Wirtschaftstalk
Weihnachtsfeier
Wein aus Niedersachsen
Chancen für regionale Firmen? So tickt der Markt in den USA.
Wie kommt weihnachtliche Stimmung bei Corona auf?
Gewerblicher Anbau hierzulande wächst leicht.
US-Wahl & Wirkung – Seiten 18 und 19
Macher & Märkte – Seiten 4 und 5
Leben & Leidenschaft – Seite 23
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www.maler-schulte.de DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020 AUSGABE 05/20 | EINZELPREIS 1,90 €
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Daumen hoch, Daumen runter? Zwischen Twitter-Politik und Wahlversprechen: So war die Amtszeit von Donald Trump für die Wirtschaft Ankündigungen nur Gerede – oder steckt auch etwas dahinter?
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20005
In dieser Ausgabe:
STANDORTPORTRÄTS WITTLAGER LAND UND STADT NORDHORN
Steffen Rosenbauer wird ab 1. November Geschäftsführer für den Bereich Retail beim Schuhfilialisten Reno. Damit ist der 48-Jährige laut einer Mitteilung für das internationale Filialgeschäft, den E-Commerce und das Marketing zuständig. Rosenbauer soll die „konsequente Umsetzung der Repositionierung auf den Verkaufsflächen“ vorantreiben und die „Zielgruppenbasis des Schuhhändlers erweitern und verjüngen“, teilt die Muttergesellschaft von Reno, die HR Group, mit. Wegen der CoronaPandemie stehe der Konzern vor großen Herausforderungen. Der neue Geschäftsführer kommt aus dem Discount-Geschäft. Der Diplom-Kaufmann begann seine Karriere bei Lidl, wechselte danach zu Kik und NKD. In den vergangenen fünf Jahren hat er als Geschäftsführer beim niederländischen Discounter Action dessen Filialnetz in Deutschland auf 350 Geschäfte aufgestockt. Die HR Group beschäftigt in 20 Ländern rund 3700 Mitarbeiter. Die Unternehmensgruppe betreibt etwa 400 Einzelhandelsfilialen und über 2000 Verkaufsstellen im Systemgeschäft. jana OSNABRÜCK
Zölle ohne negative Auswirkungen auf Handelsstatistik.
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VON NINA KALLMEIER
3,6
OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/ NORDHORN/EVANSVILLE „Es ist
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3,1
Quelle: Statistisches Bundesamt (Stand: 8. 10. 2020) Illustrationen: Colourbox.de · Grafik: Matthias Michel
ein Trump“ – die Überschrift der „taz“ nach dem Wahlsieg von Donald Trump am 8. November 2016 ist eine der ungewöhnlicheren. Die meisten titelten nüchtern: „Donald Trump gewinnt US-Wahl.“ Kurz und knapp, die wesentliche Nachricht zusammengefasst. Trumps Anhänger jubelten, jene Hillary Clintons waren fassungslos, war die Demokratin doch über Monate in den Umfragen dem Polit-Neuling Trump meilenweit überlegen gewesen. Schnell stellte sich die Frage: Was wird von einem Präsidenten Trump zu erwarten sein? Einem Bauunternehmer und Ex-Reality-TV-Star, der Gespött erntete, nachdem er seine Kandidatur im Trump-Tower bekannt gegeben hatte. Ein Mann ohne jegliche politische Erfahrung, der es im Wahlkampf mit der Wahrheit nicht immer so genau nahm, mit seiner populistischen Art dennoch offenbar einen Nerv traf. Würden seine Wahlversprechen nur „viel Gerede“ sein? „Natürlich hatten wir ,America First‘ während des Wahlkampfs gehört, aber wie man einen Slogan umsetzt, ist offen für Interpretation“, sagt Greg Wathen, Präsident der Economic Development Coalition of Southwest Indiana in Osnabrücks Partnerstadt Evansville. Viele in der Wirtschaft seien unsicher gewesen, wie Trumps Wirtschaftspolitik aussehen würde, als dieser ins Weiße Haus einzog. Wenn es schon die Amerikaner selbst nicht wussten, wie sollte erst die deutsche Wirtschaft reagieren? Unsicher, wie Mark Tomkins, Präsident des German American Chamber of Commerce of the Midwest, mit Blick auf deutsche Firmen in den USA sagt. Und: „Nur 30 Prozent der im ,German American Business Outlook‘ für 2017 befragten Unternehmen gingen von einem positiven Einfluss der damals neu gewählten Trump-Administration aus“, so Tomkins. Nicht anders sah das in der Region aus. „Donald Trump hat im Wahlkampf viele Ankündigungen gemacht. Keiner weiß momentan, was in der kommenden Zeit davon tatsächlich umgesetzt wird“, hieß es unter anderem seitens der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostfriesland und Papenburg. Zu diesen Ankündigungen gehörten die Wirtschaft betreffend: eine Reform des Steuerwesens, die Handelsbilanz zugunsten der USA verbessern und Freihandelsabkommen neu verhandeln.
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Rosenbauer ist neuer Chef bei Reno
6,2
Handelsvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro.
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Wie Trump mit diesen Punkten umgehen würde, war für die hiesige Wirtschaft wichtig. Schließlich waren die USA damals der wichtigste Handelspartner für regionale Unternehmen außerhalb Europas, wie Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der IHK Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, betonte. Niedersachsenweit lag das Handelsvolumen mit den USA 2016 bei knapp neun Milliarden Euro – wobei Unternehmen aus Niedersachsen fast doppelt so viel exportierten wie importierten. Ein „schlechter Deal“, wie Trump es mit Blick auf Deutschland insgesamt – 2017 in den Top 4 der Länder, mit denen die USA das größte Defizit im bilateralen Handel hatten – immer wieder angeprangert hat. An dem Ungleichgewicht hat sich bis heute nicht viel verändert, auch wenn 2018 die Differenz auf rund eine Milliarde zusammenschmolz. Zuletzt standen im vergangenen Jahr Exporte im Wert von knapp 6,2 Milliarden Importe im Wert von 4,1 Milliarden gegenüber – allem Gepoltere Trumps und den eingeführten Zöllen zum Trotz. War die Unsicherheit und damit verbundene Sorge der Wirtschaft also umsonst? Die Statistik sagt: ja. Die Zahl der Firmen in der Region, die Geschäftsbeziehungen in die USA pflegen, ist laut IHK von 199 im Jahr 2015 auf 265 gestiegen. Die Zahl derer, die eine eigene Niederlassung in den Vereinigten Staaten haben, ist im gleichen Zeitraum um fast zwei Drittel gestiegen. Und auch mit Blick auf Niedersachsen sagt Tilman Brunner, Sprecher International der Industrieund Handelskammern Niedersach-
2016
2017
2018
2019
Wert der niedersächsischen Aus- und Einfuhren in Mrd. Euro
Ausfuhr sen (IHKN): „Die USA sind für die niedersächsischen Unternehmen einer der wichtigsten Handelspartner.“ Bei den Exporten aus Niedersachsen lagen die USA im Jahr 2019 auf dem 3. Platz, bei den Importen auf Platz 6. Und erstmals habe das Handelsvolumen im vergangenen Jahr die Marke von zehn Milliarden Euro überschritten. Und das zum Teil obwohl und zum Teil weil Donald Trump einen Teil seiner Wahlversprechen eingelöst hat. Die versprochene Steuerreform zum Beispiel setzte er gleich zu Beginn seiner Amtszeit um. „Das hat die Wirtschaft angekurbelt, zumin-
„Wie man einen Slogan wie ,America First‘ umsetzt, ist offen für Interpretation.“ Greg Wathen, Präsident der Economic Development Coalition of Southwest Indiana in Evansville
dest vorübergehend“, sagt Sven Gerzer, Vizepräsident der Handelskammer in Charlotte und zuständig für Direktinvestitionen aus Europa und Indien. Und davon profitierten auch die mit den USA handelnden Unternehmen in der Region, wie IHK-Präsident Uwe Goebel im Interview in dieser Ausgabe sagt. Und auch wenn das versprochene durchschnittliche Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent pro Jahr nicht erreicht wurde, bis zum Ausbruch der Pandemie ging es der amerikanischen Wirtschaft gut, auch davon profitierten heimische Firmen. Die Strafzölle hingegen und der Handelskrieg, den Trump mit China begann, sorgten für Unsicherheiten – und wirkten sich in einigen Branchen auch in der Region negativ aus. Insgesamt jedoch sagt IHK-Experte Brunner: „Die Strafzölle, die derzeit von den USA gegen einzelne deutsche Produkte erhoben werden, haben in der Statistik kaum Spuren hinterlassen.“ Auch wenn sie für die einzelnen betroffenen Unternehmen natürlich ein erhebliches Hindernis seien. Laut Brunner sind niedersächsische Unternehmen im Schnitt deutlich stärker von dem Handelskonflikt der USA mit China betroffen, denn viele niedersächsische Unternehmen würden den USMarkt auch von ihren chinesischen Werken heraus beliefern. Und was ist in den kommenden vier Jahren zu erwarten? „Eine weniger protektionistische Haltung seitens der USA wäre wichtig für die niedersächsischen Unternehmen. Leider scheint das für die Zeit nach der Wahl nicht auf der Agenda zu stehen, denn beide Kandidaten haben sich im Wahlkampf immer wie-
Einfuhr der stark für ein ,America First‘ bei der Handelspolitik ausgesprochen“, so Brunner. Darauf müssten sich die Unternehmen also einstellen. „Die Handelszahlen insgesamt beweisen, dass sie genau das erfolgreich tun – auch wenn es in einem handelsfreundlicheren Umfeld leichter wäre.“ Zum Beispiel mit geringeren Hürden für Entsendungen. In dieser Hinsicht werde es einen Unterschied machen, wer die Wahl gewinne, sagt Sven Gerzer.
Steffen Rosenbauer
Foto: Action
DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
MACHER & MÄRKTE MACHER & MÄRKTE 3 | Bildungszentren
2 E D I TO R I A L
GELD & GESCHÄFT
BREXIT UND US-PRÄSIDENTENWAHL
9 | Interview
Die sechs BTZ-Standorte im Kammerbezirk sind ein großes Pfund für das Handwerk in der Region, doch sie stehen auch vor Herausforderungen.
Ein Gespräch mit Bünting-Vorstandschef Markus Buntz über Käuferverhalten in der Pandemie, Preiskampf und Trends im Handel.
4/5 | Weihnachtsfeier
10 | Börsenporträt
Geselligkeit abgesagt: Welche Alternativen lokale Veranstalter in Corona-Zeiten bieten und was Abstand für die Firmenkultur bedeutet.
Nicht nur der Mittelstand ist betroffen: Wie die Pandemie auch gehobenen Marken oder Luxuslabels zu schaffen macht.
6 | Glasmacher
11 | Hackerangriff
Von Klima- bis zu Schutzglas: Die Firma Semcoglas in Nordhorn veredelt alleine an einem Standort täglich 60 Tonnen des Materials.
Wie sollten Opfer reagieren? Cyber-Angriffe können die IT-Systeme von Unternehmen tagelang lahmlegen.
7 | Firmengruppe
12 | Versicherung
Die Grow Digital Group expandiert nach Hamburg und betont die Bedeutung des Standorts Osnabrück.
Versicherungskaufmann André Averes erklärt, wie die Onlinekonkurrenz das Geschäft in seiner Branche verändert hat.
8 | Herkunftslabel
13 | Insolvenz
Oeseder Möbel-Industrie Wiemann setzt auf das neue Label „Möbel made in Germany“ und zeigt, was das in der Produktion bedeutet.
SPEZIAL
US-WAHL & WIRKUNG
Nach einem Rückgang der Zahlen in diesem Jahr rechnet Creditreform-Geschäftsführer Volker Ulbricht 2021 mit bis zu 24 000 Firmenpleiten.
LEBEN & LEIDENSCHAFT
15 | IHK
23 | Wein aus Niedersachsen
Mit gemischten Gefühlen ist die regionale Wirtschaft in die erste Amtszeit von Donald Trump gegangen. Ein Interview mit IHK-Präsident Uwe Goebel.
Ist der gewerbliche Anbau von Trauben eine verrückte Idee? Nachgefragt bei einem Jungwinzer in Bad Iburg.
16 | Nord Stream 2 Die Diskussionen um die Gaspipeline reißen nicht ab. Firma Knoll aus Haren ist mit einem Millionen-Auftrag dabei.
17 | Perspektivwechsel So sehen Wirtschaftsverbände in Osnabrücks Partnerstadt Evansville und deren Region Trumps Wirtschaftspolitik.
24 | Blaualgen Wenn Landwirte diversifizieren: Zwei Bauern aus dem Emsland legen ihre Hoffnung in eine Algenfarm.
Foto: Raphael Steffen
18/19 | Wirtschaftstalk
25 | Syrische Spezialitäten
Reiner Heiken und Andreas Sandmann diskutieren über die Bedeutung des US-Marktes für ihre Unternehmen, Chancen und Herausforderungen.
Hala Zakri hat sich mit ihrem Unternehmen Al Basha ein Stück Heimat nach Deutschland geholt und beschäftigt Flüchtlinge.
20 | Flüssigerdgas
26 | Selbstständigkeit
LNG als Vermittler? Politik befürwortet den Bau von Terminals – der Energiekonzern Uniper will ein solches vor Wilhelmshaven in der Jade-Mündung bauen.
Mutiger Schritt: Handwerksmeister aus Lorup gründet mitten in der Pandemie sein eigenes Unternehmen.
21 | Tochterfirma
27 | Veggie-Wurst
BondCote gehört zur Bramscher Heytex-Gruppe und produziert Zeltplanen für das US-Militär in den Vereinigten Staaten.
Michael Hähnel ist neuer Chef der Rügenwalder Mühle und will den Vertrieb vegetarischer Produkte weiter ausbauen.
Drohen zwei wirtschaftliche Tiefschläge zum Jahresende? VON BERTHOLD HAMELMANN
Zwei Megathemen treiben seit längerer Zeit auch die niedersächsische Wirtschaft um, die je nach Branche teilweise gleich doppelt betroffen ist. Klarheit bringen der November und Dezember. Da ist zum einen der Brexit. Die politische Übergangsphase nach dem erfolgten EU-Austritt Großbritanniens zum 31. Januar 2020 endet zum Jahresende. Die Bevölkerung der Insel ist in zwei ähnlich starke Lager gespalten. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Frage eines harten oder eines geregelten Brexits noch nicht geklärt. Premierminister Boris Johnson präsentierte sich in den vergangenen Monaten immer wieder als schlechter Theaterregisseur, der nach Applaus und Unterstützung geradezu gierte. Er pokert(e) gerne hoch und wird seinen möglichen tiefen politische Fall wohl kaum verhindern können. Denn geht das Vereinigte Königreich ohne Austrittsvertrag, wird es auf WTO-Status heruntergestuft. Dem Land steht nach Expertenmeinung ein massiver wirtschaftlicher Abschwung bevor. Es drohen hohe Zölle und Handelshürden. Waren und Personen müssten wieder kontrolliert werden. Ein konkretes Beispiel: Jeder Lkw würde etwa im Hafen von Dover tagelang im Stau festhängen. Keine angenehme Vorstellung. Goodbye, „Just in time“. Nach Angaben der Landesregierung zeigt das Volumen von 6.122 Millionen Euro die starken wirtschaftlichen Verflechtungen Niedersachsens mit dem Vereinigten Königreich. Wichtigste Exportprodukte aus Niedersachsen sind trotz teilweise stark rückläufiger Tendenz immer noch die Bereiche Pkw, Lkw, Spezialfahrzeuge sowie Fleisch/Fleischwaren und Papier. Und dann steht am 3. November die Präsidentschaftswahl in den USA an. Auch hier präsentiert sich die Bevölkerung eines Landes tief gespalten. Macht Donald Trump bei der 59. Wahl eines Präsidenten der Vereinigten Staaten trotz aller Unkenrufe und Prognosen auf den letzten Metern längst verloren geglaubten Boden doch noch wieder gut? Es bestehen kaum Zweifel, dass Trump bei einem Wahlsieg an seiner (Wirtschafts-)Politik „America First“ festhalten wird. Denn anders als im massiv kritisierten Umgang mit der Corona-Pandemie punktete der USPräsident lange in den Augen seiner Fans beim Thema Wirtschaft. Vor
Ausbruch der Pandemie hielt sich die Arbeitslosenquote auf einem Tiefstand von 3,5 Prozent. Corona und das amerikanische Hire-and-FireSystem brachten dann kurzfristig 22 Millionen Menschen den Verlust ihrer Arbeitsplätze, ein Wert, der im September auf 7,9 Millionen zurückging. Existenzängste griffen um sich. Die wirtschaftliche Bilanz ist aber keineswegs nur schlecht, wie die öffentliche politische Meinung angesichts des menschlichen Rüpels Donald Trump glauben machen will. Eine gut laufende Konjunktur (Trumps Protektionismus will massiv Jobs in die USA zurückholen), ein boomender Arbeitsmarkt und die nachweislich klar gestiegenen Börsenkurse lieferten lange Zeit nicht nur Wahlkampfmunition, sondern beeinflussten in starkem Maß Investitionsentscheidungen auch deutscher Unternehmer. Doch dann kam Corona. Desaströse Zahlen lassen sich gleichwohl nicht verleugnen: Das seit den 70er-Jahren chronische Defizit der US-Handelsbilanz ist unter Trump gewachsen und betrug im Vorjahr 922,8 Milliarden US-Dollar. Finanzielle Spielräume werden immer enger. Besonders außerhalb der USA verstört Trump weiter massiv durch seine undifferenzierte und oft brachiale Rhetorik zur Handelspolitik, die China als Hauptfeind ausgemacht hat. Trump kennt keine politischen Spielregeln, ignoriert Abkommen, verlässt anerkannte Organisationen – zeigt aber klare Kante, die ihm weiter Unterstützung breiter Wählerschichten sichert. Klar ist: Die (Welt-)Wirtschaft wartet sehnsüchtig auf zwei politische Entscheidungen, die bis zum Jahresende kommen werden. Corona hin oder her – dann können Planungen und Investitionsentscheidungen wieder mit einem besseren Gefühl in die Tat umgesetzt werden.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
MACHER & MÄRKTE
Fit für die Zukunft Bildungsallianz und Investitionen für die überbetriebliche Lehrlingsausbildung im Handwerk VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/
NORDHORN Erst jüngst wurde in der Region eine neue Bildungsallianz geschmiedet: Das Bildungswerk in Lingen und das Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) des Handwerks der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim haben sich zum größten handwerklichen Bildungszentrum im westlichen Niedersachsen zusammengeschlossen. Insgesamt müsse sich das Handwerk in der Region in Sachen Ausund Weiterbildung nicht verstecken, sagt Sven Ruschhaupt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. „In unseren Bildungszentren, die die Kammer und die Kreishandwerkerschaften in den drei Landkreisen betreiben, lernen pro Jahr mehr als 20000 Menschen.“ Diese Teilnehmerzahl sei durchaus mit einer Hochschule vergleichbar, so Ruschhaupt. Nur da jeder Standort eigenständig sei und auch eigenständig Bilanz ziehe, stünden sie weniger im Fokus. Trotz dieses Gewichts in der Ausund Weiterbildung des Handwerks haben die sechs Standorte in Papenburg, Meppen, Herzlake, Lingen, Nordhorn und Osnabrück ein Problem – ebenso wie die 600 Bildungsstätten des Handwerks bundesweit: Die Zahl der Auszubildenden ist kleiner geworden. „Rückläufige Schülerabgangszahlen und der beständige Trend zur akademischen Ausbildung führen zum Teil zu gesunkenen Lehrlingszahlen, sodass auch Bildungsstätten in diesem Bereich vor Herausforderungen stehen“, heißt es seitens des Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH). Das gilt auch für die Region. „Obwohl wir landesweit immer noch Ausbildungsmeister sind“, wie Ruschhaupt betont. Herausforderungen aufgrund sinkender Ausbildungszahlen gibt es laut ZDH vor allem in Bildungsstätten, die nur auf ein oder auf wenige Gewerke einer Branche konzentriert sind. „Dort müssen Rückgänge bei den Ausbildungszahlen durch andere Maßnahmen als beispielsweise durch Fortbildungsgänge kompensiert werden“, so der Verband. Bereits 2015 habe man einen schrittweisen Organisationsprozess initiiert, damit die Bildungsstätteninfrastruktur auch 2030 und danach zukunftsfähig sei. „Land für Land wird überprüft, welche Infrastruktur vorhanden und in der Zukunft erforderlich ist. Dies wird auch die Zusammenlegung und manchmal auch die Schließung von Standorten nach sich ziehen“, prognostiziert der ZDH. Was bedeutet das für die Region? Pauschale Aussagen, wie ausgelas-
InsgesamtsechshandwerklicheBildungszentrenwie diesinLingen (links) gibtesim Kammerbezirk.Dort findetsowohl überbetrieblicheAusbildungalsauchWeiterbildungstatt.
tet die Bildungszentren in Osnabrück, dem Emsland und der Grafschaft Bentheim sind, seien schwierig, sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Sven Ruschhaupt. „Insgesamt stehen unsere Bildungszentren in allen drei Landkreisen gut da“, betont er. Im Detail komme es aber sehr auf die einzelne Werkstätte an. Als Beispiel nennt Ruschhaupt das Friseurhandwerk: Vier Wochen im Jahr wird eine überbetriebliche Lehrlingsausbildung durchgeführt – an jedem Standort gleichermaßen. Doch was passiert mit den Salons den Rest des Jahres? „Wir versuchen, mit Umschulungs- sowie Fort-
„Sie sind die Know-howSchmieden und TechnologieDrehscheiben im Handwerk.“ Hans Peter Wollseifer, Präsident Zentralverband des deutschen Handwerks
und Weiterbildungsmaßnahmen die Werkstätten auszulasten.“ Eine wohnortnahe Beschulung sei wichtig, betont Ruschhaupt. „Darum bemühen wir uns – wohl wissend, dass das nicht immer möglich ist.“ In manchen Berufen gebe es einfach zu wenige Azubis – bei den Fotografen, Fleischern oder Goldschmieden zum Beispiel. Auch Dachdecker und Schornsteinfeger hätten niedersachsenweite Bildungszentren. „Die Anforderungen an die Werkstätten der überbetrieblichen Ausbildung sind hoch“, betont der Hauptgeschäftsführer. Wie wichtig die Bildungszentren sind, betont auch ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer: „Die handwerklichen Bildungszentren haben eine herausragende Bedeutung für die Aus- und Weiterbildung im Handwerk und für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands insgesamt. Sie sind die Know-howSchmieden und Technologiedrehscheiben im Handwerk.“ Damit sie das auch bleiben, müssen sie auch für die Zukunft gut aufgestellt bleiben. „Wir legen seit Jahren den Finger in die Wunde, dass das Land zu wenig in die überbetriebliche Lehrlingsausbildung investiert“, sagt Sven Ruschhaupt. Auch aufgrund der Impulse aus Osnabrück hat es hier jüngst einen Erfolg gegeben: Das Land investiert weitere sieben Millionen Euro. „Das ist eine Verdopplung der Landesmittel und echte Wirtschaftsförderung. Denn unsere Betriebe haben zuletzt rund 60 statt 30 Prozent der
Kosten geschultert“, so Ruschhaupt. Auch die Fusion im Emsland zum „Campus Handwerk Süd-West-Niedersachsen“ sieht der Hauptgeschäftsführer als wichtigen Schritt in die Zukunft. „Fünf Jahre war der Zusammenschluss jetzt in der Pipeline. Es war eines der ersten Projekte, die ich, als ich Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer wurde, angegangen bin“, sagt er rückblickend. „Die Fusion schweißt die Handwerksorganisationen noch einmal zusammen. Wir können die
Archivfotos:LudgerJungeblut/Hermann-JosefTangen
Ausbildung zusammen weiterentwickeln.“ Das berge viel Potenzial, ist sich Ruschhaupt sicher. Insgesamt sieht er die überbetriebliche Lehrlingsausbildung in der Region gut aufgestellt. „Auch wenn wir davon ausgehen müssen, dass die Zahl der Auszubildenden langfristig weiter sinken wird. Ich hoffe, dass die Krise der Ausbildung im Handwerk noch mal einen Schub geben kann.“ Wieder einmal würde sich zeigen, wie krisenfest die Branche sei.
Handwerkliche Bildungszentren im Kammerbezirk Papenburg
Meppen
Herzlake
Lingen Nordhorn Osnabrück
Quelle: Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim · Grafik: Matthias Michel
Stark vertreten sind in der Region laut Handwerkskammer immer noch die Kfz-, Elektro- und SHKAusbildungsberufe, ebenso wie der Bereich Bau. Das Lebensmittelhandwerk habe es hingegen schwer bei der Nachwuchssuche. Das hat auch Auswirkungen auf die überbetriebliche Ausbildung. „Hier können wir in der Region Werkstätten nicht mehr vorhalten.“ Nicht zuletzt wegen der Förderfähigkeit von Investitionen in Ausstattung und bauliche Maßnahmen müsse auch weiterhin die Auslastung der Werkstätten im Auge behalten werden. Und Investitionen sind nötig. Unter anderem Meppen steht laut Ruschhaupt im Fokus. Drei Millionen Euro sollen sowohl in die Sanierung des Standorts als auch in die Neuaufstellung der Werkstätten unter anderem für Lehrlinge im Bauund Ausbaugewerbe investiert werden. „Bislang gibt es in Meppen einen ganzen Blumenstrauß an Werkstätten. Das wollen wir fokussieren“, so Ruschhaupt. Langfristig werde es aufgrund der sich verändernden Lehrlingszahlen sicherlich auch an anderer Stelle Veränderungen geben, ist sich der HWK-Hauptgeschäftsführer sicher und nennt als Beispiel die Zusatzqualifikation Schweißen, die derzeit in drei Werkstätten angeboten wird. In die Diskussion, wie es grundsätzlich weitergehe, seien auch die Innungen mit eingebunden, deren Geschäftsführung durch die jeweilige Kreishandwerkerschaft ausgeübt wird.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
MACHER & MÄRKTE
MACHER & MÄRKTE
Kein Feierabendbier, keine Feier und kein Plausch mit Kollegen
Firmen-Weihnachtsfeiern 2020 – kein lohnendes Geschäft in Corona-Zeiten
Was bedeuten abgesagte Weihnachtsfeiern und Abstand für die Firmenkultur?
VON JANA DERKSEN
Droht den lokalen Veranstaltern die Insolvenz, oder haben sie alternative Ideen? Caterer kassieren Absagen und benötigen Überbrückungshilfen.
möglich. Kolthof kann nachvollziehen, dass keine Firmenleitung, kein Vereinsvorstand das Risiko eingehen will, dass eine Weihnachtsfeier zum Infektionsherd werden könnte. Sie sei eigentlich keine Schwarzseherin, aber sie fühlt sich der Verzweiflung nahe: „Alles, was ich über die Jahre hinweg aufgebaut habe, ist weg. Ich habe große Veranstaltungen mit 2500 Gästen geleitet, mehr als 100 Leute im Einsatz gehabt. Jetzt aber kann ich meine Qualifikationen, meine Expertise nicht einsetzen. Im Frühling bin ich zum Erdbeerpflücken gegangen. Man fühlt sich wie ausgelöscht.“ Schwer ums Herz ist es auch Walter Homes, der mit seiner Schwester Edith Dachmann in Nordhorn das traditionsreiche Hotel Bonke führt. „Weihnachtsfeiern, Herbstfeste und Klootschießerbälle sind in den Wintermonaten unser Hauptgeschäft“, sagt Homes. „Dass das alles wegfällt, ist ganz schlimm. Wir wissen nicht, wie wir den Winter überstehen wer-
Umsatzeinbrüche bewegen sich im Millionen-Bereich. Für zu Hause bieten sich kleine Veranstaltungen und digitale Konzepte an. VON JANA DERKSEN UND ANDREAS KRZOK WESTERKAPPELN/NORDHORN/ HOOGSTEDE/SCHÜTTORF Die
Partyzelte stapeln sich im Lager. Sie sind schon gereinigt, geflickt oder gegen neue ausgetauscht. Seit der CoronaPandemie haben Catering-Firmen und Veranstalter Zeit. Denn es gab zahlreiche Absagen für Betriebsfeste, Hochzeiten, Geburtstage, Schützenfeste, Oktoberfeste, Messen und nun auch Weihnachtsfeiern. „Aus dem anfänglichen Aufatmen über eine Entschleunigung ist eine kaum zu ertragende Perspektivlosigkeit geworden“, beschreibt Renate Kolthof ihre eigene Situation als Geschäftsführerin der in Hoogstede ansässigen Nyko GmbH, die als Gastround Eventservice jede nur denkbare Art von Festen und Feiern organisiert und ausrichtet. Im Herbst und Winter quellen normalerweise die Terminkalender der Veranstalter über. Weihnachtsfeiern von Betrieben und Vereinen spielen dabei eine große Rolle. Jetzt aber sind die Kalender leer. Das Regime der Anti-Corona-Restriktionen macht größere Feiern außer Haus nahezu un-
„Wir können nur hoffen, dass in nicht allzu ferner Zeit eine Wende zum Besseren eintritt.“ Walter Homes, Hotel Bonke
Leer istder FestsaalvonRalf SchulteinSchüttorf.Nursein Restaurant sorgt für lebenserhaltenen Umsatz. Foto: Andreas Krzok
den. Unser Haus ist fast 100 Jahre in Familienhand. Das fährt man nicht einfach gegen die Wand. Wir können nur hoffen, dass in nicht allzu ferner Zeit eine Wende zum Besseren eintritt.“ Rund 90 Prozent der Buchungen für Weihnachtsfeiern sind laut dem Caterer-Verband LECA bereits storniert worden. Normalerweise mache das Jahresendgeschäft – je nach Betriebsgröße – 5 bis 20 Prozent des Jahresumsatzes aus. Das Geschäft ist derzeit nicht lohnenswert. „Die Situation in unserer Branche ist dramatisch“, sagt Sven Wiesmann, Firmenchef von Eventcatering Wiesmann aus Westerkappeln. Statt zehn Partys mit zum Teil über 500 Gästen wurden in den vergangenen Wochen — wenn es gut lief — lediglich drei Veranstaltungen mit maximal 20 Leuten ausgerichtet, berichtet Wiesmann. Der Umsatz sei um mehr als drei Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen. „Das Jagdschloss konnte den Verlust leider nur wenig kompensieren, und gerade als es im September gut lief, folgten steigende Corona-Fälle in der Region, und erneut wurde viel storniert“ , sagt Wiesmann. Mit dem Jagdschloss Habichtswald hat der Eventcaterer ein Hotel mit Restaurant gekauft und im Juni — mitten in der Corona-Pandemie — eröffnet. Doch dieses Standbein reicht nicht aus. Ähnlich sieht Ralf Schulte, Inhaber von „Becker’s Restaurant“ in Schüttorf, die Lage. Der Festsaal, in dem bis zu 180 Personen feiern können, steht leer. Nur das Restaurant sorgt für lebenserhaltenden Umsatz. „Unsere ,Bayerischen Wochen‘ sind noch nie so gut gelaufen wie in diesem Jahr“, sagt Schulte. Aber auch in seinem Haus finden keine Advents- und Weihnachtsfeiern statt. Damit Firmen ihren Mitarbeitern eine Alternative zur Weihnachtsfeier bieten können, hat sich Sven Wiesmann aus Westerkappeln zwei Ideen einfallen lassen. Erstens: die Gourmetbox zu Weihnachten. Die Mitarbeiter bekommen eine Box mit vorbereiteten Zutaten wie Gemüse, Beilagen, Fleisch oder Fisch nach Hause geschickt. Damit alles klappt, gibt es dazu eine Anleitung und ein Video. Einige Firmen hätten schon angefragt. „Bei einem Kunden kochen die Geschäftsführer vor und moderieren ihre Mitarbeiter quasi durchs Menü. Das Ganze wird als Video aufgezeichnet“,
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Wieso es nicht so schlimm ist, wenn die Weihnachtsfeier ausfällt, und worauf es bei einer guten Firmenkultur ankommt, erklärt Uwe Kanning, Professor im Bereich Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück im Interview mit unserer Redaktion. OSNABRÜCK
Herr Kanning, auf Weihnachtsfeiern oder beim Feierabendbier lernt man Kollegen oder den Chef von der privaten Seite kennen. Wegen Corona fällt in diesem Jahr aber vieles aus. Was bedeutet das für die Firmenkultur? Die einzelne Weihnachtsfeier macht nicht so viel aus, aber wegen Corona hat man weniger persönlichen Kontakt zu Kolleginnen und Kollegen. Durch die Abstandsregeln und Homeoffice fallen kleine Plaudereien an der Kaffeemaschine, in der Cafeteria oder beim Feierabendbier oft weg. Damit wird das berufliche Leben sehr stark auf das reduziert, was natürlich aus Arbeitgebersicht der Kern ist. Also ich muss meine Leistung bringen und meine Arbeitsaufträge abarbeiten. Das Zwischenmenschliche kommt dann aber zu kurz. Das erleben die meisten als unangenehm, weil einfach etwas fehlt. GroßeZeltveranstaltungen, in denensonstFirmenfeiernmit bis zu1000 Mitarbeiternstattfinden, sind wegen Corona diesesJahr nichtdenkbar.
sagt Wiesmann. „So kommt ein bisschen das Gefühl einer gemeinsamen Weihnachtsfeier auf.“ Noch weihnachtlicher wird es mit der zweiten Alternative: Der Weihnachtsmarkt auf dem Firmengelände. Eine Art Mini-Weihnachtsmarkt mit Eisstockschießen, gebrannten Mandeln und anderen Buden bietet Wiesmann an. Zwei bis drei Wochen könne der Markt vor Ort sein. „Bei einem Kunden werden die Mitarbeiter jeweils mit ihrer Abteilung auf den Markt gehen“, erzählt Wiesmann. So sei nicht gleich die gesamte Firma vor Ort. Ohnehin würden die Mitarbeiter ja in ihren Abteilungen oder Schichten zusammenarbeiten. Mit dem Mini-Markt könnten sie ein paar weihnachtliche Momente gemeinsam erleben. Doch aus Erfahrung weiß Wiesmann, dass Kunden auch bei dieser Alternative kurzfristig abspringen könnten. „Die Unsicherheit ist bei den Kunden immens“, sagt der Eventcaterer. Die Regeln und Vorgaben in der Corona-Pandemie verändern sich teils wöchentlich. Damit könne niemand vernünftig planen. Fest steht allerdings, dass die großen Zeltveranstaltungen des Konzepts „Xmas Wonderland“, in denen sonst
Firmenfeiern mit bis zu 1000 Mitarbeitern stattfinden, dieses Jahr ausfallen. Seit der Corona-Pandemie ist Wiesmann in Kurzarbeit. Von den 44 Angestellten und 240 Aushilfen im März seien derzeit nur noch 28 Mitarbeiter und wenige Aushilfen in der Firma. Dabei hat Wiesmann nach eigenen Angaben nur eine Person entlassen. Die anderen seien durch die lange Zeit
„Die Unsicherheit bei den Kunden ist immens.“ Sven Wiesmann, Eventcatering Wiesmann
der Kurzarbeit andere Wege gegangen und hätten teils die Branche gewechselt. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt Wiesmann. „Und das Problem wird bleiben, wieder gute Arbeitskräfte zu finden.“ Er geht davon aus, noch bis Ende 2021 die Kurzarbeit in Anspruch nehmen zu müssen. Ein herber Schlag für den Unternehmer. Das vergangene Jahr 2019 sei das erfolgreichste in der Firmengeschichte gewesen. Er habe immer viel investiert: 2018 in ein neues Büro und 2020 in das Jagdschloss Habichtswald. Doch die aktuelle Lage sei schwierig. Das Corona-Darlehen, das die Bundesregierung für Branchen wie seine beschlossen hat, sei erst nach vielen bürokratischen Hürden bei ihm genehmigt worden. Die Soforthilfe von 25 000 Euro vom Bund sei kurzfristig im April angekommen. „Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu den Umsatzeinbußen im Millionen-Bereich“, bemerkt Wiesmann. Das gleiche die Verluste nicht aus. Dennoch sei er froh, dass es in Deutschland überhaupt Hilfe gebe. Für die Monate Juni, Juli und August habe er nun die Zusage für die Überbrückungshilfen vom Bund erhalten.
Foto: WiesmannGmbH&Co.KG
Von der Politik fordert Wiesmann weniger Bürokratie und ein branchenspezifisches Antragsverfahren für die Überbrückungshilfen der kommenden Monate. Schließlich handele es sich um über 2,4 Millionen Arbeitnehmer, die mit der Veranstaltungsbranche und der Gastronomie unter der Pandemie leiden. Auch Renate Kolthof fürchtet, dass das Wiederaufleben ihrer Branche nur sehr langsam erfolgen wird, selbst
wenn bald ein wirksamer Impfstoff gegen das Coronavirus verfügbar ist. „Schon jetzt sind ja Schulentlassungsfeiern für 2021 abgesagt worden“, seufzt sie. Und Wiesmann glaubt, dass die Branche erst in vier bis fünf Jahren wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Zeit sei. Bis dahin passe er seine Konzepte an und mache kleinere Veranstaltungen. „Wir werden, so lange wir können, Corona trotzen“, sagt Wiesmann.
Gourmet-BoxstattWeihnachtsfeier: Geschäftsführer könntenvorkochen und ihreMitarbeiter quasidigitaldurchs Menünavigieren, soSvenWiesmann.
Was fehlt dann? Das berufliche Leben ist nicht nur darauf ausgerichtet, dass man Geld verdient und sich fachlich weiterentwickelt, sondern es geht auch darum, soziale Bedürfnisse zu befriedigen. Die meisten Menschen tauschen gerne mal private Dinge aus oder lernen einen anderen Menschen kennen. Vielleicht finden Mitarbeiter sogar neue Freunde im Kollegenkreis. Wie können Chefs trotz Corona Nähe erreichen? Eine Online-Konferenz, in der sich die Mitarbeiter eine halbe Stunde privat austauschen können, ist keine Lösung. Allein schon weil die Leute nicht wissen, wer da überhaupt mithört. Das ist kein Vergleich zum Plausch an der Kaffeemaschine. Arbeitgeber sollten deshalb eine Möglichkeit zum Austausch im Unternehmen schaffen. Man wird nicht ständig im Homeoffice bleiben. Ein gutes Beispiel habe ich in einer Behörde gesehen. In der Cafeteria wurden Zweier-Tische mit einer Plexiglasscheibe dazwischen aufgebaut, sodass sich die Mitarbeiter mit kurzem Abstand zum Mittagessen treffen konnten. Andere Firmen haben draußen Sitzgelegenheiten angeboten. Das waren zwei ganz pragma-
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tische Lösungen, um Kommunikation beim Mittagessen zu ermöglichen. Welche Mitarbeiter trifft die Corona-Krise besonders? Für Praktikanten, Azubis oder Mitarbeiter, die vor einem halben Jahr neu eingestellt wurden, ist es besonders schlimm. Manche arbeiten fünf Tage die Woche von zu Hause. Doch es ist wichtig, dass man Kollegen und den Arbeitgeber kennenlernt. So versteht man erst, wer welche Position hat und was man sagen darf und was besser nicht. Ist es für die Firmenkultur wichtig, sich regelmäßig zu sehen und nicht nur am Bildschirm? Das würde ich schon sagen, ja. Es gibt zwar auch einzelne Menschen, die das nicht brauchen und nicht so darunter leiden. Aber die meisten Menschen möchten einen zwischenmenschlichen Austausch haben. Das hat auch für das Unternehmen viele Vorteile. Eine intakte Firmenkultur gilt als Motivation für Mitarbeiter. Das bedeutet für den Chef und die Firma Wachstumssteigerung. Warum? Wenn ich meine Kollegen gut kenne und wir mögen uns, dann ist es viel leichter, eine Absprache zu treffen. Man hilft dem Kollegen eher, bleibt mal eine Stunde länger und ist kompromissbereiter. Konflikte, die einfach entstehen, wenn Menschen zusammenkommen, eskalieren nicht so stark, wenn man sich gut kennt. Man weiß dann, wann man etwas sagen kann und wann man etwas besser nur denkt.
Also sollten Chefs ein Interesse daran haben, dass es eine gute Firmenkultur gibt? Ja! Solche Dinge sind nicht nur für das Zwischenmenschliche wichtig, sondern letztendlich auch für die Leistungsfähigkeit einer Organisation. Die Leute koordinieren sich besser oder helfen einander bei Problemen. So schaffen Chefs indirekt auch Identifikation. So fühlen sich Menschen mit dem Unternehmen verbunden. Mitarbeiter tragen zudem ein Arbeitgeberimage nach außen. Wenn man an zukünftige Mitarbeiter denkt, die vielleicht ins Unternehmen kommen, möchte man zum Beispiel, dass positiv über die Firma im Bekanntenkreis geredet wird. Was macht eine gute Firmenkultur aus? Zu einer guten Firmenkultur gehört etwas ganz Banales: Die Menschen, die ich einstelle, müssen auch zu den Arbeitsaufgaben passen. Bei der Personalauswahl muss ich darauf achten, dass ich Menschen zu mir hole, die nicht über- oder unterfordert werden. Wenn jemand hoch qualifiziert ist, aber es keine Aufstiegschancen gibt, wird derjenige frustriert sein und vielleicht nach einem Jahr wieder gehen. Ein anderer wichtiger Punkt ist Fairness. Ich darf zum Beispiel nicht nach Sympathie Boni oder interessante Arbeitsaufträge vergeben. Zudem ist ein mitarbeiterorientierter Führungsstil sinnvoll. Das heißt, die Mitarbeiter sind für den Chef nicht einfach austauschbare Arbeitseinheiten, sondern man kennt sie als Individuum, weiß ein bisschen was aus deren Leben und kann Bedürfnisse und Fähigkeiten
berücksichtigen, wenn Arbeitsaufgaben zugewiesen werden. Wenn ein Vorgesetzter mal etwas anordnet, sollte er erklären, wie er zu der Entscheidung gekommen ist. Die Kultur setzt sich aus vielen Aspekten zusammen. Was halten Sie von Teamevents? Eine gute Firmenkultur erreicht man nicht, indem mal alle in den Klettergarten gehen. Das ist ein einzelnes Event. Das kann ganz witzig sein, aber dieser Gemeinschafts-Effekt wird relativ schnell verpuffen. Also wenn die Weihnachtsfeier dieses Jahr ausfällt, ist es zwar schade, aber man kann es verkraften. Ja, so würde ich es sehen. Wir gehen von dem Idealfall aus, dass Mitarbeiter gerne zur Weihnachtsfeier gehen und dies ein tolles Ereignis ist. Aber das muss gar nicht so sein. Manche Mitarbeiter trauen sich nicht abzusagen oder melden sich krank. Grundsätzlich würde ich sagen, wenn die Feier einmal ausfällt, ist das schade, aber man wird keinen dauerhaften Effekt feststellen können. Viel wichtiger ist für das Unternehmen die täglich gelebte Praxis. Natürlich kann eine Weihnachtsfeier, ein Sommerausflug im Team oder eine Fahrradtour einen Beitrag zur Kultur und zum Wohl der Menschen leisten. Aber ein Unternehmer kann einen schlechten Alltag, einen schlechten Führungsstil nicht dadurch ausgleichen, dass einmal im Jahr eine schöne Weihnachtsfeier stattfindet. Viel wichtiger ist der Unternehmensalltag, den die Menschen erleben und in dem sie sich dann mehr oder weniger wohlfühlen.
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Stabiler Erfolgskurs aus Glas Semco-Gruppe investiert stetig in Wachstum und Modernisierung / Wurzeln in Nordhorn und Westerstede VON SEBASTIAN HAMEL Glas, so weit das Auge reicht, in der 15 000 Quadratmeter großen Produktionshalle der Semcoglas Glastechnik GmbH in Nordhorn: „1500 individuelle Scheiben werden hier am Tag gefertigt“, sagt Hendrik Bruns, der als kaufmännischer Leiter gleich für zwei Niederlassungen in der Stadt zuständig ist: Nur rund 500 Meter entfernt von „Nordhorn GT“, wo Sicherheitsglas – insbesondere für den Innenbereich – hergestellt wird, ist die Isolierglas produzierende Semcoglas GmbH, kurz: „Nordhorn ISO“, angesiedelt. In der Grafschafter Kreisstadt sowie in Westerstede liegen die Wurzeln des Unternehmens, das heute 18 Standorte in ganz Deutschland umfasst. Von der gläsernen Badezimmer-Ausstattung bis zur großformatigen Glasfassade sind die Einsatzmöglichkeiten der Produkte aus dem Hause Semco nahezu unbegrenzt. Mit der Herstellung von Sicherheitsglas, Isolierglas, gebogenem „Curved Glass“, Glas-Design und Beschichtungen bildet das Unternehmen eine breite Produktionspalette ab. Die insgesamt 1550 Beschäftigten erwirtschafteten 2019 einen Jahresumsatz von einer Viertelmilliarde Euro. Die Geburtsstunde des Unternehmens in seiner heutigen Gestalt liegt im Jahr 1997: Damals schlosNORDHORN
Gemeinsam den Blick nach vorne richten.
sen sich die vorherigen Wettbewerber Schüller-Qualitätsglas unter Leitung von Hermann Schüller sowie die von Rolf Sawatzki geführte Isoglas-Gruppe aus Nordhorn zusammen. Der neue Name Semco sollte sowohl die Nachnamen der Gründer als auch die Geschäftsbereiche Einkauf, Marketing und Cooperation zum Ausdruck bringen. Ein wesentliches Merkmal des Betriebs ist die dezentrale Organisation: Die bundesweit 18 Standorte – allesamt eigene Gesellschaften – sind in die vier Regionen Nord, Ost, Süd und West mit jeweils eigenen Geschäftsführern untergliedert. Sitz der übergeordneten Semcoglas-Holding ist Westerstede, wo gleichzeitig Dienstleistungen wie Buchhaltung, Personal und IT für alle Standorte ausgeführt werden. Die Gesamtleitung hat nach wie vor Hermann Schüller inne, sodass das Unternehmen bis heute inhabergeführt ist. Nordhorn nimmt mit seinen zwei bedeutsamen Standorten noch immer eine herausragende Stellung in der Semco-Landschaft ein. 10 Millionen Euro wurden dort in den vergangenen fünf Jahren in die Modernisierung investiert, weshalb beide Niederlassungen laut Unternehmen nun bundesweit zu den leistungsfähigsten Produktionsstätten der Branche zählen. „Mit zusammen rund 280 Mitarbeitern ist Semco einer der größten Arbeitgeber
Ein Riesentisch fürdieZuschneidungvonScheiben:Derangehende FlachglastechnologeRudiDeisbegutachtetund prüftdieWerkstücke.
der Stadt“, berichtet Hendrik Bruns. Er sowie Klaus Köttering, Geschäftsführer der Region West, sind froh, dass sich die Standorte trotz der Corona-Pandemie positiv entwickelt haben: So verzeichnet Nordhorn ISO allein im ersten
Ob in Familienunternehmen oder in globalen Konzernen – die „neue Normalität“ verändert aktuell unsere Geschäftsprozesse in vielen Bereichen. Doch unser gemeinsames Fundament bleibt bestehen: Vertrauen in die Integrität von Geschäftsbeziehungen. Vertrauen in die Transparenz von Transaktionen. Vertrauen darauf, dass Unternehmen nachhaltig Wert schöpfen und Sinn stiften. Für all das und Vieles mehr ist PwC Ihr Partner. Sprechen wir darüber, wie Ihr Unternehmen heute die richtigen Weichen stellt. Und morgen von den Veränderungen profitiert! Ihr Ansprechpartner für PwC Nord-West in Osnabrück: Georg Stegemann Tel.: +49 541 3304-558 georg.stegemann@pwc.com
© 2020 PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten. „PwC“ bezieht sich auf die PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.
Halbjahr 2020 einen Umsatz von 10 Millionen Euro, bei Nordhorn GT sind es mehr als 9 Millionen. Einen wesentlichen Beitrag dazu leistete die Herstellung des mobilen Schutzglases „Semco-Protect“, das zum Beispiel auf Theken und Tresen zur Eindämmung von Tröpfcheninfektionen zum Einsatz kommen kann. Die zur Weiterverarbeitung angelieferten „Glasscheiben-Rohlinge“, das sogenannte Floatglas, wird von einem Joint-Venture-Werk bei Magdeburg angeliefert. In den Öfen in der Nordhorn-GT-Produktionshalle entsteht durch Erhitzen und anschließendes rasches Abkühlen Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) sowie Verbundsicherheitsglas (VSG). 60 Tonnen Glas werden hier täglich veredelt. Die Umsetzung der einzelnen Aufträge erfolgt auf Grundlage von Daten, Zeichnungen oder auch Modellen, welche digital erfasst und am Computer aufbereitet werden. Auch im Nachbarwerk Nordhorn ISO zeigt sich unmittelbar, wie weit der Automatisierungsprozess vorangeschritten ist: Die Glasscheiben werden nicht mehr per Muskelkraft gehoben, sondern maschinell aufs Band gelegt, zugeschnitten und anschließend eingelagert. Erst 2015 wurde hier die neue Produktionshalle in Betrieb genommen. Die täglich dort erzeugte Menge an Isolierglas reicht laut Hendrik Bruns für 80 Einfamilienhäuser. Für den Abtransport der fertigen Produkte kommen eigene Lastwagen – die Semco-Gruppe verfügt über 139 Lkw – oder Fahrzeuge von Speditionen zum Einsatz. Pro Lkw finden zehn Gestelle à 25 Quadratmeter Glas Platz. Den Fahrern kommt neben der eigentlichen Beförderung eine weitere wichtige Funktion zu: „Sie sind unsere tägliche Visitenkarte und helfen uns, im Gespräch zu bleiben“, sagt Klaus Köttering. Apropos Personal: Trotz aller Automatisierung bleiben qualifizierte Mitarbeiter unverzichtbar. Ein besonderer Fokus liegt deshalb auf der Ausbildung. 30 Azubis gehen in den beiden Werken in Nordhorn ihrer Arbeit nach, was gut zehn Prozent der Belegschaft ausmacht. Acht junge Leute haben erst im August die Lehre begonnen. Vier Ausbildungsberufe stehen bei Semco in Nordhorn zur Wahl: Industriekaufleute, Fachkräfte für Lagerlogistik, Mechatroniker und Flachglastechnologen. Grundsätzlich herrscht das Bestreben, nicht dem Trend der Akademisierung zu fol-
gen, sondern eine Karriere auch ohne Studium zu ermöglichen – bis hin zu Geschäftsführung. „Mehr Praktiker, weniger Theoretiker“, lautet die Devise. Darüber hinaus bietet das Unternehmen seinen Auszubildenden verschiedenste Zusatzleistungen: Die Teilnahme am Projekt „Tipoff4Jobs“, das die Vermittlung wirtschaftlicher Kompetenzen mit Basketballtraining kombiniert, ist ein persönliches Herzensanliegen von Semco-Chef Hermann Schüller, der als geschäftsführender Gesellschafter der EWE Baskets Oldenburg fungiert. Mit dem Projekt „Young Semco“, einer eigenen Firma innerhalb der Semco-Gruppe, fertigen die Nachwuchskräfte Glasartikel für den Bürobedarf und lernen dabei, Verantwortung zu übernehmen. Bereits seit 23 Jahren kürt Semco in einem aufwendigen Auswahlverfahren den „Azubi des Jah-
„Die Lkw-Fahrer sind unsere tägliche Visitenkarte.“ Klaus Köttering, Geschäftsführer der Region West
Fotos:Semco-Gruppe
res“: Die „Top 3“-Finalisten erhalten eine Übernahmegarantie, der Sieger bekommt ein Jahr lang ein Auto kostenfrei zur Verfügung gestellt und darf an Leitungssitzungen teilnehmen. 2019 wurde die SemcoGruppe vom F.A.Z.-Institut als „begehrtester Arbeitgeber“ in der Glasund Keramikindustrie ausgezeichnet. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz gewinnen bei Semco zunehmend an Bedeutung: Die Abstandhalter zwischen den Scheiben einer Doppelverglasung werden mehr und mehr aus Kunststoff statt aus Aluminium gefertigt, da die Kunststoffteile weniger energieintensiv in der Herstellung sind und zudem einen besseren Wärmedurchgangskoeffizienten aufweisen. Zudem rücken beschichtete „Klimagläser“ verstärkt ins Bewusstsein, die im Sommer die Hitze abhalten, im Winter die Wärme aber zurück in den Raum reflektieren. Durch die eigene Herstellung des Rohglases ergibt sich die Möglichkeit, jährlich 30 000 Tonnen an Glasresten wiederzuverwerten, was 7000 Tonnen CO2 pro Jahr einspart. Da Semco seine Produkte ausschließlich „B2B“ vertreibt, lädt das Unternehmen seine Kunden – zum Beispiel Bauunternehmer – zu Workshops ein, damit diese die Endverbraucher in puncto Glastechnik kompetent beraten können. Bewusst sieht sich Semco nicht als „Billig-Anbieter“, sondern betont seine Stärken wie eine Liefertreue von mehr als 99 Prozent und den Anspruch, die Wünsche der Auftraggeber genauestens zu erfüllen. Für Klaus Köttering sind diese Aspekte entscheidend: „Schließlich wären wir sonst austauschbar.“
AufeinerTreppe mit Stufen und WändenvonSemcoglas:Hendrik Bruns,kaufmännischerLeiterderbeidenNordhorner Standorte.
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Vier Unternehmen unter einem Dach Grow Digital Group expandiert nach Hamburg und stärkt mit Investition in neuen Firmensitz den Standort Osnabrück VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/HAMBURG Wie und mit welchen Inhalten und Formaten erreiche ich meine Zielgruppe? In einer Zeit, in der die digitale Präsenz und das digitale Geschäft immer wichtiger werden, kommen Geschäftsführer in keiner Branche an diesen Fragen vorbei. Denn statt in Prospekte und auf Flyer zu schauen, ist die Zielgruppe digital unterwegs: in sozialen Medien, auf Youtube und Co. Damit die Botschaften besser zu den Adressaten durchdringen, holen sich viele Unternehmen Marketing-Agenturen ins Haus. Zu ihnen gehört auch die Grow Digital Group. Vier Unternehmen – MSO Digital, brandence, basecom und netspirits – mit insgesamt rund 200 Mitarbeitern an acht Standorten sind unter dem Dach zusammengeschlossen. „Als Gruppe haben wir eine Vielzahl an Schwerpunkten. Viel wichtiger ist, was uns eint: dass wir in allem, was wir tun, immer lösungsorientiert denken“, sagt Lutz Jurkat, Geschäftsführer der Hamburger Spotleit GmbH, an der sich die Grow Digital Group jüngst zusätzlich beteiligt hat. „Wir verkaufen keine Produkte von der Stange“, sondern unternehmenübergreifend könne auf die Kompetenzen zugegriffen werden. Gemeinsam als Gruppe würden so Komplexitäten auf Kundenseite reduziert, ergänzt MSO-Digital-Geschäftsführer Sven Beckmann. Doch was sind die Fragen, die einer Agentur heute gestellt werden? „Das variiert, je nach Geschäftsfeld“, sagt Beckmann. Bei brandence, der MSO Digital und netspirits gehe es darum, Menschen zu erreichen. „Die digitale Welt bietet da so viele Möglichkeiten“, so Beckmann. Daher brauche es Agenturen, um die richtigen Menschen zur richtigen Zeit mit den richtigen Botschaften anzusprechen. Beim Software-Unternehmen basecom hingegen geht es um den E-Commerce. All diese Themen sind nicht neu, und doch hat die digitale Kundenansprache an Bedeutung gewonnen. Es wird nicht mehr nachgeschlagen, es wird gegoogelt. Wer nicht auftaucht oder nicht den richtigen Content bietet, ist uninteressant. „An Beispielen wie programmatischer Werbung haben wir alle erfahren, wie wichtig Kurzfristigkeit und Performance im digitalen Kontext sind“, sagt brandence-Geschäftsführer Karsten Ilm. Dieser Trend halte noch immer an – und sei durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch verstärkt worden. „Unsere Online-MarketingAgenturen MSO Digital und netspirits profitieren von dem gewachsenen Bedarf.“ Doch alleine eine in Echtzeit auf den Kunden zugeschnittene Werbung habe noch keine nachhaltige
Ein SchildamWissenschaftspark machtbereitsauf dasBauprojektderGrow DigitalGroupaufmerksam.InKürze wirdderBauantrag gestellt.
Kundenbindung zur Folge, gibt Ilm zu bedenken. „Das schafft nur die Marke.“ Sticht die eine Strategie nun die andere? „Ich glaube nein. Beides ist wichtig, die Herausforderung besteht darin, die Gegensätze zukünftig in Einklang zu bringen“, so der brandence-Geschäftsführer. Die Herausforderung dabei liegt für Lutz Jurkat in der notwendigen Agilität. „Auch wenn das Wort in aller Munde ist, steckt darin doch eine wichtige Botschaft, die viele Unternehmen noch nicht verinnerlicht haben: Pläne und Strategien müssen flexibler gestaltet werden als früher. Mit ,Das haben wir schon
„Die digitale Welt bietet so viele Möglichkeiten.“ Sven Beckmann, Geschäftsführer MSO Digital
immer so gemacht‘ läuft man mehr als je zuvor Gefahr, seine Kunden, aber auch Boden gegenüber den Marktbegleitern zu verlieren“, so Jurkat. Zumal die Herausforderungen nicht weniger, sondern mehr würden. Zu den Kunden der Unternehmensgruppe zählen laut Sven Beckmann viele Mittelständler aus der Region. „Die Bandbreite geht von Krankenkassen und Stadtwerken über Hersteller von Kaffeevollautomaten bis hin zu marktführenden Reifengroßhändlern und Fashionbrands“, sagt der MSO-Digital-Geschäftsführer. Und Karsten Ilm ergänzt: „Unser breites Leistungsportfolio erlaubt uns, offen gegenüber allen Branchen und relevant für eine Vielzahl an Kundenanfragen zu sein.“ Wenn branchenspezifisches Fachwissen erforderlich sei, hole man Experten dazu. In erster Linie seien die Firmen, die sich an die Osnabrücker Unternehmensgruppe wendeten, im B2C-Geschäft unterwegs, so Beckmann. „Aber auch zunehmend B2B-Unternehmen erkennen, dass es neue Wege braucht, um Produkte oder Services erfolgreich in den relevanten Zielgruppen zu platzieren.“ Auch wenn die Unternehmensgruppe mittlerweile an acht Standorten aktiv ist und gerade erst nach Hamburg expandiert hat, wird Osnabrück auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen, versichert basecom-Geschäftsführer Manuel Wortmann. „Ein Großteil der Mitarbeiter*innen ist hier.“ Und geplant sei, 2023 mit dem Grow Digital Campus den größten Digitalstandort der Region zu eröffnen. „Unser Wachstum
über unsere neuen Netzwerkmitglieder Spotleit, 2do und 2do Digital in Hamburg zeigt aber, dass wir überregional denken und agieren.“
Foto: Swaantje Hehmann
Für den Bau des neuen Gebäudes im Wissenschaftspark laufen derzeit die letzten Vorbereitungen, bevor der offizielle Bauantrag gestellt werden kann. „Daher werden jetzt
entscheidende Weichen gestellt, welche die Gebäudeplanung im weiteren Verlauf sehr stark beeinflussen. Zu beobachten, wie sich die Planung immer weiter konkretisiert, weckt immer mehr Vorfreude auf die spätere Nutzung des Gebäudes“, so Wortmann. Verzögerungen aufgrund der Corona-Pandemie gibt es bislang nicht. „Es hat eher die Zusammenarbeit mit den einzelnen Fachplanern weiter digitalisiert, was allen Beteiligten sehr zugutekommt.“ Fragestellungen, die durch die Pandemie in den Vordergrund gerückt sind, haben jedoch Einfluss auf die Planung der späteren Raumnutzung – wie eine Tendenz zum Homeoffice. „Dafür gilt es, in nächster Zeit clevere Lösungen zu entwickeln.“ Und wie soll es für die Grow Digital Group weitergehen? „Unser Anspruch ist, das größte Agenturnetzwerk in Norddeutschland aufzubauen“, steckt Manuel Wortmann das Ziel klar ab. Man werde sich in den nächsten Jahren weiter an Agenturen oder digitalen Dienstleistern beteiligen, so Spotleit-Geschäftsführer Lutz Jurkat. Dadurch könne man – inhaltlich und räumlich – immer besser an Lösungen für Kunden arbeiten. Mit der Beteiligung an der Agenturgruppe in Hamburg sei man nun erst einmal in diesem wichtigen Medienstandort aktiv.
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Eine Frage der Qualität Oeseder Möbelindustrie arbeitet mit neuem Herkunftslabel / Wie Schrank und Bett „Made in Germany“ hergestellt werden VON FINJA JAQUET GEORGSMARIENHÜTTE Made in Germany – ein Begriff, mit dem international hohe Qualität verbunden wird. Deutsche Möbelhersteller können sich die Hochwertigkeit ihrer Produkte nun zertifizieren lassen: Mit dem neuen Label „Möbel made in Germany“. Was braucht es, um das Label tragen zu dürfen? Ein Besuch bei der Oeseder MöbelIndustrie Wiemann in Georgsmarienhütte gibt Aufschluss. Der Geruch von Sägespänen und Lösungsmittel liegt in der Luft. Es ist laut – ein allumfassendes Dröhnen erfüllt die Werkshallen, durchbrochen von dem scharfen Sirren der Sägeblätter. Vorsichtig geht es vorbei an riesigen Maschinen, Lüftungsrohren und Holzstapeln in Richtung eines großen Lagers. Seit mehr als 100 Jahren werden hier, bei der Oeseder Möbel-Industrie Wiemann, Möbel gefertigt. Mittlerweile hat sich der Betrieb auf Schlafzimmermobiliar spezialisiert. Von Anfang an waren Wiemanns Produkte „made in Germany“ – das können sie sich seit August auch zertifizieren lassen. „Wir gehen jetzt mit dem Material entlang des Fertigungsflusses durch den Betrieb“, erklärt Markus Wiemann, Geschäftsführer der Oeseder Möbel-Industrie. Start ist in der Warenanlieferung. Zusammen mit seinem Kollegen Dirk Klasfauseweh will Wiemann zeigen, wie aus einigen Holzbrettern beispielsweise ein Schrank entstehen kann. An den Seiten der Warenanlieferung türmen sich meterlange Spanplatten in mehreren Stapeln bis knapp unter die Decke. Jeden Morgen werden sie in großen Ladungen angeliefert. Klasfauseweh erläu-
tert: „Das ist bis heute Mittag schon wieder weg und weiterverarbeitet.“ In die richtige Größe geschnitten werden die Platten bereits hier, damit aus ihnen in weiteren Arbeitsschritten Schlafzimmermöbel werden können. Den Holzplatten nach geht es vorbei an eingezäunten Maschinen, Rohren und Rollbahnen. Dann tauchen Objekte auf, die wie überdimensionale Geschenkpapierrollen aussehen. Manche sind einfarbig, andere mit Holzoptik bedruckt. „Hier fahren die Spanplatten in die Kaschieranlage. Das heißt, sie werden von oben und unten mit Dekorfolien beklebt.“ Der Geschäftsführer weist auf die Papierrollen, hinter denen die folierten Holzteile auf einem Laufband aus einer Maschine kommen. Aus den unscheinbaren Platten sind in Sekundenschnelle Bretter geworden, die aussehen wie frisch zurechtgesägt – dabei sind sie eigentlich aus Holzspänen. Das Laufband inklusive Ladung verliert sich irgendwo zwischen den unzähligen Gerätschaften. Qualität und Hochwertigkeit – das soll das Label „Möbel made in Germany“ Verbrauchern signalisieren. Entwickelt wurde es gemeinsam vom Verband der deutschen Möbelindustrie (VDM) und dem Deutschen Institut für Gütesicherung (RAL). Laut VDM spielt die Herkunft der Möbel für immer mehr Kunden eine wesentliche Rolle bei der Kaufentscheidung. Zudem sehe man eine wachsende Bereitschaft, mehr Geld für gute Möbel auszugeben. Die Kriterien für das Label sind genau festgehalten: Konstruktion, Montage und Qualitätssicherung der Möbel müssen in Deutschland
Diese Rollen mit unterschiedlichen Holzdekoren und in verschiedenen Farbenwartenauf ihrenEinsatz.Mit ihnenwerden die Spanplatten in großenMaschinen je nachWunsch kaschiert,also beklebt.
Die Einzelteilefertigtdie MöbelindustrieWiemann,beimEndkundenwerden dieMöbel zusammengebaut.SokanneinSchlafzimmer„madein Germany"amEndeaussehen.
erfolgen. Außerdem ist ein deutscher Fertigungsanteil von mindestens 55 Prozent vorgeschrieben. Alle zwei Jahre wird dies von einem unabhängigen Prüfer kontrolliert. „In unserem Produktionsprozess musste somit keinerlei Änderung erfolgen“, erklärt Wiemann. Die folierten Platten kommen nach ein paar Metern wieder zum Vorschein. Hier wartet eine weitere riesige Maschine, die aus zwei parallel liegenden Modulen besteht. Sie erinnern an zwei kleine ICE-Züge ohne Führerkabine. Klasfauseweh erklärt: „Hier werden die Bretter längs und quer bekantet.“ Die noch offenen Seiten der Sperrholzplatten werden also mithilfe von Kantenbändern verblendet und erinnern nun schon stark an Regalbretter oder Kommodenteile. Es geht weiter durch das geordnete Chaos. Plötzlich verändert sich die Luft: ein starker Geruch nach Lack steigt in die Nase. „Das ist die Oberflächenstraße, hier behandeln wir auch unser Massivholz und schleifen es.“ Wiemann zeigt auf ein Laufband, auf dem glänzende Holzplatten aus einer Maschine transportiert werden. Vieles läuft hier automatisch. „Unsere Folien und Lacke kommen fast alle aus Deutschland. Diesbezüglich arbeiten wir mit deutschen Firmen zusammen, da diese für uns die besten Folien herstellen“, erklärt der Firmenchef.
Wiemann erhofft sich von dem neuen Label, sich deutlich von nicht deutschen Konkurrenten abheben zu können. „Die Wohnmöbelindustrie – also der Bereich der Kastenmöbel, in dem wir uns als Schlafzimmerhersteller tummeln – wird seit Jahren mit dem Problem steigender Importe aus osteuropäischen Billiglohnländern konfrontiert“, erläutert er. Viele deutsche Hersteller könnten nicht mit den niedrigen Preisen osteuropäischer Produkte
„Unsere Folien und Lacke kommen fast alle aus Deutschland.“ Markus Wiemann, Geschäftsführer
mithalten. Umso wichtiger sei es, den Kunden erstens durch Hochwertigkeit und zweitens durch kurze Transportwege von deutschen Produkten zu überzeugen, meint der Geschäftsführer. Wie hoch angesehen der Herkunftshinweis „Made in Germany“ ist, zeigt auch der Made-in-Country-Index aus dem Jahr 2017: Demnach liegt Deutschland noch vor der Schweiz und der EU auf dem ersten von 49 Plätzen. Die behandelten Platten aus Massivholz werden weiterverarbeitet, erhalten eingefräste Muster, Gewinde für die Schrauben und Scharniere. Zusammen mit den folierten Spanplatten werden sie später zu Bettkästen, Kommoden oder Schränken zusammengebaut. Auf Rollbahnen einige Meter weiter warten Hunderte fertige Schranktüren darauf, verschickt zu werden.
Fotos: FinjaJaquet
Bis aus allen Einzelteilen komplette Möbel werden, kann es jedoch noch dauern – sie liegen dort für den Fall einer Bestellung: „Wir sind in der Lage, jeden Tag jedes Produkt aus unserem Portfolio herzustellen. Schließlich wissen wir nie, wie individuell die Aufträge sind – die Kunden bestellen kreuz und quer“, erzählt Wiemann. Förderbänder aus allen Ecken der Fertigungshallen laufen zusammen zu einem einzigen, großen Band. Darauf rollen die Spanplatten, Massivholzplatten, Schranktüren und weiteres Material – alles bereits in Kartons verpackt. Im letzten Schritt werden die Einzelteile nur noch nach den Aufträgen sortiert. Zusammengebaut werden die Möbel erst beim Händler oder beim Endkunden. Mehr als 450 Schlafzimmer verlassen jeden Tag die Hallen.
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GELD & GESCHÄFT
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„Der Kunde bleibt ambivalent“ Bünting-Vorstandschef Markus Buntz über das Käuferverhalten in der Pandemie und Trends im Handel Preisdruck ist in der Pandemie nicht kleiner geworden.
UNTERNEHMENSGRUPPE IN ZAHLEN Umsatz Unternehmensgruppe: 1,5 Milliarden (2018) Mitarbeiter: 12 200 (2018) Märkte: rund 200
E-Commerce stabilisiert sich auf höherem Niveau. 24/7-Pilot ist in Oldenburg gut angelaufen.
zeiten, speziell an Sonn- und Feiertagen, sehr gut angenommen wird. Darauf wollen wir aufsatteln, denn es zeigt: Wir treffen damit den Zeitgeist. Das bestärkt uns auch, an dem Thema weiterzuarbeiten. Der nächste Schritt ist zu testen, wie so ein Automat genutzt wird, ohne die Alternative eines Marktes in unmittelbarer Nähe zu haben.
VON NINA KALLMEIER LEER Laut einem Ranking der Lebensmittelzeitung gehört die Bünting Unternehmensgruppe mit ihrem Hauptsitz in Leer zu den Top 20 der Lebensmittelhändler in Deutschland. Vorstandsvorsitzender Markus Buntz spricht im Interview über Preisdruck im Lebensmittelhandel (LEH), das Onlinegeschaft und Regionalität.
Herr Buntz, laut dem Ranking der Lebensmittel Praxis gehört die Bünting Unternehmensgruppe zu den Top 15 im Lebensmittelhandel in Deutschland. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Markt? Wenn man sich alleine den Umsatz anschaut, reden wir über Milliardenbeträge – auch bei uns als regionalem Player im Nordwesten. Um wettbewerbsfähig zu sein, brauchen wir diesen Umsatz jedoch auch. Das gilt insbesondere, wenn wir über Warenbeschaffung reden – und nicht umsonst haben wir hier die Einkaufsgemeinschaft Retail Trade Group (RTG) mitbegründet, um den Großen in der Branche etwas entgegenzusetzen und besser verhandeln zu können. In der RTG können wir Einkaufsvolumen bündeln und somit mehr Gewicht in die Waagschale werfen. Ohne dies wäre es heutzutage schwierig, zumal auch die großen Hersteller konsolidieren. Dennoch verstehen wir uns als lokal agierend, und das ist im Gespräch mit regionalen Lieferanten ein Vorteil. Wie groß ist der Preisdruck in der Branche? Der Preisdruck war schon immer groß, und während Corona ist das nicht besser geworden. Im Gegenteil: Mit der Senkung der Mehrwertsteuer haben Discounter mit entsprechenden Aktionen einen neuen Preiskampf im Preiseinstieg losgetreten. Da müssen wir mitziehen, um wettbewerbsfähig zu sein. Unser Anspruch ist es aber, dem Kunden echte Mehrwerte anzubieten, so suchen wir beispielsweise den Schulterschluss mit regionalen Produzenten. Genau diese jedoch demonstrieren immer wieder für höhere Erzeugerpreise. Welche Bedeutung hat das Thema Regionalität heute in den Märkten? Wir merken – gerade jetzt in der Pandemie – dass der Radius der Menschen kleiner geworden ist und die Region, in der man sich verortet, Vertrauen schafft. Das spiegelt sich auch in den Produkten wider, die sie kaufen. Wie viele Produkte in einem Markt aus der Region kommen, richtet sich nach dem örtlichen Angebot und fällt damit ganz unterschiedlich aus. Regionalität bringt aber ein Stück Identität – für den Kunden wie für den Handel – und wir bemühen uns, regionale Unternehmen mit uns wachsen zu lassen. Denn trotz unserer Umsatzstärke sehen wir uns hier im Nordwesten verwurzelt. Und nur
Was für Produkte werden dort gekauft? Wir verändern das Sortiment dynamisch, der Kunde kann uns Feedback geben. Grundsätzlich gilt: Thema Getränke geht immer. Ebenso wie Snacks und Süßigkeiten. Am Wochenende sind es ganz banale Dinge wie Toilettenpapier, Milch und Nudeln, aber auch das Typische, was für den Sonntagsbrunch vergessen wurde.
Seit2015istMarkusBuntzVorstandsvorsitzenderderBüntingAG.Das UnternehmenausLeer gehörtzudengrößtenLebensmittelhändlerninDeutschland.
wenn der Wirtschaftsraum in sich funktioniert, ist es für alle ein Erfolg und eine Region bleibt wirtschaftlich stabil. Welche Art von Produkten im Einkaufswagen landet, darauf hat der Handel mit der Auswahl, die er bietet, einen großen Einfluss. Und damit auch darauf, wie ein Produkt hergestellt wird. Man nehme nur den Bereich Tierwohl. Am Ende des Tages ist es nicht der Handel, der über einen Kauf entscheidet, es ist der Kunde. Er greift zu einem Produkt – oder lässt es stehen. Und hier ist und bleibt der Kunde ambivalent: Er will Bio und Regionalität, am Ende wird aber oft doch nach dem Preis entschieden. Hier können wir uns den Marktmechanismen nicht entziehen. Was wir jedoch tun können, ist, entsprechende Angebote bereithalten. Für unsere Vertriebslinien Combi und famila bieten wir an den Bedientheken beispielsweise Fleisch aus Programmen mit regionalen Landwirten an, die auf eine tierwohlgerechtere Haltung setzen. Und wir können gemeinsam mit Produzenten Aufklärungsarbeit zu Wertschöpfung
„Wir sehen uns hier im Nordwesten verwurzelt.“ Markus Buntz, Chef der Bünting Unternehmensgruppe
und Herstellung leisten – hier sehe ich den LEH als Vermittler zwischen Politik und Kunde. Dennoch hat man gemerkt: Als der Lebensmittelhandel beschlossen hat, bestimmte Haltungsformen aus den Regalen zu nehmen, hat die Politik regulatorisch nachgezogen. Das ist richtig, bei bestimmten Themen geht der Handel voran, auch wir. Wir werden zum Beispiel unser gesamtes Eiersortiment auf Bruderhahn-Haltung umstellen. Diese Haltungsform stellt sicher, dass die Brüder herkömmlicher Legehennen nicht aussortiert, sondern ebenfalls aufgezogen werden. Wir brauchen aber als Handel auch die Menge in diesen neuen Haltungsformen. Gemeinsam mit unseren regionalen Partnern wollen wir solche Programme forcieren. Gerade beim Thema Fleisch tut sich zurzeit sehr viel. Um noch einmal auf das Thema Preise zurückzukommen: Mit dem Aus für Werkverträge und Leiharbeit hat die Fleischbranche bereits vor höheren Preisen gewarnt. Werden Sie diese Erhöhung an den Kunden weitergeben? Das Thema Werkverträge ist nicht neu. Wenn sie wegfallen, kann das temporär zu Preissteigerungen führen, ich glaube aber, dass sich das einpendeln wird. Preisschwankungen bei landwirtschaftlichen Produkten sind durchaus üblich. Der entscheidende Faktor ist, dass der Kunde einen höheren Preis akzeptiert. Wie sieht es bei Ihnen selbst beim Thema Werkverträge aus? Werkverträge sind bei uns kein Thema. Auch bei unseren Partnern achten wir auf solche Dinge. Anders als Schlachtbetriebe oder Unternehmen anderer Branchen musste der Lebensmittelhandel nicht coronabedingt schließen.
Dennoch hat die Pandemie einen Trend beflügelt: Immer mehr Lebensmittel werden online bestellt. Wie ist die Entwicklung Ihres Online-Geschäfts? Diese Entwicklung haben wir auch bei uns gemerkt. Der Hype lag zwar ganz klar zu Beginn der Pandemie, seither haben sich die Bestellungen aber auf einem erhöhten Niveau stabilisiert. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen, und die Anteile werden sich dynamisch weiter nach oben entwickeln. Derzeit liegen die OnlineUmsatzanteile bei uns noch im einstelligen Bereich. Aus meiner Sicht war Corona für den E-Commerce im Lebensmittelhandel in Deutschland eine Initialzündung. Die Entwicklung in den vergangenen Jahren war – anders als bei anderen Produkten – eher zäh. Es wird eine Umverteilung von Umsätzen in diesen Kanal geben, daran wollen wir partizipieren. Marktanteile und Umsatz sind aber nicht alles, das Modell muss auch wirtschaftlich tragfähig sein. Ist es das bei Ihnen? Ja. Darauf achten wir, sehen es aber vor allem als ergänzenden Service für den Kunden. Was wird vor allem online bestellt? Zu Beginn der Pandemie waren das die Klassiker wie Ravioli-Dosen, Toilettenpapier. Mittlerweile hat sich das Geschäft normalisiert, und es wird alles bestellt, was man zum Kochen braucht. Auch Produkte im Frischebereich werden stärker nachgefragt. Ist der Lebensmittelhandel in dieser Hinsicht ein Gewinner der Krise? Ich formuliere es mal umgekehrt: Der Lebensmittelhandel ist systemrelevant und dafür zuständig, die Versorgung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. Aufgrund von wegfallenden Restaurantbesuchen oder Mittagspausen mit Kollegen wird zu Hause gegessen. LEH-Vollsorti-
Foto:OleCordsen
menter mit breit gefächertem Waren- und Serviceangebot können den Wunsch nach „One-Stop-Shopping“ in Corona-Zeiten besonders gut erfüllen und werden folglich auch stärker frequentiert. Andererseits entstehen auch mehr Kosten, zum Beispiel für Sicherheits- und Hygienemaßnahmen für Kunden und Mitarbeiter oder Logistikaufwendungen. Wichtig ist auch, dass die Fachmieter an unseren Standorten gut durch die Krise kommen und dort keine Ausfälle entstehen. Aber wir werden als Branche stabil durch die Krise kommen. Als Gewinner sehe ich uns aber nicht. Man darf eine solche Phase auch nicht ausnutzen und meinen, jetzt Preise erhöhen zu müssen, weil gefühlt Knappheiten entstehen. Sie haben in der Pandemie auch ein neues Konzept an den Start gebracht: ein 24/7-Automat in Oldenburg. Wie ist das angelaufen? Geplant war das schon vor Corona. Der Pilot ist erfreulich angelaufen. Auch wenn während der Öffnungszeiten Kunden natürlich lieber in den nebenanliegenden Combi Markt gehen, sehen wir, dass der Automat außerhalb der normalen Öffnungs-
Wie sieht es denn mit dem Thema Fleischersatzprodukte aus? Inwieweit ist das für den Kunden grundsätzlich ein Thema? Fleischersatzprodukte sind schon lange kein Hype mehr, der Megatrend hält an, und dem müssen wir Rechnung tragen. Bei uns läuft das unter dem Motto „bewusstes Leben“. Insbesondere im urbanen Umfeld werden solche Produkte nachgefragt. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Sortimentsstruktur. Wobei die Umsatzanteile noch im einstelligen Bereich liegen. Gekauft werden vor allem Ersatzprodukte auf pflanzlicher Basis, beim Thema Insekten tut sich der Kunde schwer. Wobei sie lecker sind, wirklich. Für den Kunden ist der Gedanke, sie zu essen, jedoch noch befremdlich. Fleisch aus dem Labor wird auf absehbare Zeit kein Ersatz. Das würde auch regionale Strukturen konterkarieren. Das Jahr ist fast vorbei. Was erwarten Sie noch bis Ende des Jahres? Ich gehe davon aus, dass das Weihnachtsgeschäft früher beginnen wird als sonst. Aufgrund fehlender Urlaube gehen wir auch davon aus, dass der Bedarf höher sein wird als sonst. Insgesamt werden wir sicherlich, wirtschaftlich gesehen, positiv aus dem Jahr gehen. Ein Trend, dem wir in ausgewählten Märkten in diesem Jahr noch nachkommen, ist das Indoorfarming. Die ersten Gewächshäuser sind bereits aufgestellt.
Digitalisierung des Einkaufs: Das Pilotprojekt eines 24/7-Einkaufsautomaten hat die ersten Erwartungen übertroffen. Foto:NinaKallmeier
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
GELD & GESCHÄFT
Mode und Luxus ziehen nicht mehr In den exklusiven Geschäften auf den Champs-Élysées oder dem Ku’damm fehlen die Kunden / Online-Handel im Aufwind VON STEFAN WOLFF OSNABRÜCK „Wer
eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, stellte einst der Modeschöpfer Karl Lagerfeld fest. Wie sich Lagerfeld in Zeiten des Lockdowns gekleidet hätte, lässt sich leider nur vermuten. Beim Kaufverhalten der meisten Verbraucher haben sich deutliche Änderungen ergeben. Krawatte und Anzug haben ebenso ausgedient wie das Kostüm und hohe Schuhe. Im Kommen war dagegen „Loungeware“. So bezeichnet die Modebranche eher legere Klamotten wie T-Shirts, Sneaker und – ja – auch die Jogginghose. Eine Umfrage in den USA hat ergeben, dass sich nur jeder Zehnte für seinen Arbeitstag im Homeoffice zurechtmacht. In Deutschland dürfte es nicht anders sein. Um Modekonzerne und auf Mode spezialisierte Einzelhändler ist es nicht gut bestellt. Neben dem Trend zum Homeoffice macht Corona auf anderem Weg zu schaffen. Wegen des Lockdowns fielen Hochzeiten und andere Familienfeste aus. Für Abitur oder Hochschulabschluss gab es keine großen, offiziellen Abschlussfeiern. Kurzum: Es fehlte und fehlt an Gelegenheit, sich feierlich zu kleiden. Die Entwicklung hat Folgen. Der Modehersteller Hugo Boss meldete wegen der Geschäftsschließungen
während des Lockdown einen Umsatzeinbruch um fast 60 Prozent. Tom Tailor beantragte im vergangenen Juni ein Insolvenzverfahren. Für die „Überlebenden“ geht es nur langsam wieder bergauf, auch wenn die Geschäfte wieder geöffnet sind. „Kundenfrequenz (ist) wie erwartet geringer als vor Beginn von Covid-19“, heißt es beispielsweise im Geschäftsbericht zum 1. Halbjahr von Gerry Weber. In diesem Zeitraum ist der Umsatz bei den Westfalen um 40 Prozent eingeknickt. Der spanische Konzern Inditex, der in Deutschland unter anderem die Modekette Zara betreibt, hat im zweiten Quartal sogar einen Nettogewinn erzielt. Das Unternehmen hat konsequent auf das Onlinegeschäft gesetzt und die Abläufe dort optimiert. Die Kundinnen und Kunden können per App die Lagerbestände in den Filialen abfragen. Diese dienen gleichzeitig als dezentrale Lager für den Versand. Der Indidex-Aktienkurs erlebte eine Renaissance. Auch die schwedische Kette H&M schaffte es wieder in die schwarzen Zahlen. Allerdings wurde der Konzern erst kürzlich wegen des Ausspähens des eigenen Personals zu einer Geldstrafe in zweistelliger Millionenhöhe verurteilt, was die Bilanz belastet. Natürlich gibt es auch Profiteure. So hat der Trend zu Sneakern und bequemer Kleidung zu einem deut-
Bleiben Sie Kurz notiert immer informiert Digitalstrategie ausgezeichÜber unseren Wirtschaftsnewsletter erhalten Sie auch zwischen den Ausgaben von „Die Wirtschaft“ dreimal die Woche einen Einblick in die regionale Wirtschaft sowie Wissenswertes zu allgemeinen Wirtschaftstrends direkt per Mail. Die Anmeldung ist kostenfrei über www.noz.de/newsletter. Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 17. Dezember 2020. Anzeigenschluss für diese Ausgabe ist Freitag, 27. November 2020. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter der Adresse www.noz.de/wirtschaft.
GESCHÄFTSFÜHRER: Axel Gleie und Jens Wegmann CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (Vertreter des Chefredakteurs), Burkhard Ewert (Stellvertretender Chefredakteur) KOORDINATION: Nina Kallmeier AUTOREN DIESER AUSGABE: Marcus Alwes, Jana Derksen, Sebastian Hamel, Bertold Hamelmann, Finja Jaquet, Nina Kallmeier, Andreas Krzok, Thomas Ludwig, Hermann-Josef Mammes, André Pottebaum, Jörg Schürmeyer, Nadine Sieker, Raphael Steffen, Jürgen Wallenhorst, Stefan Wolff REDAKTION V.i.S.d.P.: Ralf Geisenhanslüke FOTOGRAFEN: Ole Cordsen, David Ebener, Michael Gründel, Stefan Hamel, André Havergo, Swaantje Hehmenn, Nils Hotfilter, Finja Jaquet, Ludger Jungeblut, Nina Kallmeier, Andreas Krzok, Nadine Sieker, Raphael Steffen, Hermann-Josef Tangen, Thorsten von Reeken VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co. KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 0541 310-330, Telefax 0541 310-266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail: diewirtschaft@ noz.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF: MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80, 49019 Osnabrück, Telefon 0541 310-500, Geschäftsführer: Sven Balzer, Anzeigen-/ Werbeverkauf: Sven Balzer, Ansgar Hulsmeier, Dirk Riedesel, Marvin Waldrich ANZEIGENANNAHME: Geschäftskunden: Telefon 0541 310-510, Telefax 0541 310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Coesfelder Hof 2, 48527 Nordhorn, Telefon 05921 707410, Verlagsleiter: Matthias Richter (V.i.S.d.P.) ANZEIGENANNAHME für Ausgabe Grafschaft Bentheim: Grafschafter Nachrichten GmbH & Co. KG, Telefon 05921 707-410; E-Mail: gn.media@gn-online.de, Leitung Mediaverkauf: Jens Hartert TECHNISCHE HERSTELLUNG: Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4, Osnabrück (Ausgabe Osnabrück/Emsland); Grafschafter Nachrichten, Coesfelder Hof 2, Nordhorn (Ausgabe Grafschaft Bentheim)
net: Der Autohändler Beresa hat den „Digital Automotive Award 2020“ der Zeitschrift Kfz-Betrieb mit seinem Business-IntelligenceKonzept „Beresa BI“ gewonnen. Das technische Fundament der Digitalstrategie bildet ein DatenHub auf Basis einer BI-Architektur, den der Autohändler gemeinsam mit der Osnabrücker MUUUH! Group umgesetzt und konzipiert hat. Die prämierte Beresa BI vereint Dutzende zuvor unabhängiger IT-Systeme. Spitzenplatz belegt: Die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZVSR) ist im Bereich „Culture“ beim Digital Leader Award 2020 unter den fünf Finalisten platziert. Die junge Stiftung erhält für den Aufbau und Betrieb des Verpackungsregisters LUCID sowie für ihre digitale Arbeitskultur eine Auszeichnung. Der Preis würdigt digitale Leuchtturmprojekte und Innovationstreiber aller Branchen und Unternehmensgrößen, welche die digitale Transformation forcieren und so deutsche Organisationen innovativ voranbringen.
Übernahme: Die Ossenberg Gruppe aus Rheine übernimmt Ganymed mit Sitz in Berg bei München. Der führende deutsche Hersteller für Hilfsmittel für Gehbehinderte erweitert damit sein Produktportfolio und bestätigt mit der Übernahme des mit vielen Design- und Produktawards hoch dekorierten Unternehmens seine Expansions-Strategie. Großprojekte: Depenbrock Bau aus Stemwede ist mit umfassenden Baumaßnahmen am Frankfurter Flughafen beauftragt worden. Dazu gehört der Anschluss der Terminals 1 und 2 an das zukünftige Terminal 3. Die größte Herausforderung dabei ist die behinderungsfreie Aufrechterhaltung des laufenden Verkehrsbetriebes für Fußgänger, Busse und Pkw in diesem hoch frequen-
Spürtebenfallsdie Krise:Louis-Vuitton-FilialeinBerlin.
lichen Umsatzsprung bei Nike geführt. Auch der Konkurrent Adidas konnte deswegen bessere Geschäfte vermelden. Ganz klar ist das Online-Geschäft der große Gewinner der Krise. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher meiden Fußgängerzonen und ShoppingMalls und bestellen lieber vom heimischen Schreibtisch aus.
Foto: dpa/Peer Grimm
Die Aktien des Modeversandhändlers Zalando haben seit Jahresbeginn rund 80 Prozent zugelegt und markierten jüngst ein Rekordhoch. Beteiligungen des Onlinegiganten Amazon nahmen eine ähnliche Entwicklung. Allerdings geraten Aktien der Tech-Riesen in den USA potenziell unter Druck, was an der Politik liegt. Sollte Joe Biden die
US-Wahl gewinnen, droht ihnen eine schärfere Regulierung. Ähnlich wie den Modewerten erging es im Zuge der Corona-Pandemie den Luxus-Aktien. Geschlossene Geschäfte, ausgefallene Feste und Empfänge und ausbleibende kaufkräftige Touristen machten den Herstellern von teuren Parfüms, Champagner und Handtaschen zu schaffen. Ein Grund: Wegen der Reisebeschränkungen blieben die kaufkräftigen chinesischen Touristen aus, die normalerweise die Duty-Free-Shops in den Flughäfen und die Edelboutiquen in den hochpreisigen Einkaufsmeilen von den Champs-Élysées in Paris bis zur Goethestraße in Frankfurt bevölkern und dort jede Menge Geld lassen. Für die Konzerne von Hermés bis Tiffany ist das ein Novum. Selbst in der Finanzkrise um die Pleite der Lehman Brothers herum waren sie vom Erfolg verwöhnt. Wer reich war, blieb es auch. Daran hat sich zwar auch jetzt nichts geändert – wohl aber änderten geschlossene Geschäfte etwas. Eine Handtasche für 8000 Euro etwa bestellt man nicht einfach so im Internet. Das Luxussegment an der Börse wird vor allem von den Big Five aus Frankreich bestimmt: Hermés, LVMH, Christian Dior, Kering und L’Oreal. Kering umfasst Marken wie Gucci, Brioni oder den Uhrenhersteller Girard Perregaux. Christian Dior profitiert davon, 40 Prozent an
LVMH zu halten. In guten Zeiten hübscht die Dividende die Bilanzen wie gewünscht auf. LVMH (Luis Vuitton Moet Hennessy) verkauft neben den im Namen enthaltenen Taschen und Spirituosen auch Uhren, Schuhe und andere edle Güter. L’Oreal ist mit seinen Haarpflegeprodukten auch „Normalsterblichen“ bekannt. Diese Eigenschaft teilt der Konzern mit dem dänischen Schmuckhersteller Pandora, der vergleichsweise gut durch die Krise gekommen ist. Das Unternehmen setzt konsequent auf Online-Vermarktung und hat zuletzt sogar die eigenen Prognosen deutlich angehoben. Pandora-Aktien sind seit Jahresbeginn um über 60 Prozent gestiegen. Unter Corona hat dagegen der US-amerikanische Edeljuwelier Tiffany’s gelitten. Das Unternehmen hat etliche Geschäfte schließen müssen, im zweiten Quartal ist man wieder in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Trotzdem droht die milliardenschwere Übernahme durch LVMH zu platzen. Die Franzosen fürchten höhere Steuersätze in den USA und haben deshalb den Amerikanern eine Absage erteilt. Tiffany’s reagierte mit einer Klage, LVMH konterte mit einer Gegenklage, sodass wohl am Ende die Gerichte entscheiden werden, wie es mit den beiden weitergeht. Ein gemütliches Frühstück bei Tiffany’s sieht anders aus.
Delticom AG bleibt gut in der Spur tierten Bereich des Flughafens. Die gesamte Baumaßnahme besteht aus mehreren Modulen, die im Zuge der Bauausführung aufeinander aufbauend abgewickelt werden. Dabei sind unter- und oberirdische Neubauten für die Anbindungen an den Fernbahnhof, das Terminal 1 und das am Flughafen ansässige Hotel abzuwickeln. Im Ranking gestiegen: Bewegung im Smart City Index des Digitalverbands Bitkom: Beim Digital-Ranking der 81 deutschen Großstädte kommt es 2020 zu zahlreichen Positionswechseln. Neu in den Top 10 sind Osnabrück (Niedersachsen) und Aachen (Nordrhein-Westfalen). Während Aachen mit dem elften Rang 2019 nur knapp einen Platz unter den besten zehn verfehlt hatte, geht es für Osnabrück als 31. des Vorjahres viele Plätze nach oben. Der Smart City Index analysiert und bewertet die Städte in fünf Kategorien: Verwaltung, IT-Infrastruktur, Energie/Umwelt, Mobilität und Gesellschaft. Für jede Stadt wurden 136 Parameter untersucht – von Online-Bürger-Services über SharingAngebote für Mobilität und intelligente Ampelanlagen bis hin zur Breitbandverfügbarkeit. Messebeteiligung: Der Automobilzulieferer Boge Rubber & Plastics aus Damme hat seine Produkte auf der „Beijing International Automotive Exhibition 2020“ (Auto China 2020) in Peking präsentiert. Auf dem Stand der chinesischen Muttergesellschaft China Railway Rolling Stock Corporation (CRRC) stellte die Boge Rubber & Plastics Group den Messebesuchern einen Teil ihres Produktspektrums rund um ihre Automobil-Kompetenz vor. Auf besonders großes Interesse stieß das Thema Leichtbau und hier vor allem die Kunststoff-Pedalerien sowie im Bereich Elektromobilität die E-Motorlager und E-Motor-Hilfsrahmenlager, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung.
United Labels AG stellt sich den Beeinträchtigungen entgegen
VON JÜRGEN WALLENHORST Der Gewinner der diesmaligen Börsen-Rallye kommt aus der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover und ist ein börsennotierter Online-Reifenhändler. Die Delticom AG bietet Privat-undGeschäftskundeneinbreitgefächertes Reifensortiment aus mehr als 100 Marken und über 25 000 Reifenmodelle für Pkw, Motorräder, Lkw, Nutzfahrzeuge und Busse an. Kompletträder und Felgen komplettieren das Produktangebot. In 73 Ländern betreibt die Gesellschaft 475 Onlineshops sowie Onlinevertriebsplattformen und betreut darüber mehr als 14 Millionen Kunden. Der Aktienkurs der Delticom AG befand sich im vergangenen Jahr auf einer Berg-und-Tal-Fahrt; in der Halbjahresbilanz wurde die Umsatzprognose für 2020 zwischen 550 bis 570 Millionen Euro gesenkt, die Ergebnisprognose für 2020 aber angehoben (Ebitda zwischen fünf bis acht Millionen Euro) – und die besseren Halbjahreskennzahlen sprachen für sich. Nach einer Verdopplung im August verlor das Papier zwar erneut deutlich an Wert, doch auf realtiv hohem Niveau. In der Dreimonatebilanz gewann das Papier 36,19 Prozent hinzu. Das neue Vorstandsmitglied Dr. Harald Blania – bisher Chief Performance Manager (CPM) – soll nun die laufende Restrukturierung, die „auch die Durchführung eines M&A-Prozesses vorsieht“, begleiten und zum Erfolg bringen. Neben der Forcierung von profitablem Wachstum bemüht sich das Unternehmen, Fremd- und Eigenkapital einzusammeln. Bis Februar 2021 soll sich abzeichnen, wie es nach der Sanierungsphase von 2022 an weitergeht. Einen etwas höheren Prozentsatz – nämlich 39,05 Prozent – büßte das Papier der in Münster beheimateten Untited Labels AG in den vergangenen drei Monaten ein. Das Unterneh-
Delticom AG
Angaben in Euro 4,8
HANNOVER/MÜNSTER
4,4 4,0 3,6 3,2 2,8 2,4 2,0
Juli
August
September
United Labels AG
Oktober Angaben in Euro
1,7 1,6 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0
Juli
August
menisteiner derführenden Hersteller und Vermarkter von Comic-Lizenzprodukten in Europa. Es nimmt eine Schlüsselposition zwischen Lizenzgeber und Handel ein, denn mit dem umfangreichen Produktsortiment (wie Kleidung, Geschenkartikel, Accessoires, Schreibwaren und mehr) und einem attraktiven Lizenzportfolio ist das Unternehmen im Bereich Comicware für beide Seiten ein kompetenter Ansprechpartner. In den ersten neun Monaten 2020 erzielte der Konzern einen Umsatz von 8,8 Millionen Euro (Vorjahr: 10,3 Millionen Euro); der Ebitda betrug 1,1 Millionen Euro (Vorjahr: 1,6 Millionen Euro), der Ebit
September
Oktober
0,9 Millionen Euro (Vorjahr: 1,4 Millionen Euro) und der Jahresüberschuss 0,6 Millionen Euro (Vorjahr: 0,9 Millionen Euro). Der Auftragsbestand stieg nach Aussage des Unternehmens zum 30. 9. um 16,5 Prozent. Nach aktueller vorsichtiger EinschätzunggehtdieUnitedLabelsAGfürdas Geschäftsjahr 2020 von einem Umsatz leicht über bzw. auf Vorjahresniveau und einem positiven Ebit aus. Gleichzeitig verweist das Unternehmen auf schwierige Rahmenbedingungen und mögliche Effekte aufgrund von Covid-19-Beeinträchtigungen für das vierte Quartal. Keine guten Zeiten für Anleger.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
GELD & GESCHÄFT
„Mitarbeiter sind die größte Firewall eines Unternehmens“ Wie stark ist die Bedrohung, und wie wehren Firmen am besten Angriffe von Hackern ab? VON JANA DERKSEN E-Mails OSNABRÜCK/MEPPEN schreiben, Produkte online konzipieren oder Rechnungen verschicken – viele Prozesse in Unternehmen werden digital gesteuert. Greift ein Hacker die Informationstechnik (IT) an, kann dies fatale Folgen haben. Wenn zum Beispiel ein Lieferschein nicht mehr ausgestellt werden kann, können Lastwagen nicht starten. Die Ware bleibt im Lager liegen. Dieser wirtschaftliche Schaden kann für das Unternehmen teuer werden. Das zeigt das Beispiel des Osnabrücker Kupferverarbeiters KME: Hier richtete ein Hackerangriff im August einen Millionenschaden an. Sechs Tage lang stand bei KME so gut wie alles still. Hacker hatten das Computersystem des Unternehmens angegriffen und Daten illegal verschlüsselt. Eine Sprecherin sagte unserer Redaktion damals, dass die Cyberattacke zunächst die E-Mailund Datenserver bei KME außer Gefecht gesetzt habe, sodass weder Dokumente abrufbar waren noch EMails gesendet oder empfangen werden konnten. Später sei es auch zu teils massiven Einschränkungen in der Fertigung und im Wareneingang gekommen. „Betriebsunterbrechungen sind eine der häufigsten und in der Regel die teuersten Folgen von Cyberattacken“, schreibt etwa der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einem Report. Pro Jahr beträgt der Schaden über 100 Milliarden Euro, so das Ergebnis einer Bitkom-Studie in diesem Jahr. Am höchsten sind demnach die Kosten für Ermittlungen und Ersatzmaßnahmen (36,5 Milliarden Euro), gefolgt von Kosten für Rechtsstreitigkeiten (31,2 Milliarden Euro), Patentrechtsverletzungen (28,6 Milliarden Euro) und Ausfall oder Schädigung von Betriebsabläufen (27 Milliarden Euro). Die aktuelle Gefährdungslage ist weiterhin geprägt von Cyber-Angriffen mit Schadsoftware, so das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Lagebericht 2020. Allein zwischen Juni 2019 und Mai 2020 seien 117,4 Millionen neue Varianten hinzugekommen, somit etwa 320 000 neue Schadprogramme pro Tag. Die Flut an SpamE-Mails nehme zu. Weiterhin dominant sei die Schadsoftware Emotet, die das BSI vor rund zwei Jahren als gefährlichste Schadsoftware der Welt bezeichnet hatte. Emotet wird meist in einer für den Empfänger echt aussehenden E-Mail verschickt. Wenn der Empfänger den Anhang der E-Mail öffnet, wird eine Schadfunktion geladen, und das Computersystem ist infiziert. Der Angriff auf Unternehmen muss laut Christian Gäbel, Berater bei der pco GmbH – einem Osnabrücker Dienstleister für Informationssicherheit – aber nicht sofort passieren. Oft würden Angreifer Tage oder Wochen im Netzwerk des Kunden sein und Schwachstellen für den Angriff vorbereiten. Die IT-Dienstleitstungsfirma pco integriert Hard- und Software in Unternehmen, führt Cloud-Lösungen ein oder managt die firmeneige-
FalscheNachricht: Mitarbeiter werdendurch E-Mails,diescheinbarvom realenGeschäftspartnersind, verleitet,aufgefährliche Linkszuklicken.
ne Firewall, also das Sicherungssystem, das ein Netzwerk vor unerwünschtem Zugriff über das Internet schützt. Cyber-Angreifer ließen sich Zeit und bereiteten den Angriff gut vor, so die Erfahrung von Gäbel. Und: „Meist schlagen die Angreifer in der Nacht zu.“ Dann sei keiner im Betrieb. Der Angriff falle nicht sofort auf. Zudem hinterlassen Angreifer häufig Erpresserschreiben und fordern Geld. So wie beim Hackerangriff auf die Uni-Klinik in Düsseldorf im September. Die IT des Krankenhauses war zwischenzeitlich ausgefallen. Eine lebensbedrohlich erkrankte Patientin konnte nicht aufgenommen werden und wurde in ein Krankenhaus in Wuppertal gebracht. Die Behandlung konnte erst mit Verspätung erfolgen. Kurze Zeit später verstarb die Frau. Dabei wollten die Angreifer vermutlich gar nicht die Uni-Klinik, sondern die Universität treffen. An diese war auch das Erpresserschreiben gerichtet. Die Düsseldorfer Poli-
„Meist schlagen die Angreifer in der Nacht zu.“ Christian Gäbel, Berater für Informationssicherheit, pco GmbH
zei hat nach eigenen Angaben bei diesem Hackerangriff Kontakt zu den Tätern über das Darknet aufgenommen und mitgeteilt, dass die Angreifer ein Krankenhaus und nicht die Universität getroffen haben. Daraufhin haben die Täter laut Polizei die Erpressung zurückgezogen und einen digitalen Schlüssel ausgehändigt, mit dem die Daten wieder entschlüsselt werden konnten. „Wenn man das so sagen kann, gibt es sogar bei den Hackern eine gewisse Ehre“, sagt IT-Berater Gäbel. „Aber Vorsicht, Angreifer kommen wieder.“ Schließlich haben sie häufig über Wochen die Systeme nach Lücken ausspioniert. Ob eine Firma auf ein Erpresserschreiben eingehen sollte, hängt laut Gäbel auch davon ab, ob man die Zeit habe, das System wiederherzustellen. Die Wiederherstellung dauerte laut einer Forsa-Studie im Auftrag des GDV im Jahr 2020 bei zwei Dritteln der mittelständischen Firmen länger als zwei Tage. Bei rund 35 Prozent der betroffenen Unternehmen konnte die Schadsoftware am ersten Tag beseitigt werden. Ob Daten wiederhergestellt werden, hängt auch von präventiven Maßnahmen ab. Gibt es zum Beispiel einen Backup-Server, auf dem alle Daten gespeichert sind? Und der nicht angegriffen wurde, weil er durch ein Administrator-Passwort ausreichend geschützt war? Backup-Konzepte prüft zum Beispiel die Unternehmensberatung für IT-Sicherheit Consecur aus Meppen. Doch dieses Konzept sei nur ein Mittel von vielen in der IT-Sicherheit, sagt Kristina Leopold von Consecur. Die Berater schulen zudem IT-Fachkräfte in Unternehmen darin, wie Netzwerkprotokolle aufgebaut sind, welche Informationen in ihnen versteckt sind und wie diese für Angriffe ausgenutzt werden können. Denn: „Ein System ist nie zu hundert Prozent sicher“, sagt Leopold. Was können Firmen also für mehr Computer-
So lange dauert es, die IT-Systeme wiederherzustellen 35 % der Betroffenen konnten die Systeme am ersten Tag wiederherstellen 42 % brauchten bis zu drei Tage
22 % der Betroffenen
benötigten mehr als drei Tage
1 Tag Umfrage auf Basis von 300 Unternehmen
2 Tage
3 Tage Quelle: Forsa/Studie Cyberrisiken im Mittelstand, GDV e.V. · Grafik: Matthias Michel
Foto: imagoimages/everythingpossible
sicherheit tun? Gut geschulte Mitarbeiter sind mit der effektivste Schutz, sagen Experten. Mitarbeitern wird zum Beispiel gezeigt, wie sie falsche E-Mails erkennen können. pco aus Osnabrück setzt nicht
nur auf Schulungen. An die Mitarbeiter ihrer Kunden schickt sie als Test Phishing-Mails. Diese sind zwar nicht schädlich, aber über diesen Weg können die ITExperten wie Gäbel sehen, welcher
Mitarbeiter auf den Link in der EMail klickt und seine Benutzerdaten hinterlässt. Diesen sprechen sie dann an, um ihn besser auf raffinierte Phishing-Mails vorzubereiten. „Mitarbeiter müssen fit gemacht werden. Denn Mitarbeiter sind die größte Firewall eines Unternehmens“, sagt Gäbel. Viele würden aus Unachtsamkeit auf einen Link klicken und denken: „Es wird schon gut gehen“, berichtet Gäbel. Neben Schulungen für Mitarbeiter sollten laut IT-Experten verschiedene Schwachstellen in den Systemen von Firmen, über die Angreifer einfallen, gefunden werden. Deshalb sei es am besten, präventiv vorzugehen, sagt Gäbel. Zuerst würde die Hardund Software überprüft. Mit Updates können dann die ermittelten Sicherheitslücken regelmäßig behoben werden. Seine Firma überprüfe auch bei kleineren Unternehmen unter anderem deren IT-Systeme wie Webserver, Firewall oder VPN-Einwahlsystem täglich oder monatlich. „Wir schauen uns alle Anwendungssysteme an“, sagt Gäbel. Dann werde ein Vorschlag erarbeitet, der zeigt, wie die Firma das System sicher gestalten könne. „Kleine Firmen tun meist wenig für ihre IT-Sicherheit“, sagt der Berater. „Wir managen für Kunden zum Beispiel Endgeräte und prüfen diese auf einen aktuellen Virenschutz oder die Firewall.“ Bei größeren Betrieben gebe es weitere Spezialsysteme.
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GELD & GESCHÄFT
„Der Nasenfaktor muss stimmen“ Online-Konkurrenz in der Versicherungsbranche: Fachmann sieht direkten Kundenkontakt nicht gefährdet VON SEBASTIAN HAMEL NORDHORN André Averes wurde sein berufliches Handeln quasi in die Wiege gelegt: Seine Eltern führten eine Generalagentur der Württembergischen Versicherung in Nordhorn, und so absolvierte er nach dem Abitur 1990 selbst eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann. In den Räumlichkeiten des elterlichen Betriebs leitet er nun seit 2007 eine Generalvertretung der Allianz. In den 30 Jahren seiner Berufstätigkeit hat sich auch in seiner Branche vieles in Richtung Digitalisierung gewandelt. Doch trotz der Möglichkeit, alle verfügbaren Versicherungen einfach online abzuschließen, sieht er den Job des Versicherungsvertreters nicht gefährdet – denn gerade bei kostenintensiveren Absicherungen wünschten sich viele Kunden den direkten Kontakt zu einem realen Menschen. Für etwa 2000 Klienten ist Averes zuständig, darunter sowohl Privat- als auch Firmenkunden, wobei Letztere vor allem kleine und mittelständische Unternehmen ausmachen. Das Aufgabenspektrum reicht also vom Abschluss einer Auslandsreise-Krankenversicherung bis zur Betreuung eines ganzen Betriebs. Noch gut erinnert sich der Nordhorner an die Zeit, als er ins Berufsleben startete. „Damals lief noch vieles analog ab. Meine Eltern gehörten zu den Ersten, die mit Computern arbeiteten“, berichtet er. Die
Tarife seien damals aus dem Tarifheftchen gekommen – inzwischen laufe alles nur noch über die Online-Anbindung. Von großer Bedeutung seien heute eine gute Erreichbarkeit sowie eine kurzfristige Abarbeitung der Anliegen, etwa wenn es um die Abwicklung eines Schadensfalls gehe. So habe auch die Möglichkeit der Online-Beratung bei der Kommunikation zwischen Versicherungsvertreter und Klienten längst Einzug gehalten hat. „Niemand muss mehr zwingend ins Büro kommen. Ich betreue auch Kunden aus München. Heute ist es kein Problem, Entfernungen zu überwinden“, sagt er. Im Zuge der Corona-Pandemie habe man diesbezüglich nochmals aufgerüstet. „Wir streben ein papierloses Büro an und bedienen alle digitalen Kanäle.“ So ist
„Niemand muss mehr zwingend ins Büro kommen.“ André Averes, Versicherungskaufmann
inzwischen auch eine Begutachtung per Video möglich, zum Beispiel bei einem Wasserschaden. Im Laufe der Jahre habe sich neben den technischen Bedingungen auch der „Bauchladen“, also die Palette an Angeboten, erheblich erweitert. „Berufsunfähigkeitsversicherung, betriebliche Altersvorsorge oder die Finanzierung von Immobilien waren damals noch kein Thema“, sagt er. Mit Blick auf den Informationsaustausch gebe es heute viele „hybride Kunden“, stellt André Averes fest: Gerade jüngere Leute schauten zuerst ins Internet, um dann vor Ort eine endgültige Beratung zu erhalten. Im für ihn ungünstigen Fall – so wie in anderen Geschäften auch – kann es natürlich auch umgekehrt laufen, dass nach einem ausgiebigen Gespräch das gewünschte Angebot doch eigenständig aus dem Netz gefischt wird. Die große Flut an Informationen berge für Kunden auch die Gefahr, sich falsches Wissen anzueignen, und führe grundsätzlich zu einer anderen Erwartungshaltung, meint Averes: Die Zeiten, in denen aus drei Angeboten einfach das mittlere ausgewählt wurde, sind also vorbei. „Unser Job ist es, die große Informationsflut zu verarbeiten und gefiltert an die Kunden weiterzugeben.“ Viele Produkte – wie etwa eine Berufsunfähigkeitsversicherung – seien sehr beratungsintensiv: „Eine fundamentale Absicherung darf keine leichtfertige Entscheidung sein.“
Seit 30JahrenimJob:AndréAveres.
Auch der Aspekt des Datenschutzes spiele dabei eine Rolle: „Gebe ich als Kunde sensible Daten wie Gesundheits- und Finanzfragen einfach irgendwo im Internet ein oder sage ich es dem Vertreter vor Ort?“ Ein interessanter Fakt dazu: Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom sagen 29 Prozent der Deutschen, sie würden ihrer Versicherung Daten über ihr Verhalten zur Verfügung stellen, um darauf
Foto: Sebastian Hamel
basierende Versicherungsprämien angeboten zu bekommen. Unter den 18- bis 29-Jährigen liegt der Zustimmungswert sogar bei 41 Prozent. Averes selbst durchläuft Jahr für Jahr etliche Fortbildungsstunden, um in den vielfältigen Bereichen seiner Branche sowie auf dem sich häufig ändernden Gebiet der gesetzlichen Vorgaben stets auf dem Laufenden zu sein. Und nicht selten verlangt ihm der Job neben dem inhaltlichen Wis-
sen auch empathische Kompetenzen ab, wenn etwa nach einer Trennung oder einem Sterbefall die Dinge neu geordnet werden müssen und bei den Kunden die Nerven blank liegen. Der Nordhorner schätzt es jedoch an seiner Arbeit, mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun zu haben und täglich neue Herausforderungen zu stemmen. Er setzt auf Seriosität – und distanziert sich dabei auch ausdrücklich vom Bild des windigen Typs, der an den Türen klingelt und alten Damen unnötige Versicherungen aufschwatzt. „Ich bin kein Freund der Kalt-Akquise“, sagt er. In einer solch unseriösen Form werde diese auch nicht mehr praktiziert. Vertreter müssten heute im Gegensatz zu früheren Zeiten eine Qualifikation aufweisen. „Wir leben eher von Empfehlungen und Referenzen. Ich habe lieber langfristige Kunden als solche, die eine schnelle Unterschrift leisten.“ Letztlich spiele das Vertrauen eine große Rolle. „Früher wie heute gilt: Der Nasenfaktor muss stimmen“, bringt Averes es auf den Punkt. Natürlich gelte es, auf Veränderungen zu reagieren – oder besser noch, diese im Vorfeld schon zu sehen: „Man muss mitschwimmen, sich neu aufstellen und den Produktveränderungen nachkommen.“ Den direkten Kundenkontakt aber werde es immer geben: „Ob im persönlichen Gespräch, per Telefon, Video, E-Mail oder Messenger – hier ist und bleibt ein direkter Ansprechpartner.“
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
GELD & GESCHÄFT
Wann erwischt die Insolvenz-Welle die Wirtschaft? Creditreform-Geschäftsführer Volker Ulbricht über die Krux der Zahlen und weiter steigende Insolvenzschäden VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK Mit Sorge hat die Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 auf den Herbst geschaut: Wie wird die Bonität der Firmen bis dahin sein? Rollt die Insolvenzwelle? Ein Gespräch mit Volker Ulbricht, Hauptgeschäftsführer im Verband der Vereine Creditreform, über die aktuelle Lage und Erwartungen.
Herr Ulbricht, seit Monaten wird vor einer Insolvenzwelle gewarnt – bislang ist sie ausgeblieben. Wann kommt sie? Eigentlich müssten gerade jetzt viele Unternehmen zum Amtsgericht gehen und einen Insolvenzantrag stellen. Denn die Aussetzung der Antragspflicht für zahlungsunfähige Firmen ist am 30. September ausgelaufen – sie wurde nur für überschuldete Unternehmen verlängert – und es hat sich ein großer Nachholbedarf aufgestaut. Aktuell erwarten wir für das Jahr 2020 insgesamt etwa 17 000 bis 18 000 Insolvenzverfahren – im Hochkonjunkturjahr 2019 waren es noch 18 800. Mit welcher Zahl haben Sie vor der Pandemie gerechnet? Vor der Pandemie hat es keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass die Zahl der Insolvenzen in diesem Jahr abnehmen könnte. Dass die Zahl tatsächlich gesunken ist – trotz Pandemie – ist nur damit zu erklären, dass
auch viele Trittbrettfahrer Hilfen in Anspruch genommen beziehungsweise von der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht profitiert haben. Ich rechne damit, dass die Insolvenzwelle im ersten Quartal 2021 ihren Höhepunkt erreichen wird. Insgesamt rechnen wir jetzt mit bis zu 24 000 Verfahren im kommenden Jahr. Deutschland ist stolz auf seinen Mittelstand – Ihrer Studie zufolge geht es ihm jedoch so schlecht wie nie. Sind Mittelständler stärker von der Pandemie betroffen als Großkonzerne? Ja, die Pandemie trifft in der Tendenz eher kleine und mittlere Unternehmen, jene, die auf dem Binnenmarkt tätig sind. Und sie trifft vor allem Branchen, die stark mittelständisch geprägt sind. Dazu zählen Hotellerie, Gastronomie, Veranstaltungswesen und die Kultur, aber auch der exportabhängige Maschinenbau. Insofern ist der Mittelstand überproportional betroffen. Wie war die Ausgangslage dieser Firmen vor der Krise? Die Ausgangslage war gut, und davon profitieren viele heute. Deutsche Unternehmen haben seit der Finanzkrise 2009 aufgrund der sehr guten konjunkturellen Lage bis einschließlich 2019 ihre Eigenkapitalsituation verbessert. Auch heute noch – nach sieben Monaten Corona-Pandemie –
sonders stark betroffen sind, hat sich die Zahlungsmoral verschlechtert.
2021 rechnetCreditreform mit bis zu24.000 Insolvenzen.
weisen etwa ein Drittel noch eine Eigenkapitalquote von 30 Prozent oder mehr aus. Insofern sind sie mit einem guten Polster in die Krise gegangen. Der Absturz war für manche allerdings brutal. Und die Erholung verläuft sehr unterschiedlich. Von einem Niveau wie 2019 sind die meisten Branchen weit entfernt. Die Politik hat viel getan, um die Folgen der Pandemie für Unternehmen abzuschwächen. Wie positiv hat sich das auf die Zahlungsmoral ausgewirkt? Das Zahlungsverhalten ist bundesweit, wenn man den Durchschnitt aller Branchen betrachtet, in Ord-
Foto:imagoimages/MichaelWeber
nung. Anfang Oktober wurden Rechnungen durchschnittlich elf Tage nach Fälligkeit bezahlt. Das hört sich im ersten Moment schlimm an, aber auch zu den allerbesten Zeiten werden Zahlungsziele im statistischen Mittel überschritten. Das ist allerdings die relativ glatte Oberfläche, darunter verbirgt sich die heterogene Entwicklung der unterschiedlichen Branchen. Die schlechteste Zahlungsmoral gibt es derzeit im Reisesektor. Bei Reisebüros ist die Überfälligkeit auf 50,5 Tage gestiegen. Das ist dramatisch schlecht. Auch in der Gastronomie, der Hotellerie, in Kultur, Sport und Veranstaltungen – in all den Branchen, die be-
Wenn die Liquidität vor allem aus Krediten kommt, wie groß ist die Gefahr einer Überschuldung? Zusätzliche Kredite bedeuten natürlich eine Verschlechterung der Bilanzqualität. Wenn das Fremdkapital vor allem dazu genutzt wird, Verluste zu finanzieren, kann das zu Überschuldung führen. Maßnahmen wie insbesondere das Kurzarbeitergeld sind zwar hochwirksam und bringen die Unternehmen durch die Krise, können aber auch dazu führen, dass Strukturen konserviert und notwendige Anpassungen verschleppt werden. Dazu bleibt die Geschäftslage in vielen Branchen aber weiterhin katastrophal. Das ist dann tatsächlich ein langfristiges Risiko für die Unternehmensstabilität. Die Insolvenzverordnung wird gerade geändert, um in einem Vorverfahren bereits die Weichen für eine Sanierung des Unternehmens zu stellen. Eine sinnvolle Änderung? Grundsätzlich schon. Die Frage ist nur, welche quantitative Bedeutung hat das? Spielt der Präventive Restrukturierungsrahmen für die breite Masse eine Rolle oder ist er – wie derzeit das Schutzschirmverfahren – etwas, das letztlich nur große Unternehmen stemmen können? Ich glaube, es ist Letzteres. Es ist etwas für den gehobenen Mittelstand, der in
der Lage ist, so etwas vorausschauend und unter Hinzuziehung von externem Sachverstand anzugehen, aber nichts für den kleinen Handwerksbetrieb. Wie vielen Unternehmen ist es denn heute schon möglich, sich im Eigenverfahren zu sanieren? Für 2019 haben wir 260 Verfahren in Eigenverwaltung registriert. Im Vergleich zu 18 800 Unternehmensinsolvenzen ist das eine verschwindend geringe Zahl. Es sind vor allem große und prominente Unternehmen, die ein solches Verfahren durchlaufen, und zu einem Zeitpunkt, wo noch genügend Geld in der Kasse ist. Karstadt Kaufhof ist ein aktuelles Beispiel. Der durchschnittliche Schaden einer Insolvenz ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Setzt sich der Trend fort? Ja, das hängt damit zusammen, dass es der deutschen Unternehmenslandschaft so geht wie der Bevölkerung: Sie altert. Es ist zwar immer wieder die Rede von hippen Startups, aber das ist eine vernachlässigbare Zahl. Das bedeutet: Es werden tendenziell weniger Unternehmen gegründet, die bestehenden werden älter und sind größer. Damit hat das durchschnittliche insolvente Unternehmen im Zweifelsfall mehr Mitarbeiter und verursacht größere Schäden als noch vor zehn Jahren.
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„Wirtschaftspolitik hatte ihre Erfolge“ Vier Jahre Donald Trump im Oval Office: IHK-Präsident Uwe Goebel blickt zurück – und nach vorne Positive Bilanz der Wirtschaftspolitik aus Sicht der Region. Protektionismus ist keine Erfindung der Amerikaner. 300 Unternehmen mit Verbindungen in die USA. VON NINA KALLMEIER OSNABRÜCK/MEPPEN/LINGEN/ NORDHORN Vor vier Jahren ist
Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt worden. Wie ist es der regionalen Wirtschaft seither in ihren Wirtschaftsbeziehungen zu den USA ergangen? Und kann sich die Politik in Deutschland möglicherweise etwas abschauen? Wie steht es um die Erwartungen an die nächste Regierung? Ein Interview mit Uwe Goebel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Herr Goebel, als Donald Trump vor vier Jahren zum Präsidenten gewählt wurde, was war Ihr erster Gedanke? Schon im Wahlkampf hatten wir von Donald Trump einige Ansprachen und Tweets erlebt. Trump hatte eine klare protektionistische Agenda, die sich zu dem damaligen Zeitpunkt auch ganz deutlich gegen die deutsche Automobilindustrie gerichtet hat. Andererseits hatte Trump auch die größte Steuerreform aller Zeiten angekündigt. Das war wiederum ein positives Signal, nicht nur, aber eben auch für unsere regionalen Unternehmen, die mit den USA wirtschaftlich verbunden sind. Insofern ist die regionale Wirtschaft von vornherein mit gemischten Gefühlen in diese Präsidentschaft gegangen. Die Automobilindustrie – eine wichtige Branche auch für die Region – ist bis heute ein rotes Tuch für Trump. Dennoch sind die angekündigten Zölle bislang nicht umgesetzt. Ein positives Signal? Zölle auf deutsche Autos sind nach wie vor ein Damoklesschwert. Auch Experten aus dem Außenministerium hatten schon vor einem halben Jahr befürchtet, dass Trump die Autozölle während seines Wahlkampfs aus der Kiste holt. Gut, dass dies bislang nicht passiert ist. Dennoch bleibt die Skepsis: Insgesamt ist Donald Trump in seiner Amtszeit sehr protektionistisch unterwegs. Ohne Frage, und „Make America great again“ ist nach wie vor sein Motto. Mit welchen Erwartungen ist die regionale Wirtschaft in die Trump-Ära gegangen? Wir hatten die Befürchtung, dass unsere Wirtschaft unter dem angekündigten Protektionismus leiden würde. Wir sind eine Exportnation, da treffen solche Maßnahmen besonders hart. Es bestand aber immer auch die Hoffnung, dass das Thema Steuerreform unseren Unternehmen in die Karten spielt. Hat es das? Wie wichtig sind die USA als Handelspartner für unsere Region? Das hat es in der Tat. In Niedersachsen haben die Unternehmen allein
DieWirtschaftspolitikvonUS-Präsident DonaldTrump siehtIHK-PräsidentUweGoebelnichtdurchwegkritisch.Die Steuerreformzum Beispiel habefür UnternehmenVorteilegebracht.
in den vergangenen zwei Jahren mit den USA einen Außenhandelszuwachs von 13 Prozent erzielt, das entspricht einem Volumen von rund 700 Millionen Euro. Daher ist der US-Markt zuletzt immer wichtiger geworden. Im IHK-Bezirk machen fast 300 Industrieunternehmen mit den USA Geschäfte, wobei der Export überwiegt; 40 Firmen haben eine eigene Niederlassung oder Betriebsstätte dort. Wir sind also eng mit den USA verzahnt. Da insgesamt in der Region jeder dritte Industriearbeitsplatz am Export hängt, spielen auch die USA für die Beschäftigung eine große Rolle. Wenn der Export in die USA läuft, freuen sich auch unsere regional stark aufgestellten Logistik-Unternehmen.
„Der Tendenz zur Abschottung dürfen wir nicht folgen.“ Uwe Goebel, IHK-Präsident
Was hat zu diesem Schub in den vergangenen zwei Jahren geführt? Das ist vor allem auf das Wirtschaftswachstum in den USA zurückzuführen, von dem auch unsere Unternehmen profitiert haben. Ich gehe – trotz Corona – davon aus, dass sich dies in den kommenden Jahren fortsetzt. Dem liegen die Steuerreform und eine insgesamt wirtschaftsfreundliche Politik der Trump-Administration zugrunde. Die USA haben die Steuerquote für ihre Unternehmen von 39 auf 26 Prozent gesenkt. Das wäre übrigens auch mal eine Anregung für die deutsche Politik. Wir haben hier seit 2008 keine Steuerreform gehabt, und für die Kapitalgesellschaften ist die Steuerquote in dieser Zeit von 30 auf 31 Prozent gestiegen. Für Personengesellschaften liegt sie in der Spitze bei über 40 Prozent. Würden Sie sich da wünschen, dass in Sachen Wirtschaftspolitik etwas mehr Trump in der Bundesregierung steckt? Steuerpolitisch ja. Außenpolitisch nein. Der Tendenz zu Abschottung und Protektionismus dürfen wir nicht folgen. Denn unsere Wirtschaft basiert auf Freihandel. Was wir jedoch aktuell erleben, ist eine Spirale von Sanktionen und Gegensanktionen, insgesamt gibt es weltweit immer mehr Handelshemmnisse. Den Freihandel einzuschränken ist allerdings keine Besonderheit der USA, sondern steht auch in der EU auf der Tagesordnung. Ich fürchte etwa, dass Europa durch den Green Deal auf dem Weg ist, fehlende Umweltstandards in anderen Ländern mit Abgaben zu belegen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das nützt uns allenfalls vordergründig. Tatsächlich torpediert das den Gedanken des freien Handels und damit das Fundament unseres Wohlstands. Daher sehe ich solche Maßnahmen kritisch.
Also erst an die eigene Nase fassen, bevor man die USA für ihren Weg kritisiert? Richtig, um Protektionismus zu erleben, muss man nicht bis in die USA schauen. Unsere IHK-Position ist, den Freihandel zu fördern und Klimaschutz und Sozialstandards über politische Instrumente abzusichern, nicht über neuen Protektionismus. Das ist der falsche Weg. Was bei dem Blick auf den USPräsidenten hängen bleibt, ist seine Politik über Twitter mit allen Irritationen, die dies verursacht. Wirtschaftlich gesehen, ziehen Sie ein positives Fazit. Offensichtlich schaffen Twitter und die Tweets des Präsidenten Unsicherheiten, Irritationen und beeinflussen sogar Börsenkurse. Manche Entscheidungen werden über die Medien verkündet, ohne Partner einzubeziehen – wie beim Truppenabzug aus Deutschland. Aber wenn man das Grundrauschen mal beiseite nimmt, dann hat die Wirtschaftspolitik der vergangenen vier Jahre durchaus ihre Erfolge. Sehen Sie Gewinner und Verlierer – auch mit Blick auf die Region? Wo unsere Industrie definitiv gelitten hat, ist im Bereich Stahl und Aluminium. Dort gab es seit Mitte 2019 zusätzliche Zölle, und das hat sich in der Umsatzentwicklung dieser Betriebe deutlich niedergeschlagen. Profitiert haben die Automobilwirtschaft und der Maschinenbau, insbesondere im Bereich Landmaschinen. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in die nächste Präsidentschaft? Ich gehe nicht davon aus, dass es wirtschaftspolitisch einen erheblichen Unterschied machen wird, ob ein Demokrat oder Republikaner der nächste Präsident der USA wird. Einen kompletten Kurswech-
ZUR SACHE
Wirtschaft in Zahlen Bedeutung als Handelspartner für Niedersachsen: Platz 5 (2019); (2015: Rang 6) Verbindungen zu den USA: 65 Unternehmen (2015: 199 Unternehmen). Unternehmen mit Niederlassungen: 40 (2015: 26). Handelsvolumen mit den USA: 10,3 Milliarden Euro (2019); (2015: 9,3 Milliarden) Arbeitsplätze: deutsche Industrie verantwortet in den USA 800 000, amerikanische Unternehmen in Deutschland 600 000 Arbeitsplätze.
sel wird es so oder so in den kommenden Jahren nicht geben. Sowohl Biden als auch Trump sind keine glühenden Freihändler, insofern werden Protektionismus und „America First“ weiterhin eine Rolle spielen. Die Tonlage unter einem Präsidenten Biden würde vielleicht diplomatischer, in der Sache aber erwarte ich, dass die Ausrichtung der Politik auch bei einem Sieg der Demokraten ähnlich bleibt. Gibt es Wünsche Ihrerseits? Ich hoffe, dass sich die internationale Teilhabe der USA wieder verstärkt und man sich nicht weiter einseitig aus internationalen Organisationen zurückzieht. Außerdem wünsche ich mir einen neuen Anlauf für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP – auch wenn wir hier in der Politik sowohl der EU als auch den USA wenig Bewegung und Begeisterung sehen. Wir dürfen nicht vergessen: Die damaligen Verhandlungen haben
Foto: MichaelGründel
nicht die USA allein ausgesetzt. Und wenn wir schon bei Wünschen sind: Beide Seiten mögen sich an die gemeinsamen Werte erinnern und das Verbindende herausstellen, nicht das Trennende. Mehr Sachlichkeit würde der transatlantischen Partnerschaft guttun. Mit welchen Instrumenten können Sie den wirtschaftlichen Austausch befördern? Unsere IHK unterstützt die regionale Wirtschaft auf unterschiedlichen Ebenen im Geschäft mit den USA. Zum einen über unser Netzwerk mit den Auslandshandelskammern, die an den Standorten New York, Chicago, Atlanta und neuerdings San Francisco einen direkten Zugang zum amerikanischen Markt ermöglichen. Unser IHK-Außenwirtschaftsausschuss fördert den Erfahrungsaustausch der Unternehmen, die Handel mit den USA betreiben oder dort aktiv werden wollen. Wir bieten außerdem Wirtschaftsdelegationsreisen, unter anderem in unsere Partnerstadt Evansville an, zuletzt 2017. Außerdem sind wir in diesem Jahr in den Praktikanten- und Studentenaustausch eingetreten. Die Beziehungen sind sehr vielfältig. Werden die USA auch weiterhin einer der wichtigsten Handelspartner bleiben? Die regionalen Unternehmen hoffen natürlich, dass die positive Entwicklung im US-Geschäft anhält – dafür spricht zurzeit auch vieles. Wir müssen uns aber weiter deutlich für den Freihandel einsetzen. Der Abbau von Zöllen, außertarifären Handelsbeschränkungen und protektionistischen Bestrebungen stehen bei uns – egal ob es um die USA geht oder andere Regionen – ganz oben auf der Agenda der politischen Forderungen.
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„Arbeiter interessiert nicht, was Trump zu Nord Stream sagt“ Firma Knoll aus Haren mit Millionen-Auftrag am Bau der Gaspipeline beteiligt / Unternehmenschef: Halten uns aus Politik raus VON HERMANN-JOSEF MAMMES Die Diskussion um die Ostseepipeline Nord Stream 2 wird gerade von US-Präsident Donald Trump immer wieder angeheizt. Er fordert einen sofortigen Baustopp. Es könne nicht angehen, dass auf der einen Seite die USA Deutschland vor Russland beschützen sollen und auf der anderen Seite Deutschland mit Russland Geschäfte macht. Der Harener Unternehmer Gerd Knoll hält sich derweil aus „der großen Politik“ komplett heraus. Gleichwohl hat der Emsländer mit Nord Stream 2 bereits Millionen Euro eingenommen. Er verfolge die teils hitzige Debatte in den Medien: „Was in der Zeitung steht, ist Politik, da halten wir uns raus.“ Er habe zwar eine „persönliche Meinung“ dazu, doch die behalte er lieber für sich. Für die Knoll GmbH & Co. KG mit insgesamt 350 Mitarbeitern sei das Ganze ein „ganz normaler Auftrag wie jeder andere auch“. Dabei sind die Emsländer bereits seit Jahren in Lubmin an der Ostsee im Einsatz. „Wir haben dort bereits ein Ölkraftwerk erstellt sowie auch an Nord Stream 1 kräftig mitgearbeitet.“ Wie bereits bei dieser ersten Nord-Stream-Pipeline (Bauzeit: Februar 2010 bis Dezember 2013) sind die Knoll-Beschäftigten auch dieses Mal beim Bau der ErdgasHAREN
DieAnlandestationfürNordStream2,im HintergrunddiealteAnlandestationfürdie GaspipelineNordStream1inLubminander Ostseeküste.
trennt. Während jedoch das erste Auftragsvolumen der Emsländer bei 15 Millionen Euro lag, summiert es sich bei Nord Stream 2 auf stolze 32 Millionen Euro. Die Arbeiten sind bis auf die „Außen- und Pflasterarbeiten“ seit Jahresbeginn 2020
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Empfangsstation und Molchempfangsstation in Lubmin am Greifswalder Bodden über einen langen Zeitraum im Einsatz – seit der Vertragsvergabe 2017. Die neue und die alte Anlandestation sind nur durch den Hafen Lubmin voneinander ge-
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schon abgeschlossen. Die Anlandestation ist die logistische Verbindung zwischen Nord Stream 2 und dem europäischen Erdgas-Pipelinenetz. Es handelt sich um ein über 20 Hektar großes Gelände. Der KnollAuftrag umfasste seit 2017 die Hoch- und Tiefbauarbeiten für die Molchempfangsstation inklusive eines Betriebs- und Werkstattgebäudes. Diese ist mit der benachbarten Erdgasempfangsanlage von Gascade und dadurch mit dem europäischen Pipelinenetz verbunden. Für die Gascade Gastransport GmbH erledigte die emsländische Baufirma denn auch die Stationstiefbauarbeiten sowie die Errichtung von fünf Gebäuden für die Gasdruckregelmessstationen. Es fanden schon Probeläufe statt – und bei denen „hat alles reibungslos funktioniert“, so Knoll. Fast fertiggestellt ist zudem eine weitere Halle, die Knoll als Anschlussauftrag für sieben Millionen Euro errichtet. „Hier sollen vor allen Dingen Geräte untergestellt und Wartungsarbeiten durchgeführt werden“, so der Harener Unternehmer. Bis zum Ende des Jahres würden noch Emsländer vor Ort sein. In Spitzenzeiten waren für Knoll dort 50 eigene Mitarbeiter und 150 Beschäftigte von Subunternehmen im Einsatz. „Das ist eine sehr strukturschwache Gegend dort“, sagt Knoll. Die Menschen vor Ort seien auf die Arbeitsplätze von Nord Stream 2 angewiesen. „Die Pipelines sind ein
Foto: NordStream2/AxelSchmidt
„Die Pipelines sind ein Glücksfall für Lubmin und das Umland.“ Gerd Knoll, Chef der Knoll GmbH
Glücksfall für Lubmin und das Umland.“ Er habe deshalb immer gezielt darauf geachtet, dass er die nachgeordneten Aufträge bei seinen Bauvorhaben an Firmen aus der Region vergebe. „Auch die Lieferanten kommen fast alle aus der Gegend.“ Im Gegenzug seien seine Mitarbeiter von den Einheimischen auch immer „sehr herzlich aufgenommen worden“, berichtet der Firmenchef. Auf der Baustelle selbst sei die internationale Politik kein Thema. „Ganz ehrlich. Die Kollegen vor Ort interessiert nicht, was Donald Trump zu Nord Stream 2 sagt.“ Für Knoll und seine Mitarbeiter ist vielmehr wichtig, dass sie „mit dem Projekt voll im Zeitplan“ liegen. Auch finanziell sei der MillionenAuftrag bereits weitgehend abgewickelt. Auftraggeber sind die Nord Stream 2 AG und die Gascade Gastransport GmbH. „Bis auf einige Hunderttausend Euro haben wir schon alles bekommen.“ Überhaupt blicken die Harener selbst in Corona-Zeiten äußerst optimistisch in die Zukunft: Die Auftragsbücher seien „für gut ein Jahr“ bereits gefüllt. Das Volumen summiere sich auf „über 100 Millionen Euro“. Rund 90 Prozent der Aufträge umfassten ebenfalls die Gas- und Energiewirtschaft. Aber auch in Sachen Straßenbau ist Knoll unterwegs. Ein Auftrag mit einem Volumen von 17 Millionen Euro wird gerade mit der Bundesstraße 67 zwischen Reken und Dülmen in Nordrhein-Westfalen realisiert. Am Stammsitz in Haren-Erika ist Firmenchef Gerd Knoll selbst Bauherr. Hier entsteht ein zusätzliches Verwaltungsgebäude für das expandierende emsländische Familienunternehmen.
Gas aus Russland Nord Stream: Betrieb seit 2011 Nord Stream 2: im Bau
FINNLAND
Ostsee ESTLAND
SCHWEDEN
Wyborg
NarwaBucht RUSSLAND
Transportleistung der Pipelines insgesamt: 110 Mrd. m³ pro Jahr
LETTLAND LITAUEN RUSSL.
Lubmin DEUTSCHLAND
POLEN
schematische Darstellung
200 km Quelle: Nord Stream 2 · Grafik: dpa
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Es fehlen noch sechs Prozent der Pipeline
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Die Investitionskosten für Nord Stream 2 summieren sich auf acht Milliarden Euro. Die Pipeline zur Erdgsförderung reicht über zwei parallele Leitungen über jeweils 1230 Kilometer von Sankt Petersburg (Russland) nach Lubmin an der deutschen Ostseeküste. Bis zum 20. Dezember 2019 waren 2310 Kilometer (von insgesamt rund 2460 Kilometern) der Pipeline verlegt. „Zu dem Zeitpunkt musste unser Auftragnehmer Allseas die Rohrverlegung aufgrund von Sanktionsandrohungen der USA einstellen“, so
Nord-Stream-2-Pressesprecher Steffen Ebert. Dabei habe die Europäische Kommission diese Sanktionen als Verstoß gegen internationales Recht bezeichnet. Jetzt sei man gezwungen, nach neuen Lösungen für die Verlegung der verbleibenden 150 Kilometer – das entspricht sechs Prozent – Pipeline zu suchen. Es seien noch etwa 120 Kilometer Pipeline in dänischen und etwas über 30 Kilometer in deutschen Gewässern zu verlegen. „Sowohl Nord Stream 2 als auch die Unternehmen, die unser Projekt unterstützen,
sind davon überzeugt, dass die schnellstmögliche Inbetriebnahme der Pipeline im Interesse der Energiesicherheit Europas, der europäischen Verbraucher, der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU und der Klimaschutzverpflichtungen liegt“, so Ebert weiter. Westeuropäische Energieunternehmen aus den Niederlanden, Österreich, Deutschland und Frankreich haben jeweils fast 1 Milliarde Euro in das Projekt investiert, und mehr als 1000 Unternehmen aus 25 Ländern haben sich voll und ganz dafür einge-
setzt, dass das Projekt abgeschlossen wird. Nach Angaben von Ebert würden US-Sanktionen, sofern sie verhängt würden, über 120 Unternehmen aus mehr als zwölf europäischen Ländern direkt treffen. Sie würden Investitionen zur Fertigstellung der Pipeline in Höhe von rund 700 Millionen Euro verhindern – und das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Darüber hinaus würden diese Sanktionen auch Investitionen in Höhe von rund zwölf Milliarden Euro in die Energieinfrastruktur der EU untergraben.
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Handelsabkommen lässt Wirtschaft wachsen Perspektivwechsel: So haben Wirtschaftsverbände in Osnabrücks Partnerstadt Evansville und Umgebung die Trump-Jahre erlebt VON NINA KALLMEIER EVANSVILLE Was ist von der Wirtschaftspolitik eines Präsidenten Donald Trump zu erwarten? Diese Frage haben sich vor vier Jahren Unternehmer sowohl in der Region als auch in Osnabrücks Partnerstadt Evansville, Indiana, gestellt. Nach einer Amtszeit steht fest: Die Wirtschaft der rund 120 000-Einwohner-Stadt, mehr als 1000 Kilometer vom politischen Zentrum Washington DC entfernt, sowie jene im Mittleren Westen ist gewachsen – bis Corona kam. Greg Wathen, Präsident und CEO der Economic Development Coalition of Southwest Indiana, beschreibt Osnabrücks Partnerstadt Evansville und ihre Region als wirtschaftlich stark. Daran hat sich für den Wirtschaftsförderer in den vergangenen Jahren auch nichts geändert – ganz im Gegenteil. Das Bruttoinlandsprodukt habe drei Jahre in Folge ein Rekordwachstum hingelegt. Und auch ausländische Direktinvestitionen in die Region sind laut Wathen signifikant gestiegen. Und: Die Gesundheitswirtschaft, eine der wirtschaftsstärksten Branchen Evansvilles, wächst weiter rapide, so Wathen. Ähnlich wie für die Region Osnabrück hat aber auch die Automobil- und Zulieferindustrie einen hohen Stellenwert. Alleine das Toyota-Werk, in dem der Highlander, Sienna und der Sequoia gefertigt werden, sichert rund 7500 Jobs – hinzu
kommen all jene in den Zulieferbetrieben. Für sie wirkt sich laut Wathen vor allem eins positiv aus: die Unterzeichnung des United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA). „Auch wenn noch nicht klar ist, welchen Effekt das Abkommen insgesamt auf die Industrie und Verkaufszahlen haben wird – Toyota Motor Manufacturing Indiana macht aufgrund einer gestiegenen Nachfrage Überstunden.“ Insgesamt, so der Wirtschaftsförderer, gelte für Evansville und die Region: „Rein aus unserer regionalen Perspektive gesehen, haben wir nicht viele Hürden für Wirtschaftswachstum gesehen.“ Das gilt auch für die Chancen und Möglichkeiten von USFirmen, im Ausland zu investieren, wie Wathen am Beispiel des Unternehmens Berry Global deutlich macht: Der größte Hersteller und Vermarkter von Kunststoffverpackungsprodukten in Nordamerika mit Sitz in Evansville habe gerade erst einen großen Zukauf in Europa finalisiert, und das letzte Quartal sei das beste der Unternehmensgeschichte gewesen. Und was ist mit ausländischen Firmen, die in den USA investieren wollen? Auch hier sieht Wathen die Situation positiv. Man habe gerade erst ein erstes israelisches Unternehmen aus der Kunststoffbranche für die Region begeistert und sei in Gesprächen mit mehreren Firmen aus Europa, Südamerika und Asien, die sich für den Markt interessierten. Ähnliche Erfahrungen hat Sven Gerzer, Vize-
DerHighlander isteinesvon drei Modellen,dieToyotainOsnabrücks Partnerstadt Evansville fertigt. Foto:imago images/UPI Photo
Präsident der Charlotte Regional Business Alliance, gemacht. „Die Nachfrage deutscher und anderer ausländischer Firmen ist in den ersten Jahren der Amtszeit nicht eingebrochen.“ In den vergangenen zwei Jahren sei die Zahl der neuen Niederlassungen allerdings rückläufig gewesen. „Es gibt viel Unsicherheit. Der Mittelstand wartet ab“, so die Erfahrung Gerzers, der unter anderem mit Unternehmen zusammenarbeitet, um Ausnahmen beim Thema Einfuhrzölle zu erwirken. „Es gibt Lösungen, sie sind nur komplizierter geworden und dauern länger.“ Als ausländische Firma vor Ort zu sein hat laut Gerzer mehrere Vorteile:
Zum einen werde man als amerikanisches Unternehmen gesehen – was es einfacher mache, Geschäfte zu machen. Zum anderen werde das Unternehmen unabhängig von Einreiseund Einfuhrbestimmungen. Denn genau dieser Punkt ist einer, der ausländischen Unternehmen zu schaffen macht – allerdings nicht erst, seit Donald Trump Präsident ist, wie Mark Tomkins, Präsident und CEO der German American Chamber of Commerce of the Midwest, sagt: „Die Entsendung von Fachpersonal in die USA war schon immer ein sehr wichtiges Thema. Es wird bereits seit Jahren und mit allen Administrationen immer wieder besprochen, da es
Einfluss auf die Investitionsentscheidungen deutscher Unternehmen in die USA haben kann“, sagt der Vertreter der Außenhandelskammer. Besonders im Mittleren Westen hätten die Investitionen – insbesondere vom deutschen Mittelstand – über die letzten Jahre weiter zugenommen. Allerdings, ergänzt Sven Gerzer: „Wenn Unternehmen nur schwer Personal entsenden können, kommen sie nicht.“ Für seine Region sei das ein großes Problem, immerhin würden Firmen mit einer Muttergesellschaft im Ausland mehr als 70 000 Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Zwei Drittel von ihnen hätten ihren
Sitz in Europa. Gerade die Pandemie habe noch einmal die Bedeutung des Themas gezeigt, so Tomkins. „Wir sehen dies an einem deutlichen Anstieg von Anfragen zu dieser Thematik von deutschen Unternehmen.“ In diesem Punkt hoffen die Wirtschaftsvertreter in den kommenden vier Jahren auf Besserung. Die größten Chancen dafür sieht Sven Gerzer bei einem Wahlsieg des Demokraten Joe Biden. „Wenn Präsident Trump eine zweite Amtszeit bekommt, erwarte ich, dass das ,America-first‘Mantra noch stärker wird, insbesondere in der Gesundheitswirtschaft inkl. der Lieferkette, die traditionell von China und Indien abhängig ist“, sagt Greg Wathen. Schon jetzt würden Unternehmen, die bislang für Produkte wie Pharmazeutika Lieferanten aus China genutzt haben, stattdessen Partner in den USA oder anderen USMCA-Ländern wählen. „Ob das anhält, wird sich zeigen.“ In einem sind sich Wathen, Gerzer und Tomkins einig: Unabhängig vom Wahlausgang, wird der US-Markt attraktiv und der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Firmen bleiben. Doch auch Unsicherheiten bestünden fort, so Tomkins. „In Bezug auf den internationalen Handel wird weiterhin die größte Frage bleiben, wie sich das Verhältnis mit China entwickelt. Sicherlich ist hier eine Zusammenarbeit mit Europa vorteilhaft, unabhängig davon, wer die kommende Wahl gewinnen wird.“
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SPEZIAL US-WAHL & WIRKUNG
SPEZIAL US-WAHL & WIRKUNG
„Der Markt ist nicht zusammengebrochen“ So wichtig sind die USA: Wirtschaftstalk mit Hellmann-Vorstandsvorsitzendem Reiner Heiken und Purplan-Geschäftsführer Andreas Sandmann Fachkräfte zu finden ist eines der größten Probleme. Es gibt noch deutlich mehr Potenzial in den nächsten Jahren. Wunsch nach mehr Freihandel und offenen Märkten. VON NINA KALLMEIER UND BERTHOLD HAMELMANN OSNABRÜCK/WALLENHORST Die USA, das Land der tausend Möglichkeiten – gilt das für die Wirtschaft noch heute? Im Wirtschaftstalk diskutierten Hellmann-Vorstandsvorsitzender Reiner Heiken und Purplan Geschäftsführer Andreas Sandmann über die Erfahrungen ihrer Unternehmen auf der anderen Seite des Atlantiks, Herausforderungen und Chancen – und die Rolle von US-Präsident Donald Trump. Chancen und Herausforderungen – die scheinen in den USA oftmals nahe beieinanderzuliegen. Sowohl für Hellmann als auch für Purplan ist der Markt in dem Land mit seinen mehr als 330 Millionen Einwohnern derzeit ein gutes Geschäft. „Es lässt sich gutes Geld verdienen“, sagt Purplan-Chef Andreas Sandmann. 25 Prozent vom Gesamtumsatz macht der Markt mittlerweile für das Wallenhorster Unternehmen aus. Ausgeschöpft sei das Potenzial damit noch nicht, betont der Unternehmer. „Ich habe den Eindruck, dass in den USA einige Jahrzehnte industrieller Entwicklung fehlen.“ Nicht nur in den USA selbst, auch für die mehr als 150 Mitarbeiter am Hauptsitz in Wallenhorst ist es positiv, wenn es auf der anderen Seite des Atlantiks gut läuft. „Wenn wir das US-Geschäft während der Corona-Krise nicht gehabt hätten, wäre es für uns deutlich schwieriger geworden. Immer wieder bringen Projekte, die in den USA akquiriert werden, auch Arbeit nach Wallenhorst“, so Sandmann. Software und Schaltstellen für Anlagen in den USA zum Beispiel kämen aus Deutschland. „Wenn wir das nicht gehabt hätten, hätten wir deutlich mehr Kurzarbeit machen müssen“, skizziert der Unternehmer. Auch für Hellmann sind die USA ein wichtiger Markt. „Im Moment ist das Geschäft aber noch zu klein“, sagt Reiner Heiken. Etwa 12 Prozent vom Gesamtumsatz würde der Osnabrücker Logistikdienstleister derzeit in den Vereinigten Staaten erwirtschaften. „Da ist noch viel Luft nach oben“, ist Heiken optimistisch. Hellmann Worldwide Logistics mit fast 150-jähriger Firmengeschichte ist – auch was das US-Geschäft angeht – ein „alter Hase“. Es war einer der ersten Märkte, in die das Unternehmen in den 1980er-Jahren expandierte. „Wenn man internationale Speditionsgeschäfte machen möchte, dann muss man als deutsche, als europäische Firma in Asien tätig sein. Gleich dahinter folgen in der Bedeutung die USA“, sagt Heiken, der seit zwei Jahren Hellmann-Vorstand ist. „Wenn man diese Kontinente nicht abdeckt, dann ist man auf den wichtigsten Spielfeldern nicht dabei.“ Ein Grund, warum der Osnabrücker Logistikdienstleister 1982 zunächst das Büro in Asien und sechs Jahre später das erste Büro in Los Angeles eröffnet hat. Für Andreas Sandmann erfolgte die Expansion mit Purplan 2012. „Wir arbeiten für große internationale Kun-
den wie BASF, Bayer oder die Automobilhersteller. Wenn man für die in Europa ordentlich fertigt, kommt schnell die Frage, ob man nicht auch mit ihnen nach China oder in die USA gehen möchte“, erklärt der Geschäftsführer. Schließlich kenne man sich mit der Technik aus. Sandmann wollte, und so eröffnete Purplan zunächst ein Büro in der Nähe von Pittsburgh, im westlichen Pennsylvania. Ganz so kundenorientiert war die Entscheidung bei Hellmann nicht. Vielmehr spielte die Expansion nach Asien in der Entscheidung eine große Rolle. „Wenn man drüben ist und Kontakt zu Textillieferanten hat, traf man dort nicht nur Vertreter aus Deutschland, sondern auch die Einkäufer amerikanischer Ketten“, erzählt Heiken. Die Markennamen in den USA mögen unterschiedlich sein, die Lieferanten jedoch dieselben wie für europäische Firmen. „So kam der Kontakt zustande – und warum nur Ware von Asien nach Europa importieren und nicht von Asien in die USA?“ Was mit dem FashionBusiness gestartet ist, hat sich auf andere Branchen wie Elektronik, Solarenergie etc. ausgeweitet. „Heute ist auch Health Care ein großes Geschäftsfeld. Gerade jetzt in der Corona-Krise werden unglaubliche Volumen in diesem Bereich bewegt“, sagt Heiken. Ein Geschäft in den USA aufbauen – was sich so einfach anhört, ist praktisch mit vielen Herausforderungen verbunden, darin sind sich die Unternehmer einig. Das geht schon bei der Standortwahl los. „Wir waren zunächst im Norden. Da war es tierisch kalt, und im Winter lag 1,50 Meter hoch Schnee. 2015 sind wir nach Charlotte umgezogen“, berichtet Andreas Sandmann. Im Bundesstaat North Carolina war nicht nur das Wetter besser. „Es gibt dort auch deutlich mehr Industrie und damit auch mehr Kunden für uns“, so der Purplan-Chef. Man habe dort die Chance bekommen, nicht nur für deutsche Firmen im Ausland, sondern auch für amerikanische Unternehmen zu fertigen. „Da wird schon anders verhandelt, ein Stück weit härter, aber auch produktorientierter.“ Wer die Vorzüge und technischen Details gut erläutern könne, erhalte auch Aufträge. Auch die flexible Personalpolitik der Amerikaner – Hire & Fire – hat ihre Nachteile. „Das führt dazu, dass die Loyalität von Arbeitern zu ihrem Unternehmen kaum vorhanden ist“, sagt Andreas Sandmann. Eine Tatsache, die sich unter anderem auf die Fachkräftesituation auswirkt. „Das ist für Logistiker wie uns eine der größten Herausforderungen in den USA: die richtigen Leute zu finden und zu halten“, so Reiner Heiken. Aus mehreren Gründen: Zum einen habe die Logistik lange Zeit einen sehr
„Mein Traum wäre es, in den USA einen ebenso großen Standort wie in Deutschland aufzubauen.“ Andreas Sandmann, Geschäftsführer Purplan
STECKBRIEF
Reiner Heiken, CEO Hellmann Worldwide Logistics
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eit rund zwei Jahren ist Reiner Heiken CEO des Osnabrücker Logistikdienstleisters Hellmann Worldwide Logistics. Mit dem Eintritt Heikens war die Vorstandsneubesetzung erfolgreich abgeschlossen. Damit wird das Unternehmen seit dem Jahresbeginn 2019 ausschließlich von externen Managern geführt. Der Vorstand wird jedoch noch unverändert von den zwei Familienstämmen Jost und Klaus Hellmann unterstützt. Schon vor seinem Eintritt bei Hellmann verfüg-
te der diplomierte Nautiker Heiken über jahrelange Erfahrung in unterschiedlichen Themengebieten der Logistikdienstleistung. Er war unter anderem in Führungspositionen bei Kühne + Nagel sowie bei DB Schenker tätig. Mit seinem ersten Geschäftsjahr in Osnabrück war Heiken zufrieden. Das Vorsteuerergebnis (EBT) hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht und belief sich nun auf 71 Millionen Euro. Der Konzernumsatz blieb mit 2,5 Milliarden Euro stabil.
Foto:MichaelGründel
STECKBRIEF
Andreas Sandmann, CEO Purplan
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r kennt das Unternehmen seit fast 20 Jahren: Andreas Sandmann hat die Purplan GmbH Anfang der 2000er-Jahre mitbegründet und ist heute Geschäftsführer und Gesellschafter. Aus den chemischen Substanzen, die in den Purplan-Anlagen gelagert und gemischt werden, entstehen Polyurethane (Abkürzung: „PUR“) – Kunststoffe, mit denen jeder Laie täglich in Berührung kommt. Fußbälle, Autositze und -dächer, Matratzen und sogar neuartige gedämpfte
niedrigen Stellenwert gehabt, sodass sich ohnehin wenige für die Arbeit in der Branche interessierten, sagt der Hellmann-Chef. Zum anderen gebe es eine Ausbildung zum Speditionskaufmann und anderen Logistikberufen nicht, entsprechend fehle die Qualifikation und der kontinuierliche Nachwuchs. Letzteres kann Andreas Sandmann nur bestätigen. „Wir brauchen gut ausgebildete Ingenieure, die wir in Deutschland über die Hochschulen immer noch finden.“ Anders in den USA. Das Fazit: Beide Unternehmen lernen ihre Fachkräfte selbst an. „Das dauert bei einem Ingenieur zwei bis drei Jahre“, zeigt Andreas Sandmann den Zeithorizont auf. Viel Aufwand in einem Land, in dem Mitarbeiter auch schnell wieder den Arbeitsplatz wechseln. „Es gibt in Charlotte eine Art Technikerschule. Wir haben mal versucht, mit der Stadt zusammen ein Ausbildungsprogramm zu entwickeln. Am Ende hat das aber nicht richtig funktioniert.“ Auch bei Hellmann heißt es „Training on the job“. Eine weitere Herausforderung: Verantwortung würden wenige übernehmen wollen, so Sandmann. „Sie wollen sich immer über Guidelines absichern“, so seine Erfahrung. Das kann Heiken nur bestätigen – wobei sich Hellmann das in gewisser Weise bei der „Ausbildung“ zunutze macht. „Es ist wichtig, dass man alle Arbeitsschritte genau durchstrukturiert und Standards entwickelt, damit ungelernte Mitarbeiter möglichst schnell genau danach arbeiten können.“ Das verringere auch die Fehlerquote.
Foto:AndréHavergo
Skier, all das besteht aus Polyurethan. Purplan plant nicht nur, sondern baut die Anlagen auch selbst und berät Kunden weltweit. Derzeit plant Sandmann den Bau eines Technikums zur Erprobung von neuen Recyclingverfahren. Nach wie vor könne ein Großteil des in Deutschland anfallenden Plastikmülls aufgrund seiner Zusammensetzung nicht recycelt werden. Diese Lücke in der Kreislaufwirtschaft will der Anlagenbauer mithilfe weiterer Partner schließen.
Foto:MichaelGründel
In die USA erfolgreich zu sein war für Hellmann ein Lernprozess. „Wir haben durchaus Lehrgeld bezahlt“, sagt Heiken rückblickend auf die mehr als 30 Jahre, die das Unternehmen im US-Geschäft tätig ist. Nicht immer ist alles rundgelaufen. Dabei ist laut Heiken viel zusammengekommen: die geringen Margen in der Logistik (vier bis fünf Prozent, wenn es gut läuft, oder auch mal Verluste, wenn es schlecht läuft); Kunden sind anspruchsvoll, bewegen große Volumen. Das sei allerdings kein Hellmann-spezifisches Problem, betont Heiken. Und: Eine hohe Qualität und Produktivität, die der Kunde einfordere, sei mit guten Mitarbeiter möglich, ohne sie jedoch schwierig, sodass man Gefahr laufe, Kunden zu verlieren. „Das ist uns in den USA mitunter passiert.“ Hinzu kamen Herausforderungen im Geschäft mit verderblicher Ware. „Das Segment ist sehr speziell und
mit hohen Schwankungen verbunden. Und wenn man sich Luftfrachtvolumen gesichert hat, ein Großteil der Ernte jedoch ausfällt, hat man in gewisser Weise mit Zitronen gehandelt.“ Mittlerweile laufe das Geschäft in den USA jedoch wieder sehr gut. Anlaufschwierigkeiten gab es auch bei Purplan. „Die ersten drei Jahre waren schwierig“, sagt Andreas Sandmann. Auch weil in der Zeit noch keine Aufträge von amerikanischen Partnern eingegangen sind. „Es braucht Amerikaner im Unternehmen, um Geschäfte vor Ort machen zu können.“ Doch da schließt sich der Kreis wieder zum Problem der fachlichen Qualifikation von Mitarbeitern. „Wir haben dann jemanden angestellt, der Sales Director genannt werden wollte.“ Der habe ebenso viel verdient wie er, Sandmann, jedoch ein ganzes Team gebraucht, um seine Aufgaben zu erledigen. Die Lohnkosten jedoch habe man
investiert – und nach zwei Jahren war der Mitarbeiter dennoch weg. Die Provision fehlte. „Der Anlagenbau ist kein kurzfristiges Geschäft, sondern ein langfristiges.“ Nach dieser Erfahrung habe er sich bei anderen ausländischen Firmen umgeschaut, erzählt Sandmann. „Dort waren im Management, in den Führungspositionen vor allem Deutsche, die das Geschäft vorangetrieben haben.“ Arbeitsplätze für Amerikaner seien auf der Ebene darunter geschaffen worden. Das wiederum berge gleich die nächste Herausforderung: Mitarbeiter in Deutschland zu finden, die für mindestens vier Jahre in die USA gehen. Reiner Heiken nickt, auch er kennt das aus Erfahrung. Es brauche gute Abteilungsleiter, Führungskräfte, und die seien bei den Amerikanern schwer zu finden. „Da ist man gut beraten, wenn man Leute aus den eigenen Reihen für die USA begeistern kann.“ Das sei allerdings schwieriger geworden. Amerika habe nicht mehr den gleichen Reiz wie früher – für manche möglicherweise auch aus politischen Gründen. „Es wird schwieriger, jemanden zu finden, der mit Kind und Kegel rübergeht. Allerdings: Die rübergegangen sind, sind meist auch sehr zufrieden und bleiben mehrere Jahre.“ So ist es auch bei Purplan. „Zum Glück hatten wir damals gleich zwei gefunden. Sie kommen jetzt zurück nach Deutschland, sodass wir ihre Nachfolge in den USA regeln müssen“, so Sandmann. Das kommt auch zu einer politisch spannenden Zeit. Die erste Amtsperio-
de von Donald Trump neigt sich dem Ende entgegen. Als er vor vier Jahren zum US-Präsidenten gewählt wurde, befürchteten viele dadurch einen Dämpfer für die Wirtschaft. Das Gegenteil sei der Fall gewesen, sagt Andreas Sandmann – zumindest was die Auftragslage angeht. „Unser Geschäft ist gewachsen. Wir sind allerdings nicht so groß, dass ich das an der Wirtschaftspolitik Trumps festmachen würde. Der Markt ist einfach da.“ Allerdings: Man habe schon gesehen, dass die Investitionsbereitschaft – auch amerikanischer Firmen – gestiegen ist. Es gibt aber auch Dinge, die die Zusammenarbeit schwieriger gemacht haben. „Es dauert deutlich länger, bis Visa erteilt werden“, so die Erfahrung Sandmanns. „Im Verhältnis zu unsere Wettbewerbern in Deutschland haben wir aber einen großen Vorteil: Wir sind in den USA vor Ort. Das wiederum macht hier im Vergleich unsere Arbeit einfacher und hat uns einige neue Projekte gebracht.“ Auch für Reiner Heiken haben sich die Auswirkungen der Trumpschen Politik im Tagesgeschäft widergespiegelt. „Der Handelskrieg insbesondere mit China hat normale Marktsaisonalitäten außer Kraft gesetzt“, sagt er. Die Ankündigung von Zöllen habe dazu geführt, dass vor dem Stichtag noch große Mengen dieser Produkte geordert wurden, die wiederum transportiert werden mussten. „Mit dem Resultat, dass anschließend über Monate gar keine Bestellungen eingegangen sind. Da entstehen ganz neue Volatilitäten und Peaks.“ Entsprechend knapp – und für Kunden teuer – seien Kapazitäten in der Logistik gewesen. „Man muss aber sagen: Seit Trump Präsident geworden ist, ist der Markt nicht zusammengebrochen“, betont Reiner Heiken. Dem kann Andreas Sandmann nur beipflichten. „Es ist schade, dass man das so sagen muss, aber es ist so.“ Bergabgegangen sei es kein Stück. Und: „Auch wenn ich die Politik Trumps nicht gutheiße, er ist der Erste, der – mit seinen einfachen und bekloppten Worten – sagt: Was die Chinesen machen, geht so nicht. Sie können nicht auf der einen Seite eine Marktöffnung für chinesische Firmen verlangen und gleichzeitig ihren eigenen Markt abschotten.“ Reiner Heiken gibt ihm recht: „Leider ist das so. Manchmal wünscht man sich von unseren Politikern klarere Ansagen.“ Hier findet es Sandmann schade, dass sich die EU nicht stärker aufstellt. „Wir machen uns manchmal schlechter, als wir eigentlich sind.“ Mit Blick auf das US-Geschäft selbst hat es auch für Hellmann insgesamt in den vergangenen Jahren keine nachteilige Entwicklung gegeben. Auch jetzt nicht, in der Corona-Krise. „Die USA hatte einen massiven Lockdown,
„Konsumiert wird ohne Ende – wir bewegen Volumen, die wir so nicht erwartet hatten.“ Reiner Heiken, Geschäftsführer Hellmann
aber konsumiert wird ohne Ende. Wir bewegen Volumen, die wir so nicht erwartet hatten“, sagt der HellmannChef. Wie lange das anhalte, das sei jedoch offen. Die Pandemie sei nicht ungefährlich, eine „tickende Zeitbombe“. „Wenn immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen und die Menschen sich immer weniger leisten können, dann wird auch der Konsum deutlich zurückgehen.“ Und damit auch das Geschäft für viele Unternehmen, nicht nur Hellmann. „Von den oberen 10 000 alleine können wir nicht leben. Das macht mir Sorge.“ Auch Andreas Sandmann sagt: „Das dicke Ende kommt noch.“ Und wie steht es um die Zukunft? Mit der US-Wahl erhoffen sich Heiken und Sandmann eine Rückkehr zu mehr Freihandel. „Ich bin kein Freund von Protektionismus. In dieser Hinsicht hat sich etwas verändert, seit Trump Präsident geworden ist“, sagt Heiken. Ob die Strategie auf Dauer aufgehe, daran habe er seine Zweifel. „Eine Öffnung in Richtung Lateinamerika und Mexiko wäre ebenso wünschenswert wie eine bessere Zusammenarbeit mit Kanada“, so der Hellmann-Chef. Das könne er sich unter einer Regierung Biden gut vorstellen. „Bei Trump muss man abwarten. Aber es ist und bleibt ein spannender Markt.“ Hinsichtlich der Geschäftsentwicklung für Hellmann ist Heiken optimistisch. „Zwischen Europa und den USA geht noch eine ganze Menge – auch für Hellmann. Ich gehe davon aus, dass wir einen Anteil von 20 Prozent am Umsatz für den USMarkt erreichen können.“ Auch deshalb, weil man in den USA noch verhältnismäßig klein sein. „Da ist es immer einfacher zu wachsen.“ Den Bereich Health Care sieht Heiken im Fokus, auch im Bereich Automobil sieht der Vorstandsvorsitzende weitere Chancen – trotz momentaner Delle in den Produktionszahlen. Im Bereich Fashion hingegen sei ein Wachstum eher schwierig. Ausgebaut wird im Konzern auch der Bereich Renewables. Ein Geschäftsfeld, in dem Heiken noch keine Prognose abgeben kann, ist der Bereich Kreuzfahrt. „Hier haben wir mit einer Expertentruppe eine Nische besetzt und beliefern Kreuzfahrtschiffe auf der ganzen Welt.“ Während einer Woche im Trockendock würden schon mal unter anderem 2500 Matratzen, 50 Waschmaschinen und vieles mehr getauscht. „Dahinter steckt eine sehr komplexe Logistik.“ Gerade die Fahrten von den USA in die Karibik waren ein großer Markt, den Corona abrupt gestoppt hat. „Wann es wieder losgeht, ist noch nicht absehbar. Alleine in Deutschland beschäftigen wir in diesem Bereich 50 Mitarbeiter“, so Heiken. Auch Purplan will deutlich wachsen. „Ich will in den USA ein Unternehmen aufbauen, das genauso groß ist wie der Standort hier in Wallenhorst – mit 150 Mitarbeitern und 20 Millionen Euro Umsatz. Ich bin jetzt 56, wenn ich das in zehn Jahren geschafft habe, bin ich glücklich“, skizziert Andreas Sandmann seine Pläne für die Zukunft. Das Potenzial dafür sei da. „Die Welt war vor Trump global, und sie wird auch wieder global. Wenn man dann da ist, kann es ein schnelles Sprungbrett sein.“ Das große Hemmniss bleibe das Personal. Zwei Azubis sind gerade in den USA, um eine Purplan-Anlage, an der sie in Deutschland mitgebaut haben, dort aufzustellen. „Vielleicht können wir sie für die USA begeistern.“ Nach Rücksprache mit den Kollegen vor Ort habe man entschieden, dass die beiden jungen Kollegen trotz der Corona-Pandemie die Reise antreten.
Illustration:Colourbox.de, Layout: Matthias Michel
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Kommt die Zukunft in die Jademündung? Pläne für LNG-Terminal auf einem Schiff / Energiekonzern Uniper testet das Interesse für die Abnahme von Flüssigerdgas VON THOMAS LUDWIG Bernd Althusmann, Wirtschaftsminister in Hannover, hält den Aufbau einer Infrastruktur für Flüssigerdgas (LNG für liquefied natural gas) in Niedersachsen gleich aus mehreren Gründen für zukunftsweisend. Einerseits erhöhe der Import von Flüssiggas sowohl die Versorgungssicherheit wie auch die Wettbewerbsfähigkeit im Erdgasmarkt. Zudem sei LNG auf absehbare Zeit die einzig verfügbare Technologie, die im Logistikbereich herkömmliche Treibstoffe wirtschaftlich und ökologisch ersetzen könne, sagte Althusmann im Juni zu dem Thema. Kurzum: „LNG kann Wertschöpfung in die Region bringen, die niedersächsische Landesregierung unterstützt deshalb den Aufbau eines neuen Importzugangs im deutschen Erdgasnetz“. Tatsächlich treibt der Energiekonzern Uniper das Projekt eines Anlandeplatzes für Flüssiggaseinfuhren in Wilhelmshaven zügig voran. Nach der Unterzeichnung eines Vertrags zum Bau und Charter eines LNG-Terminalschiffes mit der japanischen Mitsui O.S.K. Lines im Frühjahr hat die Projektentwicklungsgesellschaft und 100-prozentige Uniper-Tochter LTeW „Marktteilnehmer eingeladen, ihr verbindliches Interesse an den Kapazitäten des geplanten LNG-Terminals zu WILHELMSHAVEN
bekunden“ – sprich: Der Energiekonzern Uniper testet, ob es genügend Nachfrage gibt. Das Verfahren läuft noch bis Ende Oktober. Und es dürfte viel davon abhängen. Denn bisher hat das Unternehmen weder eine Investitionsentscheidung gefällt, noch gibt es einen Antrag auf Genehmigung des Projektes. Droht möglicherweise also das Aus noch vor dem eigentlichen Start? Kern der Anlage ist ein Schiff, das die Anlandung, Speicherung und Wiederverdampfung von Flüssigerdgas für den deutschen Markt ermöglicht. Das schwimmende Terminal soll in der Jademündung liegen, knapp zwei Kilometer vom Ufer entfernt. Das Schiff wird flüssiges Erdgas, das vor allem aus den USA, aber auch aus dem arabischen Katar kommt, von Gastankern übernehmen, an Bord verdampfen und über eine Rohrleitung an Land pumpen. Von dort soll es dann über Pipelines in ganz Deutschland verteilt werden. Beobachter schätzen die Kosten für das Projekt auf 500 bis 700 Millionen Euro. Eine Studie prognostiziert bis zu 150 dauerhafte neue Arbeitsplätze. Was das Vorhaben besonders brisant macht: Die deutsche Politik hat ein massives Interesse am Bau von LNG-Terminals, um Spannungen mit den USA zu entschärfen. Die nämlich wollen künftig mehr Flüssiggas nach Europa verkaufen.
Grone WISSEN, DAS SIE WEITERBRINGT
So ähnlich wie aufdieser Computeranimationstelltsichder Energiekonzern Uniperdasauf einemSchiffplatzierteLNG-Terminalunweit vonWilhelmshavenvor. Foto: Botas/Mol
Bereits 2018 hatte der damalige EUKommissionschef Jean-Claude Juncker US-Präsident Trump den Ausbau der Gasimporte aus den USA zugesichert, um eine Eskalation im Handelsstreit abzuwenden. Recherchen der Wochenzeitung „Die Zeit“ zufolge soll die Bundesregierung mit einer LNG-MilliardenOfferte jüngst versucht haben, die umstrittene Ostsee-Pipeline „Nord Stream II“ zu retten. Deutschland sei bereit, den Bau von zwei Spezialhäfen zum Import von Flüssiggas zu finanzieren, wenn Washington im Gegenzug darauf verzichte, die Gaspipeline aus Russland zu torpedieren, hieß es in dem Beitrag. Von einer Milliarde Euro war die Rede. Offizielle Bestätigungen dafür gibt
es nicht. In Deutschland existieren bisher keine Anlandeplätze für LNG-Gas. Um deren Bau wirtschaftlich attraktiver zu machen, hat die Bundesregierung 2019 deshalb eine darauf zugeschnittene Infrastrukturverordnung verabschiedet. Die verpflichtet Fernleitungsnetzbetreiber dazu, die erforderlichen Leitungen zwischen LNG-Importterminals und dem Fernleitungsnetz zu errichten und die LNG-Anlagen an das Fernleitungsnetz anzuschließen. Die Netzbetreiber sollen 90 Prozent der Kosten tragen und diese über die Netzentgelte auf die Verbraucher umlegen können – das entlastet potenzielle Terminal-Investoren deutlich.
In Europa gibt es derzeit 36 LNGTerminals – durchschnittliche Auslastung: weniger als 40 Prozent. Über die europäische Gasinfrastruktur gelangt schon heute LNG, das in den Niederlanden anlandet, nach Deutschland. Doch reicht das? Hierzulande laufen derzeit Planungen für drei Terminals, neben Wilhelmshaven sind die alte Hansestadt Stade und Brunsbüttel – beide an der Elbe – im Rennen. Dass alle drei realisiert werden, gilt Beobachtern als unwahrscheinlich. Klima-Aktivisten, aber auch Ökonomen sehen den Neubau der Terminals kritisch – freilich aus unterschiedlichen Gründen. Umweltschützer bemängeln, das in den
USA durch Fracking gewonnene Erdgas habe eine schlechtere Klimabilanz als Kohle; und aus der steige Deutschland ja gerade aus. Mit der Förderung von LNG-Technologie konterkariere die Bundesregierung ihre Klimaziele, heißt es. Sollte das LNG Terminal bei Wilhelmshaven genehmigt werden, schließt die Deutsche Umwelthilfe nicht aus, die Genehmigung juristisch anzufechten. Laut einer Studie von Global Energy Monitor werden immer mehr LNG-Projekte noch in der Planungsphase stillgelegt. Durch den Green Deal der EU und die straffen Klimaziele vieler Mitgliedstaaten hat sich die Perspektive für LNG zumindest in Europa nach Ansicht von Marktbeobachtern eingetrübt. Und so warnen denn auch Umweltschützer, dass eine künstlich verbesserte Wirtschaftlichkeit der LNG-Terminals das Risiko falscher Anreize für Investoren und Betreiber berge. Bei Uniper ist der Glaube an das LNG-Terminal offiziell ungebrochen: „Neben der Umstellung der Kraftwerke auf Gas ist vor allem angesichts der rückgängigen europäischen Erdgasproduktion der Gasimport entscheidend“, ließ Uniper-CEO Andreas Schierenbeck unsere Redaktion auf Anfrage wissen. Deshalb sei es wichtig, Quellen für die Gasbeschaffung zu erweitern.
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Zeltplanen für das Militär als verlässliches Standbein Bramscher Heytex-Gruppe kompensiert Einbruch im deutschen Messebau-Geschäft teilweise durch Aufträge der US-Regierung VON MARCUS ALWES Nicht wenigen der insgesamt 400 Beschäftigten dürfte es Sorge bereiten: Der Messebau in Deutschland als ein wichtiger Absatzmarkt für die Produkte der Heytex-Gruppe ist stark rückläufig. Die Corona-Krise wirkt sich aus, u. a. auch in Bramsche-Engter. Da ist es für den Hersteller beschichteter oder laminierter Technischer Textilien sowie textiler Druckmedien gut, dass sich das Geschäft in den USA in diesen Tagen als ein sehr solides Standbein erweist. Rund 25 von etwas mehr als 100 Millionen Euro wurden dort in 2019 bewegt. „BondCote macht ein Viertel des Umsatzes unserer Unternehmensgruppe“, erklärt Heytex-Geschäftsführer Hans-Dieter Kohake. Mit ihrem vor fünf Jahren erworbenen US-„Ableger“ sind er und seine Mitstreiter augenblicklich sehr zufrieden. Aus BondCote wurde dabei unlängst ganz offiziell Heytex USA BRAMSCHE
Inc., doch im Alltag ist der frühere Firmenname immer noch allgegenwärtig. Und vor allem auch die Aufträge der amerikanischen Regierung gehen bei BondCote sicher und verlässlich ein. Das helfe ein Stück weit, die spürbaren Einbußen in Deutschland zu kompensieren, sagt Kohake. Im ländlich geprägten Bundesstaat Virginia stellt Heytex
„BondCote macht ein Viertel des Umsatzes unserer Gruppe.“ Hans-Dieter Kohake, Geschäftsführer Heytex
DerBlickaufdie Heytex-Niederlassung inPulaski. Foto:HeytexUSA
USA im Städtchen Pulaski unter anderem die Planen für KommandoZelte und Truppen-Zelte für das USMilitär her – auf Kundenwunsch im Farbton Camouflage. Auch das Rote Kreuz in den Vereinigten Staaten wird von dort bedient. Auf Rollen werden die Zeltplanen ausgeliefert. Auf drei Beschichtungsanlagen werden sie zuvor hergestellt. Etwas mehr als 70 Beschäftigte sind dort auf insgesamt 8000 Quadratmeter Werkfläche im Einsatz. Einheimische Unternehmen genießen bei bestimmten Regierungsaufträgen in den USA eine durchaus bevorzugte Behandlung – durch das sogenannte Berry-Amendment. Das sichert vielen Betrieben eine stabile Marktposition. Und auch dem Vertrauen zwischen der Regierung als Auftraggeber und dem jeweiligen Unternehmen als Auftragnehmer kommt eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu, räumt Geschäftsführer Kohake ein. Keine Rolle spielt für ihn übrigens der Ausgang der Präsidentenwahl in den USA. So oder so – zwei Millionen Dollar wollen die HeytexVerantwortlichen im kommenden Jahr in die Hand nehmen. Sie investieren das Geld in den Maschinenpark in Pulaski. Zuletzt waren sie dort beim Hersteller Technischer Textilien etwas zurückhaltender. Doch die noch relativ neue Niederlassungsleitung drückt jetzt kräftig
ZeltplanenfürdasUS-Militärwerden vielfach beiHeytex/BondCoteinAuftrag gegeben.
aufs Gaspedal. Das gefällt Kohake. Ob sich der Jahresumsatz von rund 25 Millionen Euro auf dem amerikanischen Markt dadurch noch steigern lässt, muss sich allerdings erst noch zeigen. Denn es gibt einige Unbekannte in den kommenden Monaten und Jahren. Da ist zum einen die China-Politik der US-Regierung. Bleibt es bei den Strafzöllen auf Importe chinesischer Waren in den amerikanischen Markt? Heytex bekam das zuletzt zu spüren. Die Zölle minderten das US-Plus in der Bilanz der Unternehmensgruppe. Und da ist zum
Foto:Heytex/SeniorAirman NancyHooksAirForce
anderen die Entwicklung der Pandemie: Kann in Ruhe weiterproduziert werden, wenn sich die Zahl der Corona-Fälle weiter erhöht? Heytex-Geschäftsführer Kohake hofft es, obwohl er feststellt: „Corona breitet sich rasant aus.“ Auch in Deutschland ist eine zweite Welle längst im Gange. Am Standort in Bramsche-Engter – also am Haupt- und Stammsitz der Gruppe – bleibt das für Heytex wahrscheinlich nicht ohne Folgen. Das Unternehmen hat bereits in Teilen Kurzarbeit anmelden müssen. Gut möglich, dass diese auch in
2021 zunächst anhält. „Keiner kann sagen, wann das Geschäft zurückkommt“, sagt Manager Kohake beispielswiese über mögliche Aufträge für den Messebau. Es darf also als wahrscheinlich gelten, dass die Heytex-Führung in dieser Sparte ihre Planzahlen für 2021 sehr vorsichtig ansetzen wird – und im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren nach unten korrigiert. Für Stabilität und anhaltende Kontinuität müssten dann andere Bereiche in der Unternehmensgruppe sorgen. Zum Beispiel in Pulaski in den Vereinigten Staaten.
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LEBEN & LEIDENSCHAFT
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Wetterkapriolen nerven Winzer Niedersächsische Weinpioniere 2020 mit mäßigen bis guten Mengenergebnissen / Anbaufläche leicht gewachsen Neue Sonderkultur wächst in einer eher homöopathischen Dosis. Nach dem Start in 2016 traut sich niemand eine Prognose zu. Strukturwandel am Beispiel eines Bad Iburger Sauenhalters. VON BERTHOLD HAMELMANN OSNABRÜCK Die Pioniere halten noch durch. Der gewerbliche Weinanbau in Niedersachsen, seit 2016 erlaubt, wächst sogar. Allerdings in einer eher homöopathischen Dosis. Vier neue Winzer kamen in diesem Jahr dazu. 28 Weinbauern mit einer in 2020 um 2,5 Hektar gewachsenen Gesamtfläche von 24,5 Hektar haben sich damit dieser von vielen noch immer belächelten landwirtschaftlichen Sonderkultur verschrieben. Zum Vergleich: In den 13 offiziellen deutschen Weinanbaugebieten bearbeiten nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 11 500 Vollerwerbsbetriebe 102 900 Hektar Rebfläche. Weißwein (68 400 Hektar) liegt deutlich vor Rotwein (34 500 Hektar). In diesem Jahr sei, so erste Schätzungen der Behörde, mit einer Weinernte von 8,86 Millionen Hektolitern Wein zu rechnen, ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon können die niedersächsischen Winzer nur träumen. Spätfrost und Trockenheit lassen nur eine insgesamt mäßige Ernte zu. Die Ergebnisse liegen im Bundesland zwischen Totalausfall und einer relativ guten Ernte. Die Rebstöcke wachsen wahrlich nicht in Massen in den niedersächsischen Himmel, wie eine aktuelle Detailauswertung zeigt. Die größte, von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) neu bewilligte Fläche betrug in diesem Jahr 0,89 Hektar, die kleinste 300 Quadratmeter, teilte Hiltrud Schrandt, Pressesprecherin des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) mit. Immerhin: Es sei nicht bekannt, dass erteilte Anbaugeneh-
migungen zurückgegeben worden seien. Knapp 25 Hektar Weinanbaufläche bei rund 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in Niedersachsen – also doch alles nur eine verrückte Idee? Vier Jahre nach den ersten Anbaugenehmigungen traut sich niemand ein offizielles Fazit zu, wagt einen gesicherten Blick in die Zukunft. Zu groß sind die Unwägbarkeiten. Denn allein die klimatischen und geografischen Verhältnisse in Niedersachsen sind nicht mit denen in den traditionellen deutschen Weinbau-Regionen vergleichbar. Und doch befeuert der Klimawandel das langsame Verschieben der Anbaugrenzen. Geschichte wiederholt sich: Die größte Ausdehnung in den Norden Europas besaß der Weinanbau um 1200 bis 1500 n.Chr., als es deutlich wärmer als heute war. Zu dieser Zeit reichte die Weinbaugrenze bis nach Dänemark, Schlesien, Pommern und ins Baltikum. Weinbau-Entwicklungsland Niedersachsen: Die Pioniere, allesamt mit eigenen Biografien, Vorstellungen und Ideen, lernen Jahr für Jahr dazu und zahl(t)en in Einzelfällen schon viel Lehrgeld. Eine Erkenntnis gibt es kostenlos: Gegen Naturunbilden wie Spätfrost oder Trockenheit hilft auch kein noch so großer Enthusiasmus. Das alles weiß auch Jungwinzer Jan Brinkmann (24) aus Bad Iburg, erster Vorsitzender des im vergangenen Jahr gegründeten Niedersächsischen Weinbauverbandes mit Sitz in Verden. 2018 griff er die von seinem Vater Gerd aufgebrachte Idee, ein wirtschaftlich neues Standbein zu entwickeln, mit Leidenschaft auf. Bis dato waren die Brinkmanns als Sauenhalter eher traditionell unterwegs. Doch wo lagen die Entwicklungspotenziale, ja Zukunftsperspektiven für die drei Söhne eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs? Das ewige Auf und Ab bei den Schweinepreisen, ungewisse politische Rahmenbedingungen, die notwendige Investitionen leicht zu einem unternehmensgefährdenden Vabanquespiel machen können, engten die Spielräume ein. Auch die Erkenntnis, dass bei Sonderkulturen wie Spargel oder Erdbeeren längst andere die Nase vorne hatten, brachte die Brink-
Nochein sehrungewöhnlichesFotomotivmit Schnappschussqualität:WeinleseinNiedersachsen–hier beimJungwinzerJan BrinkmanninBadIburgamUrberg.
manns nicht weiter. Aber mit den seit 2016 veränderten gesetzlichen Regelungen zum gewerblichen Weinanbau stand in Niedersachsen plötzlich eine Tür offen. Bestandsaufnahme im Herbst des Corona-Jahres 2020: Ob Schweinezüchter oder -mäster, für die gesamte Branche zeichnet sich ein desaströses Ergebnis ab. Verschärfend kommt die auch in Deutschland in Wildschweinbeständen aufgetretene Afrikanische Schweinepest hinzu, die zu einem faktischen Exportverbot für deutsches Schweinefleisch in viele Länder geführt hat. Die Schließung von großen Schlachthöfen angesichts massenhaft an Covid 19 erkrankter Mitarbeiter bringt diesen Wirtschaftszweig zusätzlich an den Rand des Abgrunds. Nach Angaben der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast besteht derzeit ein Überhang von etwa 30 000 bis 40 000 Schlachtschweinen – der
Hier wird in Niedersachsen Wein angebaut Sande Rastede Bad Zwischenahn Breinermoor Großenkneten
Thomasburg Groß Thondorf
Rotenburg (Wümme)
Betzendorf
Küsten
Verden
Visbek Höfen
Wedemark
Esche
Meinersen
Burgdorf
Bad Iburg
Rinteln
Völksen
Harsum
Schliestedt
Negenborn
Göttingen Seeburg Bonaforth
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Grafik: Matthias Michel
Platz in den Ställen werde knapp. Ihr dramatischer Appell Mitte Oktober: „Es ist jetzt die Zeit, die Ferkelproduktion und die Einstallung der Ferkel zu drosseln, denn auch in vier Monaten wird es noch pandemiebedingte Einschränkungen geben.“ Die Brinkmanns vernahmen als Betroffene diese Aussage interessiert-irritiert. Ihre Rechnung: Bis eine verringerte Ferkelproduktion tatsächlich wirksam werde, brauche es zehn Monate. So lange dauere es von der Besamung der Zuchtsau bis zum fertigen Mastschwein. Mit Blick auf die Sauenhalter habe die Ministerin natürlich recht: „Wir müssen uns anpassen, das ist aber nur ganz bedingt möglich. Ich weiß nur nicht, wie auf die Schnelle auf so eine Situation reagiert werden soll“, so Jan Brinkmann. Keine guten Aussichten also auch für die Brinkmanns und ihr Geschäftsmodell Sauenhaltung. „Im Schweinestall ist es relativ uninteressant, ob draußen Lockdown herrscht oder nicht“, konstatiert Jan Brinkmann. Aber draußen spielt die Musik – sprich wird das Geld verdient. Der Weg hin zum Wein scheint eine Alternative werden zu können. Deshalb ist der Landwirt und Jungwinzer recht zufrieden, dass er vor einigen Wochen der Landwirtschaftsministerin bei ihrem Besuch auf dem familieneigenen Weinberg in Bad Iburg („Der meines Wissens einzige genehmigte niedersächsische Weinberg in Hanglage“) das ehrgeizige Projekt stellvertretend auch für seine Winzerkollegen vorstellen und die Bitte nach Unterstützung etwa durch fachliche Beratung seitens des Ministeriums bzw. der Landwirtschaftskammer platzieren konnte. Gerade hat Jan Brinkmann seine zweite Weinlese abgeschlossen. Die gut 5000 Weinstöcke auf dem 1,5 Hektar großen Weinberg im Iburger Nordwesten haben sich seit Mai 2018 gut entwickelt. Die ehemalige landwirtschaftliche Problemlage „Am Urberg“ mutierte zum Glücksfall. Schwere landwirtschaftliche Geräte konnten bis dato an einem Hang in Südlage mit bis zu 27 Prozent Gefälle nicht eingesetzt werden. „Es war ein Problem-Acker.“ Davon ist jetzt kei-
ne Rede mehr. Als im Mai zu den Eisheiligen Spätfrost auftrat, flossen die frostigen Luftmassen in Iburg regelrecht den Abhang hinunter und erreichte die frischen Triebe der Rebstöcke nicht. Manchem Winzerkollegen in Niedersachsen, der seinen Wein im flachen Land anbaut, machte diese nicht ungewöhnliche Wetterkapriole die Ernte weitgehend zunichte. „Ein Kollege klagt, dass er auch im vierten Jahr nur eine Handvoll Trauben ernten konnte.“ Drei Jahre, so eine Faustregel, dauert es vom Pflanzen der Rebstöcke bis zur ersten Lese. Brinkmann konnte schon nach zwei Jahren erstmals ernten. Insgesamt 1,5 Tonnen, davon etwa 400 Kilogramm Solaris. In diesem Jahr war es allein bei dieser Weißweinsorte schon die zehnfache Menge. „Das zeigt die Richtung, in die sich der Ertrag einpendeln soll, den wir auch wirtschaftlich brauchen. Wir sind noch nicht beim Vollertrag, aber die Richtung stimmt schon mal.“ Der Ausbau des Weins erfolgte wie im Vorjahr mit einem befreundeten Winzer auf dessen Weingut in Pfaffen-Schwabenheim mit Vorteilen für beide Seiten. Brinkmann hilft bei dessen Lese und sammelt gleichzeitig Erfahrungen. Eine eigene Kelterei in Bad Iburg war angesichts ho-
„Rotling war etwas für den norddeutschen Biertrinker.“ Jungwinzer Jan Brinkmann
Foto: NilsHotfilter
her Anfangsinvestitionen bislang ausgeschlossen. Seinen Vorjahreserfolg („Meine gut 1000 Flaschen waren innerhalb von zwei Wochen ausverkauft“) will er wiederholen. Er rechnet „ganz grob“ mit 8000 Flaschen und setzt dabei auf einen positiven Corona-Effekt. „In Deutschland haben Winzer, die über Flasche an Privatkunden vermarkten, massive Umsatzsteigerungen erlebt.“ Eine Konsequenz des vielfach ausgefallenen Sommerurlaubs im Ausland. Das Kundenverhalten habe sich verändert. Weite Teile der Gastro- und Eventszene stehen derweil auch in Deutschland vor dem Aus. Jedes ausgefallene Jubiläum, Schützenfest oder Stadtjubiläum bedeutet nicht mehr zu kompensierende Einnahmeverluste. Bislang drückten Brinkmann diese Nöte noch nicht. „Wir müssen uns sowieso als Neueinsteiger unsere Absatzwege suchen. Das ist natürlich ohne Corona z. B. mit einem Weinfest einfacher. Aber trotzdem denke ich nicht, dass die Vermarktung ein Problem wird.“ Wachstum und Größe sind nicht das entscheidende Kriterium für den Jungwinzer. „Wir vermarkten ein regionales Produkt mit Alleinstellungsmerkmal. Das ist unsere Nische.“ Das Verhältnis von Qualität und Quantität müsse passen. Also wird weiter auch unter Marketinggesichtspunkten getüftelt und ausprobiert. 2019 setzten zwei sehr unterschiedliche Weine das erste Ausrufezeichen. „Unser Rotling war etwas für den norddeutschen Biertrinkergaumen, der es nicht ganz so trocken mag.“ Das Gegenstück war ein fruchtiger trockener Weißwein. Diese beiden Weine wird es auch in diesem Jahr wieder geben. „Vielleicht schon zu Weihnachten…“, sinniert Jan Brinkmann. Und wie geht es mit dem Weinanbau im Bundesland weiter? Alle niedersächsischen Winzer produzieren derzeit, was die Qualitätseinstufung betrifft, ausschließlich „deutschen Wein“. Geplant ist die Anerkennung als Landweingebiet. In weiter Ferne steht dann auch das Gütesiegel „Qualitätsweinanbaugebiet“.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
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Spirulina weist den Weg in die Zukunft Zwei Landwirte aus Werpeloh setzen auf Blaualgen
VON RAPHAEL STEFFEN WERPELOH Jahrzehntelang galt Spezialisierung als oberste Devise in der Landwirtschaft: Weg vom kleinen Hof, der alles ein bisschen macht, hin zum Massenbetrieb mit Monokultur. Das ist vorbei. Immer mehr Bauern stellen sich breit auf – und entdecken dabei mitunter exotisch anmutende Trends. Zwei Emsländer haben nun eine Algenfarm gegründet. Ihre Hoffnungen sind groß. Erkennbar sind sie nur unter dem Mikroskop. Regelmäßig nimmt Hans-Georg Geers eine Probe aus seiner Aquakultur und begutachtet sie in seinem Labor, misst den phWert, kontrolliert den CO2-Gehalt. „Wir sind zu Biologen und Chemikern geworden“, sagt sein Geschäftspartner Gerd Kock. Über den Bildschirm des Mikroskops schweben dunkle Striche. Das sind sie, die Algen. Das neueste Anbauprodukt der beiden Landwirte aus Werpeloh. Geers kann gar nicht sagen, wie lange seine Familie den Hof auf dem Hümmling schon besitzt. Landwirtschaft ist ein traditionsreiches und konservatives Geschäft. Doch gleichzeitig so innovativ wie kaum eine Branche, meint Kock. „Wir haben dieses Image von Gummistiefel und Forke.“ Völliger Blödsinn. Die
beiden Nachbarn zeigen mit ihrem neuesten Betriebszweig, wie es anders geht. Neben Viehhaltung und Ackerbau unterhalten sie seit zehn Jahren gemeinsam eine Biogasanlage und haben sich nun auch zusammengetan, um ins Algen-Geschäft einzusteigen. Auf einem halben Hektar wurde im letzten Jahr ein Gewächshaus hochgezogen. Das Wasser in den 50 mal 9,50 Meter großen und recht flachen Becken schimmert grün, die Luft ist
„Wir sind zu Biologen und Chemikern geworden.“ Gerd Kock, Landwirt
feucht und sehr warm, subtropisches Klima. Eine Aquarienpumpe zieht langsam durch jedes einzelne Bassin und wirbelt Luft hinein. Alle Bedingungen sollen so sein, wie die Algen es lieben. Streng genommen handelt es sich gar nicht um Algen. Die hier kultivierte Spirulina wird von der Wissenschaft heute den Cyanobakterien zugerechnet, die früher auch als Blaualgen bezeichnet wurden. Geers und Kock sehen in ihnen eine Chance, ihre Betriebe breiter aufzustellen und auf aktuelle Trends aufzuspringen. Bislang kennt man Spirulina vor allem als Nahrungsergänzungsmittel, die Algen werden fast ausschließlich aus Asien importiert. Doch nicht nur die Corona-Krise hat gezeigt, wie schnell für selbstverständlich gehaltene Mechanismen der Globalisierung zum Stillstand kommen können. Und während viele Unternehmen ihre Produktion regionalisieren, stellen immer mehr Menschen auf vegane Ernährung um. Spirulina enthalten viel Vitamin K, Eiweiß und Eisen. Auch in der Kosmetik werden Algen eingesetzt. Junior Johannes Geers hat seinen Vater und dessen Geschäftspartner auf die Idee mit dem neuen Geschäftsfeld gebracht. Jetzt steht er an der Erntemaschine und überwacht,
Sindstolzaufihr Produkt: Hans-GeorgGeersund GerdKockmitProbenderAlgen-Kulturim GewächshausihrerFarm inWerpeloh. Foto: R.Steffen
wie das aus einem der Becken gepumpte Wasser über ein Filterband läuft, das die Algen herausholt. In einem Liter schwimmen bis zu 100 Milliarden Spirulina. Unten tropft eine grüne Pampe in eine bereitstehende Kiste. Ein wenig sieht es aus wie sehr feiner, sehr flüssiger Spinat. In dieser Konsistenz lässt sich damit nicht viel anfangen. Also wird die Masse zunächst kühl getrocknet, dann durch eine ehemalige Wurstmaschine gedrückt, die sie in Spaghetti-ähnliche Streifen presst. Die nächste Trocknung, wiederum kühl, um die hitzeempfindlichen Proteine zu erhalten. Schließlich werden die hart gewordenen Algen abgeschabt und je nach Wunsch des Abnehmers zu Granulat oder Pulver vermahlen. „Wir sind Pioniere, was den Reiz ausmacht“, sagt Hans-Georg Geers.
Mit Anspannung blicken die Geschäftspartner auf den nächsten Winter, wenn die Algen gut über die dunkle und kalte Jahreszeit gebracht werden müssen. Zu Hochzeiten im Sommer ernten sie ihre Aquakulturen alle paar Tage ab. Bis zu drei Tonnen können so im Jahr produziert werden. Die Landwirte benötigen weder Pestizide noch Insektizide. Zur Vermarktung haben sich die beiden Werpeloher mit anderen Erzeugerbetrieben aus Cloppenburg und Vechta zur Deutschen AlgenGenossenschaft (DAG) zusammengetan. Geschäftsführer Uwe Wilms sieht in Algen ein nachhaltiges Lebensmittel der Zukunft, ein „Superfood“. Sie bänden CO2 und produzierten Sauerstoff, seien klimafreundlich und würden in Deutsch-
land kontrollierbar mit hoher Qualität hergestellt. Ihre natürlichen Farbstoffe seien ebenfalls in der Nahrungsmittelproduktion gefragt. „Wir bewegen uns im Trend“, meint Wilms. Die DAG soll den Vertrieb kanalisieren. Die Investition ist zwar nicht gering, Geers und Kock sprechen von einer Dreiviertelmillion Euro. „Man kauft die Technik und das Know-how ein“, so Johannes Geers. Auch mussten sie schon das eine oder andere Lehrgeld bezahlen – Algenkultivierung ist eben nicht mit Ackerbau vergleichbar. Aber bei Wilms haben sich schon viele weitere Interessenten gemeldet, die mehr über die DAG erfahren wollen. Die Landwirtschaft geht ständig neue Wege. Nicht nur in Werpeloh.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
LEBEN & LEIDENSCHAFT VON NADINE SIEKER BÜNDE Baklava, Maamoul & Co: Mit
ihrem Unternehmen Al Basha hat sich Hala Zakri im ostwestfälischen Bünde nicht nur ein Stückchen Heimat nach Deutschland geholt. Mit der Herstellung und dem Verkauf der süßen syrischen Spezialitäten bietet sie Flüchtlingen aus ihrem Heimatland eine berufliche Perspektive – und versucht gleichzeitig, den Deutschen ihre Kultur näher zu bringen. Arabische Musik erfüllt den Raum, in dem Männer an Arbeitsplatten Pistazien und Datteln in Teig füllen; es riecht nach frisch Gebackenem, und einer ruft dem anderen etwas auf Arabisch zu: Wer die Produktionsräume von Al Basha im ostwestfälischen Bünde (Kreis Herford) betritt, ist plötzlich in einer anderen Welt. In dem Gebäude in einer kleinen Seitenstraße entstehen täglich kiloweise syrische Spezialitäten – verschiedene Baklava-Arten sowie Maamoul-Gebäck; vom ersten bis zum letzten Schritt in Handarbeit, wie Firmengründerin Hala Zakri betont. Die dunkelhaarige Frau ist seit 1994 in Deutschland. Aus ihrer Heimat Aleppo folgte sie damals ihrem Mann, der hier Medizin studiert und seinen Facharzt gemacht hat. Al Basha gibt es jedoch erst seit 2017. Auslöser sei die Flüchtlingskrise vor einigen Jahren gewesen, in der auch zahlreiche Syrer nach Deutschland kamen. „Die Leute sind da und suchen Arbeit. Es ist schade, wenn ein Bäckermeister auf der Baustelle arbeitet“, sagt Zakri. Weil syrische Spezialitäten hier zudem eine große Marktlücke seien, machte sie Nägel mit Köpfen. Das Konzept scheint aufzugehen. Nachdem sie mit 25 Mitarbeitern begonnen habe, seien es nach einem halben Jahr bereits mehr als 70 gewesen — mehr als 50 davon sind syrische Flüchtlinge. Zakri: „Sie haben goldene Hände.“ Und mit diesen Händen verarbeiten die Angestellten die Rohprodukte zu syrischem Gebäck. In einem Raum rollen zwei Männer Teigklumpen zu großen, dünnen Fladen aus. Es staubt, wenn sie Mehl auf der Arbeitsplatte verteilen. Der Boden ist mit weißen Flecken bedeckt. Nicht nur hier sitzt jeder Handgriff. Einen Raum weiter wird der
Syrische Spezialitäten aus Bünde Warum eine Bäckerei auf Maschinen verzichtet und als Folge der Flüchtlingskrise entstanden ist EinTeigstrang wirdmitPistaziengefülltund voneinem MitarbeiterzusogenanntemMabromazusammengewickelt.
Teig mit unterschiedlichen Zutaten gefüllt und je nach Gebäckart geformt. Ein Mitarbeiter schüttet eine Pistazienfüllung auf einen Teigstrang und wickelt diesen zu sogenanntem Mabroma zusammen. Ein anderer zieht gekonnt eine Masse auseinander, die an lange Baumwollfäden erinnert. Stränge des sogenannten Engelshaarteigs wickelt er anschließend um einen Plastikring. Bis zum nächsten Tag trocknet der Teig. Dann wird das Plastik entfernt und der so entstandene Hohlraum mit Pistazien gefüllt. Das runde Gebäck, das auch Vogelnest genannt wird, ist eines von zehn Baklava-Arten, die bei Al Basha hergestellt werden. Baklava ist
Baklava istein traditionellesGebäckim NahenOsten.
Fotos: NadineSieker
ein traditionelles Gebäck im Nahen Osten. Die syrische Variante sei nicht mit der türkischen oder griechischen zu vergleichen. „Im türkischen Baklava ist viel Zucker. Das syrische Baklava besteht zu mehr als 50 Prozent aus Pistazien. Daher kommt der süße Geschmack“, erklärt Zakri. Syrisches Baklava sei zudem eher trocken und weniger klebrig. Statt Butter werde bei Al Basha ausschließlich Butterschmalz verwendet. Demnächst soll es das Gebäck auch mit Stevia statt Zucker geben, für Diabetiker. Kaufen kann man die Süßwaren nicht nur im Onlineshop (www.albasha-sweets.com), sondern auch in Geschäften in Bünde, Bad Oeynhausen, Bielefeld, Bremen und Bonn. Mittlerweile seien die Produkte zudem bei einigen Supermarktketten gelistet. Außerdem gebe es Anfragen aus Nachbarländern. Und Zakri will weiter expandieren. „Ich bekomme viele Anfragen von syrischen Leuten, die hier arbeiten wollen“, sagt sie und ist optimistisch, den von der Corona-Krise getroffenen Betrieb wieder hochfahren und weiter ausbauen zu können. Derzeit produzierten sie am Tag etwa 500 Kilogramm Gebäck. Vor Corona seien es anderthalbmal so viel gewesen. „Diese Mengen würden wir mit einer Maschine in unter einer Stunde herstellen können.“ Von manueller auf maschinelle Arbeit umzustellen kommt für sie
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jedoch nicht infrage. „Die Rezepte sind über 300 Jahre alt. Wenn wir mit einer Maschine backen würden, müssten wir viel Wasser dazugeben, damit es läuft. Der Geschmack würde sich verändern.“ Außerdem, so glaubt Zakri, schmecke man die Mühe, die sich die Mitarbeiter geben. Auch sie selbst helfe häufig in
„Es ist schade, wenn ein Bäckermeister auf der Baustelle arbeitet.“ Hala Zakri, Firmengründerin von Al Basha
der Produktion aus. Gleichzeitig mit der Gründung von Al Basha habe sie ihren Bäckermeister gemacht. „Ich will jede Kleinigkeit können und überall einspringen können“, sagt Zakri, der auch deutsche Kekse schmecken. Doch trotz allen Respekts vor den Produkten: „Es ist kein Vergleich.“ Über die Süßwaren will Zakri den Deutschen ihre Kultur näherbringen und so dazu beitragen, dass sich Syrer und Einheimische näherkommen. In ihrem Unternehmen funktioniert das bereits. Es seien genau dieses „Multikulti“ und die Geschichte hinter der Firmengründung gewesen, die Andreas Ramhorst gereizt hätten, sich bei Al Basha zu bewerben. Der 58-Jährige ist Vertriebsleiter. „Es ist eine große Herausforderung für alle hier Tag für Tag, aber es funktioniert wie eine Familie“, sagt er. Damit es mit der Verständigung irgendwann besser klappt, bekämen die syrischen Mitarbeiter mehrmals in der Woche Deutschunterricht. Zakri ist es wichtig, nicht nur die Flüchtlinge in Deutschland zu unterstützen, sondern
auch ihre Landsleute in der Heimat. Deshalb habe sie dort unter anderem Messer, Tabletts und weiteres Arbeitsmaterial gekauft. Die Pistazien beziehe sie ebenfalls aus Syrien, auch wenn das wegen des Krieges nicht immer einfach sei. Seit sie selbst das letzte Mal dort gewesen ist, seien einige Jahre vergangen. Mit ihrem Unternehmen hat Zakri etwas aufgebaut, das für sie mehr als ein kleines Stück Heimat ist. „Damit bekämpfe ich mein Heimweh.“
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
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„Ich gebe dem Unternehmen ein Gesicht“ Schritt in die Selbstständigkeit gewagt: Handwerksmeister Christopher Schröer aus Lorup möchte ab 2022 auch ausbilden VON ANDRÉ POTTEBAUM Handwerker erleben seit Jahren einen regelrechten Boom und der Schritt in die Selbstständigkeit ist für Meister nicht ungewöhnlich. Doch ausgerechnet in Zeiten einer weltweiten Pandemie die eigene Existenz aufzubauen, ist es durchaus. Bereut hat Christopher Schröer aus Lorup seine Entscheidung jedoch nicht. „Ich bin sehr zufrieden. Das Unternehmen läuft gut an, und ich bin trotz der Krise sehr optimistisch“, sagt der 30-jährige Jungunternehmer. Spezialisiert hat er sich auf regenerative Heiztechnik, moderne Sanitäreinrichtungen, barrierefreie Bäder und die Installation von Wärmepumpen und Heizungsanlagen. Auch der Bereich Smart Home, also die Steuerung technischer Komponenten wie Jalousien und Heizungen, von Küchengeräten und Lampen mit Smartphone und Tablet, gehört zum Portfolio seines Unternehmens. Selbstverständlich war der Weg in die Selbstständigkeit jedoch nicht. Nach der Schule absolviert Schröer in seinem Heimatdorf zunächst eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik; zur Berufsschule geht es nach Cloppenburg. Anschließend baut er seinen Meister in Münster. „Es war schön, mal rauszukommen aus dem Dorf in die LORUP
große Stadt“, sagt er rückblickend. Ein Planungsbüro aus Lorup wird parallel auf ihn aufmerksam, für das er in der Folge dreieinhalb Jahre tätig ist und Baustellen leitet. Doch Schröer zieht es zurück nach Cloppenburg, zur Kreishandwerkerschaft. Als Ausbilder leitet er zunächst vertretungsweise einige Kurse, ehe er mehrere Jahre angehenden Handwerkern die Grundlagen des Schweißens, Lötens oder der Inbetriebnahme von Heizungsund Wärmepumpenanlagen beibringt. Für ihn, so sagt er, eine besondere Zeit, nicht nur weil er sein Wissen an andere weitergeben konnte, sondern auch weil er den Unterricht digitalisierte und mit sozialen Netzwerken agierte. Parallel
„In fünf Jahren will ich 20 Mitarbeiter beschäftigen.“ Christopher Schröer, mehrfacher Handwerksmeister
macht der 30-Jährige seinen zweiten Meister, diesmal in Elektrotechnik. Schon länger träumt Schröer allerdings davon, sich selbstständig zu machen und sein eigenes Unternehmen zu gründen. „Kurz vor Weihnachten 2019 habe ich bei der Kreishandwerkerschaft gekündigt und mich zum 1. April dieses Jahres selbstständig gemacht.“ Zuspruch gibt es auch aus den Reihen seiner ehemaligen Kollegen. Um sich mit anderen zu vernetzen, sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen, meldet er sich nach seinem zweiten Meister beim Meisterclub der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim an. Dort gilt er seither als 500. Mitglied. Eine Idee, die dabei zum Tragen kommt: anderen Unternehmen in Hochphasen, also in Zeiten, in denen es vor Aufträgen nur so wimmelt, auszuhelfen. Für sein eigenes Unternehmen hat Schröer derweil konkrete Pläne. Sein Ziel, so sagt er, sei es, weiter zu wachsen. Ein erster Schritt dazu erfolgte vor wenigen Wochen. Im September stellte Schröer seinen ersten festen Mitarbeiter ein, der überwiegend Kundentermine wahrnimmt. Unterstützt wird er auch von seiner Freundin, die organisatorische Aufgaben erledigt. „In fünf Jahren will ich 20 Mitarbeiter beschäftigen. Ich bin aber auch zufrieden, wenn das Unternehmen nicht zu groß wird“,
Zufriedenmitdem eigenenUnternehmen:HandwerksmeisterChristopherSchröerausLorup.
Foto: KreishandwerkerschaftCloppenburg
Bis es so weit ist, kümmert sich der Loruper aber vor allem um die Organisation und die Außendarstellung. Öffentlichkeitsarbeit und Werbung in den sozialen Medien seien besonders wichtig. Auch positive Bewertungen seiner Kunden, zu denen überwiegend Privat-, aber
auch Geschäftsleute wie Architekten gehören, spielen für ihn eine Rolle. Und die sollen möglichst persönlich und authentisch betreut werden. „Ich gebe dem Unternehmen ein Gesicht“, sagt Schröer ganz unbescheiden und doch bestimmt.
sagt der Handwerksmeister. Zu den 20 Mitarbeitern könnten dann auch einige Auszubildende gehören. Ab 2022, so der Plan, will Schröer erstmals Lehrlinge in seinem Unternehmen ausbilden und gerne auch Frauen an den Handwerksberuf heranführen.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
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Gestern Kekse, heute Veggie-Wurst Neuer Chef der Rügenwalder Mühle will mehr Wachstum und in neue Märkte expandieren VON JÖRG SCHÜRMEYER Das „Moin“ zur Begrüßung geht Michael Hähnel, dem neuen Chef der Rügenwalder Mühle, problemlos über die Lippen. Kein Wunder. Nicht nur, dass der Norden längst zur zweiten Heimat des gebürtigen Göttingers geworden ist, auch sein neues Unternehmen kannte der 54-Jährige schon vor seinem Amtsantritt Anfang des Jahres: Zwei Jahre lang gehörte er dem Aufsichtsrat des Fleisch- und Wurstwarenherstellers aus Bad Zwischenahn an. „Eine längere Einarbeitungszeit habe ich nicht gebraucht, ich konnte sofort loslegen“, sagt Hähnel. Dass es viel zu tun gibt, daran lässt der neue Vorsitzende der fünfköpfigen Geschäftsleitung keinen Zweifel. „Wir befinden uns mitten in der Transformation hin zum vollwertigen Lebensmittelhersteller“, sagt er. „In den vergangenen Monaten ging es uns darum, wirklich jeden Stein umzudrehen.“ Dabei war es mitnichten so, dass es bei der Rügenwalder Mühle zuletzt schlecht gelaufen ist. Im Gegenteil. Vor allem dank des Ende 2014 erfolgten Einstiegs ins Geschäft mit fleischlosen Produkten wachsen die Ammerländer rasant. 2019 konnte Rügenwalder den Gesamtumsatz um fast 15 Prozent auf 242 Millionen Euro steigern. Im ersten Halbjahr 2020 legte der Umsatz BAD ZWISCHENAHN
um 23,5 Prozent auf 112 Millionen Euro zu – auch weil der Absatz vegetarischer und veganer Produkte um 71 Prozent zunahm. Im Juli lag der Umsatzanteil von Veggie-Produkten bei 53 Prozent und war erstmals in der Unternehmensgeschichte größer als der Fleischanteil. Hähnel geht es darum, dieses Wachstum zu koordinieren. Der 54Jährige, der sich selbst als strukturiert und analytisch denkenden Menschen beschreibt, muss dafür sorgen, dass Strukturen und Prozesse mit dem rasanten Wachstum Schritt halten können. „Wir müssen
„Unsere klassischen Produkte bilden unser Standbein – Veggie ist unser offensives Spielbein.“ Michael Hähnel Rügenwalder Mühle
uns in allen Bereichen professionalisieren“, betont er. Oder, wie Hähnel unlängst der „Lebensmittelzeitung“ sagte: Es gehe nun darum, das Beste aus zwei Welten zu verbinden: die Innovationskraft und Entscheidungsfreude eines Familienunternehmens mit der Professionalität und Wettbewerbsfähigkeit eines international agierenden Unternehmens. Dabei kann der 54-Jährige auf Erfahrungen aus seiner bisherigen Karriere zurückgreifen. Nach Banklehre, BWL-Studium und Stationen bei Johnson & Johnson sowie Beiersdorf war er zuletzt Vorstand beim Kekshersteller Bahlsen in Hannover und dort unter anderem für die Regionen Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig. Ebenfalls ein Familienunternehmen, ebenfalls größerer Mittelständler, ebenfalls Konsumgüter. „Ich arbeite gern mit etwas Greifbarem: Produkten, die man anfassen oder schmecken kann“, sagt er. „Und ich bin ein Markenmensch.“ Ausdrücklich lobt er auch den regelmäßigen Austausch mit der Gesellschafterfamilie Rauffus. Die künftige Marschrichtung teilen Geschäftsleitung und Gesellschafter. „Wir streben weiteres langfristiges Wachstum an, und dabei gilt: Unsere klassischen Produkte bilden unser Standbein – Veggie ist unser offensives Spielbein“, sagt Hähnel. Dabei sollen die Verbrau-
Michael Hähnel arbeitetgernmitProdukten,die manschmeckenund probierenkann.
cher künftig nicht mehr nur im Supermarkt mit Rügenwalder-Produkten in Berührung kommen, sondern etwa auch in der Systemgastronomie, an Tankstellen oder im Stadion. Und es soll auch weiter
kräftig investiert werden. „Man muss das Dach decken, solange die Sonne scheint“, sagt er. Privat hat Hähnel sein Dach längst gedeckt. „Mein größtes Hobby ist meine Familie“, sagt er. Fast
Foto: Torsten vonReeken
jedes Wochenende fährt der 54-Jährige, der eine Wohnung in Bad Zwischenahn hat, zu seiner Frau und seinem Sohn (14) nach Hamburg. Mit dem „Moin“ zur Begrüßung ist er ja ohnehin bestens vertraut.
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DONNERSTAG, 29. OKTOBER 2020
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02.11.2020 | 14.00 UHR Mit neuen Kunden besser die Umsatzziele erreichen WIGOS-KOMPAKTSEMINAR, (ONLINE-WEBINAR MIT ANMELDUNG)
02.11.2020 | 17.00 UHR Einstieg in die Existenzgründung GRÜNDERHAUS OSNABRÜCK, (WEBINAR MIT ANMELDUNG)
04.11.2020 | 09.00 UHR
13.11.2020 | 10.00 UHR
Nach fast 30 Jahren in der Krone Gruppe wurde jetzt Aloys Schnelte, kaufmännischer Geschäftsführer (CFO) der Krone Nutzfahrzeug-Gruppe, in den Ruhestand verabschiedet (v. l.): Mit dabei warenAlfonsVeer, Dr. Stefan Binnewies, BernhardBrüggen,Aloys Schnelte,AlfonsB.Veerund BernardKrone.
Foto:Krone
DIE GESICHTER DER WIRTSCHAFT
EinesderbestenDesignprojektedesJahres:DieSoftware-Lösung für mobile Geräte „MQ“, entwickelt von einem Designteam der Hochschule Osnabrück im Auftrag der IP SYSCON GmbH, zählt zu den diesjährigen Gewinnern des renommiertenRedDotAwards. Foto:HochschuleOsnabrück
17.11.2020 | 15.00 UHR 8. HR-Forum Nordwest: Attraktivität gewerblicher Jobs EMS-ACHSE-VERANSTALTUNG, THE HUB EMDEN, HEINRICH-NORDHOFF-STR.
04.11.2020 | 19.00 UHR
18.11.2020 | 09.00 UHR
Virtual Reality – Wie real wird die digitale Zukunft?
Ideen-Tag – Ideen checken und schützen lassen (Gründerhaus)
UNIVERSITÄT OSNABRÜCK (ONLINEVERANSTALTUNG MIT ANMELDUNG)
ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEINSTR. (TELEFONISCHE ANMELDUNG) Auszeichnung für das von der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und dem Bundesverband der
IHK-Ehrung: Malte Wiemeyer wurde im Berufsbild Medienkaufmann Digital und Print sowohl als Bezirksbester als auch
Energieabnehmer e. V. initiierte Regionale Netzwerk für Energieeffizienz (REGINEE) Emsland. Die Laudatio erfolgteerstmalsvirtuell. DieTeilnehmerwaren livezugeschaltet. Foto:IHK
alsLandesbesterausgezeichnet.JohanneDimmerling,LeiterinAusbildungswesen NOZ,freutesichmit ihm. Foto:IHK
PCO GMBH & CO. KG UND ESPORT FACTORY (MIT ANMELDUNG)
Konfliktmanagement (Emsland GmbH-Veranstaltung)
26.11.2020 | 14.00 UHR
Finanzplan – Seminar in Osnabrück (Gründerhaus)
Gekauft ist gekauft – Reklamationen und Beschwerden
ICO OSNABRÜCK, ALBRECHTEINSTEIN-STRASSE 1, OSNABRÜCK
WIGOS-VERANSTALTUNG (ONLINE-WEBINAR MIT ANMELDUNG)
10.11.2020 | 10.00 UHR
EMS-ACHSE-VERANSTALTUNG (ONLINE-SEMINAR MIT ANMELDUNG)
25.11.2020 | 09.00 UHR
HOTEL VON EUCH, KUHSTRASSE 21–25, MEPPEN
09.11.2020 | 17.00 UHR
Social Media Guidelines (Seminarreihe)
16.11.2020 | 17.00 UHR
GRÜNDERHAUS, ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEIN-STR., OSNABRÜCK
HOCHSCHULE OSNABRÜCK (ONLINE-MESSE MIT ANMELDUNG)
Deutscher IT-Security-Kongress in Osnabrück (Online-Event)
EMS-ACHSE-VERANSTALTUNG (ONLINE-SEMINAR MIT ANMELDUNG)
Steuerrecht bei Betriebseröffnung (Seminar in Osnabrück)
Firmenkontaktmesse „Chance 2020“ in Osnabrück
05.11.2020 | 10.00 UHR
Social-Media-Etikette für Azubis (Seminarreihe)
07.12.2020 | 17.00 UHR Lisa Tews (Hellmann), Uwe Hasselberg (Niederlassungsleiter Hellmann Osnabrück), Marco Graf (IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim) und Cris Trapphagen
Kennenlernen zwischen Stifter und Wissenschaftler (v. l.): Patrik Rosen, Universitätspräsidentin Prof. Susanne Menzel-Riedl und Professor Dr. MartinAtzmüller freuen sich
(Hellmann) freuensichüber daserneuteQualitätsiegel„TopAusbildung“.
überdie neueProfessuram KI-Campusder UniOsnabrück.
Foto:IHK
Foto:RosenGruppe
Absicherung betrieblich (Gründerhaus-Seminar) ICO OSNABRÜCK, ALBERT-EINSTEINSTR. 1, OSNABRÜCK
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