber unter Gesichtspunkten wie Orientierung, Vertrauen und Zugehörigkeit bedeutsam. „Wenn einzelne Marken jedoch anhaltend Probleme haben, erschüttert das auch generell die Bindungsbereitschaft zu Marken, pars pro toto.“ Doch was hat sich verändert, wenn Marken nach wie vor Vertrauen schaffen und junge Erwachsene zumindest zu Beginn Marken, die sie aus dem Elternhaus kennen, übernehmen, wie eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Rheingold Salon zeigt? Jens Lönneker macht zwei Faktoren aus, die heute unter anderem neben Vertrauen und Begehrlichkeit über Relevanz und Irrelevanz entscheiden: Zum einen die gesellschaftliche Dimension und die Haltung, die eine Marke widerspiegelt. „Kunden erwarten von Marken, dass sie ihre Haltung unterstützen“, so Lönneker. Zum Beispiel in Sachen Klimaschutz. Zum anderen rücke mit den sozialen Medien der Faktor Mensch in den Vordergrund. „Menschen wollen selbst zur Marke werden“, so das Urteil Lönnekers. Unter anderem bei Instagram lasse sich das beobachten. Wo soll der Kunde jedoch da noch durchblicken, wenn plötzlich jeder „Marke“ wird? „Sicher wird mit diesem Imagekonzept Schindluder und Scharlatanerie getrieben, weil das Konzept für sich, anders als einzelne Marken, eben nicht schützensfähig ist. Jeder kann heute von Beginn an behaupten, Marke zu sein/Marke zu haben, was oftmals gar nicht zutrifft“, analysiert Konsumforscher Kai-Uwe Hellmann. Die Konfusions- und Verunsicherungseffekte bei den Konsumenten könnten dann negativ auf das Konzept als solches ausstrahlen. Das Fazit für Hellmann: „Die Erosion des Markenkonzepts ist unbestreitbar und wird seit Jahrzehnten diskutiert.“ Und genau hier liegt jedoch auch der Punkt, warum er sich dennoch keine Sorgen darüber macht, dass Marken ihren Platz im Alltag von Konsumenten verlieren. „Aber eben auch seit Jahrzehnten schon, ohne dass Marken deswegen in Gänze von der Bildfläche verschwunden wären.“ Sie müssen sich jedoch weiterentwickeln und immer wieder neu erfinden, so Lönneker.
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DONNERSTAG, 27. FEBRUAR 2020
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Findige Unternehmen aus der Region erobern mit Pioniergeist den internationalen Markt
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Die Schlüsselbranche nähert sich ihrer Wachstumsgrenze. Die Achillesferse der Landwirtschaft ist der Mangel an Fläche. Viele Jobs in der Region hängen von den Bauern ab. VON CHRISTIAN SCHAUDWET
Sechs Männer eilen zu ihren Mähdreschern, sechs Motoren heulen auf, Dieselgeruch mischt sich in den Duft der Maissilage auf dem Hof. Die Nacht war kurz. Bis um halb vier haben die Fahrer von Lohnunternehmer Andreas Lührmann Roggen gedroschen, und schon rollen sie wieder hinaus auf die Felder um Neuenkirchen nordwestlich von Osnabrück. Das Korn muss vom Acker, denn für morgen ist wieder Regen angesagt. „Die Landwirte checken die Vorhersagen permanent mit dem Smartphone“, sagt Fahrer Hubert Strößner. Der 50Jährige ist gut gelaunt, trotz Schlafmangels. Seit 20 Jahren arbeitet er in der Ernte: „Das Geschäft wird
Stückkosten zu senken und seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, muss immer mehr Geld in die Hand nehmen. Ob Futtergetreide oder Mais für die Energiegewinnung – runter vom Feld muss es immer. Lohnunternehmer Andreas Lührmann, der sich auf Erntearbeiten spezialisiert und damit Bauern die Anschaffung eigener Mähdrescher erspart, hat sein Auskommen. Aber auch der Herr über die Drescher spürt den Kostendruck. Wo der herkommt? „In der Liste der 100 reichsten Deutschen finden Sie keinen Landwirt“, sagt der 50-Jährige. „Stattdessen Unternehmer aus dem Lebensmittelhandel, die mit den Produkten der Landwirtschaft ihr Geschäft machen.“ Lange hieß es, Landwirt zu sein, erfordere zu je einem Drittel Arbeit auf dem Feld, das Schreiben von Anträgen und findiges Kaufmannstum. In der Zukunft dürfte Letzteres wichtiger werden.
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immer hektischer.“ Wenn der Bauer rie. Große Teile der Fleisch- und Prozent hat die Mischfutterherstelruft, müssen Lohnunternehmer mit Milchproduktion werden in der Re- lung in Niedersachsen nach Berechihren Maschinen starten. Möglichst gion verarbeitet. nung der Landwirtschaftskammer sofort. Das Weser-Ems-Gebiet ist das zwischen 2002 und 2011 zugelegt, Eigentlich können die Landwirte Epizentrum der deutschen Fleisch- die Schlachtmenge wuchs gar um im Raum Osnabrück-Emsland mit wirtschaft: „Die Viehdichte ist fast 57 Prozent. der Ernte zufrieden sein. Ertrag nirgends so hoch wie im Raum So flott aber wird die Viehbranund Qualität sind gut, die Preise Vechta-Cloppenburg-Emsland und che wohl nicht mehr lange laufen. hoch, und trotz des vielen Regens den angrenzenden Regionen Nord- Die Grenze sei in Sicht, sagt der Oshaben die meisten ihre Ernte recht- rhein-Westfalens.“, sagt Andreas Le- nabrücker Landvolk-Geschäftsfühzeitig eingefahren. ge von der Landwirtschaftskammer rer Andrees: „In spätestens 36 MoDennoch sorgen sich die Bauern Niedersachsen. Drei Viertel aller naten kommt die Tierhaltung hier immer ärger um ihre Zukunft. Aus- Schweineschlachtungen in Nieder- ans Limit.“ Für weitere Ställe sei gaben für Dünger, Technik und sachsen finden hier statt. Ging es wegen vorgeschriebener Abstände Sprit steigen, die Margen sinken. im Weser-Ems-Raum 2001 noch 8,6 zu Wohngebieten und anderer ImFläche wird knapper und teurer. Ei- Millionen Schweinen an den Kra- missionsschutz-Vorgaben kaum ne Tierschutz- oder Bauverordnung gen, waren es 2011 bereits fast 15 noch Platz. Denn bei intensiver jagt die nächste. „Die immer schär- Millionen. Noch rasanter gewach- Viehhaltung entstehen Unmengen feren Auflagen bringen vor allem sen ist die Geflügelbranche: Weil von Exkrementen und Gasen. Gülle kleine Familienbetriebe landet meist als Dünger in Bedrängnis“, sagt Marauf den Feldern. tin Andrees, Geschäfts- Landwirtschaft stützt Nahrungsindustrie Den Dümmer, sagen führer beim Hauptver- Anteil Beschäftigter im Landkreis Osnabrück Naturschützer, habe das beinah umgebracht. Phosband des Osnabrücker Landvolks. Seit etwa 20 phathaltige Exkremente Jahren müssten jährlich aus der Tierhaltung, hereingespült durch den bis zu vier Prozent der Betriebe aufgeben. „Wir Fluss Hunte, gelten als Hauptursache für die Alrechnen damit, dass sich 1 7 Prozent 1,7 dieser Trend während genplage in dem beliebder nächsten vier bis fünf Die Nahrungs- und Futterten See südlich von DiepJahre beschleunigt“, sagt mittelindustrie ist mit 92966 holz vor einem Jahr. AlAndrees. Offenbar garan- Beschäftigten (9,3 Prozent)) der genbrühe, tote Fische, 9,3 Prozent dkreis größte Arbeitgeber im Landkreis tieren fast nur noch Masfauliger Gestank – das 1 esen auf teils unter Naturschutz se und hohe Produktivi- Osnabrück . Sie ist angewiesen tät das Überleben – die Güter, die von nur 1799 (1,7 Prozent) unmittelbar in stehende Gewässer war so gut wie am Ende. kleinen Höfe, die aufge- der Landwirtschaft beschäftigten Menschen produziert werden. 1) Insgesamt 104457 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Landkreis Osnabrück ben, werden von großen Ausweichgebiete, auf geschluckt. denen Tierhalter ihre GülQuelle: Wirschaftsförderungsgesellschaft Osnabrücker Land · Grafik: Neue OZ/Michel le-Überschüsse loswerden Dass das altehrwürdige Gewerbe derart unter Druck ge- die Masthähnchenställe des Gebie- könnten, gibt es nicht. Im Gegenrät, geht nicht nur die Bauern etwas tes immer mehr Fleisch ausstoßen, teil, die landwirtschaftliche Fläche an. Denn obwohl die Agrarwirt- produziert Niedersachsen ein schrumpft. Neue Großställe, Neuschaft im Landkreis Osnabrück di- Mehrfaches seines eigenen Geflü- baugebiete, Aufforstungsflächen, rekt nur 2,4 Prozent zur Gesamt- gelbedarfs. Straßenbau und auch die vielen bruttowertschöpfung beiträgt, vorKein Wunder, dass die Weizen-, neuen Biogas-Anlagen fressen Heksorgen ihre Erzeugnisse den größ- Gerste- und Roggenernten der hie- tar um Hektar Ackerfläche. Kauften Arbeitgeber im Landkreis, die sigen Landwirte fast vollständig in und Pachtpreise steigen. Wer als Futter- und Nahrungsmittelindust- Futter verwandelt werden. Um 29 Landwirt expandieren will, um
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Aus Bierhefe wird Hightech
Die Angst geht um im Hähnchenland
Der Traum vom eigenen Wald
Modellbau: Große Traktoren ganz klein
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Betriebe nutzen die fetten Jahre dazu, Neuland zu betreten. VON CHRISTIAN SCHAUDWET OSNABRÜCK/GEESTE/HUNTEBURG.
Nischen-Champions bringt im Raum Osnabrück-Emsland nicht nur die Industrie hervor. Innovative Handwerksbetriebe liefern weit über die Grenzen Europas hinaus. Forscher sehen darin die beste Versicherung gegen Konjunktureinbrüche.
Der Duft bayerischer Brezeln durchweht Backstuben im indischen Goa, am Fuße des nepalesischen Annapurna-Massivs, im südafrikanischen Durban, im australischen Perth, in Los Angeles wie auch in London. Zahllose „German Bakeries“, deutsche Bäckereien, zeugen rund um den Erdball vom Nimbus deutscher Backkunst. Doch es sind nicht die Bäcker allein, denen das hiesige Handwerk sein Spitzenimage im Ausland verdankt. Weltgewandte Zimmerleute, Anlagenbauer und Elektrotechniker, auch aus dem Raum Osnabrück-Emsland, tragen kräftig dazu bei, und sie verdienen gut daran. Deutsche Expertise beim energieeffizienten Bauen etwa ist europaweit gefragt. Ebenso willkommen sind Nischenspezialisten: 30 Prozent seiner bis zu sechs Millionen Euro Jahresumsatz macht Kinderland Emsland Spielgeräte außerhalb Deutschlands, Tendenz steigend. Die in Geeste von Handwerkern gezimmerten und geschweißten Spielanlagen nehmen schon mal die Ausmaße einer kleinen Ritterburg oder eines Miniaturdorfes an. Sie stehen in Freizeitparks in Frankreich, Zoos und Gartenausstellungen in den Benelux-Ländern, Schulen in Großbritannien und Spanien. Seinen Exportschlager, ein barrierefreies Spielplatzkarussell für Rollstuhlfahrer, hat Geschäftsführer Mario Hampel auch schon nach Israel, Russland, Singapur und Australien verkauft. Als kleiner Handwerksbetrieb den Markt so weit zu durchdringen ist Sisyphos-Arbeit, bedarf vor allem eines unermüdlichen Marketings. Hampel hetzt von Messe zu Messe, fährt 80 000 Kilometer und fliegt etwa 30-mal im Jahr. „Hier sitzen und warten, das funktioniert nicht“, sagt der quirlige Macher mit Ohrring und Spitzbart. Sein Netz-
Tradition der GesellenwanBrusdeilins) aus Osnabrück führte die Tim Knauer (r., mit seinem Kollegen Peter seit Jahrhunderten. Den Zimmermann Foto: privat, Montage: Neue OZ/Michel auf den Weltmarkt. In die weite Welt ziehen Handwerker dem Raum Osnabrück-Emsland drängen Valley.Auch ganze Unternehmen aus derung bis insamerikanische Monument
werk, geknüpft auf Messen und im Branchenverband der Freizeitparks und Freizeitunternehmen, ist sein Kapital. Hier werden Kunden von nah und fern auf das 60-Mitarbeiter-Unternehmen aufmerksam, das im In- wie im Ausland gegen wesentlich größere und günstigere Wettbewerber antritt. Spielanlagen aus Geeste gehören zu den teuersten der Welt. Die größte bisher im Ausland verkaufte Anlage kostete fast eine halbe Million Euro. Aber die Kunden wüssten eben um deren Verarbeitungsqualität und Langlebigkeit, sagt Hampel. Deshalb sei jüngst auch ein australischer Händler auf ihn zugekommen – ein Rolli-Karussell aus Geeste dreht sich inzwischen in Melbourne. Wichtigstes Erfolgskriterium neben Qualität, Ideenreichtum und Zuverlässigkeit ist in Hampels Augen der individuelle Zuschnitt: „Wenn wir Ware von der Stange machen würden, hätten andere uns längst überholt.“ Deshalb passt er seine Spiellandschaften gemeinsam mit Designern und Landschaftsarchitekten oft lokalen Themen an: Eine Kletteranlage für den Außenbereich eines Industriemuseums etwa lieferten die Emsländer in Gestalt eines Hochofens, in dem Kinder den Prozess des Stahlkochens simulieren können. Der neuste Trend: barrierefreie
Spielanlagen, die auch Menschen mit Behinderungen zugänglich sind: Kindern ebenso wie begleitenden Erwachsenen mit körperlichen Gebrechen. „Die Bevölkerung in den Industrieländern wird immer älter“, so Hampel, „da müssen wir unsere Produkte anpassen.“ Module gemeinsam mit Kunden zu entwickeln, im Unternehmen vorzuproduzieren und überall auf der Welt aufbauen zu können hält auch Hans-Jürgen Keil für den entscheidenden Wettbewerbsvorteil seines Unternehmens: „Die Vielfalt für die Nischen, die Maßschneide-
Als kleine Handwerksfirma in der Ferne Kunden zu gewinnen ist Sisyphos-Arbeit.
rei, das ist unser Wettbewerbsvorteil“, schwärmt der Geschäftsführer von Keil Anlagenbau in Hunteburg. Unverzichtbar dafür seien handwerkliche Ausbildung und Erfahrung. Beides gewährleiste die nötige Flexibilität für Spezialaufträge. „Der Tank dort auf dem Hof geht morgen nach Brasilien.“ Das bauchige Ungetüm wird Teil einer Kühlschrankfabrik, die ein Maschinenbauer dort errichtet. Fünf KeilHandwerker werden sechs Wochen lang die Montage des Tanks und weiterer Teile koordinieren. Keils Spezialität sind Tanklager, Produktions- und Versorgungsanlagen, durch die Chemikalien etwa für die Klebstoff-, die Druckfarben- und die Autoindustrie fließen. Das 1973 als Ein-Mann-Heizungs- und Lüftungsbaubetrieb gegründete Unternehmen beliefert heute Großkunden wie BASF, Johnson Controls, TRW und Continental fast auf der ganzen Welt. Aber warum eigentlich in die Ferne schweifen, wenn doch hierzulande die Konjunktur so laut brummt, dass viele Handwerksunternehmen sich in den vergangenen Monaten vor Aufträgen kaum retten konnten? „Wenn man solche Nischenprodukte macht wie wir, sind die Märkte in der näheren Umgebung begrenzt“, sagt der 62-Jährige. „Unsere Kunden arbeiten weltweit, da
müssen wir mit.“ Die Firma in dem 4000-Seelen-Städtchen erwirtschaftet einen Jahresumsatz von an die 20 Millionen Euro und beschäftigt rund 130 Mitarbeiter. „Ohne das internationale Geschäft wären wir viel kleiner“, sagt Keil. Zudem hätte sein Unternehmen nicht das Know-how ansammeln können, das ihm heute oft zum entscheidenden Vorsprung verhelfe. Doch von umtriebigen Internationalisten wie Hampel und Keil auf die gesamte Handwerksbranche zu schließen, wäre falsch. Fortsetzung Seite 2
Die lukrativste Ernte kommt von meinen Dächern!
Die Stimmung im Handwerk ist gut, die Auftragsbücher sind voll. Die Branche gibt sich trotz gesunkener Konjunkturerwartungen selbstbewusst. „Vom Anstrich bis zur Zentralheizung, vom Apfelstrudel bis zur Zahnprothese“, so vermarktet sich das Handwerk als „Wirtschaftsmacht von nebenan“. Die Aussage stimmt. Immerhin fast fünf Millionen Menschen arbeiten in dieser Branche. Oft sind es Klein- und Mittelbetriebe, die vorrangig den lokalen und regionalen Markt im Blick haben. Die europäische Schuldenkrise schürt die Inflationsangst, und die spült dem Handwerk auch in unserer Region Geld in die Kassen. Wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit investieren viele Menschen in Immobilien und damit oft in bessere Wärmedämmung, in ein neues Bad oder eine neue Küche. Im Gegensatz zur industriellen Massenproduktion sind individuelle Lösungen und Produkte Merkmale handwerklicher Stärke. Doch Ungemach droht. Fehlender qualifizierter Nachwuchs entwickelt sich zu einer Achillesferse, wirkt als Wachstumsfalle. Auf dem Ausbildungsmarkt ist die Trendwende da. Mehr Lehrstellen stehen immer weniger Bewerber gegenüber. Das wissen auch die Chefs von Handwerksunternehmen, die längst strategisch auf ein Engagement im Ausland setzen und händeringend nach Personal suchen. Mit der Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit bilden sie die Speerspitze der wirtschaftlichen Entwicklung, arbeiten an der Zukunft ihrer Unternehmens, bieten sichere Arbeitsplätze, holen Know-how in die Region und sorgen dafür, dass die Redensart „Handwerk hat goldenen Boden“ weiter Bestand hat.
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Illustration: Malte Christian
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Auch Landwirtschaft ist ein knallhartes Geschäft. Wachsen oder Weichen lautet die Devise. Kommen noch politische Vorgaben ins Spiel, verschieben sich schnell Gewichtungen. Beispiel Biosprit. Angesichts deutlich steigender Getreidepreise gibt es plötzlich neue Allianzen. Ob Bundesentwicklungsminister Niebel (FDP), die Grünen, Greenpeace, Verbraucherorganisationen oder Kirchenvertreter – sie alle sprechen sich trotz EU-Vorgaben gegen den Biosprit E 10 aus. Folgen des immer noch gültigen Bekenntnisses der Bundesregierung zur Bioenergie, vor allem zur Biomasse für die Strom- und Wärmegewinnung in Biogasanlagen, zeigen sich auch in Niedersachsen. Der Maisbedarf für Biomasse und Tierfutter führte zu einer regelrechten „Vermaisung“ von Teilen der Landschaft, ein Albtraum für Tourismusmanager. Landwirtschaft ist Teil unserer globalisierten Welt. Die gegenwärtige Dürre in Teilen der USA etwa kennt klare Gewinner und Verlierer. Deutsche Getreidebauern profitieren von steigenden Weltmarktpreisen. Ihnen kommt die diesjährige gute Ernte gerade recht. Futtermittel aber verteuern sich drastisch und stellen auch hiesige Zuchtbetriebe vor besondere Probleme. Ohne ausreichende Finanzdecke stellt sich schnell die Existenzfrage. Viele, nicht kalkulierbare Faktoren prägen die Landwirtschaft. Das Wetter spielt dabei weiter die entscheidende Rolle, das Verbraucherverhalten eine andere. Solange „billig“ bei Lebensmitteln den entscheidenden Kaufimpuls auslöst, steht die Biolandwirtschaft recht einsam da.
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Junge Spanier suchen ihr Glück im Emsland
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Fallstricke in der Handwerkerrechnung
Ein Bus auf der Straße nach Nirgendwo
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DHABI/WIEN/LONDON. Vor üb ber 100 Jahren waren es Textillunternehmer wie Anton Dree esmann aus Haselünne, wie Clekmeymens und August Brennink m er aus Mettingen, die als Wirt rt rtt nd zoschaftspioniere ins Auslan gen (siehe Seite 7). Auch he eute erinstreben Macher und Mache nen aus der Region in die Welt, um Glück und Erfolg zu succhen. „Die Wirtschaft“ stellt einiige von ihnen vor.
Laura Horstmann, New York. Schon den Weg ins Büro em mpfindet Laura Horstmann als täg gliches Motivationsseminar. Er führrt vorbei am wichtigsten Börseenplatz der Welt, der Wall Street.. Dort schlängelt sich die junge Frau durch die Touristenmassen, bis sie ein paar Blöcke weiter vorr dem ht. GeGround Zero-Monument steh genüber, im 21. Stock, logieert die aus Melle bei Osnabrück stammende Unternehmerin mit ihrem Start-up PreciBake. Eine Art künstliche Intellligenz für die Backindustrie hat diie Diplom-Betriebswirtin dort mit ihrem Partner entwickelt. Wiee in Deutschland gehe der Treend in baden USA hin zu mehr frisch geb ckenen Produkten im Laden, sagt sie. „Das schafft für Bäckereien mit Hunderten Filialen riesige
Dirk Aßmann, ASSMANN Büromöbe Geschäftsführender Gese schafter Alle 2 Monate neu auf den Tisch – was gefällt Ihnen besonders an DIE WIRTSCHAFT?
Probleme, die Brotqualität konstant zu halten“, erläutert die 30-Jährige. Croissants sind auch in Amerika beliebt – aber nicht immer gut: „Es hängt schon davon ab, wann der Blätterteig aus dem Ofen gefahren wird und über welche Zeit das Blech vorher neben dem Tresen steht. Sogar das Wetter oder flussen l die der Luftdruck beeinfl fl Qualität.“ Laura Horstmann hat, wie sie sagt, mit ihrem Produkt den „virtuellen Bäcker erzeugt“. Durch die PreciBake-Software könne jeder Backbetrieb aus seinem Stammhaus mit einem Tablet-PC alle Öfen in seinen 150 Wir mulltiplliziieFiliallen stteuern. „W ren den Meisterbäcker.“ Das Programm erkenne, ob ein Mischbrot oder Mandelkuchen in der Röhre
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Landwirte müssen mit rasant steigenden Kosten und wachsenden Risiken fertig werden. Immer mehr kämpfen ums Überleben.
NEUENKIRCHEN/OSNABRÜCK. Die Landwirtschaft ist die Schlüsselbranche der Region: Von ihr hängt der größte Arbeitgeber, die Lebensmittelindustrie, ab. Vom Profit aber kommt bei vielen Bauern wenig an. Sie ächzen unter hohen Kosten und müssen alles tun, um ihre Produktivität zu steigern. Immer mehr kleinere Betriebe geben auf.
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Selbstständig arbeiten in der Weltstadt: Laura Horstmann aus Melle verw rwirklichte rw w ihren Traum in New York. Fotos: PreciBake/Colourbox, Montage: Matthias Michel
sei. „Falls im Backprozess etwas ht der unregellmääßig läufft, mach virtuelle Bäcker die Anpassungen.“ So muss das Personal nicht mehr nachjustieren. Gerade in Amerika sei das ein Vorteil. „Hier gibt es nicht, wie in Deutschland, ausgebildete Fachverkäuferinnen.“ Vor einem Jahr gründete sie PreciBake, die ersten Auslieferungen der Software sind gerade raus. Dass sie einmal im Ausland arbeiten wollte, stand für die Absolventin der renommierten SalemSchule immer fest. Nach dem Studium war dann eigentlich China ihr Ziel. „Aber in New York kann ich mit Personen aus vielen Kulturen arbeiten.“ Das interkulturelle Teamwork beeindruckt Laura Horstmann. „Wir Deutschen haben eine detaillierte, überkorrekte Herangehensweise. Darüber lachen die Amerikaner.“ Die
seien viel pragmatischer. Hauptsache, es funktioniere gerade eben noch so. Laura Horstmann verzichtet auf das in den USA allgegenwärtige wabbelige Weizenbrot. Lieber schippert sie ein paar Minutten miit der Fähre über den Hudson River und kauft bei einem deutschen Bäcker in New Jersey „das herrlich saftige Roggenbrot“. Wenn sie auf dem Weg zurück nach Melle auf dem Frankfurter Flughafen gelandet ist, beginnt ein Ritual: Noch im Terminal kauft sie beim immer gleichen Stand eine Vollkornstulle mit Salami: „Brot ist auch etwas Patriotisches“, sagt sie.
Senior Vice Pressident unter anderem für die Liefferkette zuständig, in den Vorstand des finnischen Papierkonzerns UP PM mit Hauptsitz in Helsinki auf. Er wird Chef der neuen europäiischen Papiersparte von UPM. Sie produziert in 19 Papierfaabriken in Europa und Nord damerika Magazin-, Zeitungss- und Feinpapiere. Eine daavon ist Nordland Papierr in Dörpen (Landkreis Emsland). Die Sparte machte Konzern nangaben zufolge im ersten Halbjahr diesses Jahres 2,73 Milliarden Euro Umsatz, der operative Gewinn betrrug 66 Millionen Eurro. Das finnische Untternehmen beschäftigt gt gt weltweit 23 000 Mitaarbeiter. Bei Nordland begann Eiken ns nach dem Abitur 1984 in n Papenburg auch seine dreijährige Ausbildung zu um Mess- und Regeltechnik ker. „Die Lehre hat mich auch bei meinen späteren Aufgabeen immer wieder geerdet“, sagt gtt er heute. Schon im Studium zog es Eikens dann in die nnland, immer an Ferne, nach Fin ne Ehefrau Sabine. seiner Seite sein Promoviert hat er in den USA. 1998 kehrte er als Prozessingenieur zurück zu seinen Nordlandpen. Mit ZwischenWurzeln in Dörp ago brachte er es station in Chica bis zum „Vice President Supply Chain“. Heute pendeelt der Vielflieger burg und Helsinki. zwischen Augsb Den Flugplan kennt er auswendig. „Der Chau uffeur bringt mich nach Düsseldorrf. Um 18.45 Uhr fflliege ich ab un nd bin um 22 Uhr nn geht es ins Hoin Helsinki. Dan tel schlafen un nd morgens sehr früh ins Büro.“ Die Zeit im Flieger nutzt Eiken ns je nach Zeitumstellung zum Arrbeiten oder Schlafen. Während er um den Erdball von China biss Amerika jettet, „b bin ich h meiiner Frau sehr dankbar, die mir zu Hause den Rücken frei hält“. Fortsetzung auf Seite 2
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eckern unangebracht: Die Internationalisierung der Wirtschaft sorgt in der Region für teilweise sehr gute Konjunkturdaten. Der Export zeigt sich einmal mehr als Wachstumstreiber. In den ersten sechs Monaten des Jahres stagnierten zwar die Gesamtumsätze der Industrie im Vergleich zum Vorjahr, doch stiegen die Exportumsätze im gleichen Zeitraum um 1,5 Prozent auf gut vier Milliarden Euro, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) Osnabrück –Emsland – Grafschaft Bentheim für ihren Bezirk mitteilte. Niedersachsenweit war dagegen ein Exportrückgang um 3,3 Prozent zu beklagen. Der Trend, wonach regionale Unternehmen ihr Engagement auch in Länder außerhalb der Europäischen Union ausdehnen, hält an und macht sich bezahlt. Im IHK-Bezirk sind derzeit etwa 930 Unternehmen außenwirtschaftlich aktiv. 790 exportieren, 650 betreiben Import, und 132 besitzen eine Niederlassung im Ausland – eine stolze Bilanz. Sie belegt unternehmerischen Weitblick und Mut. Grenzen überwinden, die Suche nach dem persönlichen und/oder wirtschaftlichen Erfolg – all dies zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Schlagworte wie Aus- bzw. Einwanderung haben dabei auch 2013 nichts an Bedeutung verloren. Wohl dem, der aus freien Stücken entscheiden kann, wo er leben, arbeiten und investieren möchte. „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – viele Beispiele belegen in dieser Wirtschaftszeitung die Gültigkeit der wunderbaren Redensart. Auch im auf Sicherheit(en) bedachten Deutschland bleibt Anpacken eine lohnenswerte Alternative.
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Bernd Eikens, Helsinki. Der gebürtige Emsländer wohnt in einem unauffälligen Einfamilienhaus in Papenburg mit seiner Ehefrau und seinen beiden Söhnen. Doch streng genommen ist längst die Welt Bernd Eikens’ Zuhause. Der 48-Jährige jettet wochentags zwischen Helsinki, München, den USA und China umher. Im November rückt Eikens, bisher als
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GELD & GESCHÄFT
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Der Erfolg der „Westfalers“
Der Herr Doktor ist aus Indien
Hilfe beim Weg ins Ausland
Teetester: Komponist des guten Geschmacks
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INNOVATIONSMANAGEMENT SEITE 16
BÖRSE: TOPS UND FLOPS SEITE 24
DONNERSTAG, 30. OKTOBER 2014
AUSGABE 05/14
Lecker, handlich, Hightech Die Lebensmittelindustrie im Nordwesten gibt der Convenience-Gesellschaft neue Nahrung
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VON CHRISTIAN SCHAUDWET QUAKENBRÜCK/PAPENBURG. Wer
wissen will, was ihm in den nächsten Jahren in den Regalen der Supermärkte geboten wird, sollte sich mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik beschäftigen. Dort und in vielen Unternehmen der Region wird das Essen von morgen entwickelt.
„Essen ist einfach kühl gelagertes Sonnenlicht.“ Das schwärmerische Zitat auf den weißen Pappbechern des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) stammt von dem amerikanischen Arzt und Tüftler John Harvey Kellogg. Der Mann nahm den Mund ziemlich voll, aber er wusste, wovon er sprach. Ende des 19. Jahrhunderts erfand er die Erdnussbutter und – gemeinsam mit seinem Bruder Will Keith Kellogg – die Cornflakes. Aus Agrarprodukten wie Getreide, Kartoffeln, Fleisch und Milch neue Nahrungsmittel zu schaffen, wie es die Kellogg-Brüder taten, ist heute die Mission des DIL, eines europaweit wohl einzigartigen Instituts in Quakenbrück im Osnabrücker Land. Nicht nur neu und verlockend sollen die Kreationen sein, sondern auch industriell herstellbar, in rauen Mengen und gewinnträchtig. Denn die Forscher und Entwickler am 1983 gegründeten
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Fotos: Colourbox.de,Montage: Matthias Michel
DIL ersinnen ihre Viktualien nicht etwa für die Menüs von DreiSterne-Restaurants. Ihr Auftraggeber ist die Lebensmittelindustrie, die im Raum Osnabrück/Emsland zu den wichtigsten Arbeitgebern zählt. Das DIL ist ihr Kind, ein Verein, getragen von mehr als 140 Unternehmen, darunter weltweit agierende Nahrungsmittelriesen wie Pepsico, Unilever und Dr. Oetker. Auf der Mitgliederliste finden sich aber auch in der Region verwurzelte Mittelständler – der Osnabrücker Wurstfabrikant Bedford ist so einer, Kemper Fleischwaren in Nortrup, ebenso der Hersteller von Backund Dessertmischungen Ruf in Quakenbrück und viele mehr.
„Was nicht schmeckt, das wird nichts auf dem Markt.“
MED MAX W
AUG NHOH
Ideen für neue Produkte gibt es reichlich, aber eines ist für Achim Knoch klar wie Kloßbrühe: „Was nicht schmeckt, das wird nichts auf dem Markt.“ Der für Produktinnovation zuständige Manager am DIL geht im weißen Kittel und mit behaubtem Haupt durch die Versuchsräume voller mattstählerner Apparaturen im „Technikum-Neubau des DIL. Seit 23 Jahren ist er jetzt am Institut, und dass ihm die Arbeit Spaß macht wie am ersten Tag, nimmt man ihm tatsächlich ab: „Es ist eine ungeheuer spannende Tätigkeit, sagt der aus Minden
Achim Knoch, DIL
Innovationen, die man essen kann, sind das Fachgebiet von Achim Knoch am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik in Quakenbrück. Foto: Christian Schaudwet
MACHER & MÄRKTE
BRANCHEN & BETRIEBE
stammende Knoch, der gleich nach seinem Maschinenbau- und Verfahrenstechnik-Studium in Hannover nach Quakenbrück kam. Denn was am DIL geschieht, spiegelt den Wandel des Zeitgeistes. Derzeit durchdringen die Bedürfnisse einer einst belächelten, inzwischen aber starken Klientel die Industrie: Vegetarier, Veganer und „Flexitarier“ (lehnen Fleischkonsum nicht völlig ab, aber sind gegen industrielle Tierhaltung) sind zu einer Nachfragemacht geworden. Der Handel meldet Konsumgewohnheiten und daraus erwachsende Marktpotenziale an die Industrie. Und die Herstellerunternehmen wenden sich mit konkreten Aufträgen ans DIL. Die Quakenbrücker entwickeln etwas und stellen kleine Mengen davon her. Die Produzenten lassen es dann von Testgruppen kosten und bewerten. Nahrungsmittel, die kein Fleisch sind, aber wie Fleisch schmecken, sind so ein Wachstumsfeld. Das vegetarische und vegane Segment sei „ein Riesenschwerpunkt geworden“, sagt Knoch. „Dazu erhalten wir so viele Aufträge, dass wir sie gar nicht abarbeiten können.“ In den Niederlanden, aus denen das DIL auch viele Entwicklungsjobs bekommt, sei der Trend noch ausgeprägter, dort würden die Regale mit Variationen auf Pflanzenbasis immer länger. Auch ein florierendes Segment sind die sogenannten ConvenienceProdukte: An der Tankstelle kaufen, auf dem Weg zum Auto aufreißen,
GELD & GESCHÄFT
beim Starten des Motors reinbeißen und möglichst krümelfrei verzehren. „Herzhafte Snacks, ungekühlt im Laden, gern etwas mit Gemüse“. Innovationen in dieser Produktgruppe stünden bei zahlreichen Herstellern auf der Wunschliste, sagt Knoch. „Da sind viele dran, aber bisher hat es noch keiner wirklich hingekriegt.“ So manche Produktionsmethode aus dem DIL, an dem derzeit 154 Menschen beschäftigt sind, hat Karriere gemacht. Dass handelsübliches Eis heute viel cremiger ist als noch vor einigen Jahren und in der Tiefkühltruhe nicht kristallisiert, geht auf eine Innovation aus Quakenbrück zurück. Fortsetzung auf Seite 2
SICHERHEIT
Vorsicht ja, Angst nein
ntdecken, Erfinden, Einführen, Nutzen, Anwenden, Institutionalisieren: Steter Wandel, wie i Neuentwicklung Weiter- sowi kennzeichnen eine moderne Volkswirtschaft. Innovation ist dabei zum Schlagwort geworden, das die Schlagzahl vorgibt. Nur dank neuer Ideen und Erfindungen, die eine erfolgreiche wirtschaftliche Umsetzung erfahren, kann ein Industriestandort wie Deutschland seine Spitzenstellung in der Welt behaupten. Einen beträchtlichen Beitrag dazu liefern schlaue Köpfe aus der Region Osnabrück-Emsland. Und das schon seit Langem. Die Redaktion hat wieder recherchiert und alte und neue, bekannte und unbekannte Pioniere gefunden, die mit Wagemut und persönlichem Risiko Produkte auf den Markt bringen oder gebracht haben. Wer weiß noch, dass ein Meppener den ersten Hochsee-Öltanker der Welt bauen ließ und damit weltweite Transportwege revolutionierte? Der Herstellung von Nahrungsmitteln, die kein Fleisch sind, aber nach Fleisch schmecken, wird eine große Zukunft prophezeit. Mit derartigen zukunftsfähigen Produktinnovationen beschäftigt sich das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück. Fußballer, die auf einem für sie als angenehm empfundenen Kunstrasen kicken, profitieren vom Erfindergeist aus Melle. Und das sind nur drei Beispiele aus der Region. Auch angesichts des gedeihlichen Miteinanders von (Hochschul-)Forschung und Wirtschaft sind weitere Innovationsschübe zu erwarten. Was für großartige Perspektiven!
VON BERTHOLD HAMELMANN
Millimeter zwischen Leben und Tod
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Die WTD 91 in Meppen erprobt, was Soldaten der Bundeswehr im Einsatz schützen soll Durchschlagen wurden diese Stahlplatten in einem Versuch der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen.Fahrzeugschutz-Experte Klaus Hüsing weiß, welche Gefahren in Afghanistan lauern können.
Ingenieure forschen im Emsland gemeinsam mit Nato-Partnern. Debatte um die Rüstungsbeschaffung der Bundeswehr. 1877 begann der Betrieb auf dem „Krupp-Schießplatz“. VON CHRISTIAN SCHAUDWET MEPPEN. Unter dem Eindruck der Ukraine-Krise erhöht Deutschland seinen Militäretat, und die Bundeswehr bestellt zusätzliche Panzerfahrzeuge. Rüstungshersteller, die dem Bundesverteidigungsministerium Waffen, Fahrzeuge oder Ausrüstung verkaufen wollen, kommen an der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen nicht vorbei. Sie testet alles, was schießt – aber auch alles, was schützt.
Meterhoch schleudern die Druckwellen die tonnenschweren deutschen Panzerfahrzeuge in die Luft. Sprengladungen mit solcher Zerstörungskraft lauern nicht nur in Bewässerungsrohren unter afghanischen Straßen. Sie detonieren auch in vergrabenen Betonröhren auf den Versuchsständen der Bundeswehr im Emsland: Panzerfäuste, Minen oder die in Afghanistan gefürchteten Sprengfallen (Improvised Explosive Devices, IED) aus Kunstdünger-Diesel-Gemisch – wann immer ein neuer oder schon eingesetzter Fahrzeugtyp für das deutsche Militär auf seine Widerstandsfähigkeit gegen solche Waf-
fen getestet wird, geschieht das in der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition 91 bei Meppen. Im nur spärlich von Bäumen bewachsenen Hochmoorgebiet Tinner Dose/Sprakeler Heide hat das Schießen und Sprengen Tradition. Seit dem Jahre 1877 wird nördlich der Stadt Kriegsgerät deutscher Rüstungsschmieden erprobt (siehe Seite 2). Der Unternehmer Alfried Krupp war auf der Suche nach einem Schießplatz für seine Artilleriegeschütze auf das Ödland bei Meppen gestoßen. Den ersten Schuss gab eine Belagerungskanone aus der Krupp-Gussstahlfabrik in Essen ab. Später ließ das Stahlund Rüstungsunternehmen all sein Großgerät erproben, das auf den Schlachtfeldern der Weltkriege eins und zwei Tod und Verderben speien sollte. Um das Schussfeld für die immer weiter reichenden Kanonen erweitern zu können, wurden zwischen 1937 und 1942 307 Bauernhöfe umgesiedelt. Auch eine ganze
Jeder Fahrzeugtyp für die Bundeswehr (hier ein Spähwagen „Fennek“ in Afghanistan) muss die Tests der WTD 91 bestehen. Foto: dpa
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Ortschaft, das Dorf Wahn, musste weichen. Seit den Tagen des „Krupp’ schen Schießplatzes“ spiegelt die Arbeit der Techniker und Ingenieure dort die Evolution der Tötungstechnologie wider – seit jüngerer Zeit aber auch die von Technologien zum Schutz gegen das Töten: Gefechtsfahrzeuge werden heute anders gepanzert als noch zur Zeit des Kalten Krieges. Bis in die Neunzigerjahre härteten Rüstungshersteller sie in Erwartung eines massiven Panzerangriffs vor allem gegen Geschosseinschläge in die Frontpartie. „Unten dagegen waren die blank“, sagt Klaus Hüsing, der Leiter der Abteilung Fahrzeugschutz der WTD 91. „Heute werden Fahrzeuge viel stärker gegen Blast-Wirkung von unten durch Minen oder IEDs geschützt.“ Grund sei die veränderte Bedrohungslage vor allem durch Auslandseinsätze wie in Afghanistan. Pro Fahrzeugtyp geben Hüsings Mitarbeiter in den Testreihen an
BRANCHEN & BETRIEBE
die 800 Schuss ab und zünden bis zu 15 Sprengladungen. Beim Schützenpanzer „Puma“ der Hersteller Krauss Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall für die Bundeswehr waren es noch mehr. Der sich nach unten verjüngende Unterboden von Fahrzeugen ist so ein Evolutionsschritt der Rüstungsindustrie unter Beteiligung der Meppener Spezialisten: Die sogenannte V-Form sorgt dafür, dass ein Großteil der Druckwelle einer Mine oder eines IED seitlich nach oben an der Fahrgastzelle abgleitet. Sie verringert somit das, was Hüsing „Globalbewegung“ nennt – das Hochgeschleudertwerden des gesamten Fahrzeugs. „Das Thema Schutz ist für die Industrie und uns hier in der WTD in den letzten Jahren immer wichtiger geworden“, sagt Christoph Lammers, Leiter der sechsköpfigen Abteilung für Insassenschutz. Begonnen habe dieser Wandel mit den ersten Auslandseinsatzerfahrungen der Bundeswehr im früheren Jugoslawien. Lammers – umgänglich, humorvoll, mit stattlichen Koteletten und Dreitagebart, wirkt überhaupt nicht wie einer vom Kommiss. Doch der aus Rheine stammende 45-Jährige blickt zurück auf 13 Jahre Dienst als Zeitsoldat, die er als Marineoffizier in Hamburg, Flensburg, Husum und Köln verbrachte. Seit 2003 lebt er wieder in Rheine. „Es war schön, nach so vielen Jahren Wochenendbeziehung wieder nach Hause zu kommen“, sagt er. Lammers ist stolz auf die Arbeit seiner Abteilung, die für Soldaten draußen im Einsatz den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen kann. In der WTD 91 trage man dazu bei, dass Deutschland beim Insassenschutz ganz vorn mitspiele, sagt er. „Da brau-
GELD & GESCHÄFT
Erfindergeist: Der Club Vorschlagswesen: der Daniel Düsentriebs Alle mal mitdenken!
Stille statt Stress: Auszeit im Kloster
Privatdetektive: Viel besser als im Krimi
Lkw-Sicherheit: Trau Dich: Wagnis Region wird Testgebiet Selbstständigkeit
Fußball-Abwehr: Im Pressing liegt die Kraft
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Foto: Gert Westdörp
chen wir uns vor den Amerikanern nicht zu verstecken.“ Mit denen arbeitet der studierte Maschinenbauingenieur zusammen. In Zeiten schrumpfender Verteidigungsbudgets im Westen seien viele Rüstungsbeschaffungen und -erprobungen ohne internationale Kooperation gar nicht mehr machbar, sagt Lammers. So übernahmen er und seine Kollegen die Versuchsreihen bei der Nato-weiten Entwicklung eines neuen, mit Messtechnik gespickten Unterschenkels für Test-Dummys. Herkömmliche, für die Autoindustrie entwickelte Versuchspuppen eignen sich nur begrenzt für militärische Szenarien – VW, Daimler und BMW jagen ihre Produkte nicht in die Luft. Vor allem die Unterschenkel herkömmlicher Dummys – sie sind einer Minenexplosion am nächsten – erwiesen sich als ungeeignet. Wie die bis zu 400 000 Euro teuren, über 80 drahtlose Messkanäle mit leistungsstarken Rechnern verbundenen Testpuppen Forsetzung auf Seite 2
er deutsche Michel. In Karikaturen wird diese Persiflage eines typischen Deutschen oft mit Schlaf- oder Zipfelmütze gezeigt. Betrachtern fallen sofort Attribute wie übertriebene Gelassenheit oder drängende Sehnsucht nach Sicherheit ein. Wobei Letzteres typisch deutsch ist. Die Versicherungsbranche etwa profitiert von diesem Verlangen nach einem vermeintlich gefahrenfreien, abgesicherten Leben. Für jede Situation eine spezielle Versicherung – das beruhigt doch ungemein. Aber Achtung: Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass ein Drittel diverser Versicherungspolicen völlig unnötig ist. Und oft fehlt doch die wichtigste, eine private Haftpflichtversicherung. Innere oder äußere, private oder betriebliche Sicherheit, die Aspekte sind so vielschichtig wie das menschliche Leben. Daten-, Waffen- oder selbst Überwachungstechnik, um nur einige Beispiele zu nennen, sind feste Bestandteile unserer Wirtschaft. Wann aber wird die Schraube überdreht? Kann etwa die Furcht vor Wirtschaftsspionage unternehmerisches Handeln behindern? Berechtigte Vorsicht, übertriebene Abschottung oder angemessene Überwachung – Anspruch und Wirklichkeit klaffen häufig auseinander. So geben Menschen in sozialen Netzwerken freiwillig sensible Daten preis, die anderenorts den Ruf nach Datenschützern laut werden lassen. Sicherheit. Ein großes, komplexes Thema. Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe!
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Schöner grätschen auf Hightech-Kunstrasen
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Eine neue Sorte Kräuter zu züchten dauert zehn Jahre.
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Großartige Perspektiven VON BERTHOLD HAMELMANN
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DONNERSTAG, 18. DEZEMBER 2014
REGIONALE INNOVATIONEN
Elea Technology setzt für Pommes-Hersteller Kartoffeln unter Strom.
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SICHERHEITSDIENSTE IN DER REGION SEITEN 4/5
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Vegetarier, Veganer, Flexitarier – ihre Marktmacht wächst.
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Start-ups und Wagniskapital im Nordwesten Seiten 9 bis 16
GELD & GESCHÄFT Keine Angst vor ausländischen Investoren Seite 19
LEBEN & LEIDENSCHAFT Auf der einstigen „Goetzen“ über den Tanganjika-See Seiten 28 und 29
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Bei Sanicare rappelt’s im Karton Die Anteilseigner der Versandapotheke, Schein und Bertram, sind tief zerstritten VON STEFANIE ADOMEIT BAD LAER. Was ist los bei Sani-
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INVESTMENTS AM HIMMEL SEITE 18
DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32
DONNERSTAG, 26. OKTOBER 2017
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care? Deutschlands größte Versandapotheke kann nach Insolvenz und erfolgreichem Neustart eigentlich keine schlechten Schlagzeilen brauchen. Doch ein Streit zwischen den OHG-Partnern Volkmar Schein und Christoph Bertram gibt Rätsel auf.
Christoph Bertram
Nach der Insolvenz war der im Versandhandel unerfahrene Apotheker Volkmar Schein als neuer Inhaber in Bad Laer auf den Plan getreten. 2014 wandelte er Sanicare in die BS Apotheken OHG um und holte Christoph Bertram als gleichberechtigten Partner mit ins Boot.
Jetzt die Überraschung: Schein spielt die Pik Dame aus: Seine Ehefrau will die OHG-Verträge nach Paragraf 1365 BGB anfechten. Sie lebe mit ihrem Mann in einer „Zugewinngemeinschaft“ und habe dem Verkauf der Anteile an Bertram nicht zugestimmt.
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Foto: Stefanie Adomeit
Bertram wiederum hat nach eigenen Angaben in einem zweiten Schritt Ende 2015 für künftige Investitionen einen Millionenbetrag in die OHG mit 280 Mitarbeitern eingebracht – Schein nicht. Damit soll Schein, sagen Branchenkenner, nur noch fünf Prozent der Anteile besitzen – aber voll haften. Der 55-Jährige wurde seit über einem halben Jahr nicht mehr in Bad Laer gesehen. Seine Anwälte begründen das mit einer Erkrankung. Nach der Genesung wolle er die Arbeit wieder aufnehmen. Die Kontrahenten verbindet viel: Beruf, Verwurzelung im Saarland, Alter. Und: Beide sitzen im Aufsichtsrat der saarländischen Apothekenkooperation Pharmnet, bei
STÄRKE DES BUCHHANDELS SEITEN 12/13
der wiederum der kaufmännische Leiter von Sanicare, Detlef Dusel, Vorstandschef ist. Doch die „berufliche Freundschaft“, die sie, verbunden habe, sei passé, sagt Bertram. Er und Schein kommunizieren nur noch über Anwälte. Zwei Gespräche in den letzten Wochen wurden ergebnislos abgebrochen. Bertrams Vertreter hätten versucht, Schein aus seiner Apotheke zu drängen – sagen Scheins Anwälte. Bertram kontert: Wegen unterschiedlicher Investitionshöhen sei er nicht mehr zur 50/50-OHG bereit. Ein Rechtsgutachten bestätige ihm, dass Scheins Anteil weniger als 90 Prozent von dessen Vermögen darstelle und der Verkauf der Anteile nicht anfechtbar sei. Ende offen.
DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32
DONNERSTAG, 21. DEZEMBER 2017
AUSGABE 06/17
Des einen Freud, des anderen Leid
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STANDORTPORTRÄT STADT BAD IBURG MACHER & MÄRKTE Diskreter Riese: JCK Holding betreibt weltweite Geschäfte Seite 3
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STANDORTPORTRÄTS SAMTGEMEINDEN LENGERICH UND SCHÜTTORF
Mit einem Klick Kll sind die neuen Schuhe bestellt, ass Päckchen geliefert rtt – wenige Tage später das und ebenso einfach ist die Ware zurü rückg ü kgeschickt g kt. t Welche Kosten damit fü für ü den Internethandel verbunden sind und welche Chancen sich fü für ü den stationären Handel bieten, lesen Sie auf den Seiten 4 und 5.
MACHER & MÄRKTE Schiene, Straße, Wasser: Das GVZ Dörpen ist ein Erfolg. Seite 6
SPEZIAL
INNOVATIONEN & IDEEN
HANDEL & WANDEL
Fleisch aus dem Labor, Züge ohne Abgase: So innovativ sind Firmen
Vom Negativ zum Fotobuch – Cewe im Wandel der Zeit.
Seiten 12 bis 14
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Foto: Alstom/ Wittwer
Foto: Cewe
GELD & GESCHÄFT
GELD & GESCHÄFT
Blühende Geschäfte: Der Gartengigant Emsflower im Porträt
Was bedeuten die Zahlen in der Bilanz? Ein Blick auf Frosta.
Seiten 20/21
Seiten 20/21
LEBEN & LEIDENSCHAFT
LEBEN & LEIDENSCHAFT In aller Munde: Wie das Kultgetränk Gin die Region erobert
Orgel für Potsdamer Wahrzeichen kommt aus Georgsmarienhütte.
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Patrik Rosen, Vertreter der E gentümerfam e ROSEN Gruppe
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In dieser Ausgabe:
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DIE WICHTIGSTEN TERMINE SEITE 32
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INTERIM: CHEFS AUF ZEIT SEITE 22
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Layout: Georg Müller,Motive: iStock
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Vom Wandel und der Dynamik motiviert Zurück in der Heimat: Andreas Lamping ist Leiter der globalen Hellmann-Rechtsabteilung VON NINA KALLMEIER
Weltmarktführer im Kosmetikbereich, L’ Oréal, tätig. Die Lebensmittelbranche kennt er von seinen anderen beruflichen Stationen bei den Süßwarenherstellern Storck und Mars sowie bei Hero, ein international tätiger Konz
„Ich bin 20 Kilometer entfernt in Löningen aufgewachsen. Das ist ein echtes Homecoming für mich“, sagt der 43-jährige Vorstand und Diplom-Sportökonom. So sei das Angebot des Berentzen-Aufsichtsrates für ihn auch eine „absolute Herzenangelegenheit“ gewesen. Noch heute leben drei seiner sechs Geschwister und seine Mutter in Löningen.
„Ich bin im angrenzenden Landkreis Cloppenburg aufgewachsen und habe während meines Studiums in Osnabrück gelebt“, sagt der 42-jährige Volljurist. Nach dem Referendariat in Frankfurt und Stationen in der Finanz-Metropole und London sowie zuletzt in Mannheim ist der Umzug nach Osnabrück für Andreas Lamping
Schwegmann, Vater von drei Töchtern im Alter von fünf, sieben und neun Jahren, pendelt noch als bekennender Ostseefan zwischen Haselünne, Löningen, Timmendorfer Strand und Genf. In der Schweiz war er vor seinem Wechsel im Emsland als Manager beim
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OSNABRÜCK. Als „niedersächsisches Gewächs“ hat Andreas Lamping die Region nie aus den Augen verloren. Zum 1. Dezember hat er die Leitung der globalen Hellmann-Rechtsabteilung übernommen. Andreas Lamping
Foto: Hellmann
eine Rückkehr in die Heimat. Denn die vergangenen zehn Jahre hatte es ihn und seine Familie ins baden-württembergische Mannheim gezogen. Beim international tätigen Industriedienstleister Bilfinger SE hatte Lamping zuletzt die Funktion des Leiters Recht der
Abteilung M&A Corporate Finance inne und war konzernweit unter anderem für gesellschaftsrechtliche und allgemeine juristische Fragestellungen, Fusionen und Übernahmen sowie das Thema Fremdfinanzierung zuständig. Auch die konzernweite Umstrukturierung des im Bereich Petrochemie, Chemie, Pharma sowie Öl und Gas tätigen Unternehmens leitete er. Die Region hat Andreas Lamping dennoch nie aus den Augen verloren. „Meine Eltern und meine Schwiegereltern wohnen immer noch in der Nähe von Osnabrück.“ Entsprechend groß war die Vorfreude – auch wenn die dreiköpfige Familie Mannheim auch mit ei-
nem weinenden Auge verlassen habe, sagt der Vater einer kleinen Tochter. Aber: „Die ersten Tage in unserem neuen Zuhause haben die Vorfreude voll bestätigt: Osnabrück ist eine sehr freundliche und dynamische Stadt.“ Die internationale Spedition Hellmann habe ihm ein „überaus reizvolles Angebot“ gemacht, sagt der 42-Jährige: die Leitung der globalen Rechtsabteilung. „Das Unternehmen blickt auf eine erfolgreiche Historie zurück und befindet sich derzeit in einer sehr dynamischen Phase des Wandels. Gerade jetzt dazuzustoßen und diesen Wandel mitzugestalten ist eine spannende Aufgabe, die mich sehr motiviert.“
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EINBLICK IN FIRMA HERZOG SEITE 3
DAS BEDEUTET DIE CO2-STEUER SEITE 14
DONNERSTAG, 24. OKTOBER 2019
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So ist der Wirtschaftsstandort Lingen aufgestellt. Seiten 4 und 5
eite 9. Mehr dazu lesen Sie auf Se
Der Osnabrücker Fritz Rudolf Künker ist der Herr der Münzen. Seite 17
SPEZIAL Wirtschaftstalk: Wie nachhaltig ist unsere Energie?
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SPEZIAL AUTO & JOBS Wirtschaftstalk nimmt Automobilindustrie in den Fokus.
Einen Einblick in die Herausforderungen, Einschläge und Lichtblicke gibt das Spezial ab Seite 9.
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Bundesweit häufen sich die Negativmeldungen der Automobilhersteller und Zulieferer – doch wie betrifft es die Region?
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Rollt die Autobranche in Richtung Abgrund?
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Was ist nachhaltig?
SERIENHIT AUS QUAKENBRÜCK? SEITE 25
Seiten 12 und 13
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GELD & GESCHÄFT
Seiten 12 und 13
Das sind die größten Unternehmen im Nordwesten. Seite 22
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Wie Spielehändler vom Boom der Branche profitieren. Seiten 28 und 29
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Neuer starker Mann der Krone Holding Erfolg basiert auf der Struktur des emsländischen Familienunternehmens VON HERMANN-JOSEF MAMMES SPELLE Es gibt einen neuen starken
Mann in der Krone Gruppe an der Seite von Firmenchef Bernard Krone: Es ist der gebürtige Westfale David Frink. Der 46-Jährige löst Alfons Veer (65) ab, der nach 16 Jahren zum Jahresende altersbedingt in den Aufsichtsrat wechselt. Der 46-jährige Frink kam im April 2018 zur Krone Gruppe ins Emsland, zuerst als Financial Officer (CFO ). Seit Anfang Oktober verantwortet er als Chief Executive Officer (CEO) die erfolgreiche Landmaschinensparte in der Holding. Frinkes Büro am Stammsitz in Spelle hat eine direkte Verbindungstür zum Büro von Bernard Krone, der
NeuerCEO:David Frink.
Foto: S.Schöning
das Unternehmen in der vierten Generation führt. Die Struktur des Familienunternehmens mit seinen rund 7000 Beschäftigten ist für Frink im nationalen und internationalen Wettbewerb entscheidend: „Das ist unsere DNA, das ist ein Riesen-Wettbewerbsvorteil.“ Die Familie stehe nicht nur zu 100 Prozent hinter der
Firma, sondern sei zugleich deren „Aushängeschild“. Auch wenn die Nutzfahrzeugsparte in Werlte gerade eine harte Zeit durchlebe, sieht er Krone insgesamt auf einem guten Weg. „So haben wir speziell bei den großen landwirtschaftlichen Geräten wie Heckslern noch viel Potenzial und Luft nach oben“, so der begeisterte Fußballfan und ehemalige Aufsichtsrat von Arminia Bielefeld. In diesem Jahr peilt die Holding einen neuen Rekordumsatz von „über 2,2 Milliarden Euro“ an. Frink selbst bereitet die „Aufgabe einen Riesenspaß“. Sein Arbeitstag startet morgens meistens um 7.30 Uhr. „Im Schnitt arbeite ich zehn Termine ab.“ Dabei umfasst sein Aufgabenfeld alle Geschäftsberei-
che. Sein Tag endet spät abends mit dem Lesen der E-Mails und der Vorbereitung auf den Folgetag in seiner Speller Wohnung. Das Wochenende verbringt er bei seiner Frau und seinen drei Töchtern (9, 14 und 18 Jahre alt) in Bielefeld. Frinkes berufliche Vita ist sehr abwechslungsreich. Nach dem Abitur in Stolberg (Rheinland) folgte die Ausbildung zum Bankkaufmann, im Anschluss Studium der Betriebswirtschaftslehre mit späterer Promotion. Nach Dozententätigkeiten unter anderem bei der Bankakademie Aachen kam er 2004 zur Schiesser AG nach Radolfzell. Von 2009 bis 2017 war er als „Vorstand Produktion, Logistik, IT, Finanzen und Personal bei Gerry Weber International in Halle tätig.
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Hier reift Niedersachsen zum Weinanbaugebiet. Seiten 28 und 29
Wachstum unterstützen Michael Grunwald ist neu im Vorstand der Neuenhauser Unternehmensgruppe VON NINA KALLMEIER NEUENHAUS Nach zehn Jahren hatte Michael Grunwald im Mai den Vorsitz der Niedersachsenmetall-Bezirksgruppe Osnabrück-EmslandGrafschaft Bentheim abgegeben und sich auch aus der Geschäftsführung der Stemmann Technik GmbH zurückgezogen. Jetzt hat der 60-Jährige eine neue Aufgabe: Bereits zum 1. August wurde er in den Vorstand der Neuenhauser Unternehmensgruppe mit Sitz in Neuenhaus in der Grafschaft Bentheim berufen. Mit Stemmann hatte Grunwald viel verbunden: Schon seine Ausbildung hatte der Unternehmer in dem Unternehmen absolviert. Nach seiner Zeit beim Bund und dem Maschinenbaustudium kehrte er als
Konstrukteur zu Stemmann zurück. Zuletzt war Grunwald ziemlich genau 15 Jahre Geschäftsführer der Stemmann Technik GmbH und baute in dieser Zeit unter anderem den Firmensitz in Schüttorf neu auf. Auch die Übernahme des Unternehmens durch die Wabtec Corporation, zu der Stemmann seit 2014 gehört, begleitet Grunwald. Auch wenn bei seinem Abschied von Stemmann aufgrund der langen Verbundenheit ein bisschen Wehmut dabei war – der berufliche Wechsel von einem der weltweit führenden Hersteller von Komponenten und Systemen des Energie- und Datentransfers zu einem Maschinen- und Anlagenbauer unter anderem für die Automobil- und Textilindustrie dürfte Michael Grunwald
Michael Grunwald
Foto:JörnMartens
leichtgefallen sein. Schon an der Verbandsarbeit hatte dem 60-Jährigen unter anderem besonders gefallen, Themen über den Tellerrand der eigenen Firma hinaus zu diskutieren, wie er in einem Gespräch mit unserer Redaktion meinte.
Bei Neuenhauser steht Grunwald jetzt vor neuen Herausforderungen. Es geht vor allem darum, das Wachstum der weltweit operierenden Gruppe nachhaltig sicherzustellen. „Eine international wettbewerbsfähige Industrie ist der Garant für sichere Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland“, so Grunwald im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts „Industrie-ist-Zukunft“ der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland- Grafschaft Bentheim und des Industriellen Arbeitgeberverbandes Osnabrück-Emsland (IAV). „Die Industrie ist der Motor, der uns die Lebens- und Arbeitsbedingungen stetig verbessert und die Arbeitsplätze generiert, die vielen Menschen ein selbstbestimmtes Leben in Würde ermöglichen.“
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Feiern ja, aber ohne Plastik Wie Verbraucher und Hersteller auf den Trend reagieren VON MELANIE HEIKE SCHMIDT UND NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/BRAMSCHE Ob Trinkhalm oder Tischdecke: Auch bei Produkten für die Karnevalsparty oder die Geburtstagsfeier setzen Verbraucher zunehmend auf plastikfreie Alternativen. Hersteller von Einweggeschirr und Deko-Artikeln reagieren auf den Trend, bieten kompostierbare Servietten oder Geschirr aus Zuckerrohr-Abfällen an. Ein Beispiel ist der schwedische Dekoartikel-Konzern Duni, dessen deutsche Niederlassung in Bramsche im Osnabrücker Land zu finden ist. Plastikvermeiden liegt voll im Trend. Laut einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) wollen 90 Prozent der Deutschen im Jahr 2020 beim Einkaufen mehr Mehrwegtaschen benutzen. Außerdem soll bei 89 Prozent der Befragten mehr unverpacktes Obst und Gemüse im Korb landen, 79 Prozent setzen auf weniger Getränke aus Einwegbehältern. Laut einer Erhebung von YouGov hat fast die Hälfte aller Bürger (46 Prozent) schon einmal ein Produkt nicht gekauft, weil die Plastikverpackung sie abgeschreckt hat. Dass auch Handel und Hersteller zunehmend auf den Anti-PlastikTrend reagieren, liegt nahe. Immerhin würden laut YouGov sogar 53 Prozent aller Bürger ihre Einkäufe in einem anderen, nahe gelegenen Supermarkt tätigen, sofern dieser die umweltfreundlicheren Verpackungen im Angebot hätte. Das Abstimmen mit den Füßen zeigt bereits Wirkung: In immer mehr Geschäften gibt es zur früher üblichen
„Sämtliche einfarbigen Servietten aus unserer Produktion sind bereits kompostierbar.“ Michael Gerkmann, Duni Sales Director Consumer Central Europe
Plastikumhüllung mindestens eine plastikfreie oder zumindest plastikarme Alternative. Selbst an der Fleischtheke liegt Mehrweg im Trend: Immer mehr Geschäfte machen es möglich, Fleisch und Wurstwaren auf Wunsch in von daheim mitgebrachte Dosen zu verpacken. Beim Einkauf im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt kann der Verbraucher also bereits ganz gut ums Plastik herumkommen. Doch nicht in jedem Bereich ist Plastikvermeiden leicht. Geht es etwa um Party-Equipment für die nächste Karnevalsfeier, für den nächsten Geburtstag oder die bald wieder anstehenden Grillpartys, stellen sich viele die Frage: Gibt es Alternativen zu Plastiktischdecke, Plastikserviette, Plastikbecher, Plastikbesteck und Plastikstrohhalm? Und wenn ja, welche? Tatsächlich lässt sich auch bei Produkten für die Partysaison, zum Beispiel Tischdekoration oder Servietten, eine verstärkte Nachfrage nach alternativen Produkten feststellen, bestätigt Michael Gerkmann. Gerkmann ist Sales Director beim schwedischen Tischdekor-Konzern Duni, dessen deutsche Hauptverwaltung in Bramsche in Osnabrücker Land sitzt. „Sowohl aus dem Handel als auch aus der Gastronomie sind in den letzten Monaten deutlich mehr Anfragen nach alternativen Produkten eingegangen, die Plastik ersetzen sollen“, erklärt Gerkmann auf Nachfrage unserer Redaktion. So hätten beispielsweise „die großen Lebensmittelketten versucht, bei Werbeplatzierungen im Rahmen der Grillsaison Einwegartikel aus Plastik durch Papier oder Holz zu ersetzen“, erklärte er weiter. Der Jahresumsatz der Duni-Gruppe lag zuletzt bei rund 440 Millionen Euro. Ein Grund für die Entwicklung weg vom Plastik sind die Wünsche der Kunden, die zunehmend Wert legen auf umweltfreundliche und nachhaltige Alternativen. Weiterer Treiber ist auch das geplante Verbot der EU von bestimmten Einwegprodukten aus Plastik, für die Alternativen möglich sind. Darunter fallen Produkte, die bisher ganz oder hauptsächlich aus Kunststoffen hergestellt werden und nur kurz gebraucht werden, zum Beispiel Strohhalme, Plastikteller, Wattestäbchen oder Einwegbesteck. Dieser
Foto:Colourbox.de
sogenannte „Plastic Ban“ der EU gilt ab Mitte 2021, doch die Vorboten sind bereits spürbar: „Viele unsere Kunden versuchen diese Produkte schon vor dem Stichtag des sogenannten ,Plastic Ban‘ auszutauschen“, sagt Duni-Sales-Direktor Gerkmann. Bietet der Run auf alternative Produkte also eine Nische, von der Tischdeko- und Take-away-Hersteller profitieren können? Für den schwedischen Deko-Riesen Duni mit Sitz in Malmö, der Produktionsstätten unter anderem in Polen, Thailand und in Deutschland betreibt und dessen rund 2400 Mitarbeiter in 23 Ländern arbeiten, zahlt sich die Mühe aus: „Indem wir große Anstrengungen in die Entwicklung umweltfreundlicher Produkte und Lösungen zur Kompostierung anbieten, sind wir für unsere Kunden ein Lieferant, der sie bei den nötigen Veränderungen aktiv unterstützt“, erklärt Gerkmann. Ergebnisse dieser Anstrengungen bei Duni sind schon auf dem Markt. So seien „sämtliche einfarbigen Servi-
Wirtschaftsleser ... sind Unternehmer, Geschäftsführer und Führungskräfte. ... sind regional verwurzelt im Raum Osnabrück, Emsland und der Grafschaft Bentheim. ... bewahren den Überblick in einer immer komplexeren Welt. ... sind immer top informiert.
Wir danken unseren Werbekunden für ihre Treue und die vertrauensvolle Zusammenarbeit in 50 Ausgaben Ein Unternehmen der
etten“ bereits kompostierbar, bei Artikeln mit Motiv steigere Duni „die Anzahl der kompostierbaren Designs monatlich“, erklärt Verkaufsleiter Gerkmann. Auch bei Mitnahme-Behältnissen gibt es Neuerungen: Teller und Take-away-Verpackungen seien
auf Pappe oder Bagasse, das ist ein Abfallprodukt aus der Zuckerrohrherstellung, umgestellt worden, sagt Gerkmann. Auch hier sei bereits ein Großteil kompostierbar. Dahinter stehen nicht nur ökologische Aspekte, die für Verbraucher einen größeren Stellenwert haben als früher, sondern auch wirtschaftliche Effekte: „Durch die Kompostierbarkeit unserer Produkte ermöglichen wir die Schließung des natürlichen
Kreislaufs der Artikel. Als starke Marke wollen wir hiermit neue Märkte erschließen“, blickt Gerkmann in eine – vermutlich mehr und mehr plastikfreie – Zukunft des Deko-Konzerns. Verbraucher, die ganz praktische Ideen zum Umgehen von Plastik in ihrem Alltag suchen, werden im Internet vielfach fündig, etwa auf den Homepages der Verbraucherzentralen oder auf Seiten wie plastikalternative.de, wo sich auch Texte zu speziellen Themen finden, etwa „Karneval 2020 plastikfrei: Ideen zur Vermeidung“. Auch für Unternehmer wichtige Impulse gibt es beim Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE), einem 2001 von der Bundesregierung berufenen Gremium unter Vorsitz von Werner Schnappauf, früherem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und Staatsminister für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz in Bayern a.D. Der Rat hat nicht nur den Deutschen Nachhaltigkeitskodex entwickelt, sondern zeichnet jährlich auch ausgewählte Unternehmen mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis aus. Ein Blick in aktuelle Umfragen zeigt: Für Unternehmen und Produktentwickler steckt im Trend weg vom Plastik und hin zu nachhaltigeren Produkten hohes Potenzial. Fast die Hälfte der Verbraucher in Deutschland ist bereit, für nachhaltige Produkte mehr Geld auszugeben, wie die im September 2019 veröffentlichte Umfrage „Consumer Chemicals Survey“ der Beratungsfirma Accenture ergab. Die Forscher hatten weltweit 6000 Verbraucher zu ihrem Konsumverhalten befragt hat, darunter 500 aus Deutschland.
Glas statt Plastik: „Gastronomen sind gezwungen, Alternativen zu finden“ Im Gespräch mit Sebastian Müller,
VON MELANIE HEIKE SCHMIDT
Sebastian Müller, CEO des Trinkhalm-Herstellers Halm, hat auch Kunden in Niedersachsen.
OSNABRÜCK
Herr Müller, im Jahr 2016 haben Sie Ihr Unternehmen, das GlasTrinkhalme herstellt und vertreibt, gegründet. Anfangs waren es ein paar Hundert Gastronomen, die diese Halme orderten. Wie viele sind es aktuell? Wir wissen von über 5000 Gastronomen, die auf HALM setzen. Die genauen Zahlen sind uns nicht bekannt, weil wir ja auch Zulieferer sind und nicht nur Endkunden versorgen. So haben wir zum Beispiel die Metro als Kunden sowie verschiedene Gastro-Zulieferer. Aber wir können auf jeden Fall sagen, dass es über 5000 sind. Wie erklärt sich der Erfolg? Zunächst ist der Glashalm ein Produkt, das man nicht mehr vergisst, sobald man einmal daraus getrunken hat. Natürlich spielt uns auch die EU-Direktive, die Plastik-Strohhalme verbietet, in die Hände. Die Gastronomen sind gezwungen, andere Lösungen zu finden. Wir haben in Deutschland dafür gesorgt, dass Glas als Alternative stark geworden ist. In anderen Ländern, in denen bereits Verbote für Plastikhalme bestehen, wird meist Metall verwendet. Deutschland ist das einzige
Land, in dem Glas der Standard als Alternative zum Plastikhalm ist. Das schreiben wir uns zu. Wie das? Wir haben uns stark dafür eingesetzt, Glas als Alternative bekannt zu machen und beim Verbraucher sowie in der Gastronomie zu etablieren: Wir waren auf mehr als 150 Messen, sind auf vielen Märkten vertreten, gaben im Fernsehen einen Blick hinter die Kulissen, treten als Sponsor auf Events auf, auf denen Gäste mit HALM in Berührung kommen. Man könnte sagen: Wir legen das Thema Glastrinkhalm den Leuten wortwörtlich in den Mund. Wir glauben fest daran, dass durch die gastronomische Verbreitung unseres Produktes, die wir forciert haben, die Masse der Menschen auf unser Produkt aufmerksam geworden ist. So entstand Nachfrage auch für Privathaushalte. Welche Gastronomen ordern Ihre Halme? Sind das hauptsächlich solche vom Typus „Berliner Hipster“? Die Spannbreite ist groß. Wir haben kleine Cafés auf dem Land unter unseren Kunden, die zwanzig Trinkhalme bestellen und dann auch nicht mehr nachbestellen müssen, weil sie einfach klein sind und nicht mehr benötigen. Wir haben aber auch Großkunden. Es sind Kunden aller Couleur, Cafés, Restaurants,
Sebastian Müller, CEO beim Trinkhalm-HerstellerHalm. Foto: Paula Faraco
Bars, aber auch Saunaparks. Nach Niedersachsen und in Ihre Region liefern wir ebenfalls, zum Beispiel nach Friesland. Es ist auf jeden Fall nicht so, dass dieses Thema nur eine Berliner Bubble betrifft und nur im Prenzlauer Berg aus nachhaltigen Trinkhalmen getrunken wird. Ihr Unternehmen wächst stetig. Wie viele Mitarbeiter haben Sie jetzt? Wir haben mittlerweile 15 fest angestellte Mitarbeiter. Planen Sie noch weitere Produkte? Es gibt tatsächlich noch einige Produkte in der Pipeline, die wir jedoch vorerst nicht launchen. In Deutschland gibt es etwa 90.000 Gastronomen, in Europa sind es deutlich mehr, vielleicht 400.000. Und alle müssen Alternativen zum Plastikhalm finden.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
Mit einem Nähkursus fing alles an Die junge Grafschafterin Catharina Holtgrave erfüllt sich mit dem Beruf der Modedesignerin einen Kindheitstraum VON SEBASTIAN HAMEL Mit diesem Erfolg hat Catharina Holtgrave nicht gerechnet: Die junge Modedesignerin konnte mit ihrer experimentellen Kollektion „Verlanden“ die Experten überzeugen und ins Finale des European Fashion Award einziehen. Aus europaweit rund 160 Einsendungen schafften es nur 22 in die Endrunde. Die Kreationen der 29-Jährigen sind im Zuge ihres Bachelorstudiums entstanden und beschäftigen sich thematisch mit Heimat und Identität. Dabei greifen sie unter anderem die Trachtengeschichte der Grafschaft Bentheim auf. Dort – genauer gesagt im 700Einwohner-Ort Neugnadenfeld – liegen die Wurzeln der Designerin, die aktuell in Hamburg lebt und an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ihr Masterstudium absolviert. Es ist nicht nur die Vielfalt der Branche, die Catharina Holtgrave am Modedesign fasziniert. Sie liebt vor allem das praktische Arbeiten und das Ausleben der eigenen Kreativität. Stets beginnt ihr Schaffen mit einem Thema, das sie dann in ihren Werken umsetzt. „Das ist oft etwas Persönliches wie eben Herkunft und Identität“, sagt sie. Es folgen eine intensive Auseinandersetzung mit der Sache und eine umfassende Recherche, ehe sie verschieHOLTGRAVE
dene Elemente drapiert und Experimente entwickelt, diese fotografisch festhält und ihre Vorstellungen dann Schritt für Schritt in Kleidungsformen übersetzt. Zu der Erkenntnis, dass das Modedesign ihre berufliche Heimat sein sollte, gelangte Catharina Holtgrave nicht auf Anhieb: Nach ihrem Abitur in Neuenhaus und einem halben Jahr „Work-and-Travel“ in Neuseeland schrieb sie sich zunächst für ein Studium der Filmund Literaturwissenschaften in Berlin ein. Die Fächer fand sie zwar spannend – doch richtig erfüllend war es für sie nicht. Es fehlte schlichtweg die Praxis. So belegte die Studentin, die aus einer Textiler-Familie stammt, erst einmal einen Nähkursus an der Volkshochschule. „Das wollte ich schon immer können“, sagt sie und fügt hinzu: „Schon als Kind hatte ich den Wunsch, Modedesignerin zu werden. Das war allerdings eher ein Traum, und der Gedanke ging mit den Jahren verloren. Nun kam er wieder!“ Anstatt jedoch direkt von ihrem bisherigen Studium auf Modedesign umzusatteln, fügte sie einen bedeutsamen Zwischenschritt ein und ließ sich an der „Schule für Modemacher“ in Münster zur Maßschneider-Gesellin ausbilden. „Es war für mich sehr wichtig, vor einem Modedesign-Studium zunächst die Praxis zu beherrschen“, erklärt die Graf-
Inspiriert durch dieTrachtender GrafschaftBentheim,hatCatharinaHoltgrave eineeigene Kollektion entworfen...
...mitder sieinsFinale des EuropeanFashionAwardseingezogenist. Fotos: MaximilianKoppernock
schafterin. Auch habe ihr dies die Angst vor der Eignungsprüfung genommen. Den Bachelor hat sie in der Tasche – und ihr Eifer ist ungebrochen. Be-
flügelt haben ihre Leidenschaft in den vergangenen Jahren auch verschiedene Praktika, die den Facettenreichtum des Berufsfelds unterstreichen: Eines davon führte sie in
die Hauptstadt Österreichs zur „Art for Art Theaterservice GmbH“, die als Kostümwerkstatt unter anderem die Darsteller der Wiener Staatsoper ausstattet. Hier konnte sich die angehende Modedesignerin vielfältig ausprobieren: Der Betrieb verfügt nicht nur über eine Schneiderwerkstatt, sondern auch über eine sogenannte Modisterei, wo Hüte hergestellt werden, sowie über eine Kostümmalerei, die Kostüme verschiedenartig präpariert – etwa so, dass sie aussehen wie nach einer blutigen Schlacht. Für ein weiteres Praktikum ging es nach London zur bekannten Modedesignerin Vivienne Westwood, was unter anderem mit einem Besuch der Pariser Fashion Week verbunden war. Auch der Herausforderung von Auftragsarbeiten hat sich Catharina Holtgrave bereits gestellt – und die konnten unterschiedlicher kaum sein: Einmal kreierte sie das Equipment für eine Firma, die Datenerhebungen für Sportler und Sportpferde ausführt; ein anderes Mal entwarf sie spezielle Schürzen für die Barkeeper eines Jägermeister-Cocktail-Events in einem Münsteraner Club. Nach Abschluss des Masterstudiums möchte die junge Modeschöpferin, die selbst häufig Kleidung ihrer Großmutter sowie Secondhand-Ware trägt und dabei neu kombiniert, erst einmal weitere Erfahrungen bei größeren Labels sam-
meln. Inzwischen kann sich die Großstädterin allerdings auch gut vorstellen, eines Tages zurück zukehren in die Heimat. Ihr Traum ist ein eigener Laden mit Atelier, wo sie eine kleine, saisonunabhängige Kollektion anbietet und Auftragsarbeiten ausführt. Da ihr die Aspekte Umwelt und Nachhaltigkeit am Herzen liegen, möchte sie keinesfalls „Fast Fashion“ produzieren, sondern möglichst langlebige Stücke entwerfen. Grundsätzlich ist Catharina Holtgrave, die an der Uni als Tutorin die studentische Nähwerkstatt leitet, auch für andere Bereiche offen: „Modedesigner ist kein festgelegter Beruf. Viele denken dabei direkt an Personen wie Karl Lagerfeld. Es geht aber nicht nur um das Kreieren eigener Modelinien – man kann auch für den Film arbeiten oder Lehraufträge ausführen.“ Das nächste Highlight auf der großen Bühne jedenfalls hat Catharina Holtgrave gerade hinter sich gebracht: Im Januar hat sie im Rahmen des Projekts „Neo.Fashion“ ihre Kollektion „Verlanden“ bei einer Best-Graduates-Show auf der Berlin Fashion Week präsentiert. Das Projekt möchte den besten Absolventinnen und Absolventen aus ganz Deutschland eine Plattform bieten. Insgesamt waren mehr als 60 Graduierte aus neun Hochschulen dabei.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
TERMINE
20.03.2020 | 08.30 Uhr Lean Management – im Unternehmen Brüggen GmbH
DER WIRTSCHAFT
MEMA-WORKSHOP, BRÜGGEN GMBH, BOSCHSTRASSE 4, HERZLAKE
02.03.2020 | 17.00 Uhr
24.03.2020 | 15.30 Uhr
Absicherung betrieblich – Vortrag in Osnabrück
Praxisforum Digitalisierung (iuk Unternehmensnetzwerk)
ICO INNOVATIONS CENTRUM OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STRAßE 1
WFO, INNOVATIONSCENTRUM, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK
03.03.2020 | 09.00 Uhr
Das neueVorstandsteam 2020 derWirtschaftsjunioren Osnabrück stellt sich zusammen mit dem neu gewähl-
IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, NEUER GRABEN
04.03.2020 | 11.45 Uhr BVMW LunchTime: Gelungener Generationenwechsel? WFO, HAUS RAHENKAMP, MELLER LANDSTRAßE 106, OSNABRÜCK
24.03.2020 | 17.00 Uhr
tenKreissprecherRenéRichter(RichterMetallbauGmbH&Co.KG,6.vonlinks)undderGeschäftsführerinKirs-
IHK Seniorenexperten beraten Existenzgründer (Osnabrück)
tenSchwakevonderIHK Osnbrück-Emsland-GrafschaftBentheim(3.vonlinks)vor.
Foto:WJOsnabrück
DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT
Zum IHK-Neujahrsempfang in Lingen begrüßte (von links) IHKPräsident Uwe Goebel Finanzminister Reinhold Hilbers und den stv.MinisterpräsidentenDr.BerndAlthusmann. Foto:Th.Pertz
Marketing 2 – (GründerhausWorkshop in Osnabrück) ICO, INNOVATIONSCENTRUM, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK
26.03.2020 | 13.00 Uhr
Absicherung privat – Vortrag in Osnabrück (Gründerhaus)
Chef-Seminar „Selbstführung“ (WIGOS-Veranstaltung)
DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNG, HANNOVERSCHE STRAßE 6-8
KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK
06.03.2020 | 09.00 Uhr
26.03.2020 | 17.00 Uhr
MEMA-Netzwerkstand auf der ABI Zukunft (auch 07.03.2020)
12.03.2020 | 14.00 Uhr
Der niedersächsische Kultusminister Grant Hendrik Tonne (2. von links) informierte sich bei Schulleiterin Tanja Pavlitzek(3.vonlinks)und beiPatrikRosen(4.vonlinks,VertreterderEigentümerfamilieRosenGruppe,Lingen) überdaspädagogischeKonzept der bilingualen GrundschuleROBIGS. Foto:SchöningFotodesign
Handwerkselite der Region: 339 von insgesamt 380 Meisterinnen und Meistern aus dem Kammerbezirk, die 2019 ihre Prüfungen abschlossen, überreichte HandwerkskammerPräsident Reiner Möhle vor rund 1600 Gästen in der Osnabrück-Halleihrengroßen Meisterbrief. Foto:HWK
LANDKREIS EMSLAND, KREISHAUS II, ORDENIEDERUNG 2, MEPPEN
Info-Veranstaltung – Existenzgründung in Bramsche
KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK
GRÜNDERHAUS, RATHAUS BRAMSCHE, HASESTR. 11, BRAMSCHE
16.03.2020 | 09.00 Uhr
08.04.2020 | 14.00 Uhr
ICO-Academy: Agile Business Development
Ausbildung (fast) geschafft – Wie geht’s weiter?
WFO, ICO INNOVATIONSCENTRUM, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK
Marketing 1 (Markterkundung) Gründerhaus-Workshop
„Arbeiten mit Kennzahlen“ ELKONET mit MEMA-Netzwerk
26.03.2020 | 17.00 Uhr
„Online werben mit Google“ (WIGOS-Kompakt-Seminar)
16.03.2020 | 17.00 Uhr
HWK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, BRAMSCHER STR.
25.03.2020 | 17.00 Uhr
05.03.2020 | 17.00 Uhr
MEMA - NETZWERK DER EMSLAND, HALLE IV, KAISERSTR. 10A, LINGEN
Finanzplan – (GründerhausWorkshop in Osnabrück)
IHK-VOR-ORT, IT.EMSLAND ITZENTRUM, KAISERSTR. 10B, LINGEN Werkleiterwechsel imJubiläumsjahr derFelix Schoeller GroupOsnabrück:NorbertMey(rechts)übergabdenStaffelstab an KaiMiddeldorf. Foto: FelixSchoellerGroup
Der Personalleiter-Austausch-Emsland in derSparkasseEmslandpunktete beidenüber 50Teilnehmendenmit interessanten Vorträgen zu aktuellen Themen und der Möglichkeit zum Vernetzen (von links): Oliver Roosen, JensBoehle,MechtildWeßling,TimLühn,MartinFarys,RainerDickmänken. Foto:WirtschaftsverbandEmsland
16.04.2020 | 14.00 Uhr „Key-Account – aber richtig!“ (WIGOS-Kompakt-Seminar)
ICO INNOVATIONSCENTRUM, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK
KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK
17.03.2020 | 14.00 Uhr
22.04.2020 | 08.30 Uhr
„Projekte zum Erfolg führen – Projektmanagement“
DataCamp Einkauf 4.0 (MEMA Netzwerk der Emsland GmbH)
WIGOS-SEMINAR, KREISHAUS, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK
LANDWEHR AKADEMIE, VON-HUMBOLD-STR., WIETMARSCHEN-LOHNE
17.03.2020 | 16.00 Uhr
30.04.2020 | 09.00 Uhr
WfO: Netzwerk-Workshop Regionale Produkte SCHMIED IM HONE, OLDENBURGER LANDSTR. 62, OSNABRÜCK
Das IHK-Qualitätssiegel „Top Ausbildung“ ging wieder an die Wendt Maschinenbau GmbH & Co. KG: Eckhard Lammers, stv. IHK-Hauptgeschäftsführer, Valeska Hurtzig, GeschäftsführerinbeiWendt,undAuszubildenderChristian Flacke. Foto:IHK
PersonalreferentinIlkaMenke(links)undGeschäftsführerinAngelikaPölkingvonderJ. H.PölkingGmbH&Co.KGfreutensichmitIHK-HauptgeschäftsführerMarcoGrafüber die erneuteAuszeichnung mitdemIHK-Qualitätssiegel„TopAusbildung“. Foto:IHK
Qualitätsmanagement (IHKVeranstaltung in Osnabrück) IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, NEUER GRABEN
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Gesellschaft für Nano-Heiztechnologie mbH
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Planung und Installation von Lüftungs- und Klimaanlagen seit 1977
Arbeitstische, Windleitflächenlüfter, Klimakammern und Sonderbau
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