Die Wirtschaft Februar 2018

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MUHLE: DIGITALES NIEDERSACHSEN SEITE 10

SCHÜLER PROGRAMMIERT APP SEITE 26

DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

AUSGABE 01/18

Jahrhundertidee oder Risikofaktor?

EINZELPREIS 1,90 €

In dieser Ausgabe:

STANDORTPORTRÄT GEMEINDE LOTTE

Auf mehr als 20000 Dollar ist der Kurs der Kryptowährung Bitcoin noch im Dezember angestiegen. So hoch liegt er schon lange nicht mehr. Mehr zu Bitcoin, der Technologie dahinter und was nach der Kryptowährung kommen könnte auf den Seiten 20 und 21.

MACHER & MÄRKTE Das große Potenzial von Chinas neuer Seidenstraße. Seiten 4 und 5

SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Landwirte und Firmen der Landtechnik setzen auf Digitalisierung. Seiten 12 und 13

Foto: Lützenkirchen

GELD & GESCHÄFT Wenn der Robo-Berater Tipps zur Geldanlagen gibt. Seite 17

LEBEN & LEIDENSCHAFT Spielen ist Trumpf: Verlag aus dem Emsland ist erfolgreich. Seiten 28 und 29

Foto: iStock,Montage: Georg Müller

Veränderungen vorantreiben

www.pwc.de/mittelstand

Markus Buntz ist in Ostfriesland angekommen und lenkt bis 2023 die Bünting-Gruppe VON NINA KALLMEIER NORTMOOR. Seit drei Jahren ist

Markus Buntz als Vorstand bei Bünting, seit zwei Jahren Vorstandsvorsitzender. Der Schwabe ist in Ostfriesland angekommen und wird bis 2023 das Handelsunternehmen führen.

Dass Markus Buntz kein gebürtiger Ostfriese ist, kann der Vorstandsvorsitzende der Bünting-Gruppe schwer verbergen. „Man kann es unschwer hören“, sagt der 46-Jährige schmunzelnd. Wobei: In seiner Heimat Baden-Württemberg würde man mittlerweile anders denken. „Da wurde mir gerade gesagt, ich würde gar keinen Dialekt mehr sprechen, seit ich im Norden woh-

ne.“ Dabei muss er selbst etwas lachen. Sprachlich angepasst hat sich Markus Buntz, der vor seiner Tätigkeit für das Leeraner Handelsunternehmen unter anderem als Geschäftsführer bei Globus tätig war, dennoch: „Ich verstehe Plattdeutsch, auch wenn ich es selbst nicht sprechen kann.“ Letzteres soll sich jedoch ändern. 2015 ist Markus Buntz in das damalige Vorstandsduo der BüntingGruppe eingetreten und hat zusammen mit seiner Familie seinen Lebensmittelpunkt in den Norden verlagert. Als Handelsvorstand war er neben den Vertriebslinien auch für die Bereiche Einkauf und Marketing verantwortlich. Seit 2016 ist Buntz Vorstandsvorsitzender, nun wurde sein Vertrag vorzeitig bis

Markus Buntz, Vorstandsvorsitzender der Bünting AG. Foto: Bünting

2023 verlängert. Auch, um die Transformation, in der sich die Unternehmensgruppe derzeit befindet, weiter voranzutreiben. Denn die vergangenen Jahre waren für die Bünting-Gruppe nicht einfach. Nach eine Phase der Konsolidierung will man in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben,

stellt der Vorstandsvorsitzende in Aussicht. Ein Thema, das Markus Buntz neben den Investitionen in die Märkte am Herzen liegt, ist der Bereich E-Commerce. Auch wenn die Umsätze noch gering sind, im Online-Handel sieht Buntz dennoch für das mittelständische Familienunternehmen eine Zukunft. „Das sieht man auch bei einem Blick ins Ausland“, ist sich der Vorstandsvorsitzende sicher. Dort spielt der Verkauf von Lebensmitteln über das Internet schon eine wesentlich größere Rolle als in Deutschland. Und an diesen künftigen Umsätzen will die ostfriesische Handelsgruppe teilhaben. Diesen Bereich will Markus Buntz in den kommenden fünf Jahren voranbringen.

Und was ist Ihre Agenda für 2018? Digitalisierung. Internationalisierung. Fachkräftemangel. Wir sind für Sie da. Nicht mit großen Reden. Nicht mit Besserwisserei. Und bestimmt nicht mit einer Strategie ohne Umsetzung. Wir arbeiten am Erfolg Ihres Unternehmens: als persönliche, loyale, diskrete Berater mit einem starken Netzwerk. Sprechen Sie uns gerne an. Georg Stegemann, Tel.: + 49 541 3304-558, georg.stegemann@pwc.com

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

MACHER & MÄRKTE

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SPEZIAL

MACHER & MÄRKTE

GELD & GESCHÄFT

DIGITAL & INNOVATIV

LEBEN & LEIDENSCHAFT

E D I TO R I A L DIGITALISIERUNG

1 | Markus Buntz

9 | Blick von oben Dachdeckermeister Titus Recker setzt Drohnen ein.

Wenn der Roboter die Geldanlage übernimmt.

17 | Fintechs

25 | Konditorin

Fünfjahresplan für das Land

2 | Editorial

10 | Fokus: Digitalisierung

18 | Zukunftstrend

26 | Eigene App

VON BERTHOLD HAMELMANN

3 | In der Erfolgsspur

11 | Logistik

19 | Pfiffige Ideen

27 | Waschstraße

4/5 | Handelsboom

12/13 | Digitaler Acker Landwirte berichten über Erfahrungen und Stand der Digitalisierung.

Bitcoin ist nur eine von fast 1500 Kryptowährungen am Markt.

20/21 | Kryptowährung

28/29 | Spielen

6 | Hybrid

14 | Risiko Rechnung

22 | Crowdfunding

30 | Sprache

7 | Bauboom

15 | Ohne Akten

23 | Individualisierung

31 | Winzer

8 | Mehr als Software

16 | Mit dem Tablet

24 | Die Top 30

32 | Gesichter der Wirtschaft

Bis 2023 will Markus Buntz bei Bünting die Veränderungen vorantreiben. Digitalisierung ist mehr als nur ein Schlagwort – auch in Niedersachsen.

Breitbandausbau ist für Staatssekretär Stefan Muhle ein Schwerpunkt.

Die Eisenbahnwerkstatt, einst unrentable Tochter der Bentheimer Eisenbahn AG, floriert. China ist auch für die Region ein wichtiger Partner im Außenhandel. Tönnjes-Gruppe ergänzt analoges Nummernschild um digitale Komponente.

Gesundheit ist ein prägender Faktor an den Finanzmärkten.

Adidas bündelt mit Versandzentrum Kräfte im Niedersachsenpark.

Das Geschäft mit dreckigen Autos läuft für regionale Unternehmen gut. Verlage, Händler und Entwickler profitieren vom Boom der analogen Spiele.

Unternehmer nutzen das Geld der vielen zum Markteinstieg.

Codia Software GmbH digitalisiert Verwaltung und Hochschule.

Landwehr will sich mit Kita und Tagungszentrum von Masse absetzen.

Lennart Otte programmiert mit Leidenschaft und war schon bei Apple.

Das Patent und seine Alternativen können vor Nachahmern schützen.

Solvendi überprüft Bonität von Online-Shoppern für Händler.

Branche beklagt Engpässe im Straßenund Brückenbau.

Kritik aus der Familie brachte Eugenia Belke zum Tortenbacken.

Dolmetscher Youssef Oukich hilft, Barrieren zu überwinden.

Algorithmen ermöglichen Wiadok eine personalisierte Kanzleizeitschrift.

Tischlerei Vielstädte hat im Handwerk 4.0 Fuß gefasst.

Aloys Schoppe hat im Emsland einen eigenen Weinberg.

Das sind die größten Unternehmen im Norden.

Neujahrsempfang, neue Führungsspitzen, Kooperationen und gute Arbeitgeber.

Unternehmens- und Personenindex UNTERNEHMEN Adidas.................................................................11 AEG ................................................................... 29 Agravis...............................................................24 alea .................................................................... 29 Allgemeine Versicherungs-AG (RAG)...........6 Allianz Global Investors ................................18 Amazon .............................................................28 Amazonen-Werke............................................19 Apart Hotel...................................................... 20 Apple...........................................................24, 26 Arabisch-Deutsche Vereinigung für Handel und Industrie e. V. Ghorfa............. 30 Aumund Fördertechnik...................................4 Automobilindustrie VDA ................................ 7 Autopflegepark Lingen ..................................27 Auxmoney......................................................... 17 AWE Elektro Große Wördemann................32 Baader Linco......................................................4 Babuk................................................................ 30 Bafin................................................................... 17 BASF ........................................................... 18, 24 Baugewerbe-Verband Niedersachsen (BVN)....................................... 7 Bayer ........................................................... 18, 24 Bentheimer Eisenbahn (BE)...........................3 Bentley...............................................................27 Berentzen-Gruppe ................................... 18, 24 Beresa-Gruppe.................................................18 Berkshire Hath. ...............................................24 Big Dutchman..................................................24 Billpay................................................................ 17 Bitcoin Deutschland...................................... 20 Bitkom...............................................................16 BMW ..................................................................24 Boge....................................................................24 Bosch...........................................................20, 24 BP .......................................................................24 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ................................ 12 Bundessozialgericht (BSG) ...........................18 Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) .......................................32 Bunte .................................................................24 Bünting-Gruppe ................................................ 1 Bünting-Holding .............................................24 buw-Gruppe ..................................................... 14 Campus North ..................................................11 Cewe...................................................................24 Chinesische Handelskammer in Deutschland (CHDK) ..................................5 Claas................................................................... 13 CNPC..................................................................24 Coca-Cola ..........................................................19 codia Software ................................................. 15 Comdirect ......................................................... 17 Commerzbank......................................17, 20, 21 Companisto ......................................................22 Continental.......................................................24 Conversys.......................................................... 14

Coppenrath & Wiese ......................................24 Culimeta Textilglas-Technologie..................18 d.velop AG......................................................... 15 Daimler .............................................................24 Danish Crown..................................................24 DB Cargo.............................................................3 Deutsche Telekom...........................................24 Deutsche Bahn...................................................3 Deutsche Bank.............................................4, 17 Deutsche Post/DHL........................................24 Deutscher Bauernverband............................ 12 Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHK).............................................................4, 7 Deutsches Milchkontor .................................24 Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA) ............................................................19 E-Systems.......................................................... 13 Echterhoff Bau-Gruppe ................................... 7 Edition Spielwiese ......................................... 29 EHI Retail Institutes...................................... 14 Emsland-Stärke ...............................................24 Emsländische Eisenbahn ................................3 Enercity Stadtwerke Hannover .................. 20 Enercon .............................................................24 Ernst & Young....................................................5 Europäische Zentralbank (EZB).................. 21 European School of Management and Technology (ESMT) ....................................... 20 EWE ...................................................................24 Exor....................................................................24 ExxonMobil ......................................................24 Facebook ...........................................................22 Fachhochschule Osnabrück.......................... 15 Felix Schoeller..................................................24 Fidor Bank....................................................... 20 Fishtank ........................................................... 29 Ford....................................................................19 Franz Josef Schütte...........................................4 Fresenius...........................................................18 Fresenius Medical Care (FMC) ....................18 Friendsurance.................................................. 17 Friwo..................................................................18 Gazprom............................................................24 GEA Group .........................................................4 Gebr. Stolle .......................................................24 Glencor..............................................................24 Globus.................................................................. 1 GMH Holding ..................................................24 Goldman Sachs................................................ 17 Google................................................................23 GP Günter Papenburg......................................4 Grimme ............................................................. 13 H & R .................................................................24 Hagebau ............................................................24 Handelsverband Deutschland (HDE) ........ 14 Hasbro ...............................................................28 Hellmann ..........................................................24 Hellmann Worldwide Logistic.......................4 Heristo...............................................................24 Hermann Dallmann ......................................... 7 Homann Feinkost ...........................................24

Horváth & Partners ........................................ 17 Huber...................................................................4 IHK Braunschweig .........................................18 IHK Hannover .................................................18 IHK Niedersachsen ........................................18 Indiegogo ..........................................................22 IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim.............................................. 19, 21, 32 ING-Diba........................................................... 17 IOTA............................................................ 20, 21 Johnsson & Johnsson.....................................18 Kathrein ..............................................................6 Kathrein RFID...................................................6 Kickstarter........................................................22 Kids and Bytes...................................................8 KME ...................................................................24 Kosmos..............................................................28 Köster ................................................................24 Kotte Landtechnik.......................................... 13 Kreishandwerkerschaft .................................16 Kreisverwaltung Emsland............................. 15 Kreisverwaltung Meppen.............................. 15 Krone-Holding..........................................24, 32 Landwehr............................................................8 Landwehr Akademie........................................8 Lego....................................................................28 Liqid................................................................... 17 Loesche................................................................4 Ludo Fact ..........................................................28 Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ...........................9 Luuv ...................................................................22 Maßarbeit .........................................................18 Mercator Institute for China Studies ...........4 Merck.................................................................18 Mittelstandsverband BVMW..........................2 Mogel-Verlag .............................................28, 29 Molkerei Ammerland.....................................24 moses ................................................................ 29 Multivac ..............................................................4 Musikschule Nordhorn....................................8 N & H Autopflege............................................27 Nah- und Mittelost-Verein (NuMOV)........ 30 Netzwerk Grün tagen in Osnabrück...........32 Netzwerk Maschinen- und Anlagenbau der Wachstumsregion Hansalinie...............32 Niedersachsenpark..........................................11 Nordfrost ..........................................................24 Nordland...........................................................24 Novartis.............................................................18 Nürnberger-Spielekarten-Verlag ................ 29 NXP Semiconductors .......................................6 Osna.Bike..........................................................22 Osnabrett ...................................................22, 29 Paracelsus-Kliniken........................................24 Paydirekt ........................................................... 14 Paypal ................................................................ 14 Peek & Cloppenburg.......................................18 Pegasus .......................................................28, 29 Pfizer ..................................................................18 PHW-Gruppe....................................................24 Piepenbrock .....................................................24

Playmobil ..........................................................28 Poly Clips ............................................................4 Premium Aerotec ............................................24 Pretty Cakes......................................................25 Pricewaterhouse Coopers (PwC) .......2, 12, 18 Q1 Energie ........................................................24 Ravensburger............................................28, 29 Rheinenergie....................................................19 Roche .................................................................18 Röchling Engineering Plastics.....................24 Rossmann .........................................................24 Royal Dutch Shell ...........................................24 RWE ...................................................................18 RWE Generation .............................................18 RWE ..................................................................18 Salt and Pepper ...............................................19 Salzgitter AG ....................................................24 Savana Production Group...............................4 Scalable-Capital............................................... 17 Schenker .............................................................3 Schmidt Spiele..........................................28, 29 Siemens ........................................................ 4, 24 Sinopec ..............................................................24 Solvendi............................................................. 14 Sonae Arauco (ehem. Glunz)........................24 Sony....................................................................22 Spieleverlag e.V................................................28 Spieltraum ........................................................28 Sprehe................................................................24 Stadtbücherei Lingen.......................................8 Stadtverwaltung Osnabrück......................... 15 Stadtwerke Osnabrück ..................................24 Startnext ...........................................................22 State Grid..........................................................24 TMP Technic-Marketing-Products ..............18 Tönnjes E.A.S.T..................................................6 Tönnjes-Gruppe ................................................6 Total ...................................................................24 Toyota ................................................................24 Trafigura............................................................24 Tui.......................................................................24 Uni Duisburg-Essen .......................................19 Uniper................................................................24 Verlag Asmodee...............................................28 Verlag Huch......................................................28 Vogelsang..........................................................32 VW......................................................................24 Walmart ............................................................24 Weingut Jans Laubenstein............................ 31 Weingut Othegraven ...................................... 31 Wellergruppe....................................................24 Wernsing...........................................................24 Wiadok ..............................................................23 Windmöller & Hölscher ................................32 Wirtschaftsjunioren Osnabrück (WJ) ........32 World Public Diplomacy Organisation (WPDO)...............................................................4 Wüstenrot......................................................... 17 Zalando ............................................................. 14 Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) ..........................................16

Worklife

Architecture

ZF Friedrichshafen .........................................18 zweipunkt7-Gruppe ........................................ 14

PERSONEN Baginski, Artur .........................................22, 29 Baumann, Dirk ............................................... 29 Belke, Eugenia .................................................25 Benndorf, Steffen ........................................... 29 Berends, Joachim..............................................3 Bortolino, Carlo.............................................. 29 Bovensiepe, Gerd ............................................ 12 Brunner, Thomas ..............................................6 Buntz, Markus ................................................... 1 Burkhart, Michael...........................................18 Cook, Tim......................................................... 26 Dohm, Laurentius..................................... 12, 13 Dorn, Rüdiger ................................................. 29 Eder, Thomas.....................................................4 Fänger, Tobias.................................................. 15 Frink, Dr. David...............................................32 Glumpler, Heinrich........................................ 29 Goerke, Thorsten .............................................. 7 Grimme, Christof ............................................ 13 Grundorf, Darren........................................... 29 Gysi, Gregor......................................................32 Haferkamp, Kai ...............................................28 Helber, Stephan...............................................18 Herkenhoff, Marcus........................................18 Hinsch, Dr. Christian .....................................18 Hoff, Carsten .................................................... 13 Holtgrewe, Georg............................................19 Hunfeld, Daniel...............................................22 Hunfeld, Marcel ..............................................22 Hutter, Kermann.............................................28 Jauch, Günther ................................................ 31 Kanai, Seiji....................................................... 29 Kellermann, Matthias ....................................18 Kiesel, Malte..............................................28, 29 Kipker, Ingo...................................................... 17 Klasvogt, Bastian.............................................23 Klemm, Claudia................................................. 7 Knabke, Björn...................................................11 Koldehoff, Jörne..............................................28 Kotte, Stefan..................................................... 13 Krämer, Dr. Jörg.............................................. 21 Krone, Bernhard .............................................32 Kühle, Jens ....................................................... 14 Kujas, Sebastian ..............................................18 Künne, Stephan......................................... 12, 13 Landwehr, Oliver ..............................................8 Laubenstein, Claudia ..................................... 31 Laubenstein, Jens ........................................... 31 Loth, Jürgen ..............................................28, 29 Loth, Michael............................................28, 29 Loth, Petra ........................................................28 Loth, Gerrit ......................................................28 Magnor, Matthias..............................................4 Mardenli, Nasim .............................................27 Mardenli, Hussam ..........................................27

Mardenli, Firas ................................................27 Meiners, Andreas ............................................19 Mittnik, Stefan................................................. 17 Mönning, Dietmar............................................6 Muhle, Stefan.....................................................2 Muhle, Stefan...................................................10 Müller, Henning .............................................. 13 Muthig, Andreas..............................................18 Nakamoto, Satoshi......................................... 20 Naujoks, Helmut ...............................................4 Naumer, Jörg ...................................................18 Nieber, Mandy ..................................................11 Obermeyer, Norbert ......................................... 7 Odenhoven, Thomas ..................................... 29 Ohoven, Mario...................................................2 Otte, Lennart................................................... 26 Oukich, Youssef .............................................. 30 Petsch, Andy..............................................22, 29 Podzuweit, Erik ............................................... 17 Pourkian, Konrosh............................................4 Preußler, Otfried .............................................28 Rahe, Florian ...................................................19 Recker, Titus ......................................................9 Reinke, Dr. Daniel.............................................8 Reinold, Tim ...................................................... 7 Renz, Olaf ...........................................................6 Rieck, Christian............................................... 17 Ritchie, Garth ....................................................4 Rukwied, Joachim........................................... 12 Sauer, Dr. Konstantin.....................................18 Scheider, Wolf-Henning.................................18 Schießle, Thomas............................................18 Schmiemann, David ......................................... 7 Schmitt, Matthias........................................... 29 Schoppe, Aloys................................................. 31 Schoppe, Franz-Josef...................................... 31 Schoppe, Leo.................................................... 31 Schoppe, Annette ............................................ 31 Schoppe, Elfriede ............................................ 31 Seebode, Ben....................................................22 Seelmeyer, Michael................................... 12, 13 Serrahn, Siegried............................................... 7 Stauber, Dominik ............................................28 Stecking, Laurenz ........................................... 15 Stöß, Christoph..................................................4 Streiff, Helmut.................................................18 Tauber, Klaus ...................................................28 Teubner, Marco............................................... 29 Theilen, Alfons ................................................27 Treier, Volker......................................................4 Trump, Ronald.................................................18 Ulms, Thomas..................................................18 Veer, Alfons.......................................................32 Vielstädte, Matthias........................................16 von dem Bussche, Philip ...............................32 Weil, Stephan...................................................32 Wilmshöfer, André..........................................19 Winter, Wolfgang .............................................11 Winter, Reinhard ............................................ 15 Zimmermann, Tom........................................ 29 Zypries, Brigitte.................................................4

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igitalisierung ist mehr als nur ein Schlagwort. In der Wirtschaft entscheidet das Thema nicht selten über das Überleben eines Unternehmens. 2015 bewerteten gerade mal 50 Prozent des deutschen Mittelstands die Digitalisierung positiv. Im vergangenen Jahr waren es schon gut 70 Prozent. Die Einschätzung von Mario Ohoven, Präsident des Mittelstandsverbandes BVMW, wonach bereits vier von fünf Klein- und Mittelbetrieben erste Digitalisierungsprojekte umgesetzt haben, ist ein Fingerzeig. Rund 80 Prozent der Unternehmen seien bereit, noch stärker in die Digitalisierung zu investieren, so Ohoven 2017. So weit, so gut. Doch wo ein (digitaler) Wille ist, ist noch längst kein (digitaler) Weg. Gerade in ländlich geprägten Regionen entpuppt sich neben dem Fachkräftemangel eine unzulängliche digitale Infrastruktur als Hemmschuh, der Unternehmer in den Wahnsinn oder zum Abwandern treiben kann. Glasfaser solle „in jeder Region und jeder Gemeinde möglichst direkt bis zum Haus“ gelegt werden, so die aktuelle Willensbezeugung der möglichen neuen Berliner Koalitionsregierung. Ein Blick vor die eigene Haus- bzw. Firmentür reicht zur Einschätzung dieser hochtrabenden Pläne. 2015 bemängelte das Beratungsunternehmen PWC fehlende finanzielle Mittel und rechtliche Hindernisse. Abgehängt werden oder weiter vorne mitspielen: Die Digitalisierung verstärke weiter die Polarisierung zwischen prosperierenden oder schrumpfenden Städten bzw. Regionen. Die Aussagen gelten weiter. In Niedersachsen ruhen viele Augen auf Stefan Muhle. Der neue Staatssekretär im Wirtschaftsministerium bekräftigt das Ziel, das Bundesland bis 2022 flächendeckend mit schnellem Internet versorgen zu wollen. Ein ambitionierter Fünfjahresplan...

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

MACHER & MÄRKTE

In der Nische wachsen oder weichen? Einst unrentable Eisenbahnwerkstatt in Nordhorn ist zum Gewinnbringer geworden

VON IRENE SCHMIDT NORDHORN. Der Konzern Bent-

heimer Eisenbahn AG (BE) unterhält seit Jahr und Tag eine eigene Eisenbahnwerkstatt. Vor sechs Jahren kam es zum Schwur. Die BE stellte sich der Frage, die unrentable Tochter stillzulegen oder aber das Angebot zu erweitern. Heute ist die Werkstatt ein Gewinnbringer.

Die Eisenbahnwerkstatt der Bentheimer Eisenbahn (BE) hat viele Jahre ein reines Nischendasein geführt. „Wir haben keine eigenen

Waggons, und für unsere acht Lokomotiven und die Rangierloks allein hat sich der Aufwand nicht gelohnt“, berichtet BE-Vorstandsvorsitzender Joachim Berends. Offen sei vor sechs Jahren die Schließung diskutiert worden. Der Nachteil: Falls eine der eigenen Lokomotiven ausfällt, hätte man die Dienste eines anderen Instandsetzungsbetriebs in Anspruch nehmen müssen. Da die Bentheimer Eisenbahn dort jedoch im Hinblick auf die Großen keine Vorzugsbehandlung genießen würde, müsste sie sich auf lange Wartezeiten bis hin zu mehreren Monaten

KUNSTSTOFF STATT GRAUGUSS

Flüsterbremsen machen Züge leiser Die größte Lärmquelle ist das Rollgeräusch von Güterzügen, das vor allem durch Bremsklötze aus Grauguss verursacht wird. Beim Bremsvorgang rauen diese die Räder auf – und raue Räder verursachen laute Rollgeräusche während der Fahrt. Die Reduzierung des Lärms unmittel-

bar an der Quelle soll durch sogenannte „Flüsterbremsen“ erreicht werden. Denn fahren die Züge mit Bremsen aus Verbundstoff, wird das Rollgeräusch von Güterzügen laut Deutscher Bahn in der Vorbeifahrt um bis zu 10 dB (A) reduziert. Das entspricht einer gefühlten Halbierung des

Lärms. Leise Bremstechnologien im Schienengüterverkehr sind deshalb die wichtigste Maßnahme zur Minderung der Lärmemissionen. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie ihre Wirkung im gesamten Streckennetz entfalten. DB Cargo rüstet ihre rund 55 000 Güterwagen bis Ende 2020 vollständig auf die LL-Verbundstoffbremssohle („LL“ steht für Low noise und Low friction) um – Ende 2016 war bereits die Hälfte der Güterwagen leise. Laute Güterwagen sind per Gesetz ab Ende 2020 im deutschen Die „Flüsterbremse“ (links) ersetzt den Bremsklotz aus Netz nicht mehr zugelassen. Quelle: DB Grauguss.

einstellen. Es hätte Ersatz gemietet werden müssen. „Bei Lokomotiven ist Stillstand sehr kostspielig“, sagt Berends. Der andere Weg: Man müsste die Werkstatt als Dienstleister im Markt etablieren. Auch dieser Weg schien teuer, zumal das Personal besonders qualifiziert werden muss und die Werkstatt auf verschiedene Zertifikate angewiesen ist. Trotzdem entschied sich die Bentheimer Eisenbahn mit ihren rund 400 Mitarbeitern für diesen Weg. „Es hat sich gelohnt“, sagt der Vorstandsvorsitzende heute. „Die Eisenbahnwerkstatt ist zu einem unserer profitabelsten Betriebe geworden.“ Dazu hat beigetragen, dass viele Anbieter, darunter die Deutsche Bahn, eigene Werkstätten geschlossen oder konzentriert haben. So wurde das Ausbesserungswerk in Lingen ebenfalls einer neuen Nutzung zugeführt. Inzwischen zählt die Emsländische Eisenbahn daher zu den festen Kunden der Eisenbahnwerkstatt der BE, ebenso wie DB Cargo, die Gütersparte der Deutschen Bahn (ehemals Schenker) oder auch Eisenbahnen aus den Niederlanden, wo es nur zwei Werkstätten überhaupt gibt. Auch „unerwartete Kunden“ landen immer häufiger in der Werkstatt auf dem BE-Betriebshof in Nordhorn mit ihren 25 Maschinenbauern und Bremsschlossern: Bevor Güterzüge die deutsch-niederländische Grenze überqueren, werden sie auch technisch überprüft. Wenn dann ein Defekt festgestellt wird, ist der schnellste Weg der in die Werkstatt nach Nordhorn. BE-Personal, aber auch Gastmonteure der Eigentümer kümmern sich dort kurzfristig um die Reparaturen, sodass die Waggons schnell wieder „auf Achse“ gehen können. Das Spektrum der Arbeiten in einer Eisenbahnwerkstatt ist umfangreich, die Arbeitsbühnen sind gewaltig, denn auch

Bei der Bentheimer Eisenbahn weht ein frischer Wind.Das bekommt Vorstandsvorsitzender Joachim Berends nicht nur beim Fototermin auf der neuen Lokomotive zu spüren. Das Unternehmen hat zum Jahresbeginn zwei schnellere Güterloks vom Typ G2000-3 erworben, die sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland zugelassen sind.

eine Diesellok muss zum Radwechsel in die Höhe gehievt werden. So eine Lok wiegt locker ihre 60 Tonnen. In Nordhorn werden aber nicht nur Radreifen und ganze Achsen

Fotos: Werner Westdörp

ausgetauscht oder Hauptuntersuchungen durchgeführt: Immer wieder wird auch der Einbau neuer „Flüsterbremsen“ angefordert. In Deutschland müssen bis 2020 alle Güterwaggons mit den neuen

In der Werkstatt werden auch Lokomotiven und Waggons anderer Unternehmen repariert und gewartet.Der Waggon,der gerade in Arbeit ist,gehört der Emsländischen Eisenbahn.

Kunststoffbremsen ausgestattet sein. Sie sorgen dafür, dass die Züge erheblich leiser über die Schienen rollen. Da die Niederlande, die Schweiz und Österreich bereits ebenfalls auf die neue Bremsgeneration umstellen, sind die Auftragsbücher aller Eisenbahnwerkstätten in dieser Hinsicht gut gefüllt. Durch die Wiedereinführung des Schienenpersonennahverkehrs wird sich die Auslastung der Eisenbahnwerkstatt weiter vergrößert. Das Unternehmen wird die zweigleisige Werkstatt deshalb in voller Breite von 23 auf 53 Meter verlängern. Die Kosten dafür betragen 3,8 Millionen Euro. Darin enthalten sind Investitionen in eine neue Waschstraße für die fünf Triebwagen, die im Laufe des Jahres angeschafft werden, sowie Reinigungsplätze und eine neue Tankstelle.

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

MACHER & MÄRKTE

MACHER & MÄRKTE

Auf der Seidenstraße in Richtung Osten

Bestehende Eisenbahnlinien Moskau

Jekatarinenbur atarinenburg

Kasan

Hamburg

Warschau Lodz

Duisburg

Prag

KASA KASACHSTAN

Hellmann Worldwide Logistics sieht gute Chancen für noch mehr Handel

DIHK sieht noch große Chancen für Unternehmen. VON ANJA STEINBUCH UND JÜRGEN HOFFMANN OSNABRÜCK. Die Hellmann

Worldwide Logistics hat beste Verbindungen ins Reich der Mitte. 2017 hat das Speditionsunternehmen annähernd 22 000 Container auf der Schiene zwischen Asien und Europa transportiert. Das sind fünf Prozent des Jahresgeschäftes. Für dieses Jahr ist eine Verdopplung geplant, in fünf bis acht Jahren will Hellmann im interkontinentalen Verkehr 15 bis 20 Prozent über die Schiene abwickeln.

Von Westen nach Osten rollten vor allem Maschinenbauteile, Fahrzeuge und chemische Erzeugnisse, umgekehrt vornehmlich Textilien und Rohstoffe. Bisher macht bei Hellmann der Schienenverkehr zwischen dem Morgenland und der Alten Welt lediglich fünf Prozent (140 000 Tonnen) des Jahresgesamtgeschäfts aus, doch weil der Luftverkehr teurer und der Seeweg langsamer ist, gewinnt der Zug auf der Schiene an Bedeutung. „Wir planen für 2018 eine Verdoppelung und werden in fünf bis acht Jahren im interkontinentalen Verkehr 15 bis 20 Prozent unserer Transporte über die Schiene abwickeln“, prophezeit Matthias Magnor, Chief Operating Officer Road & Rail, mit Blick auf die Initiative „One belt, one Road“. Für die Neue Seidenstraße, wie das weltweit größte Entwicklungsprogramm hierzulande genannt wird, will

Ein Zug braucht 18 Tage für 10 000 Kilometer bis nach China.

Ulan Bator

MONGOLEI

Harbin

VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Die Volksrepublik

Istanbul

Madrid

Hellmann plant Verdopplung des Schienenverkehrs.

Volksrepublik vor Frankreich und den USA

Astana

London

China investiert 900 Milliarden Euro in „Neue Seidenstraße“.

RUSSLAND Nowosibirsk

Rotterdem

China 900 Milliarden Euro ausgeben. Damit sollen in den nächsten Jahrzehnten die Handelswege zwischen Asien und Europa ausgebaut werden. Geplant sind entlang der Routen Kraftwerke, Pipelines, Gewerbe- und Logistikzentren. Ein Kunde von Hellmann ist der Sanitärgroßhändler Franz Joseph Schütte in Wallenhorst. Wenn es darauf ankommt, schnell und zuverlässig aus dem chinesischen Produktionswerk in Ningbo Küchenarmaturen oder Brausesets nach Deutschland zu bekommen, weil etwa ein Baumarkt gerade eine Werbeaktion für diese Produkte durchführt, nutzt Christoph Stöß, Leiter Einkauf, den Zugverkehr des Logistikunternehmens (4200 Mitarbeiter in Deutschland). Für die etwa 10 000 Kilometer von China durch Kasachstan, Russland, Weißrussland und Polen bis nach Duisburg braucht ein Zug 18 Tage, ein Schiff ist zwischen der Volksrepublik und Hamburg bis zu 40 Tage unterwegs. „Durch den schnelleren Schienentransport lassen sich nicht nur Liefertermine leichter einhalten, sondern auch die Kapitalbindungskosten senken“, sagt Matthias Magnor. Hellmann Worldwide Logistics sieht gute Chancen für noch mehr Handel mit dem Osten. Nicht nur China, auch Russland und Polen und einige der sogenannten Nouruz-Staaten, zu denen etwa der Iran, Syrien und Tadschikistan ge-

China ist wichtiger Handelspartner Deutschlands

Bischkek

Ankara

Khorgas

Urumqi

Duschanbe

TÜRKEI Wirtschaftsraum Seidenstraße

Peking

Lanzhou

IRAN

Zhengzhou

Chian

CHINA

Teheran

China hat die USA 2016 als wichtigsten Handelspartner für Deutschland abgelöst. Das Volumen von Import und Export zwischen beiden Ländern erreichte einen Höchststand.

Yiwu

Changsa

Chongqing

Kunming

Aufbruchstimmung: Derzeit macht der Schienenverkehr zwischen Morgenland und der Alten Welt lediglich fünf Prozent des Jahresgeschäfts von Hellmann Worldwide Logistics aus.Der Anteil soll sich noch in diesem Jahr verdoppeln.

hören, hätten „erhebliches Wachstumspotenzial“, so Magnor. „Hier lassen sich Lieferketten weiter ausbauen.“ In der Neuen Seidenstraße sieht er für die deutsche Wirtschaft „mehr Chancen als Risiken“. Das hat er mit Volker Treier gemein, dem Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHK). Viele große, aber auch mittelständische Betriebe besäßen „enormes Know-how und internationale Erfahrungen“, um einen Beitrag zu den geplanten Infrastrukturprojekten in Eurasien zu leisten. Die dritte optimistische Stimme kommt vom Nah- und Fernost-Experten Kourosh Pourkian: „Der

deutsche Mittelstand gilt als weltweit einzigartiger Innovationspool, der auch unter schwierigen Bedingungen komplexe Projekte zuverlässig realisiert.“ Der in Teheran geborene Berater, der seit 1999 Geschäfte mit asiatischen Unternehmen anbahnt, nennt ein Beispiel: die Geflügelverarbeitungsfabrik Savana Production Group in der iranischen Provinz Mazandaran. Das norddeutsche Unternehmen Baader Linco hat die Schlachtungs- und Verarbeitungsanlagen geliefert, die bayerische Firma Huber für die Wasseraufbereitung gesorgt, Multivac und Poly Clips haben die Verpackungsmaschinen beigesteuert, die GEA Group die

Kühlanlagen, Siemens die elektronischen Kontrollsysteme. Den 20Millionen-Euro-Auftrag gegen asiatische Konkurrenz an Land gezogen haben die Deutschen, „weil sie ein Komplettpaket geboten haben“, so Pourkian. Auch in Indien, Pakistan und den zentralasiatischen Ländern hätten „GermanMittelständler“ beste Chancen, am Rande der Neuen Seidenstraße und größerer Einzugsgebiete Lebensmittelfabriken zu errichten. „Hier lassen sich mit dem Ausbau der Infrastruktur völlig neue Wirtschaftsräume erschließen, Märkte von morgen auch für die deutsche Wirtschaft“, sagt der Wirtschaftshelfer.

Zu den Firmen, die bereits involviert sind, gehört eine Tochter der Unternehmensgruppe GP Günter Papenburg, die einen 50 Kilometer langen Abschnitt der Autobahn A 380 in Usbekistan gebaut hat. Auftragsvolumen: 86 Millionen Euro. Der Anlagenbauer Loesche liefert für ein Zementwerk in Ägypten 18 Wälzmühlen, für den Abtransport der fertigen Klinker werden Maschinen der Rheinberger Firma Aumund Fördertechnik genutzt. Nach Ansicht von Thomas Eder vom Mercator Institute for China Studies haben vor allem Zulieferer von Spezialausrüstungen und Projektplanungsdienstleistungen gute Karten. Dies gelte besonders im Energiebereich, in der Logistik, bei der Bahntechnik und im Hafenausbau. Und Peking sucht weiter Kontakte in deutschen Landen. Helmut Naujoks, Präsident der deutschen Sektion der World Public Diplomacy Organisation (WPDO): „Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein deutsches Unternehmen eine Anfrage aus China bekommt.“ Er sieht die Neue Seidenstraße weniger als den Versuch Chinas, sich geopolitisch und weltwirtschaftlich breitzumachen, als vielmehr „eine ermunternde Botschaft an Europa, künftig enger und besser

zusammenzuarbeiten“. China gehe mit dieser Initiative einen Schritt auf Europa zu: „Deswegen wäre es falsch, wie die Kaninchen vor der Schlange zu sitzen und abzuwarten, was passiert.“ Die WPDO hofft indes wie auch viele europäische Politiker, dass China bei den

„Die Neue Seidenstraße steht erst am Anfang.“ Volker Treier, DIHK-Außenwirtschaftschef

Projekten auf Wünsche des Westens eingeht, beispielsweise die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards oder die Garantie, dass Aufträge öffentlich ausgeschrieben werden. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries etwa fordert, das Jahrhundertprojekt müsse „auf der Grundlage einer wirklichen Partnerschaft, gegenseitigem Nutzen und gleicher Wettbewerbsbedingungen“ entstehen. Zudem sollten möglichst viele Länder mit ins Boot geholt werden: „Es braucht einen multilateralen Ansatz, nicht nur einzelne Projekte.“ Zu den Befürwortern der Neuen Seidenstraße gehört auch Deutsche-Bank-Vorstand Garth Ritchie. Das Projekt könne sich spätestens in der nächsten Konjunkturflaute als willkommener Rückenwind erweisen. DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier fordert deutsche Unternehmer auf, nach Peking zu reisen, um an Aufträge für das Projekt zu kommen: „Die Musik spielt in China.“ Alternativ könnten kleinere und mittlere Firmen die 30 Auslandshandelskammern des DIHK im eurasischen Raum als „Informationsbeschaffer und Mittler“ nutzen. Er macht Unternehmern Mut: „Die Neue Seidenstraße steht erst am Anfang. Das

meiste Geld für dieses Projekt ist noch nicht vergeben.“ Helmut Naujoks rät deutschen Unternehmern, ihre Scheu vor den Asiaten abzulegen – und Geduld mitzubringen: „Man braucht viele Gespräche, bis etwas Verbindliches auf dem Tisch liegt.“ Er plant die

Einrichtung einer Internet-Plattform für deutsche Unternehmen, die mit chinesischen Firmen in Kontakt treten wollen. Berater Pourkian: „Wer sich auf sein nah- und fernöstliches Gegenüber einlässt, hat gute Chancen, freundliche und vertragstreue Partner zu gewinnen.“

Zum ersten Mal ist die Volksrepublik China Deutschlands größter Handelspartner. Nach den endgültigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2016 Waren im Wert von 170 Milliarden Euro zwischen Deutschland und China gehandelt – 2015 waren es noch rund 163 Milliarden Euro. Das Außenhandelsvolumen umfasst sowohl die Exporte nach als auch Importe aus China. 3,2 Milliarden Euro weniger betrug das Außenhandelsvolumen mit Frankreich. Auf Rang drei – jedoch weiterhin wichtigster Exportpartner Deutschlands – waren die Vereinigten Staaten mit einem Außenhandelsumsatz von 164,8 Milliarden Euro. Insbesondere Importe aus China machten sich in der Außenhandelsbilanz bemerkbar. Sie betrugen 2016 rund 94,2 Milliarden Euro. Damit lag China auf Platz eins. Der Exportumsatz Deutschlands mit China machte 2016 rund 76 Milliarden Euro aus. Somit ist die Volksrepublik der viertwichtigste Markt für deutsche Exportgüter.

Außenhandel zwischen Deutschland und China boomt Import und Export im Plus (Angaben in Mrd. Euro)

Import aus China

91,93

77,27

Export nach China 60,83 56,42

64,86 56,71

49,96 40,85 34,07

32,79 27,48

25,68 19,94 21,34 12,12

2001

14,57

2002

79,53 78,53

18,26

2003

79,83 74,54

74,37

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20,99 21,23

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

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2013

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2015

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Laut einer Studie der Chinesischen Handelskammer in Deutschland (CHKD) ist Deutschland für China ein wichtiger wirtschaftlicher Partner in Europa. Der Handel zwischen den beiden Ländern mache mehr als 30 Prozent des europäisch-chinesischen Handels aus, heißt es. Und auch eine Befragung von chinesischen Firmen in Deutschland zeigt: 88,9 Prozent sehen für den deutschen Markt eine wichtige oder sehr wichtige Rolle in der Entwicklungsstrategie. Entsprechend haben Firmen in Deutschland investiert. Laut chinesischem Handelsministerium betrugen die Investitionsströme von China nach Deutschland rund 2,95 Milliarden US-Dollar – ein Plus von mehr als 250 Prozent innerhalb eines Jahres. Der Investitionsbestand von chinesischen Unternehmen in Deutschland – nach offiziellen Angaben der Bundesländer gibt es von ihnen rund 2500 – haben demnach 2016 8,83 Milliarden US-Dollar erreicht. Laut Studie der CHKD, die sich auf eine Befragung von chinesischen Unternehmen in Deutschland zum Geschäftsklima stützt, sind es vor allem strategische Investitionen im Zuge der Internationalisierung, die chinesische Firmen in Deutschland tätigen. Auch das Land Niedersachsen profitiert laut Studie – auch wenn der Großteil der Unternehmen unter anderem in Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen angesiedelt ist. Auf Niedersachsen entfallen laut Umfrage 6,3 Prozent der Investitionen. Bundesweit sind es laut Studie vor allem Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau (28,6 Prozent) sowie im Handel (23,8 Prozent), die investieren. Auf Platz drei folgt die Automobil- und Zulieferbranche gefolgt von Energie und Umwelt, sowie Beratung/Technologie-Services. Neben ausländischen Direktinvestitionen (52,4 Prozent) haben Unternehmen vor allem in die Gründung von Niederlassungen investiert (42,9 Prozent), zeigt das Untersuchungsergebnis. Auch für chinesische Investoren bleiben deutsche Firmen attraktiv. Sie haben im vergangenen Jahr eine Rekordsumme von 13,7 Milliarden Dollar in deutsche Unternehmen investiert. Das zeigt das Ergebnis einer jüngst veröffentlichten Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young. Die Zahl der Übernahmen sank jedoch auf 54 Transaktionen.

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Abbildung zeigt Wunschausstattung gegen Mehrpreis. 4

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

MACHER & MÄRKTE

Wenn das Analoge zu um Hybrid wird wii Delmenhorster Unternehmen Tönnjes hat Nummernschilder mit passivem RFID-Chip entwickelt – Einsatz nur im Ausland

VON NINA KALLMEIER DELMENHORST. 62,6 Millionen

Fahrzeuge sind in Deutschland zugelassen, jedes von ihnen braucht ein Nummernschild. Allein die Tönnjes-Gruppe fertigt dafür pro Jahr an ihrem Delmenhorster Firmensitz zehn Millionen Rohplatinen. Die Information des Nummernschildes, anhand derer Halter und Fahrzeug bestimmt werden, könnten jedoch auch mithilfe eines RFID-Chips auf dem Schild transportiert werden – der für die Zukunft viele Anwendungsmöglichkeiten bietet.

Wer in Deutschland ein Auto zulassen will, muss zum Straßenverkehrsamt. Dort bekommt er sein ausgewähltes Nummernschild. Ganz analog, in den Abmessungen 520 mal 110 Millimeter. Wie es in Deutschland vorgeschrieben ist. Ein Unternehmen, das die Rohplatinen dafür herstellt sowie in seinen Shops Nummernschilder ver-

edelt, ist die Tönnjes-Gruppe mit Sitz in Delmenhorst. Dort ist eine von weltweit 20 Produktionsstätten der Gruppe. „Wir produzieren lokal für den jeweiligen Markt“, erklärt Tönnjes-Geschäftsführer Dietmar Mönning. Die Fälschungssicherheit dieses „Fingerabdrucks“ eines Autos ist für Tönnjes ein großes Thema. Denn laut einer Schätzung der Allgemeinen Versicherungs-AG (RAG) werden in Deutschland jeden Tag rund 400 Autokennzeichen gestohlen. So entstand die Idee, das analoge Produkt um eine digitale Komponente, einen passiven RFID-Chip, zu ergänzen, erklärt Mönning. „Die Kriminalität folgt jedem Sicherheitsmerkmal, das die Schilder bekommen.“ Eine digitale Identifikation würde es ermöglichen, den Lebenszyklus eines Schildes nachzuvollziehen – von seiner Herstellung über die Ausgabe bis zur Vernichtung. Hinzu komme, dass die Digitalisierung die Tür für andere Einsatzbereiche öffnet – zum Beispiel als „Schlüssel“ zu Zufahrten.

Der RFID-Chip im Nummernschild lässt sich kaum erkennen.Auf eine Entfernung von 15 Metern könnten die Daten im fließenden Verkehr ausgelesen werden.

Die auf den ersten Blick einfache Idee, einen passiven RFID-Chip zu verwenden, entpuppte sich jedoch als technische Herausforderung. „Das Metall der Nummernschilder hemmt die Sendeleistung“, erklärt der Geschäftsführer. Ein autorisiertes Lesegerät müsste den Chip jedoch aus kurzer Distanz auslesen können. Ein bis zwei Meter Reichweite waren ursprünglich das Ziel. Wenn Mönning von der Lösung dieses Problems berichtet, ist sie eigentlich naheliegend: den Nachteil in einen Vorteil verwandeln und das Nummernschild zur Antenne

umfunktionieren. „Heute garantieren wir eine Reichweite von 15 Metern. Im Labor haben wir sogar 20 geschafft.“ Das bestätigte auch ein Feldversuch zur Fahrzeugidentifikation in Kooperation mit dem niederländischen Verteidigungsministerium – bei Geschwindigkeiten von bis zu 150 Kilometern pro Stunde. Kooperationspartner in der Entwicklung des sogenannten IDePLATEs sind der niederländische Chiphersteller NXP Semiconductors und der bayerische Antennenspezialist Kathrein, der die Infrastruktur zur Entschlüsselung des

Automatisierung made in Delmenhorst Daten aus einer Hand machen es möglich nika DELMENHORST. Am TönnjesFirmensitz wird zwar automatisiert, aber nicht vollautomatisch gefertigt. Das ist in Italien ab Ende des Jahres anders. Dort entsteht die erste vollautomatische Kennzeichenproduktion – made in Delmenhorst. Sie soll rund sechs Millionen Nummernschilder pro Jahr fertigen. Warum diese Neuheit nicht am Firmensitz von Tönnjes entsteht? „Wir stellen in Delmenhorst Halbfertigprodukte her. Die eigentliche Prägung erfolgt in unseren Shops vor Ort“, erklärt Tönnjes-Geschäftsführer Olaf Renz. Das sei in Italien anders. Dort wird das vollständige Kennzeichen „in einem Rutsch“ hergestellt – von der Patine über die Lackierung bis zum Versand. Entsprechend höher sei der Mehrwert einer automatischen Produkti-

Nicht nur jede Maschine für sich arbeitet automatisiert, die verschiedenen Anlagen zur Kennzeichenproduktion können auch untereinander kommunizieren.

on. Dabei funktioniert nicht nur jeder einzelne Produktionsschritt für sich genommen automatisch, sondern die Maschinen kommunizieren miteinander. Ein Zustand, der die Anlage als „4.0“ qualifiziert. „Die einzelnen Arbeitsmodule können unter anderem die Produktionsgeschwindigkeit anpassen“, so Renz. Das ermöglicht der staatli-

Foto: Tönnjes

chen Druckerei Italiens, die zu 100 Prozent dem italienischen Ministerium für Wirtschaft und Finanzen gehört und die Anlage mit einem Investitionsvolumen von neun Millionen Euro in Delmenhorst in Auftrag gegeben hat, eine dynamische Produktion. Denn den Produktionsstatus erhält der Betriebsleiter in Echtzeit.

Auch wenn die Anlage mit kaum Personal auskommt, der Fokus sei nicht, möglichst wenig Mitarbeiter anzustellen, sagt Dietmar Mönning. Vor allem soll sie menschliche Fehler vermeiden – und Manipulation verringern. „Alle Daten kommen kontrolliert aus dem eigenen ERP-System. Das ist ein großer Sicherheitsfaktor.“ Zudem erhält jedes Schild im Produktionsprozess eine individuelle Identifikationsnummer, sodass auch später noch nachvollzogen werden kann, wann welcher Produktionsschritt durchlaufen wurde. Automatisierte Anlangen sind für Tönnjes nichts Neues. „Wir kannten so ein System mit manueller Unterstützung“, sagt Renz. Die Kommunikation hingegen war neu. Die Hoffnung sei, dass dieses neue Know-how später auch den eigenen Anlagen zugutekommt.

RFID-Chips beisteuert. „Mit der Kooperation bei der Electronic Vehicle Registration haben wir die bewährte Partnerschaft ausgebaut. Tönnjes ergänzt mit seinen RFIDProdukten unser Know-how im Bereich ITS Intelligent Transportation Systems in idealer Weise“, sagt Thomas Brunner, Geschäftsführer von Kathrein RFID, und ist überzeugt: „Wir können mit gemeinsam entwickelten Lösungen wichtige Impulse für den Straßenverkehr der Zukunft geben.“ Die große Reichweite des Chips hat laut Olaf Renz, Geschäftsführer bei Tönnjes E.A.S.T in Delmenhorst, auch das Unternehmen überrascht – und ermöglicht, auch Anwendungsbereiche im fließenden Verkehr ins Auge zu fassen. Zum Beispiel, um Mautabgaben einzutreiben, die Zufahrt zu Umweltzonen zu kontrollieren oder zur Unterstützung der Fahrzeugermittlungen bei Gefahrenlagen. Für Letzteres brauche es laut Mönning keine Komplettüberwachung. Lesegeräte an neuralgischen Punkten würden reichen. Und Tests hätten gezeigt, dass die Chip-Erkennung viel zuverlässiger ist als automatische Kennzeichenlesesysteme per Kameraüberwachung. Datenschutzbedenken hat Mönning nicht. „Ausgelesen wird nicht mehr, als ohnehin optisch für jeden sichtbar zu erkennen ist: Buchstaben und Zahlen“, betont der Geschäftsführer. Nur eben zuverlässiger als per Kameramonitoring. Ein hologrammähnlicher Aufkleber für die Windschutzscheibe, ähnlich einer österreichischen Vignette, würde zusätzlich sicherstellen, dass Auto und Kennzeichen zusammengehören. Das Schild funktioniere außerdem nicht wie ein GPS-Signal, das sich überall orten lässt. „Ausgelesen werden kann nur dort, wo auch ein Lesegerät stationiert ist“,

Foto: Tönnjes

ergänzt der Unternehmer. Auch die RFID-Chips entwickelten sich weiter. Die neueste Generation ist ein kryptografischer Chip mit verschlüsselten Informationen. Hinzu kommt: „Aufgrund des größeren Speicherplatzes ist aus der Einbahnstraße der Abfrage eine Möglichkeit zur Kommunikation zwischen Chip und Lesegerät geworden“, sagt Mönning. So könne im Vorfeld abgefragt werden, ob das Lesegerät überhaupt berechtigt ist, die Abfrage zu starten. Zugelassen sind die Kennzeichen mit RFID-Chips bislang in Deutschland nicht, auch nicht auf freiwilliger Basis – obwohl sie den Vorschriften entsprechen, betont Mönning. Anders sieht das im Ausland aus. Warum? Das hängt für den Geschäftsführer auch mit dem politischen Willen zusammen. Auf den Cayman Islands wird das Kennzeichen für eine effektive Verwaltung von Fahrzeugen genutzt. Das Ziel: neben der Diebstahlsicherheit unter anderem höhere Steuereinnahmen. Letztere waren es auch, die einen Einsatz in Kenia angestoßen haben. „Dort gibt es kein zentrales Fahrzeug- und Halterregister, sodass dem Land viel Geld verloren ging“, sagt Mönning. In Lettland hingegen wird seit 2016 jedes zugelassene Elektrofahrzeug mit einem RFID-Chip-Kennzeichen ausgestattet. Dieser soll ein kostenloses Laden der Autos ermöglichen. Was Tönnjes in Deutschland fehle, sei ein Pilotprojekt in öffentlicher Trägerschaft, das die Funktion bestätigt, erklärt Dietmar Mönning. Zum Beispiel beim niedersächsischen Pilotprojekt „Section Control“ zur Geschwindigkeitskontrolle wäre man gerne dabei gewesen. Die Entwicklung geht dennoch weiter. Für Mönning ist aus dem ehemals analogen Produkt schon heute ein Hybrid geworden.

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

MACHER & MÄRKTE

„Die Kapazitäten in der Branche sind ausgelastet“ Engpässe im Straßen- und Brückenbau – Branchenkenner verweisen auf Boom beim Ausbau der Windenergie

VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN BRAMSCHE/WESTERKAPPELN. Das

Geschäft der Straßen- und Brückenbauer boomt. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind prall gefüllt – und doch sind Klagen zu hören. Es mangele an Fachkräften, immer wieder komme es zu Versorgungsengpässen bei Baustoffen. Auf Spezialmaschinen mit besonders großer Breite, Höhe und Gewicht müsse man lange warten.

Auf Nachfrage geben sich viele Branchenvertreter zugeknöpft. Andere scheuen nicht davor zurück, klar Position zu beziehen. „Die Kapazitäten in der Branche sind ausgelastet, das gilt sowohl für Maschinen als auch für Baustoffe wie Asphalt und Edelsplit“, sagt Thorsten Goerke, Mitglied der Geschäftsführung des Bramscher Straßen- und Tiefbauunternehmens Hermann Dallmann. „Ich würde die Situation so beschreiben: Wir haben nur eine Bettdecke, an der verschiedene Leute ziehen. Sie ist also immer etwas kurz.“ An verschiedenen Baustellen in der Region kooperiert Dallmann eng mit der Echterhoff Bau-Gruppe aus Westerkappeln. Echterhoff ist unter anderem im Brückenbau aktiv. Auch hier ist man für ein offenes Wort zu haben. Tim Reinold, Bauleiter Ingenieurbau bei Echterhoff, freut sich über die Hochkonjunktur in der Branche. Es bestünden aber erhebliche Probleme bei Schwerlasttransporten für Maschinen, berichtet der Fachmann. „Teilweise dürfen beispielsweise Brücken nicht befahren werden, dadurch werden die Wege immer länger. Für uns bedeutet das: Es gibt zu wenig Flexibilität. Das ist der größte Knackpunkt.“ Reinolds Kollege David Schmiemann ist bei Echterhoff für die Disposition verantwortlich. Laut seinen Angaben gibt es einen Genehmigungsstau bei Anträgen für Schwertransporte mit mehr als drei Meter Breite und mehr als vier Meter Höhe. „Die Anträge liegen acht bis zehn Wochen zur Bearbeitung“, so Schmiemann. Die zuständigen Behörden hätten ihr Personal in der Vergangenheit drastisch abgebaut, sie seien schlicht überlastet. Die Unternehmen versuchen, trotz der Probleme irgendwie über die Runden zu kommen. Ihre Strategie: Statt einem reichen sie gleich drei bis vier Anträge auf Genehmigungen ein und hoffen, dass einer schnell zurückkommt. Das belastet die Genehmigungsbehörden zusätzlich. „Von 100 Anträgen kommen deshalb vielleicht 30 zur Ausführung“, glaubt Schmiemann. „Davon sind wohl alle Bauunternehmen betroffen.“ Als Spediteur kennt der Osnabrücker Siegfried Serrahn die Situation im Bereich der Baustellenlogistik besonders gut. Er transportiert vor allem Stahl, außerdem aber auch Baustellenmaterial und Spezialmaschinen für die Bauindustrie. „Besonders schwierig wird es, wenn mehrere Bundesländer passiert werden müssen. Dann muss ein Anhörungsverfahren beantragt werden“, erklärt er. Dafür gibt es

das Onlineportal „VEMAGS“, das „Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte“. Über diesen Service kann eine Genehmigung sekundenschnell beantragt werden – dann dauert es. Jedes Bundesland prüft einzeln, ob es auf den vorgesehenen Strecken Baustellen oder andere Behinderungen gibt. Zu dem Nadelöhr bei den Genehmigungsverfahren hat laut Serrahn neben dem Boom in der Baubranche der starke Ausbau der Windenergie beigetragen. Auch die Industrie sei massiv von der Problematik betroffen. Die Siegerländer Schwermaschinenindustrie beispielsweise könne die A 45 kaum nutzen, weil diese Autobahn von Länge, Breite und Gewichtsbelastbarkeit nicht entsprechend ausgelegt sei. Norbert Obermeyer, Fachdienstleiter Straßenverkehr im Fachbereich Bürger und Ordnung der Stadt Osnabrück, will die Darstellung des Spediteurs auf Nachfrage nicht bestätigen. „In den allermeisten Fällen sind Anhörungsverfahren ohnehin vorgesehen, sodass darin keine besondere Mehrbelastung liegt“, so Obermeyer. „Anders ist das allerdings zu bewerten, wenn aufgrund geänderter Streckenführungen ein erhöhter Anhörungsbedarf besteht, weil dann mehr Verkehrsbehörden zu beteiligen sind.“ Das verlängere dann die Bearbeitungszeit für das Genehmigungsverfahren. Eine breit aufgestellte Verbändeinitiative der deutschen Industrie sah das offenbar anders, sie wandte sich im Herbst 2017 mit ei-

„Die Anträge liegen acht bis zehn Wochen zur Bearbeitung.“ David Schmiemann

ner konzertierten Aktion an die Verkehrsminister aller Bundesländer. Vertreten waren unter anderem der Verband der Automobilindustrie VDA, der Deutsche Industrie- und Handelstag DIHK und verschiedene Verbände der Baubranche. Die Verbände legten einen Maßnahmenkatalog vor, dessen Ziel die „Reduzierung und Optimierung der Genehmigungsfälle ohne negativen Einfluss auf die Sicherheit des Verkehrs und der Infrastruktur“ ist. Die Industrie habe die Geduld verloren, sagt Siegfried Serrahn, man sei nicht mehr lieferfähig gewesen. Neben der Lage in der Transportlogistik ist es die Situation im Bereich der Fachkräfte, die vielen Unternehmen der Baubranche Sorgen bereitet. „Beim Personal arbeitet die Branche an der Kapazitätsgrenze“, konstatiert Dallmann-Geschäftsführer Goerke: „Da macht sich bemerkbar, dass die Zahl der Mitarbeiter über Jahre reduziert wurde.“ Laut Angaben von Claudia Klemm, Abteilungsleiterin Ausund Weiterbildung im Baugewerbe-Verband Niedersachsen BVN in Hannover, sehen sich 59 Prozent der niedersächsischen Baubetriebe durch den Fachkräftemangel in ihrer Bautätigkeit behindert. „Trotz einer prognostizierten Steigerung der Beschäftigungszahl um knapp vier Prozent für das Jahr 2017 können nicht alle freien Stellen besetzt werden“, so Klemm. Immerhin seien die Ausbildungszahlen zuletzt gestiegen. Thorsten Goerke glaubt sogar an eine „Renaissance der Bauberufe“. Die Branche sei integrativ, und der Einstieg sei auch ohne Abitur möglich. Allerdings ist er nicht zufrieden mit der Lage bei der Ausbildung des gewerblichen Nachwuchses. Die überbetriebliche Ausbildung über die Kammern sei top. Es fehle aber an Möglichkeiten für die wohnortnahe Beschulung. „Da ist die Politik gefordert“, sagt Goerke. „Immerhin haben wir im Kammerbezirk über 1000 Straßenbauer.“ Selbst wenn eine Firma genügend Fachkräfte zur Verfügung hat, richten die vor Ort wenig aus, wenn es an Baustoffen mangelt. Tatsächlich gab es in der Versorgungskette für Transportbeton im Raum Weser-Ems in den letzten Monaten Engpässe. Wie ein Brancheninsider erklärt, ist auch das wesentlich auf den Bauboom in der Windkraftbranche in der Region zurückzuführen. Für die Fundamente der Anlagen würden große Mengen an Beton benötigt. In der Folge seien nicht immer alle Zuschlagstoffe in ausreichender Menge verfügbar gewesen. Unter anderem habe es zu wenig Kies und Zement gegeben. „Die Nachfrage hat die Vorlieferanten ein wenig überrollt“, sagt der Experte. „Hinzu kamen milde Winter; die Werke mussten durchgehend liefern, es blieb keine Zeit, die Vorräte aufzufüllen.“ Voraussichtlich werde sich die Situation ab der zweiten Jahreshälfte 2018 entspannen, weil man in der Windkraft dann deutlich geringeren Zubau erwarte.

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In die Zukunft – mit Kita und Tagungszentrum Software-Firma Landwehr will sich von Masse abheben

VON SEBASTIAN HAMEL LOHNE. Die Software-Firma

Landwehr aus Lohne ist ein wachsendes Unternehmen – sowohl personell, finanziell als auch ideell. 2016 entstand mit „Kids and Bytes“ die erste Betriebskita im Landkreis Grafschaft Bentheim und mit der Landwehr-Akademie ein modernes Tagungszentrum. Das Fazit nach knapp zwei Jahren ist positiv.

Eigentlich arbeiten bei der Firma Landwehr aus Lohne vor allem Software-Entwickler und Vertriebsexperten. Doch seit 2016 beschäftigt das Unternehmen im Nordosten der Grafschaft, auf halber Strecke zwischen Nordhorn und Lingen gelegen, auch Erzieher und Hotelfachleute. In der Betriebskita „Kids and Bytes“ werden Kinder von Mitarbeitern ebenso betreut wie Mädchen und Jungen aus dem Gemeindegebiet, die LandwehrAkademie bietet Räumlichkeiten für interne und externe Veranstaltungen sowie Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Niveau eines

Luxus-Hotels. Wie haben sich die Investitionen bezahlt gemacht? Zunächst ein Blick auf das Kerngeschäft des Unternehmens: Landwehr bietet Computerprogramme für Firmen an. Die Software deckt sämtliche kaufmännischen Prozesse von der Auftragsbestellung bis zur Personalverwaltung ab. Gegründet 1994 mit der Entwicklung des ersten WarenWirtschaftsprogramms, bedient der Betrieb heute die Bereiche Zeitarbeit, Gebäudereiniger, Handel, Produktion, Agrar und seit Kurzem auch die Eventbranche. Hauptsächlich konzentriert sich das Geschäft auf den deutschsprachigen Raum, doch auch in Teilen Europas und sogar in Übersee sind Kunden ansässig. „Rund 45 000 Menschen arbeiten täglich mit unserer Software“, sagt Pressesprecher Dr. Daniel Reinke. Die Landwehr-Mitarbeiter betreuen ihre Kunden vor Ort im Außendienst und via Telefon im Innendienst. Die Hotline-Teams haben im Jahr 2017 mehr als 200 000 Anrufe entgegengenommen. Heute arbeiten rund 250 Mitarbeiter in der Unternehmensgrup-

Derzeit besuchen 65 Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren die Kita „Kids and Bytes“. Im Herbst wird die Kapazität auf 80 erhöht.Dennoch gibt es eine Warteliste. Foto: Werner Westdörp

pe – Tendenz steigend. Unternehmensgruppe, weil die im Februar 2016 eröffnete Betriebskita – wo allein 20 Menschen beschäftigt sind – als gemeinnützige GmbH angegliedert ist. Erste Überlegungen dazu gehen zurück auf das Jahr 2013, als Firmenchef Oliver Landwehr ankündigte, das Thema Kinderbetreuung fester in den Blick zu nehmen. Verschiedene Möglichkeiten standen im Raum: Tagesmütter, oder Eltern-Kind-Büros. Letztlich fiel die Entscheidung auf den Kindergarten: „Wir sind eine junge Belegschaft, das Durchschnittsal-

Mit der Landwehr-Akademie hat sich das Software-Unternehmen breiter aufgestellt und beschäftigt nun seit Oktober 2016 unter anderen auch Hotelfachleute.

Fotos: Iris Kersten

ter liegt bei 35 Jahren“, erklärt Reinke. Entsprechend viele junge Mütter und Väter sind unter den Kollegen. Geschäftsführer Oliver Landwehr, Jahrgang 1981, gehört selbst zur jüngeren Generation. 65 Kinder im Alter zwischen sechs Monaten und sechs Jahren besuchen aktuell die Kita „Kids and Bytes“, davon 24 von Landwehr-Mitarbeitern. Grundsätzlich ist ein Drittel der Plätze für Kinder aus dem Unternehmen vorgesehen, ein Drittel steht der Gemeinde Wietmarschen zur Verfügung, ein weiteres Drittel der Plätze ist öffentlich verfügbar. Diese können sich zum Beispiel andere Unternehmen sichern. Ab kommendem August erhöht sich die Zahl der Kinder auf 80, dennoch gibt es eine Warteliste. „Das spricht dafür, dass wir mit dem Konzept auf dem richtigen Weg sind“, ist sich Reinke sicher, dessen Sohn selbst seit vergangenem Sommer zu den Kids von „Kids and Bytes“ zählt. Das pädagogische Konzept umfasst unter anderem bilinguale Bildung – Deutsch und Englisch – und betont zudem die Aspekte Ernährung und Bewegung. Eine Zusammenarbeit gibt es mit der Stadtbücherei Lingen und der Musikschule Nordhorn, um ein umfassendes Angebot zu ermöglichen. Nur ein gutes halbes Jahr nach dem Start des Kita-Betriebs folgte im Oktober 2016 ein weiterer Mei-

lenstein für die Software-Firma: die Eröffnung der Landwehr-Akademie. Für Schulungen zur Bedienung der Computerprogramme mussten Kunden bis dahin in umliegenden Hotels einkehren. Nun können die Gäste in den Hotelzimmern der Akademie nächtigen. Einige der Seminarräume sind hinsichtlich Mobiliar und Ausstattung speziell auf Software-Schulungen zugeschnitten, andere sind flexibel in der Nutzung. Hinzu kommen Konferenzräume und als „Herzstück“ ein Veranstaltungssaal mit 20-Quadratmeter-LED-Leinwand. Die Akademie ist dabei nicht

Plätze werden aufgestockt. Dennoch gibt es eine Warteliste.

nur für interne Aktivitäten bestimmt: Auch lokale Unternehmen nutzen die gebotene Infrastruktur zu unterschiedlichen Anlässen. Den Gästen möchte Landwehr ein „Rundum-sorglos-Paket“ bieten: Der Aufenthalt wird durch Entspannungsmomente in der Lounge und die Verköstigung im Bistro abgerundet. Die betriebseigene Großküche versorgt Mitarbeiter, Besucher und die Kita-Kinder täglich mit Mahlzeiten. „Mit der Akademie haben wir einen Schritt in Richtung Zukunft gemacht. Wir wollen Software-Kunden mehr bieten als Computerprogramme“, sagt Reinke. Knapp 2000 Teilnehmer von LandwehrSeminaren waren 2017 zu Gast, insgesamt wurden ganze 16 000 Gäste verzeichnet. Mit der Profilerweiterung will sich das Unternehmen allerdings nicht nur vom Wettbewerb abheben. „Wir möchten auch als Arbeitgeber attraktiv sein“, so Daniel Reinke. Da gehöre das entsprechende Ambiente dazu. Schließlich ist der allgegenwärtige Begriff Fachkräftemangel auch bei Landwehr ein Thema. Um dem entgegenzuwirken, setzt der Betrieb auch auf Nachwuchsförderung: Mehr als 100 Azubis wurden in den vergangenen Jahren ausgebildet und nahezu alle im Anschluss auch übernommen. 2019 wird das 25. Firmenjubiläum gefeiert.

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

SPEZIAL

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DIGITAL & INNOVATIV

Ein sicherer Blick von oben Für Dachdeckermeister Titus Recker wird die Drohne zum Arbeitsgerät

Seit zwei Jahren hat Dachdeckermeister Titus Recker eine Drohne.Sowohl für die Arbeitssicherheit als auch für die Begutachtung von Schäden sieht Recker für die Drohne im Handwerk viel Potenzial.

Der Einsatz von Drohnen erhöht Arbeitssicherheit. Gutachten werden dank digitaler Bilder aussagekräftiger. Für den Dachdecker wird das Fluggerät zum Handwerkszeug. VON NINA KALLMEIER GEORGSMARIENHÜTTE. Die Indust-

rie ist das klassische Beispiel für Vorreiter in der Digitalisierung. Beispiele gibt es aber im Handwerk. So ist für Dachdeckermeister Titus Recker die Drohne ein Handwerkszeug, das seinem Berufsstand neue Möglichkeiten aufzeigt – für die Arbeitssicherheit, aber auch die Genauigkeit von Schadensgutachten.

Die vier quadratisch angeordneten Propeller sind zwar nicht konkret zu sehen, aber zu hören. Wie eine Mücke, nur vom Ton her tiefer, surrt die Drohne, als sie Zentimeter für Zentimeter auf Dachdeckermeister Titus Recker zufliegt. Konzentriert schaut der 46-Jährige auf sein Flugobjekt, das er mithilfe kleiner Joysticks auf einer Steuerung vor- und zurück- sowie raufund runterschweben lassen kann. Auf einem handygroßen Display kann er direkt sehen, was auch die kleine Kamera der Drohne, die in der Mitte unterhalb des 1900 Gramm schweren Objekts befestigt ist, aufnimmt. Seit zwei Jahren beschäftigt sich Recker mit den Möglichkeiten, die eine Drohne für das Dachdeckerhandwerk bietet. Skeptisch gegenüber der neuen Technik sei er nicht

gewesen, sagt der 46-Jährige. Ganz im Gegenteil. Die Technik trage zur Attraktivität des Handwerks, auch in der Nachwuchsgewinnung, bei. Stattdessen standen für ihn ganz praktische Fragen im Vordergrund: Was braucht man eigentlich, um eine Drohne fliegen zu dürfen? Welches Equipment ist nötig, um sie gewerblich einzusetzen? „Mit diesen Fragen habe ich mich zu allererst beschäftigt“, erinnert sich der Dachdeckermeister. Und hat sich schlaugemacht. Beim Landesverband, im Internet, bei jenen, die Drohnenschulungen anbieten. Im Januar 2016 hat er zusammen mit seinem Neffen, der gerade die Meisterschule besucht, einen Lehrgang gemacht, um eine Aufstiegserlaubnis zu erhalten. „Die brauchte man damals. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert“, sagt Recker. Für den Dachdeckermeister gehört die Drohne schon jetzt zum Handwerkszeug 4.0 seines Berufsstandes. Gerade mit Blick auf Arbeitssicherheit und Schadensgutachten. „Früher haben wir eine Leiter ans Haus gestellt, sind hochgestiegen und haben den Schaden begutachtet“, sagt Recker, der in seinem Betrieb fünf Gesellen und einen Azubi beschäftigt. Das werde heute immer schwieriger. Mitten in der Stadt Osnabrück sind die Dächer gut und gerne zwölf Meter hoch – und die Häuser stehen eng zusammen. Das mache es schwer, sich einen Überblick zu verschaffen. Eine Drohne hingegen steige hoch und liefere gestochen scharfe Bilder, die in Ruhe im Büro ausgewertet werden können. Zoomen kann Recker während des Flugs zwar nicht, er kann jedoch bis auf einen halben Meter an Objekte heranfliegen. Dann stoppt ein Sicherheitsmechanismus den Flug, und die Drohne bleibt in der Luft stehen. „Selbst kleine Risse sind auf diese Entfernung auf den Bildern

Fotos: Michael Gründel

DAS MUSS MAN BEACHTEN

Was es braucht, um eine Drohne zu fliegen Laut Drohnenverordnung muss jedes Fluggerät mit einem Gewicht von mehr als 0,25 Kilo sichtbar durch eine dauerhafte Beschriftung – zum Beispiel eine Plakette – mit Namen und Anschrift des Eigentümers gekenn-

zeichnet sein. Auch ein Kenntnisnachweis ist seit dem 1. Oktober 2017 erforderlich – es sei denn, man besitzt bereits eine gültige Erlaubnis als Luftfahrzeugführer. Als Anerkennungsstelle zuständig ist das Luftfahrt-

erkennbar. Und am Computer kann man zoomen.“ Allerdings: Praktische Arbeiten lassen sich mit der Drohne nicht erledigen. Und auch bei verschachtelten Gebäuden kann eine Begutachtung aus der Luft schwierig werden. Hinzu kommt, dass ein Flug witterungsabhängig ist – und Flugverbotszonen zum Beispiel rund um Krankenhäuser und Flugplätze müssen beachtet werden. Insgesamt müssten die rechtlichen Bestimmungen, die je nach Bundesland unterschiedlich seien,

„Es ist immer gut, ein Ass im Ärmel zu haben.“ Dachdeckermeister Titus Recker

Bundesamt (LBA). Wer dann eine Drohne fliegt, sollte vor dem Flug beachten: Es ist nicht überall erlaubt. Zum Beispiel ist das Überfliegen unter anderem von Wohngrundstücken, Justizvollzugsanstalten oder militäri-

beachtet werden, betont der Handwerksmeister. Das Drohnenfliegen regelt die „Verordnung für unbemannte Flugobjekte“, deren neueste Version im Oktober 2017 in Kraft getreten ist. „Es gibt nun zum Beispiel keinen Unterschied mehr zwischen gewerblichen und privaten Flügen“, nennt Recker eine Neuerung. Das bedeutet auch, dass der Dachdeckermeister sein Flugobjekt eigentlich nicht über Wohngrundstücken fliegen darf. Dafür braucht es die Genehmigung des Grundstückbesitzers – und auch bei der Polizei oder dem Ordnungsamt muss der Flug angemeldet sein. „Jeder sollte mit seiner örtlichen Behörde Kontakt aufnehmen“, rät Recker. Wie weit im Voraus ein Flug gemeldet werden muss, regele die Verordnung aber nicht. Die Vorteile für die Arbeitsweise eines Dachdeckers kommen zu einem Preis. Kosten entstehen dabei nicht nur für die Drohne selbst, sondern auch für eine leistungsstarke EDV im Betrieb, gibt der 46-Jährige zu bedenken. „Die musste ich aufrüsten, damit ich die Qualität der Bilder auch nutzen kann.“ Titus Recker hat mittlerweile seine zweite Drohne – die erste hatte keine Abstandssensoren. „Man braucht sie nicht unbedingt, aber gerade, wenn man nicht jeden

schen Anlagen verboten. Auch in der Nähe von Krankenhäusern darf nicht geflogen werden. Doch egal, wo die Drohne letztendlich aufsteigt: Eine Flughöhe von 100 Metern darf nicht überschritten werden.

Tag fliegt, erleichtern sie die Arbeit“, sagt er. Denn geflogen wird auf Sicht. Allerdings: Fällt bei seinem Quadrokopter ein Propeller aus, stürzt die Drohne ab. Um diesen Absturz auszuschließen, hätte Recker in einen Hexacopter investieren müssen. Insgesamt sei das Interesse am Einsatz der neuen Technik groß, sagt der Dachdeckermeister, auch wenn die Betriebe ausgelastet sind – nicht nur aufgrund der großen Schäden durch Sturm Frederike. Allerdings sieht Titus Recker in der

guten Auftragslage auch einen Grund, warum sich möglicherweise der eine oder andere Betrieb nicht mit der neuen Technik beschäftigt. „Aber es ist immer gut, ein Ass im Ärmel zu haben“, ist der 46-Jährige überzeugt. Ein Ass, das der Dachdeckermeister demnächst auch gerne in Georgsmarienhütte einsetzen möchte – zur Überprüfung des Daches der Kirche Peter und Paul. Dort hat der Sturm einige Schiefer weggeweht. „Bei der letzten Reparatur vor rund zehn Jahren haben wir das Dach mit dem Fernglas begutachtet“, erinnert sich Recker. Immerhin ist der Kirchturm 75 Meter hoch. Ein Flug über das Dach mit seinen rund 1200 Quadratmeter Dachfläche würde dieses Prozedere vereinfachen, sagt der 46-Jährige. Auch in anderen Fällen sieht er im Drohnenflug einen klaren wirtschaftlichen Vorteil: Sowohl hinsichtlich der Erstellung des Angebots, das nicht geschätzt wird, als auch beim Aufwand für die Begutachtung. „Es braucht zum Beispiel keine Hubsteiger zur Sicherung.“

Geflogen wird immer auf Sicht. Auch über 100 Meter darf eine Drohne nicht aufsteigen.


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Weiße Flecken müssen verschwinden Im Gespräch mit Stefan Muhle, Staatssekretär für Digitalisierung: Plan zum Breitbandausbau bis Mitte des Jahres VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Die neue Landesre-

gierung in Niedersachsen hat sich die Digitalisierung als Schwerpunkt auf die Fahne geschrieben. Ein Gespräch mit Staatssekretär Stefan Muhle über die Pläne der Großen Koalition und Handlungsbedarfe.

Herr Muhle, seit Mitte Januar sind Sie als Staatssekretär für Digitalisierung im niedersächsischen Wirtschaftsministerium. Der Begriff „Digitalisierung“ ist jedoch ein weites Feld, was verbinden Sie hauptsächlich damit? Mit dem Wort Digitalisierung assoziiere ich vielerlei: Digitalisierung ist für mich zunächst ganz abstrakt die Veränderung von Prozessen. In vielen Fällen eine zwingend notwendige Veränderung von Prozessen. Veränderung, auch das abstrakt, bringt immer eine große Chance mit sich. Veränderung ist aber auch mit Ungewissheit verbunden. Ich verstehe die, die eher Chancen sehen, Digitalisierung für die größte Revolution überhaupt halten. Ich verstehe aber auch die, die mit der Digitalisierung unkalkulierbare Entwicklungen auf sich zukommen sehen. Für mich steht allerdings fest: Digitalisierung ist kein Luxus, sondern die Basis künftigen Wohlstands. Hand aufs Herz: Wann waren Sie das letzte Mal im Funkloch? Heute. Mehrfach. Ich bin täglich im Zug oder im Auto unterwegs. Meine Erfahrung sagt mir: 20 Minuten ohne Unterbrechung mobil telefonieren geht nicht. Durch die Koalitionsvereinbarung ist der Bereich nun in einem Fachressort unter Ihrer Leitung koordiniert. Wo besteht in Niedersachsen der größte Nachholbedarf ? Der größte Handlungsbedarf besteht ganz klar bei der Breitbandund Mobilfunkinfrastruktur. Wir haben viel zu viele Versorgungslücken. Gerade in der Fläche. Die müssen wir zügig schließen. Insgesamt eine Milliarde Euro will die Landesregierung nicht nur für den Breitbandausbau, sondern auch unter anderem für die digitale Professionalisierung der Landesverwaltung ausgeben. Welche Maßnahmen und Programme soll es

geben – und reicht die Summe? Der Koalitionsvertrag gibt die Richtung vor. Es geht vor allem um den Breitbandausbau. Ohne die nötige Infrastruktur laufen digitale Prozesse nicht oder nicht störungsfrei. Wir müssen hier für alle Menschen sicht- bzw. spürbar vorankommen. Zur Mitte des Jahres bin ich gebeten, hierzu einen Plan vorzulegen, wie der Ausbau schnell vorangehen kann und wird. Der Plan wird auch skizzieren, welche Programme und Initiativen die Landesregierung ergreifen wird, um die Digitalisierung in allen Bereichen voranzutreiben.

bayerischen Digitalbonus geben, um die Digitalisierung von Betrieben zu unterstützen? Ich sehe die Versorgungssituation ausgesprochen kritisch. Also Breitband und Mobilfunk – da sind wir nicht da, wo wir sein müssten. Das ist eine riesige Aufgabe in den nächsten Jahren. Bei der Digitalisierung in den verschiedenen Sektoren unseres Lebens dagegen bin ich ausgesprochen optimistisch. Da können wir in Niedersachsen eine ganze Menge in die Waagschale werfen. Ich würde gerne daran mitwirken, Niedersachsen zu dem Ort zu machen, nach dem man auf der Suche nach Ideen blickt. Das bedeutet auch, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten bestmöglich Entwicklungsprozesse unterstützen, beispielsweise durch Beratung und Finanzierung dieser Beratung. Der sogenannte Digitalbonus soll ein Bestandteil der zukünftigen Förderung sein. Er soll einen finanziellen Anreiz setzen, die notwendigen Digitalisierungsprozesse in kleinen und mittleren Betrieben zu beschleunigen.

Welche Erwartungen haben Sie an den Bund, wenn es um die Unterstützung der digitalen Infrastruktur geht? Der Bund muss weiter Geld für den Ausbau zur Verfügung stellen und die Regeln für den Ausbau vereinfachen. Er muss dabei in dem Bewusstsein handeln, dass die wunderschönen ländlichen und naturnahen Räume gleichwertig versorgt werden müssen. Zwischen Stadt und Land darf es keinerlei Unterschied in der Glasfaserversorgung geben. „Auf in die Gigabit-Gesellschaft“ heißt es im Thesenpapier der CDU zur Digitalisierung. Davon ist man bei einem Blick auf den Breitbandatlas für Niedersachsen jedoch noch weit entfernt. Definitiv. Da müssen wir im weltweiten Vergleich noch kräftig aufholen. Glasfaserversorgung ist heute die absolute Ausnahme, soll aber spätestens 2025 die Regel sein. Das hat sich die Landesregierung fest vorgenommen. Jetzt müssen allerdings kurzfristig die weißen Flecken weg. Das ist das erste Etappenziel. Bis 2022 soll es im Bundesland nun flächendeckend schnelles Internet geben. Ein Blick zurück zeigt jedoch, dass die Definition von „schnell“ zügig überholt ist. Was bedeutet „schnell“? Wie lange wird diese Ausbaustufe ausreichen? Wir reden heute nicht mehr über Zielzahlen: 2, 30, 50 oder 100 MBits. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Wir reden über die Zukunftstechnologie, und das ist für uns die Glasfaser. Schon in zwei Jahren muss das Netz überall in Niedersachsen schneller sein. Das bekommen wir dort, wo es heute praktisch keine Versorgung gibt, nur mit der Glasfaser hin.

Beim Breitbandausbau sieht Stefan Muhle den größten Handlungsbedarf.

Schon jetzt gibt es mancherorts Probleme, die nötigen Kabel für den Breitbandausbau zeitnah in die Erde zu bekommen. Wie wird sich dieser Herausforderung gestellt? Europa- und Bundesrecht und die Kriterien für die Fördermittelvergabe machen den Breitbandausbau maximal kompliziert. Als vor Jahren die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland stagnierte, hat die Bundesregierung Konjunkturpakete aufgelegt. Investitionen wurden mit Fördergeldern stimuliert. Damit einher ging auch eine Herabsetzung der bürokratischen Vorschriften. Vergabewerte wurden hochgesetzt, Investitionshindernisse beseitigt. Einen solchen Schritt brauchen wir auch für den Breitbandausbau: Der Staat sollte auf Bürokratie verzichten, damit die Menschen schneller ans und ins Netz kommen. Niedersachsen ist ein Flächenland, doch gerade in länd-

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lichen Regionen ist eine zügige Internetverbindung mitunter schwierig. Wie soll der Ungleichheit zwischen Stadt und Land entgegengewirkt werden? Der Telekommunikationsmarkt konzentriert sich auf die Bereiche, wo es Geld zu verdienen gibt. Das ist dort, wo mehr potenzielle Kunden leben als dort, wo weniger leben, einfacher möglich. Deshalb muss dort, wo der Markt nicht ausbaut, die öffentliche Hand einspringen. Die Wirtschaftlichkeitsabwägungen der Telekommunikationsbranche dürfen nicht darüber entscheiden, welcher Bürger versorgt wird und welcher nicht. Es müssen alle versorgt werden. Bestmöglich. Das ist am Ende auch der grundgesetzliche Auftrag des Staates, für gleiche Lebensbedingungen zu sorgen. Nicht nur Anwohner in ländlichen Gebieten klagen über die Breitband- und Mobilfunkversorgung, auch Unternehmer merken immer wieder, dass Gewerbegebiete mitunter das Nachsehen haben. Auch eine „Digitalisierung auf dem Acker“ ist nicht immer leicht. Ist die Kritik gerechtfertigt? Die Kritik ist gerechtfertigt. Ohne Frage. Ich kenne unzählige Betriebe, egal aus welcher Branche, die sich seit Jahren behelfen müssen. Das Faxgerät muss für Teilebestellungen genutzt werden, weil das Netz zu langsam ist. Schauen Sie sich allein die Landwirtschaft an. Die Höfe und Betriebe befinden sich in Niedersachsen nicht an den Datenautobahnen, sondern maximal weit weg davon. Versorgung von ein oder zwei MBit ist dort leidiges Hindernis in den betrieblichen Abläufen. Wer sagt „Die letzte Milchkanne könne nicht angeschlossen werden“, hat die Ausmaße des Themas nicht erfasst. Das heißt für uns: Glasfaser für alle und das so schnell wie möglich. Nur so können wir dauerhaft helfen. Auf das „Netz von morgen“ kommen noch ganz andere Herausforderungen zu als heute –

siehe autonomes Fahren. Unterbricht die Internetverbindung, bleibt das Auto stehen. Welche Weichen werden heute gestellt, damit das Netz morgen adaptiert werden kann? Die Veränderungen sind rasant. Gestern war die Grundversorgung in den Förderrichtlinien des Bundes zwei MBit, heute reden wir über ein Gigabit und mehr. Beim Mobilfunk kommt nach 3G, LTE, GPRS, 4 G nun 5 G. Die neue Mobilfunktechnologie wird dazu führen, dass wir mehr Standorte für Mobilfunkmasten benötigen, damit das Netz flächendeckend funktioniert. Meine Erfahrung sagt mir allerdings, dass dort, wo sich Investitionen für die Telekommunikationsbranche nicht lohnen, auch keine erfolgen. Also müssen wir systematisch an die Sache herangehen. In Weser-Ems läuft bereits eine Studie der Landkreise. Dort wird, einfach skizziert, ermittelt, wo heute Versorgungslücken in der Mobilfunkversorgung sind und wo Mobilfunkmasten zusätzlich errichtet werden müssten, damit diese Flecken verschwinden. Dieses methodische Vorgehen wäre in ganz Niedersachsen wichtig. Die Digitalisierung ist jedoch mehr als das Breitband- oder Mobilfunknetz – auch wenn diese eine Grundvoraussetzung darstellt. Wird es seitens der Landesregierung zum Beispiel Programme ähnlich wie den

Seit Mitte Januar ist Stefan Muhle Staatssekretär für Digitalisierung.

Ein Aspekt, der im Zuge der Diskussion um Digitalisierung in der Öffentlichkeit weniger Beachtung findet, ist die Datensicherheit. Mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung gibt es bei Unternehmen noch viele Fragezeichen. Hilft das Land hier weiter? Natürlich beschäftigen wir uns als Land mit der Datenschutzgrundverordnung sehr intensiv. Nicht zuletzt betrifft Sie uns im Bereich der digitalen Verwaltung selbst. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen stellt die Datenschutzgrundverordnung jedoch eine große Herausforderung dar, da sie bestehende Pflichten im Bereich der rechtlichen, betrieblichen und technisch-organisatorischen Anforderungen an den Datenschutz erhöht und die Betriebe für die Umsetzung nur begrenzte Ressourcen aufweisen. Hier unterstützen wir die Unternehmen durch eine intensive Aufklärung und Vernetzung mit Betrieben, die die Verordnung bereits erfolgreich umgesetzt haben. Auch in der Industrie ist die Datensicherheit ein Thema – zum Beispiel bei der Vernetzung von Maschinen. Gibt es hier Ansprechpartner für Firmen? Generell stellt das Netzwerk Industrie 4.0 Niedersachsen für Fragen zur Digitalisierung in der Produktion den Kontakt zwischen Industrieunternehmen und Experten her, die ihr Wissen zur Verfügung stellen. Hat ein Unternehmen den Verdacht, dass es einen Angriff gab, so steht der niedersächsische Wirtschaftsschutz als kompetenter Ansprechpartner zur weiteren Beratung zur Verfügung. Wenn Sie der neuen Bundesregierung zur Digitalisierungsstrategie einen Punkt in den Koalitionsvertrag schreiben dürften, was wäre es? Ich würde mich für die Verankerung des Subsidiaritätsgedankens starkmachen. Vor Ort wissen wir am besten, wo und wie die Versorgung schnellstmöglich verbessert werden muss. In diesem Themenfeld haben die Kommunen fachliche Kompetenz aufgebaut. Alle Landkreise, die Region Hannover und die kreisfreien Städte in Niedersachsen haben das Thema erkannt und sich auf den Weg gemacht, begleitet durch das Land. Wir können generell sagen: Breitbandausbau – das können wir in Niedersachsen.


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Künftig bis zu 200 000 Pakete täglich aus Rieste Immer mehr Kunden bestellen Ware online – der Weltkonzern Adidas reagiert und bündelt seine Kräfte im Niedersachsenpark

Vor dem Hauptgebäude des Sportartikelherstellers in Rieste steht bereits das Modell des neuen Fußball-WM-Balles,der im Sommer bei den Titelkämpfen in Russland zum Einsatz kommen wird.

VON MARCUS ALWES RIESTE. Auch im Handel hinter-

lässt die Digitalisierung zunehmend ihre Spuren. Für Kunden und Unternehmen gleichermaßen. So auch beim international agierenden Dax-Unternehmen Adidas. Dort ist der E-Commerce inzwischen der am stärksten wachsende Vertriebskanal.

Stattliche 70 Millionen Euro habe Adidas aktuell in den Campus North bei Rieste investiert, berichten Insider aus der Niedersachsenpark GmbH. Doch Björn Knabke, den Personalleiter des börsennotierten Weltkonzerns am Standort an der Autobahn 1, bringt das Erweiterungsprojekt offenbar nicht aus der Ruhe. Die neuen Anlagen – ein Ausbau des bisherigen Standortes mit zusätzlichen 40 000 Quadratmetern Hallenfläche und einer 369 Meter langen Förderbandkonstruktion zwischen beiden Gebäudekomplexen – „fahren wir Anfang März hoch“, erklärt er gelassen. „Alles steht, und der Aufbau dafür ist abgeschlossen. Wir liegen damit absolut im Zeitplan“, fügt Knabke hinzu. Momentan gebe es regelmäßig Testläufe, allesamt erfolgreich, berichtet er.

Der internationale Sportartikelgigant trägt hier dem Trend der ständig und rasant wachsenden Zahl von Online-Bestellungen aus aller Welt Rechnung. „Der ECommerce-Umsatz soll bis zum Jahr 2020 auf vier Milliarden Euro gesteigert werden“, sagt Wolfgang Winter. Der Manager kommt aus der Zentrale in Herzogenaurach und ist bei Adidas der Leiter der deutschen Distributionszentren. Zuletzt hatten die Verantwortlichen des Dax-Unternehmens den Umsatz aus Online-Bestellungen

auf ihren eigenen Plattformen noch mit rund einer Milliarde Euro pro Jahr angegeben. Die Ziele bis 2020 sind also ehrgeizig. Vollautomatische Regalsysteme mit weiteren 300 000 Lagerplätzen, Kommissionierungsanlagen, Verpackungsstationen und Verwaltungsräume hat Adidas deshalb zusätzlich in Rieste geschaffen und künftig in dem neu bezogenen Gebäude gebündelt. Zusätzliche neun Kilometer Fördertechnik wurden hier verbaut, sie verbinden die einzelnen Bereiche miteinander.

Das im Jahre 2013 eröffnete Versandzentrum im Osnabrücker Land ist inzwischen das weltweit größte des Sportartikelherstellers. „Zu Höchstzeiten können wir dann demnächst allein aus der neuen Halle heraus rund 200 000 Internet-Bestellungen pro Tag abwickeln“, so Wolfgang Winter. Spätestens zwei Stunden nach dem Eingang des jeweiligen Online-Auftrages soll dieser erledigt und abgearbeitet sein. Innerhalb von ein bis drei Tagen dürfte die Ware dann den Kunden erreichen – quer über den Kontinent.

Eine große Zahl an Kartons im AdidasLook wartet darauf, befüllt und verschickt zu werden.

Bestellungen von Kunden aus ganz Europa werden an den einzelnen Arbeitsplätzen im Versandzentrum in Rieste bearbeitet.

t bestimmt!

… der Winter komm

Stefan Winter GmbH & Co. KG Huller Weg 9 49134 Wallenhorst 49088 Osnabrück Tel. 05407 82 22 00 Tel. 0541 15 06 00 www.ddm-winter.de info@ddm-winter.de

Fotos: Marcus Alwes

Von Reykjavík bis Athen und von Amsterdam bis an die russische Grenze. Immer mehr Länder in ganz Europa wolle man ab Anfang März schrittweise in die neuen, überarbeiteten Bestellabläufe und Systeme im Niedersachsenpark integrieren, unterstreicht auch Björn Knabke. Die Mitarbeiterzahl bei Adidas am Standort Rieste werde dazu auf rund 1250 ansteigen. Im Sommer – zum üblichen Jahreshöhepunkt und passend zur Fußballweltmeisterschaft in Russland – dürften noch

einmal temporär weitere Kräfte hinzukommen. „Die Digitalisierung und Automatisierung der Abläufe im Campus North ermöglichen es uns, Konsumenten, die über unsere Online-Plattformen einkaufen, schneller und bedarfsgerechter beliefern zu können als je zuvor. Wir können so auch besser und flexibler auf saisonale Schwankungen reagieren und eine gleichbleibend hohe Lieferqualität erreichen“, betont unterdessen Adidas-Pressesprecherin Mandy Nieber: „Das ist auch deshalb so wichtig, weil ECommerce aktuell der am stärksten wachsende Vertriebskanal ist.“ Da sei auch der wachsende Personalbedarf nur folgerichtig. Denn „im Online-Handel ist der manuelle Aufwand größer“, da die Ware direkt an den einzelnen Endkunden geliefert werde, so Nieber, „und nicht in großen Containern an Großhändler“. Die Türen und Tore des Campus North in Rieste will das Unternehmen für Journalisten aber offenbar erst wieder im Vorfeld der Fußball-WM öffnen – also im zweiten Quartal 2018, deutet Pressesprecherin Nieber an. Bis dahin sollen sich die teilweise veränderten Abläufe im erweiterten Distributionszentrum eingespielt haben.


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

„Weniger Rücken, mehr Kopf“ Drei Landwirte berichten über ihre Erfahrungen mit digitaler Technik auf dem Hof

Im Stall hat die Digitalisierung längst Einzug gehalten. Bürokratie ist ohne digitale Hilfsmittel nicht zu bewältigen. Öffentliche Förderung für neue Technik gewünscht.

Die Digitalisierung in der Landwirtschaft ist für Laurentius Dohm (von links),Stephan Künne,und Michael Seelmeyer ein Mittel,

VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN

um die Arbeit effizienter zu gestalten.Auf dem Traktor hat Technik

NEUENKIRCHEN. „Die Verantwor-

tung für die Tiere bleibt beim Betriebsleiter, die Computer können das nicht übernehmen“, sagt Michael Seelmeyer. Der 40-jährige Landwirt aus Neuenkirchen bei Bramsche spricht über die digitalisierte Zukunft seiner Branche. Eine Zukunft mit intelligenten, elektronisch vernetzten Maschinen, die wie von Geisterhand über den Acker fahren. Eine Zukunft, die in aller Munde ist.

Fotos: Christioph Lützenkirchen

wir schon seit Langem digitale Hilfsmittel ein“, sagt Michael Seelmeyer: „Dazu gehören beispielsweise Lüftungs- und Fütterungscomputer.“ Wenn die Heizung in einem seiner Ställe einen Fehler registriert, erhält er automatisch einen Alarm auf sein Handy. Das

„In der Veredelung setzen wir schon seit Langem digitale Hilfsmittel ein.“ Landwirt Michael Seelmeyer

Ziel sind optimale klimatische Bedingungen im Stall. Die digitalen Systeme liefern dafür umfangreiche und präzise Daten. Sie erlauben es, die Steuerung zu optimieren. Je größer die Einheiten sind, desto mehr wird in der Praxis das Gefühl für das einzelne Tier durch die computergestützte Analyse ersetzt. Das traditionelle Modell – der Bauer kennt seine Tiere – würde hier nicht mehr funktionieren. Das Ziel ist jedoch dasselbe: Die Tiere sollen sich wohlfühlen. Die Digitalisierung im Stall soll den Landwirten helfen, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern und ihre Ressour-

cen optimal zu nutzen. Diese Vorteile könnten auch Landwirte mit kleineren Betrieben sinnvoll nutzen, zeigt sich Stephan Künne überzeugt. Immer mehr Zeit verbringen Landwirte in ihren Büros vor dem Computer. Ohne digitale Hilfsmittel sind die aktuellen Dokumen-

tationspflichten, kaum zu bewältigen. „Für die neue Düngeverordnung müssen wir beispielsweise eine Nährstoffbilanz erstellen“, erklärt Laurentius Dohm. „Dafür brauchen wir die Werkzeuge, die die Digitalisierung zur Verfügung stellt.“ Kernelement der Dokumentation ist die digitale Ackerschlagkartei. „Ich habe zahlreiche Daten zu jeder Fläche, die ich bewirtschafte, in der Ackerschlagkartei“,

sagt Michael Seelmeyer. Auf dem Bildschirm in seinem Büro zeigt er die grafische Darstellung eines seiner Äcker. Deutlich sind unterschiedlich gefärbte Bereiche zu erkennen, die aber vollkommen unsystematisch auf die Fläche verteilt sind. Die Farben stehen für die unterschiedlichen Ertragspotenziale. „Wir verfügen über sehr genaue standortbezogene Informationen zu den Nährstoffgehalten in den Böden. Unter anderem fließen auch die Ergebnisse der GPS-gestützten Bodenproben ein“, erklärt Seelmeyer. Während der Ernte werden zudem Ertragsdaten erhoben. Der Acker auf dem Bildschirm ist etwa 15 Hektar groß. Die Ackerschlagkartei enthält dazu 63 000

Messpunkte mit je neun verschiedenen Werten je Punkt, das sind fast 600 000 Einzeldaten. Ohne leistungsfähige Computer und Software wären die kaum nutzbar. Michael Seelmeyer arbeitet mit dem Programm „Agrimentor“. Er plant und dokumentiert damit

Weniger Fehler durch digitale Hilfsmittel.

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Die Digitalisierung könne dazu beitragen, den Produktions- und Transportprozess in der Landwirtschaft effizienter zu gestalten, heißt es in einer aktuellen Broschüre des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Sie schaffe neue Maßstäbe für den landwirtschaftlichen Beruf, erklärte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, anlässlich der Grünen Woche. Die Wirtschaftsprüfungsund Beratungsgesellschaft PwC hat 2016 eine Studie zum Stand der Digitalisierung in der deutschen Landwirtschaft erstellt. „Die Digitalisierung ist ein ganz wesentlicher Hebel, um die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit erschwinglichen Lebensmitteln in einer Zeit des Klimawandels sicherzustellen“, sagt Gerd Bovensiepen von PwC. Sie könne zudem für Nachhaltigkeit und Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette sorgen. Die Erwartungen von Politik und Wirtschaft sind hoch. Sie sehen die digitale Zukunft gemeinhin als alternativlos an. Wie sieht dies jedoch in der praktischen Umsetzung aus? Wo beginnt die Digitalisierung, und in welcher Weise verändert sie den jahrtausendealten Beruf des Bauern? Michael Seelmayer aus Neuenkirchen bewirtschaftet zusammen mit einem weiteren Landwirt 270 Hektar Land. Die beiden Familien und ihre Mitarbeiter leben von Ackerbau, Hähnchen- und Bullenmast. Sein Kollege Laurentius Dohm kommt ebenfalls aus Neuenkirchen. Auf seinem 75 Hektar großen Betrieb betreibt der 53Jährige Ackerbau und Schweinemast. Dritter im Bunde ist Stephan Künne. Der 37-Jährige aus Eggermühlen hält Sauen und mästet Schweine. Künne bewirtschaftet mit seinen Angestellten 200 Hektar. Wir sind zu Gast bei Familie Seelmayer. Im Stall habe die Digitalisierung schon vor geraumer Zeit angefangen, da sind sich die Praktiker einig. „In der Veredelung setzen

längst Einzug gehalten.

nicht nur seine Fruchtfolge. „Ich erstelle mit der Software im Büro die Arbeitsaufträge für meine Mitarbeiter und Lohnunternehmen“, sagt er. „Sie werden direkt an den Schlepper oder auf das iPad des Mitarbeiters gesendet.“ Aber das Programm kann noch mehr: Agrimentor prüft, ob die Pflanzenschutzmittel, die Seelmeyer einplant, so angewendet werden dürfen. Ein Problem könnten beispielsweise Abstandsauflagen zu Gräben sein. „Das Programm verfügt über laufend aktualisierte Informationen zu Pflanzenschutzmitteln“, sagt der Landwirtschaftsmeister. „Auf diese Weise ist es uns gelungen, die Fehlerquote deutlich zu minimieren.“ Stephan Künne nutzt eine ähnliche Software. Seine Mitarbeiter haben eine passende App auf ihren Smartphones. „Da können sie direkt einpflegen, was sie auf dem Acker gemacht haben“, sagt Künne. Da sei es dann vorbei mit der Zettelwirtschaft, lacht Laurentius Dohm. Er hat keine Angestellten und schreibt noch alles von Hand auf. Draußen auf dem Acker gilt es, die Präzision der digitalisierten Planung unter den nicht planbaren Witterungsbedingungen umzusetzen. Boden und Pflanzen sollen nicht mehr als nötig befahren, gedüngt und mit Pestiziden behandelt werden. Das spart Zeit, Kosten und schont die Umwelt. Der mithilfe von Agrimentor erstellte Arbeitsauftrag enthält alle Informationen, die dazu erforderlich sind. Und Seelmeyers Maschinen können das mittlerweile sehr präzise umsetzen. Der Landwirt setzt auf teilflächenspezifische Düngung und Pflanzenschutz. Selbst die Fahrstrecken des Traktors werden vorab am PC definiert. „Mithilfe der digitalen Technik wird der Landwirt in Zukunft die Zeit, die er sonst auf dem Schlepper gesessen hat, anders nutzen können“, ist Laurentius Dohm überzeugt. „Das gilt zumindest für vergleichsweise einfache Arbeitsgänge wie das Pflügen oder das Grubbern.“ Michael Seelmeyer glaubt, dass bis dahin noch ein Stück Weg zurückzulegen ist. Die Technik sei noch entwicklungsfähig. Mit wachsender Komplexität würden die Fehlerquellen zunehmen. Er wünscht sich außerdem eine öffentliche Förderung in diesem Bereich, die hohen Kosten würden einzelne Betriebe überfordern. „Die Zukunft liegt in der Kooperation von Betrieben“, sagt Laurentius Dohm. Die Digitalisierung soll für mehr Effizienz, mehr Leistung, mehr Nachhaltigkeit sorgen. Ergänzend dazu bringt Stephan Künne auch den menschlichen Faktor ins Spiel: „Verkürzt gesagt geht es bei der Digitalisierung darum: Weniger Rücken – mehr Kopf.“

Ein Blick in eine der Produktionshallen der Kotte Landtechnik GmbH in Rieste im Osnabrücker Nordkreis.

Foto: Kotte

Kotte: „Nicht abwarten, sondern das Datenmanagement-Konzept mitgestalten“ Regionale Landtechnik-Unternehmen reagieren auf die digitale Revolution auf den Feldern

VON MARCUS ALWES UND DANIEL MEIER RIESTE. Die voranschreitende digi-

tale Revolution in den Ställen und auf den Feldern und Höfen ist vielfältig. Roboter, Sensoren, Drohnen, vernetzte Systeme und Apps gewinnen hier immer mehr an Bedeutung. Das macht unter anderem ein Besuch bei Deutschlands führendem GülletechnikHersteller, der Kotte Landtechnik GmbH in Rieste, deutlich.

Stefan Kotte und sein Technischer Leiter, Henning Müller, haben an diesem Tag für die hochrangigen Gäste aus der Landes- und Bundespolitik eine Botschaft parat. Das Farming 4.0 und die Digitalisierung in der Landwirtschaft schreite immer mehr und immer rasanter voran, unterstreichen sie. Doch die Manager des Gülletechnik-Produzenten wollen „nicht abwarten“, so Geschäftsführer Kotte, sondern „das Datenmanagement-Konzept mitgestalten“. Dieses, so seine Prognose, werde „in fünf bis zehn Jahren ein wichtiges Geschäftsfeld werden“. Es gelte deshalb, den Anschluss nicht zu verpassen. Das Unternehmen Kotte hat sich beispielsweise mit einer praxisgerechten Applikationstechnik, schlagkräftigen TransporttechnikLösungen sowie durchaus innovativen Nährstoffanalyse- und Datenmanagementsystemen bereits auf die unlängst vom Bundesrat verabschiedete Fassung der neuen Düngegesetzgebung vorbereitet. Diese führt in den nächsten Jahren zu weitreichenden Änderungen bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern. So darf ab dem 1. Februar 2020 Gülle auf bestelltem Ackerland nur noch streifenförmig (zum Beispiel durch Schleppschlauch oder Schleppschuh) aufgebracht oder direkt in den Boden eingearbeitet werden. Ab dem 1. Februar 2025 gelten diese Regelungen dann auch für Grünland, Dauergrünland und den mehrschnittigen Feldfutterbau. Außerdem will der Marktführer auch in diesem Jahr hilfreiche Lösungen im Bereich des Datenmanagements entwickeln und vorstellen. Kotte geht damit auf die zunehmenden Anforderungen, die sich im Bereich der Digitalisierung im Stall und auf dem Acker ergeben, ein. Das

Wachstum der Kotte-Gruppe lässt sich aber auch an den aktuellen Zahlen ablesen. Das Unternehmen beschäftigt rund 125 Mitarbeiter, davon 13 Auszubildende. Der Umsatz stieg von 31 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 45 Millionen im bisher erfolgreichsten Jahr 2014 – und betrug in den Folgejahren 40 Millionen (2015) und 37 Millionen Euro (2016). Im Bereich Gülletechnik wurden im Jahr 2016 stattliche 450 Fahrzeuge hergestellt. Im Osnabrücker Nordkreis ist das Landmaschinen-Unternehmen von Stefan Kotte aber nicht das einzige, dass vor der Herausforderung steht, in seinen eigenen Abläufen und bei den Kundenwünschen der unaufhaltsamen Digitalisierung immer mehr Rechnung tragen zu müssen. „Wir haben in Deutschland insgesamt lange gepennt bei der Digitalisierung“, stellt beispielsweise Christof Grimme von der im benachbarten Niedersachsenpark gelegenen Landmaschinenfabrik (unter anderem Herstellung von weltweit eingesetzten Kartoffel- und Rübenrodern) fest. Dabei seien doch „die Daten das Öl oder das Gold der Zukunft. Das wissen wir doch inzwischen alle“, so der Unternehmer Grimme. Auf dessen besonderes Interesse, aber auch auf das der Kotte-Verantwortlichen, stoßen übrigens Politikerpläne, eine staatlichen ITPlattform (intern „Honest Broker“ genannt) zu konzipieren, die Land-

wirten Zugang zu wichtigen Daten und Grundinformationen – unter anderem Kataster- und Wetterdaten – ermöglichen solle. Erste 40 Mio. Euro hatte die Große Koalition in Berlin bereits im Haushalt 2017 für ein solches Forschungsprojekt bewilligt. Dieses wird zudem wissenschaftlich begleitet. Regelmäßig in diese IT-Plattform einfließen sollen demnach unter anderem sogenannte Ist-WetterDaten, die Ergebnisse von Bodenanalysen (Beschaffenheit und Aufbau), die Stoffstrombilanzen der Höfe, kartierte Daten (über GPSSysteme) und Ernteresultate. Der Preis jahrzehntelanger Feldbewirtschaftung ohne die entschei-

„Daten sind das Öl oder das Gold der Zukunft.“ Unternehmer Christof Grimme

denden Informationen und Daten über den ganz unterschiedlichen Düngerbedarf einzelner Teilflächen sind vergeudeter Dünger, chemisch belastete Böden und verpasste Chancen zur Ertragssteigerung gewesen, verdeutlicht Henning Müller. Präzision sei deshalb in der gesamten Landtechnik zunehmend zum Zauberwort geworden. Zum Beispiel die inzwischen preisgekrönte SmartControlConnect-App der Kotte GmbH. Eine Schnittstelle zwischen Tablet-PC und Maschinensteuerung bei Landmaschinen wurde hier erfolgreich entwickelt. Und am Beispiel eines Flüssigmisttankwagens erfolgreich dem Praxistest unterzogen. Landtechnik und Landmaschinen verändern sich also in einem atemberaubenden Tempo. Auch der Zugriff auf Daten und die damit verbundene Daten-Macht werden immer wichtiger. „Mehr PS, mehr Korntank, mehr Schneidwerkbreite. Das war die Philosophie früher“, bestätigt Carsten Hoff, der Geschäftsführer des Claas-Ablegers E-Systems: „Wir müssen zugeben, die maximale Größe ist erreicht. Die Innovation der Zukunft ist nicht mehr die Größendimension.“ Es gehe stattdessen um die Optimierung der Prozesse, betont Hoff. „Zusammenspiel ist gefragt. Auch das Zusammenspiel der Maschinen. Genau das ist Farming 4.0“. Da werden ihm auch Stefan Kotte und Henning Müller nicht widersprechen.

Im Bereich Gülletechnik wurden beispielsweise im Jahr 2016 stattliche 450 Fahrzeuge – individuell auf den Kunden und nach dessen Wünschen zugeschnitten – bei Kotte hergestellt. Foto: Marcus Alwes


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SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Das Risiko minimieren Osnabrücker Unternehmen Solvendi überprüft für Onlinehändler beim Kauf auf Rechnung die Bonität des Kunden VON NINA KALLMEIER

zweipunkt7-Gruppe, nachdem die Callcenter-Aktivitäten der buwGruppe an das amerikanische Unternehmen Convergys verkauft wurde, hat die Osnabrücker Firma die Geschäftsfelder um Zahlungsdienstleistungen für Onlineshops und Bonitätschecks, verbunden mit einer Zahlungsgarantie, erweitert. Das Geschäftsfeld hat Potenzial: Der E-Commerce bleibt laut Handelsverband Deutschland (HDE) Wachstumsmotor im Einzelhandel mit Umsätzen von mehr als 58 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Allerdings: Laut einer Umfrage des Händlerbunds sind bereits 70 Prozent der Internethändler Opfer von Betrügern geworden. Ein zuletzt prominentes Beispiel: der Online-Riese Zalando. 962-mal wurden zwischen 2014

OSNABRÜCK. Paydirekt, Paypal,

Lastschrift, Sofortüberweisung, Kreditkarte oder Kauf auf Rechnung, wer beim Onlinehandel an der virtuellen Kasse auscheckt, hat ganz unterschiedliche Möglichkeiten, für seine Ware zu zahlen. Dabei ist der klassische „Kauf auf Rechnung“ weiterhin klar die beliebteste Zahlungsart. Für Händler birgt das Risiken. Unter anderem aus dem Risiko- und Forderungsmanagement hat die Solvendi GmbH aus Osnabrück ein Geschäftsmodell gemacht.

Der Kauf auf Rechnung bleibt in Deutschland das führende Zahlungsmittel im E-Commerce. Gemessen am Umsatz, sind 2016 30,5 Prozent aller Bestellungen so abgewickelt worden. Das zeigt das Ergebnis der Online-Payment-Studie 2017 des Kölner Handelsinstituts EHI. Per Lastschrift – vor allem bei Einkäufen über den Online-Riesen Amazon – wurden demnach 20,2 Prozent der Umsätze beglichen. Der Bezahldienst Paypal landete mit einem Marktanteil von 17,9 Prozent auf Platz drei, musste jedoch leichte Einbußen hinnehmen. So beliebt die Zahlung nach Erhalt der Ware bei Kunden auch ist, für Händler ist das nicht ohne Risiko, weiß Jens Kühle, Geschäftsführer der Osnabrücker Solvendi GmbH. „Viele sichern diesen Kauf ab und lassen das Risiko prüfen.“ Daraus hat das Unternehmen, das 2011 unter dem Dach der damaligen buw-Gruppe als klassisches Inkassounternehmen gegründet wurde, im vergangenen Jahr einen Geschäftszweig gemacht: Mit der Eingliederung von Solvendi in die

Betrugsrisiko im Bereich Fashion und Elektronik besonders hoch.

Gemessen am Umsatz werden mehr als 30 Prozent der Internetkäufe auf Rechnung bezahlt.

Rechnung knackt 30-Prozent-Marke Anteile der Zahlungsarten am Umsatz 1) des deutschen E-Commerce (in Prozent) 2,0

4,0

1,9 1,1 2,1

3,6 30,5

4,5

12,2

17,9

20,2

Kauf auf Rechnung Lastschrift Paypal Kreditkarte Ratenkauf/Finanzierung Vorkasse Zahlung bei Abholung Sofortüberweisung Nachnahme Bezahlen mit Amazon Sonstige 1) Top-1000-Onlineshops laut Studie „E-Commerce-Markt Deutschland 2016“, EHI und Statista: 35,5 Mrd. Euro

Quelle: EHI-Studie Online-Payment 2017 · Grafik: Matthias Michel

und 2015 Waren auf Rechnung an eine Adresse im Saarland zugestellt, 627 Lieferungen davon wurden nicht bezahlt – der Gesamtschaden wird auf mindestens 120 000 Euro beziffert. Auf einen höheren Ausfall als zwei bis fünf Prozent des Umsatzes sollte ein Onlineshop laut Kühle nicht kommen. „Eine Absicherung kostet deutlich unter fünf Prozent“, ist der Geschäftsführer sicher. Die andere Möglichkeit wäre, einen Kauf auf Rechnung nicht anzubieten. Das jedoch schrecke manchen Kunden ab. „Also stellt sich die Frage: Wie minimiere ich das Risiko“, so Kühle. Als Zielgruppe hat Solvendi Onlineshops mit einem sechsstelligen Jahresumsatz. „Auch in der Region arbeiten wir mit vielen Partnern zusammen.“ Gerade den Lebensmittelhandel sowie den Bereich Drogerie und Wellness sieht Kühle als Wachstumsmarkt. Von einem vergleichsweise geringen Niveau kommend, seien die Wachstumsraten dort besonders hoch. Als Dienstleister überprüft das Unternehmen in dem Moment, in dem der Kunde auf „bestellen“ klickt, die angegebenen Informationen wie Name und Adresse mit-

hilfe von Auskunfteien. Existiert der Haushalt? Die Adresse? Der Name? „Das läuft binnen Sekunden im Hintergrund ab. Der Shop bekommt eine Rückmeldung in Form eines Ampelsystems: rot oder grün.“ Gibt es eine negative Einschätzung zum überprüften Kunden, könne der Onlineshop immer noch entscheiden, ob er das Risiko dennoch eingeht. „Das passiert aber selten.“ Eine negative Bewertung bedeute auch nicht, dass der Kunde nicht bestellen

darf – nur muss er eine andere Bezahlform wählen. Solvendi mit ihren bald 25 Mitarbeitern ist deutschlandweit tätig, häufig für Shops aus dem Bereich Fashion. Verwunderlich ist das nicht: Laut Online-Monitor 2017 des Handelsverbands Deutschland hat diese Branche mit 25,3 Prozent den größten Anteil am Onlinehandel und setzte 2016 11,1 Milliarden Euro um. Besonders groß ist das Risiko eines Zahlungsausfalls aus Kühles Erfahrungen jedoch auch

für Shop-Betreiber im Bereich Elektronik. „Alles, was einen Stecker hat, zieht Betrüger an. Da gibt es einen richtigen Markt. In diesem Bereich prüfen wir strenger“, sagt der Geschäftsführer. Da kämen schon mal Turnhallen oder öffentliche Einrichtungen als Versandadressen zutage. Mit Blick auf das Handelsvolumen liegt der Bereich Elektronik laut HDE nur knapp hinter Fashion – bei einem Anteil von 24,9 Prozent und einem Umsatz von elf Milliarden Euro.

ONLINE-KAUF

Risiko für Kunden Nicht nur für Händler besteht ein Ausfallrisko. Auch der Kunde kann unter anderem auf einen sogenannten FakeShop, einen gefälschten Online-Shop, hereinfallen. Auch die Polizei warnt: Diese Plattformen sind auf den ersten Blick kaum von seriösen Anbietern zu unterscheiden. Professionell aufgemachte AGBs, ein

gefälschtes Impressum sowie kopierte Produktbilder und Informationen sollen Vertrauen gewinnen und zum Kauf animieren, heißt es seitens der Polizei. Sie hat jedoch auch Tipps gegen Betrug beim Online-Kauf: • Da Betrüger oft mit extrem niedrigen Preisen locken, sollte der Preis mit anderen An-

bietern verglichen werden. • Per Online-Recherche lässt sich leicht herausfinden, welche Erfahrungen andere möglicherweise schon mit diesem Shop gemacht haben. • Auch die Verbraucherzentrale hilft. Die angebotenen Bezahlverfahren sind für Kühle auch ein Hinweis

darauf, wie seriös ein Shop ist. Dazu zählt, dass in der Regel ein Kauf auf Rechnung angeboten werden sollte – denn da ist der Käufer immer auf der sicheren Seite. Er zahlt, nachdem er die Ware erhalten und geprüft hat. Dass ein Shop minderwertige Produkte – oder gar keine – verschickt, könne so nicht passieren.

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SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Die digitale Dokumentenklammer aus dem Emsland codia Software GmbH aus Meppen macht Aktenordner überflüssig VON HERMANN-JOSEF MAMMES MEPPEN. Die codia Software

GmbH aus Meppen hat großen Anteil daran, dass aus immer mehr Amtsstuben verstaubte Akten verschwinden. Dafür hält die digitale Welt Einzug.

„Der größte Teil unserer 300 Kunden sind Kommunalverwaltungen“, sagt Firmenchef Laurenz Stecking. Darunter die Stadtverwaltung Osnabrück ebenso wie die Kreisverwaltung Emsland. Einen weiteren Schwerpunkt legt codia auf Hochschulen. „Wir erstellen auch die Software für die Fachhochschule Osnabrück“, führt der Mitinhaber des Unternehmens ein weiteres Beispiel an. 70 Hochschulstandorte, viele davon in Bayern, bedienen sich der Emsländer. „In Deutschland sind wir bei den Hochschulen Marktführer, und bei den Kommunalverwaltungen zählen wir zu den ersten drei“, so Stecking. Der 63-Jährige erläutert anhand der Kreisverwaltung in Meppen die Aufgabenstellung seines Unternehmens. „So eine große Kommunalverwaltung mit diversen Fachabteilungen und weit über 1000 Mitarbeitern nutzt oft 50 bis 60 unterschiedliche Software-Fachverfahren.“ Aufgabe von codia ist es nun, eine gemeinsame Dokumentenklammer für diese unterschiedlichen Anwendungen zu finden, damit die Daten kompatibel werden. „Landrat Reinhard Winter soll ja schließlich auf alle Daten zurückgreifen können“, sagt Stecking. Dabei kooperiert das 1999 gegründete Meppener Unternehmen seit Jahren mit dem der d.velop AG in Gescher (Nordrhein-Westfalen). Die Software heißt im Fachjargon „d.velop eGovernment solutions“. Im Kern geht es um ein Dokumentenmanagement. Dabei sei das d.3ecm-System ein „Alleskönner“. Das Angebot reiche von der digitalisierten Personalakte über das Scannen und Klassifizieren bis zur elektronischen Archivierung. Dabei gebe es in öffentlichen Verwaltungen immer weniger „glatte Verweigerer“, die sich der digitalen Welt komplett entziehen. Zu den Kunden zählen in der

Der Standort an der Nödiker Straße in Meppen ist bereits zu klein geworden. Auf dem Nachbargrundstück in Meppen entstehen neue Büroflächen. Fotos: Hermann-Josef Mammes

Region diverse Kommunen wie Lingen, Meppen, Haren, Spelle oder auch der Landkreis Grafschaft Bentheim. Codia sei jedoch bundesweit im Einsatz, betont Stecking. Gerade in Bayern nutzen viele Kreis- und Stadtverwaltungen die „digitale emsländische Klammer“. Den größten Kundenstamm verzeichnet codia jedoch in Nordrhein-Westfalen. Landkreise wie Steinfurt oder Borken nutzen ebenso die Soft-

ware wie das Rechenzentrum in Aachen. „Unseren letzten großen Erfolg konnten wir im Dezember 2017 verbuchen“, so der codiaChef. Da wechselte auch die Landeshauptstadt Düsseldorf von ihrem früheren österreichischen Software-Anwender zu den Emsländern. Dass gerade in NordrheinWestfalen immer mehr Kommunalverwaltungen das digitale Büro forcieren, sei Verdienst der neuen CDU/FDP-Landesregierung. „Die neue Koalition

Foto: Colourbox.de

Unternehmenschef Laurenz Stecking wirbt für digitale Rathäuser und Kreisverwaltungen. Die Software des Meppener Unternehmens nutzt auch die Hochschule Osnabrück.

gibt auf diesem Feld richtig Gas“, sagt Stecking. So zählen die Stadt Wuppertal und die Region Paderborn schon lange zu den CodiaBestandskunden. Eigentlich wollten beide das komplette digitale Büro erst in einigen Jahren eingeführt haben. Jetzt wurden sie von der neuen Landesregierung zu „Modellprojekten“ auserkoren und müssen alles binnen drei Jahren realisiert haben. Ziel sei das papierlose Büro und die ganzheitliche elektronische Akte. Dabei garantiere Codia, dass die Daten selbst bei einem kompletten Systemabsturz gesichert bleiben. „Wir können alle Datensätze reproduzieren“, versichert Stecking. Das digitale Büro sei sogar sicherer als der analoge Ordner. „Es können keine Akten mehr verschwinden.“ Zudem würden viele Arbeitsschritte eingespart. Den größten Nutzen sieht der Firmen-Chef in der einfachen Suche. Viel Zeit sei in Behörden früher allein durch die Suche nach Akten verloren gegangen. Oftmals lagen sie einfach nur auf dem Schreibtisch des Kollegen und blieben damit aber unauffindbar. „Digital können mehrere Ange-

stellte sogar gleichzeitig an einem Vorgang arbeiten.“ Die Ergebnisse fließen immer wieder neu ein und bauen automatisch aufeinander auf. Lediglich in der Einführungsphase von d.3ecm könne sich der Arbeitsaufwand erhöhen. Die Stadtverwaltung Osnabrück ist schon seit einigen Jahren codia-Kunde: „Wir schätzen codia als einen engagierten und verlässlichen Partner auf Augenhöhe, der mit Professionalität unsere Projekte fokussiert und

„Es können keine Akten mehr verschwinden.“ Codia-Chef Laurenz Stecking

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erfolgreich umsetzt“, sagt Tobias Fänger, Leiter des Fachdienstes Informationstechnik. Codia selbst schaut der Zukunft mit großer Zuversicht entgegen. Es zeichnen sich zahlreiche neue Aufträge mit renommierten Hochschulen und weiteren großen Städten und Landkreisen ab. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete codia einen Jahresumsatz von 6,2 Millionen Euro. Stecking ist überzeugt: „In diesem Jahr werden wir erstmals die Sieben-Millionen-Euro-Marke knacken.“ Das mittelständische Unternehmen beschäftigt 70 Mitarbeiter, Tendenz stark steigend. So platzt der Software-Entwickler an seinem Standort in Meppen aus allen Nähten. Auf einem Nachbargrundstück entsteht gerade ein Neubau. Zu den vorhandenen 700 Quadratmeter Büroflächen kommen weitere 700 Quadratmeter hinzu. Stecking selbst will sich in den kommenden Jahren langsam aus dem Unternehmen zurückziehen. Bislang hält er 45 Prozent am Firmenvermögen. 25,1 Prozent gehören dem Produkthersteller d.verlop, die restlichen Anteile sind im Besitzer weiter Mitarbeiter. d.velop wird vermutlich in zwei Jahren die Anteile von Stecking übernehmen.

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SPEZIAL DIGITAL & INNOVATIV

Tablet statt Zollstock und Klemmbrett In der Tischlerei Vielstädte in Ostercappeln ist das Handwerk 4.0 angekommen VON DIETMAR KRÖGER OSTERCAPPELN. Natürlich hat

Matthias Vielstädte noch einen Zollstock in der Tasche. Der aber wird immer mehr zu einer Reminiszenz an vergangene Tage, denn in Vielstädtisches Tischlerei hat das Handwerk 4.0 Fuß gefasst, wie kaum in einem anderen Unternehmen. Und zwar dauerhaft.

Das Tablet gehört zur Grundausstattung der Vielstädte-Mitarbeiter,die unter anderem ihre Arbeitszeiten noch auf der Baustelle eingeben und direkt an die Firma übermitteln können.

schnitten. Vorteile der digitalen Dokumentation sieht Vielstädte auf allen Seiten. Während für ihn als Unternehmer die gesammelten Daten unter anderem als Planungs- und Kalkulationsbasis für den nächsten Auftrag dienen,

„Früher mussten wir oftmals ein Aufmaß mit zwei Mann nehmen. Heute gehe ich alleine zum Kunden.“ Tischlermeister Matthias Vielstädte

Tischlermeister Matthias Vielstädte hat in seinem Betrieb die Digitalisierung bereits weit vorangetrieben. Foto: Swaantje Hehmann

kann der Kunde sicher sein, dass er zum Beispiel bei einer Nachbestellung den gleichen Farbton für sein Fenster bekommt wie beim Ursprungsauftrag, und die Mitarbeiter können sich auf eine genaue Stundenerfassung verlassen oder sind zum Beispiel durch Fotodokumentationen vor unberechtigten Kundenreklamationen geschützt. „Die Zeiterfassung ist ein Riesenthema“, sagt Vielstädte. Seine Monteure sind mit Tablets unterwegs, auf denen sich der gesamte Auftrag widerspiegelt. Neben der Kundenadresse finden sich auf dem Tablet Zeichnungen, Materiallisten und eben auch ein Zeiterfassungsprogramm, in das die Mitarbeiter ihre Stunden eingeben. In Kürze werden dann die Auftraggeber diese Stunden auch auf dem Tablet gegenzeichnen können. „Heute ist es wichtig zu sehen, wo die Zeit hingeht.“ Die digitalisierten Erfahrungen zum Beispiel aus dem Bau eines Dielentores können in den nächsten Auftrag einfließen und damit die Kostenkalkulation für Vielstädte, aber auch für seinen Kunden deutlich präzisieren. Und fehlt den Monteuren vor Ort einmal ein Teil, sendet das Tablet die entsprechende Bestellung an die Firma zur weiteren Bearbeitung. Das alles ist sehr komfortabel, fällt aber nicht vom Himmel. „Entscheidend ist, dass die wichtigen Daten in das System eingepflegt werden.“ Wochen hat Vielstädte damit verbracht. Ist diese Kernerarbeit aber erst einmal geleistet, spart die Digitalisierung am Ende eine Menge Zeit. In Zeiten, in denen selbst der ambitionierte Heimwerker schon mit digitalen Messgeräten die Wandflächen für die nächste Tapezieraktion berechnet, kommt das Handwerk schon längst nicht mehr ohne diese elektronischen Helfer aus. „Früher mussten wir oftmals ein Aufmaß mit zwei Mann nehmen. Heute gehe ich alleine zum Kunden“, sagt Vielstädte und öffnet einen roten Koffer, in dem eines seiner Lieblingsgeräte sanft und

geschützt ruht. Das Lasermessgerät in Hightech-Ausführung ist aus Vielstädtes digitaler Welt kaum mehr wegzudenken. Per Bluetooth mit einem Tablet verbunden, speichert der Tischler hier die Maße zum Beispiel eines alten Dielentores, anhand derer dann das neue Stück gezeichnet wird. So wird das Aufmaß gleichsam zur digitalen Geburtsstunde des neuen Tores. An den einmal erfassten Auftrag koppeln sich neben der Zeichnung die Materialberechnungen inklusive

Foto : ima go/ blick wink el

Dabei mag Vielstädte den Begriff „Handwerk 4.0“ gar nicht. Das ist ihm alles zu ungenau, nicht greifbar genug. Der Tischlermeister hat es da gerne etwas präziser. Ist wohl berufsbedingt. Die Arbeit mit Holz erfordert schließlich auch ein Höchstmaß an Genauigkeit. Wenn Vielstädte das tut, was sein Geschäft auszeichnet, nämlich zum Beispiel neue Fenster für alte Gemäuer bauen, dann muss das Fenster passen, und zwar gerne auch auf den Millimeter genau. Der alte Handwerkerspruch „Ein Millimeter ist kein Maß. Hauptsache, wir bleiben auf dem Grundstück“, findet bei Vielstädte keine Anwendung. Die Genauigkeit ist aber nur ein Argument, warum sich der Tischlermeister für einen Weg entschieden hat, der ihm im Jahr 2016 bereits den Förderpreis der Kreishandwerkerschaft für die Digitalisierung von Unternehmensprozessen im Handwerk eingebracht hat. Vielstädte will die Arbeit insgesamt transparenter machen – vom Aufmaß über die Arbeitsvorbereitung bis zur Endmontage. Ob nun Kundendaten, Zeichnung, Materialeinkauf, Lagerhaltung, Arbeitszeiterfassung oder Personalplanung – die Digitalisierung erlaubt zu jeder Zeit einen tiefen Einblick in die jeweilige Phase der Produktentstehung. Anders als in der Industrie steht das Handwerk eher noch am Anfang der digitalen Revolution. Stundenzettel und Notizblock sind hier noch wesentlich weiter verbreitet als Tablet und Smartphone. Gleichwohl zeichnet sich der Wandel bereits deutlich am Horizont ab. Vor allem die entsprechende Apps und Programme machen einen zunehmend individualisierten Einsatz möglich. Diente die Digitalisierung zunächst der Industrie mit ihren großen Stückzahlen zur Verschlankung und Überwachung von Arbeitsprozessen, sehen die Programmentwickler nun zunehmend in mittleren und kleineren Betrieben potenzielle Kunden. Individuelle Lösungen sind hier ein Schlagwort. Die von Matthias Vielstädte eingesetzten Programme sind denn auch zumindest zu einem Teil in direkter Kooperation mit Softwareentwicklern entstanden und so auf die Bedürfnisse der Ostercappelner Tischlerei zuge-

Bestellungen wenn nötig, die Zuschnitte der einzelnen Teile, die Lackierung und natürlich auch die Arbeitsstunden für jeden einzelnen Arbeitsschritt bis hin zur Montage. „Ich habe jederzeit Einblick in den Produktionsprozess und kann einhaken, wenn es irgendwo klemmt“, sagt Vielstädte. Für diesen nahezu allumfassenden Überblick sorgen auch die Computer in der Werkstatt, die ebenfalls von Vielstädtes Mitarbeitern mit den notwendigen Daten gefüttert werden. Und ist die Arbeit abgeschlossen, die Rechnung geschrieben und vom Kunden beglichen, bleiben alle Daten als Dokumentation jederzeit in Vielstädtes Zugriff. Die Digitalisierung im Handwerk wird sicherlich in Zukunft noch vieles maßgeblich verändern. Nur eines wird zumindest im Tischlerhandwerk bleiben: der wunderbare Duft frisch gesägten Holzes als markantes Erkennungsmerkmal einer Tischlerei.

UMFRAGE IM HANDWERK

Gemischte Gefühle beim Blick in die digitale Zukunft Matthias Vielstädte ist im Handwerk sicherlich ein Vorreiter beim Thema Digitalisierung. Bei vielen seiner Kollegen quer durch die verschiedenen Branchen ist das Verhältnis zur Arbeit in und mit der Welt der Bits und Bytes eher zwiegespalten. Eine repräsentative Untersuchung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) hat ergeben, dass die Digitalisierung der Wirtschaft

längst auch das Handwerk erreicht hat und dass das Interesse an digitalen Technologien groß ist. Gleichzeitig kommen aber digitale Anwendungen trotz der großen Offenheit noch längst nicht in allen Handwerksbetrieben zum Einsatz. „Vier von fünf Handwerksbetrieben (81 Prozent) sagen, dass sie generell aufgeschlossen gegenüber dem Thema Digitalisierung sind. Gut zwei Drittel der Betriebe (69 Prozent) nehmen die Digitalisierung als

Chance wahr. Den größten Vorteil sehen Handwerker in der optimierten Lagerung und Verteilung von Betriebsmitteln (91 Prozent)“, so ein Ergebnis der Studie. 81 Prozent der Betriebe sehen demnach Zeitersparnis als wichtigen Vorteil von digitalen Anwendungen im Handwerk. Eine flexible Arbeitsorganisation nennen 78 Prozent von 504 befragten Handwerksbetrieben. Die Studie hat aber auch ergeben, dass noch viele Handwerks-

betriebe Schwierigkeiten haben, eine Digitalisierungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Laut Befragung sagen mehr als die Hälfte der Handwerker (56 Prozent), dass die Digitalisierung für ihren Betrieb eine große Herausforderung darstellt. Drei von zehn (29 Prozent) haben Probleme, die Digitalisierung zu bewältigen. Rund ein Viertel (23 Prozent) gibt sogar an, dass sie die Existenz ihres Betriebes als Folge der Digitalisierung gefährdet sehen. dk


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GELD & GESCHÄFT

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Der Roboter, mein Anlageberater Wie Fintechs den Markt für Vermögensverwaltung verändern Robo-Berater legen Geld mithilfe moderner Technik an. Kunden profitieren von geringen Gebühren. Für die Banken ist die neue Technologie Chance und Gefahr. VON MANUEL GLASFORT OSNABRÜCK. Wer eine größere

Mattias Michel

Wenn Erik Podzuweit Sparer trifft, stößt er vor allem auf eins: Frust. Über mickrige Zinsen auf Kontoguthaben und Lebensversicherungen, über Fondsprodukte der Banken und Sparkassen, deren hohe Gebühren die Rendite verhageln. „Die Leute sind so frustriert von den konventionellen Angeboten, dass sie in den meisten Fällen sagen: Ich mach gar nichts“, sagt der Unternehmer. Er müsste sich freuen über den Frust der Anleger, glaubt er doch, ihnen eine Lösung bieten zu können. Vor vier Jahren überlegte Podzuweit zusammen mit zwei früheren Kollegen von der Investmentbank Goldman Sachs und seinem ehemaligen Statistikprofessor Stefan Mittnik, wie sie Anlegern ein attraktives Angebot machen könnten. Er und seine Mitstreiter gründeten 2015 schließlich Scalable Capital. Das Münchner Start-up bietet seinen Kunden automatisiertes Vermögensmanagement an – mit einigem Erfolg. Inzwischen hat Scalable nach eigenen Angaben in Deutschland, Österreich und Großbritannien mehr als 20 000 Kunden, die über 600 Millionen Euro angelegt haben. Scalable Capital ist ein Robo-Advisor, auch Robo-Berater genannt, und zählt damit zu den sogenannten Fintech-Unternehmen (kurz für „financial technology“). Diese technologiegetriebenen Start-ups werden die Bankenbranche revolutionieren, da ist sich der Finanzwissenschaftler Christian Rieck von der Frankfurt University of Applied Science sicher. „Die Banken sind seit mehreren Jahren hellwach, was die Digitalisierung angeht. Sie können natürlich nicht von heute auf morgen alles umkrempeln. Aber es ist völlig klar, dass da kein Stein auf dem anderen bleiben wird.“ Für Rieck liegen die Vorzüge von Robo-Beratern auf der Hand. Da wäre zunächst die niedrige Einstiegshürde. Statt einen Termin mit dem Bankberater abzustimmen und

Montage: Colourbox.de/

Summe anlegen möchte, muss dafür nicht mehr unbedingt den Weg zum Bankberater oder Vermögensverwalter antreten. Start-ups wie Scalable Capital nutzen das Internet und Algorithmen, um die Geldanlage zu automatisieren. Was hat es mit den sogenannten Robo-Advisorn auf sich?

in die Filiale zu fahren, lassen sich alle Schritte online bequem von zu Hause aus erledigen. Der Anleger muss zunächst den Robo-Berater mit Daten füttern: Mit einem Fragenkatalog werden Anlageziele, Kenntnisse, finanzielle Situation und Anlagestrategie geklärt. Anhand der Antworten weist der Robo-Advisor den Anleger einer Risikoklasse zu und erstellt nach einem Algorithmus ein entsprechendes Portfolio. Die Wertpapiere werden dann in einem Depot bei einer Partnerbank verwahrt. Robo-Berater sind nicht nur einfach zu benutzen, sondern auch vergleichsweise kostengünstig. Die Gesamtkosten übersteigen im Regelfall nicht ein Prozent pro Jahr. Wie gelingt das? Die meisten Robo-Advisor – so auch Scalable – investieren das Geld ihrer Anleger ausschließlich in börsengehandelte Fonds. Diese sogenannten ETF („exchange-traded fund“) bilden Aktien-Indizes wie den Dax oder den Dow Jones nach, es gibt sie aber auch für andere Anlageklassen wie Anleihen, Rohstoffe oder Immobilien. Wichtig ist: Als passive Produkte kommen sie ohne Fondsmanager aus, was sie deutlich preiswerter macht als aktiv gemanagte Fonds. Neben den geringen Kosten bieten ETF auch den Vorteil, breit zu streuen und so das Risiko zu minimieren. Ein MSCI-World-ETF beispielsweise bildet die Wertentwicklung von über 1600 Unternehmen

aus 23 Industrieländern ab. Scalable-Mitgründer Podzuweit schwört auf ETF und glaubt, in eine Marktlücke zu stoßen: Die Banken verkaufen ungern ETF, weil sie an ihnen kaum verdienen. Und selbst aus der Vielzahl der Fonds die passenden auszusuchen sei für die Kunden dann doch zu aufwendig. Nachdem der Robo-Berater das erledigt hat, passt er das Portfolio regelmäßig der Marktentwicklung an. Rieck sagt: „Banken haben in der Vergangenheit immer so getan, als wäre es eine Geheimkunst, Geld

zu verwalten. Das ist es ja nicht.“ Es handle sich um relativ ausgereifte Theorien, „die uns sagen, was zu tun ist“. Nachdem individuelle Parameter wie die Risikoneigung abgefragt seien, könne man auf Autopilot stellen. „Und dieser Autopilot muss nicht mal übermäßig viel machen.“ Aber was genau macht er nun, dieser Autopilot? Es lassen sich zwei Strategien unterscheiden: eine aktive und eine passive. Die Mehrheit der Robo-Advisor verfolgt den passiven Ansatz: Entsprechend der Risikoneigung des Anlegers verteilen sie sein Kapital auf unterschiedliche Körbe, etwa 60 Prozent Anleihen, 40 Prozent Aktien. Mit der Marktentwicklung verschieben sich die Portfolioanteile im Lauf der Zeit. Der Algorithmus schichtet daher regelmäßig um, um die Ausgangsgewichtung wiederherzustellen. Das nennt sich Rebalancing. Aktive Robo-Advisor wie Scalable Capital verfahren dagegen nach einem anderen Prinzip, wie Podzuweit erläutert. „Wir interessieren uns nicht für starre Gewichte, sondern betreiben ein Risiko-Management. Wir wollen das Risiko in den Portfolios konstant halten.“ Um das zu erreichen, ermittelt der Robo-Berater für jedes Portfolio ein Risikomaß, den sogenannten Value-atRisk (VaR). „Dann messen wir in den Portfolios täglich, ob dieses Risiko eingehalten wird oder verletzt zu werden droht. Entsprechend schich-

ten wir um.“ Mit dieser Leistung öffnen Robo-Berater wie Scalable eine früher sehr exklusive Leistung einem breiteren Kundenkreis, wie Rieck erklärt: „Das ist etwas, das man bisher für kleine Portfolios gar nicht hätte machen können. Dadurch, dass sie den Prozess automatisieren, lässt sich das runterskalieren.“ Allerdings: Auch die besten Robo-Berater können nicht in die Zukunft sehen. „Viele glauben, dass die eigentliche Leistung der Robo-Berater darin besteht, die Märkte besser vorherzusehen. Das ist Quatsch“, betont Rieck. Podzuweit bestätigt: „Wir haben auch keine Glaskugel.“ Anleger müssen sich außerdem bewusst sein, dass manche RoboBerater eine hohe Mindestanlagesumme verlangen: Bei Scalable liegt der Mindestbetrag bei 10 000 Euro, beim Rivalen Liqid sogar bei 100 000 Euro. Bei dem Anbieter Fintego geht es mit einer Einmalanlage ab 2500 Euro los – alternativ mit einem Sparplan ab 50 Euro. Die Banken haben das Potenzial der Robo-Advisor inzwischen erkannt, viele haben eigene Lösungen entwickelt. So startete die Com-

„Es ist klar, dass da kein Stein auf dem anderen bleibt.“ Christian Rieck, Ökonom

merzbank-Tochter Comdirect im Frühjahr vergangenen Jahres ihren Robo-Berater Cominvest. Die Deutsche Bank schickte Ende vergangenen Jahres ihren Berater Robin ins Rennen, und auch Sparkassen (Bevestor) und Volksbanken (Visualvest) mischen mit. Die Institute stehen allerdings vor einem Dilemma. Wegen steigender regulatorischer Anforderungen rentiert sich das Anlagegeschäft mit Privatkunden für viele Banken nicht mehr, wie Ingo Kipker erklärt, Finanzexperte beim Beratungsunternehmen Horváth & Partners. „Die Robo Advisor bieten hier einen Ausweg. Eine Maschine erfüllt die Vorschriften deutlich günstiger als ein Mitarbeiter im Präsenzgespräch in einer Filiale.“ Damit ist auch klar, dass die Banken mit Kannibalisierungseffekten rechnen müssen, wenn ihre Robo-Berater erfolgreich sein sollten. Deshalb ist es kein Zufall, dass Scalable Capital eine Kooperation mit der Direktbank ING Diba eingegangen ist, die kein eigenes Filialnetz betreibt. Es ist bisher ein einträgliches Geschäft: Seit Beginn der Kooperation im September vergangenen Jahres hat die ING Diba dem Münchner Start-up bereits mehr als 330 Millionen Euro an Kundengeldern zugeschaufelt. Ökonom Rieck glaubt, dass Robo-Berater sich durchsetzen werden – und dass ihr technisches Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. „Ich bin fest davon überzeugt, dass in Zukunft immer mehr alternative Datenquellen verwendet werden und nicht mehr nur die Ergebnisse eines Fragebogens“, sagt er. „Das Ganze wird dann nach immer raffinierteren statistischen Methoden ausgewertet werden. Und irgendwann werden diese statistischen Methoden eine Qualität annehmen, die man als künstliche Intelligenz bezeichnen kann.“

DIGITALISIERUNG ERFASST FINANZBRANCHE

Verbreitete Geschäftsmodelle von Fintechs Neben dem Robo-Advisor gibt es unter den Fintechs noch diverse andere Geschäftsmodelle. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Finanzdienstleistungen mit modernen, internetbasierten Technologien verbinden. Die wichtigsten Segmente im Überblick: Zahlungsverkehr: Dutzende deutsche Fintechs haben sich auf Lösungen im Zahlungsverkehr spezialisiert. Der Anbieter Billpay etwa ermöglicht seinen Kunden, Zahlungen auf Rechnung oder

Lastschrift zeitlich nach hinten zu schieben oder in Raten zu begleichen. Andere Start-ups bieten mobile Bezahlverfahren. Ein Teilsegment dieser Fintech-Art bilden Blockchain-Technologie und Kryptowährungen. Im Gegensatz zu gesetzlichen Zahlungsmitteln sind hier Banken als Zwischenglied überflüssig. Crowdfunding: Hier geht es um sogenannte Schwarmfinanzierung. Die Finanzaufsicht Bafin unterscheidet zwischen

vier Modellen. Beim spendenbasierten Crowdfunding spendet das Publikum ohne Gegenleistung für ein konkretes Projekt Geld. Erhalten die Geldgeber eine nicht-finanzielle Gegenleistung, etwa die Nennung ihres Namens im Abspann eines mitfinanzierten Films, ist von gegenleistungsbasiertem Crowdfunding die Rede. Weniger uneigennützig sind das Crowdinvesting und das Crowdlending. Bei beiden Modellen will der private Geldgeber an

seinem Investment verdienen. Dabei kann er auf einer Plattform zwischen verschiedenen Projekten wählen, die die Geldnehmer dort präsentieren. Der Unterschied liegt in der Gegenleistung: Beim Crowdinvesting erhält der Geldgeber eine Beteiligung an zukünftigen Gewinnen des Projektes oder aber Anteile. Beim Crowdlending vergeben Privatpersonen Kredite an andere Privatpersonen, für die sie oft relativ hohe Zinsen erhalten. Die Plattform auxmoney etwa

wirbt mit einer durchschnittlichen Rendite von 5,0 Prozent. Insurtechs: Diese Spezialform der Fintechs ist auf dem Versicherungsmarkt aktiv. Das Berliner Start-up Friendsurance etwa ermöglicht es seinen Kunden, sich online zu kleinen Gruppen zusammenzuschließen und eine Hausrats- oder Haftpflichtversicherung zu teilen. So wird die Sharing-Ökonomie in den Versicherungsmarkt eingeführt.


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

GELD & GESCHÄFT

Anleger auf der Suche nach dem Jungbrunnen Gesundheit soll laut Branchenkennern der Zukunftstrend auf dem Aktienmarkt schlechthin sein VON STEFAN WOLFF FRANKFURT. Die Bevölkerung

wird immer älter. Krankheiten können immer effektiver bekämpft werden. Beide Entwicklungen – Demografie und medizinischer Fortschritt – spielen den Gesundheitsunternehmen in die Karten. Gesundheitsaktien gelten als der Zukunftstrend schlechthin. Und als weitgehend krisenfest obendrein.

Dass Deutschland die Apotheke der Welt war, ist Vergangenheit. Längst haben internationale Spieler die deutschen Pharmaunternehmen abgelöst. Gemessen an den im vergangenen Jahr erzielten Umsätzen, rangiert Bayer auf dem zehnten Platz, abgehängt von Konzernen, wie Johnsson & Johnsson, Pfizer, Roche oder Novartis. Auch bei der Zahl der neu zugelassenen Medikamente hat „Big Pharma“ aus dem Ausland die Nase vorn. Trotzdem ist Gesundheit ein prägender Faktor an den Finanzmärkten. Im Deutschen Aktienindex (Dax) tummeln sich mit Bayer, BASF und Merck gleich drei Chemie- und Pharmariesen. Hinzu kommt die Fresenius-Familie mit ihren Gesundheitsunternehmen Fresenius und Fresenius Medical Care. Nach den großen folgen viele mittlere, ganz viele mittelständi-

26. April vormerken Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 26. April 2018. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 6. April 2018. Weitere Informationen im Internet unter der Adresse diewirtschaft.noz.de.

GESCHÄFTSFÜHRER: Joachim Liebler und Axel Gleie CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Nina Brinkmann, Johannes Franke, Manuel Glasfort, Karsten Grosser, Sebastian Hamel, Berthold Hamelmann, Lothar Hausfeld, Stefanie Hiekmann, Jürgen Hofmann, Almut Hülsmeyer, Nina Kallmeier, Dietmar Kröger, Christoph Lützenkirchen, Hermann-Josef Mammes, Daniel Meyer, Kathrin Pohlmann, Irene Schmidt, Anja Steinbruch, Stefan Wolff REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: Markus Alwes, Daniela Barlag, David Ebener, Johannes Franke, Karsten Grosser, Michael Gründel, Sebastian Hamel, Swaantje Hehmann, Iris Kersten, Christoph Lützenkirchen, Jörn Martens, Hermann-Josef Mammes, Elvira Parton, Hermann Pentermann, Werner Westdörp VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-330, Telefax 05 41/310266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@noz.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 05 41/310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.), Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Tillmanns, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 05 41/310-510, Telefax 05 41/310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 0 59 21/707-410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.) ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 0 59 21/707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: EvaChristin List TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)

sche und noch mehr kleine Unternehmen, die sich mit dem Thema Gesundheit beschäftigen. Etwa 45 Aktiengesellschaften werden geführt. Die Börse fasst den Bereich „Pharma & Healthcare“ in einem gleichnamigen Branchenindex (ISIN DE0009660324) zusammen. Die Entwicklung sieht imposant aus, vor allen Dingen in der langfristigen Betrachtung. Binnen zehn Jahren hat sich der Kurs verdreifacht und damit den klassischen Dax deutlich abgehängt. Ein Grund für diese mehr als stabile Wertentwicklung ist, dass Krankheiten keine Konjunktur kennen. Immer benötigen Menschen ärztliche Versorgung und Medikamente. Das sorgt für Stabilität. Trotzdem sind Engagements nicht ohne Risiko. Unternehmen, die stark in den USA tätig sind, hängen von Wechselkursschwankungen ab. Auch die Politik spielt eine Rolle, weshalb es zum Beispiel die Aktien der Fresenius-Familie nach der Präsidentschaftswahl heftig durchschüttelte. Hätte Präsident Trump seine Pläne durchgesetzt und die unter dem Namen „Obamacare“ bekannte Gesundheitsversorgung gekippt und hätte die USGesundheitsbehörde CMS der Wohltätigkeitsorganisation American Kidney Fund Gelder gestrichen, hätten Tausende Menschen ihre Zuschüsse zur Dialyse verlo-

Vor allem langfristig betrachtet hat sich die Gesundheitsbranche sehr positiv entwickelt.

ren. Für Fresenius Medical Care (FMC) wäre das ein herber Schlag. Das Unternehmen behandelt in den USA 180 000 Patienten. Im wichtigsten Gesundheitsmarkt der Welt, den USA, geht die Diskussion allerdings weiter. Immer wieder werden die nach Ansicht von Politikern zu hohen Medikamentenpreise diskutiert. Die Diskussion wäre auch in Deutschland angebracht. Regelmäßig kritisiert der Arzneimittelreport zu hohe Medikamentenpreise und eine undurchsichtige Preisgestaltung. Nach Meinung vieler Deutscher

Verstärkung: Stephan Helber (50) verstärkt seit dem 1. Januar 2018 die Geschäftsleitung der TMP Technic-Marketing-Products GmbH, eine Tochtergesellschaft der Berentzen-Gruppe Aktiengesellschaft, mit Sitz im österreichischen Linz. TMP entwickelt und vertreibt Frischsaftsysteme. Trio an der Spitze: Die Geschäftsleitung der Mercedes-Handelsgruppe Beresa besteht ab dem 1. März 2018 wieder aus einem Trio. Wie das Unternehmen mit Hauptsitz in Münster am Dienstag bekannt gab, wird dann Andreas Muthig neuer Sprecher der Geschäftsführung. Er lenkt künftig gemeinsam mit Marcus Herkenhoff und Thomas Ulms die Geschicke der Gruppe. Neuer CEO: Die ZF Friedrichshafen AG hat zum 1. Februar 2018 einen neuen Vorstandsvorsitzenden bekommen: Wolf-Henning Scheider folgt Dr. Konstantin Sauer als CEO nach und rückt an die Spitze des ZF-Konzerns. Der 55-jährige Diplom-Betriebswirt verfügt über langjährige Management-Erfahrung in den Technologiekonzernen Bosch und Mahle. Expansion: Die Culimeta Textilglas-Technologie GmbH & Co. KG mit Sitz in Bersenbrück hat eine Fläche von 4,3 Hektar erworben, um in einem ersten Ausbauschritt neue Produktionsund Lagerflächen von 3500 Quadratmetern entstehen zu lassen. Geplant ist auch hier die neue Firmenzentrale der Unternehmensgruppe zu bauen, inklusive eines Technikums für Forschung und Entwicklung.

sundheitswesen, in der Arzneimittelforschung und in der klinischen Erprobung enorm unter Druck. „Die Erlöse sind in manchen Indikationsgebieten so gering, dass Forschung trotz exzellenter Infrastruktur in Deutschland immer schwerer zu finanzieren ist.“ Große Konzerne gehen stark dazu über, ihre Forschungen auszugliedern beziehungsweise mit kleineren Unternehmen Kooperationen einzugehen. „Gerade Nischen haben größeres Potenzial“, sagt der bankenunabhängige Analyst Thomas Schießle. „Sie sind weitge-

Friwo voll geladen, RWE mit leerem Akku

Kurz notiert Neu im Amt: Die IHK Niedersachsen (IHKN) hat einen neuen Präsidenten: Der Braunschweiger Unternehmer Helmut Streiff, Präsident der IHK Braunschweig, übernimmt das Amt turnusgemäß für das Jahr 2018. Er folgt auf Dr. Christian Hinsch, Präsident der IHK Hannover.

hält das die Unternehmen davon ab, in neue Medikamente zu investieren, weil sie mit Altbewährtem und mit Nachahmerpräparaten genug verdienen. Laut der Befragung „Healthcare-Barometer 2017“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) wünschen sich zwei Drittel der Befragten mehr Innovationen. „Die Pharmaindustrie wird vonseiten der Öffentlichkeit oft zu Unrecht geprügelt“, urteilt Michael Burkhart, PwC. Die forschenden Arzneimittelhersteller stünden durch die Kostenexplosion im Ge-

Foto: Colourbox.de

hend unbekannt und können generell schnelleres Wachstum bringen.“ Das gilt auch für das Kurspotenzial der Aktien kleinerer Unternehmen. Und natürlich für die Rückschlagsgefahren, denn wenn sich eine Firma auf ein Medikament konzentriert, das dann nicht zugelassen wird, kann das das Ende sein. Branchenkenner sagen aber, dass Gesundheit der Zukunftstrend schlechthin sei. Ein Grund dafür ist die Demografie. „Die Menschen leben immer länger, und der Anteil der Älteren nimmt an der Gesamtbevölkerung zu. Das trifft übrigens auch für die aufstrebenden Staaten zu“, erklärt Jörg Naumer, Anlagestratege bei der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors. „2013 war das erste Jahr in der Geschichte der Industrialisierung, in dem in den Industriestaaten mehr Menschen aus dem Arbeitsprozess ausschieden, als neu dazugekommen sind.“ Für die Gesundheitsbranche entsteht ein riesiger Markt. Auf der anderen Seite wächst der Druck auf Unternehmen, für mehr Gesundheit im Betrieb zu sorgen, sagt Jörg Naumer: „Ökonomisch betrachtet, wird die menschliche Arbeitskraft immer knapper. Ein starker Anreiz, ihre Gesundheit zu fördern.“ Fitnessräume und Sportangebote sind dabei erst der Anfang.

Neuer Leiter: Zum 1. Januar 2018 hat Matthias Kellermann die Geschäftsleitung des Hauses Peek & Cloppenburg KG am Nikolaiort in Osnabrück übernommen. Vorab hatte er verschiedene Stationen bei den Textilisten Peek & Cloppenburg West, Ansons und Wöhrl durchlaufen. Kellermann folgt auf Sebastian Kujas, der das Haus in Stralsund übernommen hat. Neue Broschüre: Obwohl die Konjunktur gut läuft, bei vielen Unternehmen die Auftragsbücher voll sind und die regionale Arbeitslosigkeit sehr niedrig ist, ist es gerade für kleinere und mittlere Unternehmen schwierig, Personal zu finden. In einer neuen Broschüre „Personaldienstleistungen für Unternehmen“ hat die Maßarbeit jetzt alle Personaldienstleistungen für Unternehmen kompakt und übersichtlich zusammengestellt. BSG-Entscheidung: Das ehrenamtliches Engagement bleibt sozialversicherungsfrei, so die Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 16. August 2017 (Aktenzeichen B 12 KR 14/16 R). Ein Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Nordfriesland-Süd engagiert sich als Vorstandsvorsitzender für das Handwerk in seiner Region. Dafür bekommt er pro Jahr eine Aufwandsentschädigung von rund 7000 Euro. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) betrachtete das Geld als Lohn für eine abhängige Beschäftigung. Der Kreishandwerksmeister sollte dafür Sozialabgaben bezahlen. Dagegen klagte er. Das BSG gab ihm recht. Im Gegensatz zur erwerbsorientierten und damit beitragspflichtigen Beschäftigung habe ein Ehrenamt gemeinnützigen Charakter. Ehrenämter seien auch dann beitragsfrei, wenn jemand nicht nur repräsentative, sondern auch eng mit dem Ehrenamt verbundene Verwaltungsaufgaben wahrnehme, so das Gericht.

Die Kursrallye des Essener Energieversorgers geht weiter VON LOTHAR HAUSFELD

Kursverlauf Friwo AG

Angaben in Euro

OSTBEVERN/ESSEN. Sowohl die

Friwo AG als auch die RWE AG haben, grob gesagt, etwas mit Strom zu tun. Während aber die Wertpapiere des Ostbeverner Herstellers von Stromversorgungen und Ladetechnik um fast die Hälfte zugelegt haben, zeigte die Kurve des Essener Energieversorgers in den vergangenen Monaten zumeist nach unten.

Seit rund 40 Jahren konzipiert, entwickelt und produziert Friwo an zahlreichen Standorten Stromversorgungslösungen und Ladetechnik. Das Jahr 2017 lief dabei für das Unternehmen aus dem Münsterland ausgesprochen gut; die ersten neun Monate brachten einen um 8,5 Prozent gesteigerten Konzernumsatz, das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern legte von 3,5 auf 7,5 Millionen Euro zu. Auch wenn sich die Umsatzdynamik zuletzt etwas abschwächte – was unter anderem am gestärkten Geschäftsbereich der kabellosen Stromversorgungen bei Werkzeugen liegt, in dem sich Kunden bevorzugt bereits im Frühjahr mit Einkäufen versorgen –, musste die Ergebnisprognose im November das zweite Mal nach oben korrigiert werden. Erwartet wurde nun ein Konzern-EBIT für das Gesamtjahr zwischen 9,5 und zehn Millionen Euro. Im Herbst legten die Zahlen bei Friwo nochmals zu; eine Prozessvereinfachung und -beschleunigung sorgte dafür, dass Personalund Fixkosten niedriger ausfielen als geplant. Diese positiven Aussichten beflügelten auch die Aktionäre: Sie hievten die Friwo-Papiere von 19,99 Euro auf 29,80 Euro – ein Plus von satten 49 Prozent innerhalb eines Quartals.

30 28 26 24 22 20 18

Nov.

Dezember

Januar

Kursverlauf RWE AG

Februar Angaben in Euro

21 20 19 18 17 16 15

Nov.

Dezember

In die entgegengesetzte Richtung ging es dagegen für RWE. Der Stromriese musste Verluste von knapp 30 Prozent hinnehmen: Die Aktie fiel von 22,32 auf 15,71 Euro. Damit geht die RWE-Kursrallye weiter: Nach massiven Kursverlusten zwischen den Jahren 2008 und 2015 hatten sich die Papiere bei unter zehn Euro gefangen, bis Mitte 2016 ging der Kurs dann fast durch Decke und schaffte ein Hoch von 23,31 Euro – nur um dann innerhalb relativ kurzer Zeit wieder drastisch zu verlieren. Zwischenzeitlich notierte die Aktie bei weniger als 15 Euro.

Januar

Februar

Grundsätzlich reagieren Aktien in der Versorgerbranche sehr sensibel; steigende Zinsen sorgen für eine teurere Refinanzierung, was insbesondere bei Firmen dieser Sparte stark ins Gewicht fällt. Experten sehen RWE aber gut gerüstet, um den Energiewandel schadlos zu überstehen. Eine Trennung der einzelnen Energiesparten RWE Power (Braunkohle, Kernenergie) und RWE Generation (Gas, Steinkohle, Wasserkraft, Biomasse) soll das Unternehmen flexibler machen und es ermöglichen, die Sparten stärker auf die jeweiligen Energieträger auszurichten.


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GELD & GESCHÄFT

Pfiffige Erfindungen aus der Region Jedes Jahr werden Dutzende Patente angemeldet – Doch nicht immer macht es Sinn, Innovationen schützen zu lassen VON ALMUT HÜLSMEYER OSNABRÜCK/HASBERGEN-GASTE.

Eine benutzerfreundliche Ladestation für Autos und eine App für die optimale Verteilung von Dünger: Beides sind Patente, die in der Region entwickelt wurden. Doch längst nicht jede Innovation wird auch patentiert. Manchmal ist es sogar empfehlenswert, Erfindungen nicht als Patent anzumelden.

Sie passt in jede Garage und ist leicht zu bedienen: die Ladestation des Osnabrücker Unternehmens Salt and Pepper. Vor zehn Jahren wurde die Firma, die Engineering Services anbietet, gegründet. Mittlerweile hat sie neben Osnabrück acht weitere Standorte in Deutschland und zwei in China. „Eine erste Ladesäule haben wir bereits 2010 zusammen mit Rheinenergie, Ford und der Uni Duisburg-Essen im Rahmen der Modellregion NRW für die Stadt Köln entwickelt“, erzählt André Wilmshöfer, Geschäftsführer von Salt and Pepper. Aus der Zusammenarbeit entstand die Idee für eine kabellose Ladestation. „Wir sind der Überzeugung, dass die EMobilität eine zukunftsträchtige Branche ist, aber nur, wenn es eine gute Infrastruktur gibt. Deshalb wollen wir den Ladevorgang für den Nutzer so einfach wie möglich machen“, sagt Wilmshöfer. Mehrere Jahre forschten Ingenieure der Firma an einem induktiven Ladeverfahren, also einem Verfahren, das ohne Kabel und Steckverbindungen auskommt. „Bislang ist der Ladevorgang bei den induktiven Ladesystemen nicht so schnell wie bei den konnektiven Systemen“, erklärt Wilmshöfer. Die neu entwickelte Ladestation soll Autos schnell laden, vandalismussicher, platzsparend und sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich einsetzbar sein. Die Ladeeinheit, die auf dem Boden montiert wird, richtet sich passend zum Auto aus. Ein im Wagen eingebautes Kontaktelement verbindet sich mit dem Stromgeber. Der Ladevorgang beginnt. Sobald dieser beendet ist, erhält der Nutzer ein Signal. Bislang existiert die patentierte Erfindung nur auf dem Papier, einen Prototypen gibt es noch nicht. „Wir suchen gerade nach einem Partner, der die Ladestation mit uns entwickelt“, sagt Wilmshöfer. „Die Arbeit fängt erst so richtig an, sobald Sie ein Patent haben“, betont Andreas Meiners, Projektleiter Innovation und Umwelt der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim (IHK). Denn viele Unternehmen wollen oder können ihr Patent

Mithilfe der Auffangmatten, die Florian Rahe mit entwickelt hat, wird der App signalisiert, welchen Bereich sie auswerten muss.Die Noppen verhindern,dass die Düngekörner wegspringen.

nicht selbst produzieren und sind darauf angewiesen, einen Geschäftspartner von ihrer Idee zu überzeugen. Diejenigen, die noch schwanken, ob sie ihre Erfindung als Patent anmelden sollen oder nicht, können sich in einer Sprechstunde der IHK beraten lassen. „Zu uns kommen vor allem Privatpersonen. Dazu gehören Studierende, Rentner, Hausfrauen und -männer sowie Angestellte von Firmen“, sagt Meiners. Während Rentner und Hausfrauen und -männer bei ihrer täglichen Arbeit auf ein Problem stoßen und dafür eine Lösung entwickeln, wollen Firmenmitarbeiter ihre Erfindung häufig nicht bei ihrem Arbeitgeber publik machen. Allerdings kann das erheblichen Ärger bergen. „Wir raten immer

Noch existiert die Ladestation der Firma Salt and Pepper nur auf dem Papier. Geschäftsführer André Wilmshöfer (links) sucht derzeit nach einem Geschäftspartner, der einen Prototypen mit der Firma entwickelt. Fotos: David Ebener

dazu, sich die eigene Idee vom Unternehmen freigeben zu lassen. Andernfalls kann es zum Rechtsstreit kommen, weil man beispielsweise Wissen nutzt, das man durch seine Arbeit erlangt hat oder möglicherweise Betriebsgeheimnisse verrät“, erklärt Meiners. Damit eine Erfindung als Patent angemeldet werden kann, muss sie mehrere Bedingungen erfüllen. Voraussetzung ist, dass es tatsächlich eine Neuerung ist, die auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und gewerblich anwendbar ist. „Wenn ich eine Schraube nur verlängere, ist das keine Innovation. Wenn ich aber eine Schraube entwickele, die statt einem Längsschlitz einen Kreuzschlitz hat, ist das eine Erfindung. Dadurch habe ich mit dem Schraubenschlüssel mehr Halt und rutsche nicht mehr so leicht ab. Das ist zwar eine kleine Veränderung, aber eine, die es in sich hat – sie hat ein Problem gelöst“, illustriert der Innovationsexperte die Anforderungen, die ein Patent erfüllen muss. Eine weitere Hürde auf dem Weg zur Patentanmeldung sind eventuelle Mitbewerber. Wer ein Patent anmelden will, sollte zunächst in der Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamts prüfen, ob es nicht schon etwas Vergleichbares gibt, rät Meiners. „Gibt es ein Patent, das alle Merkmale meiner Erfindung enthält oder auch zwei Patente, die zusammen meine Erfindung vollständig beschreiben, kann ich es vergessen, darauf ein Patent anzumelden.“ Bleiben zuletzt noch die Kosten von etwa 3500 Euro pro Anmeldung, die vor allem Privatpersonen davon abschrecken können, eine Erfindung patentieren zu lassen. Die Kosten steigen allerdings mit Laufzeit des

Patents und der Zahl der Länder, in der ein solches angemeldet ist. Manchmal ist es aber auch eine strategische Entscheidung, eine Erfindung nicht als Patent anzumelden. Billige oder kurzlebige Produkte patentieren zu lassen lohnt sich meist nicht. „Er dauert ein bis zwei Jahre von der Meldung bis zur Patenterteilung. Da ist manches Trendprodukt schon wieder vom Markt“, sagt Meiners. Entscheidender ist aber häufig ein anderer Punkt. „Mit einer Patentanmeldung macht man die eigene Idee bekannt und damit den Mitbewerber schlau“, sagt Meiners. In manchen Fällen sei es besser, mit Geheimhaltung zu arbeiten. Coca-Cola etwa hat sein gewinnbringendes Getränk nie patentieren lassen — die Rezeptur ist bis heute ein gut gehütetes Geheimnis. Wie es ist, wenn die eigenen Ideen kopiert werden, erleben die Amazonen-Werke in HasbergenGaste regelmäßig. „Die Nachahmer sind dreister geworden. Sie kopieren ganze Maschinen, Komponenten davon und häufig auch Verschleißteile“, berichtet Georg Holtgrewe, Leiter gewerblicher Rechtsschutz der Amazonen-Werke. Die

Plagiate stammen meist aus der Türkei, China sowie aus Süd- und Osteuropa. „Wir haben hohe Entwicklungskosten, und das Ersatzteilgeschäft ist eine wichtige Einnahmequelle für uns. Deshalb müssen wir uns vor dem Nachbau von Maschinen und Ersatzteilen schützen.“ Gegenwärtig hält das Unternehmen 1998 Patente weltweit

„Die Nachahmer sind dreister geworden. Sie kopieren ganze Maschinen.“ Georg Holtgrewe, Leiter gewerblicher Rechtsschutz der Amazonen-Werke

und gehört damit zu den innovativsten Unternehmen im IHK-Bezirk, der allerdings im niedersächsischen Vergleich nur mittelmäßig abschneidet. Wurden im Jahr 2014 in der Region Osnabrück, Emsland und Grafschaft Bentheim 19,5 Patente je 100 000 Einwohner veröffentlicht, waren es im niedersächsischen Durchschnitt 32,2 nationale Patente je 100 000 Einwohner. Zu den rund 140 Patenten, die die Amazonen-Werke jeweils in den beiden vergangenen Jahren angemeldet haben, gehört auch „Easy Check“. Die Erfindung hilft Landwirten, unkompliziert zu prüfen, ob sie ihren Düngestreuer optimal eingestellt haben. Ursprünglich mussten die Landwirte Prüfschalen auf ihrem Acker aufstellen, nach dem Düngen den Inhalt der Schalen wiegen und die Daten in ein entsprechendes Programm eingeben, um zu erfahren, wie sich der Dünger auf dem Feld verteilt. Eine Innovation in diesem Bereich sei seit Langem notwendig gewesen, sagt Florian Rahe, Leiter der Abteilung Sensorik und Mechatronik bei den Amazonen-Werken. Zusammen mit Kollegen hat er eine App entwickelt, die das aufwendige Verfahren durch eine automatische Auswertung von Fotos mit dem Smartphone ersetzt. Statt der Prüfschalen nutzt der Landwirt für das neue Verfahren dünne violette Auffangmatten, die vor dem Düngen auf dem Feld ausgelegt werden. Anschließende Fotos von den Matten reichen aus, um mithilfe der App die Düngeverteilung zu ermitteln und eine Empfehlung für eine optimierte Einstellung des Düngestreuers zu geben. „Der Landwirt hat eine deutliche Zeitersparnis, und es passieren keine Eingabefehler“, erläutert Rahe die Vorteile von „Easy Check“. Vor den ersten Tests unter freiem Himmel haben die AmazoneMitarbeiter die App bereits als Patent angemeldet. Spionage etwa per Drohne sei heute nichts Ungewöhnliches, erzählt Holtgrewe. „Eine Landmaschine ist sehr laut, da kann eine Drohne unbemerkt bleiben, wenn sie über dem Feld kreist.“ Patente böten einen wirksamen Schutz vor Nachahmern. Immer wieder entdeckten Mitarbeiter auf Messen oder durch Internetrecherche kopierte Amazone-Produkte. „In solchen Fällen versuchen wir zunächst, uns gütlich zu einigen. Ist das nicht möglich, beschreiten wir den juristischen Weg“, sagt der Leiter gewerblicher Rechtsschutz. Manchmal sei es auch nötig, ein Exempel zu statuieren, um der steigenden Zahl der dreisten Nachahmer Einhalt zu gebieten.

GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ

Das Patent und seine Alternativen Patent: Nach der Definition des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) wird ein Patent für eine technische Erfindung erteilt, die neu ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und gewerblich anwendbar ist. Außerdem darf die Idee nicht gegen anerkannte physikalische Gesetze verstoßen. In Deutschland ist das DPMA für die Patenterteilung zuständig. Der Inhaber eines Patents hat ein auf maximal 20

Jahre befristetes Nutzungsmonopol. Zur Aufrechterhaltung des Anspruchs muss eine Jahresgebühr gezahlt werden. Ein Patent gilt nur in dem Land, für das es erteilt wurde. Gebrauchsmuster: Das Gebrauchsmuster ist wie das Patent ein Schutzrecht für technische Erfindungen. Allerdings wird bei der Anmeldung im Gegensatz zum Patent nicht geprüft, ob die Erfindung tatsächlich neu ist, auf einer erfinderi-

schen Tätigkeit beruht und gewerblich anwendbar ist. Es ist eine günstige Alternative zum Patent. Eine solche Prüfung geschieht erst dann, wenn ein Dritter einen Antrag auf Löschung des Gebrauchsmusters stellt. Ein Gebrauchsmuster gilt für maximal zehn Jahre. Marke: Die Marke schützt Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens. Als Marke können unter anderem Worte, Buch-

staben, Zahlen, Abbildungen, Symbole und Klänge geschützt werden. Eine Marke wird durch das DPMA eingetragen. Design: Auch ein Design kann durch die Eintragung beim DPMA geschützt werden. Bedingung ist, dass es sich von bereits vorhandenem Design abhebt. Eine Prüfung erfolgt allerdings erst in einem juristischen Streitfall. Geschützt wird es für maximal 25 Jahre.


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GELD & GESCHÄFT

GELD & GESCHÄFT

Zahlungen mit Bitcoin sind die Ausnahme

„Stationärer Handel wird weiter auf klassische bargeldlose Zahlungsarten setzen“

Vornberger: Ethereum-Netzwerk denkt Bitcoin weiter und will Blockchain-Technologie auch für Legitimierung von Dokumenten anwenden

Neben Platzhirsch Bitcoin gibt es fast 1500 weitere Kryptowährungen. Möglichkeiten, die Währung einzusetzen, gibt es auch in der Region. Ethereum will die Technologie für andere Anwendungen erweitern. VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Die Marktkapitalisie-

rung, der rechnerische Gesamtwert der Anteile der Kryptowährungen, zeigt: Bitcoin liegt mit knapp 180 Milliarden US-Dollar klar vor der Konkurrenz wie Ethereum (Platz zwei: 91 Milliarden), Ripple oder auch Bitcoin Cash, einer Abspaltung vom Bitcoin-Netzwerk. Insgesamt gibt es mehr als 1500 Kryptowährungen. Trotz des rapiden Wertverfalls der vergangenen Wochen hat Bitcoin mit einer Mehrzahl der Top 100 eines gemeinsam: Der Wert steigt wieder.

„Bitcoin ist der Platzhirsch, weil er jahrelang die einzige Kryptowährung war“, ist sich der Osnabrücker Informatik-Professor Oliver Vornberger sicher. Mittlerweile gibt es laut der Internetplattform coinmarketcap.com mehr als 1500 verschiedene Kryptowährungen am Markt. Bitcoin habe gezeigt, wie originell die Idee eines dezentralen Netzwerks, das durch seine Gesamtrechenleistung an vielen verschiedenen Knotenpunkten die Infrastruktur zur Verfügung stellt, eigentlich ist. Auch Vornberger hat schon mit Bitcoin bezahlt. Allerdings nicht privat, sondern bei Vorträgen, um zu demonstrieren, wie es funktioniert – und dass es klappt. Als sogenannter „Miner“ selbst geschürft hat er die Kryptowährung aber nicht. Er hat sie über einen der vielen Online-Marktplätze mit Euro gekauft. Einer von

ihnen, bitcoin.de, hat seinen Sitz sogar nicht weit entfernt, im nordrhein-westfälischen Herford. Die Bitcoin Deutschland AG nach eigenen Angaben ist als Vermittler der Münchner Direktbank Fidor Bank AG tätig. Auf der Internetseite wird auch vor dem hohen Verlustrisiko beim Handel mit Kryptowährung bis zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals gewarnt. Bitcoin-Geldautomaten, die bei Einwurf von Euro einen Zettel mit zwei QR-Codes ausspucken, gibt es anders als in den USA, der Schweiz oder Tschechien in Deutschland nicht mehr – zum Beispiel der 2014 in München aufgestellte Automat ist längst wieder abgebaut. Die QR-Codes beinhalteten den privaten beziehungsweise den öffentlichen „Schlüssel“, die beide für die Bitcoin-Transaktionen nötig sind. Mit dem öffentlichen Schlüssel, der ähnlich einer konventionellen Kontonummer anzeigt, wo sich das Postfach befindet, kann jemand Bitcoin hinterlegen. Der private Schlüssel – ähnlich einem Passwort – ermöglicht dem Besitzer des Kontos, die Bitcoin zu verwenden. In einem virtuellen Geldbeutel – auf dem Computer, in

„Menschen wollen Bitcoin besitzen wie sonst Briefmarken oder Kunst.“ Informatik-Professor Oliver Vornberger

einer App auf dem Smartphone oder einem USB-Stick – werden die Zahlen- und Buchstabenkombinationen, in denen der „Kontostand“ festgehalten wird, abgespeichert. Wird der Rechner, auf dem dieser Code gespeichert ist, gehackt, sind die Bitcoin verloren. Der Osnabrücker Professor Vornberger hatte für seine Demonstrationen so viele Einheiten der Kryptowährung hinterlegt, wie er für seine Versuche brauchte. „Das waren Cent-Beträge, zum Beispiel für Musik“, sagt er. Hauptsächlich OnlineShops würden die Bezahlart anbieten. Das Ergebnis einer Suche nach stationären Bitcoin-Akzeptanzstellen in der Region fällt mager aus. Die Internetplattform btc-echo.de zeigt in der Landeshauptstadt Hannover acht Stück an, darunter die Enercity Stadtwerke Hannover AG. Sie bietet Privatkunden an, ihre Rechnungen mit Bitcoin zu zahlen. Die Abwicklung übernimmt ein Kooperationspartner. Allerdings: Guthaben werden Kunden nicht in Bitcoin gutgeschrieben, sondern wie gehabt in Euro auf das vorgesehene Bankkonto überwiesen. Als erste Hochschule in Deutschland hat die European School of Management and Technology (ESMT) mit Sitz in Berlin ihren Studenten 2016 die Möglichkeit eingeräumt, Studien- und Weiterbildungsangebote mit Bitcoin zu zahlen. „Wir ziehen bisher eine positive Bilanz. Unsere Studierenden nutzen Bitcoin, allerdings wickelt der Großteil die Zahlungen weiterhin über klassische Währungen ab“, fasst Georg Garlichs, CFO der ESMT Berlin, die bisherigen Erfahrungen mit der Kryptowährung zusammen. Trotz starker Kursschwankungen werde Bitcoin auch weiterhin von der privaten Hochschule als Zahlungsmittel akzeptiert. „Insbesondere bei internationalen Überweisungen aus Ländern ohne gut funktionierendes Bankensystem stellt die digitale Währung eine gute Alternative

dar“, ist Garlichs überzeugt. Um das Risiko für die Studierenden zu minimieren, gebe die Hochschule eine 24-stündige Kursgarantie. Selbst besitzt die ESMT keine Bitcoin. „Nach Zahlungseingang tauschen wir die Bitcoin in Euro um, sodass auch wir keine Kursrisiken eingehen.“ In Osnabrück wird es mit dem Hotel Appart nun eine erste Möglichkeit geben, mit Bitcoin zu zahlen. „Wir haben uns dafür entschieden, die Bitcoin-Zahlung anzubieten, weil wir dazu beitragen wollen, Berührungsängste bezüglich dieser Zahlungsmethode abzubauen“, erklärt Josef Stührenberg. Inhaberin des Hotels ist seine Frau Irina Stührenberg, er kümmert sich um die Buchhaltung und hat die Bitcoin-Zahlung eingeführt. Mit einem Massenandrang rechnet

Stührenberg jedoch nicht. „Ich rechne damit, dass wir im ersten Jahr vielleicht ein bis zwei Kunden haben werden, die mit Bitcoin zahlen wollen. Aber auch als kleines Hotel wollen wir ein Zeichen setzen, dass die Nutzung bereits heute im Alltag möglich ist.“ Dass sich Bitcoin im Alltag irgendwann durchsetzen wird, damit rechnet Oliver Vornberger nicht mehr. Zu seinem Bedauern, denn als er vor drei Jahren die Kryptowährung als „Jahrhundertidee“ bezeichnete, ging er fest davon aus, dass sie sich als Zahlungsmittel etabliert. „Mittlerweile ist sie zu einem Spekulationsobjekt geworden. Menschen wollen Bitcoin besitzen, wie sonst Briefmarken oder Kunst. Das treibt den Kurs nach oben, sagt aber nichts darüber aus,

ob Bitcoin als System im Alltag funktioniert. Im Gegenteil.“ Im Hype um Bitcoin sieht Vornberger auch Parallelen zum Neuen Markt und der geplatzten Blase der „New Economy“. Mehr Chancen – auch für künftige Anwendungsfelder – sieht der Informatiker im Ethereum-Netzwerk. Für Vornberger ist es die Weiterentwicklung der Idee, mit der der oder die Bitcoin-Entwickler 2009 an die Öffentlichkeit gingen. Auch Ethereum basiert auf Blockchain-Technologie und verwendet die interne Kryptowährung Ether als Zahlungsmittel. Anders als Bitcoin ist Ethereum jedoch keine reine Kryptowährung, sondern eine Plattform für SoftwareAnwendungen, die auf einer Vielzahl von Computern ausgeführt werden und auf lokalen Servern oder in der

Bitcoin stößt bei Unternehmen in der Region auf geringes Interesse Cloud gespeichert werden, sogenannte Distributed Apps (Dapps). Diese Anwendungen wiederum bestehen aus „Smart Contracts“, Computerprotokollen, die zum Beispiel Verträge wie beim Wohnungskauf abbilden. Statt auf Papier wird die Legitimation in diesen Programmen festgehalten. „Das würde zum Beispiel einen Notar überflüssig machen“, sagt Vornberger. Alle verwaltungstechnischen Vorgänge könnten – viele Jahre in die Zukunft gedacht – mit diesen Programmen voll- oder teilautomatisch ablaufen. „Vorausgesetzt, diese Vorgänge sind dem Menschen geheuer und er akzeptiert sie. Wir müssten Vertrauen haben in die Programme.“ Denn was alles damit möglich werde, könnte man heute noch gar nicht überblicken.

VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Für Unternehmen ist

die Bezahlart Bitcoin kaum ein Thema, sagt Simon Peschges, Projektleiter Wirtschaftspolitik und -statistik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Die Technologie dahinter, die Blockchain, stoße jedoch auf immer mehr Interesse.

Spätestens seit dem Hype im Dezember und dem anschließenden Kursverfall in diesem Jahr ist die Kryptowährung Bitcoin in aller Munde. In Osnabrück gibt es ein erstes Hotel, das die Bezahlart anbietet, auch an einer Universität oder in einigen Internetshops bundesweit wird sie akzeptiert. Welche Bedeutung haben Kryptowährungen für den Einzelhandel? Die Bedeutung ist noch sehr gering. Nur ganz wenige Einzelhändler bieten Kryptowährungen als Zahlungsart an. Es ist insofern eher ein Medienthema als praktisch relevant.

DIE ENTWICKLUNG GEHT WEITER

Statt Blockchain: IOTA nutzt mathematisches Konzept Ein Problem eint sowohl Bitcoin als auch das Ethereum-Netzwerk: Durch die Protokolle zur Legitimierung jeder in der Blockchain festgeschriebene Transaktion wird eine enorme Rechenleistung nötig. Denn wie bei dem Gedächtnisspiel „Ich packe meinen Koffer, und nehme mit ...“ wird auch bei Bitcoin und Ethereum je vorangegangene Transaktion „mitgenommen“, bevor die neue angehangen wird.

Gelöst haben will das Problem dieser energieintensiven Blockchain das Berliner Start-up IOTA – Platz 9 am Markt mit einer Marktkapitalisierung von rund acht Milliarden USDollar – mithilfe eines sogenannter „Tangles“. Dahinter verbirgt sich das mathematische Konzept eines gerichteten azyklischen Graphen. Das heißt: Die Transaktionen werden nicht chronologisch in einer Kette aneinandergereiht, sondern in Form ei-

nes Spinnennetzes verbunden. Das erhöht die Skalierbarkeit und soll Transaktionen günstiger und schneller abwickeln. Auch dieses „Spinnennetz“ basiert auf dem Gedanken, dass sich eine große Anzahl von Nutzern dezentral am Netzwerk und der Infrastruktur beteiligen – und anstelle von Minern Transaktionen bestätigen, wenn sie neue anstoßen. Die Entwickler und Gründer von IOTA, unter ande-

rem der 21-jährige Do ominik Schiener, sehen de en Einsatz der Technolog gie vor allem in der Wirtschaft, im Bereich des s „Internet der Dinge“ “ (IoT). Statt der Abwic cklung einer Transaktion n zwischen zwei Person nen soll es die direkte Zah hlung zwischen zwei MaM schinen möglich mac chen – ohne menschliche BeB teiligung. Statt dass zum z Beispiel der Kühlschra ank im Smart Home nur melm det, dass die Milch alle e

ist, soll er mittels IOTA nicht nur selbst nachbestellen, sondern diese Transaktion auch zahlen können. Das Konzept hat bereits das Interesse großer Player aus der Wirtschaft auf sich gezogen. Zuletzt hat das Unternehmen Bosch über seinen Risikokapitalfonds Robert Bosch Venture Capital (RBVC) eine „erhebliche Summe“ an IOTA-Token erworben, wie RBVC mitteilte.

renden, die ihre Studiengebühren mit Bitcoin zahlen, eine 24-Stunden-Kursgarantie. Wie lassen sich Kursschwankungen absichern? Mittlerweile werden sogenannte Bitcoin-Futures angeboten. Damit kann man sich bis zu einem gewissen Grad gegen Kursschwankungen absichern.

Wie kann diese alternative Zahlungsart praktisch im Handel umgesetzt werden? Die Zahlungsart könnte vor allem für Online-Händler eine Alternative sein. Der stationäre Handel wird voraussichtlich weiter auf die klassischen bargeldlosen Zahlungsarten setzen. Diese sind durch das Bankensystem abgesichert und bieten damit hohe Sicherheit. Gibt es in der Region eine Nachfrage? Die Nachfrage ist nur sehr gering. Dabei spielt vor allem die Verunsicherung durch die starken Kursschwankungen der Kryptowährungen in den letzten Wochen eine Rolle. Konkrete Anfragen an uns, auch bezüglich der Rechtssicherheit, hat es bislang noch nicht gegeben. Wie hoch ist das Risiko für Unternehmer, die ein Bezahlen mit Bitcoin anbieten? Die Risiken sind durch die fehlende Aufsicht –

Simon Peschges

etwa einer Zentralbank – sehr hoch. Es besteht ein vollständiges Verlustrisiko. Durch Hackerangriffe besteht zudem die Möglichkeit des Diebstahls oder einer Zerstörung der digitalen Infrastruktur.

Ein großes Thema ist auch die Technologie hinter Bitcoin, die sogenannte Blockchain. Hier zeigen sich immer mehr Unternehmen interessiert. Dabei geht es auch darum, ob und wenn ja welche Prozesse in Unternehmen und Verwaltungen zum Beispiel mithilfe der Technologie dokumentiert und dezentral gespeichert werden können.

Eine Universität in Berlin gibt Studie-

„Kein großer Anreiz, Krypto-Euro einzuführen“ Im Gespräch mit Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, über digitale Währung VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK. Noch im Dezember

hat die wohl bekannteste Krypto-Währung Bitcoin an der Börse ihren Höchststand gefeiert, seither schwankt der Kurs stetig. Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank, hat schon vor fünf Jahren vorhergesagt, dass Bitcoin aufgrund starker Kursschwankungen als Zahlungsmittel keine Chance hat. Ein Gespräch.

Illustration: Colourbox.de/Matthias Michel

Herr Krämer, vor fünf Jahren haben Sie dem Bitcoin keine Chance gegeben. Der Hype um die Kryptowährung hält dabei an – trotz Kursschwankungen. Bleiben Sie heute bei dieser Einschätzung? „Der einzelne Geldnutzer achtet vor allem darauf, ob die Kaufkraft

des Geldes stabil genug ist. Bisher bestehen daran in den westlichen Industrieländern kaum Zweifel. So lag die Inflationsrate seit Einführung des Euro jährlich bei nur knapp zwei Prozent – trotz der massiven Ausweitung der Zentralbankgeldmenge. Selbst wenn die Inflation wider Erwarten auf fünf oder gar zehn Prozent stiege, würden die Bürger vermutlich nicht zu privatem Geld wechseln. Das liegt am Netzwerkeffekt: Wenn alle mit staatlichem Geld zahlen, finden die ersten Abweichler kaum andere, die privates Geld akzeptieren. Das stellt für die Bürger eine große Hürde dar, selbst bei höherer Inflation auf privates Geld auszuweichen. Deshalb fingen sie in den Siebzigerjahren trotz der hohen Inflation nicht an, mit Goldmünzen oder anderem privaten Geld zu zahlen. Alles in allem wird sich wohl keine

stabile Nachfrage nach Bitcoins entwickeln. Der Bitcoin dürfte weiter Achterbahn fahren.“ Der oder die Bitcoin-Erfinder hatten nach der Finanzkrise den Traum von einem dezentralen und staatsfreien Finanzsystem. Hat diese Idee für Sie als Volkswirt, weniger als Banker, dennoch ihren Reiz? „Privates Geld ist mir sympathisch. Es dürfte neue gefährliche Blasen an den Finanz- und Häusermärkten eher verhindern als staatliches Papiergeld, unter dessen Regime es in den letzten dreißig Jahren zu so vielen Blasen und Krisen gekommen ist.“ Derzeit hat es den Anschein, als entwickele sich Bitcoin jedoch weniger zu einem alternativen Zahlungsmittel unabhängig von Ban-

ken und Regierungen als vielmehr zum Spekulationsobjekt. Sind Kryptowährungen ohne festgelegten Gegenwert als Zahlungsmittel zukunftsfähig? „Anders als Gold haben Kryptowährungen keinen inneren Wert. Das lässt den Kurs solcher Währungen viel stärker schwanken als den von Gold. Das wiederum senkt dessen Eignung als Zahlungsmittel.“ Berlin und Paris denken über eine Regulierung von Bitcoin nach, in Japan hat jüngst eine der weltweit größten Krypto-Börsen Kundengelder eingefroren. Wie groß ist die Angst der großen Volkswirtschaften vor digitalem Geld? „Krypto-Geld ist eine Konkurrenz für das staatliche Geld. Selbst wenn die Menschen auf privates Geld

Jörg Krämer

wechseln wollten, würde der Staat das behindern. Schließlich hat er ein großes Interesse, sein Geldsystem aufrechtzuerhalten. So profitiert er von den Gewinnen seiner Notenbank, kann die Zentralbank zum Kauf seiner Anleihen einspannen

und die Finanzströme besser überwachen, um etwa Steuerhinterziehung zu erschweren. Darüber hinaus besitzt der Staat – zumindest bei Abwesenheit von galoppierender Inflation – durchaus Instrumente, sein Geld durchzusetzen. So bezahlt er Beamte und Rentner mit staatlichem Geld und kann verlangen, dass die Bürger ihre Steuern ebenfalls in seiner Währung begleichen. Weiter könnte er den öffentlichen Handel mit privatem Geld wie Bitcoins verbieten. Schließlich nutzt ihm auch das Rechtsinstitut des gesetzlichen Zahlungsmittels, weil es Gläubiger zwingt, staatliches Geld zur Begleichung von Schulden zu akzeptieren.“ Über Bitcoin wird viel gesprochen, über andere Kryptowährungen wie Ethererum oder Ripple

und die vielen anderen weniger. Wie schätzen Sie ihre Zukunft ein? „Alle Kryptowährungen leiden unter dem Problem, dass sie sich bei einer niedrigen Inflation nicht durchsetzen, zumal der Staat ihre Ausbreitung behindern kann.“ Estland hat Pläne angekündigt, mit dem Estcoin eine eigene Digitalwährung einzuführen – wäre das auch ein Modell für Deutschland? „Natürlich könnte die EZB eine Kryptoversion des Euro anbieten. Das wäre dann wie Bargeld, nur dass es sich nicht in einem normalen, sondern in einem digitalen Portemonnaie befinden würde. Aber anders als bei Bankguthaben kann der Staat bei Bargeld die damit getätigten Zahlungen nicht kontrollieren. Er hätte also keinen großen Anreiz, Krypto-Euro einzuführen.“


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GELD & GESCHÄFT

Markteintritt mithilfe der vielen Finanzierungen per Crowdfunding helfen Unternehmen, die Resonanz auf ihr Produkt zu testen

Die Kampagne des Osnabrückers Ben Seebode läuft noch.Ziel ist der Aufbau einer Flotte von Lastenrädern.

Foto: Christoph Lützenkirchen.

Die Jungunternehmer Marcel und Daniel Hunfeld haben per Crowdfunding etwa ein Fünftel ihres Finanzierungsziels erreicht. Foto: Unternehmen

VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN DÖRPEN. Das Internet macht es

möglich. Bei überschaubarem Aufwand können viele Menschen sich mit vergleichsweise kleinen Summen an einzelnen Projekten beteiligen. Diese vielen sind die „Crowd“, das Wort steht im Englischen für „Schwarm“. Daher spricht man auch von „Crowdfundig“, oder Schwarmfinanzierung.

Zwei junge Unternehmer in der Region, die Erfahrungen mit dem Prinzip gemacht haben, sind die Brüder Daniel (26) und Marcel Hunfeld (20) aus Dörpen. Sie haben im Herbst 2017 eine CrowdfundingKampagne über die Plattform Kickstarter initiiert, denn die beiden Unternehmer suchten Unterstützer für ihr System „Pariot“. Mittels einer kleinen Box, die sich über eine Smartphone-App oder per Sprache bedienen lässt, kann Pariot verschiedenste technische Geräte im Haus miteinander vernetzen. Es dient damit als eine Art Universalfernbedienung. Die Crowdfunding-Kampagne bezeichnen die Brüder als Herausforderung. „Das ist ein eigenständiger Produkteintritt im Markt“, sagt der studierte Wirtschaftsingenieur Daniel Hunfeld. „Wir haben uns über die Kampagne erste Reaktionen auf unser Produkt geholt. Es lief als Test. Deshalb haben wir alles mit schmalem Budget gemacht.“ Der Content für diverse Social Media Kanäle ist in Eigenarbeit entstanden, erzählt Hunfeld. Nur für Facebook und Instagram investierten die Brüder etwas Geld. Eine gewisse Publizität entstehe allein durch den Auftritt bei Kickstarter, glaubt Daniel Hunfeld. Allerdings bleibe man dort mit einer neuen Kampagne nur dann für längere Zeit auf der Startsei-

Illustrati on: Colo urbox.d e

te, wenn man schnell etwa 50 Prozent des Finanzierungsziels erreiche. Mit ihrer Kampagne haben die beiden Brüder etwa ein Fünftel ihres Finanzierungsziels erreicht. Über die Kommentarfunktion von Kickstarter habe es wenig Resonanz gegeben, berichten sie, dafür aber direkte Anfragen per Mail oder über Facebook. Das seien gute Anregungen gewesen, zum Beispiel für andere Standards und Features. Ihr Fazit aus der Kampagne: Es besteht Interesse an unserem Produkt, es gibt Nachfrage. „Inzwischen haben verschiedene Investoren Kontakt mit uns aufgenommen“, sagt Daniel Hunfeld, „möglicherweise werden wir mit einem Business

Angel als strategischem Partner zusammenarbeiten. Die Investoren haben unsere Kampagne verfolgt, aktuell sind wir im intensiven Austausch.“ Das Berliner Unternehmen Luuv hat die Möglichkeiten der Crowd mustergültig ausgereizt. Um sein Kamerastativ in den Markt zu bringen, führte Luuv nacheinander CrowdfundingKampagnen über die Plattformen Indiegogo (2014), Kickstarter (2015) und Companisto (2016) durch. Zum Zeitpunkt der ersten beiden Kampagnen gab es noch gar kein fertiges Produkt. Stattdessen setzte das Unternehmen das Kapital aus den beiden Kampagnen für die Produktentwicklung und zum Start der Produkti-

on ein. Die Unterstützer erhielten im Gegenzug eine „Super Early Bird Rate“ für das Produkt. Im März 2014 zahlten sie über Indiegogo 99 US-Dollar für ein Stativ, das entsprach zum damaligen Zeitpunkt umgerechnet circa 70 Euro. Im Zuge der Kickstarter-Kampagne stieg der Preis ein Jahr später auf 99 Euro. Heute kostet es im Handel 170 Euro. So-

„Verschiedene Investoren haben inzwischen Kontakt mit uns aufgenommen.“ Daniel Hunfeld

mit konnte das Berliner Start-up auch beobachten, wie Interessenten auf verschiedene Preise reagieren. Nicht immer sind die Dankeschöns für die Unterstützung einer Kampagne so groß wie im Fall von Luuv, wo im Gegenzug auch das Risiko vergleichsweise hoch war. Für die Unterstützer des Osnabrücker Brettspielcafés „Osnabrett“ gab es unter anderem einen Fünf-Euro-Gutschein fürs Spielen, Freigetränke, die Mitgliedschaft für mehrere Monate oder Rabatt auf Getränke als Belohnung. „Damit Crowdfunding funktioniert, sollte das Belohnungssystem attraktiv und einfach sein“, sagt Artur Baginski von Osnabrett. „Potenzielle Kunden sollten es verstehen. Wir haben zusätzlich mit sogenannten „stretch goals“ gearbeitet. Das sind Schwellenwerte, bei deren Erreichen es weitere Boni gibt. Damit entsteht ein zusätzlicher Anreiz für Unterstützer.“ Auf der Crowdfunding-Plattform Start-

DREI ARTEN DER SCHWARMFINANZIERUNG

Selbst Sony holt sich per Crowdfunding Feedback Unternehmen haben im Jahr 2016 per Crowdfinanzierung insgesamt 145,2 Millionen Euro (+28 Prozent) eingesammelt. Von dem satten Plus profitieren Start-ups laut Für-Gründer.de jedoch nicht. Das Wachstum stamme zum Großteil aus der Immobilienfinanzierung. Insgesamt gibt es drei Arten der sogenannten Schwarmfinanzierung:

das klassische Crowdfunding, das Crowdinvesting und Crowdlending. Beim Crowdfunding werden Unterstützer gesucht, die Geld geben, weil ihnen ein Projekt gefällt. In insgesamt wurden über deutsche Crowdfunding-Plattformen zwischen Januar 2011 und Dezember 2016 rund 35,9 Millionen Euro eingesammelt

– die in 4977 Projekte flossen. Allein 2016 waren es insgesamt 9,7 Millionen Euro für 1158 Projekte. Vom Initiator bekommen die Unterstützer „Dankeschöns“, das sind fantasievoll ausgedachte kleine Geschenke. Demgegenüber beteiligen sich Anleger beim Crowdinvesting gegen eine Gewinnbeteiligung an Firmen; beim Crowdlending ver-

leihen sie Geld und bekommen dafür Zinsen. Viele Unternehmen arbeiten heute mit einer Kombination aus Crowdfunding und einer herkömmlichen Finanzierung. In diesem Fall geht es bei der Schwarmfinanzierung nicht in erster Linie ums Geld. Sie bietet den Unternehmen vielmehr die Möglichkeit, den Markt für ihr Produkt zu tes-

ten. Selbst Großunternehmen setzen auf diesen Weg. Unter dem Namen „First Flight“ betreibt der Elektronikriese Sony seit 2015 sogar seine eigene Crowdfunding-Plattform. Dort stellt das Unternehmen eigene Produkte vor, die erst dann in Serie gehen, wenn ein vorher festgelegtes Finanzierungsziel erreicht wird.

next hatten er und sein Geschäftspartner Andy Petsch bis Ende April 2017 rund 3000 Euro von privaten Unterstützern eingesammelt. Im Vorfeld hatten die beiden intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Unter anderem gab es ein kostenloses Event in der OS-Halle. „Wir haben Spiele erklärt und Menschen spielen lassen“, so Baginski. „Wir wollten Vertrauen zu uns aufbauen. Crowdfunding funktioniert über Vertrauen.“ Noch bis Ende März 2018 läuft die Crowdfunding-Kampagne des Osnabrückers Ben Seebode auf Startnext. Ziel seines Projekts „Osna.Bike“ ist der Aufbau einer Flotte von Lastenrädern, die für möglichst viele Menschen zugänglich sein sollen. „Ich betrachte meine Kampagne ein Stück weit als Öffentlichkeitsarbeit für mein Projekt“, sagt der 36-Jährige. Für Startnext hat er sich entschieden, weil dies das größte deutschsprachige Angebot in dem Bereich sei. „Der Kontakt zur Plattform erfolgt vollständig online“, erklärt Seebode. „Das läuft in drei Stufen ab: Erst baut man seine Präsentation auf. Dann folgt die Startphase, die Präsentation wird veröffentlicht. Als Drittes schließt sich die Finanzierungsphase an.“ Für Fragen gebe es einen Chat mit einem Betreuer. Während der Finanzierungsphase können Interessenten in einem öffentlichen Forum Fragen stellen. Bei den Möglichkeiten für seine Dankeschöns sprüht Seebode nur so vor Ideen: Für fünf Euro gibt es „ewigen Dank“, für 55 Euro einen Tagesausflug mit dem Lastenrad, bei 450 Euro steht ein Sommerurlaub in Aussicht, und ab 750 Euro kann man Sponsor werden. Ob jemand 5000 Euro beisteuert und zum „Besserwisser“ wird?


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GELD & GESCHÄFT

An jeden Leser angepasst Mindener Unternehmen entwickelt individualisierte Kanzleizeitschriften VON STEFANIE HIEKMANN MINDEN. Es gibt kaum ein Spezial-

interesse, zu dem es keine eigene Zeitschrift gibt. Die Firma Wiadok geht noch einen Schritt weiter: Sie liefert Zeitschriften für Kunden von Steuerberatungskanzleien – und jeder erhält ein individualisiertes Exemplar.

Ein so gezieltes und individualisiertes Arbeiten ist nur bei digitalen Ausgaben möglich, die unterwegs auf dem Smartphone oder Tablet gelesen werden. Nur so lässt sich das Leseverhalten digital messen. „Das entspricht heute aber ohnehin dem Wunsch der meisten Kunden“, weiß Wiadok-Geschäftsführer Bastian Klasvogt. Neue Ausgaben setzen sich in ihren Inhalten so zusammen, wie es sich der Mandant entsprechend seines Klick- und Leseverhaltens der vorherigen Ausgaben wünscht – selbstverständlich setzt dies eine schriftliche Einverständniserklärung zur Datenweitergabe und -verarbeitung voraus. Der Klasvogt, gelernter Wirtschaftsinformatiker, hat das 1948 gegründete Unternehmen Wiadok 2012 übernommen und runderneuert. Seit jeher war es auf Mandanteninformationen spezialisiert. Doch von digitalen Ausgaben und intelligenter Contentgestaltung fehlte damals noch jede Spur. „Sechs Seiten

klein gedrucktes Fachwissen zu lesen ist relativ unsympathisch“, fand Klasvogt, selbst Sohn eines Steuerberaters, und nahm sich vor, den Mandanteninformationen einen unterhaltsameren Rahmen zu geben. Zum Hintergrund: Jeder Steuerberater ist gesetzlich verpflichtet, seine Mandanten über gesetzliche Änderungen zu informieren. Wie er das macht, ist ihm zum Großteil selbst überlassen. Relativ sachlich gehaltene Blätter mit Gesetzesausschnitten sind in der Branche verbreitet. Klasvogts Idee: Sich mit dem einst noch trocknen Informationsblatt einer Zeitschrift annähern, die vielleicht nicht nur der Mandant, sondern auch Freunde oder Kollegen gern lesen. „Wir kombinieren

Algorithmen ermöglichen individuelle Ausgaben.

die fachlichen Informationen mit Beispielen aus der Praxis sowie steuerfreien Inhalten“, so der 32-Jährige, der auch eine Reihe von Kunden im Osnabrücker Raum betreut. Kunde von Wiadok ist die Kanzlei, die Informationen an Mandanten weiterreichen möchte. Im Gespräch wird festgehalten, welche Themen priorisiert in den monatlichen Ausgaben berücksichtigt werden sollen. Wiadok arbeitet dafür mit Verlagen, Steuerberatern und Fachanwälten für Steuerrecht zusammen, die aktuelle Gesetzes- und Informationstexte so kürzen und redigieren, dass sie in „verdaulichen“ Portionen in den digitalen oder gedruckten Kanzleizeitschriften festgehalten werden. Jeder Beitrag ist mit einem Kurzlink zur Internetseite der Kanzlei versehen, auf der das jeweilige Thema umfassend erläutert wird. Über dieses Klick- und Leseverhalten erfährt Wiadok, welche Themen für welche Mandanten besonders interessant sind. Von Monat zu Monat kann die Kanzlei außerdem selbst neue Schwerpunktthemen festlegen. Kommunikation messbar machen – für Bastian Klasvogt ist das der Schlüssel für moderne Medienproduktion. „Darauf wird es in Zukunft immer stärker ankommen“, ist er sich sicher. Eine Zeitschrift, die zu 80 oder gar 90 Prozent aus Inhalten besteht, die den Leser nicht auf An-

hieb interessieren, werde mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst aufgeschlagen. Aktuelle Gesellschaftsstudien erklären den Trend zur Individualisierung schon seit einigen Jahren: Menschen sind sich zunehmend darüber bewusst, wofür sie ihre Zeit aufbringen. „Und wir haben heute die Möglichkeit, exakt das zu liefern, was der Leser haben möchte.“ Was Google & Co. schon lange machen, müsse auch für die Medienbranche selbstverständlich werden. Klasvogt wirbt auf seiner Internetseite mit einer nachweislichen Lesequote seiner Kanzleizeitschriften

von 55 Prozent – manche Firma freut sich, wenn der wöchentliche Newsletter über die Fünf-ProzentQuote klettert. Der Geschäftsführer begründet diesen Erfolg neben der Individualisierung mit der reduzierten Komplexität. „Es geht nicht darum, den Mandanten zum Steuerexperten auszubilden.“

Bereits jetzt hat sich Wiadok deutschlandweit einen Namen gemacht. „Wir erzeugen zurzeit 30 000 verschiedene Dokumente – und das jeden Monat und nahezu komplett automatisiert“, so Klasvogt. Möglich machen das spezielle Algorithmen, die für jeden Leser ein individuelles Leseverhalten aufzeichnen und es für die Produktion neuer Hefte nutzbar machen. Mit seiner Zentrale in Minden und einem Standort in Hamburg, wo auch Apps und Webseiten programmiert werden, setzt Klasvogt bislang nahezu komplett auf Steuerberater. Auch andere Branchen könnten ihre Kundenmagazine spezifischer ausrichten. Doch für den 32-Jährigen ist das Zukunftsmusik. Jetzt müssen erst mal die Büros erweitert werden, um dem Unternehmenswachstum gerecht zu werden.

Foto: Stefanie Hieckmann


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GELD & GESCHÄFT

Das sind die umsatzstärksten Firmen im Nordenwesten

Die größten Unternehmen im Nordwesten nach Umsatz 2016 in Mio. €* Energie, Versorgung

Ernährung, Genussmittel

Insbesondere Betriebe aus den Bereichen Ernährung, Genussmittel und dem verarbeitenden Gewerbe stark vertreten

Automobil und Zulieferer sonstiges verarbeitendes Gewerbe Dienstleistungen, Handel sonstige Branchen

7566 35. (34) Coppenrath & Wiese Osnabrück 1876

VON BENEDIKT GROTJAHN

34. (–) Nordfrost Schortens 1350 33. (36) Bunte Papenburg 1261 32. (32) Berentzen Haselünne 487 31. (30) Paracelcus-Kliniken Osnabrück 3745 30. (29) Sonae Arauco (ehem. Glunz) Meppen 1392 29. (28) Gebr. Stolle Visbek 375 28. (27) Stadtwerke OS Osnabrück 839 27. (24) Q1 Energie Osnabrück 199 26. (25) Piepenbrock Osnabrück 26161

25. (26) Danish Crown Essen (Oldb.) 430

24. (22) Emsland-Stärke Emlichheim 1219

Anzahl der Beschäftigten

4644

1. (1) EWE Oldenburg 9048

374

375

2. (2) Enercon Aurich 613

381

3280

389

3. (3) Hellmann Osnabrück 10 945

410

422 2458

Schortens

437

4. (4) PHW-Gruppe Visbek 6876

Nordenham

Aurich

455 Leer

481

2094

Wiefelstede

5. (5) GMH Holding Georgsmarienhütte 10 213

Oldenburg

503

Papenburg Dörpen

2005

538 Visbek

Haren-Altenberge

583

Cappeln

Meppen

23. (21) Cewe Oldenburg 3496

6. (6) Bünting Leer 3845

Vechta

Essen Haselünne

1786

Emlichheim

593

7. (8) Krone Spelle 3661

Damme 22. (20) Homann Feinkost Dissen 2701

652

21. (19) Molkerei Ammerland Wiefelstede 408

1703

Spelle Salzbergen

658

20. (18) Röchling Engineering Plastics Haren-Altenberge 3158

8. (7) KME Osnabrück 4002

Osnabrück

684

19. (17) Sprehe Cappeln 2100

1412

9. (9) Heristo B. Rothenfelde 2863

Georgsmarienhütte Dissen

Bad Rothenfelde

707

1200 710

18. (16) Felix Schoeller Osnabrück 2261

10. (–) Wellergruppe Osnabrück 2300

1100

737 740

17. (14) Nordland Dörpen 1391

16. (23) Premium Aerotec Nordenham 3031

1030 763 15. (15) Boge Damme 3532

906 14. (13) Big Dutchman Vechta 2853

11. Köster Osnabrück

943

1500

12. (11) Wernsing Essen (Oldb.) 3550

13. (10) H&R Salzbergen 1628

* nach Firmensitz, z. T. Geschäftsjahre, ohne Versicherungen und Banken; Quelle: NordLB

Die größten Unternehmen … nach Umsatz 2016 in Mrd. €1

… in Niedersachsen 217,3

VW Wolfsburg Continental Hannover Tui Hannover

… in Deutschland

40,5 17,2

… in Europa 217,3

VW Wolfsburg

153,3

Daimler Stuttgart BMW München

Salzgitter AG Salzgitter 7,9

Siemens München2

EWE Oldenburg 7,6

94,2

… weltweit

Royal Dutch Shell GBR

221,9

Walmart USA

VW GER

217,3

State Grid CHN

173,9

BP GBR

Sinopec CHN

454,8 299,5 269,6

79,6

Daimler GER

153,3

CNPC CHN

Bosch Gerlingen

73,1

Glencore SUI

145,3

Toyota JPN

Hagebau Soltau 6,3

Dt. Telekom Bonn

73,1

Exor ITA

140,1

Royal Dutch Shell GBR

221,9

Agravis Hannover 6,2

Uniper Düsseldorf

62,3

Total FRA

VW GER

217,3

Rossmann Burgwedel 5,5

BASF Ludwigshafen

57,6

Gazprom RUS

94,8

ExxonMobil USA

214,8

Dt. Milchkontor Zeven 5,1

Dt. Post/DHL Bonn

57,3

BMW GER

94,2

Berkshire Hath. USA

213,3

Enercon Aurich 4,6

Bayer Leverkusen

46,8

Trafigura NED

93,2

Apple USA

204,9

121,5

256,3 230,6 1) ohne Versicherer und Banken, z. T. Geschäftsjahre, z. T. aus Landeswährung in Euro umgerechnet, 2) und Berlin; Quelle: NordLB, Unternehmen, WSJ-Online


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LEBEN & LEIDENSCHAFT

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Auf personalisierte Torten spezialisiert: Konditormeisterin Eugenia Belke hat sich vor acht Jahren selbstständig gemacht.Zwischen Mai und September stellt sie zusammen mit ihrem Team pro Woche bis zu 15 Hochzeitstorten her.

Fotos: Jörn Martens

Süße Versuchungen sind ihr Leben Die Kritik ihres Bruders hat Eugenia Belke zum Tortenbacken gebracht

Selbstständigkeit, um kreativ arbeiten zu können. Ausgefallene Torten werden deutschlandweit ausgeliefert. Auch vegane oder glutenfreie Torten sind gefragt. VON NINA BRINKMANN NEUENKIRCHEN-VÖRDEN. Zig wei-

ße Rosen zieren die Torte, an der Eugenia Belke in ihrer Backstube in Neuenkirchen arbeitet. Mit schnellen aufeinander abgestimmten Handgriffen formt sie bereits die nächste. Die Tortenbäckerin hat sich seit einigen Jahren auf die Herstellung aufwendiger Torten spezialisiert und das Unternehmen „Pretty Cakes“ gegründet.

Bereits in ihrer Kindheit hat Eugenia Belke gerne gebacken, anfangs natürlich noch nicht so professionell. Doch eigentlich ist ihr Bruder schuld, dass sie drangeblieben ist – und sich eine Leidenschaft entwickelt hat, die sie zum Beruf gemacht hat: „Ich habe ihm einmal einen Kuchen gebacken, als er vom Studium zu Besuch nach Hause kam. Doch er hat mich ausgelacht“, erzählt die 44-Jährige, die in Sibirien aufgewachsen ist. Da war der Ehrgeiz geweckt. Jeden Tag habe sie geübt, weil sie ihm beweisen wollte, dass sie es doch kann. Als ihr Bruder das nächste Mal nach Hause kam, schmeckte der Kuchen schon viel besser. Eugenia Belke machte eine Ausbildung zur Konditorin und legte nach einigen Jahren Berufserfahrung 2008 die Meisterprüfung ab.

Und das sogar als Jahrgangsbeste. Der Wunsch, sich selbstständig zu machen, entwickelte sich jedoch erst langsam. Nachdem ihre vier Kinder alle schulpflichtig waren, fing sie wieder an, in Vollzeit zu arbeiten – und merkte, dass sich vieles geändert hatte. Häufig wurden Fertigbackmischungen genutzt. „Das war nicht mein Ding“, schaut Eugenia Belke zurück. Außerdem konnte sie in den Betrieben ihre Kreativität nicht ausleben, allein der Zeit wegen. Deswegen gründete sie 2010 das Unternehmen „Pretty Cakes“. Fast zwei Jahre lang arbeitete sie alleine, präsentierte sich auf vielen Messen. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda wurde ihre Arbeit immer gefragter. So kamen nach und nach Mitarbeiter dazu, mittlerweile sind es fünf. Regelmäßig bildet Belke auch aus. Große Konkurrenz aus der Umgebung gibt es im Bereich der personalisierten Torten nicht. Im Umkreis von mehr als 200 Kilometern ist die Konditormeisterin die Einzige, die sich darauf spezialisiert hat. Doch nicht nur aus der Umgebung, auch aus ganz Deutschland bekommt sie Aufträge: Mehrere Torten lieferte sie bereits nach Leipzig, Düsseldorf oder Frankfurt. Das seien dann die ausgefallenen Torten in Herzform oder mit einem großen Eiffelturm-Ständer. „Es würde sich auch nicht lohnen, eine dreistöckige Torte für 300 Euro so weit zu liefern“, sagt Belke. Der Unterschied zwischen dem Land und der Großstadt: In der Großstadt geben die Menschen gerne mehr zum Beispiel für ihre Hochzeitstorte aus. Da seien die Wünsche auch mal ausgefallener. Doch der Tortenbäckerin ist wichtig, dass sich die Leute ihre Werke auch leisten kön-

nen. „Wir setzen auf frische Zutaten. Das hat seinen Preis. Aber wir versuchen trotzdem immer, die Kosten in Grenzen zu halten.“ Das Ausgefallene und Kreative ist es, was Eugenia Belke an ihrem Beruf liebt: „Die Leidenschaft zum Backen und das Künstlerische – diese Verbindung ist es, was mir so gut gefällt.“ Gerade bei individuellen Geburtstagstorten oder zu Firmenjubiläen könne sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen. „Ich frage dann nach Hobbys oder dem Beruf. Da kann man viel ausgefallenere Sachen machen, als einfach eine runde Torte mit Blumen“, sagt sie. Das Ausgefallenste, was sie je gemacht hat, war die Nachbildung des Frankfurter Gesellschaftshauses. „Das war nicht nur das Gesellschaftshaus an sich, sondern auch die Parkanlage und alles drumherum“, erinnert sich die Konditormeisterin. Gerne würde sie häufiger 3-D-Figuren herstellen, beispielsweise ein Pferd oder andere Tiere – sie reizt die Herausforderung. „Das ist enorm zeitaufwendig. Da würde man dann einzelne Teile aufeinandersetzen“, sagte Belke. In 3-D bietet sie unter anderem eine Hochzeitstorte in Form einer Weltkugel an. Solche besondere Torten begleitet sie bis

zum Anschnitt. Auch um sicher zu gehen, dass nichts kaputtgeht. Was die Kunden am häufigsten bestellen, ist jahreszeitenabhängig. Während im Winter oft Pralinen und Plätzchen gefragt sind, sind im Sommer natürlich Hochzeitstorten der Kassenschlager. Diese kosten ab 250 Euro aufwärts, je nachdem, wie aufwendig die Verzierungen oder wie groß die Kreationen sind. Die meisten bestellen drei- oder vierstöckige Torten, die zwischen 250 und 350 Euro kosten. Nach oben gibt es keine Grenzen. Es gibt immer wie-

„Leidenschaft zum Backen und das Kreative – diese Verbindung ist es, was mir so gut gefällt.“ Konditormeisterin Eugenia Belke

der Trends: „Eine Zeit lang waren viereckige, auf versetzte Ständer aufgebaute Torten gefragt. Momentan sind es runde, die direkt übereinander aufgebaut sind“, sagt Eugenia Belke. Außerdem seien keine überladene Deko, sondern mehr Detailarbeit beliebt. Ein Jahr hätte sie auf fast jede Torte Orchideen gesetzt, in diesem Jahr seien Pfingstrosen sehr gefragt. Neben der Verzierung ist aber auch das Innere der Torte eine wichtige Frage: Es gibt zig verschiedene Füllungen. Am häufigsten würden die klassischen Varianten Himbeer-Vanille, Pfirsich-Maracuja und Schoko gewählt. „Ich empfehle auch, eher die klassischen Füllungen zu nehmen. Kokos oder Marzipan mag nun mal nicht jeder“, sagt Belke. Anders bei Geburtstagen, wenn es genau den Geschmack des Jubilars trifft, da könne man besser mal etwas anderes ausprobieren. In der Hauptsaison von Mai bis September stellen die Konditormeisterin und ihr Team bis zu 15 Hochzeitstorten pro Woche her. „Wir könnten mindestens 30 Prozent mehr Aufträge bekommen, aber die könnten wir definitiv nicht umsetzen.“ Da kommt es besonders auf die Zeitplanung an: Dienstags werden die ersten Fondant-Verzierungen herge-

So entsteht eine Fondant-Rose: Zunächst formt Eugenia Belke etwa sechs kleine Kugeln aus der Masse. Anschließend werden diese platt gedrückt. Dabei achtet sie darauf, dass eine Seite etwas dünner ist als die andere. Auf einer geformten Basis müssen die runden Plättchen – mit der dicken Seite nach unten – Stück für Stück umeinandergeschlungen werden. Zu guter Letzt werden die Plättchen in Form gezupft,damit die Rosenform entsteht.

stellt, mittwochs sind weitere Vorbereitungen an der Reihe, und donnerstags werden die Teige gebacken. Am Freitag ist dann nur noch Zeit für das Ausschmücken der Torten. Sollte etwas schiefgehen, kommen Eugenia Belke und ihre Mitarbeiter in Zeitnot, schließlich kann eine Hochzeit nicht verschoben werden, nur weil die Torte nicht fertig ist. Gerade aufwendige Dekorationen, die fast alle aus Fondant hergestellt werden, benötigen ihre Zeit. Die weiße Zuckermasse ist aufgrund ihrer guten Formbarkeit das beste Hilfsmittel. „Am häufigsten habe ich mit Sicherheit Rosen aus Fondant geformt – in allen möglichen Farben.“ Im Laufe der Jahre hat sich Eugenia Belkes Arbeit jedoch auch im Hinblick auf Lebensmittelunverträglichkeiten verändert. „Laktosefreie Torten werden mittlerweile ab und zu angefragt. Das kann man recht gut umsetzen, da es viele Ersatzprodukte gibt. Früher gab es solche Wünsche allerdings so gut wie nie.“ Problematisch wäre es bei glutenfreien Torten. Die Teigmasse müsse beispielsweise durch eine Ausrollmaschine. Da sei nicht gewährleistet, dass wirklich keine Partikel in den Teig gelangen. Auch nach all den Jahren isst Eugenia Belke immer noch gerne Torten und Plätzchen. „Gerade im Winter, wenn so viele Plätzchen und Pralinen rumstehen. Es duftet dann immer so gut. Mittags, wenn einem dann schlecht wird, merkt man. ,Mist, ich habe zu viel genascht‘ “, sagt sie lachend und fügt hinzu: „Dafür muss man dann aber auch sehr viel Sport machen.“ Den macht sie auch, zum Ausgleich zur vielen Arbeit, um runterzukommen.


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LEBEN & LEIDENSCHAFT

Mit dem Stipendium zu Apple Osnabrücker Schüler Lennart Otte programmiert mit Leidenschaft – auch künstliche Intelligenz im Smartphone und eine Spiele-App VON KATHRIN POHLMANN OSNABRÜCK. Er ist 15 Jahre alt

und kennt sich mit Computern aus. Lennart Otte aus Osnabrück programmiert leidenschaftlich gerne. Sein Talent hat ihn zum Apple-Konzern nach Kalifornien gebracht.

Lennart Otte wischt mit dem Finger über den Bildschirm seines Smartphones. Er steuert eine kleine Kugel durch ein Labyrinth. Monster und rote Pfützen lauern auf die Kugel, ihnen muss er ausweichen, sonst wird die Kugel aufgefressen oder geht unter. Das Spiel hat der 15-Jährige selbst programmiert. „Ein Freund von mir hat die Grafiken erstellt. Er kann malen, und ich kann programmieren – das ist der Unterschied zwischen uns“, sagt der Osnabrücker. Vor ihm auf dem Schreibtisch steht ein großer Bildschirm, der für einen Außenstehenden bunten Buchstabensalat anzeigt – Programmiersprache. Vor ihm steht noch sein Laptop. Seine Programmierkünste haben Lennart Otte im vergangenen Jahr nach Kalifornien zum Apple-Konzern gebracht. Dort hat er an der WWDC, der Worldwide Developers Conference, teilgenommen. Die Entwicklerkonferenz von Apple findet jedes Jahr im kalifornischen San Jose statt. Viele Technikfans kennen die Konferenz, denn dort stellt Apple-Chef Tim Cook immer die neuesten Errungenschaften des Konzerns vor. Der Osnabrücker Schüler durfte live dabei sein. „Die Atmosphäre war schon beeindruckend. Ich habe Tim Cook auch von Weitem gesehen, und Michelle Obama war auch da“, sagt der 15-Jährige und schwärmt: „Das war echt toll.“ Doch mehr noch als Tim Cook begeistern ihn die Entwickler des Tech-Riesen: „Sie machen ja die eigentliche Arbeit, damit die Geräte das können, was sie heute können. Das ist für mich sehr faszinierend“, sagt er. Während des Aufenthalts hatte Lennart Otte auch die Möglichkeit, mit den Entwicklern zu sprechen. Die Apple-Techniker seien dabei weder überheblich noch arrogant gewesen, sie haben dem 15-jährigen Osnabrücker geduldig seine Fragen beantwortet. „Die waren alle sehr locker, und die Atmosphäre war total entspannt. Das hat es mir einfach

Einmal hat Lennart Otte schon ein Stipendium für die Worldwide Developers Conference des Apple-Konzerns bekommen.Dieses Jahr will er sich wieder bewerben.

gemacht, Fragen zu stellen. Man ist sich auf Augenhöhe begegnet“, berichtet er. Dabei habe er viel gelernt. Doch wie kommt ein 15-jähriger Schüler aus Osnabrück eigentlich nach Kalifornien zu Apple? Lennart Otte hatte sich vor rund einem Jahr für das Stipendium bei Apple beworben. Das Unternehmen bietet diese Möglichkeit jedes Jahr an. „Rund 350 Stipendiaten haben im letzten Jahr teilgenommen. Beworben haben sich noch mehr, doch dazu gibt es keine genauen Zahlen von Apple“, erzählt er. Sie kommen aus der ganzen Welt und verbringen eine Woche in den USA bei der WWDC. In kleinen Gruppen erkunden sie das Gelände und tauschen sich aus.

„Das ist total hilfreich. Wir haben heute noch Kontakt, und wenn ich mal zu irgendwas eine Frage habe, dann schreibe ich sie an“, sagt der 15-Jährige. Die Altersstufen sind ganz gemischt: Von acht bis 82 Jahre waren Leute dabei, sagt Lennart. Auch in diesem Jahr will er wieder nach Kalifornien fliegen. Die Bewerbungsphase geht bald los. „Man bekommt eine Aufgabe gestellt und hat 30 Tage Zeit, etwas zu programmieren.“ Mit Schule hat das alles nichts zu tun. Das macht er freiwillig, denn Programmieren ist seine Leidenschaft. Zwei bis drei Stunden sitzt er täglich am Rechner und probiert sich aus. Natürlich sei sie stolz auf ihren Sohn, sagt seine Mutter Christa Otte. „Es ist

Eine Spiele-App hat der Osnabrücker Schüler zum Spaß programmiert.Für Informatik hat er ein Händchen.

bei ihm Begabung und Talent. Das kann man nicht erlernen.“ Das Thema künstliche Intelligenz interessiert Lennart Otte besonders. Er hat sein Smartphone so programmiert, dass es mitdenken kann – nicht wie ein Mensch, aber ein bisschen immerhin. Er hält seine Daumen vor die Linse des Telefons. „Thumps up – Daumen hoch“, sagt das Telefon und erkennt die Geste. Genauso, wenn er den Daumen nach unten hält. „Ja, das ist künstliche Intelligenz. Das Smartphone erkennt selbstständig etwas“, sagt er. Gruselig findet er die Entwicklung nicht, eher spannend. Er könne sich in Zukunft auch Kontaktlinsen, die durch künstliche Intelligenz gesteuert werden, vorstellen. „Man kann ja heute bereits Insekten mit Implantaten steuern“, sagt der 15-Jährige. Einen Chip implantieren, wie in der Science-.Fiction-Serie „Black Mirror“, der das gesamte Leben zum Beispiel speichert, so weit würde er aber nicht gehen wollen. Zur Computertechnik kam Lennart Otte durch einen Freund. Der konnte bereits programmieren und steckte ihn mit der Begeisterung dafür an. „Durch ihn habe ich Programmiersprachen wie Swift und Golang gelernt. In den vergangenen Jahren habe ich mich da auf jeden Fall sehr weiterentwickelt“, sagt er. Und die Entwicklung geht so weit, dass der 15-Jährige für seine Lehrer eine übersichtliche Vertretungsplan-App pro-

„Man bekommt eine Aufgabe gestellt und hat 30 Tage Zeit, etwas zu programmieren.“ Schüler Lennart Otte

Fotos: Michael Gründel

grammiert hat. Das Wirrwarr aus unübersichtlichen Tabellen und Namen konnte er nicht mitansehen. Schule ist sowieso so ein Thema. Denn wenn Lennart Otte den Computerraum betritt, dann ist es, als öffne sich eine andere Welt. Veraltete Rechner, die drei Minuten brauchen, bis sie hochgefahren sind, Overheadprojektoren. „Schule müsste in diesem Bereich viel mehr machen. Unternehmen wie Apple übernehmen schon jetzt die Aufgaben von Schulen und Unis“, sagt er. Erst Ende Januar kündigte Apple an, die Bildungsinitiative „Jeder kann programmieren“ auch auf Europa auszuweiten. An 70 Schulen, Hochschulen und Unis in Europa soll ein von Apple entwickelter Lehrplan eingeführt werden. Lennart Otte macht 2019 erst einmal sein Abitur in Osnabrück, er hat eine Klasse übersprungen. „Der Uniabschluss wird in diesem Bereich nicht mehr so wichtig, weil sich einfach so viel so schnell verändert.“ Trotzdem möchte er gerne studieren, am liebsten an der Universität in Cambridge. Die Uni sei im Bereich IT gut aufgestellt. Einen Job bei Apple würde er aber auch nicht ablehnen. Doch wer denkt, der 15-Jährige habe nur Computer im Kopf, irrt. Mit seinem Golden-Retriever-Rüden Toni verbringt er viel Zeit. Nebenbei spielt er noch Schlagzeug, Tischtennis und Badminton.


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Auf Hochglanz gebracht Einblicke in das lohnende Geschäft mit schmutzigen Autos VON SEBASTIAN HAMEL LINGEN/NORDHORN. Die Deut-

schen lieben bekanntlich ihr Auto – da darf es an der nötigen Sauberkeit nicht fehlen. Für die Pflege des Fahrzeugs gibt es von der Waschstraße bis zur Komplettaufbereitung verschiedenste Angebote. Unsere Redaktion hat Betrieben in Lingen und Nordhorn einen Besuch abgestattet und mit ihnen über Chancen und Herausforderungen des Geschäftsfelds gesprochen.

Die Arbeit mit Autos hat für Alfons Theilen Tradition: Schon seit 1983 ist das Lingener Familienunternehmen unter anderem mit Tankstellen in der Branche aktiv. 2002 wurde das Profil um die Autowäsche erweitert – und der Schritt hat sich bezahlt gemacht. Zwei Waschstraßen betreibt Theilen unter der Marke „Autopflegepark Lingen“ heute im Gebiet der emsländischen Stadt. „Die Nachfrage nach maschineller Wäsche wurde immer größer. Es war ein Marktbereich, den man nutzen musste“, sagt der Geschäftsführer rückblickend und stellt fest, dass der Bedarf nach Autowäschen sogar noch gewachsen ist. Dies führt er auf die gestiegene Zahl zugelassener Fahrzeuge zurück. Doch er macht auch deutlich: „Krisensicher ist kein Geschäft.“ Es gebe Zeiten mit mehr und mit weniger Andrang. Abhängig ist dies vor allem vom Wetter: „Andauernder Regen ist für uns nicht gut, aber nur Sonne auch nicht.“ Im ersten Fall hält die Sauberkeit freilich nicht lange an, im zweiten Fall wird das Auto gar nicht erst schmutzig. Hinzu kommt, dass nach zwei Wochen ungünstigem Wetter das verloren gegangene Geschäft nicht wieder kompensiert werden kann – schließlich fahren die Kunden danach nicht häufiger als sonst in die Waschstraße. Insgesamt 24 Mitarbeiter beschäftigt Theilen im Bereich der Waschstraßen. Doch der Fachkräftemangel macht auch vor dieser Branche nicht halt. So gestaltet es sich mitunter schwierig, qualifizierte und langfristig bleibende Kräfte zu finden. Von großer Bedeutung ist auch die technische Seite des Geschäfts: Was sich um das Auto herum bewegt, sind nicht mehr die klassischen Kunststoffbürsten aus früheren Zeiten, sondern weiche Textilmaterialien, die den Lack schonen und ihn glänzen lassen. Auch mit Blick auf die Reinigungsmittel muss Theilen mit der Zeit

Sie haben erst vor Kurzem die Selbstständigkeit gewagt: Die Brüder Nasim (links) und Hussam Mardenli haben im Juni ihr eigenes Unternehmen gegründet und hübschen im Schnitt zwei bis drei Fahrzeuge am Tag auf.

gehen: Sie sind auf die neuesten Lacke eingestellt, die Pflegeprodukte auf sogenannter Nano-Basis sorgen für eine effektive Lackversiegelung. Eine gewichtige Rolle spielt darüber hinaus die Umweltverträglichkeit: Theilen legt Wert darauf, dass die Mittel gut abbaubar sind. Dahinter steckt auch die Kostenfrage: Die Aufbereitung des Brauchwassers könnte ansonsten zur teuren Angelegenheit werden. An den Wochenenden herrscht Hochbetrieb in den Waschstraßen,

„Krisensicher ist kein Geschäft.“ Alfons Theilen, Geschäftsführer Autopflegepark Lingen

und auch montags ist viel los, wenn zahlreiche Dienstfahrzeuge für die anstehende Woche gewaschen werden. Dann ist es wichtig, ausreichend Personal im Einsatz zu haben, um die volle Leistung der Maschinen in Anspruch nehmen zu können. Die Mitarbeiter erledigen grundsätzlich nicht nur die manuelle Vorwäsche, sondern beraten die Kunden auch in Sachen Fahrzeugpflege. Auch kann es vorkommen, dass ein Fahrer sich mit seinem Auto nicht in die Anlage hinein traut. Dann setzt sich ein Mitarbeiter schon mal selbst hinters Steuer und manövriert den Wagen durch die Waschstraße. Inzwischen sind auch Alfons Theilens Söhne und Schwiegertöchter im Unternehmen tätig. Er beurteilt es heute positiv, vor gut 15 Jahren ins Geschäft mit der Autowäsche eingestiegen zu sein: „Die Entscheidung war richtig, ich bin sehr zufrieden“, sagt er. Neben dem klassischen Waschstraßenbetrieb erledigt die Firma auch professionelle Fahrzeugaufbereitungen für Privatkunden und Autohäuser, die das Auto wieder möglichst wie neu aussehen lassen und zur Wertsteigerung beitragen. Auf diese Geschäftsidee haben sich im vergangenen Sommer auch zwei junge Nordhorner gestürzt:

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Seit Juni betreiben die Brüder Nasim und Hussam Mardenli im Süden der Grafschafter Kreisstadt die „N&H Autopflege“, auch der dritte Bruder Firas wirkt dabei mit. Nachdem er ein Jahr lang Erfahrungen in einem Betrieb dieser Branche in Gelsenkirchen gesammelt hatte, wagte der 22-jährige Nasim den Schritt in die Selbstständigkeit. „Ich mag es, Verantwortung zu übernehmen“, sagt er. Natürlich habe er zunächst Angst gehabt, dass das Geschäft nicht laufen könnte. Doch schon ab der zweiten Woche hätten viele Kunden den Weg zu ihm gefunden. Ziel ist, dass das Auto innen und außen wieder ein gutes Bild abgibt: Zu den Leistungen zählen unter anderem die Reinigung von Lederoder Kunststoffsitzen und die Cockpitpflege sowie die Lackpolitur und -versiegelung. „In dem Geschäft muss man sehr pingelig sein“, sagt der junge Betriebsleiter. Zum Angebot zählt darüber hinaus ein kostenloser Hol- und Bringservice. „Manche Leute haben erst ein mulmiges Gefühl, wenn sie ihr Auto abgeben. Aber wenn sie das Ergebnis sehen, geht keiner ohne Lächeln raus“, versprechen die Autopfleger. Ihnen wurden bereits Fahr-

SPORTKLAHSEN.DE

zeuge der Luxusklasse, unter anderem ein Bentley, anvertraut. Doch auch schon mit Autos voller Dreck, Müll und Flaschen mussten sie sich auseinandersetzen. Ekel verspüren sie aber nicht: „Daran gewöhnt man sich.“ Vielmehr mache es Spaß, ein sehr schmutziges Auto wieder strahlend neu aussehen zu lassen. Etwa zwei bis drei Fahrzeuge werden durchschnittlich pro Tag aufgehübscht, wobei das Spektrum

vom einfachen Staubsaugen bis hin zur Komplettaufbereitung reicht. Auch hier finden sich sowohl private als auch gewerbliche Auftraggeber. Die Kundenzufriedenheit sei am wichtigsten, betonen die Brüder. Dazu zählen auch besondere Momente: So hätten sich bereits Kunden, die ihr Fahrzeug eigentlich verkaufen wollten, beim Anblick nach der Aufbereitung wieder „neu in ihr Auto verliebt“ – und es dann doch behalten.

Familienunternehmen: Die Nachfrage nach maschineller Autowäsche hat laut Geschäftsführer Alfons Theilen zugenommen.

Fotos: Sebastian Hamel

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LEBEN & LEIDENSCHAFT

LEBEN & LEIDENSCHAFT

„Spiele schaffen es, Generationen zu verbinden“ Das „Osnabrett“ ist Osnabrücks erstes Brettspielecafé

VON KARSTEN GROSSER OSNABRÜCK. Im vergangenen Sep-

tember haben Artur Baginski und Andy Petsch mit dem „Osnabrett“ Osnabrücks erstes Brettspielecafé eröffnet. Damit erfüllte sich für die beiden passionierten Brettspieler ein Traum. Ob Gäste dieses Konzept annehmen und welche Ideen noch umgesetzt werden sollen, darüber spricht das Duo im Interview.

Eine Familie erfindet Familienspiele

Herr Baginski, Herr Petsch, hat sich das Risiko Geschäftseröffnung gelohnt? Artur Baginski: Das hängt von der eigenen Erwartungserhaltung ab. Für Andy und mich ist das ein Projekt aus Leidenschaft und keine Suche danach, wie wir am besten unser Geld verdienen können. Wir wollten uns den Wunsch erfüllen, eine Möglichkeit zum Spielen zu schaffen. Unter diesem Aspekt hat sich die Eröffnung gelohnt, finanziell ist es ein schwieriges Gewerbe. Das machen aber unsere Gäste wett, die ein sehr, sehr positives Feedback geben und sich dankbar zeigen. Das gibt uns viel zurück.

Mit Karten aus „Willi Wörterwurm“ präsentieren (von links) Jörne Koldehoff, Jürgen Loth,Michael Loth, Petra Loth und Dominik Stauber den Namen ihres Mogel-Verlags. Fotos: Werner Scholz, Colourbox.de

Warum der emsländische Mogel-Verlag sowie ein Autor und ein Händler aus Osnabrück auf der Gewinnerseite stehen Markt für analoge Spiele seit Jahren auf Wachstumskurs. Junger Verlag aus Rhede-Brual vor Deal mit einem „Big Player“. Osnabrücker ist einer der produktivsten Kinderspieleautoren. VON KARSTEN GROSSER OSNABRÜCK. Der Markt für analo-

ge Gesellschaftsspiele macht derzeit einen Stich nach dem anderen. Die Branche mit ihren Brettund Kartenspielen wächst seit einigen Jahren so stark wie schon lange nicht mehr. Zu den erfolgreichen Mitspielern zählen ein Verlag aus dem Emsland und ein Spieleautor aus Osnabrück.

Mehr als eine halbe Milliarde Euro setzten die Verlage mit Gesellschaftsspielen im vergangenen Jahr um. „Spiele sind innerhalb der Spielwaren die Warengruppe mit der stärksten Zuwachsrate“, erklärt Hermann Hutter, Chef des Verlags Huch und Vorsitzender der Spieleverlage e. V., eines Verbunds wichtiger Verlage auf dem deutschen Markt. Stagnierte der Umsatz lange Zeit, so wuchs er in den Jahren 2015 und 2016 jeweils um mehr als zehn Prozent, im vergangenen Jahr immerhin noch um vier Prozent – und das bei einem insgesamt leicht schwächelnden Spielwarenmarkt in Deutschland. Ein kurzzeitiger Hype? „Es macht nicht den Eindruck“, sagt Hutter. Besonders freut es ihn, dass analoge Spiele wieder eine Zielgruppe erreichen, die schon ein wenig verloren schien: die 15- bis 30-Jährigen. Die Menschen, die mit digitalen Spielen aufgewachsen sind, würden nun vermehrt auch das Brettspiel entdecken.

„Sie wollen etwas mit realen Menschen am Tisch machen“, vermutet der Verbandschef. Dabei begegnen ihnen auch durchaus Spielkonzepte wieder, die sie von Computer- und Konsolenspielen kennen. Denn Brettspiele haben in jüngster Zeit zunehmend Anregungen im Digitalen gefunden und Konzepte adaptiert. Zugleich wird der Markt immer internationaler. War Deutschland einst das Zentrum innovativer Brettspiele, wodurch der Typus „German Games“ geprägt wurde, bereichern seit einigen Jahren immer mehr ausländische Autoren und Verlage die Spieleszene mit kreativen, witzigen, ungewöhnlichen Ideen. Mit einem positiven Effekt: Die Vielfalt und die Qualität von analogen Spielen waren nie besser als heute. Kein Wunder also, dass die Zahl der Spielefans weltweit wächst. Sei es bei den europäischen Nachbarn wie Frankreich oder Polen. Oder auf anderen Kontinenten wie in den USA oder in Fernost. Deutsche Verlage exportieren immer mehr, und immer mehr ausländische Verlage treten als Mitspieler in Deutschland auf. Die Folge: Die Zahl der Neuheiten steigt von Jahr zu Jahr und ist mittlerweile vierstellig. „Das Produktkarussell dreht sich immer schneller“, beobachtet auch Kai Haferkamp. Mit knapp 200 veröffentlichten Titeln ist der Kinderspieleautor aus Osnabrück einer der er-

finderischsten Köpfe der Szene. Der Handel verlange immer wieder nach neuen Spielen, weiß der 50-Jährige. Einzelne Titel bekämen kaum noch die Zeit, sich zu entwickeln. „Entweder hopp oder top“, fasst es Haferkamp zusammen. Immer früher setze der Abverkauf, das Preisdumping ein. Verlage setzen auf Masse, um darunter vielleicht einen Titel zu haben, der sich zum Longseller verwandelt. Oder der den Preis „Spiel des Jahres“ gewinnt und damit die Verkaufszahlen in sechsstellige Höhen treibt. Der Alltag sieht anders aus: Die Startauflage eines normalen Spiels betrage oft zwischen 3000 und 5000 Stück, erklärt Haferkamp. Keine Größen, um Reichtümer anzuhäufen. Doch der ausgebildete Jurist schätzt die Herangehensweise, vom Spieleerfinden leben zu wollen, eh als falsch ein. Es gebe zwar solche Erfolgsstorys wie die des ehemaligen Zahntechnikers Klaus Tauber mit seinem weltweit erfolgreichen Millionenseller „Catan“, dorthin sei es aber ein harter Weg. Wobei Haferkamp auch gerne tiefstapelt. Mit der Verspielung von Otfried Preußlers „Das kleine Gespenst“ gewann er im Jahr 2005 den Preis „Kinderspiel des Jahres“, zuletzt landete er mit dem Geschicklichkeitsspiel „Billy Biber“ einen weltweiten Verkaufsschlager, und außerdem steuert er regelmäßig Spielideen für Ravensburgers digitalen Lesestift

Profitiert vom Internethandel: Fachhändler Malte Kiesel vom Spieltraum in Osnabrück. Foto: Karsten Grosser

„tiptoi“ bei. Der Anblick des Regals mit all den von Haferkamp entwickelten Spielen ist imposant. Übersichtlicher sieht es da noch bei den Loths in Rhede-Brual aus. Als „Mogel-Verlag“ mischen die Emsländer seit August 2016 in der Spielebranche mit. „Eine Familie produziert Familienspiele“, heißt ihr Credo, Leidenschaft und Enthusiasmus sind die Triebfedern ihres Schaffens. Vier Kartenspiele gibt es bereits vom Mogel-Verlag, das fünfte ist in Planung. „Ich glaube, dass wir in der Szene bereits ernst genommen werden“, sagt Jürgen Loth, der als Verlagsinhaber die Koordination und Öffentlichkeitsarbeit übernimmt. Eigentlich ist er als Sozialpädagoge bei der Stadt Münster tätig. Für ihn wie für alle anderen gilt: Der Mogel-Verlag ist eine Art Abenteuer, um das geliebte Hobby semiprofessionell im Nebenerwerb auszuleben. Aktuell gehören sechs Familienmitglieder und Freunde der Familie zum Verlag. Als kreativer Kopf fungiert Jürgens Bruder Michael Loth. Dem Lehrer fallen die Spielideen ein, und er zeichnet für das Design der Spiele verantwortlich. In der Entwicklung assistiert ihm der Lingener Dominik Stauber. Mutter Petra Loth kümmert sich um Versand und Vertrieb, Jörne Koldehoff plant Events und Messeauftritte. Gerrit Loth, der dritte Bruder, ist eine Art Joker, der dort unterstützt, wo Unterstützung benötigt wird. Den Aufwand, der im Verlag anfällt, schätzt Jürgen Loth auf rund 1,5 Vollzeitstellen. Ziel sei es, das eingesetzte Kapital nach und nach wieder aus der Firma entnehmen zu können. Die Investitionen flossen bislang vor allem in die Produktion der Kartenspiele. Die Emsländer ließen ihre vier Titel bei Europas größtem Spielehersteller Ludo Fact in Schwaben herstellen. Etwa 2000 bis 2600 Stück pro Spiel. Noch haben die Loths alle Spiele vorrätig. Darunter das kooperative „Willi Wörterwurm“ oder das Ritterspiel „Lanzeloth“. Seine Spiele verkauft der Mogel-Verlag auf mehre-

ren Plattformen. Etwa direkt auf Messen wie der „Spiel“, die alljährlich im Oktober in Essen stattfindet und als das Mekka für alle Spielebegeisterten gilt. „Wir haben dort im letzten Jahr doppelt so viele Spiele verkauft wie noch ein Jahr zuvor bei der Premiere“, resümiert Michael Loth. Außerdem betreiben die Emsländer einen eigenen Online-Shop. Ein Verkauf auf der eigenen Website bringe an Ertrag doppelt so viel wie ein Verkauf bei Amazon. Während die Loths bei ihren Spielen in die Vorfinanzierung gehen, bevorzugen andere Neueinsteiger oder auch kleine und mittelgroße Verlage immer häufiger Crowdfundingplattformen, um die Finanzierung schon vor der Produktion zu sichern. Ein Trend, der aus den USA zunehmend nach Deutschland schwappt. Auf die-

„Das Produktkarussell dreht sich immer schneller.“ Kai Haferkamp, Spieleautor

se Weise lassen sich selbst aufwendig produzierte Titel realisieren. Ein immer wieder gern zitiertes Leuchtturmprojekt aus Übersee ist das Kartenspiel „Exploding Kittens“, das bei Kickstarter knapp 9 Millionen Dollar einsammelte. Ein einfaches Ablegespiel um explodierende Katzen. Mittlerweile hat der Verlag Asmodee den spielerisch eher schwachen Erfolgstitel nach Deutschland gebracht. Wer nicht darauf warten möchte, dass ein deutscher Verlag ein bestimmtes ausländische Spiel lokalisiert, muss auf der Suche nach dem Originaltitel gehen. Dabei helfen Fachgeschäfte wie der Spieltraum in Osnabrück. Der auf Spiele spezialisierte Laden hat Tausende Titel auf Lager, mache mittlerweile aber bereits 30 bis 40 Prozent seines Umsatzes mittels Internethandel, schätzt Inhaber Malte Kiesel. „Wir haben durch den Online-Shop ganz neue Märkte erschlossen“, sagt er. Sein größtes Plus im Vergleich zu Wettbewerbern sieht Kiesel darin, dass er neben dem breiten Angebot viele Importspiele anbietet. Spiele aus den USA oder Südostasien. Spiele, die sonst kaum in Deutschland erhältlich sind. Pakete schickt der Spieltraum nicht nur in alle Ecken Deutschlands, sondern auch ins europäische Ausland von Estland bis Spanien. Auch ein Beleg dafür, dass die weltweite Begeisterung für Spiele steigt. Doch zurück nach Osnabrück: Im September eröffnete das erste Brettspielecafé der Stadt. Gäste können im „Osnabrett“ gegen eine geringe Gebühr Spiele ausleihen und direkt vor Ort losspielen. Bei Bedarf führen Leute vor Ort in die Regeln ein. Das Konzept scheint zu funktionieren. „Mittels Apps und Minispielen kommen die Leute mehr mit Spielen in Kontakt, und dadurch wächst das Interesse an Spielen generell“, sagt Betreiber Artur Baginski. Eine Beobachtung, die Malte Kiesel teilt. Im für den Spielefachhandel extrem wichtigen Weihnachtsgeschäft verzeichnete der Spieltraum jüngst ein zweistelliges Umsatzwachstum.

Auch der Mogel-Verlag war mit dem Geschäft zum Fest zufrieden. „Im Dezember haben wir so viele Spiele verkauft wie in den anderen elf Monaten zusammen“, sagt Michael Loth. Rund die halbe Auflage von „Lanzeloth“ sei verkauft. Die Emsländer erwarten, dass im Laufe des aktuellen Jahres mindestens eines ihrer vier Spiele vergriffen sein wird. Und dann? „Unser Budget ist begrenzt“, erklärt Michael Loth. Jede Neuauflage würde die Produktion eines komplett neuen Spiels verhindern oder zumindest verzögern. Und als Autor

möchte er natürlich gerne so viele Titel wie möglich veröffentlichen. Bruder Jürgen muss manchmal bremsen. „Ich habe immer das gesamte Sortiment im Blick“, sagt er. Wenn ein neuer Prototyp nicht ins aktuelle Verlagsprogramm passt, guckt er ihn sich erst gar nicht an. „Das ist so etwas wie Selbstschutz.“ Derweil stehen die Loths aber vor einer ganz anderen Frage: Ein großer Verlag habe angeklopft mit der Absicht, die Lizenz für „Lanzeloth“ zu erwerben und damit das Spiel ins eigene Sortiment aufzunehmen. Das

würde im besten Fall bedeuten: höhere Auflage, flächendeckende Präsenz im deutschen Fachhandel, möglicherweise Export ins Ausland. Verlockend? „Wir haben keine Zwänge“, meint Michael Loth. Allein die Anfrage dürfen die Emsländer als Lob und Bestätigung ihrer Arbeit auffassen. „Mogel ist eine Marke geworden“, freut sich Jürgen Loth. Sollte der Deal mit dem „Big Player“, dessen Namen die Rheder noch geheim halten, gelingen, wäre es zudem ein ganz persönlicher Sieg in der weltweiten Erfolgsstory Spiel.

NEUE SPIELE, DIE BESSER ALS DIE KLASSIKER SIND

Alternativen zu Monopoly, Memory & Co. Klassiker wie Kniffel oder Monopoly kennt fast jeder. Doch mittlerweile gibt es Spiele, die nicht nur Abwechslung bringen, sondern auch frischen Wind. Unsere Empfehlungen für Menschen, die einfach mal etwas anderes ausprobieren wollen:

vor, sondern Karten – darunter viele Sonderkarten. Besonders schön sind die Partien zu viert oder sechst, bei denen jeweils zwei Personen im Team agieren. Dog (Schmidt) ist für 2 bis 6 Spieler ab 8 Jahren.

Sie mögen Memory? Dann spielen Sie doch Sie mögen Monopoly? mal Memoarrr!: Bei Dann spielen Sie doch dem Merkspiel müssen mal Las Vegas: Würfel keine Bildpaare gefunwerden in diesem Zoden werden. Vielmehr ckerspiel, abhängig von kommt es stets darauf ihrer Augenzahl, in sechs an, eine Karte aufzudeKasinos platziert. Wer cken, die eines von zwei am Ende einer Runde die Merkmalen aufweist, die meisten Würfel an einem auf der vom Vorgänger Ort hat, kassiert dort gewählten Karte zu seden dicksten Geldschein hen sind. Wer erinnert ab. Las Vegas (alea/Raim Laufe der sieben Runvensburger) von Rüdiger den am besten, wo welDorn ist für 2 bis 5 Spie- che Karte liegt? Memoler ab 8 Jahren. arrr! (Edition Spielwiese/Pegasus) von Carlo Sie mögen Mensch ärBortolino ist für 2 bis 4 gere dich nicht? Dann Spieler ab 8 Jahren. spielen Sie doch mal Dog: In diesem Laufspiel Sie mögen Uno? Dann geben nicht Würfel die spielen Sie doch mal Zugweite der Figuren Love Letter: Verliebt in

die Prinzessin! Die Spieler versuchen, der Königstochter Liebesbriefe zukommen zu lassen. Das klappt am besten mit Vitamin B. Wer setzt seine Beziehungen zu den Personen am Hofe am geschicktesten ein? Love Letter (Pegasus/AEG) von Seiji Kanai ist für 2 bis 4 Spieler ab 10 Jahren. Sie mögen Kniffel? Dann spielen Sie doch mal Qwixx: Einer würfelt, alle anderen können von den Ergebnissen profitieren. Am Ende kommt es darauf an, möglichst viele Zahlen in seinen vier Reihen anzukreuzen. Qwixx (Nürnberger-Spielkarten-Verlag) von Steffen Benndorf ist für 2 bis 5 Spieler ab 8 Jahren. Sie mögen Trivial Pursuit? Dann spielen Sie doch mal Das Kneipenquiz: Bei diesem Wissensspiel treten die

Spieler gemeinsam als eine Gruppe an? Immer wieder haben sie fünf Minuten Zeit, um fünf Fragen zu beantworten. Wer weiß genug, um die Bierflaschen als Gegner zu schlagen? Das Kneipenquiz (moses) von Darren Grundorf und Tom Zimmermann (Quizfragen) sowie Marco Teubner und Heinrich Glumpler (Spielkonzept) ist für 3 bis 6 Spieler ab 12 Jahren. Sie mögen Scrabble? Dann spielen Sie doch mal Krazy Wördz: Mit zufällig zugeteilten Buchstaben erfinden die Spieler Fantasiewörter zu vorgegebenen Begriffen. Wer kann erraten, welche lustigen Wortschöpfungen zu welcher Kategorie gehören? Krazy Wördz (Fishtank/Ravensburger) von Dirk Baumann, Thomas Odenhoven und Matthias Schmitt ist für 3 bis 7 Spieler ab 10 Jahren. kas

Können Sie vom Betrieb des Brettspielecafés leben? Baginski: Das muss sich in den kommenden Monaten noch zeigen. Aber ich denke schon, dass zumindest eine Person davon leben kann – insofern die eigenen Ansprüche nicht so hoch sind. Ich bin eher ein sehr bescheidener Mensch und noch den studentischen Lebensstil gewöhnt. Deshalb habe ich gute Voraussetzungen – gerade in der Anfangszeit, in der es eh noch ein bisschen schwieriger ist. Man sollte an ein Projekt, in das man viel unbezahlte Energie und Zeit hineinsteckt, eh nicht mit der Erwartungshaltung herangehen, dass man ein Durchschnittsarbeitnehmergehalt bekommt.

halb nicht verglichen werden. Die meisten Leute kommen ja der Spiele wegen. Dafür haben wir Erfahrungen im Projektmanagement und im Controlling. Ich habe zum Beispiel in einem mittelständischen Unternehmen eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht. Zudem haben wir beide ein analytisches Verständnis und die Fähigkeit, uns Ziele zu setzen und das Erreichte zu bewerten. Das hat die Gründung auf jeden Fall erleichtert. Warum funktioniert die Idee des Brettspielecafés? Vor allem in Großstädten gibt es ja immer mehr solcher Einrichtungen. Baginski: In Deutschland gibt es jetzt die erste Welle. Wenn einer auf die Idee kommt, ein Brettspielecafé aufzumachen, dann übernimmt sie auch ein anderer. In Großbritannien zum Beispiel gab es diese Welle schon früher. Ein Grund dafür ist, dass das Spielen an sich wieder mehr in den Vordergrund rückt.

„Es ist schön, an jedem Tisch die Leute lachen zu sehen.“ Andy Petsch, Betreiber des Brettspielecafés „Osnabrett“

Ist die Größe des Cafés mit gut 30 Plätzen denn ausreichend? Andy Petsch: Nach den bisherigen Erkenntnissen ist es eine gute Größe, um Fuß zu fassen und zu gucken, ob sich das Konzept längerfristig halten kann. Wir haben ja erst seit wenigen Monaten offen. Der Kurs sieht zumindest gut aus.

Warum wird mehr gespielt? Baginski: Ironischerweise wegen der digitalen Medien. Mittels Apps und Minispielen kommen die Leute mehr mit Spielen in Kontakt, und dadurch wächst das Interesse an Spielen generell. Zugleich wollen die Menschen von der Technik mal wegkommen und sich klassisch mit anderen Menschen an den Tisch setzen. Spiele schaffen dafür einen sehr schönen Rahmen und machen einfach Spaß.

Mit welchen Vorkenntnissen haben Sie das Unternehmen gegründet? Baginski: Wir kommen beide nicht aus der Gastronomie. Was sich aber auch nicht als Problem herausgestellt hat, weil wir keinen Konkurrenzdruck haben und des-

Welche Besonderheit zeichnet das „Osnabrett“ aus? Petsch: Die superschöne Atmosphäre. Manchmal versuche ich, im Laden bewusst abzuschalten, um die Stimmung auf mich wirken zu lassen. Es ist schön, an jedem Tisch die Leute lachen zu sehen.

Welche Ideen stehen für dieses Jahr noch an? Petsch: Da fallen mir zwei Sachen ein. Unser gastronomisches Angebot umfasst aktuell ausschließlich Getränke und Snacks. Das soll noch um Speisen erweitert werden. Und wenn es um den Spielpart geht: Bislang haben wir das Thema Events überhaupt noch nicht angekratzt. Wir haben zwar mittwochs unseren offenen Spieleabend, doch von den coolen Ideen, die uns zum „Osnabrett“-Konzept geführt haben, ist bislang noch nichts umgesetzt. Star-Wars-Spieleabende zum Start eines neuen Films beispielsweise oder allgemein Turniere. Welche Menschen kommen in Ihr Brettspielecafé? Baginski: Wir haben über alle Generationen weg Gäste. Das freut uns sehr. Von der Tendenz her sind es zwar vor allem Studenten und jüngere Erwachsene, aber auch Familien mit Kleinkindern und Senioren kommen zu uns. Spiele schaffen es eben, Generationen zu verbinden. Das zeigt sich jetzt glücklicherweise auch im Café. Welche Art von Spielen werden vor allem gespielt? Baginski: Wir haben natürlich Spiele aus der gesamten Bandbreite, setzen aber einen klaren Fokus auf die besonders leicht zu lernenden Spiele, die auch nicht zu lange dauern. Unser Konzept beinhaltet es nämlich auch, die Spiele zu erklären. Da liegt es auf der Hand, dass die Spiele in wenigen Minuten erklärbar sein müssen. Damit schaffen wir es auch, Gelegenheitsspielern ein Angebot zu machen. Die Regeln stehen einem nicht im Weg, sondern die Leute kommen schnell zum Spielspaß. Kommunikative Spiele und Spiele, die einen zum Lachen bringen, stehen bei uns im Vordergrund. Wie sieht die Top 3 der beliebtesten Spiele im „Osnabrett“ aus? Baginski: Von den Spielen, die wir empfehlen und die dann gut ankommen, gehört zum Beispiel das „Kneipenquiz“, ein kooperatives Quiz. Ein weiterer Hit ist „Concept“. Oder wie wir immer sagen: „Tabu“ ohne Worte. Ein moderner Klassiker ist „Dixit“, ein Spiel mit fantasievollen Bilderkarten. Kommen Sie persönlich noch zum Spielen? Petsch: Momentan wenig. Artur und ich haben uns deshalb fest vorgenommen, in diesem Jahr unsere alte Spielerunde aufleben zu lassen.

Traum erfüllt: Andy Petsch (links) und Artur Baginski betreiben in der Osnabrücker Innenstadt das Brettspielecafé „Osnabrett“. Foto: Swaantje Hehmann


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

LEBEN & LEIDENSCHAFT

Türöffner, Brückenbauer, Menschenfreund Der Dolmetscher Youssef Oukich und sein Unternehmen Babuk überwinden Sprachbarrieren VON CHRISTOPH LÜTZENKIRCHEN OSNABRÜCK. Der Mann spricht

drei Sprachen fließend, die exotischen Dialekte nicht mitgerechnet. Außerdem spricht er mit seinen freundlichen Augen, den feingliedrigen Händen, den Armen, eigentlich mit dem ganzen Leib. Youssef Oukich ist Dolmetscher.

Sein Osnabrücker Unternehmen heißt „Babuk“, das bedeutet im Arabischen „dein Tor, deine Tür“. Der gebürtige Marokkaner will Türen öffnen, Brücken bauen, auch für Menschen, die einen weiten Weg hatten und stark verunsichert sind. Menschen wie der dunkelhäutige junge Mann von der Elfenbeinküste, für den Oukich im Auftrag der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB) in Bramsche-Hesepe ins Französische übersetzt. Der junge Mann steht vor dem Schreibtisch eines Sozialarbeiters. Lesen und Schreiben kann er nicht, seinen vorläufigen Ausweis hat er per Fingerabdruck „unterschrieben“. Auch Französisch versteht er nur bruchstückhaft. Es geht um die Frage, ob er noch minderjährig ist. Der Dolmetscher bemüht sich, den sichtlich verunsicherten Mann zu beruhigen. Per Fax ist aus seiner Heimat eine Kopie seiner Geburtsurkunde eingetroffen. Es sei alles auf dem richtigen Weg, versichert Oukich. Er spricht nicht nur, er wendet sich seinem Gesprächspartner zu, er lächelt, er gestikuliert. Der junge Afrikaner scheint zu verstehen, dass seine Angabe zum Alter amtlich bestätigt wurde und er nun eine Chance hat, in das begehrte Programm für Minderjährige aufgenommen zu werden. Kaum ist diese Frage geklärt, wird Oukich in ein Büro im ersten Stock gerufen. Hier sitzen ein junger Mann und eine junge Frau aus Eritrea. Der Dolmetscher schaltet mühelos vom Französischen ins Arabische um. Geduldig erklärt er den beiden, dass sie im Flüchtlingslager als Paar behandelt werden, solange sie zu zweit in einem Zimmer wohnen. Das hat finanzielle Nachteile, denn aus jeder Familie darf nur ein Mitglied dort arbeiten. Als Dolmetscher bezieht Youssef Oukich keine Position. Er bleibt freundlich, geduldig und zugewandt. Der 47-jährige Oukich lebt seit 1998 in Deutschland, ist verheiratet und hat eine zweijährige Tochter. Er stammt aus Fez, der drittgrößten Stadt in Marokko. Schon in sei-

Langfristig will Dolmetscher Yossef Oukich (rechts) seinen Schwerpunkt auf den Bereich Wirtschaft verlagern. Er kommt ursprünglich aus Marokko und übersetzt zurzeit unter anderem im Auftrag der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB). Fotos: Babuk

nem Heimatland studierte er Jura, in Frankfurt hat er in diesem Fach einen deutschen Magister gemacht. „Ich wollte meine Kenntnisse vertiefen und suchte eine Herausforderung“, sagt er. Bevor er nach Deutschland einreisen konnte, lernte er die Sprache und absolvierte dazu eine Prüfung. Nach dem Jurastudium arbeitete er für eine Unternehmensberatung, dann machte er sich als Dolmetscher selbstständig. Erste Erfahrungen in diesem Beruf hatte er bereits während des Studiums gesammelt. Das nächste Gespräch in der LAB führt Oukich mit einem jungen Mann aus Algerien. Er will wissen, in welcher Höhe die Kosten für eine Fahrt zur algerischen Botschaft nach Bonn übernommen werden. Oukich scherzt mit ihm, bietet ihm ein Stück Schokolade aus einer Schale auf dem Schreibtisch des Sozialarbeiters an. Er erklärt dem Algerier das Prozedere, welche Belege er braucht, wie viel Geld er bekommt. „Er kommt aus einer Stadt in Algerien, aus der

auch ein in Nordafrika sehr populärer Sänger stammt“, sagt Oukich später. „Ich habe ihm gestern mein Lieblingslied des Sängers vorgesungen, das kannte er natürlich.“

„Wenn ich übersetze, muss ich mich jeder persönlichen Stellungnahme enthalten.“ Dolmetscher Youssef Oukich

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Bei seiner Arbeit in der LAB hat er intensiven Kontakt mit den einzelnen Flüchtlingen. Teilweise begleitet er sie zum Arzt, zum Arbeitsamt, zum Gericht, ja selbst bis in die Justizvollzugsanstalt. „Manche kenne ich schon seit Jahren“, sagt er. Seine Aufgabe als Dolmetscher beschreibt er so: „Man muss wie ein Schatten sein, den man nicht merkt. Wenn ich übersetze, muss ich mich jeder persönlichen Stellungnahme enthalten.“ Für die Arbeit brauche man Sozialkompetenz. Und es sei wichtig, die Menschen ernst zu nehmen. Grundlage jedes Kontakts sei der gegenseitige Respekt. Das drücke sich ganz wesentlich auch in der Körpersprache aus. Er selbst habe im Laufe der Zeit ein wachsendes Gespür für die Menschen entwickelt. Im Auftrag des Unternehmens Babuk, das Oukich 2013 gegründet hat, sind täglich drei oder vier Dolmetscher in der LAB tätig. Zwei Mitarbeiterinnen sind im Büro beschäftigt sowie vier Dolmetscher für die Sprachen Arabisch, Französisch und Kurdisch. Sie stammen aus Marokko und dem Irak. Außerdem sind viele freie Dolmetscher für Babuk tätig, so kann Oukich seinen Kunden Übersetzungen für diverse weitere Sprachen anbieten – darunter sogar Chinesisch. Wichtige Auftraggeber sind neben der LAB die Polizei, verschiedene Gerichte, die Arbeitsagentur, Krankenhäuser und Unternehmen aus der freien Wirtschaft. Youssef Oukich ist ermächtigter und vereidigter Dolmetscher beim Landgericht Hannover. Er spricht Französisch und Hoch-Arabisch, aufgrund seines familiären Hintergrundes – er stammt aus einer Berberfamilie – versteht er aber auch verschiedene regionale Dialekte. Für seine Kunden aus der Wirtschaft übernimmt Oukich die Kommunikation mit Behörden und begleitet arabischsprachige Delegationen zu Messen in Deutschland. Zum Service gehören aber auch Dienstleistungen wie die Übersetzung von Bedienungsanleitungen. Der Dolmetscher unterhält Kontakte zu diversen Botschaften arabischer Länder. Außerdem ist er

Mitglied in den Vereinigungen NuMOV und Ghorfa. Der Nah- und Mittelost-Verein (NuMOV) fördert als Dienstleister die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Hinter der Bezeichnung „Ghorfa“ verbirgt sich die „Arabisch-Deutsche Vereinigung für Handel und Industrie e. V. Ghorfa“. Sie vertritt arabische Industrie- und Handelskammern in Deutschland. Oukich erklärt Besuchern aus arabischen Ländern, wie Deutschland funktioniert. Umgekehrt ist er aber auch für deutsche Geschäftsleute tätig und versucht ihnen beispielsweise das ganz andere Verständnis von Themen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit im arabischen Kulturkreis zu vermitteln. „Das ist auf Messen immer wieder ein Thema“, sagt er. Er bietet auch

Coachings an, da geht es dann um Dinge wie Begrüßungsrituale, den Umgang mit Hierarchien und Grenzen von Vertraulichkeit. Man könne aber nicht alles im Vorhinein lernen, sagt er: „Ganz wichtig ist die aufmerksame eigene Beobachtung.“ Langfristig will der Dolmetscher seinen Arbeitsschwerpunkt ganz in den Bereich der Wirtschaft verlagern. Obwohl er seine Heimat schon lange verlassen hat, pflegt Oukich regen Kontakt zu seiner Familie in Marokko. Zwei seiner sechs Geschwister leben in den USA und Frankreich. „Wir sind fähig zu lernen“, sagt er. Sein Vater, der einer einfachen Arbeit nachging, habe ihm dazu die Freiheit gegeben und das Selbstvertrauen geschenkt. In gewisser Weise war er der Erste in der Familie, der Türen geöffnet hat.

Insgesamt vier Dolmetscher für die Sprachen Arabisch, Französisch und Kurdisch sind fest für Babuk tätig. Hinzu kommen freie Dolmetscher. Youssef Oukich ist ermächtigter und vereidigter Dolmetscher beim Landgericht Hannover.


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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

LEBEN & LEIDENSCHAFT

„Guter Wein ist einer, der mir schmeckt“ Vor 14 Jahren legte Hobbywinzer Aloys Schoppe den Grundstein für seinen Weinberg – 2017 war ein Rekordjahr für die Lese VON JOHANNES FRANKE SPELLE. Die typischen Weinanbaugebiete in Deutschland liegen an der Mosel, entlang der Ahr, in Baden, Franken, der Pfalz oder dem rheinland-pfälzischen Rheinhessen. Im emsländischen Spelle einen Winzer zu suchen ist hingegen weniger naheliegend. Und doch gibt es ihn: Aloys Schoppe. Auf allen seit 2005 abgefüllten Flaschen lächeln seine Frau Elfriede und er den Genießern entgegen.

Es ist ein sehr gepflegtes kleines Weingut in Varenrode, in dem die Großfamilie Schoppe gemeinsam jedes Jahr im Einsatz ist. Denn im „südländischen Emsland“ – wie es keck auf den Flaschen heißt – werden die Trauben für einen Landwein, einen gehobener Tafelwein, angebaut. „Höher können wir nicht kommen“, betont Hobbywinzer Aloys Schoppe bei einem Besuch und deutet auf die in Fülle hängenden Trauben. Es ist zu einer richtigen Tradition geworden, vom jüngsten Nachwuchs an sind alle intensiv in die „Arbeit“ auf dem kleinen Weingut eingebunden. „Die müssen frühzeitig damit anfangen und später sagen, das haben wir von Oma und Opa gelernt“, sagt der Senior. Weintrauben probieren gehört für ihn bei der Lese natürlich dazu. „Man schmeckt dann schon den Rotwein, den Rosé“, lacht er. Bei der Weinlese hört auf dem Gut alles auf sein Kommando – und Aloys Schoppe gibt Tipps und Ratschläge. Dazu gehört folgender: „Man lässt keine Trauben hängen“, sagt er und schaut sich die knapp 200 Rebstöcke ganz genau an. Stolz ist er auf seine emsländischen Trauben und schwärmt: „Wunderschön“. Sohn Franz-Josef gibt ihm ein weiteres Exemplar der Sorte „Regent“. „Auch nicht schlecht“, wägt er ab und legt seinem jüngsten Enkelsohn Leo die Trauben vorsichtig in den Trecker-Anhänger. Die Ausbeute für den 2017erJahrgang: 18 gefüllte Kisten. „Eine Rekordernte“, sagt Franz-Josef Schoppe. Vater Aloys lobt und weiß schon jetzt: „Die Arbeit hat

sich gelohnt.“ Die Kisten voll mit Trauben hat er gleich am Morgen nach der Lese auf die Reise nach Rheinhessen geschickt. Denn obwohl die Reben im Emsland wachsen, selbst gekeltert wird vor Ort nicht. Das überlässt der Hobbywinzer den Profis auf dem Weingut Jens Laubenstein. „Die Winzer in Grolsheim keltern für uns Roséweine“, sagt er. Es ist bereits der dreizehnte Jahrgang, für den die Familie Ende September die Trauben gelesen hat, bevor im Herbst der Rasen gemäht, Unkraut gejätet, Weinblätter angehäuft und ab Januar die Reben zurückgeschnitten wurden. Alles in Vorbereitung auf die nächste Lese. Insgesamt hält sich die Arbeit aber in Grenzen, alles ist ebenerdig. Als ehemaliger Busfahrer und jetziger Reiseunternehmer hat Aloys Schoppe mit Rebsorten und Weinlese eigentlich wenig zu tun. Oder fast. Auf seinen Reisen hat er Deutschland und Europa im wahrsten Sinne des Wortes jahrzehntelang erfahren. Und auch mit Hobbywinzer Günther Jauch hat Schoppe auf dem Weingut Othegraven an der Mosel schon über gute Tropfen gefachsimpelt. Bilder davon hängen in seinem Büro an der Wand.

„Man lässt keine Trauben hängen.“ Hobbywinzer Aloys Schoppe

Bei der Weinlese im September hilft die ganze Familie mit. Insgesamt 18 Kisten voll mit Trauben hat die jüngste Lese ergeben.Daraus werden rund 300 Flaschen Wein.

Hobbywinzer Aloys Schoppe: Im Frühjahr kommt der „Dreizehnte Aloysius“ zurück ins Emsland.

Der vor allem durch die QuizShow „Wer wird Millionär?“ bekannte Fernsehmoderator war aber nicht der Ideengeber dafür, Wein im „südländischen Emsland“ anzubauen. Das waren Claudia und Jens Laubenstein. Auf seinen Reisen hat Aloys Schoppe Zwischenstationen auf dem Weingut Laubenstein in Grolsheim nahe Bingen und Bad Kreuznach gemacht. Die vielen Gespräche beim und über Wein mit seinen heutigen Partnern endeten 2002 mit dem Versprechen, Schoppe im Emsland einen Besuch abzustatten. „Aber ihr habt ja keinen Wein“, lautete jedoch die scherzhafte Kritik. Daraufhin ergab ein Wort das andere – und ein Jahr später wurden Rebstöcke aus Rheinhessen zur Familie Schoppe ins Emsland geliefert, und die Profiwinzer Laubenstein kultivierten den Boden. „Seitdem wachsen und gedeihen hier 149 Rebstöcke der Sorte Regent und 49 Phönixgewächse“, freut sich Aloys Schoppe und erhebt sein Glas. Ihm schmeckt der liebliche Wein am besten. Und seine Definition von „gutem Wein“? „Einer, der mir schmeckt, von dem ich kein Sodbrennen bekomme und am nächsten Morgen fit bin“, erklärt er. 2004 trugen die Reben ihre ersten Trauben. „2005 konnten wir unseren ersten Aloysius abfüllen und die Erträge Jahr für Jahr steigern“, erinnert sich Schoppe. Aus seinen 18 Kisten voll Trauben erwartet er mehr als 300 abgefüllte Flaschen Wein des 2017er-Jahrgangs. „Eine hervorragende Ernte, die in diesem Frühjahr in flüssiger Form seinen Standort wieder erreicht“, freut sich der Hobbywinzer. „Kaufen kann man ihn nicht, wir trinken ihn nur zu Hause, denn Anlässe gibt es genug“, lacht er verschmitzt. „Willkommen im südländischen Emsland“ wird wieder traditionell auf dem Etikett stehen. Bis zum nächsten Weinfest im Oktober regiert Tochter Annette als Weinkönigin Annette I. und lässt sich allerlei Nettigkeiten rund um den Wein einfallen.

Fotos: Franke (2),Colourbox.de

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

LEBEN & LEIDENSCHAFT 14.03.2018 | 18.00 UHR

TERMINE

Wirtschaft 4.0: Datengetriebene Geschäftsmodelle

DER WIRTSCHAFT

RATHAUS STADT QUAKENBRÜCK, MARKT 1, QUAKENBRÜCK

27.02.2018 | 17.30 UHR

15.03.2018 | 10.00 UHR

IHK: Notfallvorsorge im Unternehmen

WFO: Business mit Japan: Wie geht das, was ist zu beachten?

SPARTHERM FEUERUNGSTECHNIK, MASCHWEG 38, MELLE

ICO INNOVATIONSCENTRUM, ALBERTEINSTEIN-STRASSE 1, OSNABRÜCK

27.02.2018 | 15.00 UHR

15.03.2018 | 17.00 UHR

Digital Summit – Jahreshauptversammlung IT-Achse Ems IT-ZENTRUM LINGEN, KAISERSTRASSE 10B, LINGEN

Beim Neujahrsempfang der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft ftt Bentheim war auch Ministerpräsident Stephan Foto: Mammes Weil zu Gast (vorne,Mitte) – und warf rff einen mit Wünschen für 2018 versehenen Papierf rflieger. f

DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT

28.02.2018 | 18.00 UHR IHK: Wirtschaftsforum Landesgartenschau 2018 SCHLOSS BAD IBURG, SCHLOSSSTR. 26, BAD IBURG

Gründerhaus-Vortrag: Absicherung privat Maschinenbauer Windmöller & Hölscher gehört rtt 2018 erneut zu den besten Arbeitgebern Deutschlands. Foto: W&H

DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNG, HANNOVERSCHE STR., OSNABRÜCK

15.03.2018 | 15.00 UHR Ems-Achse, Expertentreffen: Prozessoptimierung LEONI SPECIAL CABLES, ESCHSTRASSE 1, FRIESOYTHE

01.03.2018 | 17.00 UHR

20.03.2018 | 14.00 UHR

Erfolgreich niederländisches Personal werben (Ems Achse)

WIGOS-Seminar: Professionelles Risikomanagement

CITYHAUS LANDKREIS LEER, BÜRGERMEISTER-EHRLENHOLTZ-STR.

KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK

05.03.2018 | 09.00 UHR

04.04.2018 | 18.00 UHR

IHK-Seminar: Vertragsrecht für Nichtjuristen

WIGOS: Vom „Handarbeiter“ zum „Digitalen Handwerker“

IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, OSNABRÜCK

Krone-Holding erw rweitert w rtt Führungsspitze: CFO Dr. David Frink (Zweiter von rechts) mit (von links) Philip von dem Foto: Krone Bussche,Vorsitzender des Aufsichtsrats,Firmeninhaber Bernard Krone und CEO Alfons Veer.

Gregor Gysi, Ex-Fraktionsvorsitzender Ex x der Linksfraktion, war Gastredner beim BVMW-Jahresempfang. Foto: H.Pentermann

GASTHOF DÜCKINGHAUS, OSTERODENER WEG 20, MERZEN

07.03.2018 | 09.00 UHR

04.04.2018 | 10.30 UHR

IHK-Seminar: Digital Leadership

MEMA: Lotsensprechtag für Onlinemedien in Meppen

IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, OSNABRÜCK

LANDKREIS EMSLAND UND IT-EMSLAND, KREISHAUS II, MEPPEN

07.03.2018 | 15.00 UHR

12.04.2018 | 09.00 UHR

Expertentreffen: Psychische Belastungen im Arbeitsalltag

Fach-/Hausmesse Plogmann + Co. (auch am 13.04. ab 9 Uhr)

EMS-ACHSE, LANDKREIS EMSLAND, ORDENIEDERUNG 1, MEPPEN

UNTERNEHMENSSTANDORT: TÖPFERSTRASSE 19, HAGEN A.T.W. Das Netzwerk Maschinen- und Anlagenbau der Wachstumsre-

08.03.2018 | 17.00 UHR

gion Hansalinie besuchte die Firma Vogelsang. Foto: Vogelsang

Der neue Vorstand für 2018 der Wirt rtschaft t ftsjunioren t Osnabrück (WJ) der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft ftt Bentheim engagiert rtt sich ehrenamtlich in sozialen und wirt rtschaft t ftlichen t Bereichen in der Region. Foto: WJ

18.04.2018 | 17.30 UHR Unternehmensbewertung im Mittelstand

MSO Digital Labs: 30 YouTubeTipps – Ein Experte packt aus

IHK OSNABRÜCK-EMSLAND-GRAFSCHAFT BENTHEIM, OSNABRÜCK

MSO DIGITAL, NOZ MEDIENZENTRUM, BERLINER PLATZ, OSNABRÜCK

25.04.2018 | 15.00 UHR

09.03.2018 | 09.00 UHR

Ems-Achse Jobmotor Nordwest: Arbeitsplatz der Zukunft

ABI Zukunft Emsland 2018 (auch am 9.3. ab 9 Uhr)

BÜRO ALBERS, FRIEDERIKENSTRASSE 31, PAPENBURG

MEMA, SPORTHALLE FRANZISKUS-GYMNASIUM LINGEN

26.04.2018 | 14.00 UHR

13.03.2018 | 14.00 UHR WFO-Kompakt-Seminar: Online werben mit Google KREISHAUS OSNABRÜCK, AM SCHÖLERBERG 1, OSNABRÜCK

WIGOS-Seminar: So finden Sie den besten Preis AGW Elektro Große Wördemann und Sophie-Scholl-Schule kooperieren bei der Berufs-

Das Netzwerk „Grün tagen in Osnabrück“ soll 2018 weiter wachsen, so die Osnabrück-

vorbereitung,hier beim Besuch der Ausbildungswerkstatt.

Marketing und Tourismus GmbH (OMT). 16 Institutionen sind beteiligt gt. t

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

Fotos: iStock

FUHRPARKMANAGEMENT


DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

FUHRPARKMANAGEMENT

„Wichtige Technologie für die nächsten Jahre“ Yvonne Krönes: Reichweiten der E-Fahrzeuge derzeit aber noch nicht ausreichend

VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK. Die Kaffee Partner

GmbH in Osnabrück hat durch ihren umfangreichen Vertriebsund Technik-Außendienst einen der größten Fuhrparks in der Region. Zum Thema Fuhrparkmanagement in der Praxis nimmt Yvonne Krönes, Leiterin des Fuhrparks bei dem bundesweit führenden Unternehmen für Kaffeespezialitätensysteme, im Interview Stellung.

Frau Krönes, die Kaffee Partner GmbH verfügt über einen umfangreichen Mitarbeiterstab im Außendienst. Dies hat zur Folge, dass bei Ihrem Unternehmen ein größerer Fuhrpark besteht. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang der Bereich Fuhrparkmanagement bei Ihnen und welche Aufgaben hat der Fuhrparkmanager bei Ihrem Unternehmen zu bewältigen? Ihm kommt eine sehr wichtige Rolle zu. Fuhrparkmanagement ist auch immer ein sehr emotionales Thema, denn gerade Autos genießen bei den Mitarbeitern einen hohen Stellenwert. Mitarbeitermotivation und -demotivation liegen hier sehr dicht beieinander. Deshalb benötigt ein Fuhrparkmanager auch gute empathische Fähigkeiten. Es geht aber natürlich

auch um folgende Aufgabenstellungen wie Fahrzeugbeschaffung, Werkstattorganisation, generelles Vertragsmanagement wie Versicherungen, Verwaltung von Leasingverträgen, Verwaltung von Bußgeldern und haftungsrelevanten Themen wie UVV und TÜV, Schadensmanagement und Tankkartenmanagement. Wie viele Fahrzeuge zählen in Ihrem Unternehmen zum Fuhrpark? 300 Fahrzeuge, davon sind 130 leichte Nutzfahrzeuge.

Yvonne Krönes, Leiterin des Fuhrparks bei Kaffee Partner GmbH .

Foto: Kaffee Partner

Handelt es sich dabei überwiegend um Fahrzeuge, die geleast werden? Wir haben einen Mischfuhrpark. Das bedeutet, ein Drittel der Fahrzeuge sind gekauft, zwei Drittel der Fahrzeuge sind geleast. Diesel-Fahrzeuge haben in den Fuhrparks nach wie vor einen hohen Stellenwert. Wie sehen Sie in Zukunft die Chancen, dass verstärkt auch Elektrofahrzeuge eingesetzt werden? Derzeit sind die Reichweiten der E-Fahrzeuge für unseren Bedarf noch nicht ausreichend. Unsere Fahrzeuge sind über die Leasingzeit im Durchschnitt 180 000 km unterwegs. Das ist mit einem E-Fahrzeug nicht darstellbar. Das wird sich auch kurzfristig nicht ändern, aber es ist natürlich eine richtige und wichtige Technologie für die nächsten Jahre.

Zukunftsmusik: Aufgrund der begrenzten Reichweite sind Elektroautos für Unternehmen wie Kaffee Partner aktuell oftmals noch nicht relevant und alltagstauglich. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild

Würde Kaffee-Partner zunehmend auch auf Elektrofahrzeuge setzen, wenn die wirtschaftliche Basis dafür gegeben wäre? Ja, natürlich. Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit und Ökologie finden sich bei vielen Produkten und Services der Kaffee Partner Gruppe wieder.

dass die tägliche Arbeit nicht so gewürdigt wird, wie man es ganz gerne hätte. Ist dies in der Praxis tatsächlich so? Bei Kaffee Partner ist das nicht der Fall – neben unserer guten Unternehmenskultur, die generell jeden Mitarbeiter, egal, in welchem Bereich er tätig ist, Wertschätzung entgegen bringt – ist jedem Kaffee Partner bewusst, dass das Auto eines unserer wichtigsten Arbeitsmittel ist. Das zieht sich durch das gesamte Unternehmen.

Oftmals wird von Fuhrparkleitern die Auffassung vertreten,

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen im Bereich

Fuhrparkmanagement in den nächsten Jahren? Natürlich wird die Dieselthematik jeden Fuhrparkmanager weiter beschäftigen. Was macht die Gesetzgebung? Gibt es Fahrverbote, auch für EU-6-Fahrzeuge, in großen Städten? Welche Alternativen bieten sich zum Diesel? Wie schnell wird die E-Mobilität wirtschaftlich? Gibt es sinnvolle „Brücken“-Lösungen. Konnektivität im Fahrzeug wird zunehmend wichtiger – das gilt es in Einklang mit dem Datenschutz zu bringen.

Fuhrparkmanagement Verlags-Sonderveröffentlichung am 22. Februar 2018 Herausgeber: Verlag Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Breiter Gang 10–16, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-0 Redaktion: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke Konzeption und Umsetzung: NOW-Medien GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Jürgen Wallenhorst, Siegfrid Sachse Titelgestaltung: Rainer Hörnschemeyer ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück Geschäftsführer: Sven Balzer, Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.) Verantwortlich für Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven Balzer, Marvin Waldrich (E-Mail: anzeigen@mso-medien.de) Druck: NOZ Druckzentrum, Weiße Breite 4, 49084 Osnabrück

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DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

FUHRPARKMANAGEMENT

„Es gibt noch keine ernst zu nehmende Alternative“ Verbandssprecher Prinzing: Fuhrparkbetreiber setzen nach wie vor auf Diesel-Fahrzeuge

VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK/MANNHEIM. Trotz

breiter Kritik in der Öffentlichkeit setzen besonders gewerbliche Kunden weiterhin auf Dieselfahrzeuge. „Zum Diesel existiert zumindest auf Langstrecken nach wie vor keine ernst zu nehmende Alternative, wenn es um die Mobilitätsbedürfnisse der Fuhrparkbetreiber geht“, sagt Marc-Oliver Prinzing, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement e. V. mit Sitz in Mannheim.

Der Verbandssprecher untermauert seine Ansicht mit den Zahlen des DAT Dieselbarometers, wonach nur zwei Prozent der befragten Fuhrparkleiter die Dieselbestellungen reduziert haben, 87 Prozent machten so weiter wie bisher. Prinzing zufolge werden Dieselfahrzeuge bei gewerblichen Kunden weiterhin eine wichtige Rolle spielen, solange alternative Antriebe noch sehr teuer sind und die Rahmenbedingungen für die Infrastruktur nicht stimmt. Herr Prinzing, spätestens seit dem Abgasskandal bei VW sind Diesel-Fahrzeuge auf breite Kritik in der Öffentlichkeit geraten. Der Anteil der Privatkäufer bei den Neuzulassungen ist stark zurückgegangen. Dagegen kaufen besonders gewerbliche Kunden nach wie vor DieselFahrzeuge für ihre Fuhrparks. Wo liegen die Gründe für diesen Trend? Forderungen, die Dieselsubvention zu kippen, drohende Fahrverbote und fallende Restwerte verunsichern zwar auch Fuhrparkbetreiber. Doch zum Diesel existiert zumindest bei Langstrecken nach wie vor noch keine ernst zu nehmende Alternative, wenn es um die Mobilitätsbedürfnisse der Fuhrparkbetreiber geht. Das manifestiert sich in den Zahlen des DAT Dieselbarometers, denn nur 2 Prozent der befragten Fuhrparkleiter haben die Dieselbestellungen reduziert, 87 Prozent machen so weiter, wie bisher. Werden Diesel-Fahrzeuge bei gewerblichen Kunden noch längere Zeit dominieren? Ja, solange alternative Antriebe noch sehr teuer sind und die Rahmenbedingungen für die Infrastruktur nicht stimmt: Zu wenige Tank- oder Lademöglichkeiten, zu wenig Reichweite etc.

Wie sieht es bei gewerblichen Fuhrparks mit der Nutzung von Elektrofahrzeugen aus? Es macht in den meisten Fällen betriebswirtschaftlich noch keinen Sinn, abgesehen davon, dass auch die Umweltbilanz nicht dazu motiviert trotz der hohen Kosten eher Elektrofahrzeuge zu nutzen. Wenn Elektrofahrzeuge eingesetzt werden, dann meist aus Imagegründen. Die größten Elektroflotten sind in kommunalen Fuhrparks anzutreffen. Hier liegt die Entscheidungsgrundlage jedoch meist im politischen Willen, dem gefolgt werden muss und weniger im Bereich wirtschaftlicher Überlegungen. Ohne großzügige Investitionsprogramme mit teilweise bis zu 90% Bezuschussung würde auch in diesem Segment wenig passieren. Rund ein Viertel der gesamten Fuhrparkkosten entfallen auf den Bereich Kraftstoffe. Wer also zur rechten Zeit tankt, kann viel Geld sparen. Doch die Realität sieht anders aus. Einer Umfrage zufolge ignorieren viele Fuhrparks die Möglichkeiten zur Kosteneinsparung. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend, dass Einsparpotenziale oftmals nicht ausgeschöpft werden? Fast immer ist es der Dienstwagennutzer, der den Tankzeitpunkt bestimmt und dem ist es reichlich egal, was der Kraftstoff kostet, schließlich muss er ihn nicht selbst bezahlen. Dieses Potenzial kann ein Unternehmen nur bergen, wenn es seinem Fuhrparkmanagement ausreichend Möglichkeiten und Handlungsfreiheit gibt, um die Fahrer anzuleiten. Es liegt also eher an einem gewissen Maß Gleichgültigkeit aufseiten der Unternehmensleitungen und der Fahrer. Dies ist zugegebenermaßen schwer verständlich, wenn man sich die Einsparpotenziale betrachtet, die hier ohne Probleme zu holen wären. Ihr Verband ist besorgt darüber, dass dem Bereich Fuhrparkmanagement in den Unternehmen oftmals noch zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird. Einer Studie zufolge haben nur wenige Unternehmen eine eigene Abteilung, die sich um Fuhrparkaufgaben kümmert. Warum ist dies so und welche Schlussfolgerungen sollten daraus gezogen werden?

sich zwangsläufig immer um Quereinsteiger, die ihr Wissen dann in der täglichen Praxis aufbauen müssen. Im März findet in Düsseldorf die sogenannte Flottenmesse statt. Welche Aktivitäten stehen bei diesem Branchentreff im Mittelpunkt? Fuhrparkverantwortliche können mit vielen Anbietern der unterschiedlichsten Dienstleistungen und Produkte rund um das Thema „gewerblicher Fuhrpark“ sprechen. Darüber hinaus gibt es Expertenforen, Workshops und Vorträge. Ich selbst werde zur „Wirtschaftlichkeit verschiedener Antriebsarten“ sprechen, unsere Verbandsjuristen referieren zu den Themen „Umgang mit Anhörungsbögen/Fahrtenbuchauflage“ und „Aktuellem aus dem Versicherungs- und Schadensrecht“. In Workshops kann man mit Experten und Mitgliedern unseres Verbandes erarbeiten, wie eine Gefährdungsbeurteilung im Rahmen der UVV erstellt wird, Licht in das Thema „UVV und Ladungssicherung bei Transportern“ bringen oder im Roundtable seine Erfahrungen zu wirksamen Maßnahmen zur Schadenreduzierung austauschen. Spannend werden auch die Expertentreffs mit Rechts-, Steuer- und Themenexperten.

Marc-Oliver Prinzing ist Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement e.V..

Je kleiner der Fuhrpark desto intransparenter ist die Verwaltungssituation. Dass Fahrzeuge dennoch im Fokus stehen, zeigt die große Anzahl derer, die in den einzelnen Unternehmen am Entscheidungsprozess bei der Fahrzeugbeschaffung beteiligt sind. Es gibt zwei wesentliche Erkenntnisse aus der Befragung: 1. Es muss den Verantwortlichen in den Unternehmen klar werden, dass selbst bei einer geringen Anzahl an Fahrzeugen durch ein professionelles Fuhrparkmanagement nicht nur Kosten, sondern auch Halterrisiken und Emissionen deutlich gesenkt werden könnten. 2. Ein professionelles Fuhrparkmanagement braucht Management-Attention und kann nur mit gut geschulten sowie fachlich versierten Mitarbeitern umgesetzt werden. Aber auch bei der Aus- und Weiterbildung steht es offen-

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sichtlich im Bereich Fuhrpark nicht zum Besten. Was tut die Branche, um hier erfolgreich gegenzusteuern? Unser Verband bietet Workshops, Seminare, Erfahrungsaustausch und hat gemeinsam mit der Dekra-Akademie ein Ausbildungsangebot zum zertifizierte/r Fuhrparkmanager/in (Dekra) mit wirklich herausragender Qualität und einer fundierten Prüfungsordnung entwickelt. Gerade Beschäftigte im Fuhrparkmanagement brauchen umfassendes Know-how mit Hand und Fuß. Talent und Engagement sind wichtig, aber die Themen sind oft so vielfältig, dass es ohne spezielle Ausbildung nicht zu bewältigen ist. Wer im Fuhrparkmanagement eine umfassende, etablierte Fortbildung mit hoher Akzeptanz im Markt sucht, dem empfehlen wir eindeutig sich bei der Dekra-Akademie zu informieren.

Foto: Bundesverband Fuhrparkmanagement

Darüber hinaus gibt es viel heiße Luft und teilweise unbrauchbare Seminarreihen in Deutschland, die zwar als Abschluss mit wohlklingenden, aber wertlosen „Titeln“ daher kommen. Hier muss man bei der Auswahl ganz genau hinschauen. Wer bildet dort aus und stehen gegebenenfalls wirtschaftliche Interessen über die Ausbildung hinaus im Hintergrund. Wie sieht es überhaupt mit dem Nachwuchs aus? Findet die Branche genug junge Leute, die sich im Fuhrparksektor engagieren wollen? Es ist ein sehr spannender und auch ein sehr vielseitiger und verantwortungsvoller Job, der aber leider in vielen Unternehmen nur nebenbei gemacht wird. Der Nachwuchs rekrutiert sich meist aus den Unternehmen selbst heraus. Da es wie schon dargestellt, kein Ausbildungsberuf ist, handelt es

Noch eine grundsätzliche Frage: Wo liegen die größten Herausforderungen für die Fuhrparks in den nächsten Jahren? Digitalisierung und Datenschutz sind hier definitiv zentrale Themen. Unsere Fahrzeuge werden mehr und mehr zu Datensammlern und eine Vielzahl von Organisationen ist an diesen Daten interessiert. Dabei geht es nicht nur um die Hersteller und ihre Serviceorganisationen. Auch Versicherungen und Google und Co. haben ein brennendes Interesse daran zu erfahren, wie wir mobil sind. Hier gilt es als Unternehmen sicher zu stellen, dass keine personenbezogenen Daten von Mitarbeitern in die falschen Hände kommen. Darüber hinaus ist natürlich der technologische Wandel zunehmend eine Herausforderung für Fuhrparkverantwortliche. Assistenzsysteme, autonomes Fahren, alternative Antriebe … hier den Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen, wird immer schwieriger.


DONNERSTAG, 22. FEBRUAR 2018

VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG

FUHRPARKMANAGEMENT

Deutschland muss bei E-Mobilen viel aufholen Jahrelang wurde das Feld vor allem den Asiaten überlassen

VON SIEGFRID SACHSE OSNABRÜCK. Jahrelang wurde

die Entwicklung batteriebetriebener Autos von den deutschen Autokonzernen, gelinde gesagt, sehr halbherzig betrieben. Die Branche setzte insbesondere auf die Dieseltechnologie und überließ das Feld weitgehend kampflos asiatischen Herstellern wie Nissan und Toyota, aber auch neuen Herstellern wie der amerikanischen Firma Tesla.

Doch nach dem Dieselskandal kommt auch in Deutschland in Sachen Elektromobilität Bewegung. Die meisten Experten vertreten die Auffassung, dass Autos in Zukunft mehr oder weniger elektrisch fahren – entweder ausschließlich mit Batterie oder aber als Hybrid mit Verbrennungs- und mit E-Motor. In 30 Jahren, so wird in einer McKinsey-Prognose prophezeit, würden Autos ohne elektrischen Antrieb fast nicht mehr verkauft. Analysten prognostizieren bereits einen Elektroauto-Anteil an den Neuzulassungen in einigen Jahren von rund 30 Prozent. Übertriebener Optimismus oder tat-

sächlich bald Realität? Bislang ist die Bilanz ernüchternd. Ganze 25 056 neue Elektroautos wurden 2017 in Deutschland zugelassen. Das bedeutet zwar eine Steigerung von 119,6 Prozent gegenüber der gleichen Vorjahreszeit, aber der Anteil an allen Neuzulassungen lag lediglich bei gerade einmal rund einem Prozent. Nicht einmal staatliche Kaufprämien schafften es bisher, den Kunden den Kauf von Elektroautos hierzulande wesentlich schmackhafter zu machen. In einigen anderen europäischen Ländern sieht die Bilanz erheblich günstiger aus. In Norwegen mit über 29 Prozent und in den Niederlanden mit knapp zehn Prozent haben Elektroautos bereits beachtliche Marktanteile, dies nicht zuletzt dank hoher staatlicher Anreize und guter Lade-Infrastruktur. Andernorts haben hohe Preise für E-Autos, ein bisher schlecht ausgebautes Ladenetz und zu lange Ladezeiten dagegen Nachteile gegenüber Verbrennungsmotoren. Es gibt also für die deutsche Autoindustrie noch viel zu tun, wenn sie künftig auch beim Absatz von Elektroautos sowohl na-

tional als auch international eine führende Rolle spielen will. Absichtserklärungen gibt es inzwischen zur Genüge. So will der Wolfsburger Volkswagenkonzern bis 2030 jedes Modell auch als EVariante anbieten, bei Daimler soll es 2022 so weit sein. Den Smart soll es grundsätzlich nur noch mit Elektromotor geben. Auch Porsche steckt mehr Geld in die E-Mobilität und will 2019 mit dem Mission E das erste Elektroauto auf den Markt bringen. Entsprechende Pläne haben auch die anderen deutschen Pkw-Hersteller. Trotz der angekündigten E-Offensive steht der Verbrennungsmotor nach Ansicht der Chefs der deutschen Autokonzerne nicht vor dem Aus. „Verbrennungsmotoren bleiben über längere Zeit das Rückgrat für die CO2-Ziele und auch unsere Firmenstärke“, prognostiziert Dieter Zetsche vom Daimler-Konzern. Wie dem auch sei: Die nächsten Jahre werden zeigen, ob die vollmundig angekündigte E-Strategie eine unverbindliche Absichtserklärung war oder ob sich unser Land verstärkt auf Elektromobilität umpolen lässt.

Je kleiner die Flotte, desto weniger Zeit wird aufgewandt,um sich mit den Fahrzeugen zu beschäftigen,so eine Studie.

Ernüchternde Ergebnisse Studie zur Fuhrparkverwaltung red/s.sa. MANNHEIM. Unternehmen gestalten die Fuhrparkverwaltung sehr unterschiedlich – und die damit verbundenen Prozesse wirken oft intransparent. Das zeigt eine gemeinsame Studie des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF) und vom Marktforschungs- und Beratungsinstitut Dataforce, bei der die Arbeitssituation und das Arbeitsaufkommen von Flottenverantwortlichen detailliert untersucht wurden. Dafür wurden insgesamt 1500 Personen befragt. Fünf verschiedene Größenklassen wurden berücksichtigt: bis zu vier Fahrzeuge, fünf bis neun, zehn bis 24, 25 bis 49 sowie 50 und mehr Fahrzeuge. Der Untersuchung zufolge wenden 66,2 Prozent der Befragten

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aus“. Und: Nur in fünf Prozent der Fälle gibt es eine eigene Abteilung Fuhrparkmanagement, meist kümmert sich die Geschäftsführung direkt um das Thema (56,5 Prozent) oder die allgemeine Verwaltung (12,8 Prozent). Im Schnitt werden unternehmensweit 8,1 Prozent Stunden pro Woche für Fuhrparkaufgaben verwendet. Die Spannbreite reicht dabei von 2,5 Stunden (ein bis vier Fahrzeuge) bis zu 31,4 Stunden(50 und mehr Fahrzeuge). Dabei beansprucht die Abwicklung von Schäden die meiste Zeitz (28,4 Prozent). Es folgt die Beschaffung von Neufahrzeugen (20,5 Prozent). Dies sei ein eindeutiges Indiz dafür, wie wichtig auch bei kleineren Fuhrparks eine sauber definierte und transparente Car-Policy wäre, hieß es.

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weniger als fünf Stunden in der Woche für den Bereich Fuhrparkmanagement auf. Je kleiner die Anzahl der Fahrzeuge, desto weniger Zeit wird aufgebracht. Allerdings kümmert sich selbst bei kleineren Flotten bis 50 Autos insgesamt in nahezu 75 Prozent aller Fälle mehr als eine Person um den Fuhrpark. „Das lässt auf eine mangelhafte bzw. nicht unbedingt effiziente Organisation schließen, wenn man von Stellvertretungssituationen mal absieht“, betont der Bundesverband. Diese Sicht wird bestätigt durch die Aussage von nahezu 30 Prozent aller Studienteilnehmer, dass sie keine Angaben darüber machen können, wie viel Zeit andere mit Teilaufgaben betraute Personen verbringen. Ein Verbandssprecher: „Transparenz sieht anders

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