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Rechtsanwalt Dr. iur. Peter P. Theiler, Zürich:
from GOURMET 7/8/22
by gourmetmedia
Ist ein (zu) tiefes Nebenkosten-Akonto rechtens?
von Rechtsanwalt Dr. iur. Peter P. Theiler, GastroLegal Dr. iur. Peter P. Theiler, Zürich
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Mitte Jahr endet jeweils die Heiz- und NebenkostenPeriode. Bald ist wieder Hochsaison für die Nebenkostenabrechnungen. Seit Ausbruch des Ukrainekrieges gehen die Energiepreise durch die Decke. Rufe werden laut, man solle doch die Nebenkosten behördlich «deckeln».
Will heissen, die Nebenkosten-Nachforderung des Vermieters nach Abzug der vom Mieter bereits geleisteten Akontozahlungen dürfe nicht mehr als z.B. 20 % des mietvertraglichen Akontos betragen. Viele – auch gewerbliche – Mieter sind nämlich der Meinung, dass das Nebenkosten-Akonto die voraussichtlichen tatsächlichen Nebenkosten pro Abrechnungsperiode mehr oder weniger decken und rechnen nicht mit hohen Nachforderungen. – Angesichts der aktuell rasant steigenden Energiepreise für Gas und Öl sind nun viele Mieter verunsichert, wenn sie spitz kalkulieren müssen.
Der Nebenkosten-Aufwand muss gerechtfertigt sein
Die Rechtslage ist klar: Aufgrund einer mietvertraglichen Akonto-Vereinbarung darf der Vermieter die tatsächlich anfallenden Nebenkosten, insoweit sie korrekt ausgeschieden sind, vollumfänglich auf die Mieter überwälzen. Allerdings hat der Vermieter diesen Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Man spricht vom «Grundsatz der Wirtschaftlichkeit». Beispielsweise darf ein Vermieter den Hauswart nicht zu einem überhöhten Lohn anstellen und diesen Aufwand voll auf die Mieter übertragen. Die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit geht aber nicht soweit, dass die Mieter z.B. beim Einkauf von Öl und Gas mitreden dürfen. Ggf. muss der Mieter seine Zweifel am Nebenkostenaufwand selber beweisen, was allerdings nicht einfach und aufwendig ist.
Mieter ziehen bis vor Bundesgericht
Kürzlich taten sich mehrer Mieter einer Wohnsiedlung zusammen und zogen vor Gericht. Sie beanstandeten, dass gemäss der relevanten Heiz- und Nebenkostenabrechnung die effektiven Nebenkosten die geleisteten Akontozahlungen um mehr als das Doppelte (210 % bis 260 %) überschritten hatten. Sie erklärten sich zwar bereit, maximal 20 % der fakturierten Nachforderungen des Vermieters zu bezahlen, aber nicht mehr. Das angerufene Bezirksgericht hiess diese Klage in dem Sinne gut, als es die Nachforderungen des Vermieters in dem Umfange abwies, als sie mehr als 30 % der geleisteten Akontozahlungen überstiegen. Demgegenüber hiess das Obergericht die dagegen gerichtete Berufung des Vermieters gut und wies die Begehren der Mieter vollumfänglich ab.
Rechtsanwalt Dr. iur. Peter P. Theiler, Zürich. Nebenkosten-Akonto ist eine Anzahlung
Strittig war zwischen den Parteien u.a., ob er Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages verpflichtet gewesen wäre, die Mieter darüber aufzuklären, dass die in den Mietverträgen vereinbarten Akontozahlungen nicht kostendeckend sein würden, und ob deshalb die vom Vermieter geforderen Nachzahlungen entsprechend zu kürzen seien. Die Mieterschaft argumentierte, sie hätte sich nach Treu und Glauben darauf verlassen dürfen, dass die vertragsgemäss geleisteten Akontozahlungen die tatsächlich anfallenden Nebenkosten ungefähr decken. – Dem hielt das Bundesgericht entgegen,
dass der Mieter, welcher den Saldo gemäss der korrekt erstellten Heiz- und Nebenkostenabrechnung bezahle, damit bloss seine ursprüngliche mietvertragliche Pflicht erfülle. Nirgends im Mietrecht sei vorgeschrieben, in welchem Verhältnis die vereinbarten Akontozahlungen zu den tatsächlich anfallenden Nebenkosten stehen müssten. Schon der Begriff «Akonto» deute unmissverständlich darauf hin, dass es sich um vorläufige Zahlungen handle. Das Nebenkostenakonto habe u.a. den Sinn, noch höhere Zahlungen des Mieters zu verhindern, aber auch, das Inkassorisiko des vorleistenden Vermieters zu verringern. Nebenkosten seien gerade dadurch gekennzeichnet, dass deren Gesamtbetrag im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unbekannt sei und von einer zur anderen Abrechnungsperiode variieren könne. Überdies spiele das Verbraucherverhalten eine Rolle. M.a.W. sei die Erwartung von Mietern, die effektiven Nebenkosten würden die geleisteten Akontozahlungen nicht wesentlich übersteigen – mangels ausdrücklicher Zusicherung des Vermieters – nicht berechtigt. – Im Übrigen habe es der Mieter bei Mietvertragsabschluss selber in der Hand, sich nach der Höhe der anfallenden Nebenkosten zu erkundigen.
Keine Aufklärungspflicht des Vermieters
Das Bundesgericht widersprach auch dem Argument der Mieterseite, die angenommene Vertragsfreiheit zur Festsetzung der vertraglichen Akonto-Beträge verstosse gegen den mietrechtlichen Preisschutz, weshalb eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Vermieters anzunehmen sei. Es hielt dafür, eine solche Annahme lasse sich weder aus den expliziten Gesetzesvorschriften noch implizit aus mietrechtlichen Vorschriften ableiten. Auch im Mietrecht gelte, dass jede Vertragspartei in den Vertragsverhandlungen ihre Interessen selber wahrzunehmen habe und sich nicht auf deren Berücksichtigung durch die Gegenpartei verlassen könne. Schliesslich gehe auch der Vorwurf einer absichtlichen Täuschung durch Schweigen im Sinne von Art. 28 OR fehl, weil eben gerade keine Aufklärungspflicht des Vermieters bestehe, die verletzt werden könnte. Die Beschwerde der Mieter wurde als unbegründet kostenfällig abgewiesen (BGE 132 III 24.).
Fazit
Gerade bei einem gastgewerblichen Mietverhältnis macht es jedenfalls Sinn, sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen eingehend nach den voraussichtlich anfallenden Nebenkosten zu erkundigen und diese im eigenen Erfolgsbudget möglichst realistisch einzustellen.
GastroLegal
Dr. iur. Peter P. Theiler Gerechtigkeitsgasse 23 8001 Zürich Tel. 044 204 55 33 info@gastrolegal.ch www.gastrolegal.ch